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Irvin D. Yalom, Die Schopenhauer-Kur

 
 
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Arun Krishna
Geschlecht:männlichGänsefüßchen


Beiträge: 38



Beitrag20.04.2011 13:29
Irvin D. Yalom, Die Schopenhauer-Kur
von Arun Krishna
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Irvin D. Yalom, Die Schopenhauer-Kur, ASIN 3-442-75126-8

Die Schopenhauer-Kur von Irvin D. Yalom, einem einflussreichen amerikanischen Psychoanalytiker, beschreibt den Umgang von Teilnehmern und Leiter eine Therapiegruppe mit den  Konflikten mit sich selbst und den anderen Teilnehmern. Es ist keine Therapie in Buchform, auch wenn der Leser die Gelegenheit nutzen kann, die jeweiligen Figuren mit sich selbst  zu vergleichen. In der Gruppe sind Beziehungen, Krankheit, Alkohol, Sexsucht und noch einiges andere Thema.

Der Therapeut Julius Hertzfeld erfährt von einer lebensbedrohlichen Erkrankung und stößt bei seinen Vorbereitungen auf den Tod auf einen alten, erfolglosen Fall, Philip Slate. Zu seiner Überraschung stellt er fest, dass Philip sich nach eigener Aussage mit Hilfe der Lektüre Schopenhauers selbst von seiner Sexsucht geheilt hat und auf dem Wege sei, ebenfalls als Therapeut zu arbeiten, ihm fehle noch die erforderliche Supervision. Die beiden schließen einen Pakt und Philip tritt Hertzfelds Therapiegruppe bei. Pikant wird die Situation, weil Philip während seiner "heißen Phase" ein Verhältnis mit Pam, die gerade von einer Selbsterfahrung aus Indien zurückgekehrt ist, und deren damaliger Freundin hatte, und die im Rahmen der Auseinandersetzung mit ihm eine Affäre mit Tony, dem Macho beginnt.
Dadurch, dass jede Figur mindestens einen Konflikt bearbeitet, erschüttert ständig ein Erdbeben die kleine Welt im Therapiezimmer, mal der Stärke 1,7, mal 7,1. Interessant ist die Gelegenheit für den Leser, Absicht und Aktion des Handelnden mit Wahrnehmung und Resultat beim Gegenüber abzugleichen. Unterbrochen werden die einzelnen Kapitel immer wieder durch Kapitel über das Leben Schopenhauers, deren Zusammenhang sich mir lange entzogen hat.

Auch wenn "jedes" Problem vorkommt, wirken die Figuren nur ein bisschen kitschig und plakativ. Kurz kam mir der Gedanke, klar muss die insgeheim auch noch Gefühle für diesen entwickeln und jener hat einen Rückfall, aber das geschieht eben nicht wie in einem Märchen. Jede Figur trägt Macken und Wünsche zur Dynamik bei.
Die Schopenhauer-Einschübe haben mich wie ein Achtung Infodump oft gestört, allerdings halte ich auch nichts von dessen Thesen.
Sympathisch ist der Einfluss des Therapeuten, der als scheinbarer Primus inter Pares auch über seine eigenen Themen nachdenkt.

Die Figurenbeschreibungen sind realistisch und auf das Notwendige beschränkt. Das Buch wirkt durch das Thema wie ein Theaterstück in Buchform. Zentrales Thema sind die Beziehungen und Gespräche der Protagonisten zueinander, es gibt kaum Action.

Literarisch hat mich das Buch nicht umgehauen. Da der Autor aber ein bekannter Psychoanalytiker ist, erhalten die Patienten einen authentischen Reiz. Ich kann mir gut vorstellen, dass er einfach einige seiner echten Patienten in einen Raum gesteckt hat und miteinander sprechen ließ. Deshalb hat er es auch nicht nötig, einzelne Figuren zu bewerten, sondern wahrt stets eine professionelle therapeutische Distanz oder beschreibt die Handlung oft aus der Sicht eines Teilnehmers (personale Perspektive). Dadurch wird auch der Leser unwillkürlich zu einem Hilftherapeuten, der allen Menschen etwas Sympathisches zuerkennt.
Schopenhauer stand für meinen Geschmack zu sehr im Vordergrund, aber sein Biographie erfüllte immerhin den Zweck, einen parallelen Handlungsstrang bereitzustellen. Bei ununterbrochener Therapie wäre ich selbst verrückt geworden.
Gegen Ende des Buches waren mir vermehrt Zusammenfassungen der Art in den kommenden Monaten passierte das und das aufgefallen. Wahrscheinlich dachte der Autor, er müsse nach 350 Seiten mal so langsam zum Punkt kommen. Das sagen auch die Figuren, deren Therapiekontigent sich dem Ende neigt. Da, wo es eigentlich interessant wird, wird dann auf den letzten 20 Seiten ein Konflikt mit das muss aber jetzt mal wie 2 Erwachsene geklärt werden, Na gut, und jetzt gebt Euch die Hand, geklärt werden. Plötzlich machen die alten Liebhaber reinen Tisch mit ihren Gefühlen, und kurz vor der letzten Stunde stirbt der kranke Therapeut, ohne die Sitzungsreihe abschließen zu können. Da nervt die beobachtende Distanz, weil ich da wissen will, was die Protagonisten, die ich so lange begleitet habe, zum Wandel bringt. Die zwei heiraten zum Glück, pflegen aber über Jahre hinweg mit Tony eine partnerschaftliche Beziehung.
Aber die Figuren haben mir Gelegenheit gegeben, über einige Themen meines echten Lebens in Erinnerung zu rufen und nachzudenken. Das war mir den Kampf mit dem Buch schon wert.

Als Beitrag zu Wissen, das die Welt nicht braucht; nachdem sich die ersten seiner Bücher als Ladenhüter erwiesen, ließ Schopenhauer Parerga und Paralipomena in einer ersten Auflage von 750 mit 10 Freiexemplaren ohne weiteres Honorar drucken.


Grüße
Arun
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