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Geschütteltes über Dichter und Denker


 
 
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Fridolin
Geschlecht:männlichEselsohr

Alter: 85
Beiträge: 304
Wohnort: Fellbach


Beitrag22.06.2015 19:16
Geschütteltes über Dichter und Denker
von Fridolin
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Johann Wilhelm Ludwig Gleim (1719-1803)

Ach, könnt den Pegasus wie Gleim ich reiten,
ließ aus der Feder Reim um Reim ich gleiten.
Doch niemals kann ich dich erreichen, Gleim,
ich finde immer nur den gleichen Reim.

Immanuel Kant (1724 - 1804)

Wie, Kant, du dich an Sternen freutest,
Erschautes selbst in Fernen streutest,
so bleibe ich auch gerne stehn,
zu schauen, wie die Sterne gehn.

Dein Sehnen, das den Weiten galt,
noch heut durch Ewigkeiten wallt.
Gib, Kant, dem Erdenwicht Geleit,
der sich der Sterne Licht geweiht.

Friedrich Schiller (1759-1804)

Wie leuchtet mir vom Schillerstein
des Schwabendichters stiller Schein.
Ich steh vor deinem Steine, Schiller,
und werd in deinem Scheine stiller.

Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)
Thomas Bernhard (1931-1989)
Robert Gernhardt (1937-2006)

Es traf mal Thomas Bernhard Goethe
und schwärmte, was ihm Gernhardt böte.
Fragt Goethe: »Wenn mich Gernhardt buht,
sag, findest du dies, Bernhard, gut?«

August Graf von Platen (1796-1835)
Heinrich Heine (1797-1856)

Nach Heine Graf von Platen späht,
ob der sich mit dem Spaten bläht.
Noch heut im Grabe Heine bebt,
wenn Platen nur die Beine hebt.

Paul Heyse (1830-1914)

Ein Schüttler einen weise hieß,
der ihm den Weg zu Heyse wies.
Doch nach erfolgter Heyseweihe
verschlangen ihn zwei weiße Haie.

Bertolt Brecht (1898-1956)

Ein Hecht schien prächtig Brecht geraten.
Doch hat er ihn nicht recht gebraten,
drum mit dem Hecht zu Recht gebrochen.
Lang hat‘s nach Hecht bei Brecht gerochen.

Joachim Ringelnatz (1883-1934)

Um es mit Ringelnatz zu sagen:
»Man hat an manchem Satz zu nagen.
Als ich mit einem Satz gerungen,
da hat im Loch die Ratz gesungen.«

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Gast







Beitrag25.06.2015 20:33

von Gast
Antworten mit Zitat

Hallo Fridolin!

Hier habe ich wieder den Eindruck, den dir ich schon einmal bezüglich deiner Distichen mitgeteilt habe: Das Einstellen von so vielen eigentlichen unabhängigen Texten wertet den einzelnen Text ab, es entsteht unwillkürlich ein Eindruck von Grabbeltisch und Resteverkauf. Da fände ich es viel sinnvoller, nur einen Schüttler einzustellen - den, von dem du am meisten überzeugt bist - und ihm so ein selbstbewusstes "Seht her!" zu ermöglichen ...

Inhaltlich zu Goethe / Bernhard / Gernhardt: Da stößt mir etwas auf, dass du einmal den Vornamen nennst, zweimal nicht. Das wirkt uneinheitlich und ein klein wenig wie eine bequeme Lösung in Bezug auf die Versfüllung?!

Gruß,

Ferdi
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G.T.
Geschlecht:männlichKlammeraffe
G

Alter: 38
Beiträge: 674



G
Beitrag25.06.2015 20:46

von G.T.
Antworten mit Zitat

Ich schließe mich ferdi an. Weniger ist mehr. Wink
Zum Inhalt Bernhard/Gernhardt/Goethe: Gibt es zwischen diesen Dichtern irgendeinen Zusammenhang abgesehen von Wortverdrehern? Mir ist er nicht bewusst geworden, aber vielleicht kenne ich intertextuelle Muster dieser Dichter nicht. Wenn Dichter nur wegen ihren Namen zusammengeschmissen werden, ist mir das ein bisschen zu wenig. Aber ich gehe mal davon aus, dass du dir mehr dabei gedacht hast, würde mich über ein paar Hinweise freuen, auch in Bezug auf die anderen Schüttelreime.
Zu Brecht: Weißt du, dass einer der wichtigsten Brecht-Forscher Werner Hecht heißt? Der hat die Brecht-Chronik herausgegeben, das Standardnachschlagewerk zu Brechts Leben und Werk. Ich musste sofort an ihn denken beim Gedicht und dachte, irgendwie eine Anspielung auf ihn zu finden oder eine Art Metapher. Bin auch was das angeht nicht weitergekommen. Deswegen auch hier die Frage: Gibt es eine Intention im Vierzeiler über den Wortwitz hinaus, die ich überlesen habe?
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Fridolin
Geschlecht:männlichEselsohr

Alter: 85
Beiträge: 304
Wohnort: Fellbach


Beitrag27.06.2015 11:25

von Fridolin
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Ferdi und G.T.,

Ferdi, ich weiß, du hast eine Aufteilung schon an anderer Stelle angeregt. Das mag in anderen Foren eher gehen als in diesem. Aufgrund der Begrenzung auf einen Beitrag pro Woche bräuchte ich für meine Verse, die ich als Einheit sehe, mehrere Wochen. Dazu passt, dass ich vor kurzem einen anderen Beitrag lesen wollte, der mir aber mit der Begründung verwehrt wurde, dies sei erst nach 50 Beiträgen möglich.

Zitat:
Inhaltlich zu Goethe / Bernhard / Gernhardt:  Da stößt mir etwas auf, dass du einmal den Vornamen nennst, zweimal nicht. Das wirkt uneinheitlich und ein klein wenig wie eine bequeme Lösung in Bezug auf die Versfüllung?!


Ich habe den Vornamen Thomas hinzugefügt, weil sein Nachname Bernhard ja auch ein gebräuchlicher Vorname ist, sehe darin zwar keine bequeme Lösung zur Versfüllung, dies lässt sich aber problemlos ändern: "Es traf im Jenseits Bernhard Goethe";  wie mir scheint, eine witzigere Variante, die ich für die Aufnahme der Verse in meinem geplanten Schüttelbuch vorsehe. Ich danke für den Hinweis; hier ist eine nachträgliche Änderung ja nicht möglich.

Mit dem Hecht ist natürlich der missratene Fisch gemeint, nicht Werner Hecht, der Herausgeber der Werke von Brecht.

Vom Inhalt und der Konstruktion handelt es sich bei Schüttelgedichten wie diesen in erster Linie um Spaßgedichte. Robert Gernhardt, an dessen Todestag am 30. Juni erinnert sei, hat dies in seinem Gedichtszyklus "SPASSSMACHER UND ERNSTMACHER" sehr schön beschrieben, ohne dabei diese Gedichtform direkt zu benennen:
 
Groß sind die Ernsten. Auf hohen Kothurnen
Schreiten sie streng. Doch es ehrt sie die Menschheit,
Weil sie so streng sind. Nur ernstestes Schreiten
Leitet den Menschen zum höchsten der Ziele
Zum Sinn! Rattenhaft aber folgen die Spaßer
Und hurtig dem Zug, denn sie wittern begierig
Das, was seit alters bei jeglicher Suche
Nach Sinn für sie abfällt: den Unsinn.


Dies aufgreifend fällt mir ein Dialog ein:

Ernstmacher:  »Reime schüttelt ihr Spaßer? Welch Nonsens! Ihr solltet euch schämen!«
Spaßmacher:  »Aber wir Spaßer im Ernst suchen im Unsinn den Sinn.«

Bei meinem Beitrag handelt es sich um Wortspiele mit Namen berühmter Dichter, die sich kunstvoll schütteln lassen. Das mag nicht jedem gefallen, aber ich kann doch feststellen, dass ich für meinen Schüttelspaß auf anderen Plattformen und auch bei meinen Vorträgen bisher überwiegend positive Resonanz gefunden habe. Im Übrigen treibt der oben zitierte Robert Gernhardt mit Namen ähnliche Scherze:

Auch wenn die deutschen Dichterinnen und Dichter immer weniger Regeln befolgen, so Gernhardt in einem Poetik-Vortrag, inspirierten ihn ihre teilweise schön regelmäßigen Namen, ein Gedicht aus ihnen zu machen. Der Keim von "Nacht der deutschen Dichter, Thema mit Variationen" liege in einem Geistesblitz im Jahre 1986, als ihm  in Rom die Zeilen "Stille Nacht, heilige Nacht, alles wacht, Einar Schleef" eingefallen seien. Seitdem habe er weitere zweisilbige Vornamen und einsilbige Nachnamen ausfindig gemacht, und entsprechend weiter gedichtet.

Die erwähnte Fortsetzung findet sich im Band Gesammelte Gedichte S. 259 f:

NACHT DER DEUTSCHEN DICHTER
VARIATIONEN
Stille Nacht, strahlende Nacht,
alles trinkt,
Sarah Kirsch.

Stille Nacht, bildende Nacht,
alles liest
Hermann Kant.

Stille Nacht, schwelgende Nacht,
alles ißt,
Ulla Hahn.

Stille Nacht, lockende Nacht,
alles küßt,
Erich Loest.

Stille Nacht, kreisende Nacht,
alles raucht,
Günter Grass.

Stille Nacht, endende Nacht,
alles geht,
Stefan Heym.

Sinnreicher als meine Verschüttelungen? Wohl kaum; ist doch alles nur Spaß, komische Lyrik eben.

Zum Schluss scheint es mir angebracht, noch ein paar Hinweise zum Wesen des Schüttelreims zu geben, und erteile dazu das Wort dem Berliner Dichter Lothar Klünner (1922-2012), der unter dem Pseudonym Leo Kettler sich in der Schüttelzunft als bedeutender Schüttelreimer einen Namen gemacht hat. Im Nachwort zu seinem Schüttelbuch "Die Rattenleier" schreibt der Autor über das Phänomen Schüttelreim:

Zitat:

"Der Schüttelreim hat keine Tugend. Sein Dichten und Trachten ist böse von Jugend auf. Er ist der Diversant unter den Versen. Das Große bleibt groß nicht und klein nicht das Kleine, wenn er auf den Plan tritt. Nichts ist ihm heilig, nichts ist ihm wichtig, es sei denn der schöne Wechsel. So scheint er seine Aktivität in erster Linie gegen jede etablierte Hackordnung zu richten. Was dieses entfant terrible simplifiquer in den Griff bekommt, wird Karikatur. Das aleatorische Element, das ihm innewohnt, verunsichert alles. Durch den Zufall als Schöpfer wird die ganze Schöpfung dem Zufall unterworfen. Vor der Objektivität der hasardierenden Konsonanten wird das Ausgesagte unverbindlich, verliert seine ursprüngliche Emotion, seine Zielstrebigkeit, seinen angestammten Platz in der Hierarchie der geistigen Werte. Der Unernst triumphiert, die Entfremdung wird vollkommen, die Bezeichnung meint nicht mehr das Bezeichnete, sondern narzistisch sich selbst und verblasst zum Zeichen. Alles Vergänglich ist - tatsächlich hier! - nur ein Gleichnis, und das einzig zulässige Ereignis weit und breit besteht darin, dass den Spielregeln Genüge geschieht.

Bei solchem Treiben macht der Schüttelreim eine halb distanzierte, halb treuherzige Miene wie ein ertappter Schüler, der seine Hände in Eimern von Unschuld wäscht. Es sei doch alles nur ein harmloses Spiel gewesen, sagt der naive Augenaufschlag, um dann mit stolz blitzendem Auge hinzuzufügen: im Übrigen sei das eine Kunstausübung von höchstem Rang und Raffinement und nicht mit kleinlichem Philistermaßstab zu messen. Und da beide Behauptungen zutreffen, lässt sich schlecht dagegen argumentieren."

Quellen für Zitate:

Robert Gernhardt
Gesammelte Gedichte
S. Fischer-Verlag
Frankfurt am Main, 2008
ISBN 978-3-10-025511-2

Leo Kettler
Die Rattenleier
Schüttelreime
ALPHA VERLAG Berlin 1989
ISBN 3-926677-07-04

LG Fridolin
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Nihil
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Moderator
Alter: 34
Beiträge: 6039



Beitrag27.06.2015 12:44

von Nihil
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Moin Fridolin!

Ich wollte nur eine kurze Bemerkung zum Einstellen von Texten loswerden:

Zitat:
Ferdi, ich weiß, du hast eine Aufteilung schon an anderer Stelle angeregt. Das mag in anderen Foren eher gehen als in diesem. Aufgrund der Begrenzung auf einen Beitrag pro Woche bräuchte ich für meine Verse, die ich als Einheit sehe, mehrere Wochen.

Wenn du für jeden Vers einen neuen Thread eröffnest, ist das richtig. Dir bietet sich allerdings die Möglichkeit, Fortsetzungen an deinen ersten Beitrag anzufügen. Dazu klickst du einfach auf Optionen unter dem Eingabefeld, und in einem der Kästchen steht dann „als Fortsetzung posten“. Wer deinen ersten Beitrag liest, kann dann bequem über nummerierte Links zu den Fortführungen springen.

Zitat:
Dazu passt, dass ich vor kurzem einen anderen Beitrag lesen wollte, der mir aber mit der Begründung verwehrt wurde, dies sei erst nach 50 Beiträgen möglich.

50 sind es wohl nicht, sondern 15. Aber es stimmt, dass man da in den ersten Tagen oft auf eine Art Mauer stößt.

Zitat:
Ich danke für den Hinweis; hier ist eine nachträgliche Änderung ja nicht möglich.

Auch das stimmt so nicht, denn du kannst, ähnlich wie bei den Fortsetzunen, einen neuen Beitrag als „neue Version“ markieren, zu der dann automatisch verlinkt wird. Der Eingangspost bleibt dabei unverändert bestehen.
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G.T.
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Beiträge: 674



G
Beitrag27.06.2015 12:49

von G.T.
Antworten mit Zitat

Hallo!
Ich finde es schön, wie du die Schüttelreime verteidigst (das ist nicht ironisch gemeint), möchte mich gerade deswegen nochmal dazu äußern.
Das Gedichtbeispiel Gernhardt bietet sich da ganz gut an.
Zitat:
Sinnreicher als meine Verschüttelungen? Wohl kaum; ist doch alles nur Spaß, komische Lyrik eben.

Doch, es ist sinnreicher, und das möchte ich dir begründen.
Wenn es heißt "alles geht, Stefan Heym", ist da wirklich ein Wortwitz vorhanden, so wie bei allen anderen Strophen. Wenn man die Vornamen der Dichter weglässt, bilden die Nachnamen nach ihrer Aussprache mit dem Rest der Strophe einen Sinn.
Dieser doppelte Boden ist in deinen Gedichten nicht vorhanden. Das muss natürlich nicht sein, aber für mich ist das ein Grund, weshalb sie mich nicht ganz überzeugen.

Zitat:
Ein Hecht schien prächtig Brecht geraten.
Doch hat er ihn nicht recht gebraten,
drum mit dem Hecht zu Recht gebrochen.
Lang hat‘s nach Hecht bei Brecht gerochen.


Das ist sprachlich sicher ganz nett, der Inhalt steht aber völlig hinter den Schüttelwörtern zurück (während bei Gernhardt der Inhalt gerade durch die Dichternamen überhaupt zustande kommt). Das Gedicht ist inhaltlich austauschbar, so empfinde ich es zumindest. Ersetz den Hecht einfach durch nen Specht. Gut, Spechte werden selten zubereitet. Mit Worten wie Specht oder Knecht kann man sich schnell nen neuen Inhalt einfallen lassen, alles ein bisschen ummodeln und schon ist ein ähnlicher Schüttelreim entstanden. Darüber kann man dann schmunzeln. Ok. Aber weder ein Hecht noch ein Specht noch ein Knecht haben viel mit Brecht zu tun (wobei - aus dem Knecht könnte man sehr schön was machen!), wohingegen "Heym" ganz klar an den Inhalt der Strophe bei Gernhardt geknüpft ist und nicht einfach so rausgeschmissen werden kann.
Bei Gernhardt ist der Klang der Wörter im Zusammenhang mit dem Inhalt der Witz. Bei dir ist es nur der Klang der Wörter.

Gedichte müssen natürlich nicht immer hehren Ansprüchen genügen. Ich bin sehr empfänglich für Spaßlyrik. Aber auch die kann eine gewissen "Notwendigkeit" aufweisen, das macht den Witz meines Erachtens viel stärker. Bei deinen Gedichten sind wie gesagt die Namen und der Inhalt eigentlich austauschbar. Da ginge mehr, ohne gleich ins Intellektuelle abzudriften. Wink
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Fridolin
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Beitrag27.06.2015 16:36

von Fridolin
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Nihil,

ich danke für die Erläuterung. Aber ich finde mich hier nicht so ganz zurecht, kann natürlich an meinem Alter liegen, bin gerade auf die Zielgerade eingebogen.

G.T.

Zitat:
Wenn es heißt "alles geht, Stefan Heym", ist da wirklich ein Wortwitz vorhanden, so wie bei allen anderen Strophen. Wenn man die Vornamen der Dichter weglässt, bilden die Nachnamen nach ihrer Aussprache mit dem Rest der Strophe einen Sinn.


Ja, das stimmt, klingt für mich aber doch mehr nach Unsinn, ähnlich wie bei der Sammlung "Bilden Sie mal einen Satz mit", aber bei Schleef und Loest erschließt sich mir der doppelbödige Sinn nicht so recht. Außerdem ließen sich problemlos weitere Variationen bilden und Namen austauschen, z.B. statt Sarah Kirsch, Rainer Kirsch.   

Zitat:
Das Gedicht ist inhaltlich austauschbar, so empfinde ich es zumindest. Ersetz den Hecht einfach durch nen Specht. Gut, Spechte werden selten zubereitet. Mit Worten wie Specht oder Knecht kann man sich schnell nen neuen Inhalt einfallen lassen, alles ein bisschen ummodeln und schon ist ein ähnlicher Schüttelreim entstanden.


Na dann mach mal, ersetz den Hecht durch den Specht oder Knecht, model mal schnell um und mache einen Schüttelreim daraus. Dann ernenn ich dich zum Schüttelkönig.

Schüttelreime sind wie schon ausgeführt Nonsensreime, müssen also per se keinen Sinn haben. Ihr Reiz liegt zunächst eben in dem gelungenen Konsonantentausch. Aber so unsinnig sind die Verse über die verschüttelten Dichter ja auch gar nicht. Bei Heine und Platen wird an den aus der Literaturgeschichte bekannten Streit zwischen den beiden angeknüpft (Platenaffäre). Und auch die anderen Vierzeiler sind durchaus nicht unsinnig. Die Verse über Kant sind es gewiss nicht.

Mir scheint, dir geht's in erster Linie um den Vierzeiler mit Brecht und dem Hecht. Da hattest du anfangs eine Anspielung auf Werner Hecht vermutet. Nun, mit einer kleinen Änderung ist dies möglich:

Ein Hecht schien prächtig Brecht geraten,
doch hat er ihn nicht recht gebraten,
Als er darauf zu Recht gebrochen,
hat's Werner Hecht bei Brecht gerochen.

Dass ich's nicht vergesse, ich danke dir für die Beschäftigung mit meinem Text, auch wenn er dir nicht zusagt. Vielleicht kannst du an künftigen Beitragn mehr gefallen finden.

LG Fridolin
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G.T.
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G

Alter: 38
Beiträge: 674



G
Beitrag28.06.2015 12:48

von G.T.
Antworten mit Zitat

Ok, ich versuch's mal. Laughing Aber ist mein erster Schüttelreim ...
Zitat:
Ein Knecht scheint Brecht recht arm und schlecht,
dieweil sein Herr die Nacht durchzecht.
Drum spricht zum Knecht der Brecht: „Ich dächt’,
was dir geschieht ist ungerecht.“

Das müssen wir jetzt nicht weiter diskutieren. Rolling Eyes Ich weiß, dass es nicht einfach ist, aber das kann nie ein Argument sein. Wink

Wenn ich dich richtig verstehe, erübrigt sich für dich bei Schüttelreimen die Auseinandersetzung mit dem Inhalt.
Dann gehe ich davon aus, dass du dir als Feedback Äußerungen zur sprachlichen Umsetzung gewünscht hast. Ich bewege mich einfach mal in diese Richtung und merke an, was ich sprachlich noch nicht perfekt finde:

Zitat:
Johann Wilhelm Ludwig Gleim (1719-1803)

Ach, könnt den Pegasus wie Gleim ich reiten,
ließ aus der Feder Reim um Reim ich gleiten.
Doch niemals kann ich dich erreichen, Gleim,
ich finde immer nur den gleichen Reim.

Immanuel Kant (1724 - 1804)

Wie, Kant, du dich an Sternen freutest,
Erschautes selbst in Fernen streutest, (diesen Vers verstehe ich nicht)
so bleibe ich auch gerne stehn,
zu schauen, wie die Sterne gehn.

Dein Sehnen, das den Weiten galt,
noch heut durch Ewigkeiten wallt.
Gib, Kant, dem Erdenwicht Geleit,
der sich der Sterne Licht geweiht.

Friedrich Schiller (1759-1804)

Wie leuchtet mir vom Schillerstein
des Schwabendichters stiller Schein.
Ich steh vor deinem Steine, Schiller,
und werd in deinem Scheine stiller. (Super Schüttelreim!)

Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)
Thomas Bernhard (1931-1989)
Robert Gernhardt (1937-2006)

Es traf mal Thomas Bernhard Goethe
und schwärmte, was ihm Gernhardt böte.
Fragt Goethe: »Wenn mich Gernhardt buht,
sag, findest du dies, Bernhard, gut?«
(Den 3. Vers finde ich sehr gezwungen, es sind gleich zwei Ellipsen (Da fragt Goethe / wenn mich Gernhardt aus-buht) drin, bzw. eine Umstellung (Goethe fragt) - vielleicht hälfe ein neuer Reim, denn gerade das Wort "buht" stößt mir zumindest sauer auf. Dagegen ist zum Beispiel der Schiller-Schüttelreim viel besser, weil man nirgends stolpert und alles grammatikalisch einfach und korrekt ist. Ich würde die letzten beiden Verse hier nochmal überarbeiten)

August Graf von Platen (1796-1835)
Heinrich Heine (1797-1856)

Nach Heine Graf von Platen späht,
ob der sich mit dem Spaten bläht. ("Spaten bläht" verstehe ich nicht)
Noch heut im Grabe Heine bebt,
wenn Platen nur die Beine hebt.

Paul Heyse (1830-1914)

Ein Schüttler einen weise hieß,
der ihm den Weg zu Heyse wies.
Doch nach erfolgter Heyseweihe
verschlangen ihn zwei weiße Haie.
(Der letzte Vers macht den Schüttelreim ein bisschen kaputt, weil das scharfe sz der weißen Haie nicht so recht reinpassen will.)

Bertolt Brecht (1898-1956)

Ein Hecht schien prächtig Brecht geraten.
Doch hat er ihn nicht recht gebraten,
drum mit dem Hecht zu Recht gebrochen.
Lang hat‘s nach Hecht bei Brecht gerochen.
(Hier wie beim Goethe-Schüttelreim im 3. Vers eine Ellipse. Kann man sicher irgendwie vermeiden. Du könntest den Vers zum Beispiel an den vorhergehenden anschließenden: "Doch hat er ihn nicht recht gebraten, / und mit dem Hecht zu Recht gebrochen" Da muss vielleicht auch ne kompliziertere Lösung her, ich würde es jedenfalls nochmal überarbeiten.)

Joachim Ringelnatz (1883-1934)

Um es mit Ringelnatz zu sagen:
»Man hat an manchem Satz zu nagen.
Als ich mit einem Satz gerungen,
da hat im Loch die Ratz gesungen.«

Sprachlich ist der Schiller am besten. Wenn alle Schüttelreime so locker klingen würden, könnte das ein sprachlich beeindruckender Zyklus werden. Wink

Edit: Loest verstehe ich auch nicht, aber Schleef schon, da darf man eben den Vornamen nicht wegdenken: "alles wacht, Einer Schleef" klingt ähnlich wie "alles wacht, einer schläft", eine Umstellung von "alles schläft, einer wacht", oder korrekter "alles schläft, einsam wacht" nur das traute hochheilige Paar ...
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Fridolin
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Wohnort: Fellbach


Beitrag28.06.2015 21:46

von Fridolin
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Hallo G.T.

Zitat:
Ok, ich versuch's mal.

Aber ist mein erster Schüttelreim ...

Zitat:
Ein Knecht scheint Brecht recht arm und schlecht,
dieweil sein Herr die Nacht durchzecht.
Drum spricht zum Knecht der Brecht: „Ich dächt’,
was dir geschieht ist ungerecht.“

Das müssen wir jetzt nicht weiter diskutieren.

Ich weiß, dass es nicht einfach ist, aber das kann nie ein Argument sein.



Gut, dass du es weißt, aber zuvor hast du den Eindruck erweckt, es wäre leicht, den Hecht durch den Knecht zu ersetzen und daraus einen Schüttelreim zu basteln. Was du da zusammengereimt hast, sind alles andere als Schüttelreime.

Zitat:
Wenn ich dich richtig verstehe, erübrigt sich für dich bei Schüttelreimen die Auseinandersetzung mit dem Inhalt.


Das habe ich nicht gesagt, ich habe nur gesagt, dass Schüttelreime nicht per se einen Sinn haben müssen, weil sie auch bloßen Nonsens transportieren können, wie z.B. auch Limericks. Aber die verschüttelten Dichter sind ja keineswegs reine Nonsensverse, sie haben durchaus einen sinnigen Inhalt, auch wenn du die Doppelbödigkeit vermisst. Die ist aber in den Beispielen von Gernhardt mit der stillen Nacht auch nicht überall ersichtlich.

Zitat:
Erschautes selbst in Fernen streutest,
(diesen Vers verstehe ich nicht)


Gemeint  ist, dass Kants philosophischen Erkenntnisse (sein Erschautes) in aller Welt bekannt sind, er hat sie in die Ferne gestreut; ein schönes, anschauliches Bild, wie ich finde.

Zitat:
Wie leuchtet mir vom Schillerstein
des Schwabendichters stiller Schein.
Ich steh vor deinem Steine, Schiller,
und werd in deinem Scheine stiller.
(Super Schüttelreim!)


Stimmt! Wobei sich an diesem Vierzeiler sehr gut der Bauprinzips eines Schüttelreims erläutern und zeigen lässt, wie die Konsonanten ausgetauscht werden.  Daran hättest du eigentlich erkennen müssen, dass deine Knecht Hecht-Reime eben keine Schüttelreime sind.

Zitat:
Fragt Goethe: »Wenn mich Gernhardt buht,
sag, findest du dies, Bernhard, gut?«
(Den 3. Vers finde ich sehr gezwungen, es sind gleich zwei Ellipsen (Da fragt Goethe / wenn mich Gernhardt aus-buht) drin, bzw. eine Umstellung (Goethe fragt) - vielleicht hälfe ein neuer Reim, denn gerade das Wort "buht" stößt mir zumindest sauer auf. Dagegen ist zum Beispiel der Schiller-Schüttelreim viel besser, weil man nirgends stolpert und alles grammatikalisch einfach und korrekt ist. Ich würde die letzten beiden Verse hier nochmal überarbeiten)


Diese Passage steht und fällt mit dem Reim Gernhardt buht -Bernhard gut, anders lässt sich der gute Gernhardt nicht verschütteln. Da ich ihn sehr schätze und ihn auch schon während seines Studiums in Stuttgart, wo ich im Nachbarort wohne, kennengelernt habe, werde ich diese Passage streichen.

Zitat:
ob der sich mit dem Spaten bläht. ("Spaten bläht" verstehe ich nicht)


Lyrik funktioniert bekanntlich über Bilder, so auch diese Wendung. Mit Spaten und Schaufel wurden früher Gräber ausgehoben, heute machen das auf Friedhöfen kleine Bagger. Schüttelreimer verwenden mitunter kühne Bilder, zwischen Heine und Platen hat es ja gewaltig gekracht, dem einen hat das Benehmen des anderen jeweils gewaltig gestunken, "Spaten bläht" ist so ein drastisches Bild, das Werkzeug und Gestank verbindet. Ich denke aber, ich werde den Vierzeiler entfernen oder durch einen anderen ersetzen.

Zitat:
Ein Hecht schien prächtig Brecht geraten.
Doch hat er ihn nicht recht gebraten,
drum mit dem Hecht zu Recht gebrochen.
Lang hat‘s nach Hecht bei Brecht gerochen.
(Hier wie beim Goethe-Schüttelreim im 3. Vers eine Ellipse. Kann man sicher irgendwie vermeiden. Du könntest den Vers zum Beispiel an den vorhergehenden anschließenden: "Doch hat er ihn nicht recht gebraten, / und mit dem Hecht zu Recht gebrochen" Da muss vielleicht auch ne kompliziertere Lösung her, ich würde es jedenfalls nochmal überarbeiten.)

Dem Vorschlag, die Ellipse in Z3 zu vermeiden, folge ich gern.

Zitat:
Sprachlich ist der Schiller am besten. Wenn alle Schüttelreime so locker klingen würden, könnte das ein sprachlich beeindruckender Zyklus werden.


Ich finde, Gleim, Kant und mit Verbesserung der Brecht stehen dem Schiller nicht nach. So jedenfalls die Kommentare auf anderen Plattformen. Diese vier werde ich mal so stehen lassen, weitere Dichternamen habe ich noch in petto.

Ich danke nochmal für deine Bemühungen. Weitere Schüttelgedichte mögen dir in der Zukunft zeigen, dass es durchaus möglichst ist, im Schüttelreim Wortakrobatik mit Sinn, sogar tieferem, zu verbinden. Seit langem liegen mir meine Schüttelfreunde in den Ohen, meine Schüttelreime in einem Buch zu veröffentlichen. Deshalb dient ihre Vorstellung auch der Klärung der Frage, welche der Beiträge ich behalten kann und welche besser nicht.

Liebe Grüße
Fridolin


[/quote][/b]
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G.T.
Geschlecht:männlichKlammeraffe
G

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Beiträge: 674



G
Beitrag28.06.2015 22:31

von G.T.
Antworten mit Zitat

Hast recht, weiß auch nicht, was heute Morgen mit meinem Hirn los war. Das ist natürlich kein Schüttelreim von mir. Laughing
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