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type Leseratte
Beiträge: 152
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06.03.2016 20:00 Das Mädchen mit dem Violinkoffer von type
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Der Park liegt dunkel vor ihr, die hell erleuchtete Straßenbahnhaltestelle jenseits davon, kaum 50 Meter entfernt.
Sie zögert, aber es ist der schnellste Weg.
Drinnen kämpfen zwei kleine Standleuchten vergebens gegen die Dunkelheit, nur der gewundene Kiesweg schimmert silbern.
Das Mädchen sieht die Männer auf der Parkbank erst spät und erschrickt.
Eine Zigarette glüht auf - dann noch eine.
Sie senkt den Blick und geht schnell vorbei; sie hört die Straßenbahn und läuft los.
Einer ruft ihr etwas nach. Gelächter.
Sie erreicht die bereits wieder anfahrende Tram und erwischt noch einen Tür-Öffnungstaster; drückt einmal, zweimal, dreimal ... doch es ist zu spät, die Straßenbahn fährt ab.
Eine alte Frau im Inneren blickt sie durch die Scheibe traurig an und zuckt die Schultern.
Da steht sie alleine im Neonlicht der Haltestelle; wie nackt.
Nächste Bahn in 20 Minuten. Nachtfahrplan.
Das Mädchen wartet.
Nach einigen Minuten spürt sie die Stimme hinten auf dem Haar wie eine gehauchte Hand und riecht den Atem - "Do you have problem, Sweety?"
Sie umklammert ihren Violinkoffer vor der Brust und schaut angestrengt auf ein erleuchtetes Fenster des Hauses gegenüber, aus dem leise Musik tönt.
Ganz leise.
Das Licht erlischt.
"Sweety?"
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Oktoberkatze Eselsohr
Alter: 58 Beiträge: 314
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06.03.2016 22:00
von Oktoberkatze
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Mein absoluter Favorit, super geschrieben, die Angst springt mich förmlich an, gratuliere!
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nothingisreal Bücherwurm
Beiträge: 3994 Wohnort: unter einer Brücke
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06.03.2016 22:18
von nothingisreal
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Hallo Inka/o,
eine sehr „schöne“ Geschichte, gerne gelesen und mitgefiebert. Der erste Absatz ist etwas ungelenk, hätte mit dem ersten Satz des zweiten Absatzes zusammengefasst werden. Die Gefühle und Gedanken des Mädchens kamen gut rüber.
Über die Punktevergabe denke ich später nach.
LG NIR
Dieser Kommentar spiegelt meine persönliche Meinung wider und ist aus zeitlichen Gründen kurz und direkt gehalten - wie auch alle anderen Kommentare. Er ist auf jeden Fall nicht böse gemeint.
_________________ "Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten." - William Somerset Maugham |
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Literättin Reißwolf
Alter: 58 Beiträge: 1836 Wohnort: im Diesseits
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07.03.2016 08:21
von Literättin
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Ein regelrechter Klassiker, der spannend ist und technisch überzeugt. Andererseits: eigentlich wird mir hier eine zu große Dosis Klischee vor meinen Augen aufgeblättert: Dunkelheit, die "wandelnde Unschuld" in Person des Mädchens mit der Violine und die bösen Buben. Überspitzt gesagt.
Es funktioniert immer noch: das "Sweety" zum Schluss beschert mir einen Grusel. Und trotzdem sehe ich fast gleichzeitig und unfreiwillig komisch (?), wie das Mädchen sich kurzerhand umdreht und dem Bösen seinen Violinkoffer um die Ohren drischt.
Bemerkenswert, dass dieser Klassiker auch in der Kurzform funktioniert. Auf andere Weise bemerkenswert, dass das andererseits so - ja - unspektakulär weil so "ewig schon bekannt" bleibt.
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HerbertH Klammeraffe
Beiträge: 544 Wohnort: terra sol III
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07.03.2016 10:44
von HerbertH
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neutraler kommentar, um werten zu können
_________________ schiefwinklig ist eine kunst
© herberth - all rights reserved |
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Nihil { }
Moderator Alter: 34 Beiträge: 6039
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07.03.2016 12:05
von Nihil
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In einem Theaterstück der ichglaub achten Klasse in Englisch sprach eine als Panda verkleidete Russin das Kosewort ihres Angehimmelten immer „Sweethurt“ aus.
Für diesen erbärmlichen und nutzlosen Kommentar entschuldige ich mich mit zwölf (verschrieben) fünf Punkten.
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Piratin Exposéadler
Alter: 58 Beiträge: 2186 Wohnort: Mallorca
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07.03.2016 19:31
von Piratin
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Hallo Inko,
eine feine Bedrohung, die da entsteht und das Ende als Cliffhanger ist schon gemein
Leider hat es knapp nicht in die Punkte gereicht.
Viele Grüße
Piratin
_________________ Das größte Hobby des Autors ist, neben dem Schreiben, das Lesen. |
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hobbes Tretbootliteratin & Verkaufsgenie
Moderatorin
Beiträge: 4298
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08.03.2016 00:08
von hobbes
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Oh ja. Genau meine Art von Geschichte. Hier wird alles unnötige weggelassen, es steht einiges zwischen den Zeilen, es ist kaum etwas zu viel und dann auch noch das erlöschende Licht - sehr fein
Vielleicht, vermutlich, meine Nummer Eins.
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Babella Klammeraffe
Alter: 61 Beiträge: 890
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08.03.2016 13:19
von Babella
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Ein kurzer Text, der viel Spannung erzeugt und bei dem alles offen bleibt. Zum Fürchten.
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tronde Klammeraffe
T
Beiträge: 522
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T 08.03.2016 23:26
von tronde
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Hallo!
Gut geschrieben, die Gefühle einer Frau des Nachts, die auf eine sie beunruhigende Männergruppe trifft. Nur muss es eine Englisch radebrechende Stimme sein?
"Na, Straßenbahn verpasst, Süße?" Die Geschichte würde nicht verlieren. Und ich müsste mir keine Gedanken über die Motivation machen, die potentiellen Vergewaltiger als Nicht-Biodeutsche erscheinen zu lassen.
Es könnten natürlich die Retter in der Not sein, was dann mit der aufgebauten Erwartungshaltung brechen würde; aber der Aufbau leitet mich eher zu einem Ende mit Schrecken.
Die Geschichte mag so passiert sein und natürlich sind Nicht-Biodeutsche nicht automatisch bessere Menschen, aber in der derzeitigen Situation hinterlässt die Geschichte hier im Rahmen des Wettbewerbes bei mir ein schales Gefühl.
Grüße
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Tjana Reißwolf
Alter: 63 Beiträge: 1786 Wohnort: Inne Peerle
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09.03.2016 01:40
von Tjana
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Also ...
Ich glaube ja nicht, dass der gebrochen englisch Sprechende einer von den beiden auf der Parkbank ist. (Wieso muss es eigentlich englisch sein?) Also kein nächtlicher Überfall. Oder doch? Gerade doch? Gefahr lauert überall?
Das Licht erlischt könnte auch vollkommene Hoffnungslosigkeit bedeuten. Aber dafür fehlen weitere Hinweise.
Mir scheint, ohne die 200er-Begrenzung hätte der Text mehr erreichen können
_________________ Wir sehnen uns nicht nach bestimmten Plätzen zurück, sondern nach Gefühlen, die sie ins uns auslösen
In der Mitte von Schwierigkeiten liegen die Möglichkeiten (Albert Einstein) |
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Aneurysm Eselsohr
Beiträge: 462
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09.03.2016 15:31
von Aneurysm
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Besonders das Ende hat mir gefallen. Rechtschreibung und Grammatik sind perfekt, nur eine Stelle ist etwas irreführend:
Am Anfang des zweiten Abschnitts ist von "drinnen" die Rede, ich dachte zuerst, es wäre ein Gebäude gemeint. Ansonsten habe ich nichts auszusetzen, starker Text!
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Lapidar Exposéadler
Alter: 61 Beiträge: 2699 Wohnort: in der Diaspora
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09.03.2016 17:17
von Lapidar
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Diese Angst, die frau ab und an empfindet, wenn sie allein Nachts in der Stadt unterwegs ist, ist gut eingefangen. Es muss ja nichts schlimmes passieren, aber es könnte.
Der Schluss ist schön offen. Gefällt mir gut.
_________________ "Dem Bruder des Schwagers seine Schwester und von der der Onkel dessen Nichte Bogenschützin Lapidar" Kiara
If you can't say something nice... don't say anything at all. Anonym. |
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Jack Burns Reißwolf
Alter: 54 Beiträge: 1443
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09.03.2016 23:01
von Jack Burns
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Ach, das ist nicht schlecht. Aber für mich besteht hier das Problem, dass 200 Wörter nicht genügen, um die erforderliche Spannung auf zu bauen.
Leider keine Punkte.
_________________ Monster.
How should I feel?
Creatures lie here, looking through the windows. |
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shatgloom Eselsohr
Beiträge: 372 NaNoWriMo: 27985 Wohnort: ja, gelegentlich
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09.03.2016 23:09
von shatgloom
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In dem Text wird es Nacht, ein Mädchen verpasst die Straßenbahn und wird belästigt. Spannend geschrieben, macht neugierig, wie es weitergehen könnte.
Das ist auch einer der Texte, die mir gut gefallen, die ich anfangs mit favorisiert habe und die jetzt vielleicht knapp keine Punkte bekommen. Es gibt leider mehrere dieser Texte, bei denen mir die Nachtseite fehlt (im Gegensatz zu eben einer anderen Seite). Hier ist es nur Nacht. Geht mir aber auch bei vielen anderen Texten so.
Ansonsten schöne Geschichte
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Seraiya Mondsüchtig
Beiträge: 924
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10.03.2016 01:44
von Seraiya
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Hallo Inko,
Schöner Text, gerne gelesen. Für die Top Ten hat es leider nicht gereicht.
LG,
Seraiya
_________________ "Some people leave footprints on our hearts. Others make us want to leave footprints on their faces." |
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firstoffertio Show-don't-Tellefant
Beiträge: 5854 Wohnort: Irland
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10.03.2016 22:56
von firstoffertio
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Vielleicht fehlt mir hier Überraschendes? Der Text scheint von Beginn an vorhersehbar. Deswegen keine Punkte.
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Einar Inperson Reißwolf
Beiträge: 1675 Wohnort: Auf dem Narrenschiff
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10.03.2016 23:40
von Einar Inperson
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Der Text mit dem zweitbesten Titel. Mit großer Vorfreude zu lesen begonnen.
Der Text anders als erwartet. Überraschung. Doch ich werde gerne überrascht. Nur, der Text packt mich leider nicht. Der Text selber bietet mir leider kein Aha.
Ein Mädchen geht durch den Park. Erschrickt, weil dort Männer auf einer Parkbank sitzen. Sie tun nichts dort. Lachen, Rauchen, Rufe kommen erst noch. Vielleicht sind es zwei Männer. Sie verpasst die Straßenbahn.
Einer kommt und nennt sie Sweety. Bedrohung.
Und der Violinkoffer spielt eigentlich keine Rolle. Das Mädchen hätte alles oder auch gar nichts bei sich haben können, für die Geschichte spiet es keine Rolle.
_________________ Traurige Grüße und ein Schmunzeln im Knopfloch
Zitat: "Ich habe nichts zu sagen, deshalb schreibe ich, weil ich nicht malen kann"
Einar Inperson in Anlehnung an Aris Kalaizis
si tu n'es pas là, je ne suis plus le même
"Ehrfurcht vor dem Leben" Albert Schweitzer |
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Heidi Reißwolf
Beiträge: 1425 Wohnort: Hamburg
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11.03.2016 12:12
von Heidi
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Ich habe deine Geschichte gerne gelesen. Du hast einen angenehmen Schreibstil und baust Spannung auf. Allerdings hat mir die englische Anrede zum Schluss nicht so gut gefallen. Ich hätte Deutsch besser gefunden, weil es offener wäre.
Da ich nur für zehn Texte Punkte vergeben kann, geht deiner leer aus. Ich habe die Texte, die keine Punkte von mir bekommen, grob unterteilt. Deiner ist unter den ersten zwanzig.
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Kopfkino Eselsohr
Alter: 40 Beiträge: 262 Wohnort: zwischen Fluss und Wald
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11.03.2016 20:58
von Kopfkino
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Dieser Text ... er nervt mich richtiggehend. Gut geschrieben finde ich ihn durchaus, doch mir widerstreben die Klischees. - Ok, es wird mit dem einen gespielt, man kann nicht sicher sein, was der gebrochen englisch redende Mensch möchte. Doch es ist das andere, das mich reizt. Das Mädchen. Dass sie alleine im Dunkeln keine Souveränität hat und alles eine Bedrohung ist. Das ist ein Klischee, das ich hasse. Natürlich, es mag, vielleicht sogar viele, wer weiß, Frauen geben, denen es so geht. Aber ich genieße es alleine im Dunklen zu gehen, für mich mit meinen Gedanken und ich fürchte mich nicht vor den Menschen, die mir begegnen. Vielleicht widerstrebt mir dieser Text deshalb so sehr.
_________________ Lächeln!
____
...
Stop complainig said the farmer
who told you a calf to be?
...
But whoever treasures freedom
like a swallow has learned to fly.
...
(Donna Donna, Zeitlin und Secunda, Übers. Joan Baez) |
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Eliane Klammeraffe
Beiträge: 823
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11.03.2016 23:20
von Eliane
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Wie man mit so wenigen Worten so eine Gänsehaut produzieren kann. Fantastisch.
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gold Papiertiger
Beiträge: 4943 Wohnort: unter Wasser
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12.03.2016 07:30
von gold
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die Situation, die Du beschreibst, ist nachvollziehbar und realistisch dargestellt.
Habe leider keinen Punkt mehr.
LG gold
_________________ es sind die Krähen
die zetern
in wogenden Zedern
Make Tofu Not War (Goshka Macuga)
Es dauert lange, bis man jung wird. (Pablo Picasso) |
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