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Ralf Langer Klammeraffe
Alter: 57 Beiträge: 699 Wohnort: Gelsenkirchen
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06.05.2014 20:25 Wenn ein Wort von Ralf Langer
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Wenn ein Wort,
dem längst das Du entronnen
als Echo immer wieder kehrt.
Wenn eine Lücke
in dem Mauerwerk
dir nur von diesem Stein erzählt:
Dann steigt ein Duft
- er ist von Rosen schwer,
und eine Träne läuft,
der Zeit erinnernd hinterher.
Weitere Werke von Ralf Langer:
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firstoffertio Show-don't-Tellefant
Beiträge: 5854 Wohnort: Irland
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07.05.2014 21:04
von firstoffertio
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Das lese ich als ein Trauergedicht. Das Wort ist ein Name, oder auch ein Wort wie Vater, Mutter, das nur noch eine Lücke hinterlassen hat. Die Schlusszeilen habe ich erlebt.
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niko Eselsohr
Alter: 66 Beiträge: 233 Wohnort: Göttingen
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24.05.2014 16:26
von niko
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hallo ralf,
ein unheimlich schöner wortfluss, der mich in irgendeiner ecke fast an rilke erinnert. ich mag den inhalt, die intention des gedichtes. alles ist rund für mich. FAST alles
drei fragen:
1) müsste es am ende nicht heißen: "eine träne läuft, DIE zeit erinnernd hinterher"? (ich lese auch immer "entrinnend" statt "erinnernd".
2) warum hast du dich für diese deine form entschieden und nicht so zb.?
Wenn ein Wort, dem längst das Du entronnen
als Echo immer wieder kehrt. Wenn eine Lücke
in dem Mauerwerk dir nur von diesem Stein erzählt:
Dann steigt ein Duft - er ist von Rosen schwer,
und eine Träne läuft, der Zeit erinnernd hinterher.
3) muss hinter "erinnernd" nicht auch ein komma?
beste grüße: niko
_________________ Ein Gedicht auf dem Hintergrund der Biographie des Autors zu interpretieren ist so, als würde man einem schwimmenden Schiff das Wasser nehmen. (NJK) |
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The Brain Reißwolf
Alter: 65 Beiträge: 1966 Wohnort: Over the rainbow
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25.05.2014 18:36
von The Brain
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Hallo Ralf,
ich lese ein Gedicht von Abschied, von einem lieben Menschen, von einer großen Liebe? Etwas, das eine Lücke hinterlässt, ein Stein, der die Mauer zu stützen vermochte ...
Im Fokus steht der Verlust und der damit einhergehende Schmerz. Ein aufgewühltes Inneres, das den von Emotionen besetzten Kampf ums Loslassen führt ...
Für mich, als bekennenden Lyrik-Analphabeten, wunderschöne Zeilen, bei denen alle stimmt!
Zu niko ...
der Zeit erinnernd ist für mich absolut passend ... die Träne, die Erinnerungen heraufbeschwört ...
LG
Brain
_________________ Dinge wahrzunehmen,
der Keim der Intelligenz
(Laotse)
***********
Die Kindheit endet nicht mit dem Erwachsenwerden.
Sie begleitet dich durch all deine Lebenstage.
***********
Alle Bücher dieser Welt
Bringen dir kein Glück,
Doch sie weisen dich geheim
In dich selbst zurück.
(Hermann Hesse) |
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Ralf Langer Klammeraffe
Alter: 57 Beiträge: 699 Wohnort: Gelsenkirchen
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27.05.2014 18:04
von Ralf Langer
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hallo niko,
das dich meine worte " an rilke erinnern" nehme ich sozusagen als ritterschlag dankend an.
deine frage zu " eine träne läuft..."
ist berechtigt. ich entschied mich für diese form, weil ich eben nicht nur die intention hatte, die das relativpronomen " die " dem text geben würde.
dann hätte es auch eines kommas bedurft.
aber:
eine träne läuft der zeit - erinnernd - hinterher bedeutet etwas anderes;
schließt aber deine interpretation nicht aus.
warum ich mich für diese form und keine andere entschied?
hm, deine strophen umstellung weiß durchaus zu gefallen, aber ich entschied mich für mehr zeilen-umbrüche , vielleicht um das brüchige des lyrischen ichs noch mehr hervorzuheben.
herzlichen dank für deine meldung
lg
ralf
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Rainer Zufall Klammeraffe
Alter: 70 Beiträge: 801
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27.05.2014 19:13
von Rainer Zufall
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Also Ralf, auch wenn ich langsam das Gefühl kriege, ich komme immer nur in den Lyrikbereich, um dir völlig unkritische Lobestorten hinterherzuschmeißen, dann ist es halt so.
Das ist wieder, wie dein letztes Gedicht wunderwunderschön.
Mich erinnert deine Art zu dichten auch an Rilke, das soll dich jetzt nicht hoffärtig machen, bloß nicht, aber das ist halt mein Eindruck.
Lass bitte unbedingt "der Zeit erinnernd", niko hat zwar Recht, seine Lesweise wäre sicher die gebräuchlichere, aber gerade "der zeit" mag ich so, es hat einen anderen Inhalt und wenn man nicht in der Lyrik die Sprache ein wenig dem Rhythmus entgegenbeugen darf, wo denn dann sonst.
Ich hab ja dein letztes Gedicht gelesen, das du nach dem Tod der Tochter deiner Freunde geschrieben hast. Auch dieses Gedicht seh ich in einem solchen Zusammenhang.
Ja, es ist wirklich wunderschön, sehr ernst, sehr tief und sehr glaubwürdig.
Viele Grüße von Zufall
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Ralf Langer Klammeraffe
Alter: 57 Beiträge: 699 Wohnort: Gelsenkirchen
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27.05.2014 19:24
von Ralf Langer
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hallo rainer,
außer einem herzlichen dank weiß ich im moment nichts zu sagen...
ralf
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lilli.vostry Wortschmiedin
Beiträge: 1219 Wohnort: Dresden
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27.05.2014 20:30 aw:wenneinwort von lilli.vostry
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Hallo Ralf,
mir gefällt der erste Teil Deines Gedichtes, der nachsinnende widerhallende Ton, besonders. Die Bilder danach sind mir zu allgemein, beliebig, zu viel Pathos...
Das "er ist" ist m.E. verzichtbar mit Bezug auf den Duft, es wird auch so klar.
Schade finde ich, wenn nicht die Zeilen für sich wirken können, sondern durch allzu geschwätzige Aussagen, die nichts sichtbar mit dem Gedicht zu tun haben, anderer Leser zerredet werden. Privates gehört nicht in solch ein Forum.
Vielleicht hat es Dir auch deswegen die Sprache verschlagen...
Viele Grüße,
Lilli
_________________ Wer schreibt, bleibt und lebt intensiver |
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Rainer Zufall Klammeraffe
Alter: 70 Beiträge: 801
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27.05.2014 22:26
von Rainer Zufall
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Zitat: | Schade finde ich, wenn nicht die Zeilen für sich wirken können, sondern durch allzu geschwätzige Aussagen, die nichts sichtbar mit dem Gedicht zu tun haben, anderer Leser zerredet werden. Privates gehört nicht in solch ein Forum. |
Ich nehme mal an, du meinst mich.
Wenn der Autor selbst zu seinem anderen Gedicht Auskünfte darüber gibt, wie und warum das Gedicht entstanden ist, dann wollte er das Private wohl teilen und dann kann man sich auch darauf beziehen.
Ich empfinde die Art, wie du mich abkanzelst, ausgesprochen unangenehm.
Ich habe mich in den Lyrikbereich gewagt, obwohl ich weder Lyrik schreibe, noch die Kompetenz besitze, und auch nicht die Fachtermini, Lyrik zu beurteilen. Aber ich kann was über die Gefühle sagen, die ein Gedicht auslöst. Und ich kann einen Autor loben, weil er das schafft.
Und welche Erinnerungen und Assoziationen das sind, das geht dich, lilly.vostry, das will ich dir mal ganz deutlich sagen, nichts, aber auch gar nichts an.
Texte (ob das nun Geschichten sind oder Gedichte) entstehen sehr häufig vor dem Hintergrund biographischer Ereignisse.
Und wenn man das zu spüren glaubt, dann ist es kein Sakrileg, das zu benennen. Wenn der Autor es nicht will, klar, dann muss man sich das sparen, aber den Eindruck hatte ich hier nicht.
Ich finde im Übrigen nicht, dass der Hinweis auf Pathos, um mich mal auf deinen Komm zu beziehen, ohne irgendein weiteres Argument oder Beispiel, eine besonders inhaltssschwere Aussage wäre. Wenn ein Autor damit was anfangen kann, dann nur deshalb, weil er erfahren und selbstkritisch ist. So allgemein, wie du deine Aussage triffst, dient sie dir nur als Ansteckfeder für deinen Eitelkeitshut.
Und? Findest du das gut, wenn ich das schreibe? Ich habe nichts gegen eine Diskussion, aber ich finde nicht, dass wir uns hier auf diese Weise in die Kommentare reingrätschen sollten.
So und das war das letzte Mal für sicherlich lange Zeit, dass ich im Lyrikbereich irgendwas kommentiert habe. Lyriker scheinen nicht nur ein schwieriges Völkchen zu sein, sondern auch Vorschriften gefrühstückt zu haben.
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lilli.vostry Wortschmiedin
Beiträge: 1219 Wohnort: Dresden
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27.05.2014 23:47 aw:eswareinwort von lilli.vostry
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Hallo Rainer Zufall,
sorry, es lag nicht in meiner Absicht, Dir zu nahe zu treten oder zu kränken. Ich wollte nur zum Ausdruck bringen, dass dass dieses Gedicht hier nichts erkennbar zu tun hat mit dem von Dir wiedergegebenen Hintergrund des Autord zu einem Gedicht an anderer Stelle.
Man kann ja nun nicht erwarten, dass jeder immer über alle Kommentare anderswo auf dem neuesten Stand ist.
Daher finde ich es besser, beim konkret vorliegenden Text zu bleiben und dazu Gedanken, Bilder, Assoziationen zu äußern bzw. sich auf Vorkommentare dazu zu beziehen, weil es dann klar und nachvollziebar bleibt.
Dann wären solche heftigen verbalen Anworten wie von Dir in diesem Fall unnötig. Derart habe ich Dich nicht beballert und finde ich auch nicht gut.
Wie ich meine Kommentare verfasse und begründe, ist auch allein meine Angelegenheit, der Autor kann gerne nachfragen, wenn er es noch konkreter ausgeführt haben möchte.
Nun alle Lyriker gleich als "schwieriges Völkchen" pauschal abzuurteilen und sich davonzumachen, zeugt auch nur von eigenem Unverständnis und nicht gerade sachlichem Umgang.
Mehr möchte ich dazu auch nicht sagen.
Ich äußere mich lieber direkt zu den Texten.
In diesem Sinne.
Frohes Schaffen und Lesen weitergin,
Lilli
_________________ Wer schreibt, bleibt und lebt intensiver |
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Rainer Zufall Klammeraffe
Alter: 70 Beiträge: 801
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28.05.2014 04:07
von Rainer Zufall
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Zitat: | Wie ich meine Kommentare verfasse und begründe, ist auch allein meine Angelegenheit, der Autor kann gerne nachfragen, wenn er es noch konkreter ausgeführt haben möchte. |
Siehst du, du magst das auch nicht. Quod erat undsoweiter.
Zitat: | Ich äußere mich lieber direkt zu den Texten. |
Dann tu das doch bitte auch. Und nicht zu Eigenschaften anderer Kommentare und ihrer Verfasser. Ich hatte lediglich etwas angemerkt, was thematisch FÜR MICH in einem Zusammenhang steht. Die Unsachlichkeit und der verbale Angriff gingen von dir aus, nicht von mir.
So, aber jetzt war ich lang genug eingeschnappt. Und daher möchte ich den Allgemeinplatz über das schwierige Völkchen der Lyriker zurücknehmen. Das hat für mich persönlich zwar einen Hintergrund, gehört aber nicht hierher.
Trotzdem, die Lust, Lyrik zu kommentieren, ist mir nach diesem Ereignis ziemlich vergangen.
Dir, lilly und natürlich auch dir, Ralf, trotzdem alles Gute fürs Schreiben.
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niko Eselsohr
Alter: 66 Beiträge: 233 Wohnort: Göttingen
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29.05.2014 19:11
von niko
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im grunde möchte ich mich nicht einmischen. ich stecke ja gerade mal meine nase in dieses forum.
nur kurz:
meiner meinung nach sind text und subjektives empfinden darin etwas, was bei der lyrik kaum auszuklammern ist. denn wenn lyrik gut ist, dann berührt sie. und wenn sie berührt, dann will der leser das auch mitteilen. auf verschiedenartige weise.
bin schon wieder wech......
_________________ Ein Gedicht auf dem Hintergrund der Biographie des Autors zu interpretieren ist so, als würde man einem schwimmenden Schiff das Wasser nehmen. (NJK) |
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Muskat Eselsohr
Beiträge: 343
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27.04.2016 16:42 Wenn ein Wort von Muskat
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Hallo Ralf,
über dein Gedicht Dämmerungen bin ich schließlich hier angelangt und habe das Gedicht nun zum wiederholten Male gelesen.
Was die Lyrik angeht, bin ich ahnungslos. Das Gedicht beschäftigt und berührt mich aber.
Du drückst einen Verlust in Bildern aus, die die Sinne ansprechen und den Schmerz in einer Weise zeigen, dass er fühlbar wird.
Gefällt mir sehr.
Liebe Grüße
Muskat
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Ralf Langer Klammeraffe
Alter: 57 Beiträge: 699 Wohnort: Gelsenkirchen
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27.04.2016 18:13
von Ralf Langer
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Hallo Muskat,
herzlichen Dank. Es geschieht nur selten, das aus den Tiefen der Literaturforen ein Text wiederan die Oberfläche gelangt.
Das freut mich sehr
Noch mehr freut mich,dass dir mein Gedicht zusagt, das es
mit dir spricht.
Es ist für mich wie ein Nachgang in die Vergangenheit.
Das Gedicht erinnert mich am etwas das ich verloren habe.
Ich denke und hoffe darin ein Andenken der würdigen Art
geschrieben zu haben.
Dir nochmal herzlichen Dank
und einen lieben Gruss
Ralf
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Muskat Eselsohr
Beiträge: 343
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27.04.2016 18:26 Wenn ein Wort von Muskat
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Ich kann mich nicht poetisch ausdrücken, bloß meine Gefühle wiedergeben. Das Gedicht spricht mich an, ja, es erinnert auch mich an einen schmerzlichen Verlust, durch die schönen Bilder aber eher an die Zeit vor dem Verlust, dafür danke ich.
Du hast mit berührenden Worten ein würdiges Andenken verfasst, meine ich und wünsche dir, dass die Zeit kommt, dass auch du eher an die schönen gemeinsamen Erlebnisse erinnert wirst.
Liebe Grüße
Muskat
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James Blond Eselsohr
Alter: 70 Beiträge: 448 Wohnort: HAMBURG
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14.06.2016 13:41
von James Blond
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Lieber Ralf,
es ist nicht so wie du denkst!
Ich kannte dieses Gedicht bereits und war sehr froh, es auch hier zu finden, wollte es bereits vor einigen Tagen kommentieren, nun kamst du meinen "roten Rosen" an anderer Stelle zuvor. Welch ein Zufall!
Ich halte dieses Gedicht deshalb für sehr gelungen, weil es trotz der Freiheit im Umgang mit Reim und Metrum eine geradezu monolithische Einheit aus Form und Inhalt darstellt: Jedes Wort darin lässt sich abklopfen und liefert einen Ton zurück, der sich harmonisch zu einem Klangbild des schmerzlichen Vermissens verdichtet, das nichts vermissen lässt.
Mit anderen Worten: Es handelt sich um ein "Gedicht" als äußerste Verdichtung des Gedankens, die sich zugleich in sprachlich vollendeter Präzision und Sparsamkeit präsentiert. So entsteht hier die lyrische Wirkung: Man liest es einmal, zweimal, mehrmals und jedesmal schimmern die Worte neu auf und werfen ihren Seidenglanz bis in das Herz des Lesers - bis er den Duft von Rosen wahrnimmt und ihm eine Träne rollt.
Grüße
JB
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Quadratschädel Leseratte
Q Alter: 69 Beiträge: 159 Wohnort: Berlin-Ost
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Q 15.06.2016 06:28
von Quadratschädel
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Hallo Ralf Langer
Wenn ein Wort,
dem längst das Du entronnen
als Echo immer wieder kehrt.
Wenn eine Lücke
in dem Mauerwerk
dir nur von diesem Stein erzählt:
Dann steigt ein Duft
- er ist von Rosen schwer,
und eine Träne läuft,
der Zeit erinnernd hinterher.
Na, dann werde ich mich mal wieder unbeliebt machen.
Fange ich mal mit etwas Schmeichelei an: Schön die ersten sechs Zeilen, ein guter Ausgangspunkt. Ab da wird es kritisch, nämlich kitschig, dass die Zähren nur so rollen. Was hättest du aus den ersten sechs Zeilen alles machen können! Schade, dass die Sentimentalität Oberwasser kriegt.
Zunächst mal: Ist ein Gedicht dann gut, wenn es Anleihen bei der Lyrik vor hundert Jahren macht? Nicht nur sprachlich, sondern auch gedanklich, die Sentimentalität eines Rilke, an den hier einem Schreiber Erinnerungen kommen, gehört nun mal ins 19. Jahrhundert. Das hat überhaupt nichts mehr mit dem Lebensgefühl des 21. Jahrhunderts zu tun. Ob du was damit anfangen kannst oder willst, ist mir nicht bekannt, aber vielleicht solltest du ab und zu mal etwas modernere Lyrik lesen, um ein Gefühl für die Gegenwart zu kriegen. Für mich, wirst du bis jetzt mitgekriegt haben, ist das pure Nostalgie in Erinnerung an eine Zeit, als die Lyriker sich noch großspurig Dichter nannten, und zwar für die damals noch gebildete Großbourgeoisie, die solche Lyrik brauchte, um von ihren Machenschaften mit ihrer "schönen Seele" ablenken zu können, die in einer Welt zu leben schien, die nur von Humanismus und dem Sinn für "Schönheit", nicht aber von Gier nach Besitz zeugte.
Wenn ich mir das Handwerkliche ansehe, so gibt es Auffälliges: nämlich, dass du die deutsche Sprache und Rechtschreibung nur unsicher beherrschst. Ins Auge fällt sofort: "der Zeit erinnernd" statt "die Zeit erinnernd". Also nicht wessen Zeit erinnernd, sondern wen erinnernd, also Akkusativ, nicht Genitiv. Genitiv wäre nur in Verbindung mit dem Pronomen "sich" möglich, also: "sich der Zeit erinnernd".
Ich frage mich auch, warum du nach den ersten drei Zeilen einen Punkt setzt, denn die ersten sechs Zeilen sind eine reine Aufzählung. Also Komma.
Und da du interpunktierst, fehlt hier hinter "entronnen" ein Komma. "Wiederkehrt" bitte ein Wort, was du geschrieben hast, das würde logischerweise bedeuten, dass das Echo irgendwas immer wieder fegt. Komma fehlt auch hinter "erinnernd". Auch die Beherrschung von Grammatik und Orthographie gehört zum lyrischen Handwerk. Es sind ja auch nur 10 Halbzeilen.
Zur Sprache habe ich oben schon geschrieben, sie lehnt sich an die des 19. Jahrhunderts an. So etwas kann man durchaus machen, wenn man dem Gedicht einen Gegenwartsbezug gibt, um so Differenzen aufzuzeigen, es ist ein sprachlicher Trick 17.
Gruß, Quadratschädel
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Eulenbaum Klammeraffe
E
Beiträge: 867
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E 15.06.2016 06:57
von Eulenbaum
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Hallo in die Runde,
ein kleiner Einwurf zur Sprache bzw. zu einer einzelnen Sprachkonstruktion des Gedichtes,
Erinnere dich dessen - erinnere dich der Dinge.
Ja, es ist nicht mehr gebräuchlich, aber diese Konstruktion ist die ohne Präposition.
Der Genitiv ist im Schwinden und wird still und heimlich ersetzt, oft durch Präpositionalkonstruktionen mit anderen Fällen, aber man "darf" das gebrauchen und ist trotzdem der Sprache, der Grammtik, der Regeln mächtig.
Mehr mag ich jetzt nicht dazu sagen.
Gruß,
Eulenbaum
Zitat: | Wenn ich mir das Handwerkliche ansehe, so gibt es Auffälliges: nämlich, dass du die deutsche Sprache und Rechtschreibung nur unsicher beherrschst. Ins Auge fällt sofort: "der Zeit erinnernd" statt "die Zeit erinnernd". Also nicht wessen Zeit erinnernd, sondern wen erinnernd, also Akkusativ, nicht Genitiv. Genitiv wäre nur in Verbindung mit dem Pronomen "sich" möglich, also: "sich der Zeit erinnernd". |
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Rainer Zufall Klammeraffe
Alter: 70 Beiträge: 801
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15.06.2016 07:36
von Rainer Zufall
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Hallo Quadratschädel,
ich frage einfach mal nach:
Zitat: | Nicht nur sprachlich, sondern auch gedanklich, die Sentimentalität eines Rilke, an den hier einem Schreiber Erinnerungen kommen, gehört nun mal ins 19. Jahrhundert. Das hat überhaupt nichts mehr mit dem Lebensgefühl des 21. Jahrhunderts zu tun. |
Wieso gehört das Gefühl von Verlust denn in das 19. Jahrhundert? Es gibt Themen, die sind so derartig immer wiederkehrend - zu allen Zeiten, in vielen Gesellschaften, dass sie nicht unmodern oder nostalgisch werden können.
Zitat: | Ob du was damit anfangen kannst oder willst, ist mir nicht bekannt, aber vielleicht solltest du ab und zu mal etwas modernere Lyrik lesen, um ein Gefühl für die Gegenwart zu kriegen. |
Woher weißt du denn, dass der Autor das nicht tut?
Noch eine Frage, woher bist du dir so sicher, dass der Autor die deutsche Sprache und ihre Schreibung nicht sicher beherrscht:
Der Autor hatte schon vorher einen Grund angegeben, warum er "der Zeit erinnernd" geschrieben hat und nicht "die Zeit erinnernd". Was ich persönlich auch für inhaltlich schief gehalten hätte. Er will ja nicht die Zeit erinnern, wie wenn diese eine Person wäre, sondern sich an eine gewisse Zeit erinnern.
Du hast Recht damit, dass das "sich" grammatikalisch richtig gewesen wäre. Aber ich verstehe nicht, warum du annimmst, der Autor hätte "sich" aus Unkenntnis vergessen. Der Rhythmus hätte nicht mehr gepasst. Und wenn ich mir Lyrik anschaue, da gibt es zahlreiche grammatikalische gewollte Brechungen. Ein Gedicht funktioniert aus meiner Sicht nicht nur nach den Regeln der Grammatik.
Ähnliches würde ich bei den Kommas annehmen. Man kann in Gedichten doch jedes einzelne Satzzeichen weglassen. Grad eines gelesen im Werkstattbereich, das hat glaube ich kein einziges Komma.
Hier könnte es doch sein, der Autor hat mit den Satzzeichen unterschiedlich starke Zäsuren setzen wollen, auch wenn es Aufzählungen sind. Vielleicht hat es ebenso inhaltliche Gründe, wenn an den Stellen, wo ein Komma erforderlich gewesen wäre, wie natürlich hinter "entronnen", weil es den Relativsatz einschließen muss, das Komma doch unterblieben ist.
Ich weiß es nicht, wie der Autor dazu steht, ob es nun inhaltliche Gründe hat oder nicht. Aber vielleicht ist Fragen ja doch sinnvoller als die These der Unkenntnis in den Raum zu stellen.
Das zwar nur am Rande, weil es nicht mein Hauptanliegen ist, aber Annahmen solcher Art sind meistens nicht sehr kommunikationsdienlich. Aber darum geht es mir gar nicht so sehr, ich verstehe es wirklich nicht, wie und warum es zu solch unterschiedlichen Umgangsweisen mit z. B. Kommasetzung in Lyrik kommt.
Zitat: | "Wiederkehrt" bitte ein Wort, was du geschrieben hast, das würde logischerweise bedeuten, dass das Echo irgendwas immer wieder fegt. |
Ich frage dich das hier jetzt auch ernsthaft, aber ich war schon sehr verblüfft. Kennst du denn das Wort "wiederkehren" nicht? Das ist (außer, dass kehren auch fegen heißen kann) ein Synonym für wiederkommen, etwas wiederholen. Kannst du im Duden nachschauen.
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James Blond Eselsohr
Alter: 70 Beiträge: 448 Wohnort: HAMBURG
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15.06.2016 07:55
von James Blond
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Liebe Quadratschädel,
lieber Eulenbaum,
ich finde es ja großartig, das anstelle des Akkusativs der Gebrauch des Genitivs im Zusammenhang mit dem Verb erinnern auch auf diesen Seiten noch gestattet ist.
Selbstverständlich ist dieses die Sprache einer längst versunkenen Ära: Sich einer Sache erinnern - anstelle von: sich an eine Sache erinnern.
Der Duden nennt die Genitivvariante "gehoben", ich finde sie auch durch den Verzicht auf eine Präposition um einiges eleganter.
Wer aus seinem modernistischen Duktus heraus ungewöhnliche oder gehobene Formulierungen in Gedichten als unzeitgemäß ablehnt, hat von Lyrik wenig verstanden: Sie ist vor allem Sprachkunst jenseits der Alltagssprache, der Versuch, sich die äußersten Möglichkeiten von Sprache zu erschließen, um zu Aussagen besonderer Intensität, Prägnanz und Dichte zu gelangen.
Wer dabei an der Formulierung ...
Zitat: |
eine Träne läuft,
der Zeit erinnernd hinterher.
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... scheitert, zeigt nur, dass es um seine eigene Sprachkunst nicht sonderlich bestellt ist und um seine Aufmerksamkeit beim Lesen der Kommentare, denn dieser Punkt wurde bereits weiter oben besprochen.
"Zeit" kann hier, aber muss nicht im Akkusativ stehen:
Eine Träne läuft [die Zeit erinnernd] hinterher.
Dativ ist hier auch möglich ...
Eine Träne läuft [der Zeit] hinterher.
... wie auch ...
Eine Träne läuft [erinnernd] hinterher.
... ,das sich in einen Satz zusammenziehen lässt:
Eine Träne läuft [der Zeit, erinnernd] hinterher.
Ein Kitschvorwurf bietet sich, wenn es um Herzschmerz-Themen geht, zumeist an und lässt sich nur schwer widerlegen, denn Kitsch beruht auf dem subjektiven Eindruck einer Gefühlsüberdosis, wobei hier die individuellen Toleranzen erheblich variieren können. Ich finde das Gedicht jedenfalls nicht kitschig, sondern sehr zurückhaltend, geradezu bescheiden im Ausdruck. Aber ich sehe Sentimentalität in Gedichten nicht unbedingt als Makel! Warum auch?
Wen dieses Lebensgefühl nicht anspricht, wer es nicht kennt, ablehnt oder verdrängt, der kann sich ja mit seiner (N)ostalgie am Naturalismus, Realismus oder Brechts epischer Lyrik abarbeiten. Hier allerdings klingt seine Kritik ein wenig nach frustierter Nummernsuche: "Dein Telefonbuch ist ja gut und schön - aber wo sind die Numern?"
Grüße
JB
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Eulenbaum Klammeraffe
E
Beiträge: 867
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E 15.06.2016 08:00
von Eulenbaum
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Hallo Rainer, (hallo Quadratschädel, hallo Ralf,) (EDITIERT: Hallo James Blond,)
ja, bei Gedichten "darf" man meiner Ansicht nach die Dinge bzw. die Regeln sozusagen bis zur Grenze des "Erlaubten" dehnen.
Jetzt kommt es auf den Leser an. Läßt er sich auf diese Probieren ein? Läßt er sich darauf ein, daß er bei Vielem vielleicht nur noch ahnt, was es heißt, weil es Marker gibt, die zeigen, in welche Richtung die Dinge gemeint und miteinander verknüpft sind?
Oder will der Leser lieber ein bißchen mehr Geländer haben und weniger Unwegsames?
Stichwort Sprache ausloten.
Das kann "ganz leise" umgesetzt werden oder wirklich offensichtlich.
Hier ist es eher leise.
Das "offensichtlich Leise" (beim Ausloten) stößt aber ... offensichtlich schon an Grenzen bei Lesern.
Jeder Leser bringt eigene Erfahrungen mit. Das macht das Schreiben und das Lesen von Gedichten zu einem gewagten Gang.
Gruß,
Eulenbaum
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Eulenbaum Klammeraffe
E
Beiträge: 867
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