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Bananenfischin Show-don't-Tellefant
Moderatorin
Beiträge: 5339 Wohnort: NRW
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29.11.2015 20:00 Der Gewinner des DSFo-Aufbruchspreises von Bananenfischin
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Der Aufbruchspreis des DSFo geht an
MÖBIUSBAND von Eredor
Wir gratulieren und applaudieren und verbeugen uns. Neben unsterblichem Ruhm und großer Ehre erhält der Gewinner dank eines anonymen Spenders als Preis dieses edle Notizbuch. Wir wünschen uns, dass es zu vielen großartigen Ideen und Geschichten anregt, egal ob in Tag- oder Nachtschicht.
Begründung:
Der Begriff »Roboter« stammt aus dem 1921er Theaterstück "R.U.R." des tschechischen Schriftstellers Karel Čapek. Die Maschinen darin waren Androiden, die die Arbeit der Menschen übernehmen sollten (und rebellieren). MÖBIUSBAND ist reich an scharfsinnigen Feinheiten, die darlegen, wie der Protagonist zum Roboter gemacht wird. Durch seinen Job, durch andere Menschen, aber auch dadurch, wie er in sich und durch sich selbst Teil der Maschine Tankstelle wird: Seine verlängerten Arme, die - wenn auch monoton - sprechende Kasse, die kontrollierte Tätigkeit des Protagonisten, seine Sinneswahrnehmungen, die ihn mit der maschinellen Umgebung verschmelzen und ihn mit ihr mitfühlen lassen. Der Philosoph Andy Clark spricht davon, dass wir unsere Umgebung einschließlich des eigenen Körpers als äußeres Gerüst verwenden (external scaffolding), wann immer wir Denk- oder Gedächtnisprobleme zu lösen haben. Die Finger, die wir zum Zählen benutzen, oder der Kalender, der unsere Termine enthält, oder das Smartphone, dessen Informationen unverzichtbar sind und als garantiert angenommen werden. Clark meint, dass es unter normalen Umständen keinen Sinn ergebe, diese Dinge als externe Werkzeuge unabhängig von uns selbst anzusehen, vielmehr sind sie längst Teil unserer Persönlichkeit geworden.
Clark bewertet das nicht, bleibt neutral. MÖBIUSBAND scheint sich dem nicht anzuschließen, möglicherweise aufgrund der besonderen reduzierenden und isolierenden Situation in der Tankstelle. Beim Lesen stellt sich das Gefühl ein, dass der Protagonist zu Hause versucht, die Maschinenbindung wieder loszuwerden, die Tankstelle förmlich auszuprusten, wieder vollkommen Mensch zu werden, was auch immer das bedeutet, oder zumindest vollkommen biologisch zu werden. Der ganz andere sprachliche Stil in diesem Teil des Textes verstärkt den Kontrast zur Situation an der Tankstelle. Scheitert der Protagonist dabei? Zeigt das Blut, dass diese Trennung kaum mehr möglich ist, dass er längst mit der Maschine verwachsen ist? Oder ist es umgekehrt, überwindet er hier die Tankstellen-Isolation und die seltsame Verzerrung der Außenwelt, die ihn gleichzeitig mitten in die ganze Welt gesetzt hat (durch die dauernde Verbundenheit mit den aktuellen Nachrichten) und neben sie, ihn ver-rückt hat, weil die Wirklichkeit des Protagonisten durch die Isolation mittelbar geworden ist, nicht greifbar. Nun, da es vorbei ist, fühlt (!) er die blutige Realität der Anschläge in Paris.
MÖBIUSBAND zeichnet sich durch die inhärente Vielschichtigkeit und sein konzeptionelles Wagnis aus. Der Text verarbeitet aktuelles globales Geschehen, indem er es in einem lokalen, persönlichen Zusammenhang kondensiert, filtert und gleichzeitig die Übermittlung von Weltnachrichten wie auch die Isolation und Situiertheit der Nichtbetroffenen thematisiert. Eine der oft gehörten Fragen aus einem älteren Kontext lautet: Wo warst du, was hast du gemacht, als du von den Terroranschlägen von 9/11 erfahren hast? Tätigkeit und Aufenthaltsort des Gefragten scheinen also bedeutungsvoll zu sein. Doch bei den meisten bestanden sie natürlich aus nichts anderem als banalen Alltagsgeschehnissen an banalen Orten, die sich in keinen sinnvollen Zusammenhang zu den Erfahrungen der Betroffenen setzen lassen, wodurch ein Begreifen letztlich unmöglich wird.
Nein, dieser Text ist nicht perfekt, aber in weiten Teilen genau in dem Sinne roh, wie uns das beim Formulieren der Vorgaben vorschwebte. In seiner Rohheit sticht er Perfektionismus aus, und in der Montage und Integration von Versatzstücken aus Nachrichten, Stellungnahmen und Songtexten ist er souverän. Dabei wagt der Text es, nicht beziehungsweise falsch verstanden oder gar als anmaßend betrachtet zu werden, schert sich aber nicht darum.
Trotz seines oft minimalen, lakonischen und mitunter sachlichen Stils gelingt es ihm, den Lesern bleibende Bilder ins Hirn zu pflanzen, und trotz seiner durch die Form des News-Tickers eng begrenzten Struktur (invers chronologisch) ist er offen, lässt andere Interpretationen zu als die vom Autor bewusst intendierte.
Abgesang
Und hiermit beenden wir nun den offiziellen Teil des Wettbewerbs. Wir bedanken uns bei allen, die mitgemacht haben, als Autoren, als Rezensenten oder auch nur als Leser. Wir hoffen, es hat euch so viel Spaß gemacht wie uns. Das hohe Niveau der Texte und der Kritiken zeigt, dass es im Forum durchaus Autoren und Publikum für ernste Literatur gibt und die kontinuierliche Auseinandersetzung mit dieser Art des Schreibens Früchte trägt.
Wir sehen uns im Nachbereitungs-Thread.
Euer Organisationsteam (Bananenfischin & sleepless_lives)
_________________ Schriftstellerin, Lektorin, Hundebespaßerin – gern auch in umgekehrter Reihenfolge
Aktuelles Buch: Geliebte Orlando. Virginia Woolf und Vita Sackville-West: Eine Leidenschaft
I assure you, all my novels were first rate before they were written. (Virginia Woolf) |
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Gießkanne Volle Kanne ungeduldig
Alter: 21 Beiträge: 655 Wohnort: Nicht mehr in deiner Welt
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29.11.2015 20:08
von Gießkanne
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Herzlichen Glückwunsch!
_________________ Die Schlacke einer verbrannten Liebe im Hochofen des Herzens ist ein Nebenprodukt, das man so schnell leider nicht loswird.
Mogmeier |
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Ithanea Reißwolf
Alter: 34 Beiträge: 1062
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29.11.2015 20:11
von Ithanea
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Glückwunsch!
Mein Lieblingstext hat gewonnen.
_________________ Verschrieben. Verzettelt. |
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Zettelhexe Leseratte
Alter: 53 Beiträge: 136
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29.11.2015 20:11
von Zettelhexe
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Herzlichen Glückwunsch, Eredor!
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Literättin Reißwolf
Alter: 58 Beiträge: 1836 Wohnort: im Diesseits
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29.11.2015 20:12
von Literättin
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Dennis, ich sage es nach obiger Laudatio ganz schlicht: ich freue mich für dich. Punkt.
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Nihil { }
Moderator Alter: 34 Beiträge: 6039
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29.11.2015 20:15
von Nihil
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Ich gratuliere auch zum verdienten Sieg! :)
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Maria Evolutionsbremse
Alter: 52 Beiträge: 5998
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29.11.2015 20:20
von Maria
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Schließe mich an. Glückwunsch - gelungen, gelungenes Experiment das in Form und Inhalt einfach gewinnt. Freu mich für dich
_________________ Give me sweet lies, and keep your bitter truths.
Tyrion Lannister |
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KeTam Ungeduld
Alter: 49 Beiträge: 4947
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29.11.2015 20:34
von KeTam
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Herzlichen Glückwunsch, Eredor!!!!
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sleepless_lives Schall und Wahn
Administrator Alter: 58 Beiträge: 6477 Wohnort: München
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29.11.2015 20:46
von sleepless_lives
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Wenn ich hier noch ein wenig sinnlose Statistik nachtragen darf, die man ja in den Medien von allen Bereichen gewöhnt ist. Das ist das erste Mal in der 'Geschichte' des Zehntausend-Wettbewerbs, dass ein männlicher Teilnehmer einen ersten Preis gewinnt, egal ob Sonderpreis oder Publikumspreis.
_________________ Es sollte endlich Klarheit darüber bestehen, dass es uns nicht zukommt, Wirklichkeit zu liefern, sondern Anspielungen auf ein Denkbares zu erfinden, das nicht dargestellt werden kann. (Jean-François Lyotard)
If you had a million Shakespeares, could they write like a monkey? (Steven Wright) |
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Jenni Bücherwurm
Beiträge: 3310
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29.11.2015 21:06
von Jenni
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Dennis, herzlichen Glückwunsch!
Das freut mich, dass dieser Text gewonnen hat, der mich sowieso schon am meisten beschäftigt hat - und mit dem es sich offenbar lohnt, sich noch weiter zu beschäftigen.
Und, Dennis, wo warst nun zu 9/11?
Und überhaupt war das, wieder mal, ein sehr feiner Wettbewerb, von vorn bis hinten lehrreich und inspirierend. Danke, ihr Unermüdlichen, BaFi und Sleepless, für diese Institution!
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Einar Inperson Reißwolf
Beiträge: 1675 Wohnort: Auf dem Narrenschiff
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29.11.2015 21:20
von Einar Inperson
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Herzlichen Glückwunsch eines Nur-Lesers bei diesem Wettbewerb.
Dank an die Organisatoren für den Lesegenuss bei diesem starken Wettstreit mit Worten um Fragmente und Maschinen und vor allem um Menschen.
_________________ Traurige Grüße und ein Schmunzeln im Knopfloch
Zitat: "Ich habe nichts zu sagen, deshalb schreibe ich, weil ich nicht malen kann"
Einar Inperson in Anlehnung an Aris Kalaizis
si tu n'es pas là, je ne suis plus le même
"Ehrfurcht vor dem Leben" Albert Schweitzer |
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Violet_Pixie Eselsohr
V
Beiträge: 410 NaNoWriMo: 20863
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Eredor Dichter und dichter
Moderator Alter: 32 Beiträge: 3415 Wohnort: Heidelberg
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29.11.2015 21:42
von Eredor
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das gibts ja -also das -ich bin mir -in WirklichkeitPuh, naja, vielleicht-- jetzt ohne Scheiß?Ach quatsch, das kann doch -Und wer - Und ich habe - Ist das wirk-Ist das wirk-Wirklich? *F5*
Immer noch da. Da steht's.
Und ich seh gerade so aus wie der da:
Und bedanke mich bei der Organisation
1.) für die Organisation
2.) für die Gratulation und für den Applaus und die Verbeugung
und kann meine Dankbarkeit gerade gar nicht so richtig vermitteln. Daher ein schlichtes: Danke!
Gerade in so einem Wettbewerb, in dem es sehr viele überragende Texte gegeben hat, dass da gerade meiner als für würdig befunden wurde - und gerade nach diesen starken Nominierungen - aj, das lässt mich in einer Überwältigung zurück, also da - da muss ich nochmal in meinem Buchstabenbeutel graben, um was anständiges Antworten zu können.
Danke, Danke, Danke!
Herzliche Grüße,
Dennis
//edit: Und die Statistik, meine Güte, schnell die Statistik!
_________________ "vielleicht ist der mensch das was man in den/ ersten sekunden in ihm sieht/ die umwege könnte man sich sparen/ auch bei sich selbst"
- Lütfiye Güzel |
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firstoffertio Show-don't-Tellefant
Beiträge: 5854 Wohnort: Irland
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29.11.2015 22:04
von firstoffertio
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Herzlichen Fkusckwunsch.
Hätte ich mit bewertet, wäre das auch mein erster Platz gewesen.
(Ich habe nicht, weil ich weiter unten Schwierigkeiten mit der Punktevergabe hatte.)
Ich finde, dieser Text erfüllt die Vorgaben alle saugut. Dabei ist mir die Anspielung auf Paris am wenigsten wichtig. Hätte mir auch gefallen, wenn es die Ereignisse dort, und daher die Anspielungen darauf, nicht gegeben hätte.
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Christof Lais Sperl Klammeraffe
Alter: 62 Beiträge: 942 Wohnort: Hangover
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29.11.2015 22:44 Bravo von Christof Lais Sperl
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Chapeau
_________________ Lais |
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nebenfluss Show-don't-Tellefant
Beiträge: 5982 Wohnort: mittendrin, ganz weit draußen
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29.11.2015 23:43
von nebenfluss
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Herzlichen Glückwunsch, Dennis!
_________________ "You can't use reason to convince anyone out of an argument that they didn't use reason to get into" (Neil deGrasse Tyson) |
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lupus Bücherwurm
Alter: 56 Beiträge: 3913 Wohnort: wien
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30.11.2015 01:12
von lupus
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Freu mich für dich, Dennis, coole Sache. Coole Entscheidung.
_________________ lg Wolfgang
gott ist nicht tot noch nicht aber auf seinem rückzug vom schlachtfeld des krieges den er begonnen hat spielt er verbrannte erde mit meinem leben
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"Ich bin leicht zu verführen. Da muss nur ein fremder Mann herkommen, mir eine Eiskugel kaufen und schon liebe ich ihn, da bin ich recht naiv. " (c) by Hubi |
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Babella Klammeraffe
Alter: 61 Beiträge: 890
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30.11.2015 01:39
von Babella
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Herzlichen Glückwunsch!!!
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holg Exposéadler
Moderator
Beiträge: 2396 Wohnort: knapp rechts von links
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30.11.2015 12:57
von holg
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Dennis, ich gratuliere Dir!
In dem von der Jury für den Aufbruchspreis gestellten und in der Laudatio beschriebenen Rahmen hat dein Text die Auszeichnung wahrlich verdient.
Die Tatsache, dass ich da ein gewisses Henne-Ei Problem sehe, liegt aber sicherlich an meiner beschränkten Sichtweise.
_________________ Why so testerical? |
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rieka Sucher und Seiteneinsteiger
Beiträge: 816
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30.11.2015 15:16
von rieka
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Herzlichen Glückwunsch Eredor
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Akiragirl Dünnhäuterin
Alter: 33 Beiträge: 3632 Wohnort: Leipzig
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30.11.2015 15:21
von Akiragirl
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Super, Dennis, hochverdient! Ich freue mich sehr für dich
_________________ "Man bereut nicht, was man getan hat, sondern das, was man nicht getan hat." (Mark Aurel) |
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MosesBob Gehirn²
Administrator Alter: 44 Beiträge: 18339
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01.12.2015 17:12
von MosesBob
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Grundsätzlich schließe ich mich den Glückwünschen an, warte aber noch auf das Ergebnis der Kommission, die sich mit der Bevorteilung von Moderationsmitgliedern befasst.
_________________ Das Leben geht weiter – das tut es immer.
(James Herbert)
Die letzte Stimme, die man hört, bevor die Welt untergeht, wird die eines Experten sein, der versichert, das sei technisch unmöglich.
(Sir Peter Ustinov)
Der Weise lebt still inmitten der Welt, sein Herz ist ein offener Raum.
(Laotse) |
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