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was ein netz kann

 
 
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Lorraine
Geschlecht:weiblichKlammeraffe


Beiträge: 648
Wohnort: France
Das goldene Stundenglas Ei 10
Lezepo 2017 Pokapro 2016


Beitrag13.09.2015 19:00
was ein netz kann
von Lorraine
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

.


was ein netz kann

wie verknüpft dir stimmen hier
entgegen kommen und du hörst
die spinnen alle denkst du
spürst das netz sich schon
zusammen ziehen wie doch alles
schwärmen rasch erlahmt und
nichts blitzt heller als
ein silberleib in letzten
zuck_ ... und endlich stille
denkst du doch das netz aus
nervenzellen braucht die
häute nicht um längst gebrannter
kinder letzte tagesstätten in
nie ruhende phantombilder zu
wandeln wer ist wem ins netz
gegangen knotenwesen ganglien
zerschmolzene und wie wir
nie vergessen wollten
spannten wir ein netz und
retten jetzt vielleicht ist
das hier nur ein spammen fangen
spielen wollen doch wer wissen
will erfahren was ein netz kann
springt


.

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crim
Geschlecht:männlichsex, crim & rock'n'roll


Beiträge: 1578
Wohnort: München
Die lange Johanne in Gold Lezepo 2015
Pokapro und Lezepo 2014 Pokapro VII & Lezepo V



Beitrag15.09.2015 13:03

von crim
Antworten mit Zitat

Hi Inko,

ich bin mir fast sicher, dass dies hier der Gewinnertext ist, weil der Rhythmus und die Enjambements sich gegenseitig gut unterstützen. Ein tatsächlich lyrischer Text mit erkennbar gekonnter Handschrift, einem eigenen Ton, und dem Inhalt, der mehrere Deutungsarten zu lässt. Zuerst das Fangnetz, im Übergang zum Netz der Nervenzellen, zum (gesellschaftlichen) Rettungsnetz hin und immer wandelt und verwandelt sich etwas im erneuten Lesen und wächst sozusagen aus dem vorherigen Netz heraus.
Die Schlusszeilen. Top. Und ich mag auch "silberleib", aber ganz besonders die Zeile "gegangen knotenwesen ganglien" zuallererst klanglich, dann das Geheimnis, das darin versteckt liegt, und ich habe etwas gelernt. Nämlich was Ganglien sind.
Ein für die Kürze der Zeit schon ziemlich reifer Text, meine ich.

LG Crim
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Nihil
{ }

Moderator
Alter: 34
Beiträge: 6039



Beitrag15.09.2015 19:18

von Nihil
Antworten mit Zitat

Ein Ineinanderfließen oder besser -kleben von Stmmen, die sich in einem Netz zusammenfinden, das teils aus Halbversen gestrickt ist, teils größere inhaltliche „Löcher“ miteinander verbindet. Die Spinne wird zum Stimmenspinner und vergeht selbst rasch. Soll laut LI ein fantastisches Naturschauspiel sein, so ein gleißender silberleib kurz vorm Tod. Übertragen auf die Nachrichtenvorgabe werden die Netze zu unterschiedlichen Meldungen verwoben, die Spinnen sind, hm, ich machs mir einfach: Alle, die mit der medialen Verbreitung zu tun haben. Spinnen sterben, ihr Tod sieht wunderbar aus, die Metaphorik ist deutlich. Warum sterben sie? Vermutlich, weil ihnen keine Fliege ins Netz geht. Jetzt fragt sich, von welcher Art Presse wir hier reden. Eine ideelle, die „reale (deutsche)“, Pegidas Lügenpresse?

Im Mittelteil gibt es einiges, das ich nicht zuordnen kann. Plötzlich klingt es, als seien die Spinnen jene gebrannten Kinder, von denen die Rede ist? Und das Netz ihre letzte Tagesstätte? Vielleicht öffnet sich mir hier später noch was. Die Verstrickung verschiedener Bilder und Ebenen ist mir hier am deutlichsten geworden. Die Verschiebung der Bedeutungen von „Netz“ zeigt sich auch in dessen dehnbarer Metaphorik. Verzahnte Stimmen werden hier dargestellt nicht nur behauptet.
Zitat:
vielleicht ist
das hier nur ein spammen fangen
spielen wollen doch wer wissen
will erfahren was ein netz kann
springt

Das Ende gefällt mir am besten. Das Spammen, Fangenspielenwollen gibt dem Gedicht wiederum eine Wendung in Richtung Meta-Ebene. Vielleicht ist das Gedicht nur Spam, Spinngewebe in der Stubenecke, fragt sich da jemand kokett, „fangen spielen wollen“, wer geht mir auf den Leim, wer traut sich zu interpretieren, wer springt. Ich bin gesprungen und finde, das ist das beste Gedicht im Wettbewerb.
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Constantine
Geschlecht:männlichBücherwurm


Beiträge: 3311

Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag20.09.2015 16:59

von Constantine
Antworten mit Zitat

Bonjour!


Zitat:
wie verknüpft dir stimmen hier
entgegen kommen und du hörst
die spinnen alle denkst du
spürst das netz sich schon
zusammen ziehen
<-- hier wird die sprichwörtliche Schlinge um den Hals zu einem Netz. wie doch alles
schwärmen rasch erlahmt und
nichts blitzt heller als
ein silberleib in letzten
zuck_ ... und endlich stille
denkst du doch das netz aus
nervenzellen
braucht die
häute nicht um längst gebrannter
kinder letzte tagesstätten in
nie ruhende phantombilder zu
wandeln wer ist wem ins netz
gegangen
<-- hier wird ein Sprichwort zitiert. knotenwesen ganglien
zerschmolzene und wie wir
nie vergessen wollten
spannten wir ein netz und
retten jetzt vielleicht ist
das hier nur ein spammen fangen
spielen wollen doch wer wissen
will erfahren was ein netz kann
springt


Laut Vorgabe:
Zitat:
(1) In deinem Gedicht ist die fünffache Wiederholung eines Begriffs deiner Wahl erforderlich. Aber es gibt eine Einschränkung für den Begriff: Es muss etwas sein, das man anfassen kann, etwas Gegenständliches / Materielles / Körperhaftes. Der Begriff muss fünfmal in exakt der gleichen Form vorkommen (nicht verwandt, gebeugt o.ä.)
"Anfassen" ist hier nicht metaphorisch zu verstehen, meint: Farben kann man z.B. nicht anfassen. Einen Stein hingegen schon.


Du verwendest fünfmal den Begriff "Netz", orientierst dich hierbei teilweise an sprichwörtlichen, bildlichen Vergleichen, wodurch der Begriff "Netz" nicht durchgehend fünfmal das gleiche Objekt bzw. das gleiche Bild meint. Z.B. deine erste Verwendung mit dem sich zusammenziehenden Netz, wo du die sprichwörtliche Schlinge um den Hals in deiner dichterischen Freiheit umfunktionierst, klappt für mich im Kontext der Aufgabenstellung nicht, da dieses Sprichwort ein Gefühl verbildlicht, nichts Materielles, nichts Gegenständliches. Im Gegensatz dazu dann das Netz aus Nervenzellen, welches mMn nichts mit dem sich zusammenziehenden Netz gemein hat. Auch der andere sprichwörtliche Vergleich "jemandem ins Netz gegangen zu sein" steht für mich nicht für das gleiche Bild des Netzes aus Nervenzellen. Diese Variabilität, die der Begriff "Netz" in deinem Gedicht besitzt, erfüllt mMn nicht die Aufgabenstellung und für mich ist dein Gedicht ein Kandidat für die Disqualifikation.


Es tut mir leid: zéro points.

Merci beaucoup.

Constantine
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Zinna
Geschlecht:weiblichschweißt zusammen, was


Beiträge: 1551
Wohnort: zwischen Hügeln und Aue...
Das Silberne Pfand Der silberne Durchblick
Lezepo 2015 Lezepo 2017
Podcast-Sonderpreis


Beitrag22.09.2015 21:46

von Zinna
Antworten mit Zitat

.

Hallo Inko,

der Titel klingt erst einmal simpel, doch er öffnet den Weg in das Gedicht.
Schon der Begriff Netz bietet mehrere Bedeutungsebenen und unterschiedliche Eigenschaften.
Ein Netz kann wellig sein, virtuell oder feststofflich, durchschlüpfbar, durchlässig oder  dicht, gespannt, locker, umfassend oder löchrig; kann verbinden, trennen, halten ...
Gut gewählt als zentraler Begriff.

Das Gedicht knüpft an das Zitat aus der Aufgabenstellung an. Da stellte jemand die Nachrichten an, wieder ab und schrieb und sinnierte dann: verwebte, verflocht die unterschiedlichen Netzformen bzw. -werke. ( übergreifend mit Nervensystem, Medien, soziale Netzwerke...)

Der Beitrag ist sicher geschrieben, legt an Tempo zu bis zur finalen Aufforderung.

Gern gelesen in diesem Wettbewerb.

Lieber Gruß
Zinna


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(c) Zinna
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Stimmgabel
Geschlecht:männlichPapiertiger


Beiträge: 4370
Wohnort: vor allem da
Bronzener Sturmschaden Der goldene Spiegel - Lyrik (2)



Beitrag23.09.2015 10:39
Re: was ein netz kann
von Stimmgabel
Antworten mit Zitat

-


Hallo Inko,

zunächst die Passagen, die ich nicht verstehe:

als
ein silberleib in letzten
zuck_                                   / was ist hier ein Silberleib ???

braucht die
häute nicht um längst gebrannter
kinder letzte tagesstätten
in
nie ruhende phantombilder zu
wandeln                                          / Tagesstätten mit gebrannten Kindern ???
[ geht's hier um abgelegte Gedanken, die dann wieder Deja-vu'esk zum Vorschein kommen ? ]

spannten wir ein netz und
retten jetzt vielleicht
...         / als fehlte hier etwas / retten ???

... springt                   / mmhhh??

Dann stelle ich mir die Frage, was dieser Text mit der Themenvorgabe zu tun hat, die ja im Text interagieren soll? die lautet:

stellte die Nachrichten
an und wieder aus
und schrieb
das hier

... also eine Nachricht wird bewusst gehört, dann wieder abgeschaltet / ausgeblendet, wie auch immer ... und nun agiert jenes LI hieraus ...

Soweit ich das Wenige deines Textes verstehe, erzählt der Text von hirnalen Gedanken/Impulsen [ oder figuriert vom I-Net, oder ... ], die sich quasi von Zeit zu Zeit selbständig ins Bewusstsein der Person [ hier ein allgemeines du oder wir, für mich schon seltsam genug diese Verallgemeinerung ... Allgemeingültigkeit ] treiben ... irgendwie so Wink ... und die Frage? : was machen wir nun damit?

Mit der Abschlussfrage: will uns das Hirn nur zuspammen ??? [ ist hier wirklich der Begriff "spammen" der richtige ? ]

Ich komme wieder zu meiner Anfangsfrage zurück: wo im Text agiert hier ein LI aktiv [ schaltet ein und dann wieder ab ] und vor allem, welche Handlungen hieraus leitet Li für sich ab? Ehrlich gesagt, davon sehe ich im Text nix Wink


Gruß Stimmgabel


-


_________________
Gabel im Mund / nicht so hastig...
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Jack Burns
Geschlecht:männlichReißwolf

Alter: 54
Beiträge: 1444



Beitrag23.09.2015 18:59

von Jack Burns
Antworten mit Zitat

Da ich meine Bewertung nicht fachlich unterlegen kann, lass ich es sein.
Viel Glück!


_________________
Monster.
How should I feel?
Creatures lie here, looking through the windows.
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Drakenheim
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 44
Beiträge: 387
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Wohnort: Burg Drakenheim Gelehrtenturm


Beitrag23.09.2015 20:41

von Drakenheim
Antworten mit Zitat

Ich lese deine Zeilen und komme mir so schrecklich altbacken vor.
Mit Zeilen wie
Zitat:
zuck_ ... und endlich stille

kann ich nicht viel anfangen. Dieser Unterstrich mitten drin bremst mich beim Lesen. Vielleicht soll das so, mit Absicht, aber ich mag das nicht.

(Nanu? Die drei Pünktchen hatte ich gar nicht bemerkt?!?)
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firstoffertio
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Das bronzene Stundenglas Der goldene Spiegel - Lyrik (1)
Podcast-Sonderpreis Silberner Sturmschaden


Beitrag23.09.2015 22:06

von firstoffertio
Antworten mit Zitat

Dieses Gedicht finde ich beeindruckend. Vorgaben sind erfüllt.

Es schließt an das Zitat an: Nach den Nachrichten.

5 x Wort ist: Netz. Titel ist aussagekräftig.

Es stellt Fragen.

Es bildet die Bewegung in einem Netz auch metrisch ab. Mal beginnen Verse betont, mal nicht. Es hat Dynamik.

Und macht inhaltlich deutlich, was ein Netz alles kann:

Fangen, Spielen darin, Verwirren, Retten  Vereinen, Trennen, Auffangen...

Die Mehrdeutigkeit des dritten Verses!

Das Gedicht hat Substanz und eigenartige Schönheit.
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Lorraine
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Das goldene Stundenglas Ei 10
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Beitrag25.09.2015 13:38

von Lorraine
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo.
Über das Gedicht selbst will ich (jetzt) gar nicht viel sagen, zustande gekommen ist es in ziemlich genau 1,75 h, und was ich alles weggelassen habe, am Ende, kann ich noch im .doc nachvollziehen, hier auf dem LT.
Jedenfalls sass ich draussen vor der Tür und guckte nach der Bekanntgabe des Themas erstmal Löcher in den Strauch, bis mir dann die Kreuzspinne auffiel, die im Zentrum ihres Glitzernetzes sass und wartete. Von ihr zum Ausdruck "radio network", das zum amerkanischen Urheber des Zitats (das ich im Netz tatsächlich so später nicht finden konnte) war es kein weiter Sprung, mein Fangnetz in dieser Zirkusmanege hier war ja die Möglichkeit, das Ganze am Ende für mich zu behalten.
Dass nur so wenige mitgemacht haben, ist ein bisschen schade, @ Nihil, ich vermisse dich sad

Grüsse,
Lorraine
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Abari
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Der bronzene Durchblick


Beitrag25.09.2015 14:08

von Abari
Antworten mit Zitat

Hallo Unbekannte/r,

ich wage ein wenig zu ahnen, wer den geschrieben hat.
Zitat:
zuck_ ... und
verrät eine Handschrift.
Du kannst mit Sprache versiert umgehen, das merkt man. Der Text wickelt
genauso ein wie ein Netz. Gern gelesen.

LG
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Rübenach
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R


Beiträge: 2836



R
Beitrag25.09.2015 18:54

von Rübenach
Antworten mit Zitat

fünf

_________________
"Vielleicht sollten mehr Leute Schreibblockaden haben." Joy Williams
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Tjana
Geschlecht:weiblichReißwolf

Alter: 63
Beiträge: 1786
Wohnort: Inne Peerle


Beitrag26.09.2015 12:44

von Tjana
Antworten mit Zitat

Wow. Da fehlen mir ungeübtem Lyrik Kommentator die Worte.
Ein intensives Gedicht, dass ich immer wieder lesen mag - und noch einmal.


_________________
Wir sehnen uns nicht nach bestimmten Plätzen zurück, sondern nach Gefühlen, die sie ins uns auslösen
In der Mitte von Schwierigkeiten liegen die Möglichkeiten (Albert Einstein)
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Lorraine
Geschlecht:weiblichKlammeraffe


Beiträge: 648
Wohnort: France
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Lezepo 2017 Pokapro 2016


Beitrag03.10.2015 21:42
Re: was ein netz kann
von Lorraine
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Lorraine hat Folgendes geschrieben:
.


was ein netz kann

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die spinnen alle denkst du
spürst das netz sich schon
zusammen ziehen wie doch alles
schwärmen rasch erlahmt und
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zuck_ ... und endlich stille
denkst du doch das netz aus
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wandeln wer ist wem ins netz
gegangen knotenwesen ganglien
zerschmolzene und wie wir
nie vergessen wollten
spannten wir ein netz und
retten jetzt vielleicht ist
das hier nur ein spammen fangen
spielen wollen doch wer wissen
will erfahren was ein netz kann
springt


.



Tja ... wie ist das, wenn zum eigenen Text etwas gesagt werden könnte, vielleicht auch gesagt werden sollte? Wenn einerseits die Lust fehlt, nach dem Bewertungs-/Vorgaben-/VerzichtsSchlamassel, den der Wettbewerb (ich meine den Lyrik-Teil, klar) nach sich gezogen hat - man andererseits irgendwann die Nase voll davon hat, es jedesmal doch bereuen zu müssen, sich auf eine (irgendwie doch spannende) Herausforderung eingelassen zu haben? Ich habe ohnehin Probleme damit, mich zu Kommentaren, die meine Texte betreffen, zu äussern ... es ist, als müsse ich meine eigene Lesart, alles, was ich in dieses Behältnis gefüllt habe, erst einmal absichern, bewahren, damit mir nichts verloren geht. Ich kann mich sehr wohl freuen, wenn ich merke, wie viel da doch ankommen kann, bei so Manchem; mich wundern, welche Ebenen sich erschliessen, gar erweitern lassen. Was mir hingegen sehr viel schwerer fällt: Auf Fragen zu antworten, die ganz offensichtlich auf der Interpretation eines ganz anderen Textes -hier nämlich des Themas und der Vorgaben - beruhen, also erklären zu sollen, was hier nicht meinem, sondern einem nie geschriebenen Text zugrunde liegt.

Stimmgabel hat Folgendes geschrieben:
Dann stelle ich mir die Frage, was dieser Text mit der Themenvorgabe zu tun hat, die ja im Text interagieren soll? die lautet:

stellte die Nachrichten
an und wieder aus
und schrieb
das hier

... also eine Nachricht wird bewusst gehört, dann wieder abgeschaltet / ausgeblendet, wie auch immer ... und nun agiert jenes LI hieraus ...


Das von mir fett markierte halte ich für eine Interpretation deinerseits, für mich ist das nicht Teil der Vorgabe, die nämlich lautet:

Zitat:
Schreibe ein Gedicht zu folgendem Zitat

Zitat:
stellte die Nachrichten
an und wieder aus
und schrieb
das hier

 


Ehrlich? Wenn jemand ein Radio-/TV-Gerät zu einem Zeitpunkt anschaltet, an dem gerade Nachrichten laufen, (sofort) wieder abschaltet, sich dann entschliesst "das hier" zu schreiben, dann kann es sein, dass eine oder mehrere Nachrichten "bewusst" wahrgenommen wurden, muss aber nicht. Man könnte sagen, das Zitat suggeriere diese Wahrnehmung, aber mehr ... auch nicht. Das dazu.

In meinem Text nimmt LI recht eindeutig Bezug auf das Gehörte, ich habe die Stimmen, also den Zeitraum vor dem Abschalten des (nicht näher bestimmten Gerätes) sogar miteinbezogen:

Zitat:
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zusammen ziehen wie doch alles
schwärmen rasch erlahmt und
nichts blitzt heller als
ein silberleib in letzten
zuck_ ...


Es geht (mal wieder) um ein Thema, das die Medien beschäftigt, damit auch teilweise das LI, das sich hier schreibend an sich selbst wendet. Alles, was es hört, was ankommt, zumindest - ist miteinander verknüpft, da ist einerseits die Komplexität des Ganzen, andererseits das Gefühl: "... die spinnen alle" (natürlich ist der Umruch an dieser Stelle auch den Spinnen zugedacht, einer Art bedrohlicher Leisetreter-Armee, denen man (wer?) ins Netz gegangen ist/sein könnte, daher die Überleitung zu einem anderen Netz, einem, das sich zusammenziehen kann, man fühlt sich (mit-)gefangen, eben hat man vielleicht noch geschwärmt, fühlte Enthusiasmus für eine Sache, aber jetzt ... das Mitschwimmen im Schwarm erst, dann das Erlahmen und: ein Blitzen, eine Erkenntnis, dann: das Ersterben der vormaligen Begeisterung, der Silberleib (sorry, Nihil) ist/ soll sein dieses Bewegliche, Begeisterte, Schwärmende, das - einmal im Netz - mit vielen anderen "gefischten" ... stirbt, umsonst nach Luft schnappt, hier ist nichts mehr herauszufiltern.
(Dies auch als Teil einer Metapherngruppe, führt jetzt zu weit.)

Der Unterstrich markiert die Unterbrechung, das Abschalten (der Nachrichten). (@Drakenheim)

Weiter im Gedankenstrom des LI:

Zitat:
      und endlich stille
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wandeln wer ist wem ins netz
gegangen knotenwesen ganglien
zerschmolzene und wie wir
nie vergessen wollten



Erstmal Stille ... doch abschalten kann das LI jenes Radio/TV-Gerät zwar, aber nicht das eigene Hirn, es braucht auch keine (Netz-)häute in dem Moment, um die Bilder zu sehen, sehen zu können, zu müssen, die sich längst im Gedächtnis festgesetzt haben, automatisch abgerufen werden ... ich gehe jetzt soweit, diesen ganzen Abschnitt zu erklâren, was soll's, ich verliere nichts dabei und lesen wird hier kaum jemand, drittens ist das hier der Faden des Gedichts und kein small-talk oder sonst ein gemeinschaftliches WerkelDings.

Das Bild. Die Bilder von Kindern, die Opfer des Wahnsinns der Welt ihrer Väter und Mütter wurden. Bilder, die man nie wieder los wird, es gar nicht erst versucht. Die Abscheu davor, wie diese Bilder benutzt, beschmutzt, zertreten werden. Die Zweifel, die Einsicht, dass nichts verschwiegen oder vertuscht werden soll, dass Bilder aufrütteln können - aber auch zum Abstumpfen beitragen, die Erkenntnis, dass LI längst nicht mehr weiss, wohin mit diesen Bildern und ebenfalls abschaltet, oder es versucht.
Wer liest, in diesem Text, wird Elemente finden, die auseinandergerissen, anders zusammen"geflickt" wurden, als Beispiel: Kindertagesstätten, letzte Ruhe, Phantombilder - eben das, was im Kopf umhergeistert, spielende Kinder, vielleicht die eigenen, behüteten, manchmal schon in der Vergangenheit vergessene, verlassene Kinder(bilder); einer Bilder- oder Video-Welt überlassene Kinder - und die toten, die geopferten, die verbrannten Kinderleiber, die LI heimsuchen, seit der eigenen Kindheit und immer neue Bilder, die hinzukamen und kommen - sie gehen nicht mehr fort.
"wandeln wer ist wem ins netz/gegangen knotenwesen ganglien": Das sind sie, die Bilder, die geistern, auch wenn LI abschaltet, für mich habe ich so viel ins Netz dieses Textes geknotet, da war ein Wort wie "Ganglien" nur noch eine Selbstverständlichkeit, die sich einfügte, als hätte es gewartet ... keine Ahnung, ob andere auch so funktionieren, aber (@Nihil und @ crim) - ich denke, zumindest so ähnlich. Ich assoziiere hier so viel, dass ich mich lieber darauf beschränke, die für mich äusserst wichtige klangliche Abstimmung, die den Wörtern und ihren Kombinationen innewohnende Beweglichkeit als Kriterium anzuführen, warum ich mich für (oder gegen) Wörter oder Verse entscheide, wenn sich dann eine thematische Verknotung noch anbietet, so wie hier, dann stellt sich schon eine gewisse Euphorie ein, die in diesem Fall dazu geführt haben muss, dass ich das Gedicht auch abgeschickt habe, obwohl mir bewusst war, dass es keine Zeit hatte, auch nur notdürftig "abzuhängen", ich verliess mich diesmal auf ein Gefühl wie dem gibt es nichts hinzuzufügen.

Ich komme zum Ende, mal sehen, wohin mich das noch führt, heute. Hier
Zitat:
zerschmolzene und wie wir
nie vergessen wollten
schliesst LI noch an das nach Aussen/Innen der vielzitierten gebrannten Kinder an, immer schwer(fällig?), nochmals auf so eine Uralt-Metapher zuruckzugreifen, aber hier ist es nunmal so.
Zitat:

spannten wir ein netz und
retten jetzt vielleicht ist
das hier nur ein spammen fangen
spielen wollen doch wer wissen
will erfahren was ein netz kann
springt

Den Schluss habe ich hier abgetrennt, um zu verdeutlichen: dies ist eines der Gedichte, in denen ich komplett auf Satzzeichen verzichte, ich verlasse mich auf die Inversion (spannten wir) einerseits und auf das einleitende "vielleicht" andererseits - mE wird für einen aufmerksamen Leser klar, dass es sich um Fragen handelt. Auf die verschiedenen erkennbaren Ebenen will ich gar nicht näher eingehen, nur soviel: Es gibt den Bogen zum Beginn tatsächlich (auch), wenn man das Gefühl des LI respektiert, es werde mit einem Gewirr von Meinungen konfrontiert, aber auch, dass es zugemüllt wird, mit Unnötigem, dass man auf Stimmenfang geht usw. ... ich habe nun alles, was noch an "sozialen Netzen, Netzwerken, usw. mit eingeflossen ist, ausgespart, das wird hier entschieden zu lang, dunkel ist es auch schon wieder.
Man kann anspringen darauf, abspringen (zuvor oder zu spät) oder eben in ein Fangnetz, ein rettendes, springen.
Mit einem Gedicht kann jeder machen, was er will. Was das Internet kann? Es kann einem Text zu Lesern verhelfen. Zum Beispiel.


Tjana, Rübe, Abari, fiffy, Drakenheim, Jack Burns, Stimmgabel, Zinna, Constantine, Nihil und crim: Vielen Dank für eure Kommentare/Mühe/Bewertungen - ich weiss das alles (sehr) zu schätzen,
ein gutes Wochenende euch allen,

Lorraine
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Oliver.Twist
Leseratte

Alter: 38
Beiträge: 123
Wohnort: Hamburg


Beitrag16.10.2015 16:21

von Oliver.Twist
Antworten mit Zitat

Und es spannt sich ein Draht, der das Netz überbrückt: es wird als solches erkennbar, seine Knoten treten hervor als Pünktchen, aber nur, wenn man mit ihm zu hantieren beginnt. Erst diese Referenz auf das Netzsein (von unser aller Fingerkuppen, Leuchterastern und Netzhaut) macht das Netz luzid: ein Entkommen von den Bänken der ins illusionistische Netz gegangenen, tatenlos gefangen in der Umgarnung, kann gelingen. Der ganze Saal kann das Popcorn beiseitestellen, wenn er nur darum weiß: der Draht ist gangbar. Das ist die existentielle Wendung am Ende: um zu sehen, was möglich ist: wage alles.
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