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Opa, erzähl uns was vom Krieg


 
 
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Tobsi93
Geschlecht:männlichErklärbär
T


Beiträge: 1



T
Beitrag20.08.2015 20:05
Opa, erzähl uns was vom Krieg
von Tobsi93
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo zusammen,

bin neu hier und würde euch gerne mein erstes Kapitel vorstellen. Ich schreibe schon etwas länger an diesem Projekt und es würde mich brennend interessieren, ob ich auf dem richtigen Weg bin.

Würde mich über offene und ehrliche Kritik freuen, obwohl ich ein wenig nervös bin Very Happy


Vielen Dank schon einmal für euer Feedback!

Tobi


Es ist der Sonntag, an dem die Sechzehnjährige Kanzlerschaft Helmut Kohls, dem Kanzler der Einheit und des Euros, enden wird, als mein Vater mahnend das Wort ergreift: „Man darf Helmut Kohl acht Jahre nach der Einheit nicht immer noch mit den Lorbeeren von 1990 belohnen. Sehen wir uns doch einmal an, was Helmut Kohl in der vergangenen Legislaturperiode alles geschafft hat. Da gibt es nicht viel! Man kann jetzt nicht behaupten, dass es alleine Kohls Verdienste sind, dass Frankfurt Sitz der EZB wird und dass wir nun ohne einen Pass zeigen zu müssen zum Beispiel nach Holland fahren dürfen. Kohl legt es nun mal gerne so aus, als sei es sein Verdienst. Das ist Unsinn und ich hoffe das haben die Deutschen jetzt endlich verstanden!“
„Lothar, du irrst dich einfach schlichtweg! Überleg dir einfach mal, wo wir heute ohne Kohl wären? Wir wären immer noch ein geteiltes Deutschland, wenn Kohl nicht mit Gorbatschow verhandelt hätte. Er war es ebenfalls, der den Aufbau-Ost seit acht Jahren gut voranbringt. Ich zahle gerne meinen Soli, weil ich weiß, dass er den Ostdeutschen hilft. Du beschwerst dich nur, dabei erkennst Du seine Leistungen nicht im Geringsten an.“
„Mutter, komme mir nicht wieder mit der Einheit an. Du glaubst dem Kohl im Fernsehen auch jedes Wort und fängst direkt an zu sabbern, wenn er von seinen Erfolgen spricht. Ich zahle ebenfalls den Soli und halte dies für eine gute Idee. Aber wenn du denkst, dass der Aufbau-Ost vorangeht, dann liegst Du schlichtweg falsch. Der Aufbau-Ost ist eine Katastrophe! Ostdeutsche Unternehmen wurden geschlossen und von westlichen Investoren geschluckt, Ost-Deutschland musste die Mark nehmen, Ostdeutschland musste sich unserem Grundgesetz beugen. Deine Einheit kam einer Annexion gleich!“
Von Haus aus war schon immer ein fester Bestandteil an den Tischgesprächen, wenn verschiedene Generationen meiner Familie aufeinandertreffen. Man kann eine Generation als eine Art politischer Pol nehmen: Während meine Eltern noch die jugendliche und aufmüpferische Position der gemäßigten Linken einnehmen (Ich habe mal ein Sponti-Buch in dem Bücherschrank meines Vaters gefunden), verharren meine Großeltern, Wort- und Schriftführerin in diesem Fall meine Großmutter, auf der konservativen Linie um Halbgott Helmut. Mein Bruder und ich, sind noch die Fraktionslosen, die aber jetzt schon dazu ermutigt werden an der Diskussion teilzunehmen, in dem Vater mir Fragen stellt wie:“ Du willst doch auch weiter in den Kindergarten gehen und nicht dass er geschlossen wird, oder?“ Ich nicke brav. Mein erster Beitrag zu einer politischen Diskussion. Ein Erfolg!
„Ich will nicht weiter über dieses Thema reden. Man kann sich einfach nicht mir dir vernünftig unterhalten.“, murrt Großmutter, während sie auf ihren Schoß niederblickt und die Serviette auf diesem glattfaltet. Es scheint so als wolle sie sich beherrschen nicht ausfallend zu werden.
„Du verhältst dich genauso kindisch wie neulich im Lokal.“, entgegnet Vater, der es wohl darauf anlegt. Vater hat sich schon immer gerne mit Großmutter gestritten.
„Wovon redest Du jetzt wieder?“, antwortet Großmutter gereizt und blickt ihn herausfordernd an.
„Du weißt es genau. Du kannst den Kellner im Lokal nicht so anfahren. Ja, es mag sein, das Essen mag nicht das Beste gewesen sein. Aber daran trägt der Kellner doch keine Schuld. Und dann auch nach dem Hauptgang: “Herr Ober, wir hätten gerne ein Kännchen Kaffee. Aber bitte einen Guten, ja? Nicht diese aus dem Automaten an städtischen Gymnasien.“ Hast Du gesehen wie der Kellner dich angesehen hat? Du kannst dir trotz deines Alters nicht alles herausnehmen.“ Rückblickend gesehen imitiert Vater seine Mutter auf eine köstliche Art und weiße, in dem er die Lippen spitzt und seinen kleinen Finger abspreizt. Dabei wackelt er auf seinem Stuhl hin und her und verdreht dabei die Augen. Heute würde ich mich vor Lachen kaum halten können.
„Ich habe es durchaus gesehen wie der Kellner mich angesehen und ich sage es dir noch einmal: Ich finde meinen Einwand durch und durch berechtigt. Das Essen war schlecht. Früher als der alte Koch … wie hieß der nochmal … Ralf Behnke noch da war, da gab es noch was Vernünftiges auf den Tisch. Heute muss man sich fragen, ob die das nicht schon am Vortag gekocht haben und dann nur auftauen. So hat es jedenfalls geschmeckt…“ Und so weiter und so fort. Wäre ich Herr meiner Kräfte und vielleicht so alt wie ich heute bin, dann wäre ich aufgestanden und nach Hause gefahren. Vielleicht hätte ich mich zwischenzeitlich übergeben.  
Ich jedoch als kleiner Knirps, wie mich Großvater gerne nennt, verstehe nicht im Geringsten worum es geht. Meine Augen erblicken zwei ältere Generationen vor mir, die aus heutiger Sicht eine außerordentlich schwachsinnige Diskussion über das Benehmen in einem Lokal führen. Ich sitze auf einem weich gepolsterten, aber sehr massiven Stuhl, an einem noch massiveren Esstisch und versuche mir das letzte Stück Bienenstich einzuverleiben. Mir fällt es noch ziemlich schwierig über den Tisch zu gucken, geschweige denn vernünftig mit einer Kuchengabel zu hantieren. Ich interessiere mich nicht über das wilde Gerede zwischen meinem Vater (mein Gott, wie jung er aussieht und dieser peinliche Schnauzer, den er früher hatte..) und seiner Mutter. Die anderen Anwesenden haben sich aus diesem Disput längst ausgeklinkt, bzw. haben erst gar nicht dran teilgenommen: Meine Mutter sucht vergeblich einen Zeitpunkt, um mit einer unbedeutenden und frivolen Bemerkung die gespannte Atmosphäre aufzulockern (schafft es aber nicht), mein Bruder trommelt mit Händen und Füßen auf dem Tisch, bzw. Boden und mein Großvater sitzt mit starrem Blick vor Kopf des Esstisches und schaut aus dem großen Wohnzimmerfenster über die Ausläufer des Bergischen Landes. Plötzlich steht er auf, ohne ein Wort zu sagen. Ich spüre wie seine faltige und knöcherige Hand meine Schulter berührt, er mir zuzwinkert und zeigt, dass ich mit ihm kommen solle. Dasselbe tut er ebenfalls bei meinem Bruder, der sofort aus seinen Trommelgedanken aufgeweckt wird und mit ihm geht. Ich gucke meine Mutter fragend in die Augen und sie nickt mir einmal zu. Nun springe auf ich auf und folge den beiden in den Flur. Mein Großvater hält plötzlich an dreht sich zu mir um, schneidet eine Grimasse und nimmt uns beide dann an die Hand Dann lässt er uns auf einer massiven Eichenbank Platz nehmen. Er verschwindet langsam im Wohnzimmer und kommt mit zwei Kissen in seiner Hand wieder in den länglichen Flur, der das Wohnzimmer mit dem Schlafzimmer und Bad meiner Großeltern verbindet. Etwas gebrechlich kniet er sich auf den Boden und schiebt zuerst das eine Kissen unter den langen und schmalen Teppich, dann steht er wieder auf und platziert das andere Kissen ein Stück weit hinter dem Anderen unter dem Teppich. Ich sehe ihm an wie schwer er sich damit tut und heute würde ich sicher aufstehen und ihm helfen wollen. Er war damals schon ziemlich alt. Doch früher hatte ich immer Angst vor diesem Mann, den ich meinen Großvater nennen darf. Er sah mich immer so grimmig an und machte mir in der Tat eine tierische Angst. Vielleicht war das auch der Grund warum ich damals nicht aufstand, um ihm zu helfen… Nachdem mein Großvater die Kopfkissen beide unter dem Teppich drapiert und sich wieder aufgerafft hat, holt er aus einer unscheinbaren Ecke im Flur drei Minigolfschläger, drei Bälle und eine Art Behälter hervor. Er winkt uns zu sich, wir stehen sofort auf und holen die Schläger und jeweils einen Ball bei ihm ab. Nachdem er den Behälter am anderen Ende des Flurs platziert hat, packt er mich etwas schroff an meinem kleinen Kopf und deutet darauf, dass ich anfangen soll. Es ist wohl das erste Mal, dass ich einen Golfschläger in der Hand habe, geschweige denn einen Ball versuche in einen Behälter zu befördern. Aber es macht mir riesig Spaß. Ich scheine nur nicht ganz zu verstehen, dass ich den Ball nicht mit den Händen berühren darf. Mein Großvater sieht mich wieder mit seinem typischen grimmigen Blick an und ich verstehe. Ich lege den Ball, den ich grade aufgehoben hatte, wieder an dieselbe Stelle und lasse nun meinen Bruder zum Zug kommen. Er hat Probleme den Schläger zu halten. Seine linke Hand ist die ganze Zeit so komisch verkrampft. Mein Großvater stellt sich hinter meinen Bruder und berührt ihn zärtlich an seiner Hand. Es sieht so aus, als würde er sie massieren, vielleicht sogar entspannen wollen. Jedoch ist seine Hand immer noch verkrampft. Er hilft meinem Bruder, indem er ihn in der Bewegung langsam führt. Das Ergebnis ist um einiges besser als meins. Deshalb bin ich auch ein bisschen beleidigt. Ich bin auch beleidigt, weil meinem Bruder geholfen wird und mir nicht. Tja, das Leben ist ungerecht. Dann macht sich mein Großvater für den Schlag bereit. Aus heutiger Sicht sieht man ganz deutlich, dass er sich extra etwas ungeniert anstellt, um uns eine Chance zu geben. Das ist mir damals gar nicht aufgefallen. Der Ball schießt weit über das Ziel hinaus und kullert direkt ins Wohnzimmer unter den Esstisch an dem es immer noch heiß hergeht. Mein Großvater zieht die Schultern ein, als hätte er etwas verbrochen. Dann fängt er an zu grinsen, genau wie mein Vater es heute tut (Dabei tritt der Oberkiefer samt Zähne ganz deutlich zum Vorschein. Die Augen werden ganz klein. Obwohl mein Opa keine schönen Zähne hatte, machte ihn dieses lachen äußerst sympathisch und ließ ihn sehr mild und wie einen liebevollen Opa aussehen). Er zieht uns beide an sich heran und fährt uns durch die Haare. Dann macht er sich auf in das Wohnzimmer, um den Ball zu holen. Als er die Türschwelle übertritt, dreht er sich noch einmal zu uns herum und schaut uns mit großen Augen an. Er legt seinen Zeigefinger vor die Lippen und deutet ein: „Pssssst!“ an, als würde er sich nun in Lebensgefahr begeben. Mein Bruder und ich machen ihm nach und setzen uns dann wieder auf die schwere Bank direkt neben der Haustür. Doch Großvater kommt nicht!
Aus dem Wohnzimmer vernehme ich Stimmen, die aus dem Fernseher dröhnen. Vater muss den Fernseher auf so ziemlich vollste Lautstärke gestellt haben, damit Großvater auch hören kann. Es muss um die 18:00 sein, denn die Sonne steht schon etwas tiefer. Sie scheint mir vom Wohnzimmerfenster aus mitten ins Gesicht und blendet mich. Je länger ich in die pralle Sonne sehe, desto mehr denke ich, dass mein Großvater im Türrahmen steht. Eine rauchige, mir heute immer noch bekannte Stimme eines TV-Moderators spricht unaufgeregt: „Nach dieser Prognose kommt die ..CDU auf Sechsunddreißig Prozent...Verliert...Die SPD kommt auf.. Einundvierzig Prozent, die Grünen auf Sechskommafünf Prozent…“ Ich höre lautes Klatschen aus dem Wohnzimmer. Mein Vater schreit:“ Das reicht, das reicht! Endlich ist der Saumagen wech..“
Bittere Tränen rollen von den Wangen meiner Großmutter, während sie in ihr Taschentuch murmelt:“ Jetzt werden wir von Hippies und Drogensüchtigen regiert. Deutschland hat sich abgeschafft.“
„Mit Verlaub Herr Kohl, Sie sind ein Arsch!“, brüllt mein Vater siegesbewusst und bricht in breites Lachen aus. Sein Kiefer ist dabei nicht zu übersehen.

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Paul_D
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Beitrag20.08.2015 23:50

von Paul_D
Antworten mit Zitat

Hallo Tobsi,

Ich hoffe, ich werde dich nicht mit meiner Kritik verunsichern oder gar entmutigen, denn die Freude am Schreiben soll niemals durch Textarbeit und Textkritik getrübt werden. Denke immer daran, dass Du du bist und Dein Text Dein Text ist. Beide haben nichts miteinander zu tun und ich nutze das Motto des Knaur-Lektors Stefan Ulrich Mayr, der auf der Bundesakademie in Wolfenbüttel den Basiskurs Erzählen leitet. Sein Mantra lautet: "Hart zum Text, aber niemals hart zur Person!"

Gehen wir's an:

Es ist der Sonntag, an dem die Sechzehnjährige Kanzlerschaft Helmut Kohls, dem Kanzler der Einheit und des Euros, enden wird, als mein Vater mahnend das Wort ergreift:

Hier kommt der Grundsatz "show, don't tell" zum Tragen, der im ersten Satz des Textes missachtet wird. Wir befinden uns am Wahlsonntag 1998 und du nimmst sofort die Spannung raus, indem du die Wahlniederlage der CDU bereits ankündigst. Als Leser frage ich mich, wozu soll ich den Text noch weiterlesen.

Dass Helmut Kohl Kanzler der Einheit und des Euros ist, kann ich auf wikipedia nachlesen. Derartige Sätze nennt man Infodump, da sie nichts zur eigentlichen Handlung des Familienzwist wegen unterschiedlicher politischer Ansichten in den Generationen einer Familie beitragen.

... als mein Vater mahnend das Wort ergreift.

Hier haben wir zum Infodump noch einen Alsheimer. Wörter wie als, während, nachdem, bevor, usf. verkomplizieren Sätze und können den Leser verwirren. Das unnötig angekündigte Ende der Kanzlerschaft Kohls und das Mahnen des Vaters stehen in keinem kausalen Zusammenhang. Der Vater äussert lediglich eine Meinung und somit braucht man das "als" nicht.

„Man darf Helmut Kohl acht Jahre nach der Einheit nicht immer noch mit den Lorbeeren von 1990 belohnen. Sehen wir uns doch einmal an, was Helmut Kohl in der vergangenen Legislaturperiode alles geschafft hat. Da gibt es nicht viel! Man kann jetzt nicht behaupten, dass es alleine Kohls Verdienste sind, dass Frankfurt Sitz der EZB wird und dass wir nun ohne einen Pass zeigen zu müssen zum Beispiel nach Holland fahren dürfen. Kohl legt es nun mal gerne so aus, als sei es sein Verdienst. Das ist Unsinn und ich hoffe das haben die Deutschen jetzt endlich verstanden!“

Das, was hier kommt, ist ein As You Know Bob. Man kann dem Satz ohne weiters, Folgendes hinzufügen. "Wie du ja weißt, Robert, darf man Helmut Kohl acht Jahre ... "

Obige Aussage ist für mich eher Wahlwerbung für Helmut Kohl. Dass der Protagonist des Satzes dessen Abwahl wünscht, ist mir nicht verständlich.

Besser wäre es, das Ganze deutlich zu straffen. Zum Beispiel so: "Was hat Helmut Kohl in den letzten vier Jahren geleistet? Nicht viel! Der ist schon überfällig! Hoffentlich haben die Deutschen das kapiert."

„Lothar, du irrst dich einfach schlichtweg! Überleg dir einfach mal, wo wir heute ohne Kohl wären? Wir wären immer noch ein geteiltes Deutschland, wenn Kohl nicht mit Gorbatschow verhandelt hätte. Er war es ebenfalls, der den Aufbau-Ost seit acht Jahren gut voranbringt. Ich zahle gerne meinen Soli, weil ich weiß, dass er den Ostdeutschen hilft. Du beschwerst dich nur, dabei erkennst Du seine Leistungen nicht im Geringsten an.“
„Mutter, komme mir nicht wieder mit der Einheit an. Du glaubst dem Kohl im Fernsehen auch jedes Wort und fängst direkt an zu sabbern, wenn er von seinen Erfolgen spricht. Ich zahle ebenfalls den Soli und halte dies für eine gute Idee. Aber wenn du denkst, dass der Aufbau-Ost vorangeht, dann liegst Du schlichtweg falsch. Der Aufbau-Ost ist eine Katastrophe! Ostdeutsche Unternehmen wurden geschlossen und von westlichen Investoren geschluckt, Ost-Deutschland musste die Mark nehmen, Ostdeutschland musste sich unserem Grundgesetz beugen. Deine Einheit kam einer Annexion gleich!“

Auch hier ist die Entgegnung des Anhängers Kohls (also der Großmutter) viel zu lang. Man spricht nicht so lang und ausschweifen. Es reicht, wenn man den letzten Satz nimmt, denn der ist gut.

Analog gilt das für den Rest dieses Dialogs. Versuche dies zu straffen, damit der Konflikt stärker rauskommt. So klingt das Ganze wie die Diskussion zweier Historiker zum Thema Bundestagswahl 1998.

Von Haus aus war schon immer ein fester Bestandteil an den Tischgesprächen, wenn verschiedene Generationen meiner Familie aufeinandertreffen. Man kann eine Generation als eine Art politischer Pol nehmen: Während meine Eltern noch die jugendliche und aufmüpferische Position der gemäßigten Linken einnehmen (Ich habe mal ein Sponti-Buch in dem Bücherschrank meines Vaters gefunden), verharren meine Großeltern, Wort- und Schriftführerin in diesem Fall meine Großmutter, auf der konservativen Linie um Halbgott Helmut.

show don't tell! Wenn das ein Roman sein soll, dann muss dies gezeigt werden. Die Behauptung interessiert mich als Leser nicht wirklich, ich will den Konflikt zwischen den konservativen Großeltern und den linken Eltern richtig erleben.

Mein Bruder und ich, sind noch die Fraktionslosen, die aber jetzt schon dazu ermutigt werden an der Diskussion teilzunehmen, in dem Vater mir Fragen stellt wie:“ Du willst doch auch weiter in den Kindergarten gehen und nicht dass er geschlossen wird, oder?“ Ich nicke brav. Mein erster Beitrag zu einer politischen Diskussion. Ein Erfolg!

Also, nicht wirklich! Glaube ich einfach nicht. Ich habe bisher mit keinem Kindergartenkind je eine sinnvolle, politische Diskussion geführt. Das Problem an dieser Sache ist weniger der Missbrauch durch den Vater, der darüber hinaus unmotiviert ist. Vielmehr führst du einen unglaubwürdigen Erzähler ein. Wenn der Erzähler als Vierjähriger über diese hochkomplexe Diskussion berichtet, dann nehme ich ihm das nicht ab. Spätestens an dieser Stelle würde ich als Leser die Lektüre abbrechen.

Ich weiß, dass die Kritik weh tut. Doch zugleich hilft sie dir, den Text zu verbessern und ich würde auf alle Fälle nach einer Schreibgruppe in deiner Gegend umsehen, mit der du deine Texte besprechen und verbessern kannst.

Auf alle Fälle, dranbleiben, viel Frust ertragen, wachsen und weitermachen. Dann wird das Projekt auch einen Verlag finden.
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Rodge
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Wohnort: Hamburg


Beitrag21.08.2015 08:34

von Rodge
Antworten mit Zitat

Der größte Vorwurf an den Text ist: Er unterhält mich nicht. Ich weiß nicht, um was es geht: Politische Belehrung, Einheitsroman, Allerlei Wissenswertes etc. Gähn! Dann musste ich den Anfang zweimal lesen, um zu verstehen, dass Lothar der Vater ist. Also sie nennt ihn Lothar und er nennt sie Mutter! Dann kommt der Ich-Erzähler. Das Kind?
Ab jetzt bin ich raus, ich weiß nicht, wer mir hier was erzählen will! Dann sind einige Formulierungen ein bisschen gestelzt "...den ich meinen Großvater nennen darf" - soll das ironisch sein?

Grüße
Rodge
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Insane
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Beiträge: 49
Wohnort: USA


Beitrag21.08.2015 09:20

von Insane
Antworten mit Zitat

Nur ein paar Anmerkungen zur Wörtlichen Rede.

Mir kommt es ziemlich unauthentisch vor wie du deine Figuren sprechen lässt. "Sehen wir uns doch einmal an" finde ICH sehr geschwollen aber naja ... Es ist alles so steif und "unlocker" und transportiert für mich leider weder ne Message noch einen Charakter.  Das ist jetzt nicht nur auf den einen Satz bezogen, vielleicht bemerkst du es selbst, wenn du dir die wörtliche Rede mal ohne den Rest vom Text LAUT vorliest.

Wenn du danach der Meinung bist, dass du dich so ausdrückst, dann ziehe ich meinen Einwand zurück. Dann will ich aber ein Video sehen, in dem du genau so wie im Text einen Kaffee bestellst Wink

Frohes Schreiben.


_________________
Es ist nichts wie es ist, es scheint nur wie es scheint.
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Seraiya
Geschlecht:weiblichMondsüchtig


Beiträge: 924



Beitrag23.08.2015 22:14

von Seraiya
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Hallo Tobsi93,

Ich hab die Kommentare der anderen nur grob überflogen. Vermutlich merke ich Dinge an, die du schon gehört hast.

Zitat:
  Es ist der Sonntag, an dem die Sechzehnjährige Kanzlerschaft Helmut Kohls, dem Kanzler der Einheit und des Euros, enden wird, als mein Vater mahnend das Wort ergreift: <- dieser lange Satz ist meiner Meinung nach nicht die beste Wahl für den Einstieg. Ich würde ihn kürzen und "dem Kanzler der Einheit und des Euros" rausnehmen. „Man darf Helmut Kohl acht Jahre nach der Einheit nicht immer noch mit den Lorbeeren von 1990 belohnen. Sehen wir uns doch einmal an, <- Mein bescheidener Vorschlag wäre : "Es gibt nicht viel, was Helmut Kohl in der vergangenen usw." was Helmut Kohl in der vergangenen Legislaturperiode alles geschafft hat. Da gibt es nicht viel! Man kann jetzt nicht behaupten, dass es alleine Kohls Verdienste sind, dass Frankfurt Sitz der EZB wird und dass wir nun ohne einen Pass zeigen zu müssen zum Beispiel nach Holland fahren dürfen. Kohl legt es nun mal gerne so aus, als sei es sein Verdienst. Das ist Unsinn und ich hoffe das haben die Deutschen jetzt endlich verstanden!“ <- diese ganze Rede ist zu allgemein formuliert, dafür dass sich jemand gerade beschwert. Z.B. "Man kann jetzt nicht behaupten ..." ich würde das überzeugter und als Tatsache formulieren. "Es ist nicht alleine Kohls Verdienst, dass Frankfurt Sitz der EZB wird und wir keinen Pass zeigen müssen, um nach Holland zu reisen/reisen zu dürfen"Lothar, du irrst dich einfach schlichtweg! Überleg dir einfach mal, wo wir heute ohne Kohl wären? Wir wären immer noch ein geteiltes Deutschland, wenn Kohl nicht mit Gorbatschow verhandelt hätte. Er war es ebenfalls, der den Aufbau-Ost seit acht Jahren gut voranbringt. Ich zahle gerne meinen Soli, weil ich weiß, dass er den Ostdeutschen hilft. Du beschwerst dich nur, dabei erkennst Du seine Leistungen nicht im Geringsten an.“ <- "Wo wären wir denn heute ohne Kohl, Lothar? Noch immer geteilt. Er bringt den Aufbau-Ost seit acht Jahren gut voran. Ich zahle den Soli gerne, wenn es den Ostdeutschen hilft. Du meckerst nur, anstatt dankbar zu sein, dass er so viel erreicht hat." - so würde ich das schreiben. Diese Diskussion hört sich für mich an, wie gewollt und nicht gekonnt. Die Leute reden zu geschwollen und nicht realistisch. wenn er „Mutter, komme mir nicht wieder mit der Einheit an. Du glaubst dem Kohl im Fernsehen auch jedes Wort und fängst direkt an zu sabbern, <- "sabbern"??? Selbst wenn er das so meint, hört es sich furchtbar an. Hunde sabbern. Baby sabbern. Das ist nicht nur sehr abwertend, sondern auch fehl am Platz, wenn man die bis hierher verwendete Sprache der Personen anschaut. wenn er von seinen Erfolgen spricht. Ich zahle ebenfalls den Soli und halte dies für eine gute Idee. <- mach das vlt. raus. Aber wenn du denkst, dass der Aufbau-Ost vorangeht, dann liegst Du schlichtweg falsch. <- kann auch raus. Stell dir dieses Gespräch mal bildlich vor. Zwei Personen mit zwei Meinungen, die sich immer wieder gegenseitig sagen, dass der andere falsch liegt, anstatt einfach ihre Argumente/Gegenargumente vorzubringen. Man weiß, dass sie versch. Meinungen haben. Ich glaube, dass kein normaler Menschen fortlaufend sagen würde: "du hast aber Unrecht, weil ..." Man liefert Fakten oder eben nicht ohne diesen Zusatz. Der Aufbau-Ost ist eine Katastrophe! Ostdeutsche Unternehmen wurden geschlossen und von westlichen Investoren geschluckt, Ost-Deutschland musste die Mark nehmen, Ostdeutschland musste sich unserem Grundgesetz beugen. Deine Einheit kam einer Annexion <- naja ... über den Begriff kann man streiten. gleich!“
Von Haus aus war schon immer ein fester Bestandteil an den Tischgesprächen, wenn verschiedene Generationen meiner Familie aufeinandertreffen. <- ??? Das ist für mich ein sehr eigenartiger Satz. Der ist komplett verdreht. Man kann eine Generation als eine Art politischer Pol nehmen: Während meine Eltern noch die jugendliche und aufmüpferische Position der gemäßigten Linken einnehmen (Ich habe mal ein Sponti-Buch in dem Bücherschrank meines Vaters gefunden), verharren <- warum so kompliziert? Oder soll es einfach so abgehoben klingen? Sowas schreibe ich in meinen Fantasysachen "Er verharrte noch einen Moment" Großeltern sind in der Regel bodenständige Menschen. Lass sie doch so reden und sprich genauso über sie. meine Großeltern, Wort- und Schriftführerin in diesem Fall meine Großmutter, auf der konservativen Linie um Halbgott Helmut. Mein Bruder und ich, sind noch die Fraktionslosen, die aber jetzt schon dazu ermutigt werden an der Diskussion teilzunehmen, in dem Vater mir Fragen stellt wie:“ Du willst doch auch weiter in den Kindergarten gehen und nicht dass er geschlossen wird, oder?“ Ich nicke brav. Mein erster Beitrag zu einer politischen Diskussion. Ein Erfolg! <- diese süßen Gedankengänge würde ich an den Anfang setzen. Nach gaaaanz oben! Das wäre für mich persönlich ein viel angenehmerer Einstieg. „Ich will nicht weiter über dieses Thema reden. Man kann sich einfach nicht mir dir vernünftig unterhalten.“, <- "Man kann sich mit dir nicht vernünftigt unterhalten" wäre richtig.  murrt Großmutter, während sie auf ihren Schoß niederblickt und die Serviette auf diesem glattfaltet. Es scheint so als wolle sie sich beherrschen nicht ausfallend zu werden. <- ... "murrt (meine) Großmutter, während sie die Serviette auf ihrem Schoß glattstreicht. Oder faltet sie die Serviette? Unter "glattfalten" kann ich mir nix vorstellen.  oder „Du verhältst dich genauso kindisch wie neulich im Lokal.“, entgegnet Vater, der es wohl darauf anlegt. <- zeig so etwas doch einfach durch die Sprache des Vaters. Erzähl dem Leser nicht, wer was womöglich denkt oder vorhat. Vater hat sich schon immer gerne mit Großmutter gestritten.
„Wovon redest Du jetzt wieder?“, antwortet Großmutter gereizt und blickt ihn herausfordernd an. <- kann auch raus. Mir ist klar, dass sie nicht mehr auf ihren Schoß schaut und die gereizte Stimme sagt genug aus. Du weißt es genau. <- schon wieder. Sowas kann weg. Du kannst den Kellner im Lokal nicht so anfahren. Ja, es mag sein, das Essen mag nicht das Beste gewesen sein. Aber daran trägt der Kellner doch keine Schuld. Und dann auch nach dem Hauptgang: “Herr Ober, wir hätten gerne ein Kännchen Kaffee. Aber bitte einen Guten, ja? Nicht diese aus dem Automaten an städtischen Gymnasien.“ Hast Du gesehen wie der Kellner dich angesehen hat? Du kannst dir trotz deines Alters nicht alles herausnehmen.“ Rückblickend gesehen imitiert Vater seine Mutter auf eine köstliche Art und weiße, <- Weise in dem er die Lippen spitzt und seinen kleinen Finger abspreizt. Dabei wackelt er auf seinem Stuhl hin und her und verdreht dabei die Augen. Heute würde ich mich vor Lachen kaum halten können.
Ich habe es durchaus gesehen wie der Kellner mich angesehen und ich sage es dir noch einmal: Ich finde meinen Einwand durch und durch berechtigt. Das Essen war schlecht. Früher als der alte Koch … wie hieß der nochmal … Ralf Behnke noch da war, da gab es noch was Vernünftiges auf den Tisch. Heute muss man sich fragen, ob die das nicht schon am Vortag gekocht haben und dann nur auftauen. So hat es jedenfalls geschmeckt…“ <- "Ist mir egal, wie der mich angeschaut hat. Mein Einwand war berechtigt. (Einwand ist hier übrigens das falsche Wort. Sie besteht auf etwas und widerspricht nicht einer Aussage des Kellners.) Als der alte Behnke noch gekocht hat, gab es wenigstens vernüfntiges Essen fürs Geld. Jetzt frage ich mich, ob sie den Fraß schon am Vortag kochen und dann für die Gäste auftauen." - Deine Leute reden so unrealistisch ... und viel zu umständlich. Und so weiter und so fort. Wäre ich Herr meiner Kräfte und vielleicht so alt wie ich heute bin, dann wäre ich aufgestanden und nach Hause gefahren. Vielleicht hätte ich mich zwischenzeitlich übergeben.    <- finde ich überzogen, wenn man bedenkt, dass er sich oben noch lustig macht. Ich jedoch als kleiner Knirps, wie mich Großvater gerne nennt, verstehe nicht im Geringsten worum es geht. Meine Augen erblicken <- sowas geht für mich nur, wenn jemand "das Licht der Welt erblickt" - lass ihn doch einfach sehen/erkennen zwei ältere Generationen vor mir, die aus heutiger Sicht eine außerordentlich schwachsinnige Diskussion über das Benehmen in einem Lokal führen. Ich sitze auf einem weich gepolsterten, aber sehr massiven Stuhl, an einem noch massiveren Esstisch und versuche mir das letzte Stück Bienenstich einzuverleiben. <- glaube Kinder denken mehr ans "essen" oder "schmecken zu lassen" oder "genießen" von mir aus auch noch. Mir fällt es noch ziemlich schwierig über den Tisch zu gucken, geschweige denn vernünftig mit einer Kuchengabel zu hantieren. Ich interessiere mich nicht über das wilde Gerede zwischen meinem Vater (mein Gott, wie jung er aussieht und dieser peinliche Schnauzer, den er früher hatte..) und seiner Mutter.



Ich muss leider ehrlich zugeben, dass ich irgendwann aufgehört habe zu lesen. Ich finde den Text langweilig und nicht echt.
Dabei schreibst du gar nicht schlecht. smile
Vielleicht solltest du das Ganze nur anders angehen/verpacken. Im Prinzip kann das eine heitere Lektüre sein. Verschiedene Generationen sorgen eigentlich immer für Zündstoff und die jüngere Generation nimmt vieles eher mit Humor. Soweit meine Meinung.
Ich habe den Rest des Textes nur grob überflogen und kann deswegen auch nichts dazu sagen. Tut mir leid.


LG,
Seraiya


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"Some people leave footprints on our hearts. Others make us want to leave footprints on their faces."
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