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Fünf Stunden bis Sonnenaufgang

 
 
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Lilly_Winter
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 43
Beiträge: 250
Wohnort: Dortmund


Beitrag26.09.2015 12:24

von Lilly_Winter
Antworten mit Zitat

Hallo Inko,

ich werde meine Punkte erst verteilen, nachdem ich jeden Text gelesen habe. Ich versuche jeden Text unabhängig voneinander zu bewerten, wobei ich die Kriterien des Wettbewerbs beachten werde.
Negative Punkte bei meiner Kritik bedeuten also nicht automatisch, dass der Text von mir keine Punkte bekommt.^^

Zum Text:

Der Protagonist kann, auf Grund der zuschlagenden Tür, nicht schlafen. Seine  Flucht, die Dinge, die er dabei gesehen hat, getan hat, die Ereignisse in seiner Heimat, die Verluste beschäftigen ihn. Allerdings frage ich mich, ob ich mit Prota mitfühlen will, wegen der aktuellen Lage, oder ob es dem Text zu verdanken ist. Ich denke, die letzte Tür die zuschlagen könnte wäre die des abgelehnten Asylantrages.
Der letzte Abschnitt gefällt mir, der Tag wird in Stunden gezählt. Dieser Abschnitt nimmt für mich wieder die in "Untätigkeit verdammte"-Situation auf.
Diesen Bezug habe ich auch zur Überschrift, die mir in Verbindung mit dem Text gefällt.
Ich empfand den Text als sehr angenehm zu lesen, konnte den Gedankengängen des Protas gut folgen.

lg Lilly
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Olifant
Geschlecht:männlichEselsohr


Beiträge: 417
Wohnort: München


Beitrag26.09.2015 14:46

von Olifant
Antworten mit Zitat

Bei diesem Text gefällt mir eine Sache sehr gut: das Zitat wurde einerseits mit der schlafraubenden Feuertür verknüpft, andererseits spielt es aber auch metaphorisch mit den üblichen Hemmnissen durch die deutsche Bürokratie. Vielen Hilfesuchenden, Arbeits- und Lernwilligen werden immer wieder Türen vor der Nase zugeschlagen.
 
Auch sprachlich und formal ist der Text in Ordnung. Es fallen nur Kinkerlitzchen bei Rechtschreibung und Grammatik auf, die sicher der Zeitbeschränkung zuzuschreiben sind. Handwerklich also alles im grünen Bereich.

Daran, dass mich das Thema Glaube und Religion inzwischen ganz grundsätzlich ankotzt, ist der Autor nicht schuld. Höchstens, weil er das Thema ausgesucht hat. Also ist für mich dieser Text aus handwerklichen Gründen bei den Top 10 dabei.


_________________
Liebe Grüße,

Olifant
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halcyonzocalo
Geschlecht:männlichEinsamer Trancer

Alter: 34
Beiträge: 1202
Wohnort: Irgendwo im Nirgendwo


Beitrag26.09.2015 16:25

von halcyonzocalo
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Durchaus ein solider Text und inhaltlich natürlich brandaktuell. Aber um ehrlich zu sein, fehlt mir persönlich ein bisschen die Seele im Text. Ich weiß gar nicht genau, wie ich das beschreiben soll. Meiner Meinung nach hätte man das Schicksal von Ahmed und seine innerliche Zerrissenheit noch wesentlich eindringlicher beschreiben können. In dieser Gestalt bleibt die Geschichte leider etwas farblos. Den Titel hingegen empfinde ich als sehr gelungen: der Sonnenaufgang als Hoffnung und das Schließen der Geschichte mit dem Sonnenuntergang, da die Träume und Wünsche eben Träume und Wünsche bleiben. Also: Nicht schlecht, aber auch nichts Weltbewegendes.

_________________
Die minimaldeterministische Metaphernstruktur mit ihrer mytophoben Phrasierung spiegelt den ideeimmanent abwesenden Bedeutungsraum.
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orientsonne
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Alter: 40
Beiträge: 192
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Beitrag28.09.2015 17:53

von orientsonne
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Vielen Dank für eure Kommentare und Bewertungen!

Ein paar Takte vorweg, bevor ich auf eure Kommentare und Kritikpunkte im Einzelnen eingehe.  

Da ich im AG Grenzenlos bin und dafür zwei Geschichten geschrieben habe, längere Zeit in Syrien war und am Wettbewerbswochenende auch noch Geld für syrische Flüchtlinge gesammelt habe, ist es wohl kein Wunder, dass mir bei dem Zitat sofort eine Flüchtlingsgeschichte eingefallen ist.

Kaum hatte ich das Zitat mit dem Türen schlagen gelesen, war die Idee auch schon da. Ich hab mich dann einfach mal treiben lassen und alles aufgeschrieben, was mir dazu eingefallen ist. Dabei kamen noch folgende Aspekte hinzu:

Genau am FFF-Tag hat die Bundesregierung die Grenzen geschlossen.
Ich hatte vorher Kommentare auf Spiegel gelesen: warum bleiben die Flüchtlinge nicht in Syrien und kämpfen? Und mich sofort gefragt: ja, für wen denn? Ich hatte sofort den Konflikt zwischen Muslimen und Christen vor Augen, die Streitereien in den Unterkünften. Unter den Flüchtlingen, die kommen, gibt es überdies einige, die nicht so wahnsinnig sympathisch sind. Natürlich hängt viel auch davon ab, wo sie herkommen und welche Schulbildung sie haben.

Aus diesem ganzen Gedankenwirrwarr heraus hat sich die Geschichte Bahn gebrochen. Leider hatte ich nur relativ wenig Zeit für die Ausarbeitung Wink So kam es dann zu einigen Rechtschreibfehlern und Plattitüden. In letzter Sekunde habe ich auch noch die Zeit bis zum Sonnenaufgang geändert - und dabei vergessen, den Titel anzupassen.
Soviel vorab zum Hintergrund. Nun zu euren Kommentaren Smile
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orientsonne
Geschlecht:weiblichLeseratte
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Alter: 40
Beiträge: 192
Wohnort: Nürnberg


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Beitrag28.09.2015 19:24

von orientsonne
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@Jack Burns und BlueNote: Vielen Dank für das neutrale Feedback und die Punkte Smile

@hobbes: Danke, dass du die Rechtschreibfehler nicht mitgezählt hast Smile Schade, dass du mit der Geschichte nicht so ganz warm geworden bist. In welcher Hinsicht hast du dich denn manipuliert gefühlt?

@Tjana: Mal doof gefragt - was genau meinst du mit Polemik? Hast du ein Beispiel? Nach Duden bedeutet das ja: scharfer, oft persönlicher Angriff ohne sachliche Argumente. Kommen die Deutschen für dich zu schlecht weg?

@Seraya: Vielen Dank, freut mich, dass dir der Text gefallen hat.

@Rübenach: Ja, ich hab in den Text sicher viel zu viel gepackt. Weniger wäre mehr gewesen. Aber gut. Was die Tür betrifft: ich hab da so eine alte Metalltür im Kopf, die mit lautem Knall zufällt. Keine Ahnung, was man vor fünfzig Jahren in heute stillgelegte Kasernen so eingebaut hat Smile

@Literättin: Noch mal Glückwunsch zum ersten Platz Smile Vielen Dank für deine Anmerkungen. Das mit der Gefühlskälte hatten wir zum Teil ja schon im Grenzenlos AG. So im Nachhinein betrachtet, weiß ich nicht genau, ob Ahmed und seine Familie sympathisch sein sollen. Oder müssen. Sie handeln ja auch nicht wirklich positiv. Sondern menschlich.

@Nihil: Vielen Dank für deine Anmerkungen. Es freut mich sehr, dass dir zumindest die Grundidee gefallen hat - und die Umsetzung mit Sonnenaufgang und "Wummms". Wie oben schon erklärt, beschäftigt mich das Thema Flüchtlinge zur Zeit extrem. Die Geschichte war sofort da. Ohne, dass ich mir das vorher irgendwie groß aufgeschrieben oder überlegt hätte. Was die Darstellung der Deutschen betrifft, gebe ich dir teilweise recht. Das hätte ich noch differenzierter beschreiben können. Oder einfach die Plattitüden von Exhibitionismus bis Kauderwelsch weglassen und die anderen Aspekte stärker betonen - Hilfe vs. kalte Abfertigung. Hinterher weiß man immer mehr.
Was die Entblößung betrifft - genug syrische Flüchtlinge sind konservativ. Und es gibt genug Gegenden, wo nur verschleierte Frauen unterwegs sind. Jetzt natürlich noch mehr als vor dem Krieg. Und wenn man kein Schweinefleisch isst, ist die Auswahl in deutschen Restaurants oft etwas eingeschränkt Wink Und für "hilal" essende Muslime natürlich noch viel mehr (genauso wie für Vegetarier in einem fränkischen / bayerischen Gasthaus).

@Drakenheim: Vielen Dank für deine Anmerkungen. Freut mich, dass dir der Text gefallen hat. Ich hab in letzter Minute noch die Zeiten von Sonnenauf- und untergang angepasst, um den Faktor 2-4 zu haben. Aber den Titel hab ich natürlich vergessen zu ändern.

@Nina: Freut mich, dass dir die Geschichte gefallen hat. Tippfehler waren leider mehr als genug drin. Danke, dass du drüber hinweggesehen hast

@Constantine: Ich hab zwischendrin mal überlegt, ob es zu viele Rückblenden für einen Präsenstext sind, es aber letztendlich so gelassen. Schließlich sollte ja die grundlegende Erzählzeit Präsens sein. Das "Wummms" hätte besser ein Wummms in kursiv sein sollen. Die Anführungsstriche waren sicher nicht so glücklich gewählt. Freut mich aber, dass du die Geschichte bis zum Ende gelesen und kommentiert hast. Vielen Dank dafür.

@holg: Vielen Dank für deinen Kommentar. Wenn ich mal von mir ausgehe: mein Tag wäre auf jeden Fall ruiniert, wenn ich nicht schlafen kann Smile Und so sehe ich das auch bei Ahmed. Er könnte sicher besser vergessen / verdrängen, wenn er nicht ständig wach sein und grübeln müsste. Eigentlich sollten wir unsere Metapher-Wut ja im Zaum halten. Aber dass Deutschland Türen öffnet und zuschlägt, hat einfach zu gut gepasst. Genau am Tag des FFF hat Deutschland eben beschlossen, die Grenzen zu schließen.

@Ynishii: Freu mich, dass dir die Geschichte gefallen hat - auch wenn oder ggf. auch weil sie recht überladen ist.

@tronde: Vielen Dank für deine Punkte Smile

@Michel: Ja, der gute alte Erklärbär sitzt mir immer im Genick Smile Und sicher würde ich das Ganze im Normalfall noch endlos überarbeiten und schleifen. Allein es fehlte die Zeit Wink

@Jenni: An das Spielverderbern habe ich gar nicht gedacht. Die Geschichte war einfach da Smile Der belehrende Erklärbär-Stil wurde ja von mehreren bemängelt. Als simpel wollte ich Ahmed eigentlich nicht darstellen. Interessant, dass das für dich zugleich naiv rüberkam. Freut mich, dass dir die Geschichte trotzdem gefallen hat Smile

@shatgloom: Vielen Dank für deine Bewertung und Punkte Smile

@Merope: Auch dir vielen Dank für deine Bewertung und Punkte Smile

@Violet: Vielen lieben Dank. Von dir bedeutet mir das besonders viel. Kennst ja auch schon mein "Baby" Smile

@nebenfluss: Vielen Dank! Favorit gleich Smile Wegen dem Einzelzimmer - ich hab mir gedacht, die nutzen sicher jedes noch so kleine Eck, um Flüchtlinge unterzubringen. Und sicher sind nicht alle Zimmer gleich groß. Muss ja auch Verwaltungsräume, Kellerräume und was weiß ich gegeben haben.

@Nathan Pascal: Freut mich sehr, dass dir die Geschichte gefallen hat. Genau - es muss nicht immer ein Ich-Erzähler sein Smile Vielen Dank für deine Punkte!

@Lilly: Freut mich, dass du den Text angenehm zu lesen fandest. Als Syrer ist es recht wahrscheinlich, dass er sein Asylantrag angenommen wird. Bleibt die Frage, wann. Und wie sich sein Leben in Deutschland letztendlich gestalten wird. Und ob er so einfach Arbeit findet und sich eine Zukunft aufbauen kann... Und wie ihn seine Vergangenheit dabei beeinflussen wird...

@Olifant: Glaube und Religion sind wie die Liebe wohl unsterbliche Themen Wink Freut mich, dass dir der Text dann zumindest handwerklich gefallen hat.

@halcyonzocalo: Ja, ich denke, es ist noch viel Luft nach oben, was die Geschichte betrifft. Weniger erklären, mehr mitfühlen... Schade, dass es dann doch nichts Weltbewegendes geworden ist Wink
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Nihil
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Moderator
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Beiträge: 6039



Beitrag28.09.2015 19:51

von Nihil
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Moin orientsonne!
Da ich eh schon Zweitkommentare verfasse und mich stellenweise reöativiere, und du es fast noch am härtesten abbekommen hast (meine ich zumindest), hier noch eine kurze Anmerkung: Mit Kitsch kann ich halt gar nicht, und da gehen meine Alarmglocken immer sehr schnell an (zitierter Satz). Außerdem bin ich gerade so ein bisschen in einer eigenen Sinnkrise, auch auf die AG bezogen, ob man mit so einem bisschen Text der Situation überhaupt gerecht werden kann. Was bringt es, wenn wohlhabende Weiße vorm Kamin sitzen und, sei es mit noch so viel Empathie, einen Text über etwas ihnen völlig Fremdes schreiben? Die Sinnkrise betrifft natürlich mich selbst, aber du bist gerade in meine Nein-Phase gekommen. Und ich muss auch trotzdem dabei bleiben, dass ich, wenn es schon um Politisches geht, die Situation etwas differenzierter haben möchte. Es trifft sicher auch das zu, was Jenni und/oder hobbes gesagt haben, dass ich lieber selbst zu einem Urteil kommen möchte, als dass ich die Manipulation bemerke.
Aber es freut mich, dass du die Kritik so locker nimmst. :)
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hobbes
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Beitrag28.09.2015 21:47

von hobbes
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orientsonne hat Folgendes geschrieben:
In welcher Hinsicht hast du dich denn manipuliert gefühlt?

Darauf haben zum Teil schon andere geantwortet, Stichwort Erklärbar. Mir ist es einfach zu auserzählt, es bleiben keine Fragen offen, da ist nichts, was bei mir einhakt und worüber ich noch ein Weilchen nachsinnen will.
Auch nicht bei Ahmed - dabei würde er doch genug Stoff bieten, aber im Grunde bleibt er eine Schablone, die für mich nicht recht mit Leben gefüllt ist. Das ist jetzt vielleicht ein bisschen überspitzt, aber dann auch wieder nicht, denn als Figur interessiert er mich einfach nicht, hauptsächlich auch aus dem Grund, weil er für mich keine Fragen aufwirft.
Das ist dann das, was ich mit manipuliert meine - es gibt nur eine Richtung, so ist das und fertig, das kriegt man als Leser vorgesetzt und muss sich keine weiteren Gedanken mehr dazu machen.
Ich will mir aber Gedanken machen.
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Tjana
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Beitrag29.09.2015 02:04

von Tjana
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orientsonne hat Folgendes geschrieben:

@Tjana: Mal doof gefragt - was genau meinst du mit Polemik? Hast du ein Beispiel? Nach Duden bedeutet das ja: scharfer, oft persönlicher Angriff ohne sachliche Argumente. Kommen die Deutschen für dich zu schlecht weg?


Ja, liebe Orientsonne, ich glaube, das war es, was mich Evil or Very Mad denken ließ.

Ich versuche mal, Beispiele aus deinem Text zu ziehen:
Zitat:
„Deutschland“, hat Mohammed gesagt. „Du Glückspilz.“
„Ich Glückspilz“, denkt Ahmed, während er hungrig auf die Bilder seiner lächelnden Geschwister blickt.


Dieser Satz erweckt den Eindruck, er wäre lieber überall sonst, als in Deutschland gelandet. Mir fällt dazu der ungarische Zaun ein ...

Zitat:
Bilder aus der Erstaufnahme in Deutschland, in der er sich um eine Flasche Wasser und ein Stück Brot geprügelt hat.  


Der Satz vermittelt mir, dass Ahmed nur hier gezwungen wird, um überlebenswichtige Dinge, wie Wasser kämpfen zu müssen. Ich bin ein wenig beteiligt bei der Hilfe in den Unterkünften unserer Stadt und das stimmt einfach nicht.
  
Er entkommt der Hölle mit nichts als dem nackten Leben. Ich verstehe seine Pein. Aber nach allem, was er erlebt hat, nach dem gekenterten Boot vor Kos und überhaupt,  im quasi selben Atemzug zu schreiben,
Zitat:
In Deutschland ist es nicht besser geworden. Sie haben ihn in diese Kaserne gesteckt, mitten im Nirgendwo.

macht mich beinahe wütend. Als müssten alle Länder, die sich nicht gegen die Aufnahme sperren, ruck zuck schmucke Einzelappartements zur Verfügung stellen müssen/können. Tut mir leid, aber als Kind von Flüchtlingen erscheinen mir die in deinem Text mitschwingenden Ansprüche  zu hoch.

und
Zitat:
Die Deutschen öffnen Türen, um sie wieder zuzuschlagen.
„Wumms.“  

stellt Deutschland an einen Pranger, den es im Vergleich mit anderen Ländern nicht verdient hat.
Vielleicht sehe ich es auch zu lokalpatriotisch, weil hier in meiner Stadt wirklich einiges anders läuft, aber in der Masse deiner allgemeinen Aussagen war es mir einfach zu polemisch.
Liebe Grüße
Tjana


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orientsonne
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Beitrag29.09.2015 10:28

von orientsonne
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@Nihil: Kitsch - ein hartes Wort Smile Immerhin meine ich aus deiner Äußerung herauszulesen, dass ich doch noch einmal (zumindest halbwegs) die Kurve bekommen habe, was das betrifft.
Ich glaube, dass die meisten Bücher und Geschichten nicht geschrieben werden dürften, wenn man nicht über etwas völlig Fremdes schreiben darf, das man selbst noch nicht erlebt hat. Und auch über schlimme Erfahrungen. Die Einzelschicksale sind es ja gerade, die uns betroffen machen und die uns zum Schreiben bringen. Ich möchte jedenfalls nicht über Gänseblümchen auf der Wiese schreiben Wink Das wär mir dann zu langweilig.

@hobbes: Hm. Ich werde die Geschichte auf jeden Fall noch mal überarbeiten und muss mir mal Gedanken machen, wie ich den Erklärbären bändigen kann.

@Tjana: Ja, in der Menge ist es vielleicht zu viel.
Auf der anderen Seite haben viele Flüchtlinge Ansprüche und eine gewisse Erwartungshaltung und sind nicht einfach nur dankbar. Neulich hat sich einer (untergebracht in einem Doppelzimmer) beschwert, dass die Anträge von den Leuten, die in einer Turnhalle untergebracht sind, schneller bearbeitet werden. Und es ist einfach frustrierend, im Nirgendwo herumzusitzen und zu warten. Dann bleiben auch Streitereien (und Prügeleien) nicht aus. Die sich ums Essen prügelnden Flüchtlinge gab es auch wirklich in einer Erstaufnahme (ich glaube, das war irgendwo in Ostdeutschland). Und genau an dem Tag des FFF hat Deutschland die Grenzen geschlossen. Da kam dann alles zusammen.
Vielleicht hätte ich all diese Punkte trotzdem nicht in dieselbe Geschichte packen müssen Wink
Auf der anderen Seite: Ahmed ist ein Getriebener, ich glaube nicht, dass er wirklich Dankbarkeit für die Deutschen empfindet. Er hat allgemein nicht mehr viel, das ihn antreiben und ihm etwas bedeuten könnte.
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holg
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Beitrag29.09.2015 12:46

von holg
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Ich denke, eines der "Probleme" der Geschichte ist, dass sie nicht wirkt, wie die Geschichte eines verdorbenen Tages. Sie wirkt, als müsse in diese paar Zeilen Ahmends ganze Geschichte hinein, und mehr noch, die Geschchte aller Flüchtlinge, die nach D kommen, und noch ein bisschen Sozialkritik.
Das ist einfach zuviel Drama, Empörung, Schicksal. Soviel, dass es plakativ, unecht, sensationsgeil wirkt.

Diese Tage spielten ein paar syrische Kinder in einem Aufnahmelager auf dem Spielplatz. Eine Sozialarbeiterin zeigte ihnen die Schaukel, so ein Mattending, auf dem sie sich alle zusammenkuscheln und hin und her schwingen lassen konnten. Da lagen sie auf einem Häufchen, blickten in den Himmel, blinzelten, stupsten sich an, schließlich konnte man sehen, wie sie sich entspannten, ihre Körper kleiner wurden, weicher, sie begannen zu glucksen.
Dann flog ein Hubschrauber über den Spielplatz. Kaum, dass die ersten Schläge der Rotorblätter deutlich zu hören waren, sprangen sie auf, rannten ins Haus, verkrochen sich unter Tischen, unter Betten, winselten, weinten.

Für so eine Geschichte hättest du von mir 12 Punkte bekommen. Denn da steht alles drin. Dein Versuch ist ein Monster.


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orientsonne
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Beitrag29.09.2015 17:21

von orientsonne
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Nächstes Mal schreibe ich wirklich über Gänseblümchen. Ein sensationsgeiles Monster. Unglaublich, wie sehr der Text polarisiert. ohh
Ich verstehe, was du meinst, Holg. Aber ich habe nicht einfach nur das Leid, sondern auch die politischen Hintergründe beschreiben wollen. Nicht einfach nur: der Diktator lässt Fassbomben regnen und deswegen sind die Kinder traumatisiert. Das wäre mir viel zu einseitig gewesen. Gut, dafür sind die Deutschen schlechter weggekommen als sie es vielleicht verdient haben. Aus Sicht eines syrischen Flüchtlings sind diese Passagen aber vielleicht gar nicht soooo abwegig.
Der Versuch, den Syrienkonflikt und die Flüchtlingskrise in eine Geschichte zu packen war wohl wirklich sehr ambitioniert.
Aber wie gesagt - das kam einfach so raus. Ich hatte nicht so viel Zeit zum Ãœberlegen, Reflektieren und Hinterfragen Wink
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G.T.
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Beitrag29.09.2015 17:43

von G.T.
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Zitat:
Nächstes Mal schreibe ich wirklich über Gänseblümchen. Ein sensationsgeiles Monster. Unglaublich, wie sehr der Text polarisiert.

Dass ein Text polarisiert spricht ja nicht gegen ihn. Wer nur Texte schreiben will, hinter die jeder sein "ooohhh, wie schööön" setzt, hat geringe Ansprüche an sich selbst.
Sei doch froh, dass er polarisiert. Das war bei der Thematik eigentlich schon klar.
Und auch wenn dein Text inhaltlich nicht unbedingt abwegig ist und alles so aus der Sicht eines Flüchtlings sein könnte, kann die Kritik dir doch Anlass bieten, den Text so zu überarbeiten (auch wenn der Wettbewerb schon um ist), dass er besser ankommt. Auch bei mir regte sich Unbehagen bei dem Infodump und angesichts dessen, dass es überall gleich schlecht zu sein scheint und für den Flüchtling scheinbar kein Unterschied zwischen Deutschland und anderen Ländern, die er durchreist hat, besteht. Wenn der Flüchtling das so sieht, sollte es verständlicher werden, so dass man es eben nachvollziehen kann.
Und wenn du "nicht nur das Leid, sondern auch die politischen Hintergründe" beschreiben willst, lohnt es sich vielleicht, diese Hintergründe eher stichpunktartig, dafür aber ausgearbeitet und enger mit dem Prota verknüpft zu schildern. Wenn du alles so drin lassen willst, muss die Geschichte auf jeden Fall um einiges länger werden, und jeder Aspekt braucht viel mehr Platz.
Mir gefällt der Text in der jetzigen Form nicht sonderlich. Aber der Versuch ist ambitioniert und das Thema ist wert, dass du dich weiter dran versuchst. Besser als Gänseblümchen. Denn über die meckert nur keiner, weil es umgekehrt nicht viel an ihnen zu loben geben könnte.
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holg
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Beitrag30.09.2015 01:42

von holg
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Orientsonne:
Es geht mir nicht darum, dein Anliegen zu verunglimpfen oder die Umstände der Entstehung des Textes zu banalisieren.
Ich versuche nur darzustellen, warum er aus meiner Sicht nicht funktioniert. Wenn du das als Angriff wertest - so ist das nicht gemeint. Ich versuche nur in Worte zu fassen (und in ein Beispiel), dass du in einen so kurzen Text nicht ALLES hineinbringen und erwarten kannst, dass alle ihn gut finden. Die meisten hier tun es, wie deine Platzierung zeigt. Und dein Engagement ehrt dich.

Literarisch (und das meine ich im Gegensatz zu dokumentarisch) würde der Text meienr Meinung nach gewinnen, wenn du ihn entweder (wenn du all die angesprochenen Aspekte behalten willst) deutlich streckst und eine richtige Geschichte draus machst (die weniger plakativ als narrativ ALLES erzählt), oder dich auf ein paar wenige Details konzentrierst, die eine Essenz dessen darstellen, was du sagen willst (ohne es explizit aufs Brot zu schmieren - von Fassbomben habe ich nichts geschrieben, da bist du alleine drauf gekommen).

Das hat alles nichts mit dem Schicksal von Flüchtlingen zu tun (oder dessen Verharmlosung), sondern mit dem Versuch, eine gute Geschichte zu schreiben.


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orientsonne
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Beitrag30.09.2015 08:51

von orientsonne
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Hallo G.T. und Holg,

vielen Dank für euer Feedback.

Ich möchte auf jeden Fall an dem Text weiterarbeiten - ist generell eine gute Übung gegen den Erklärbären Wink

Sicher werde ich dazu das ein oder andere rauswerfen und mehr als Erzähler agieren müssen. Da gebe ich euch völlig recht. Eure Anmerkungen helfen mir da auf jeden Fall weiter.

@Holg: Da das Thema mir sehr am Herzen liegt, ist mein Vorkommentar vielleicht ruppiger rübergekommen als er sollte. Ich glaub ich muss auch nicht mehr erklären, was ich mit dem Text wollte Wink

So. Nächster Schritt: Überarbeitung der Flüchtlingsgeschichten.
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Nihil
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Beiträge: 6039



Beitrag30.09.2015 15:59

von Nihil
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Ich finde deine Einstellung (unserer) Kritik gegenüber auf jeden Fall klasse, orientsonne! Ruhig, besonnen, diplomatisch. Tatsächlich hatte ich schon befürchtet, dass mir hier ein Sturm entgegenschlagen wird. ;)
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