18 Jahre Schriftstellerforum!
 
Suchen
Suchabfrage:
erweiterte Suche

Login

Jetzt erhältlich! Eine Anthologie von und mit unseren Usern. Jetzt bestellen! Die erste, offizielle DSFo-Anthologie! Lyrikwerkstatt Das DSFo.de DSFopedia


Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Prosa -> Einstand
Am Anfang war Lila (Auszug)


 
 
Gehe zu Seite Zurück  1, 2, 3
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen
 Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen  « | »  
Autor Nachricht
Federfarbenfee
Geschlecht:weiblichWortedrechsler

Alter: 47
Beiträge: 94
Wohnort: Bayern


Beitrag02.11.2016 12:39

von Federfarbenfee
Antworten mit Zitat

Kapitel 16: Wo die Zeiten sich kreuzen

»Nein, ich will nicht zurück ins Waisenhaus! Bitte, bitte nicht!«
Jeremias Flehen rührt Priska zutiefst. Sie wirft einen Blick in den Innenspiegel und ihr Herz macht erneut einen Satz. Noch immer hat sie sich nicht daran gewöhnt, dass der Junge Ranieri wie aus dem Gesicht geschnitten ist. Es fühlt sich an, als befinde sich ein Teil von ihr in einer Art Zeitschleife. Immer, wenn sie in Jeremias unverwechselbare Augen sieht, reißt ein Strom aus Erinnerungen sie aus dem Hier und Jetzt. Und sie werden von Mal zu Mal intensiver. Mit jeder weiteren Stunde, die sie zusammen sind und mit jedem zurückgelegten Kilometer, der sie näher an die alte Heimat bringt, überlappen sich Vergangenheit und Gegenwart ein Stück mehr. Hin und wieder zuckt das Bild, das Priskas Netzhäute an ihr Gehirn weitergeben. Für einen kurzen, aber gefährlichen Moment verschwimmt alles und sie sitzt, selbst wieder ein kleines Mädchen, mit Ranieri im Kastanienbaum. Gemeinsam blicken sie ins Tal hinunter. Damals waren ihr die drei Jahre Altersunterschied riesig erschienen. Geliebt hat sie ihn schon immer. Zunächst wie einen großen Bruder.

Krampfhaft versucht Priska, wieder in die Gegenwart zurückzukehren. Es gebe keinen ungünstigeren Moment für Tagträume. Nie würde sie es sich verzeihen, wenn sie aufgrund ihrer Fahrlässigkeit mit einem entgegenkommenden Wagen kollidieren oder die Böschung hinunterrasen. Zum Glück fällt das Gelände neben ihnen nicht so steil ab. Priska konzentriert sich auf das Lenkrad in ihren Händen und das Gefühl, in einem fahrenden Auto zu sitzen. Allmählich wird der blaugrüne Eisack grau und schließlich wieder zu der Straße, auf der sie gleich die italienische Grenze passieren. Noch einmal darf ihre innere Kamera nicht in die Vergangenheit schwenken. Inzwischen herrscht viel Verkehr auf dem Zubringer zur Brennerautobahn. Und tatsächlich freut sich Priska über jedes Fahrzeug, das ihnen entgegenkommt. Ebenso wie über das satte Grün der Wiesen und die Bauern, die dort ihr Tagwerk verrichten. All diese Dinge zeigen ihr, dass sie der alptraumhaften Parallelwelt entkommen sind. Vorerst zumindest.

»Sie werden bestimmt nach dir suchen, Jeremias.« Bis sie Matrei hinter sich gelassen hatten, verschwendete Priska keinen einzigen Gedanken an die Zukunft. Es war nur wichtig, dass sie jenem verfluchten Ort so schnell wie möglich den Rücken zukehrten und Jeremias bei Bewusstsein blieb. Er erholte sich erstaunlich schnell von seinem Martyrium. Nun, da er befreit war von der tödlichen Parasitin, deren Leib noch vor ihren Augen zu Staub zerfiel, regenerierte sich sein Körper im Zeitraffer. Entgeistert starrte Priska auf die leere Stelle, an der das Monstrum eben noch gelegen hatte. Nichts deutete mehr auf den Kampf hin, der ihnen fast das Leben gekostet hätte. Als sei alles, was in den vergangenen Stunden geschehen war, nur ihrer Phantasie entsprungen. Der Nebel über der Schlucht löste sich auf und die Sonne lugte zaghaft wieder hinter den Wolken hervor. Gemeinsam blickten sie auf die Sill hinunter, die sich sanft durch die felsige Landschaft schlängelte. Der Schrecken hatte sich verloren. Geblieben war nur das vertraute Schwindelgefühl, das Priska am Rande dieses Abgrundes immer erfasste. Lediglich das sanfte Rauschen der Birkenblätter erinnerte entfernt an die brandenden Wogen aus dem Traummeer. Das Feenhäuschen in Elenas Händen hatte aufgehört, zu leuchten. Niemand würde nunmehr von seinem niedlichen Äußeren auf das magisches Innenleben schließen. Auf Priskas linken Arm gestützt und noch etwas wackligen Beinen schlurfte Jeremias mit ihnen zusammen zum Parkplatz zurück. Erleichtert registrierte Priska, dass das Marterl mit der düsteren Prophezeiung verschwunden war. Doch Marlenes silberner Mercedes stand noch da. Priska baute den Kindersitz aus und montierte ihn auf der Rückbank ihres Autos. Als sie Elena und Jeremias angeschnallt und ihnen jeweils ein Käsebrot und einen Apfel in die Hände gedrückt hatte, hörte sie hinter sich Motorengeräusch. Ihr Herzschlag setzte kurz aus, als ein blauer Kombi neben ihr hielt. Aus dem Auto sprangen ein Mann, eine Frau und zwei Jungen. Sie warfen ihr ein kurzes »Hallo« zu, bevor sie in Richtung Schlucht liefen. So viel Normalität erschien Priska in diesem Moment erst recht surreal. Doch sie spürte, wie ihr Körper vibrierte. Die neue Zuversicht fühlte sich fast an, als sei sie frisch verliebt.
»Nein, ich glaube nicht, dass sie mich suchen«, unterbricht Jeremias ihre Gedanken. Seine helle Bubenstimme klingt energisch. »Marlene hat mich nicht heimlich geklaut.« Seine Wortwahl lässt Priska schmunzeln. »Ich hab‘ nicht gehört, was sie mit Frau Meier geredet hat. Aber es war ok, dass ich mitgehe.«

Doch gleich, welches Arrangement die Dämonin in Menschengestalt und die Leiterin des Kinderheims getroffen hatten – sie können nicht einfach untertauchen. Zumindest nicht langfristig. Aber vielleicht haben sie noch etwas Zeit, bevor sie die Behörden einschalten müssen. Nachdenklich blickt Priska auf die Autokolonne vor sich. Auf Höhe des Einkaufszentrums, das die Grenze zwischen Österreich und Italien markiert, hat sich ein Stau gebildet. Früher hätte sie sich über den stockenden Verkehr und die sinnlos vergeudeten Minuten aufgeregt. Jetzt aber fühlt sie sich fast geborgen inmitten der endlos erscheinenden Schlange sich aneinanderreihender Fahrzeuge. Als seien diese in der Lage, sie von allem Bösen abzuschirmen.
„Hat Frau Meier etwas darüber gesagt, wann ihr euch wiederseht?“ Angestrengt versucht Priska, ihre Fragen so zu formulieren, dass sie Jeremias nicht verwirren. Nur gut, dass sie dank Elena halbwegs vertraut ist mit kindlichen Sprachwelten. Sie wirft einen Blick in den Innenspiegel. Ihre Tochter schlummert friedlich. Normalerweise schläft Elena eher zu wenig als zu viel. Doch die Ereignisse der letzten Stunden haben ihr arg zugesetzt. Hastig schluckt Priska die Selbstvorwürfe, die ihren Magen verklumpen und nun nach oben in ihre Kehle drängen, hinunter.

„Nein. Sie hat mir über den Kopf gestreichelt. Und mir „Alles Gute“ gewünscht. Dann hat sie das Geld eingesteckt und ist zurück ins Haus gegangen.“ Priska spürt, wie eine jähe Wut sie erfasst und ihre Schuldgefühle hinfort spült. So ist es also gelaufen. Die Leiterin des Kinderheims hat sich bestehen lassen und leichtfertig einen ihrer Schutzbefohlenen einer wildfremden Person überlassen. Gewiss in vollem Bewusstsein darüber, dass hier etwas faul war. Fassungslos fragt sich Priska nicht zum ersten Mal, wo auf dieser Welt es noch Sicherheit und echtes Vertrauen gibt. Das ist ein Kind – Herrgott nochmal! Darüber, wie Frau Meier diese Aktion vertuscht haben mochte und wen sie hierfür noch alles ins Boot geholt hat, macht sich Priska momentan lieber keine Gedanken. Da sie ohnehin gerade stehen, schnallt sie sich kurzerhand ab und dreht sich zu Jeremias um. Sie ergreift die kleine Kinderhand, die sich ihr entgegen streckt, und drückt sie sanft.

„Ich verspreche dir, dass du nie wieder zurück musst! Wir werden eine Lösung finden!“
Es ist an der Zeit, dass dieser Junge endlich Kind sein darf. Und Priska schwört sich, dass sie ihr Möglichstes dafür tun wird. Jeremias hat mit seinen fünf Jahren bereits mehr ertragen müssen, als andere in ihrem ganzen Leben. Als Priska erfahren hat, dass seine Eltern bei einem Autounfall tödlich verunglückt waren, versetzte ihr das einen dumpfen Schlag in die Magengrube. Zwar hatte sie mit Ranieris jüngerer Schwester seit seinem Tod keinen Kontakt mehr, aber sie kann sich noch sehr gut an das sanftmütige Mädchen mit dem goldenen Haar erinnern. Und an ihre irisierenden Augen, die denen des Bruders so sehr glichen. Ihr ist, als sei es gestern gewesen, dass sie mit Lara und Ranieri in den Weinbergen Verstecken spielte und für das jüngere Mädchen Gänseblümchenketten flocht. Niemand hätte damals ahnen können, dass zwanzig Jahre später die gesamte Familie Moroder ausgelöscht sein würde. Bis auf einen kleinen Jungen namens Jeremias, der seinerzeit noch nicht einmal als Gedanke im Kopf seiner Mutter existierte. Verstohlen wischt sich Priska eine Träne aus dem Augenwinkel.
»Warum weinst du?« Wie fast alle Kinder verfügt auch Jeremias offenbar über eine scharfe Beobachtungsgabe.

»Ich kannte deine Mutter. Und Deinen Onkel. Und ich bin traurig darüber, dass sie nicht mehr da sind.« Priska fragt sich, was mit den Großeltern väterlicherseits geschehen sein mag. Leben auch sie nicht mehr? Oder warum sonst ist Jeremias im Kinderheim gelandet? Vorerst will sie jedoch nicht weiter in ihn dringen. Es würde an ihrer aktuellen Lage ändern. Und der Tod ist ohnehin schon zu allgegenwärtig. Sie müssen ihm nicht noch mehr Aufmerksamkeit zukommen lassen.

»Bist du jetzt meine Familie? Und Elena?« Jeremias spricht so leise, dass Priska ihn kaum verstehen kann. Doch die zaghafte Hoffnung in seiner Stimme ist nicht zu überhören.

»Ja«, sagt sie schlicht und blendet dabei alle etwaigen Konsequenzen bewusst aus.

----------------------------------------------------------------------------

»Ja, wir sind heil in Klausen angekommen.« Während Priska mit Luis telefoniert, beobachtet sie Elena und Jeremias dabei, wie sie jauchzend Steine über die Brüstung in den Eisack werfen. Die Strömung ist stark und der Fluss verschluckt die Kiesel sofort. Er ist heute flaschengrün und die kleinen Schaumkronen glitzern in der spätherbstlichen Sonne.
»So ein klitzekleines Lebenszeichen von unterwegs aus wäre auch nicht schlecht gewesen.« Luis klingt angesäuert und Priska kann es ihm nicht verdenken. Doch sie hat schlichtweg keine Ahnung, wie sie ihrem Mann schonend beibringen soll, dass sie nebenbei einen Abstecher in andere Dimensionen unternommen, eine Dämonin erledigt und ein potentielles Adoptivkind aufgelesen hat. Mal ganz davon abgesehen, dass er sie nach einem solchen Reisebericht erst recht für übergeschnappt halten würde. Im Lügen ist sie jedoch auch keine Koryphäe und es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie sich in irgendwelche Widersprüche verstrickt. Für’s Erste hofft sie einfach darauf, dass Luis sie keiner umfassenden Befragung unterzieht.

»Ich weiß. Tut mir leid. Ich wollte nicht, dass du dir Sorgen machst.« ›Eigentlich haben wir eine 1a-Punktlandung hingelegt. Wenn man bedenkt, was alles passiert ist.‹, wäre ihr fast noch herausgerutscht. Doch sie beißt sich rechtzeitig auf die Zunge.

»Egal. Der Drops ist gelutscht. Hauptsache, ihr seid am Ziel und es geht euch gut.« Luis scheint kurz nachzudenken. »Kannst du Elena ans Telefon holen?«

»Sie ist gerade dabei, einen halben Steinbruch im Eisack zu versenken. Ist es ok, wenn sie dich heute Abend anruft?« Priska befürchtet, dass Elena ihrem Vater gleich brühwarm von ihrem neuen Freund erzählt. Was momentan eher kontraproduktiv wäre. Luis lacht amüsiert auf, doch Priska hat das Gefühl, dass er bereits ahnt, dass etwas im Busch ist.

»Ja, passt. Geht erstmal essen und sucht euch ein Zimmer.«

»Alles klar. Dann bis nachher!« Priska ist erleichtert, dass Luis keine Grundsatzdiskussion vom Zaun bricht.

»Bis später, mein Schatz! Passt auf euch auf!«

Mit Jeremias an der einen und Elena an der anderen Hand mischt sich Priska unter die Menschentraube, die der Altstadt entgegenpilgert. Die meisten von ihnen sind Touristen, die an den Tagen zwischen ihren Wandertouren das Eisacktal erkunden. Hier, jenseits des Brenners, zeigt sich der November von einer ganz anderen Seite. Solch goldene Herbsttage hält in Deutschland meist nur der Oktober bereit. Kein Wunder, dass sich zu dieser Zeit so viele von Priskas Landsleuten im milderen Südtirol tummeln. Eine Weile müssen sie der stark bevölkerten Hauptstraße folgen. Doch trotz des Gewimmels fühlt sich Priska augenblicklich von dem besonderen Flair dieser uralten Stadt umfangen. Dicht an dicht schmiegen sich die mit Zinnen und zahlreichen Erkern versehenen Häuser. Üppige Blumenkästen hängen von winzigen Balkonen. Steinerne Treppen führen zu verborgenen Türen und schmiedeeiserne Tore zu verwunschenen Gärten. Zart getünchte Fassaden wechseln sich ab mit dicken, mittelalterlichen Mauern. Zwischen den Häusern blitzen am Horizont die bunten Weinberge hervor. Die majestätischen Dolomiten selbst sind von hier aus allerdings nicht zu sehen. Das Kopfsteinpflaster ist ausgetreten von den abertausenden von Füßen, die über die Jahrhunderte hinweg hier entlang gelaufen sind. Doch seinem schmeichelnden Charme tut dies keinen Abbruch. Bald schon haben Priska und die Kinder die verwinkelte und unscheinbare Nebengasse erreicht, die zu jenem Lokal führt, das nicht nur köstliche Pasta, sondern auch zahlreiche, in Wehmut getränkte, Erinnerungen auf der Karte hat.

An der Straßenecke sitzt ein Bettler. Er streckt ihnen seinen ausgebeulten, noch leeren Hut entgegen. Priska spürt, wie die Kinder ihre beiden Hände fester umklammern. Eine böse Vorahnung beschleicht sie. Und obwohl ihr Gewissen sie dazu auffordert, gibt sie diesmal kein Geld, sondern hastet an der in Lumpen gekleideten Gestalt vorbei. Das Fluchen des Bettlers klingt wie das Knurren eines wilden Tieres. Priska weiß, dass sie ihren Weg unbeirrt fortsetzen sollte. Trotzdem dreht sie sich um. Sie muss der Gefahr ins Gesicht blicken. Die dunklen Augen des Bettlers flackern rötlich. Er verzieht den zahnlosen Mund zu einem boshaften Grienen. Dann spuckt er ihnen hinterher. Marlenes Drohung bewahrheitet sich. Es gibt tatsächlich mehr von ihrer Sorte und sie haben nicht aufgehört, Priska zu jagen. Doch der alte Mann macht keine Anstalten, sich zu erheben. Nur seine glühenden Augen folgen ihr. Priska beschleunigt dennoch ihre Schritte und die Kinder stolpern neben ihr her. Beide sind blass und zittern. Doch sie sagen kein Wort. Erklärungen sind überflüssig. Sie wissen, was dort an der Ecke und in den dunklen Winkeln zwischen den Häusern auf sie lauert. Auf Höhe eines Buchladens drosseln sie kurzzeitig ihr Tempo. Alle drei sind sie völlig außer Atem. Die Verkäuferin arrangiert gerade die Auslage neu. Sie trägt eine Brille und die dunklen Haare hochgesteckt. Buchhandlungen üben auf Priska eine magische Anziehungskraft aus. Sie hofft, dass die beruhigende, heimelige Ausstrahlung auch diesmal ihre Wirkung nicht verfehlt. Während sie das Schaufenster und die dargebotenen Bücher studiert, hebt die Dame mit dem Dutt langsam ihren Kopf. Die Kinder schreien erschrocken auf. Hinter den Gläsern der randlosen Brille lodern Höllenfeuer. Geschockt und nach Luft schnappend weicht Priska zurück. Ihre Handflächen sind schweißnass. Weil sie befürchtet, dass Elenas und Jeremias Finger ihr entgleiten können, drückt sie so fest zu, dass es beinahe schmerzen muss. Doch die beiden beklagen sich nicht. Starr vor Angst blicken sie auf den Dämon im Schaufenster. Da registriert Priska eine Bewegung hinter sich. Der verschwommene Schatten des Angreifers spiegelt sich in der Fensterscheibe. Mit einem Satz springt Priska nach links weg und zerrt die Kinder mit sich. Elena wird von dem plötzlichen Ruck zu Boden gerissen. Krampfhaft versucht Priska, ihre Panik in Schach zu halten und hilft ihrer Tochter hoch. Aus dem Augenwinkel sieht sie, dass der dunkle Schemen nur noch einen halben Meter von ihnen entfernt ist.

»Lauft!«, schreit sie und sprintet los. Die Kinder schwingt sie dabei nach vorn. Ein makabres »Engelein-flieg-Spiel«. Denn diesmal geht es um Leben und Tod. Sobald die Kleinen wieder Boden unter den Füßen haben, rennen sie neben ihr her. Das hallende Echo der Schritte hinter sich signalisiert ihr, dass der Verfolger ihr dicht auf den Fersen ist. Stur blickt sie nach vorn. Sie müssten gleich da sein. Im Lokal sind sie sicher. Darauf vertraut sie. Es darf einfach nicht anders sein. Plötzlich löst sich vor ihr ein weiterer Schatten aus der dunklen Nische unter einer Steintreppe. Wie von Sinnen hetzt Priska die leere Gasse entlang, die mit einem Mal sämtliche Sonnenstrahlen zu absorbieren scheint. Statt dessen steigt vom Boden ein geisterhafter Nebel auf. Priska betet inständig, dass sie nicht schon wieder in einer Parallelwelt gelandet sind. In diesem Moment legt sich eine schwere Hand auf ihre Schulter. Sie fährt herum und blickt in das zerfurchte Gesicht des Bettlers. Seine Haut ist dünn wie Pergamentpapier und spannt über den hohlen Wangenknochen. Dort, wo vorher rote Augen leuchteten, sind nur dunkle Höhlen. Doch Priska spürt den tödlichen Sog, der sie in das Innere des Schädels und ins Jenseits ziehen will.

»Warum versuchst du noch immer, zu entkommen? Wenn du einen von uns besiegst, wird er von zwei neuen Gesandten ersetzt. Du kannst dich nicht retten. Und diese Kinder auch nicht. Gib endlich auf!« Seine Stimme klingt hohl. Dennoch dröhnt sie in Priskas Gehörgängen. Ihr Trommelfell schmerzt. Neben ihr schluchzt Elena. Jeremias zittert wie Espenlaub. Priskas Verzweiflung weicht rasender Wut. Sie spuckt nun ihrerseits dem Dämon in die totenkopfgleiche Visage und die Kreatur zuckt zurück.

»Ich werde euch alle vernichten«, zischt Priska hasserfüllt. Die Hand auf ihrer Schulter verliert an Gewicht. Sekunden später wiegt sie nicht mehr als eine Feder und es ist ein Leichtes für Priska, sie abzuschütteln. Doch ihr Triumphgefühl hält nicht lange an. Dutzende von Schatten umzingeln sie inzwischen. Und sie rücken immer näher. Offensichtlich haben sie es nun auf Jeremias und Elena abgesehen. Konturlose Arme, mehr Nebelschwaden denn Gliedmaßen, greifen nach ihnen. Eilig schiebt Priska sich vor die beiden Kinder, die nun zwischen ihr und einer Hauswand eingekeilt sind. Just in diesem Moment ertönt ein knarrendes Geräusch hinter ihnen und ein kühler Windzug fährt Priska in den Rücken. Dann sind die Kinder fort. Entsetzt fährt Priska herum. Eine knochige Hand packt ihren Arm und zerrt sie durch die geöffnete Tür, die kurz darauf krachend ins Schloss fällt.

Mit klopfendem Herzen versucht Priska, sich zu orientieren. Es ist dunkel und riecht modrig.
»Ihr seid in Sicherheit«, dringt eine leise und vertraute Stimme an ihr Ohr. Im selben Augenblick flackert an der Decke eine altersschwache Lichtröhre auf und der dunkle Gang wird erkennbar. Vor ihr steht der Besitzer des Lokals, das sie gesucht hat. Sein Rücken ist bucklig und das Haar inzwischen schlohweiß, doch die kleinen, wasserblauen Augen in dem wettergegerbten Gesicht blicken wach und freundlich. Neben ihm stehen Elena und Jeremias. Sie wirken zugleich verstört und erleichtert. Mit bebenden Fingern streicht Priska ihnen über die Köpfe.

»Danke«, sagt sie leise. Für mehr Worte reicht der Platz in ihrem Hirn gerade nicht.

»Kommt mit!« Der alte Wirt führt sie den engen Korridor entlang. Für Klaustrophobiker wäre dies kein passender Ort. Das steinerne Gewölbe wirkt erdrückend und die niedrige Deckenhöhe macht es nicht besser. Der Gang mündet in eine Treppe, die in einen Weinkeller hinabführt. Beim Durchqueren des Raumes passieren sie unzählige Fässer und vollgestopfte Regale. Auch Priskas geliebter Lagrein lagert hier. Das violette Etikett ist unverkennbar. Am anderen Ende gelangen sie über weitere Stiegen wieder ins Erdgeschoss. Es folgen noch ein paar weitere schmale Gänge und quietschende Türen. Dann stehen sie auf einmal in der Gaststube. An der Theke poliert ein junger Kellner Weingläser mit einem Geschirrtuch. Beinahe ehrfürchtig streicht Priska über die mahagonifarbenen Tischplatten und Stuhllehnen. Doch die Erinnerungen fluten ihr Bewusstsein mit solcher Macht, dass sie ihre Hand rasch zurückzieht. Der Durchgang zur Terrasse ist offen. Priska nimmt die noch immer stummen Kinder erneut an die Hand und steuert auf den hellen, verheißungsvollen Fleck zu. Er markiert das Portal zu ihrem ureigenen Paradies. Der Wirt, dessen Namen sie sich auch nach all den Jahren noch nicht kennt, bleibt in der Stube zurück. Priska weiß seine Zurückhaltung zu schätzen. Bevor sie sich mit anderen Menschen auseinandersetzt, muss sie erst ihre Balance wiederfinden.

Goldene Nachmittagssonne empfängt sie. Der leichte Wind bauscht die Enden der rot-weiss-karierten Tischdecken und hinter der schmiedeeisernen Balustrade funkelt der Eisack.

»Wow, ist das schön!« Elena hat ihre Stimme wieder gefunden. Zusammen mit Jeremias läuft sie quer über die Terrasse und im Slalom um die Tische herum. Das Lachen der Kinder wirkt befreiend. Priska spürt, wie langsam die Anspannung von ihr abfällt. Sie sind die einzigen Gäste. Abgesehen von den Spatzen, die sich direkt vor ihnen um ein paar Brotkrümel streiten. Es kommt Priska so vor, als sei ihr letzter Besuch erst Tage her und nicht zwanzig Jahre. Alles ist wie immer. Nur Ranieri fehlt. Obwohl? Woher will sie das wissen? Vielleicht steht er gerade direkt neben ihr. Kaum hat sie diesen Gedanken vollendet, fährt ein Windstoß durch ihre Locken und bläst ihr neckisch ins Gesicht. Zögernd blickt sie zu Elena hinüber. Kann sie Ranieri sehen? Doch ihre Tochter ist viel zu sehr damit beschäftigt, sich nicht von Jeremias fangen zu lassen. Priska beschließt, nicht weiter nachzugrübeln, sondern sich ganz der Schönheit des Augenblicks hinzugeben. Seufzend lässt sie sich auf einen der filigranen Stühle fallen. Und gerade als ihr Magen verdächtig zu knurren beginnt, steht der Wirt vor ihr. Priska ergreift seine Hand.

»Sie müssen mir jetzt endlich verraten, wie sie heißen!«, stellt sie ihn unverblümt zur Rede. Seine Lachfalten sind mit das Schönste, das Priska bis jetzt an diesem Tag zu Gesicht bekommen hat.

»Ich bin Andreas. Und ich will, dass ihr euch jetzt erstmal stärkt. Was darf ich euch bringen?«

Priska muss nicht lange überlegen:
»Einen Viertelliter Lagrein und einen großen Teller Pasta aglio é oglio mit Rucola und Tomaten, bitte.« Sie dreht sich zu Jeremias und Elena um. »Kinder, was wollt ihr essen und trinken?«

»Salamipizza und Apfelsaft«, antworten sie beinahe synchron.

»Ist notiert!«, erwidert Andreas lachend. Er verschwindet in der Gaststube und kehrt wenige Minuten später mit dem Wein, zwei Gläsern Apfelsaft und einem Brotkorb zurück Priska angelt sich sogleich einen der noch warmen Vinschgauer Wecken heraus. Sie bricht ein paar großzügig bemessene Stücke ab und gibt sie den Spatzen, die sich bereits erwartungsvoll vor ihrem Stuhl versammelt haben. Dann beißt sie selbst herzhaft in das Roggenlaibchen. Die Kinder sind noch immer in ihr Spiel vertieft und Priska hat nicht vor, sie zu unterbrechen. Als sie das Weinglas an ihre Lippen hebt und von der samtigen Flüssigkeit kostet, deren Aroma entfernt an Veilchen und Brombeeren erinnert, schließt sie die Augen.

Binnen Sekunden holen die Erinnerungen sie ein und ziehen sie in die Vergangenheit. Sie sitzt am gleichen Platz und trinkt den gleichen Wein. Am Boden zanken sich noch immer die Spatzen um die verbliebenen Brotbrösel. Der angebrochene Wecken liegt in dem Brotkorb auf dem Tisch mit der karierten Decke. Das kräftige Rot leuchtet in der Sonne, die in diesem Wachtraum etwas tiefer steht. Doch das Lachen der Kinder dringt nur gedämpft an ihr Ohr. 1996 sind sie noch nicht geboren. Neben ihr greift eine sehnige Männerhand nach dem zweiten Glas Wein. Priskas Blick wandert von den goldenen Härchen auf dem Unterarm nach oben. Ihr Herz hüpft, als sie in das tiefe Blau von Ranieris Augen eintaucht. Um seine Lippen spielt ein spitzbübisches Lächeln.

„Zum Wohl, kleine Hexe!“ Er prostet ihr zu und nimmt dann einen tiefen Schluck. „Gleich, welche Prüfungen noch auf uns warten: Es ist wundervoll, dass wir hier zusammen sitzen können.“ Verwirrt nippt Priska an ihrem Glas. Sie kann sich nicht erinnern, dass diese Worte damals wirklich gefallen sind. Sie sucht nach einer Antwort. Doch aus Angst, die fragile Schönheit dieses Hirngespinstes zu zerstören, sagt sie nichts. Ranieris Strahlen überträgt sich auf sie und dringt direkt in ihr Herz. Das Flattern der neuerwachten Schmetterlinge in ihrem Bauch bringt den knurrenden Magen zum Schweigen. In seinem unbeschwerten Glück ist Ranieri unwiderstehlich. Priska hebt ihre Hand an seine Lippen und zeichnet mit den Fingern zart die Konturen nach. Seine Haut ist warm. Es fühlt sich so echt an. Er hält ihre Finger fest und küsst sie sanft auf die Spitzen. Eine kleine Liebkosung, die in ihrer Intensität einem starken elektrischen Impuls gleichkommt und Priska mit einem Schlag in die Realität zurückholt. Wider Erwarten wird das Kinderlachen jedoch nicht lauter. Es verstummt. Jeremias und Elena haben in ihrem Spiel innegehalten. Beide schauen sie mit großen Augen an. Das Gefühl von Ranieris leicht pulsierenden Lippen auf ihren Fingerspitzen ist nicht verschwunden. Oder es ebbt nach. Zaghaft wendet Priska ihren Kopf. Ranieri hält noch immer lächelnd ihre Hand. Und er hat nichts von seiner Präsenz verloren. Lediglich der dezente Schein, der seine Gestalt umgibt, deutet daraufhin, dass ein Geist neben ihr sitzt. Und nicht ein Mensch aus Fleisch und Blut. So deutlich hat sie ihn nicht einmal im Schlaf gesehen.

„Du hast es geschafft“, flüstert sie atemlos. „Willkommen zurück.“ Für die letzten, reichlich pathetischen Worte könnte sie sich ohrfeigen. Doch Ranieris gelöstes Lachen ist es wert.

„Wieso ich?“ Seine Stimme ist klar. Kein Rauschen und kein Knistern verfälscht sie. »Du hast die Tür für mich geöffnet. Ohne Dich hätte ich keine Chance gehabt.“

Neben ihnen ertönt ein leises Räuspern. Der junge Kellner steht mit der Pasta am Tisch. Er starrt sie entgeistert an. Priska weiß im ersten Moment nicht, ob er Ranieri sehen kann. Oder fragt er sich nur, warum sie ihre Finger so seltsam in die Luft streckt? Abrupt löst sie die Verbindung und lässt ihre Hand fallen. Hinter dem jungen Mann taucht Andreas auf. Während er die beiden Pizzateller vor ihnen abstellt, blickt er Ranieri unverwandt an. Und ein erkennendes Lächeln huscht über seine Lippen. Mit einer unauffälligen Geste zeigt er auf seinen Angestellten und schüttelt dabei leicht den Kopf.

»Danilo, ich komme hier schon zurecht. Kannst du bitte mit dem Koch die Einkaufsliste für nächste Woche durchgehen?« Der Junge nickt und setzt die Pasta auf dem einzigen noch freien Fleckchen ab. Dann lässt er sie allein.

»Ui, die Pizza ist da.« Die Kinder eilen herbei. Inzwischen sind sie zu dritt. Die weiße Haut des Geistermädchens ist durchscheinend, doch ihr Kleid und die Haarschleife stehen dem kräftigen Rot der Tischdecke in nichts nach. Sie wirkt ebenso aufgekratzt wie Jeremias und Elena. Ganz selbstverständlich nimmt sie auf Ranieris Schoss Platz, während die anderen beiden Kinder sich auf die verbliebenen Stühle setzen.

»Hallo Ranieri«, nuschelt Elena mit vollen Backen. »Super, dass Mama dich jetzt endlich sehen kann.«

»Ja, das finde ich auch«, erwidert er lachend. »Wurde ja auch Zeit.« Fast hätte Priska ihn für diese Bemerkung liebevoll in die Seite geknufft, aber das traut sie sich nicht. Sie hat immer noch Angst, dass dieses Wunder plötzlich wie eine Seifenblase zerplatzt.

Andreas zieht einen weiteren Stuhl heran und setzt sich zu ihnen.
»Jetzt sagt mir: Wie kann ich euch helfen?« Erwartungsvoll sieht er von einem zum anderen. Ohne Umschweife holt Priska das Foto von Eleonore aus ihrem Portemonnaie. Andreas blickt zuerst auf das Bild und dann zu dem Mädchen auf Ranieris Schoss. Es besteht kein Zweifel: Er sieht die beiden Gestalten aus dem Jenseits ebenso deutlich wie Priska selbst.

»Kannst du mir sagen, wer dieses Foto gemacht hat?« Andreas zu duzen, fühlt sich richtiger an. »Oder wie ich mehr über ihre Familie herausfinde?

»Weißt du, wo du hier bist?«, wendet sich Andreas an Eleonore, statt auf Priskas Frage zu antworten. »Oder was dir zugestoßen ist?«

Das Geistermädchen schüttelt den Kopf.
»Ich weiß nur, dass ich meine Mutter finden muss.«

« Was vorher geschah12345678910
1112131415161718Wie es weitergeht »

Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Federfarbenfee
Geschlecht:weiblichWortedrechsler

Alter: 47
Beiträge: 94
Wohnort: Bayern


Beitrag12.12.2016 09:46

von Federfarbenfee
Antworten mit Zitat

Kapitel 17: Unter Geistern

Andreas nimmt sich Zeit, die vergilbte Fotografie und die Widmung auf der Rückseite eingehend zu studieren. Priska kann ihm förmlich ansehen, wie es in seinem Gehirn rattert. Schließlich hebt er seinen Blick und fragt sie:
»Woher hast du dieses Bild?«
»Es lag vor ein paar Tagen auf unserem Esstisch. Luis und Elena haben es gefunden.« Priska sieht zu ihrer Tochter hinüber. Diese nickt bestätigend. »Ich nehme an, dass Eleonore es dort platziert hat.« Priskas Augen wandern zu der kleinen, weißen Gestalt auf Ranieris Schoß. Doch das Gespensterkind schüttelt den Kopf. Es fühlt sich eigenartig an, dass sie Eleonore nun ohne Spiegel vor sich sehen und direkt mit ihr kommunizieren kann.
»Nein, ich war das nicht.« Eleonores Stimme ist klar. Abgesehen von dem echoartigen Nachhall, der noch einige Sekunden lang in der Luft hängt und von den nachfolgenden Worten überlagert wird. »Ich habe das Bild zum ersten Mal gesehen, als Elena es in der Hand hielt. Es macht mir Angst.« Die dunklen Augen in dem blassen Gesichtchen wirken noch größer als sonst. Priska versucht, sich in das Kind hineinzuversetzen. Es ist nur selbstverständlich, dass die Fotografie Eleonore verstört. Schließlich ist es ihr eigener, lebloser Körper, der dort im Sessel sitzt. Prompt überzieht Gänsehaut Priskas Gliedmaßen. Fröstelnd verschränkt sie die Arme. Gegen die vertraute Kälte, die sich in ihrem Inneren ausbreitet, können auch die warmen Sonnenstrahlen nichts ausrichten. Wer hatte das Foto dann in ihr Haus gebracht und so drapiert, dass sie es entdecken mussten? Nachdenklich blickt sie Ranieri an, doch der hebt abwehrend die Hände.

»Nein, ich habe nichts damit zu tun. Und leider auch keinen Schimmer, wer dahintersteckt.« Irritiert verfolgt Priska, wie das Gesicht ihres ehemaligen Geliebten binnen Sekunden altert. Sein Antlitz wirkt plötzlich kantiger und um seine Augen, deren Farbe ständig von Blau zu grün changiert und umgekehrt, haben sich feine Fältchen gebildet. Woher stammen sie? Gibt es im Jenseits so viel zu lachen? Sie muss schmunzeln und bemerkt, dass auch seine Mundwinkel zucken. Seine telepathischen Fähigkeiten hatte sie ganz vergessen.
»Obwohl ich mittlerweile in vielerlei Hinsicht vom Glauben abgefallen bin: Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Foto von selbst in unser Wohnzimmer spaziert ist und sich auf den Tisch gelegt hat.« Elena und Jeremias kichern. Der Rest verzieht keine Miene. Andreas kratzt sich am bärtigen Kinn.
»Ich kenne einen Antiquar hier im Ort. Vielleicht hat er eine Idee, wer diese Aufnahme gemacht hat. Die Fotografen, die damals hier im Umkreis tätig waren, kann man sicherlich an einer Hand abzählen.« Andreas' wache Augen fixieren Priska. »Aber ich weiß nicht, ob euch das weiterbringt. Ich denke, dass ihr die Antworten eher in der Anderswelt findet.« Er verstummt und scheint zu überlegen, wie er sich am besten erklären, wie er offenkundig Unglaubliches in Worte fassen kann. Sein Blick wandert zu Elena, Jeremias und Eleonore. Die Pizza ist bis auf ein paar Randstücke verspeist und die Kinder rennen wieder jauchzend im Slalom um Tische und Stühle. Das Geisterkind unterscheidet sich kaum von seinen Spielgefährten. Lediglich die altmodische Kleidung und der dezente, lumineszierende Schein, der Eleonores Körper umgibt, weisen darauf hin, dass sie kein Mensch aus Fleisch und Blut ist. Schon seit hundertvierzig Jahren nicht mehr. Dem Kind ist eine beinahe vollkommene Manifestation geglückt. Und Ranieri? Er sitzt noch immer neben ihr. Als sei es das Selbstverständlichste auf der Welt. Und Priska kann ihn nicht nur mit ihren eigenen Augen sehen. Nein, auch all ihre anderen Sinne signalisieren ihr deutlich seine Präsenz. Er ist einfach so aus ihrem Traum in die Realität gesprungen. Warum war das vorher nicht möglich?
»Was ist die Anderswelt und wie kann ich dorthin gelangen?«, fragt Priska. Doch in irgendeinem verborgenen Winkel ihres Unterbewusstseins ahnt sie die Antwort bereits.
»Für die Kelten ist die Anderswelt der Ort, an dem die mystischen Wesen wohnen.« Unwillkürlich muss Priska an Juna denken. Das rothaarige, grün gewandete Mädchen aus ihrem Traum. Andreas beobachtet sie genau und auch Ranieri mustert sie aufmerksam. »Für uns hier symbolisiert sie in erster Linie das Jenseits.« Andreas hält kurz inne und wechselt einen rätselhaften Blick mit Priskas Exfreund. »Es gibt verschiedene Zugänge. Zum Beispiel über deine Träume.« Priska schluckt. Andreas weiß offensichtlich mehr, als er zuerst preisgeben wollte. Vielleicht vermag er ihr auch etwas zu ihrer Herkunft sagen. Priska merkt, wie ihr Herzschlag sich beschleunigt. ›Alles zu seiner Zeit‹, ermahnt sie sich selbst. Sie versucht, ihre Neugier und das Gedankenkarussell, das sich schon wieder so schnell dreht, dass ihr schwindlig wird, einzubremsen. »Und es gibt diese besonderen Orte, an denen die Grenzen durchlässiger sind und die Dimensionen sich überlappen, ja, sogar bisweilen miteinander verschmelzen.« Er holt tief Luft. »Das hier ist so ein Ort, Priska. Deshalb kannst du in meinem Haus auch viel einfacher mit Ranieri und Eleonore in Kontakt treten. Und aufgrund der starken Energiefelder fällt es den Geistern leichter, sich zu materialisieren.« Obwohl Priska schon immer gespürt hat, dass die versteckte Gaststätte, an der viele Passanten vorbeihasten, ohne sie überhaupt wahrzunehmen, nicht nur das ist, was sie zu sein vorgibt, muss sie die neuen Informationen erst verdauen.
»Das heißt, außerhalb von Priskas Träumen kann ich nur hier für sie sichtbar werden?«, fragt Ranieri und leise Traurigkeit schwingt in seiner Stimme mit.
»Vorerst ja«, nickt Andreas. »Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass ihr es irgendwann aus eigener Kraft schafft, dich dauerhaft in der diesseitigen Welt zu manifestieren. Priskas Fähigkeiten sind hierfür mehr als ausreichend.« Abermals wendet sich Andreas Priska zu. Seine Blicke erinnern sie an wie Röntgenstrahlen.« Doch derzeit kannst du deine Macht gerade einmal im Ansatz erahnen, nicht wahr?« Er lächelt. Trotzdem bemerkt Priska die Anspannung hinter seinem gefasstem und besonnenem Äußeren.
»Ja, ich taste mich langsam vor. Via Trial und Error«, entgegnet Priska. Sie klingt bissiger, als sie es beabsichtigt hat. »Bitte entschuldigt.« Ein leichtes Schnauben entfährt ihr. »Aber es wäre leichter und wahrscheinlich auch zielführender, wenn mich jemand in die ganze Materie einführen könnte. Ich weiß ja noch nicht einmal mehr, wer oder was ich bin und nach was ich eigentlich suche.« Mit vor gerecktem Kinn erwidert sie beinahe kämpferisch Andreas Röntgenblicke. »Irgendwie habe ich den Eindruck, dass ihr alle mehr über mich wisst, als ich selbst. Andreas, sag mir: Bin ich überhaupt ein Mensch?« Im gleichen Moment wird ihr die Ungeheuerlichkeit ihrer Frage bewusst und ein unkontrolliertes Zittern erfasst ihren gesamten Körper.
»Ich glaube, das lässt sich nicht einem einfachen »Ja« oder »Nein« beantworten«, weicht Andreas aus. Doch allein diese Aussage lässt Priska nach Luft schnappen und den Boden unter ihren Füßen wanken. Andreas' Blick schweift über den glitzernden Eisack und die üppigen Weinberge. Die wilden Zacken der Dolomiten befinden sich dahinter, sind jedoch vom Tal aus nicht zu sehen. »Wie du weißt, ist dieses Land reich an Mythen und Legenden. Einige davon werden nur in wenigen, ausgewählten Familien weitergegeben. Es sind Geschichten, die nirgends niedergeschrieben und nur hinter vorgehaltener Hand erzählt werden. Aus Angst, dass die Worte, sobald sie auf Papier gebannt wurden, Unheil anziehen könnten. Und diese geheimen Überlieferungen enthalten Hinweise auf deine Herkunft. Allerdings ist da auch viel Dichtung mit im Spiel. Und keine der Geschichten ist chronologisch, geschweige denn lückenlos. Das ist auch kein Wunder.« Jetzt sieht er Priska wieder an. Doch seine Mimik ist undurchdringlich. »Teilweise reichen diese Legenden zurück bis zum Anbeginn der Welt. Soviel kann ich dir sagen: Es fließt uraltes Blut durch deine Adern.«
»Magst du mir nicht zumindest die Quintessenz aus diesen Geschichten verraten?«, fragt Priska ungeduldig. »Warum verbirgst du meine eigene Identität sogar vor mir selbst? Was hat das für einen Sinn? Ich musste in den letzten Tagen nicht nur einmal um mein Leben kämpfen. Ich habe keine Zeit für Spielchen.« Ranieri wirft ihr warnende Blicke zu und schüttelt leicht den Kopf. Priska ist sich durchaus bewusst, dass sie es sich nicht mit Andreas verscherzen sollte. Aber Diplomatie war noch nie ihre Stärke. Daher hat sie für Ranieris beschwichtigende Gesten nur eine wegwerfende Handbewegung übrig. Doch Andreas lässt sich ohnehin nicht aus der Ruhe bringen.
»Ja, und ich kann dir versichern, dass du dein Leben nicht zum letzten Mal riskiert hast. Es warten noch so einige Prüfungen auf dich. Was du bisher erlebt hast, war nur ein kleiner Vorgeschmack. Ein Probelauf. Zum warm werden.« In seinen hellen Augen liegt nicht nur Güte, sondern auch eine gewisse Härte. »Ich musste mir auch vieles zusammenreimen, Priska. Als du vor zwanzig Jahren mein Haus zum ersten Mal betreten hast, habe ich damit angefangen, die Informationen Stück für Stück zusammenzutragen. Ich wusste, dass du eines Tages zurückkommst. Und ich werde dich bei deinen Aufgaben und deiner Suche nach deinen Wurzeln nach Leibeskräften unterstützen. Dessen darfst du dir gewiss sein. Aber die einzig richtige Wahrheit kenne auch ich nicht. Die musst du selbst herausfinden. Mein scheinbares Wissen basiert nur auf Hörensagen. Und ich glaube, im Moment würden dich diese schwammigen Fragmente nur zusätzlich verwirren und weitere Fragen aufwerfen und dich schlimmstenfalls sogar von deinem Weg abbringen. Sie werden dir in deinem jetzigen Stadium nicht weiterhelfen, sondern dich eher ausbremsen. Denk nach: Was sind die vor dir liegenden Ziele?« Andreas sieht sie erwartungsvoll an, doch in ihrem Kopf herrscht gerade so viel Chaos, dass sie nicht einen klaren Gedanken fassen kann.
»Priska, was hat dich hierher geführt?«, fragt Ranieri sanft. Seine Augen schimmern und Priska verspürt ein sehnsuchtsvolles Ziehen. Im gleichen Augenblick denkt sie an Luis, der tausende Kilometer entfernt mit seinem Ausgrabungsprojekt beschäftigt und wahrscheinlich in Gedanken ebenfalls bei ihr ist. Warum macht all die Liebe, die sie durchströmt, ihr Herz unendlich schwer statt federleicht? Das schlechte Gewissen und das schwarze Loch um ihre Herkunft nagen an ihr. Doch sie versucht, die negativen Emotionen von sich zu schieben und sich auf den Grund für ihre Reise zu besinnen.
»Den Ausschlag hat das Foto von Eleonore gegeben. Die Ortsangabe auf der Rückseite. Doch mein Entschluss, hierher zurückzukehren, hat sich wohl schon viel früher ausgeformt. Die Träume vom Antermoiasee und von der schwarzen Frau. Ihre dunklen Gesandten, die mich verfolgen. All das scheint in den Dolomiten seinen Ursprung zu haben.« Ranieri blickt sie unverwandt an. »Du hast mich zu der Dämonin im See geführt«, erinnert sie sich.
»Ja«, sagt Ranieri schlicht. »Aber auch mir werden lediglich Bruchstücke zugetragen, Priska. Von alten und von ruhelosen Seelen, deren Gedanken und Erinnerungen mich streifen wie flüchtige Nebelschwaden. Eleonore ist eine der wenigen, die ich ähnlich deutlich wahrnehme wie dich, Elena und Jeremias.« Er dreht seinen Kopf in Richtung ihres Gastgebers. »Und Andreas«, ergänzt er. Ein dankbares Lächeln huscht über Ranieris Gesicht und spiegelt sich in dem Antlitz des alten Mannes.
»Weißt du noch«, setzt Priska an. »Du hast versprochen, mir alles zu zeigen.«
»Das ist richtig«, antwortet Ranieri. Ihrer beider Augen ruhen ineinander und Priska spürt, wie sich allmählich die alte Vertrautheit zwischen ihnen wieder einstellt. »Alles, von dem ich Kenntnis habe.« Neben ihnen sitzen die Kinder auf dem warmen Steinboden und füttern die Spatzen mit Brotkrumen. Vielleicht sind auch die Vögel hier verzaubert. Sie fressen wie selbstverständlich aus Elenores Hand. Andererseits meint Priska sich zu entsinnen, dass Tiere einen siebten Sinn für übersinnliche Phänome und Geistererscheinungen haben. So oder so muss sie mehr über diesen magischen Ort erfahren. Andreas nippt an seinem Weinglas und scheint nur darauf zu warten, dass sie ihm weitere Fragen stellt.
»Was ist eigentlich deine Rolle in diesem undurchschaubaren Spiel?«, fragt sie ihn unverblümt.
»Ich bin ein Wächter, Priska.« Andreas strafft seine Schultern. »Dieses Portal ist ein geschützter Raum für alle verstorbene Seelen von freundlicher Gesinnung. Gleich, in welcher Dimension sie sich normalerweise aufhalten. Vielen ist es nur hier möglich, mit anderen Geistern zu kommunizieren. Und für einige Orientierungslose ist mein Haus ein Zufluchtsort. Manche halten sich dauerhaft innerhalb dieser Mauern auf. Und ich, sowie ein paar andere Helfer sorgen dafür, dass weder rachsüchtige Gespenster, noch Dämonen Zutritt zu diesem Ort erlangen. Erstere sind meist ortsgebunden und daher keine allzu große Gefahr. Die Teufel, die sie schicken, allerdings schon.«.
»Du meinst zum Beispiel diese Schreckgestalten, die uns vorhin verfolgt haben? Ich bin überzeugt davon, dass die schwarze Frau sie auf mich gehetzt hat!« Andreas nickt. Er wirkt nicht überrascht. Ist auch sie ihm ein Begriff? Die düstere Spukerscheinung, die direkt aus ihrem eigenen Porträt im alten Haus entstiegen zu sein scheint? Nur ungern denkt Priska an das verbitterte, hagere Antlitz und die dunklen Phantome zurück, die ihr nach dem Leben trachten. »Sie ist sicher auf Vergeltung aus«, sinniert sie. »Doch ich weiss nicht, warum und auch nicht, was ich damit zu tun habe.
»Das ist eines der Rätsel, das du lösen musst. Vielleicht gibt es zwischen deinen ...«, er überlegt kurz, »Missionen ... einen Zusammenhang. Geh in dich Priska. Konzentriere dich aufs Wesentliche.« Andreas schlohweißes Haar leuchtet in der Sonne. »Hier seid ihr zunächst sicher. Daher möchte ich dir und den Kindern anbieten, bei mir zu wohnen, solange ihr im Lande weilt.«
»Das wäre wunderbar!«, antwortet Priska prompt. Kaum, dass Andreas seinen letzten Satz beendet hat. Ein Teil der Last, die ihr Herz beschwerte, ist bei seinem Angebot augenblicklich von ihr gefallen. Auch Ranieri lächelt erleichtert. Die Kinder sind zu weit entfernt, um sie hören zu können. Sie lehnen mittlerweile an der eisernen Balustrade und setzen das Spiel fort, das sie vorhin am Parkplatz begonnen haben. Stein um Stein landet in dem schnell fließenden Gewässer. Für Priska fühlt es sich an, als sei es schon Jahre her, dass sie neben ihrem Auto gestanden und mit Luis telefoniert hat.
»Aber du musst du auf deine Träume aufpassen. Deine Feinde könnten sie als Schlupfloch benutzen, um hier einzudringen.« Andreas blickt sie ernst an. »Bitte versprich mir, dass du eventuelle Widersacher sofort, das heißt, noch im Traum bekämpfst! Du weißt, wozu du in der Lage bist! Andernfalls wird es nicht nur für dich gefährlich!«
Priska seufzt. Sie wünscht sich, sie wäre von ihren Fähigkeiten ebenso überzeugt wie er. »Ich werde mein Möglichstes versuchen. Am besten schlafe ich überhaupt nicht. Darin habe ich auf jeden Fall mehr Übung als im Kämpfen.« Sie lacht leise, doch Andreas Sinn für Humor scheint etwas verkümmert zu sein.
»Nein, das ist keine Lösung«, sagt er streng. »Zum einen brauchst du deine Kraft und zum Anderen musst du Erfahrungen im Kampf mit den Dämonen sammeln. Sonst bist du, wenn es darauf ankommt, hoffnungslos verloren.« Er holt tief Luft. »Noch eines solltest du wissen, bevor ich euch auf euer Zimmer bringe.« Seine Augen wandern zum Himmel, wo die Sonne allmählich ihr warmes Gold in feuriges Rot wandelt. »An diesem Ort werden nicht nur die Grenzen zwischen den Dimensionen aufgehoben, sondern auch die zwischen den Zeiten.«
»Heißt das, dass das Lokal nicht nur ein Hafen für gestrandete Seelen, sondern außerdem noch eine Art Zeitmaschine ist?«, fragt Priska. Ihre Begeisterung hält sich in Grenzen.
»Ja, so etwas in der Art«, erwidert Andreas. Priska meint, nun doch den Anflug eines Lächelns auf seinem verwitterten Gesicht zu erkennen. »Lasst euch davon nicht aus der Ruhe bringen und euch von keinem der Geister in irgendwelche dubiosen, persönlichen Angelegenheiten hineinziehen. Dann wird euch nichts passieren.«

***

Als sie Andreas die wuchtige Holztreppe zu den Gastzimmern hinauf folgen, geht Ranieri direkt neben Priska. Doch seine Füße bringen die Stufen nicht zum Knarzen. Genau genommen berühren sie die Bretter nicht einmal. Dennoch ist seine Präsenz ebenso stark wie die der Lebenden, die sich vor und hinter Priska befinden. Der erste Stock macht einen verlassenen Eindruck. Nach Andreas' Erläuterungen hatte Priska angenommen, dass es hier nur so von Geistern wimmeln würde. Doch der lange Flur, der sich vor ihnen erstreckt, ist gähnend leer. Am anderen Ende spendet ein kleines Fenster mit einer fast blinden Scheibe unzureichendes Dämmerlicht. Draußen - und auch drinnen - übernimmt allmählich die Nacht das Regiment. Andreas betätigt einen Schalter und schon flammen eine Reihe von kleinen, altmodischen Lampen auf, die an den Wänden zwischen den Zimmertüren angebracht sind. Sofort springen Priska die Messingschilder mit den geschwungenen Ziffern in die Augen.
»Früher waren diese Räume sicher alle bewohnt, oder?«, fragt sie ihren Gastgeber. Allerdings muss das mehr als zwanzig Jahre her sein. Priska kann sich nicht erinnern, dass in diesem Gasthaus jemals Zimmer vermietet wurden.
»Oh, sie sind es noch«, erwidert Andreas lächelnd. »Meine Hausgeister, wie ich sie gerne nenne, bevorzugen auch eine feste Rückzugsmöglichkeit. Doch keine Sorge: In Eurem Zimmer gibt es keine weiteren Mitbewohner.« Während die Kinder im Kreis um sie herumlaufen und zwischen dem schrittdämpfenden Läufer in der Mitte und dem knarrenden Holzielen hin- und herspringen, zieht Andreas einen Schlüssel aus der Tasche und steuert auf das Zimmer mit der Nummer 8 zu. Das Schild hängt etwas schief und die Aufschrift erinnert dadurch eher an das Unendlichkeitszeichen als an eine Zahl.
»Warum kann ich diese ... Anderen... nicht sehen? Ist der Gang wirklich so leer, wie es scheint?« Priska vermag ihre Unbehaglichkeit nicht abzuschütteln. Die Luft hier oben fühlt sich seltsam an. Sie schwingt und vibriert und die Moleküle drängen sich dicht an dicht. Das Auge möchte einen Glauben machen, die Umgebung sei statisch und ohne Leben. Doch tatsächlich ist das Gegenteil der Fall. Sie befinden sich inmitten eines Wirbels aus brodelnden Energien, genährt aus unzähligen Quellen. Die Körper mögen unter der Erde längst verfault und zu kläglichen Knochenhaufen zerfallen sein. Doch die Seelen sind stark, lebendig und rastlos.
»Nein, dein Gefühl trügt dich nicht. Hier geht es zu wie auf dem Bahnhof.« Priska lässt ihre Augen ungläubig über den Gang wandern. Nach wie vor erblickt sie lediglich die drei Kinder und Ranieri, dessen blondes Haar im Schein der Lampe neben Zimmer 8 leuchtet. »Du siehst sie nur, wenn sie es möchten. Aber glaub mir. Das wird noch früher geschehen, als dir lieb ist.« Mit diesen Worten schließt Andreas die Tür auf und macht eine einladende Handbewegung.
»Bitte hereinspaziert!« Ranieri gleitet vor Priska durch den Eingang und imitiert dabei den Gang eines Lebenden nahezu perfekt. Doch Eleonore legt offenbar keinen gesteigerten Wert darauf, so wenig übersinnlich zu wirken wie möglich. Ihr Geisterkörper durchdringt mühelos die Wand neben ihnen. Andreas, Elena und Jeremias scheinen sich daran nicht zu stören, doch auf Priska wirkt diese Aktion befremdlich. Auch noch nach allem, was sie bereits zusammen erlebt haben.
»Ich stelle gleich noch zwei Reisebetten auf. Im Doppelbett könnte es sonst etwas eng werden.« Andreas schmunzelt. Zumindest über ein Quäntchen Humor verfügt er also doch. Unwillkürlich blickt Priska zu Ranieri hinüber und spürt, wie ihr die Hitze in die Wangen steigt.
»Andreas hat das bestimmt ausschließlich auf diejenigen unter uns bezogen, die schlafen müssen«, lächelt ihr Exfreund verschmitzt.
»Natürlich.« Mit gespielter Entrüstung hebt Andreas seine Augenbrauen. »Was denkt ihr denn von mir?« In einer anderen Zeit und an einem anderen Ort, wäre Priska überglücklich, mit Ranieri ein Zimmer teilen zu dürfen. Gleich, ob als Geist oder als Mensch aus Fleisch und Blut. Es ist seine Seele, die sie liebt. Immer noch, wie sie beinahe erschrocken feststellt. Mit seinem Erscheinen in der realen Welt hat er von einem Moment auf den anderen den steinernen Wall, den Priska um ihre alten Gefühle errichtet hat, zerschlagen. Bunte, liebestrunkene Schmetterlinge mischen sich unter die dunklen Phantome, die Priska seit Jahren den Schlaf rauben und deretwegen sie hier ist. Liebe, Angst, Sehnsucht, Gewissensbisse und Verwirrung kämpfen in ihrem Inneren um die Vorherrschaft.
»Ui, ist das gemütlich hier«, reißt Elena sie aus ihrer Melancholie. Ihre Tochter und Jeremias rennen hinüber zu dem Schaukelstuhl, der am Fenster steht, und werfen sich lachend hinein. Er ächzt ein wenig, als die beiden Kinder ihn in Bewegung setzen. Sowohl die Lehne, als auch die geschwungenen Kufen sind mit kunstvollen Schnitzereien versehen. Das Polster mit dem Rosenmuster wirkt zwar altmodisch, ist aber gut in Schuss. Nicht nur der Schaukelstuhl, sondern auch die übrigen Möbel in dem Raum scheinen mindestens hundertfünfzig Jahre alt und allesamt aus dunklem Eichenholz gefertigt zu sein. Sie verleihen dem Zimmer ein düsteres und zugleich heimeliges Ambiente. Je nachdem, für welche Stimmung man sich gerade empfänglicher zeigt. Priskas Blick wandert von dem Fenster mit den weißen Vorhängen, die einen luftigen Kontrast zu den schweren Möbeln bilden, hinüber zu dem massigen Bett. Auf der Tagesdecke mit den orientalisch anmutenden Ornamenten hat Eleonore Platz genommen. Sie wirkt etwas verloren zwischen all den Kissen, deren Konturen sich durch ihren Körper abzeichnen. Aus irgendeinem Grund wird sie wieder etwas transparenter. Im Gegensatz zu Ranieri, der an der vertäfelten Wand lehnt und sich sehr deutlich von dem schokoladenbraunen Holz abhebt. Es gibt weder einen Fernseher, noch ein Telefon. Wären die beiden Nachttischlampen und die Deckenleuchte nicht, würde dieses Zimmer ohne Stromversorgung auskommen. Priska überlegt, ob sie den ovalen Ganzkörperspiegel, der neben der Eingangstür hängt, abhängen soll. Doch es würde nichts helfen. In diesem Haus brauchten die Geister keine Spiegel, um in Erscheinung zu treten.
»Ich hole mal eben die Klappbetten«, informiert Andreas sie und verlässt das Zimmer. Priska schlendert zum Fenster hinüber und öffnet einen der Flügel. Jetzt, wo die Sonne hinter den Bergen verschwunden ist, hat es merklich abgekühlt. Ein frischer Lufthauch weht ins Zimmer. Draußen zirpen die Grillen. Es ist nicht völlig dunkel. Helle Sterne leuchten am Firmament und lassen die Umrisse der Berge erahnen. Priska sehnt sich nach den schroffen Felsen dahinter und nach der Freiheit weiter oben. Hier unten im Tal und am Fuß der Berge, fühlt sie sich eher bedrängt und eingeengt von den gewaltigen, bewaldeten Hängen, die vor ihr aufragen.
Ein dumpfes Klopfen lässt Priska herumfahren. Und auch das Lachen der Kinder verstummt. Eine rothaarige Frau in einem langen, mitternachtsblauen Gewand lässt langsam ihre weiße Hand von der geöffneten Tür gleiten. Hinter ihr steht eine weitere Frau, vielmehr noch ein Mädchen, und lugt ängstlich hinter der dem schmalen Rücken der Älteren hervor. Doch ihr Antlitz liegt fast gänzlich im Dunklen.
»Bitte entschuldigt die Störung«, ergreift die Rothaarige das Wort. Ihre blassen Lippen verziehen sich zu einem Lächeln. »Aber wir wohnen im Zimmer nebenan. Und die Höflichkeit gebietet es, dass wir euch als neue Nachbarn begrüßen.« Sie betritt den Raum und das Mädchen folgt ihr wie ein Schatten. Der Lichtkegel der Deckenlampe erfasst die Halbwüchsige und ein eisiger Schock durchfährt Priska. Die linke Gesichtshälfte des Mädchens würde einem Engel Konkurrenz machen. Feingemeißelte Züge, ein smaragdfarbenes Auge mit langen Wimpern, ein filigraner Nasenflügel und rosa Lippen. Rotgoldene Locken umrahmen die zarte Wange. Die andere Seite dieses ehemals zauberhaften Antlitzes aber macht den berückenden Anblick schlagartig zunichte. Schlaff hängt das Lid über dem zweiten Auge. Der rechte Nasenflügel ist seltsam eingedellt, und obwohl das Mädchen versucht, ihre Mundwinkel nach oben und in ein Lächeln zu zwingen, bleibt diese Lippenpartie, die in wulstiger, grauer Narbenhaut eingebettet ist, unbeweglich. Die Mimik wirkt maskenhaft und bedrohlich, obwohl das Mädchen doch nur freundlich sein möchte. Die rechte Seite ihres Kopfes sieht aus wie kahlrasiert. Dort, wo auf der anderen Seite langes, weiches Haar sich bis weit über die Schultern ergießt, findet sich hier nur blanke Kopfhaut. Priska wirft einen besorgten Blick zu den Kindern hinüber, doch auf deren Gesichtern spiegelt sich ausschließlich freudige Neugier.
»Ich bin Dorothea«, stellt sich die Frau in dem blauen Kleid vor. Auch ihre Augen sind grün. Sie mustert die Anwesenden eingehend. Forsch und zugleich herzlich. »Und das ist meine Tochter Amalia.« Sie fasst das Mädchen sanft bei den Schultern und zieht sie noch mehr ins Licht. Auf das entstellte Äußere ihres Kindes geht sie mit keinem Wort ein. Priska findet das durchaus respektabel und lobenswert, dennoch kommt ihr Dorotheas Gebaren etwas merkwürdig vor. Gut, sie hat auch noch nicht allzu viel Erfahrung im Umgang mit Geistern. Und es steht außer Frage, dass Amalia und Dorothea schon lange nicht mehr unter den Lebenden weilen.
»Ich bin Elena und das ist Jeremias«, durchbricht Priskas Tochter die betretene Stille. Sie läuft zuerst auf Amalia zu und reicht ihr die Hand, ohne auch nur eine Sekunde zu zögern. Weiße, lange Finger legen sich um Elenas Rechte. »Hihi, du fühlst dich genauso kribbelig an wie Eleonore«, kichert das Kind. »Die sitzt da drüben auf dem Bett.« Sie deutet zu dem Geistermädchen hinüber, die das Szenario offenbar lieber aus einer gebührenden Entfernung beobachtet. Dann wendet sich Elena erneut Amalia zu. »Du bist wunderhübsch! Wie eine Prinzessin!« Sie lächelt das größere Mädchen bewundernd und arglos an. Jeremias tritt neben sie und ergreift ebenfalls Amalias Hand. Sein verklärter Gesichtsausdruck lässt darauf schließen, dass er Elenas Meinung teilt. Priska ist erleichtert. Obwohl sie sich nicht erklären kann, warum die Kinder Amalia mit anderen Augen sehen als sie. Oder ist nur sie es, die Amalias verunstaltete Gesichtshälfte wahrnimmt? Am Ende handelt es sich gar nur um eine verrückte Einbildung? Unsicher blickt sie zu Ranieri hinüber. Er macht einen ebenso verwunderten Eindruck wie sie und zuckt leicht mit den Schultern. Dann schenkt er ihr ein beruhigendes Lächeln.
»Mach dir nicht so viele Sorgen«, hört sie seine Stimme in ihrem Kopf.
»Ich bin Ranieri«, sagt er laut zu den beiden Geisterfrauen. Priska bemerkt das Funkeln in Dorotheas katzenhaften Augen und sofort verspürt sie einen kleinen, eifersüchtigen Stich in ihrem Herzen. ›Hey, du bekloppte Nuss‹, schilt sie sich stumm. ›Du bist eine verheiratete Frau. Und außerdem weilst du in einer völlig anderen Dimension als all die Geister.‹ Sie atmet tief ein und stellt sich ebenfalls vor, vermeidet es aber, die beiden Erscheinungen zu berühren. In diesem Moment kommt Andreas mit zwei Klappbetten unterm Arm zurück. Er wirft einen prüfenden Blick in die Runde und sagt dann mit einem breiten Grinsen:
»Wie ich sehe, habt ihr euch schon bekannt gemacht.« Er räuspert sich und legt Dorothea und Amalia jeweils einen Arm um die Schultern. »Ich wüsste nicht, wie ich ohne die beiden zu Rande käme. Sie sind die guten Seelen des Hauses.«
›Wie passend‹, denkt Priska und muss unwillkürlich schmunzeln. Zwar kennt keiner der Anwesenden, außer Ranieri vielleicht, den Grund für ihren Anflug von Heiterkeit, doch das Eis ist plötzlich gebrochen und alle lächeln.
»Ich bringe rasch etwas Gebäck und Tee«, bietet Dorothea eifrig an. »Und dann macht ihr es euch ein wenig gemütlich. Hilfst du mir, Amalia?« Ihre Tochter nickt. Und schon rauschen die beiden aus dem Zimmer. Andreas wartet, bis die Geisterfrauen außer Reichweite sind. Dann tritt er etwas näher an Priska heran.
»Ihr müsst mir versprechen, dass ihr weder Dorothea, noch Amalia auf ihren ...ähm...Daseinszustand ansprecht.« Priska sieht ihn fragend an.
»Sie sind die einzigen Wesenheiten hier, die nicht wissen, dass sie tot sind.« Jetzt sieht sogar Ranieri so aus, als müsste er vor Überraschung nach Luft schnappen. Doch auch er atmet ja schon lange nicht mehr. In Priskas Kopf stolpern die Gedanken übereinander und ihr wird flau in der Magengrube.
»Wie kann das sein?«, flüstert sie. »Wie können sie es nicht wissen? Und was ist mit dem Mädchen passiert?« Ihre Fragen scheinen Andreas unangenehm zu sein. Er lässt die Tür nicht aus dem Blick, während er leise antwortet:
»Dorothea ist eine perfekte Verdrängungskünstlerin. Und das mit dem Brand...« Er stoppt abrupt. Die beiden Frauen sind zurück. Dorothea stellt vorsichtig das Tablett mit Tassen, Tellern, Besteck und einer Gebäckschale auf dem wuchtigen Schreibtisch neben dem Kleiderschrank ab. Amalia trägt die Teekanne und sie beginnt sogleich damit, die Tassen mit dem dampfenden Getränk zu füllen. Pfefferminzduft erfüllt den Raum. Priska kann es nicht fassen, dass die energetischen Kräfte der beiden so stark sind, dass die mühelos mit diesen realen Alltagsgegenständen hantieren können. Wenn Dorothea und Amalia nun auch noch selbst von Tee und Gebäck kosten, sollte sie alles, was sie über Gespenster zu wissen glaubte, schnellstmöglich vergessen. Doch die junge Geisterfrau hat nur in vier Tassen eingeschenkt. Diese reicht sie nun zusammen mit je einem Gebäckstück, das sie auf den Untertellern drapiert hat, Priska, Elena, Jeremias und Andreas. Als Priska ihren Tee entgegennimmt, hat sie kurz den Eindruck, die Tasse würde frei im Raum schweben. Doch dann wird sie sich der weißen, schlanken Finger gewahr, die das Geschirr geschickt balancieren. Priska achtet penibel darauf, die Geisterhand nicht zu berühren. Es wäre im Moment zuviel für sie. Kurz zögert sie, bevor sie die Tasse an ihre Lippen setzt.
»Der Tee ist wirklich vorzüglich, Priska«, ermuntert Andreas sie und nippt wie zum Beweis genießerisch an dem heißen Getränk. »Von Dorotheas und Amalias Gastgeberqualitäten kann auch ich mir noch eine Scheibe abschneiden.« Und tatsächlich: Der Pfefferminztee ist stark und süß und erfüllt Priska mit behaglicher Wärme. Elena knabbert bereits zufrieden an ihrem Plätzchen. Mutig nimmt auch Priska einen Bissen von dem hellen Keks mit der dunkelroten Füllung. Sie schmeckt feines Butteraroma, einen Hauch von Vanille und Johannisbeermarmelade. Derweil sie genüsslich kaut, fällt die Anspannung langsam von ihr ab. Und das, obwohl nun die Geister, die sie wahrnehmen kann, schon nicht mehr in der Unterzahl sind. Von den Unsichtbaren ganz zu schweigen. Während die Lebenden ihren Tee schlürfen, gesellt sich Ranieri zu Eleonore auf die Bettkante und sie kuschelt sich sogleich in seine Armbeuge. Auch sein Körper wirkt inzwischen um einiges transparenter als noch vor wenigen Minuten. Er lächelt sie an, doch sogar seine Gesichtszüge verblassen allmählich.
»Was ist mit euch!«, ruft Priska ihm beinahe panisch zu. Sie könnte es nicht ertragen, wenn er sie ein zweites Mal verlässt.
»Trotz der starken Energien hier, ist die Materialisierung über einen längeren Zeitraum sehr anstrengend«, antwortet er sanft. Seine Stimme klingt bereits wieder so, als sei er viel weiter von ihr entfernt als nur ein paar Meter. Priska spürt, wie Angst in ihr aufsteigt. Verlustangst. »Gönn uns eine kleine Verschnaufpause, Priska. Bald wirst du uns wieder sehen können. Und auch wenn deine Augen mich nicht wahrnehmen: Ich bin trotzdem hier.« Seine letzten Worte hängen noch in der Luft, als seine körperliche Erscheinung schon längst verschwunden ist. Perplex starrt Priska auf die leere Bettkante.

***

Elenas Locken kitzeln Priska an der Nase und sie muss sich sehr bemühen, um den Niesreiz zu unterdrücken. Ihre Tochter schläft tief und fest in Priskas Armen. Wie immer hat sich das Kind in der Embryohaltung eingeigelt. Ihr runder Rücken drückt Priska gegen Brust und Bauch. Elenas Kopf ist viel schwerer, als man vermuten würde. Er ruht auf Priskas rechtem Arm, der im Gegensatz zu Priska ebenfalls längst eingeschlafen ist. Auf dem Feldbett schnarcht der kleine Jeremias. Seit drei Stunden versucht Priska nun vergeblich, in den Schlaf zu finden. Die Ereignisse des Tages scheinen inzwischen weit zurück zu liegen und der Konfrontation mit Luis bohrenden Fragen ist sie wenig galant ausgewichen, indem sie gleich Elena den Hörer in die Hand gedrückt hatte. Natürlich hat ihm ihre Tochter von Jeremias erzählt und auch von der Gaststätte, in der sie übernachten. Die Sätze sprudelten nur so aus ihr heraus. Und zwar so schnell, dass Luis offensichtlich nicht ganz folgen konnte. Anders vermag es sich Priska nicht zu erklären, dass er überhaupt nicht nachhakte, als er zum Ende des Telefonats kurz seine Frau an der Strippe hatte. Er wünschte ihnen nur eine gute Nacht und bat sie, auf sich aufzupassen. Er würde voraussichtlich in zwei Tagen nachkommen. Und sich dann einem Haufen Geister gegenübersehen. Insbesondere das Zusammentreffen mit Ranieri dürfte sich interessant gestalten.

Ein leises Knarzen reißt Priska aus ihren Gedanken. Alarmiert schlägt sie die Augen auf. Der fahle Mondschein, der durch das geöffnete Fenster dringt, lässt Amalias Haut noch weißer und die Narben, die einmal ihre rechte Gesichtshälfte waren, noch furchiger erscheinen. Sie sitzt im Schaukelstuhl und sieht versonnen in den ovalen Spiegel an der gegenüberliegenden Wand. Priska folgt ihrem Blick und ein kalter Schauer läuft ihr über Nacken und Rücken. Das Spiegelbild des Mädchens ist vollkommen. Kein Makel verunstaltet die alabasterfarbene Haut. Zuvor haben ihre Lippen nur eine Parodie eines Lächelns zustande gebracht. Nun aber ist es echt. Strahlend und einnehmend. Ebenso wie die grünen Augen, die sich aus dem Spiegel heraus auf Priska richten. Warum nur wirkt dieses vollendet schöne Gesicht viel unheimlicher als die Entstellungen außerhalb der gläsernen Reflexionsfläche?

« Was vorher geschah12345678910
1112131415161718

Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:   
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen
Seite 3 von 3 Gehe zu Seite Zurück  1, 2, 3

Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Prosa -> Einstand
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht teilnehmen.
In diesem Forum darfst Du keine Ereignisse posten
Du kannst Dateien in diesem Forum nicht posten
Du kannst Dateien in diesem Forum nicht herunterladen
 Foren-Übersicht Gehe zu:  


Ähnliche Beiträge
Thema Autor Forum Antworten Verfasst am
Keine neuen Beiträge Werkstatt
Anfang eines Kapitels
von Inkognito
Inkognito Werkstatt 5 09.04.2024 13:50 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Einstand
In der Wohnung (Auszug aus dem aktuel...
von Jojojo
Jojojo Einstand 5 28.03.2024 11:27 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Roter Teppich & Check-In
Und jedem Anfang ...
von Margarete59
Margarete59 Roter Teppich & Check-In 7 18.02.2024 12:52 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Einstand
Anfang meines NA Romans
von Ginderella_writing
Ginderella_writing Einstand 7 25.01.2024 12:49 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Feedback
DRaBBLE no.17 – Als ich mal ein Ars...
von fabian
fabian Feedback 0 05.01.2024 21:42 Letzten Beitrag anzeigen

EmpfehlungEmpfehlungBuchEmpfehlungBuchEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlung

von Rufina

von Soraja

von Nayeli Irkalla

von Franziska

von Leveret Pale

von zwima

von JT

von Sun Wukong

von Boudicca

von Jarda

Impressum Datenschutz Marketing AGBs Links
Du hast noch keinen Account? Klicke hier um Dich jetzt kostenlos zu registrieren!