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Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Allgemeines rund um die Schriftstellerei -> Diskussionen zu Genre und Zielgruppe
U- und E-Literatur

 
 
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Aneurysm
Geschlecht:männlichEselsohr


Beiträge: 462



Beitrag12.04.2016 17:19
U- und E-Literatur
von Aneurysm
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Liebe Community,

von vielen Leuten (nach meiner Einschätzung besonders von Kritikern) wird eine Unterteilung in unterhaltende und ernsthafte Literatur vorgenommen. Ich konnte aber nirgendwo wirklich aufschlussreiche Antworten darüber finden, wodurch sich diese beiden Arten überhaupt unterscheiden. Sollte Literatur nicht idealerweise unterhalten und ernsthaft sein?

Was sind überhaupt die Merkmale von E- und U-Literatur? Habt ihr vielleicht typische Beispiele für das Eine oder das Andere?

Und ist diese Unterteilung sinnvoll? Ich würde mich sehr über eure Antworten und Meinungen freuen.

Liebe Grüße

PS: Ich kann weder hundertprozentig garantieren, dass es nicht bereits einen Thread zu dem Thema gibt, noch, dass dieses Board dafür geeignet ist. Falls nicht, wäre es nett, wenn einer der Moderatoren den Thread verschieben könnte.
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tendernessandglory
Geschlecht:weiblichWortedrechsler


Beiträge: 51
Wohnort: Berlin


Beitrag12.04.2016 18:58

von tendernessandglory
Antworten mit Zitat

Die Unterteilung ist ein veraltetes Paradigma aus der deutschen Literaturwissenschaft und Literaturkritik. Im angelsächsischen Raum gibt es diese Unterteilung nicht, und zum Glück schließt sich die Lücke auch im deutschsprachigen Raum.

Cross the border, close the gap - wie Leslie Fiedler schon in den 60er Jahren forderte. Diskussionen, was unterhaltend und was ernsthaft ist, finde ich persönlich ein bisschen retro. Selbst im Feuilleton der FAZ wird inzwischen auch die sog. "leichtere" Kost rezensiert.


_________________
Du erinnerst dich, wie ich Platon geschätzt habe. Heute weiß ich, daß er gelogen hat. Denn in den irdischen Dingen spiegelt sich kein Ideal, in ihnen steckt vielmehr schwere, blutige Arbeit von Menschen. (Thadeusz Borowski: Unser Auschwitz)
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Aneurysm
Geschlecht:männlichEselsohr


Beiträge: 462



Beitrag12.04.2016 19:20

von Aneurysm
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hi tendernessandglory,

danke für deine Antwort. Ich bin einigermaßen beruhigt, dass diese Unterteilung heute nicht mehr üblich ist. Eine Zwei-Klassen-Gesellschaft kann der Literatur eigentlich nur schaden.

Liebe Grüße
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agu
Geschlecht:weiblichExposéadler

Alter: 49
Beiträge: 2018
Wohnort: deep down in the Brandenburger woods


Beitrag12.04.2016 20:02

von agu
Antworten mit Zitat

Hallihallo,

die Unterteilung nach U und E ist, soweit ich weiß, eher ein deutsches Phänomen (korrigiert mich, wenn ich falsch liege) - im englischen Literaturraum gibt es die nicht, dort unterscheidet man nur zwischen Fiction und Non-Fiction.

U steht dabei für unterhaltende Literatur, E für ernsthafte Literatur (= Texte mit hohem künstlerischen Anspruch, bei denen Unterhaltung nicht im Vordergrund steht). Die Grauzone zwischen beiden Bereichen ist schwammig und stark Auslegungssache. Es gibt kein festes, allgemeingültiges Regelwerk, was U und E zuzuordnen wäre - aber eine Reihe von Kriterien für beide Kategorien. Last but not least hat sich das Verständnis von U und E auch gewandelt - die Grauzone ist also breiter geworden.

Ich versuche mich mal mit einer Definition - bin aber kein Experte. Wir haben einige Forumsmitglieder, die da wesentlich sattelfester sind, korrigiert mich, wenn ich Unsinn schreibe.

E und U sind stark wertende Begriffe - traditionell gilt E als hochwertiger und anspruchsvoller, weshalb es auch bis zum heutigen Tag der Liebling des Feuilletons ist. Die E-Gemeinde (Ausnahmen nicht ausgeschlossen) blickt gern dünkelhaft auf die schmuddlige U-Schwester herab, an der man sich nicht die Finger beschmutzt.
Die U-Welt rächt sich dafür mit kommerziellem Erfolg, gegen den E-Titel nur selten anstinken können. Frei nach dem Motto: Wenn sich am Boden der Jauchegrube die Goldstücke befinden, ist es nicht ehrenrührig, danach zu tauchen. Deshalb schlagen sich U und E Vertreter auch gern die Köpfe ein, mit immer den gleichen Klischees. Der Buchhandel hat das Dilemma auch schon lange erkannt und den Begriff der Belletristik eingeführt, der zwischen den beiden Lagern eine Brücke schlagen soll.
Aber zurück zur Sachlichkeit:

E (Ernsthafte Literatur)
Zunächst einmal gilt alles, was in den literaturgeschichtlichen Kanon aufgenommen wird, als E-Literatur. (Auch wenn etliche der Werke zu ihrer Entstehungszeit als niederste Unterhaltungsheftchen galten).
E-Literatur soll realitätsbezogen sein, braucht i.d.R. eine politische oder sozialkritische Komponente. Fantasy fällt damit schon mal raus Wink (obwohl z.B. magischer Realismus / Surrealismus durchaus E-literaturtauglich ist).
Sprache ist ein wichtiges Kriterium. Während bei U die Geschichte im Vordergrund steht, wird bei E erwartet, dass die Sprache in sich selbst hohen künstlerischen Ansprüchen gerecht wird, und bereits durch die Form wirkt, selbst ohne die Geschichte. Figurentiefe ist wichtig, Mehrdimensionalität. Man will das Unerwartete. Eine Erwartungshaltung zu erfüllen, ein Klischee zu bedienen ist Todsünde. Eine gewisse Gedankenschwere ist förderlich. Ganz allgemein ist es dem E-Label auch abträglich, wenn der Autor auf Elemente setzt, die die sogenannten niederen Instinkte ansprechen (aka billige Effekthascherei) - verpönt sind unterhaltsam geschriebene Actionszenen, Liebesgedöns aus dem Nackenbeißer-Katalog, ganz allgemein Elemente, die auf einfache Weise eine emotionale Reaktion auslösen.
E Literatur soll qua definitionem nicht in erster Linie unterhalten, sondern den Leser bilden, erziehen und zum Denken anregen. Fanden zumindest die Begründer der Literaturwissenschaft im 18. und 19. Jahrhundert. Ist ein Buch, das diesem Anspruch genügt, zufällig auch noch unterhaltsam - dann umso besser. Aber das ist nicht der Kern, um den es geht.

Man wirft der E-Literatur vor, dass sie sperrig sei, schwer zu lesen, nur für eine kleine Elite verdaulich und obendrein noch unerträglich selbstverliebt. In der Realität ist es wie mit aller Kunst: Was gut oder schlecht ist, liegt im Auge des Betrachters, und ist Moden und Zeitströmungen unterworfen (auch wenn die E Literatur darauf beharrt, dass sie das ja gerade nicht wäre).

Vertreter der E-Lit sind zunächst mal alle Klassiker.
Moderne Vertreter (die aktuell auch auf der Spiegel-Bestsellerliste stehen) sind z.B. John Irving, Juli Zeh oder Benedict Wells.


U (Unterhaltende Literatur)
Früher wurde U-Literatur vor allem durch einen Negativ-Kriterien-Katalog definiert: Billige Effekthascherei durch Kitsch und Klischees, eindimensionale Figuren, schlichte Sprache, das Vermeiden der Auseinandersetzung mit politischen oder zeitgeschichtlichen Themen. U stand (und steht) für Genres, die Realitätsflucht anbieten (die gesamte Genre-Literatur - Liebesromane für die Frauen, Abenteuer-, Horror- und Detektivgeschichten für den Mann) mit ausgeprägten Geschlechterklischees, sehr vorhersehbarem Ablauf und standardisiertem Spannungsbogen.
Der Klassiker und die reinste Essenz der U-Lit sind Heftchenromane. Formelhaft vorhersehbare Geschichten, bei denen nur die Kulissen ausgetauscht werden, Fast-Food für den Leser, der bei der Unterhaltung abschalten will und sich nicht mit überraschenden Wendungen oder anstrengendem Gedankengut belasten möchte.
Versucht man sich mit einer etwas weniger wertenden Definition, so könnte man wohl sagen, bei U-Literatur steht vor allem die Geschichte im Vordergrund. Solange diese Geschichte spannend ist und die Erwartungshaltung ihrer Leser erfüllt, spielt z.B. die Sprache eine nur untergeordnete Rolle. Sie kann schlicht und sogar hölzern sein, wenn nur die Geschichte stimmt.
Ein weiterer Eckstein ist das Befolgen fester dramaturgischer Regeln. Während E eben gerade nicht Erwartungen erfüllen will, um den Leser intellektuell herauszufordern, tut U genau das Gegenteil: Sie muss bestimmte Lesererwartungen bedienen, damit das Buch für sein Publikum erfolgreich wird - seien es genrespezifische Geschlechterklischees, oder ein bestimmtes Maß an Blut und Action im Thriller, oder das Happy End am Ende der Liebesgeschichte. U-Romane müssen sich einem ganzen Katalog von Regeln unterwerfen, E-Romane nicht.

U-Vertreter auf der aktuellen Spiegel-Bestsellerliste sind z.B. Nicholas Sparks, Iny Lorentz, John Grisham, Anna Todd (wem der Name nichts sagt - College-Liebesschmonzetten).



Zitat:
Und ist diese Unterteilung sinnvoll?

Tja, das ist die Preisfrage. Ich persönlich finde sie nur bedingt sinnvoll, denn sie schürt Ressentiments, baut künstliche Inseln und beleidigt im Zweifel die wirklich guten Autoren, denen es gelingt, in ihren Romanen U und E Kriterien kunstvoll zu verknüpfen - also denen, die mit schöner Sprache in ihren Romanen wirklich etwas zu sagen haben, und es schaffen, das auch noch in eine spannende Geschichte zu verpacken.
Natürlich gibt auf beiden Seiten des Ufers Unmengen von Büchern und Autoren, die den formulierten Kriterien im negativsten Sinne vollumfänglich gerecht werden. Die U-Literatur hat ihre Millionen Heftchenromane, die E-Literatur ihre unverständlich-unverdaulichen Brocken, die von ein paar Kritikern in den Himmel gejubelt werden, aber eigentlich nur eine andere Art von Effekthascherei sind, nämlich pseudo-intellektuelle Nabelschau. Und beide Extrempositionen haben ihre Fans. Der Hardcore-Feuilleton steht dem Millionenheer der Amazon-99Cent-Ebook-Käufer gegenüber, die schlechten Stil nicht mal erkennen, wenn man ihn ihnen quer über die Augen tapeziert.

Aber das macht meiner Meinung nach einen guten modernen Roman eben nicht aus. Ein großartiger Roman, der seiner Grundveranlagung nach E ist, hält den Leser mit einer raffinierten Spannungsführung bei der Stange, und verzichtet auf sprachliche Experimente, die in die Unlesbarkeit führen.
Ein toller Fantasy-Roman mit charismatischen Helden bietet an jeder Ecke unerwartete Wendungen, und wirft auf der Meta-Ebene moralische oder soziologische Konflikte auf, die beim Leser noch lange nachhallen und zum Nachdenken anregen.

my 2 cent zum Thema
/Andrea


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Meine Bücher:
Engelsbrut (2009 Sieben, 2011 LYX) | Engelsjagd (2010 Sieben) | Engelsdämmerung (2012 Sieben)
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Choice / als Chris Portman (2014, Rowohlt)
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Gerling
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G
Beitrag12.04.2016 20:14

von Gerling
Antworten mit Zitat

Danke Agu für die ausführliche Beschreibung, die wohl den Kern trifft.

Ich habe übrigens den Eindruck gewonnen, dass es überwiegend Autoren sind, die auf diesen Unterschieden herumreiten.
Dem "normalen" Leser wird es schnuppe sein.


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Die Ewigen (Juni 2018)
Architekt des Bösen - Edition M (Aug 2019)
Tag X - Bookspot Verlag (2020)
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Aneurysm
Geschlecht:männlichEselsohr


Beiträge: 462



Beitrag12.04.2016 21:07

von Aneurysm
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agu, du bist eine Heldin. Danke für die ausführlichen Erklärungen. Das hat mir sehr weitergeholfen, die Begriffe besser zu verstehen.

Zitat:
Ein weiterer Eckstein ist das Befolgen fester dramaturgischer Regeln. Während E eben gerade nicht Erwartungen erfüllen will, um den Leser intellektuell herauszufordern, tut U genau das Gegenteil: Sie muss bestimmte Lesererwartungen bedienen, damit das Buch für sein Publikum erfolgreich wird - seien es genrespezifische Geschlechterklischees, oder ein bestimmtes Maß an Blut und Action im Thriller, oder das Happy End am Ende der Liebesgeschichte. U-Romane müssen sich einem ganzen Katalog von Regeln unterwerfen, E-Romane nicht.


Diese Vorgaben richten sich nun einmal nach den Lesern: Die durchschnittliche Liebesroman-Leserin wünscht sich eben ein Happy End, und wer mit seinem Thriller erfolgreich werden will, der kommt kaum um ein bisschen Action drumherum. Das ist - wirtschaftlich gedacht - auch nur logisch; schließlich müssen sich alle anderen Produkte - vom Staubsauger bis zum LED-Fernseher - auch nach den den Wünschen ihrer Kunden richten.

Wenn man die Literatur aber als eine hohe Kunst versteht, die es nicht nötig hat, sich der Leserschaft zu "unterwerfen", kann man die Vorgehensweise der E-Lit-Schreiber schon mehr nachvollziehen. Das ist nur in finanzieller Hinsicht schwierig, wenn man nicht gerade den Nobelpreis für Literatur gewinnt.

Zitat:
Der Hardcore-Feuilleton steht dem Millionenheer der Amazon-99Cent-Ebook-Käufer gegenüber, die schlechten Stil nicht mal erkennen, wenn man ihn ihnen quer über die Augen tapeziert.


Die billig angebotenen E-Books auf Amazon und Co. sind ein Problem für den Literaturbetrieb, weil sie die Preise und damit auch die Einnahmen senken. In letzter Zeit ist die Anzahl der Selbstveröffentlichungen ja ganz schön in die Höhe geschossen. Aber das ist ein anderes Thema.

Zitat:
Aber das macht meiner Meinung nach einen guten modernen Roman eben nicht aus. Ein großartiger Roman, der seiner Grundveranlagung nach E ist, hält den Leser mit einer raffinierten Spannungsführung bei der Stange, und verzichtet auf sprachliche Experimente, die in die Unlesbarkeit führen.
Ein toller Fantasy-Roman mit charismatischen Helden bietet an jeder Ecke unerwartete Wendungen, und wirft auf der Meta-Ebene moralische oder soziologische Konflikte auf, die beim Leser noch lange nachhallen und zum Nachdenken anregen.


Solche Romane sind leider eine Seltenheit. Wobei ich mich persönlich auch mit reinen Unterhaltungsromanen zufriedenen gebe, wenn die Qualität stimmt.

Liebe Grüße
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Babella
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Das goldene Aufbruchstück Der bronzene Roboter


Beitrag12.04.2016 21:38

von Babella
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Gerling hat Folgendes geschrieben:
Danke Agu für die ausführliche Beschreibung, die wohl den Kern trifft.

Ich habe übrigens den Eindruck gewonnen, dass es überwiegend Autoren sind, die auf diesen Unterschieden herumreiten.
Dem "normalen" Leser wird es schnuppe sein.


Mir nicht. Das liegt wohl daran, dass ich schon ein bisschen älter bin und die Unterhaltungsliteratur mich zu langweilen beginnt. E und U sind für mich zwei Eckpunkte, zwischen denen sich die erzählende Literatur abspielt, ganz bei U sind "Groschenromane" und ganz bei E wäre vielleicht Ulysseus oder "Die Suche nach der verlorenen Zeit", Bücher, die man eher studieren muss als dass man sie eben mal weglesen kann, oder die man mehrfach liest, ohne sich zu langweilen.

Bei E empfinde ich, dass ein Autor etwas sagen möchte und nicht beim ersten Satz schon an die Spiegel-Bestsellerlisten denkt. Bei allzu viel U empfinde ich, dass jemand halt Geld verdienen will und die immer selben schlichten Plots und Tricks verwendet, und die kenne ich meist schon.

Und ja, die Übergänge sind fließend, es gibt gelungene Mischungen und Unentscheidbarkeiten. Aber nur weil es zwischen schwarz und weiß so viel grau gibt, dass man sich manchmal nicht entscheiden kann, heißt es ja nicht, dass es schwarz und weiß nicht gibt.
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Murmel
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Beitrag12.04.2016 22:45

von Murmel
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agu hat Folgendes geschrieben:
Hallihallo,

die Unterteilung nach U und E ist, soweit ich weiß, eher ein deutsches Phänomen (korrigiert mich, wenn ich falsch liege) - im englischen Literaturraum gibt es die nicht, dort unterscheidet man nur zwischen Fiction und Non-Fiction.


Nicht ganz richtig, im englischen Sprachraum gibt es "literary fiction", das dem E entspricht.  "Genre fiction" ist das Gegenstück dazu. Hier wie dort werden Kriterien und Grauzonen diskutiert. Kombinationen sind möglich: literary thriller.


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lupus
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Beitrag13.04.2016 01:04

von lupus
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agu hat Folgendes geschrieben:
E und U sind stark wertende Begriffe


das stimmt mE nur bedingt, ganz sicher aber nicht stimmt's, wenn das zugrunde gelegt wird:

Zitat:
Die E-Gemeinde (Ausnahmen nicht ausgeschlossen) blickt gern dünkelhaft auf die schmuddlige U-Schwester herab, an der man sich nicht die Finger beschmutzt.
Die U-Welt rächt sich dafür mit kommerziellem Erfolg, gegen den E-Titel nur selten anstinken können.


zunächst sind U und E rein deskriptive Begriffe, die ein Literarizitätskontinuum festlegen, und die Literaturwissenschaft versucht diese mit Kriterien zu unterlegen. Intuitiv scheint jedem klar zu sein, dass ein Unterschied bezüglich Literarizität besteht zwischen Joyce-Borges-Kehlmann-Leon(Donna)-Eva Rossmann. Worin nun dieser UNterschied liegt ist Gegenstand der Wissenschaft.

Die E-Gemeinde nun blickt keinesweg dünkelhaft auf die U-Gemeinde. Ein Köhlmeier würde sich nie lustig machen über die Rossmann oder über einen Wolf Haas, wohl wissend, dass hier Leute am Werk sind, die ihr Handwerk verstehen und völlig andere Ziegruppen bedienen und zwar sehr gekonnt. Ich nehme das - nicht zuletzt im Forum hier - fast immer völlig anders wahr: der dünkelhafte Blick funktioniert meistens in die andere Richtung. Ein Kehlmann oder ein Glavinic würden nie auch nur eine Sekunde zögern ein zu gestehen, dass sie meilenweit von der Qualität eines Borges oder eines Bove entfernt sind. Seltsamerweise sind es oft prononcierte U-Lit_Schreiber, die dann den E-Literaten dünkelhafte Pseudo-Intellektualität vorwerfen, immer wieder darauf verweisen, dass sie doch ihr Handwerk genau so verstünden, wie die E-Literaten. Ich mag nicht wieder auf Kants Ästhetik verweisen, damit klar wird, dass hinter dem 'Genie' eben zusätzlich zum Handwerk noch das steht, was Kant 'Geist' nennt. Und dieses Delta-Geist macht dann die Literarizität aus, das Mehr an E. Wie dieses Delta-Geist definiert wird ist eine andere Frage, aber es gibt sehr wohl objektivierbare Kriterien, die über das Handwerk hinausgehen.

Das mit der Kohle ist dann schließlich eine urban legend. Kehlmann hatvon der Vermessung mehr als ein Million verkauft. Die Bücher vom Glavinic verkauften sich in Summe auch eine halbe Million mal. Julie Zeh, Menasse ... sie alle beweisen, dass E-Lit sich durchaus verkauft. Und zwar gar nicht schlecht. Der Punkt ist auch: den Quichote kaufen die Leute 400 Jahre nach Ersterscheinung. Ob jemand in 30 Jahren noch eine Donna Leon liest?

Man kann dann ganz allgemein noch über Adornos Ästhetik-Begriff reden oder bei Nelson Goodman und Analogien zur Literatur herstellen. Ich denke es wird dann durchaus klar, dass die Unterscheidung nicht obsolet ist, dass die Unterscheidung durchaus auch berechtigt ist. Die objektive Feststellung von Qualitätsunterschieden ist nicht zwangsläufig ein Minderwerten von U.

Ein Ferrari ist besser als ein VW-Passat. Wenn man auf Straßenlage und Querbeschleunigungswerte wert legt. Wenn's um den Kofferraum geht, schaut's selbstredend anders aus Wink Dennoch würden die Wolfsburger nie behaupten, sie könnten es qualitativ mit Ferrari aufnehmen.

Ansonsten hast du eine schöne Zusammenstellung geschrieben, die es sicher verdient vertieft zu werden, aber im Moment fehlt mir die Energie.

lgl


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lg Wolfgang

gott ist nicht tot noch nicht aber auf seinem rückzug vom schlachtfeld des krieges den er begonnen hat spielt er verbrannte erde mit meinem leben

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"Ich bin leicht zu verführen. Da muss nur ein fremder Mann herkommen, mir eine Eiskugel kaufen und schon liebe ich ihn, da bin ich recht naiv. " (c) by Hubi
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BlueNote
Geschlecht:männlichStimme der Vernunft


Beiträge: 7304
Wohnort: NBY



Beitrag13.04.2016 07:41

von BlueNote
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Wenn man in 100 Jahren resümieren müsste, deutsche Autoren haben die letzten 100 Jahre ausschließlich Kommerzliteratur auf den Markt geworfen, muss man darüber nachdenken, ob sich good old Germany noch Kulturnation nennen darf. U-Literatur ist wie der schnelle Hamburger bei McDonalds, oder der Marsriegel für zwischendurch (schnelle Bedürfnisbefriedigung). Das was bleibt, die Quintessenz, ist etwas anderes.

U-Literatur geht auf der Stelle, repliziert bekannte Muster, befriedigt den schnellen Lesehunger. E-Literatur geht weiter, steht für Fortschritt, Entwicklung, Innovation. Zumindest rückblickend betrachtet. E-Literatur ist das, was die Menschheit ausmacht, wird weiter vererbt, steht auch noch nach vielen Jahrzehnten in den Bücherregalen. (Nur) darüber werden Doktorarbeiten verfasst (und das muss ja einen Grund haben). U-Lteratur kann man nach 3-4 Jahren getrost auf den Müll werfen, weil wozu aufheben, wenn an der nächsten Ecke bereits eine andere steht, die es dir genauso macht - d.h. ein Buch auf die Bestsellerlisten kommt, das nach dem gleichen Muster gestrickt ist und ausschließlich den Augenblicksgeschmack einer nie satt zu bekommenden Leserschaft bedient?

Das sei typisch deutsch, sagen sie naserümpfend, und eignen sich eine kommerzielle Sichtweise an, die wiederum typisch amerikanisch ist. Richtig wäre: Das ist Mainstream. Dahin getrieben werden, wo es alle hintreibt. Die Richtlinien befolgen, die andere aufstellen. Sich dem Markt unterwerfen und sich dabei noch (dünkelhaft) überlegen fühlen. Der Markt wird in 100 Jahren niemanden mehr interessieren. Dann wird man einen klareren Blick auf das haben, was gute Literatur ist, ohne sich von den Verkaufsinteressen kommerziell denkender Marktteilnehmer etwas vormachen zu lassen, denen es egal ist, ob sie Dosenwürste, Wurstwasser oder Literatur verkaufen.
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Ynishii
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Alter: 47
Beiträge: 355
Wohnort: Erde


Beitrag13.04.2016 11:39

von Ynishii
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Die Frage, welche sich mir zum wiederholten Male stellt ist: Warum muss man hier in Deutschland (wie es in Österreich oder der Schweiz ist, weiß ich nicht), alles in kleine, enge Schubladen stopfen und sich hinterher darüber wundern, warum alles rausquillt.

Soweit ich es verstanden habe, gibt es derlei viele undeutbare Mischungen, dass eine Klassifikation im Einzelnen nur noch auf philosophischen Nuancen basiert.

Wieso kann man nicht einfach alle schreiben lassen und hinterher sagen: "Gefällt mir" oder "Gefällt mir nicht"? Was ist so schwer daran, ein schriftliches Werk einfach zu genießen ohne es zwanghaft zu klassifizieren?

Das ist ja schon mehr als eine Frage. Trotzdem gute Fragen, wie ich finde.

Es scheint mir eine Eigenart des deutschen Sicherheitsdenkens zu sein alles kontrollieren zu wollen. In mancher Hinsicht ist das sicherlich nicht falsch sondern von elementarer Bedeutung aber in der Kunst? Ich weiß nicht. Da kann es doch einfach nur hemmen. Schon eine einfache Genre-Definition ist in manchen Fällen schwierig, trotzdem bestehen Verlage darauf. Ein Bekannter sollte sein Buch umschreiben, weil es sich nicht eindeutig klassifizieren ließ als SciFi oder Fantasy (Ob sie es dann letztendlich genommen haben oder er es dann auch gemacht hat, weiß ich leider nicht, nur dass es ihn geärgert hatte). Da hört es bei mir auf. Das ist Schubladendenken und das sollte die Kunst ja gerade nicht fördern, oder?

Es sei denn, es ist gar keine Kunst, sondern reiner Kommerz. Dann hat BN absolut recht. Wenn sich Kunst am Markt orientiert, wird sie meist schlechter und taugt nicht mehr für die Dauer, weil sie nur noch einen Stimmungs-Schnappschuss einer schnelllebigen Gesellschaft darstellt, keinen bleibenden Wert.

Grüße Y.


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Verehrt mich nicht an dunklen Orten. Tretet hinaus in die Welt und macht sie bunt. - Arthamos, Gott der Künste (auch »Der Bunte« genannt)

Ich kann beweisen, dass dem Schöpfungsprozess eine gewisse kreative Eigeninitiative innewohnt. - Dr. Aurora Fleming
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Jack Burns
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Alter: 54
Beiträge: 1444



Beitrag13.04.2016 14:17

von Jack Burns
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Alles falsch.
Die Benennung der Schubladen erfolgt im christlich-abendländischem Geiste; Nur verkniffene Humorlosigkeit befähigt zu großen kulturellen Leistungen.
Die Einteilung in E- und U- Literatur dient einzig der kulturellen Abgrenzung der bürgerlichen Oberschicht gegen die restliche Bevölkerung. In früheren Zeiten war bereits die Fähigkeit, lesen zu können ein ausreichendes Kriterium, um die geistige Überlegenheit zu demonstrieren. Als die allgemeine Schulpflicht diesen Unterschied verwischte, wurde es notwendig, eine qualitative Abstufung des Bildungsniveaus zu definieren. Im Zuge dieser Entwicklung, entstanden Bezeichnungen wie Bildungsbürger und bildungsferne Schichten. Damit wird in der Tradition der gottgewollten Ordnung die ökonomischen Ausbeutung der arbeitenden Unterschicht legitimiert, da diese selbst an ihrer  Lage schuld seien.  Warum haben die auch nichts Vernünftiges studiert?
Inhaltlich werden folgerichtig meist die Sorgen und Nöte finanziell unabhängiger Kreise thematisiert. Die professionellen Kritiker, in der Regel der gleichen Kaste zugehörig, interpretieren dann gerne eine philosophische Tiefe, die natürlich nur für entsprechend vorgebildete Leser deutlich wird.  Aber im Vordergrund stehen stilistische Merkmale, die den simplen Plot in einem intellektuellen Irrgarten verstecken. Markenzeichen sind ellenlange Konjunktiv-Sätze, unsinnige Präsens-Verwendung und, besonders effektiv, indirekte Rede als Standard in der Dialoggestaltung. Gern auch verwendet: Passiv-Konstruktionen mit "lassen". Durch diese Stilmittel wird der, manchen noch aus der Schullektüre bekannte, Einschlafeffekt generiert. Erfolgreich ist diese Form von Literatur trotzdem, da der typische E-Literatur-Konsument über die Zeit und Energie verfügt, sich durch absichtlich kompliziert und verschwurbelt konstruierte Texte zu kämpfen.
Die Verkäuferin hingegen verliert den aussichtslosen Kampf gegen die Bettschwere. Auf Drängen der Bildungsbürger, welche aufgrund ihres speziellen Lebensrhythmus auch am späten Abend noch Rotwein kaufen möchten, muss sie nun bis 22.00 an der Kasse sitzen. Da bleibt keine Kraft mehr für hochwertige Literatur.
Auf jeden Fall sollte in E-Literatur vermieden werden, Geschichten geradlinig und auf unterhaltsame Weise zu erzählen.  
U-Literatur wiederum bedient den primitiven Geschmack des Pöbels. Deshalb, wie B.N. ganz richtig anmerkte, verschwinden solche Ergüsse auch schnell wieder vom Markt. Wer erinnert sich heute noch an E.A.Poe, Mark Twain oder Jack London?
Ebenso vergessen: Don Quichotte, Moby Dick, In 80 Tagen um die Welt ...

Sehr schön kann man diese Zusammenhänge auch im Bereich der Musik beobachten:
Auftragsarbeiten für feudale Diktatoren gelten als E-Musik - egal wie kitschig der Mozart daher kommt.  Rock 'n' Roll  ist Proleten U-Musik, weil man danach tanzen kann.
Und das ist ja wohl der Gipfel an Unkultur.
Und jetzt reiche er mir meinen silbernen Spucknapf!


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Klemens_Fitte
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Beitrag13.04.2016 14:32

von Klemens_Fitte
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Oh, diese Diskussion mal wieder Rolling Eyes

Ich versuche mal, so wenig Anstrengung wie möglich zu investieren: Eine Unterscheidung zwischen U und E ist wenig zielführend und schürt lediglich Ressentiments von beiden Seiten. Eine Unterscheidung zwischen Genreliteratur und genrefreier Literatur halte ich aber für möglich. Und wenn ich mir die Literatur, die mich beeindruckt und geprägt hat, so angucke, dann sind darunter neben Romanen vor allem auch andere Formen: Kurzprosa, Fragmentarisches, Text-Illustration-Versuche, Mischformen zwischen Lyrik und Prosa etc.
Was ich sagen will: Dem Phänomen genrefreier Literatur wird man kaum gerecht, wenn man lediglich die Form des Romans herauspickt.

Dass ich plötzlich zum gutverdienenden Bildungsbürger werde, wenn ich genrefreie Literatur lese und schreibe – weil sie es mir ermöglicht, Dinge/Sachverhalte/Gedanken/Erfahrungen in Worte zu fassen, für die ich keine Geschichte finde – finde ich erstaunlich. Vielleicht sollte ich Jack Burns mal meine Kontoauszüge schicken.


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BlueNote
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Beitrag13.04.2016 14:42

von BlueNote
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Vielleicht sollte man den Begriff U-Literatur gar nicht mehr verwenden, sondern stattdessen Kommerzliteratur, Trivialliteratur, Heftchenkultur, Arztromanniveau etc., damit der Unterschied deutlich wird und Herr Burns nicht E.A.Poe, Mark Twain oder den Rock and Roll bemühen muss.
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Klemens_Fitte
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Beitrag13.04.2016 14:51

von Klemens_Fitte
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BlueNote hat Folgendes geschrieben:
Vielleicht sollte man den Begriff U-Literatur gar nicht mehr verwenden, sondern stattdessen Kommerzliteratur, Trivialliteratur, Heftchenkultur, Arztromanniveau etc., damit der Unterschied deutlich wird und Herr Burns nicht E.A.Poe, Mark Twain oder den Rock and Roll bemühen muss.


Mist gibt es hüben wie drüben. Was genau wäre denn mit einer qualitativen Kategorisierung gewonnen (außer dass manche Leute ihr Ego aufwerten können, weil sie diesen Mist ja nicht lesen resp. schreiben)?


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Beitrag13.04.2016 14:53

von BlueNote
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Gewonnen wäre damit, dass die Kunst vom Kommerz nicht hinweggebügelt werden würde.
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Beitrag13.04.2016 14:56

von Gerling
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BlueNote hat Folgendes geschrieben:
Gewonnen wäre damit, dass die Kunst vom Kommerz nicht hinweggebügelt werden würde.


ich kann diesen Mist von Blue Note echt nicht mehr hören (lesen)


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Klemens_Fitte
Geschlecht:männlichSpreu

Alter: 41
Beiträge: 2934
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Beitrag13.04.2016 15:01

von Klemens_Fitte
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BlueNote hat Folgendes geschrieben:
Gewonnen wäre damit, dass die Kunst vom Kommerz nicht hinweggebügelt werden würde.


Okay.


_________________
100% Fitte

»Es ist illusionär, Schreiben als etwas anderes zu sehen als den Versuch zur extremen Individualisierung.« (Karl Heinz Bohrer)
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tendernessandglory
Geschlecht:weiblichWortedrechsler


Beiträge: 51
Wohnort: Berlin


Beitrag13.04.2016 15:02

von tendernessandglory
Antworten mit Zitat

Gerling hat Folgendes geschrieben:
BlueNote hat Folgendes geschrieben:
Gewonnen wäre damit, dass die Kunst vom Kommerz nicht hinweggebügelt werden würde.


ich kann diesen Mist von Blue Note echt nicht mehr hören (lesen)


Manche Zeitgenossen bleiben eben in der Kulturindustrie-Debatte der 1970er hängen Rolling Eyes


_________________
Du erinnerst dich, wie ich Platon geschätzt habe. Heute weiß ich, daß er gelogen hat. Denn in den irdischen Dingen spiegelt sich kein Ideal, in ihnen steckt vielmehr schwere, blutige Arbeit von Menschen. (Thadeusz Borowski: Unser Auschwitz)
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Aneurysm
Geschlecht:männlichEselsohr


Beiträge: 462



Beitrag13.04.2016 15:18

von Aneurysm
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hier haben sich ja letztendlich mehr Leute geäußert als zunächst gedacht. Hier gibt es ja viele unterschiedliche Ansichten. Vielen Dank für die vielen Antworten!

BlueNote hat Folgendes geschrieben:
Wenn man in 100 Jahren resümieren müsste, deutsche Autoren haben die letzten 100 Jahre ausschließlich Kommerzliteratur auf den Markt geworfen, muss man darüber nachdenken, ob sich good old Germany noch Kulturnation nennen darf. U-Literatur ist wie der schnelle Hamburger bei McDonalds, oder der Marsriegel für zwischendurch (schnelle Bedürfnisbefriedigung). Das was bleibt, die Quintessenz, ist etwas anderes.

U-Literatur geht auf der Stelle, repliziert bekannte Muster, befriedigt den schnellen Lesehunger. E-Literatur geht weiter, steht für Fortschritt, Entwicklung, Innovation. Zumindest rückblickend betrachtet. E-Literatur ist das, was die Menschheit ausmacht, wird weiter vererbt, steht auch noch nach vielen Jahrzehnten in den Bücherregalen. (Nur) darüber werden Doktorarbeiten verfasst (und das muss ja einen Grund haben). U-Lteratur kann man nach 3-4 Jahren getrost auf den Müll werfen, weil wozu aufheben, wenn an der nächsten Ecke bereits eine andere steht, die es dir genauso macht - d.h. ein Buch auf die Bestsellerlisten kommt, das nach dem gleichen Muster gestrickt ist und ausschließlich den Augenblicksgeschmack einer nie satt zu bekommenden Leserschaft bedient?

Das sei typisch deutsch, sagen sie naserümpfend, und eignen sich eine kommerzielle Sichtweise an, die wiederum typisch amerikanisch ist. Richtig wäre: Das ist Mainstream. Dahin getrieben werden, wo es alle hintreibt. Die Richtlinien befolgen, die andere aufstellen. Sich dem Markt unterwerfen und sich dabei noch (dünkelhaft) überlegen fühlen. Der Markt wird in 100 Jahren niemanden mehr interessieren. Dann wird man einen klareren Blick auf das haben, was gute Literatur ist, ohne sich von den Verkaufsinteressen kommerziell denkender Marktteilnehmer etwas vormachen zu lassen, denen es egal ist, ob sie Dosenwürste, Wurstwasser oder Literatur verkaufen.


Lieber BlueNote,

ich frage dich mal ganz direkt: Hältst du dich für einen besseren Autor, weil du E-Literatur schreibst?


Zitat:
Wieso kann man nicht einfach alle schreiben lassen und hinterher sagen: "Gefällt mir" oder "Gefällt mir nicht"? Was ist so schwer daran, ein schriftliches Werk einfach zu genießen ohne es zwanghaft zu klassifizieren?


Hi Ynishii,

Da gibt es ja vor allem praktische Gründe dafür. es gibt viele Leser, die vor allem von einem Genre oder einer Gattung begeistert sind und wissen wollen, was sie vor sich haben, bevor sie Geld dafür ausgeben.Und einfach nur "gefällt mir" oder "gefällt mir nicht" zu sagen, würde literarische Diskussionen auf das Niveau von Facebook senken, auch wenn ich weiß, was du meinst.

Zitat:
Es scheint mir eine Eigenart des deutschen Sicherheitsdenkens zu sein alles kontrollieren zu wollen. In mancher Hinsicht ist das sicherlich nicht falsch sondern von elementarer Bedeutung aber in der Kunst?


Es geht wohl weniger darum, die Kunst zu kontrollieren, als darum, sie zu klassifizieren. Was in manchen Fällen gar nicht möglich ist.

Jack Burns hat Folgendes geschrieben:
Inhaltlich werden folgerichtig meist die Sorgen und Nöte finanziell unabhängiger Kreise thematisiert.


Hi Jack Burns,

ist das so? Und wenn ja, kannst du Beispiele dafür nennen? Ich hätte zumindest einige Gegenbeispiele.

Jack Burns hat Folgendes geschrieben:
Die professionellen Kritiker, in der Regel der gleichen Kaste zugehörig, interpretieren dann gerne eine philosophische Tiefe, die natürlich nur für entsprechend vorgebildete Leser deutlich wird.


Für die Behandlung komplexer Themen und das lesen anspruchsvoller Bücher braucht man eben Bildung. Was willst du uns jetzt damit sagen? Soll man die Texte einfacher verständlich schreiben, damit auch Ungebildete sich daran vergnügen können. Oder forderst du Bildung für alle? Die gibt es in Deutschland bereits.

Klemens_Fitte hat Folgendes geschrieben:
Oh, diese Diskussion mal wieder Rolling Eyes

Ich versuche mal, so wenig Anstrengung wie möglich zu investieren: Eine Unterscheidung zwischen U und E ist wenig zielführend und schürt lediglich Ressentiments von beiden Seiten. Eine Unterscheidung zwischen Genreliteratur und genrefreier Literatur halte ich aber für möglich. Und wenn ich mir die Literatur, die mich beeindruckt und geprägt hat, so angucke, dann sind darunter neben Romanen vor allem auch andere Formen: Kurzprosa, Fragmentarisches, Text-Illustration-Versuche, Mischformen zwischen Lyrik und Prosa etc.
Was ich sagen will: Dem Phänomen genrefreier Literatur wird man kaum gerecht, wenn man lediglich die Form des Romans herauspickt.

Dass ich plötzlich zum gutverdienenden Bildungsbürger werde, wenn ich genrefreie Literatur lese und schreibe – weil sie es mir ermöglicht, Dinge/Sachverhalte/Gedanken/Erfahrungen in Worte zu fassen, für die ich keine Geschichte finde – finde ich erstaunlich. Vielleicht sollte ich Jack Burns mal meine Kontoauszüge schicken.


Hi Klemens_Fitte,

ich stimme dir zu, dass diese Unterscheidung nur zu Konflikten zwischen beiden Seiten führt. Das sieht man ja auch in diesem Thread. Wenn du deine Kontoauszüge an Jack Burns schicken willst, mach es doch wie Cameron und füge auch noch die Steuererklärung hinzu. Heutzutage muss man ja fast schon davon ausgehen, dass superreiche Möchtegern-Intellektuelle wie du keine Steuern zahlen.
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Piratin
Geschlecht:weiblichExposéadler

Alter: 58
Beiträge: 2186
Wohnort: Mallorca
Ei 2


Beitrag13.04.2016 15:50

von Piratin
Antworten mit Zitat

Da wir es schon mehrmals als Thema in verschiedenen Threads hatten, hier meine ganz knappe Meinung:

E-Literatur: Sprache vor Plot
U-Literatur: Plot vor Sprache


_________________
Das größte Hobby des Autors ist, neben dem Schreiben, das Lesen.
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BlueNote
Geschlecht:männlichStimme der Vernunft


Beiträge: 7304
Wohnort: NBY



Beitrag13.04.2016 15:57

von BlueNote
Antworten mit Zitat

Zitat:

ich frage dich mal ganz direkt: Hältst du dich für einen besseren Autor, weil du E-Literatur schreibst?

Nein, ganz und gar nicht! Ich weiß nicht, ob man sagen kann, dass das E-Literatur ist, was ich schreibe. Ich lese (fast) keine U-Literatur (von mir aus müsste es also keine U-Literatur geben). Das ist aber auch schon alles.

Das was wir hier machen im Forum ist für mich unabhängig von U und E.
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