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Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Antiquariat -> Postkartenprosa 02/2016
Der Fänger von Hameln ist fort

 
 
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Nemo
Geschlecht:männlichKlammeraffe

Alter: 38
Beiträge: 963
Wohnort: Dresden
Pokapro 2016 Pokapro III & Lezepo I
Postkartenprosa II


Beitrag16.03.2016 13:41

von Nemo
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Lieber Autor,

nachts kommen die Ratten, der Fänger ist fort. Vielleicht begegnet mir deshalb ein seltsam entpersonalisierter Text. Die Idee finde ich durchaus spannend, allerdings fürchte ich, dass hier Potential verschenkt wurde - und das liegt nicht an der Wortbegrenzung. Inhaltlich könnte man aus der Abwesenheit des Fängers mehr machen (Wo ist er eigentlich hin? Ist es gut und/oder schlecht, dass er fort ist?) Manche Formulierungen sind mächtig schief (Ein Spalt, der um Aufmerksamkeit ringt?), aber ich gebe dem Text dennoch Punkte, weil er mit Fantasie und Einfühlungsvermögen geschrieben ist. Man spürt, dass hier literarischer Anspruch erhoben wurde und das spricht für ein künstlerisches Empfinden, das anerkannt werden sollte.

Beste Grüße
Nemo


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Kunst ist Leben. Also lebe!
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Lorraine
Geschlecht:weiblichKlammeraffe


Beiträge: 648
Wohnort: France
Das goldene Stundenglas Ei 10
Lezepo 2017 Pokapro 2016


Beitrag17.03.2016 10:08

von Lorraine
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Hallo

Der Versuch einer Parabel. Ahnung, dass die Gefahr, die lange verdrängt, höchtstens der Nacht zugeordnet war, von der man hoffen konnte, sie würde dort irgendwo klein bleiben. Jetzt aber ahnt man sie am Tag, noch bricht sie nicht hervor, aber wohl ist ihre Stimme grell genug, sie wird auch am hellichten Tag zu hören sein.

Bin nicht sicher, ob (mir) das alles so passt. Der Vergleich mit den Ratten, zweifelhaft, ich weiss nicht.

Grüsse,
Lorraine
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Ithanea
Geschlecht:weiblichReißwolf

Alter: 34
Beiträge: 1062

Ei 3 Pokapro 2017


Beitrag17.03.2016 12:43

von Ithanea
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Da bin ich zweigeteilt. Ich finde die Idee gut und die Geschichte nicht schlecht. Teilweise mag ich die Formulierungen, teilweise bin ich skeptisch, wenn ein vielleicht nicht angenehmer und häufiger, aber bestimmt auch kein nicht auszuhaltender Sachverhalt so "aufgemotzt" wird durch die aufwändige Sprache., wie das hier passiert. Man kommt sich ja vor wie bei Alien, wobei Ripley da natürlich cooler reagiert hätte. Aber ist ja auch nicht jeder abgebrühte Astronautin.

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Verschrieben. Verzettelt.
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Mermaid
Geschlecht:weiblichLeseratte


Beiträge: 143

Pokapro 2015


Beitrag17.03.2016 14:30

von Mermaid
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Hm. Ich fürchte, den bedeutungsschwangeren letzten Satz verstehe ich nicht ganz. Mir ist einiges zu umständlich formuliert, z. B. "Der Raum ließ Leichtigkeit tanzen und bot der Ruhe Platz, sich  zu finden." Was genau soll mir das sagen? So etwas wie "der Raum war groß, licht und ruhig"? Mit Deinem Stil habe ich etwas Mühe.

Von mir gibt es leider keine Punkte.
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Constantine
Geschlecht:männlichBücherwurm


Beiträge: 3311

Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag17.03.2016 20:10

von Constantine
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Bonjour!

Der Protagonist möchte schlafen, blickt in seinem Zimmer zur Schornsteinecke und sieht aus einem Riss einen wedelnden Schwanz und hört ein schrilles Piepsen. Ratten im Schornstein. Ekel und Angst im Protagonisten, die Ratten könnten durch den Riss durchbrechen.
Insgesamt ok geschrieben und die Themenvorgabe kreativ umgesetzt. Dennoch lagen im Vergleich andere Beiträge weiter vorne im Ranking.
Sorry: zéro points.

Merci beaucoup.

Constantine
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crim
Geschlecht:männlichsex, crim & rock'n'roll


Beiträge: 1578
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Die lange Johanne in Gold Lezepo 2015
Pokapro und Lezepo 2014 Pokapro VII & Lezepo V



Beitrag17.03.2016 20:16

von crim
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Für mich ist die Sprache zu verkünstelt, und die Personalisierung der Dinge behagt mir nicht: Räume, die Leichtigkeit tanzen lassen. Kommt mir schief vor. Tage, die sich selbst beenden. Die Nacht gibt dem Schlaf Zeit zu erscheinen. Und so weiter. Das ist zwar nicht mehr schief, aber wirkt dann leider aufgesetzt auf mich. Zu sehr auf sprachliche Schönheit getrimmt, so dass es in Kitsch umschlägt. Schade. Keine Punkte.
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Bananenfischin
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Moderatorin

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Wohnort: NRW
Goldene Feder Prosa Pokapro IV & Lezepo II
Silberne Harfe



Beitrag17.03.2016 21:56

von Bananenfischin
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An diesem Text gefällt mir der Stil und die Tatsache, dass ich mich frage, ob das, was mir leicht schief erscheint, nicht absichtlich als Verfremdungseffekt gesetzt wurde. Stark finde ich insbesondere den letzten Satz. 3 Punkte.

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Schriftstellerin, Lektorin, Hundebespaßerin – gern auch in umgekehrter Reihenfolge

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Tjana
Geschlecht:weiblichReißwolf

Alter: 63
Beiträge: 1786
Wohnort: Inne Peerle


Beitrag19.03.2016 20:21

von Tjana
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Vielen, vielen Dank euch allen für Punkte und die Mühe der Kommentare.
Die unterschiedlichen Eindrücke zu lesen ist total spannend. Das wird mich noch lange nachdenken lassen.
Ich hoffe, bald genug Zeit zu finden, um genauer zu antworten.
Fazit aber erst mal: Ich bin soooo froh, mich getraut zu haben. Very Happy


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Tjana
Geschlecht:weiblichReißwolf

Alter: 63
Beiträge: 1786
Wohnort: Inne Peerle


Beitrag20.03.2016 21:13

von Tjana
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Hier kommt sie nun, meine Dankesrede.
Können wir so was nicht öfter machen? Man erfährt so viel mehr über sich und andere in einem Wettbewerb als sonst. Einfach fantastisch!

Hallo
- Oktoberkatze
Danke für deinen Kommentar, der bei mir eine Frage aufwirft, mit der ich gerne lernen, meine Sprache weiter entwickeln würde. Magst du mir sagen, wie du das meinst
Zitat:
Schöne Geschichte, doch für die angesprochenen Gefühle für meinen Geschmack zu "schön" formuliert.

Ich versuche mir gerade vorzustellen, wie man Ängste, Ekel etc.  in „unschönen“ Worten ausdrücken könnte …

- NIR
Da dich die Geschichte nicht erreicht hat, bin ich besonders dankbar, dass du dir trotzdem die Mühe einer Erläuterung gemacht hast

- Litterättin
Schade, dass dein Kommentierungsstress so groß war. Gerade (auch) auf deine Meinung war ich gespannt.

- anuphti
Ja, dass die nicht offensichtliche Perspektive es dem Text schwer machen könnte, habe ich befürchtet.  Dennoch musste er so geschrieben werden, ganz bewusst ohne eine sie oder einen er, der hört, guckt und sich dann ängstigt.
Der „er“ im letzten Satz ist der Mauerspalt, der rein tatsächlich – ebenso wie die Bewohner dahinter - nie wieder (Wohnungen späterer Jahre) vorhanden war, aber in der Figur seither immer da sind – auch am Tage.
Ganz besonderen Dank für „Sprachlich wunderschön“, das den einen für mich zu zehn Punkten macht.

- Seraiya
Ich freue mich, dass du den Text mochtest und natürlich über deine Punkte!

- tronde
Danke auch dir für deine Gedanken, denn  auch mit „Ich bin ratlos“ kann ich was anfangen.

- firstoffertio
O wie schön, nach dem langen Bibbern und Warten zu lesen, dass jemand nicht nur genau erfasst hat, was ich ausdrücken wollte, sondern auch noch das Wie gut findet. Dankeschön. Für die Aufmerksamkeit, das Lob und die Punkte natürlich.  

- Lapidar
Vielen Dank für deine Gedanken. Spannender Inhalt, das freut mich.

- Jack Burns
Tja, wenn du Ratten süß findest, dann kann dich die Angst aus dem Text ja gar nicht erreichen. Du Glücklicher!
Zur Perspektive habe ich oben zu anuphti schon etwas geschrieben. Obwohl es mich wundert, gerade von dir die übliche, klar bezeichnende Perspektive als erwünscht zu lesen. Aber vielleicht missverstehe ich deinen Satz ja auch.
Danke fürs  aufmerksame Lesen. Dass du überhaupt hier kommentiert hast, ist mir viel wert.

- gold
Na, du kannst mir ja Schrecken einjagen
Erst diverse Dinge zitieren, die dir nicht so gefielen und dann   ohh     sagenhafte zehn Punkte!! Ganz herzlichen Dank dafür und für die lobenden Bemerkungen. „Starke Stelle“ … „ eindrucksvoll, lebendig“ Das geht runter wie Sahne und macht echt Mut.

- Heidi
„Was für eine interessante Idee!“ und du hast meine Geschichte gerne gelesen – das freut mich sehr.
Mit dem letzten Satz hatten ja einige von euch Schwierigkeiten. Und du hast Recht: Er ist wichtig. Für mich wäre der Text ohne ihn zu weit weg vom Thema gewesen. Offenbar ist es mir nicht so gut gelungen, mit ihm die Dualität deutlich zu machen, aber ich hatte nur noch zwei Wörter übrig …
Ein besonderes Lob möchte ich an dieser Stelle dir aussprechen: Dadurch, dass du am Ende jedes Kommentars nennst, wo ungefähr der jeweilige Text landet („… unter den ersten fünfzehn“), hast du das Dilemma beider Seiten wunderbar beseitigt. Die meisten Bewerter hätten gern mehr Punkte zur Verfügung gehabt und für die  Bewerteten kommt „Null Punkte = schlecht“ gar nicht erst in den Sinn. Danke auch dafür.

- Shatgloom
Ich muss gestehen (zu meiner Schande oder der meiner Deutschlehrer?), dass mir dieser Teil aus Draußen vor der Tür als eigenständige KG gar nicht bekannt war (zum Glück gibt es heute das schnelle Internet) und selbst das Drama habe ich vor ewigen Zeiten gelesen. Meine Inspiration hat ganz andere Ursprünge. Aber wenn meine Geschichte bei dir sofort diese Assoziation geschafft hat, macht mich das ein wenig stolz
Andererseits mag die Assoziation dazu geführt haben, dass der Sinn des letzten Satzes für dich unklar bleibt, weil es ja eine ganz andere Thematik ist.
Wie auch immer, ich freue mich total, dass dir der Text gefallen hat und du ihn so hoch in deine Top 10 gesteckt hast. Vielen herzlichen Dank!

- Einar Inperson
Am Liebsten würde ich jede einzelne deiner Zeilen jetzt zitieren, um meine Freude zu verdeutlichen. Aber ich mache es lieber kurz. Ich danke dir, für das intensive Lesen, für das Einfühlen, für das große Lob.

- Rieka
Ich bin sehr froh, dass du mir die Zeit geschenkt hast, meinen Text zu lesen, ihn durchdacht und dann kommentiert hast. Ich finde viel darin, das mich erfreut, mir weiterhilft. Danke dafür!

- Akiragirl
Wow, noch so ein Kommentar, der intensive Beschäftigung mit dem Text zeigt. Und da es hier auch noch mein Text ist, der das dafür nötige Interesse ausgelöst hat, freut mich das ungemein.
Du bestärkst mich darin, auf diese Weise zu schreiben, schiebst Zweifel nach hinten. Dafür danke ich dir.
Die Bildebene, das Mehrdeutige hinter den Worten, es ist angekommen, es funktioniert auch mit verschiedenen Ansätzen, verleitet zum wiederholten Lesen, was will ein Schreiber mehr?
Fast hätten mir die Worte schon genügt, um froh zu sein, doch es gab noch Punkte obendrauf. Danke!

- Mic000
Schade, dass dich so gar nichts erreicht hat. Aber das bei jedem zu schaffen, wäre auch unrealistisch und mir zu hoch gegriffen. Danke fürs Lesen und deine Einschätzung.

- Amaryllis
Auch dir Dank für die Überlegungen und den Kommentar. Mit den letzten Sätzen bist du ja in Gesellschaft. Darüber werde ich nachdenken.

- Piratin
„schöne Bilder hast Du geschaffen, die viel Raum zur Deutung lassen.“ Das freut mich.
Danke für die Punkte und das „… gelungen“

- Jenni
Die stärkste meiner beabsichtigten Deutungen sprichst du als Einzige an. Immerhin.
Bei den sprachlich bezogenen Gedanken empfinde ich dich nahe an rieka, ich sollte also besser das Zähmen lernen. Vielen Dank, dass du mir deine Überlegungen mitgeteilt hast. Sie helfen mir weiter.

- Nemo
„… ein seltsam entpersonalisierter Text.“ Das stimmt. Weiter oben schrieb ich bereits, dass er so sein wollte. Vermutlich hat er dadurch breiteres Wohlwollen verschenkt. Aber das war auch nicht die Intention. Als er da so stand, ganz ohne Person, haderte ich zuerst auch. Weil er aber unerbittlich blieb, entschied ich mich, es als Experiment zu wagen. Und allein deine Begründung, ihm trotz mancher Bedenken Punkte zu geben, noch dazu weit mehr als einen „Anerkennungspunkt“, macht Mut.
Ich danke dir sehr, für die Überlegungen, die Anregungen, das Lob und die Punkte!

- Lorraine
Interessante Interpretation. Ich muss gestehen, an eine Parabel habe ich gar nicht gedacht.
Das Weitere deiner Deutung passt allerdings (für mich), so dass es mich freut, dich auf eine Weise doch erreicht zu haben. Vielen Dank, dass du mir nicht nur deine Gedanken, sondern sogar die Aufnahme in deine Top 10 geschenkt hast!

- Ithanea
*lach* Nein, so abgebrüht wie Ellen Ripley ist die hinter der Geschichte verborgene Person sicher nicht.
Schade, dass dir die Sprache als „aufgemotzt“ erscheint, doch hilfreich war auch dein Kommentar, danke.

- Mermaid
„Mit deinem Stil habe ich etwas Mühe“
Völlig in Ordnung. Smile    Danke, dass du mir trotzdem Eindrücke da gelassen hast.

- Constantine
Danke für die prüfenden Blicke und für „Themenvorgabe kreativ umgesetzt“. Im Vergleich lagen auch bei mir andere Texte weiter vorne.

- Crim
Danke fürs Lesen und Kommentieren. Dass die Personalisierungen nach deinem Empfinden in Kitsch umschlagen, tut mir leid. Für mich. Ich fürchte, ich werde mich schwer von derartigen Formulierungen lösen können. Absicht steckt schon dahinter, aber absichtlich aufgesetzt, im Sinne von „schön schreiben wollen“ waren sie sicher nicht. Mal sehen, was ich tun kann, damit es nicht so wirkt.

- Bananenfischin
Hach, jemand findet den letzten Satz stark. Ufff.
Ich freue mich, dass dir der Stil gefällt und über deine Punkte. Hab Dank dafür!


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Oktoberkatze
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Alter: 58
Beiträge: 314

Ei 1 Ei 9


Beitrag21.03.2016 13:27

von Oktoberkatze
Antworten mit Zitat

Tjana hat Folgendes geschrieben:

- Oktoberkatze
Danke für deinen Kommentar, der bei mir eine Frage aufwirft, mit der ich gerne lernen, meine Sprache weiter entwickeln würde. Magst du mir sagen, wie du das meinst
Zitat:
Schöne Geschichte, doch für die angesprochenen Gefühle für meinen Geschmack zu "schön" formuliert.

Ich versuche mir gerade vorzustellen, wie man Ängste, Ekel etc.  in „unschönen“ Worten ausdrücken könnte …

Hallo Tjana,

ich versuch mal zu zeigen, was ich meine:
Zitat:
An hellen Tagen war es nie zu hören. Der Raum ließ Leichtigkeit tanzen und bot der Ruhe Platz, sich zu finden. Der Blick, der aus dieser Ruhe die Schornsteinwand in der Zimmerecke streifte, glitt ungerührt darüber hinweg. Vergebens rang der kleine Spalt um Aufmerksamkeit. Helle Tage beendeten sich sanft, lockten hinüber zu Nächten mit Träumen in Pastellfarben.
Bis hierher schilderst du in melodischen kurzen Sätzen eine angenehme Umgebung.

Ein Trug, den die Nachtzeit offenbarte, meist kurz nach dem Indigo.

Beim ersten Mal begleitete noch argloses Interesse das Lauschen. Ein Kratzen auf Stein aus der Schornsteinecke.  Augen folgten dem Geräusch und Unglaube vertrieb das Interesse. Ekel, als zitternd ein dünner, unbehaarter Schwanz aus dem Spalt ragte. Im Rhythmus zum Scharren der Krallen bewegte er sich vor und zurück. Untermalt von Stimmen. Schrill piepsend, ohrenbetäubend.
Hier sprichst du den Ekel an und zeigst dem Leser den unbehaarten Schwanz der Ratte, lässt ihn auch das Scharren der Krallen und das schrille Piepsen hören. Die kurzen Sätze zuletzt unterstreichen für mich das Gefühl noch.
Bei jedem Mal danach setzte unmittelbar Erstarren ein, und die bange Frage, ob der Riss in der Mauer wirklich nur klein war, ob er sie zurückhalten werde, machte den Atem stoppen. Wenn eine solche Nacht dem Schlaf überhaupt Zeit gab, zu erscheinen, kam er mit gierigen Horden, nicht in Pastell.
Jetzt aber, im Höhepunkt der Angst, schreibst du zwar vom Erstarren ob der Geräusche, aber deine Sprachmelodie wird noch melodischer als anfangs. Die Formulierungen "machte den Atem stoppen" und "kam er mit gierigen Horden, nicht in Pastell" wirken auf mich im Zusammenhang mit den längeren Sätzen hier deplatziert, fast widersprechen sie schon ihrem Wortsinn und suggerieren mir ein sanft eingelulltes in-den-Schlaf-wiegen.
Wohnungen späterer Jahre zeigten oft Risse in der Tapete, doch nie mehr einen Spalt im Mauerwerk.
Dennoch öffnet er sich seither nicht mehr nur zur Nachtzeit.

Das ist sicher nur mein persönlicher Eindruck, doch eben die entscheidende Nuance, die bei der Vielzahl der tollen Texte den Ausschlag für meine Bepunktung gab.
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Tjana
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Wohnort: Inne Peerle


Beitrag21.03.2016 14:40

von Tjana
Antworten mit Zitat

Liebe Oktoberkatze, vielen Dank für deine Mühe.
Nun kann ich es besser nachvollziehen.


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Heidi
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Der goldene Durchblick


Beitrag23.03.2016 21:38

von Heidi
Antworten mit Zitat

Tjana hat Folgendes geschrieben:
Ein besonderes Lob möchte ich an dieser Stelle dir aussprechen: Dadurch, dass du am Ende jedes Kommentars nennst, wo ungefähr der jeweilige Text landet („… unter den ersten fünfzehn“), hast du das Dilemma beider Seiten wunderbar beseitigt. Die meisten Bewerter hätten gern mehr Punkte zur Verfügung gehabt und für die  Bewerteten kommt „Null Punkte = schlecht“ gar nicht erst in den Sinn. Danke auch dafür.


Ich freue mich sehr darüber, dass ich als „nur“ Bewertende gelobt werde smile Angeregt durch die Vorweg-Diskussion zum Bewertungssystem, habe ich mich dazu entschlossen, jedem "unbepunkteten" Autor einen kleinen Anhaltspunkt zu geben, wo der jeweilige Text für mich steht. Im Nachhinein bin ich natürlich nicht mit all meinen Entscheidungen glücklich. Es waren insgesamt sehr unterschiedliche Geschichten, und doch auch einige, die Zeit brauchen, um sich zu entfalten. Da ich sehr spontan entschieden habe, ist der eine oder andere Text, der mehr Entfaltungsraum benötigt hätte, wohl zu kurz gekommen.  Aber ja, selbst als Bewerter lernt man dazu. Es hat auf alle Fälle Spaß gemacht.

Ich wollte auch noch etwas zu deiner Geschichte sagen:
Es ist mir ganz schön peinlich, dass ich aus deiner Ratte eine Maus gemacht habe rotwerd Ich habe den Titel beim Lesen völlig aus den Augen verloren. Das Kratzen und Piepsen des Tieres hat mich an meine Kindheit erinnert. Da ich auf dem Land aufgewachsen bin (der Wald gleich nebenan), kam es da auch mal vor, dass sich im Winter eine Maus in der Wohnzimmerdecke (da war ein Hohlraum – Holzdecke) eingenistet hat. Das Scharren ist mir noch lebendig in Erinnerung – und auch das Gefühl, das ich dabei empfand: Eine Mischung aus Ekel und Faszination. Dadurch habe ich deine Geschichte auch weniger bedrohlich empfunden, sondern eher atmosphärisch, und sie hat mich an früher erinnert smile extra

Liebe Grüße
Heidi
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Tjana
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Beitrag24.03.2016 02:12

von Tjana
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Hallo Heidi,

die Maus soll dir nicht peinlich sein. Zeigt sie doch, dass es auch immer von den Lesererfahrungen abhängt, wie ein Text aufgenommen wird.
Wenn dabei "atmosphärisch" herauskommt, ist das für mich schon toll.


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Tjana
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Beitrag24.03.2016 02:16

von Tjana
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Ach du meine Güte, ich habe hobbes übersehen rotwerd
Also liebe hobbes, das war keine Absicht!!
Obwohl die Lustlosigkeit, weiter zu denken oder gar zu forschen, schon auffiel. Nicht nur bei meinem Text. Aber das wäre kein Grund für mich, deinen Kommentar zu ignorieren.
Es mag sein, dass die Kenntnis des Märchens mehr Verständnis gebracht hätte. Aber wer weiß.
Es freut mich, dass du den Anfang mochtest, und es hilft mir, zu lesen, dass es beim Rest dann nicht mehr so war. (Zähmen, ja ja, das wurde schon angesprochen).
Handfest – meinst du das im Sinne von (typischer) Action? Peng, Puff, Kampf? Dann wärst du wohl nicht in
meiner Zielgruppe, was mich zwar etwas wundert, aber auch völlig in Ordnung wäre.
Danke fürs Lesen.


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hobbes
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Der silberne Scheinwerfer Ei 4
Podcast-Sonderpreis


Beitrag28.03.2016 13:21

von hobbes
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Tjana hat Folgendes geschrieben:
Ach du meine Güte, ich habe hobbes übersehen rotwerd

Du bist in bester Gesellschaft.

Tjana hat Folgendes geschrieben:
Obwohl die Lustlosigkeit, weiter zu denken oder gar zu forschen, schon auffiel.

Alles, was ich dazu jetzt schreiben könnte, würde sich entweder anhören wie eine Rechtfertigung oder könnte als Anschuldigung verstanden werden.
Daher wollte ich zuerst gar nichts dazu schreiben, aber das fühlte sich ebenfalls falsch an.
Schreibe ich also, dass ich nichts dazu schreibe Rolling Eyes

Tjana hat Folgendes geschrieben:
Handfest – meinst du das im Sinne von (typischer) Action?

Nein, das war eher auf die Sprache bezogen, auf das, was ich mit "mir zu metapherig" meine. Wenn ich das wegnehme (das metapherige), dann bleibt da für mich nicht mehr viel. Aber vielleicht hat das eine auch gar nicht zwingend etwas mit dem anderen zu tun, mir fehlt wohl eher generell das Gefühl, das dieser Text vermitteln will. Oder was heißt fehlen, es kommt nun mal keins bei mir an. Was soll es denn sein? Falls es eins sein soll? Ekel, Horror, Angst, Entsetzen? Ganz was anderes?
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Tjana
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Alter: 63
Beiträge: 1786
Wohnort: Inne Peerle


Beitrag28.03.2016 15:01

von Tjana
Antworten mit Zitat

hobbes hat Folgendes geschrieben:
mir fehlt wohl eher generell das Gefühl, das dieser Text vermitteln will. Oder was heißt fehlen, es kommt nun mal keins bei mir an. Was soll es denn sein? Falls es eins sein soll? Ekel, Horror, Angst, Entsetzen? Ganz was anderes?


Liebe hobbes,
danke, dass du dich noch mal meldest.
Eigentlich sollte es alles sein, Ekel, Horror, Angst und Entsetzen. Und dann auch noch was ganz anderes: Der Werdegang einer Phobie.


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