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wolfgang Leseratte
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Beiträge: 121
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Dolge Schneckenpost
D Alter: 39 Beiträge: 14 Wohnort: Leipzig
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D 21.11.2015 20:23
von Dolge
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Kein Wort zuviel.
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Oliver.Twist Leseratte
Alter: 38 Beiträge: 123 Wohnort: Hamburg
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28.11.2015 14:03
von Oliver.Twist
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Hallo Wolfgang,
das typisch romantische Motiv vom Verfall sehe ich hier im Mittelpunkt. Auch die Bilderwelt ist romantisch: wenn es bereits "im brunnen" losgeht, erinnert mich das an romantische Dichtung: an Wilhelm Müller ("Am Brunnen vor dem Tore..."). Mit dem Umbruch zum zweiten Vers bricht auch die Bilderwelt um in etwas, was vielleichtim weiteren Sinne als Industrieromantik bezeichnet werden könnte (Wassertürme als städtebauliche Relikte aus der Zeit der Industrialisierung).
Ich weiß nicht, inwieweit du das "Zischeln" bewusst gesetzt hast. In der Tat finde ich ja, dass Laub und Abfall im Wasser alles tun, aber nicht "zischeln". Ich gehe also davon aus, dass du bewusst verfremdest? Wieder muss ich an Müllers Lindenbaum denken: "Und seine Zweige rauschten / Als riefen sie mir zu: / Komm her zu mir, Geselle / Hier find'st du deine Ruh'". Ein mystisch-halluzinatorisches "Flüstern" also, ein verderblich-lockender Ruf. Die kahlen Zweige in Müllers Romantik sind hier braunes Laub. Dreck und Stoffwechselendprodukte.
Auch der Sommer ist in den Sog des psychischen Verfalls geraten: er "geistert apathisch" mit den Verworfenen, entlang der "alleen", also entlang von wohlgestalteten, vielleicht prächtigen, bürgerlichen Straßen. Der Winter aber dominiert: er ist was am Ende bleibt. Der Titel (Herbst) also eingerahmt von seinem Vorgänger (Sommer) und Nachfolger (Winter).
Ich bin mir nicht sicher mit den drei als einzelne Verse abgesetzten Einzelworten zu Beginn des dritten Abschnitts. Überhaupt bleibt der dritte Abschnitt den vorangegangenen zweien nicht ebenbürtig. Er ist für mich eine (trotz winterlicher Thematik) etwas lauwarme Konklusion zu den ersten zweien.
Falls du es noch nicht gemacht hast: Vergleiche mal mit Müllers "Lindenbaum"! Auch die literaturwissenschaftlichen Deutungen zum Gedicht (und zum Schubert-Lied) sind hochinteressant - und führen mitten ins Herz einer Romantik, die du ja ansprichst, hinein.
Beste Grüße!
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wolfgang Leseratte
W
Beiträge: 121
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W 28.11.2015 20:51
von wolfgang
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Hallo Oliver. Twist,
Dein Gedanke mit dem Lindenbaum war richtig. Daran hatte ich gedacht. Allerdings wollte ich keine "Romantik" bieten. Die Bilder meines Gedichts besagen eher das Gegenteil. Sie zeigen Verfall, Herbst, Öde und Armut. Darunter verstehe - zumindest ich - keine Romantik. Warum dann mein Titel? Gemeint ist er ironisch. Und nein: Damit meine ich jetzt keine romantische Ironie, ich spreche von der normalen Ironie, die man im Hausgebrauch verwendet.
Müller ist ein gutes Stichwort, ich werde Deinen Ratschlag befolgen und die Interpretation seines Gedichts beherzigen. Vielleicht springt dabei ein weiteres "Romantik"- Gedicht heraus!
Mit der letzten Strophe "lauwarme Konklusion" war ich bisher zufrieden. Die erste Strophe fand ich jetzt auch nicht so dolle, daher sah ich sie als gleichwertig mit der letzten Strophe an. Die stärkste Strophe, für mich, ist die zweite. Ich überlege gerade, wie ich die letzte Strophe verbessern könnte. Die Gefahr dabei ist, dass ich sie "verschlimmbessere" oder aber das ganze Gedicht verderbe.
Als zweite Version kann ich Dir folgende Umarbeitung anbieten:
im brunnen
am wasserturm zischelt
abfall und braunes laub
sommer geistert
apathisch mit obdachlosen
alleen entlang
in
fassaden
plätzen
straßen zieht der winter ein mit
seinem rissigen gesicht
Mehr ändern will ich aber nicht. Im Zweifelsfall bleibe ich bei meiner ersten Version.
Einen schönen Abend!
Wolfgang
« Was vorher geschah12
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Angst Scheinheiliger
A Alter: 33 Beiträge: 1571
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A 29.11.2015 19:03
von Angst
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Lieber wolfang
wolfgang hat Folgendes geschrieben: | in
fassaden
plätzen
straßen zieht der winter ein mit
seinem rissigen gesicht |
Ich würde bei der ersten Version dieser Strophe bleiben, also das "zeigen" beibehalten. Wie der Winter in die Fassaden, Plätze und Strassen mit einem rissigen Gesicht einzieht, das kann ich mir überhaupt nicht vorstellen. Wenn der Winter dieses Gesicht zeigt, dann scheint er eher von unten oder von innen an die Oberfläche zu dringen, was ich schöner finde. Als kristallisierte sich der Winter an einer Häuserwand – zum Beispiel. Jedenfalls klingt es offener.
Diesem Gedankengang folgend, möchte ich allerdings eine andere Änderung vorschlagen: Wieso statt "in" nicht "auf" oder "an"? Das ergibt für mich mehr Sinn. Denn die Risse, die ich mir vorstelle, sehe ich nicht in einem Platz, sondern auf ihm, an einer Fassade oder auf einer Strasse. "In" verstehe ich nicht ganz.
_________________ »Das Paradox ist die Leidenschaft des Gedankens.«
— Søren Kierkegaard, Philosophische Brosamen,
München: Deutscher Taschenbuch Verlag, S. 48. |
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wolfgang Leseratte
W
Beiträge: 121
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Oliver.Twist Leseratte
Alter: 38 Beiträge: 123 Wohnort: Hamburg
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30.11.2015 00:43
von Oliver.Twist
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Heyhey,
ich würde im Zweifel auch bei der ersten Version bleiben.
Bei mir hieße es vielleicht
Zitat: |
in plätzen
fassaden hängt ein winter
rissigen gesichts |
Gefallen würde mir daran u.a. der Anklang an die erste Strophe:
im brunnen --> in plätzen,
und zwischendrin finden sich als Ort die "alleen". Mit den Straßen fallen mir (bei der Knappheit des Gedichtes) die Alleen fast zu sehr zusammen. Man hätte dann auch diesen Gang von der Peripherie (Brunnen [vor dem Tore], Wasserturm) durch die Alleen zu den (meist ja eine Funktion als Zentrum bedienenden) Plätzen. (Und diese Plätze wären gerade ausgerechnet vom Winter besetzt.)
Unter Verfall, Herbst, Öde und Armut verstehe ich übrigens durchaus ganz romantik-affine Momente. In der Winterreise findest Du alles davon! :)
Schönen Gruß
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