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Gefühlsgier
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 31
Beiträge: 421



Beitrag15.05.2015 13:41
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von Gefühlsgier
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Ich habe es mir diese Woche mal zum Ziel gemacht, wenigstens einen der hier liegenden Texte zu bearbeiten und einzustellen.

Wenn ihr den Text einfach ohne große Erklärungen auf euch wirken lassen wollt, ignoriert das grau Hinterlegte einfach oder lest es im Anschluss Wink

Ich hoffe auf vielseitige und hilfreiche Anmerkungen und Verbesserungsvorschläge!

Ich habe mich anhand einer Fotovorlage zu der etwas eigenwilligen Form der Informationsgebung bezüglich der Fenster, der Wände und des Lichteinfalls durch die Rolläden hinreißen lassen und wollte damit die Bilder zeigen, die mir beim Betrachten des Fotos sowie beim Schreiben der Perspektiven in den Sinn kamen.



Sonntag, 12. April. 2015
12:45


Wandfarbe: blau-weiß
Rolläden:    geschlossenen
Lichteinfall:  keiner


Seit sechs Stunden hat er sich nicht mehr bewegt und nach dem Aufstehen sollte er sich an das Meiste nicht erinnern.
Nicht erinnern, wie er hier hergekommen war.
Wie er sich, vollständig nackt, ins Bett legte. Nicht erinnern, wie er sich auszog, wie lange er dafür brauchte und es entging im auch, wie er sich, kaum dass er zur Tür rein kam, im Hausflur übergeben hatte.

Er würde noch drei Stunden schlafen, den größten Teil des Tages im Bett verbringen und anschließend drei Schmerztabletten einnehmen.

***


Wandfarbe:    flieder
Rolläden:       offen
Lichteinfall:   auf eine Kommode mit Kosmetikartikeln und auf ihr Bettende



Eigentlich schlief sie immer mit vollständig heruntergelassenen Rollläden und zog selbst ihre blasslila Gardinen zu, die zu der Wandfarbe passten.

In dieser Nacht jedoch hatte sie sich bloß, von einer betrunkenen und ungeschickten Unbeholfenheit ergriffen, vollständig bekleidet in ihr Bett gelegt und selbst auf das Zudecken verzichtet.
In diesem Zustand schlief sie noch ruheloser als ohnehin schon. Immer wieder drehte sie sich, schwer seufzend auf den Rücken, den Bauch oder jeweils eine Seite und verdrängte dabei die Decke aus dem Bett. Ein Mal beinahe sich selbst.

***

Wandfarbe:  weiß
Rolläden:     Etwa zu drei Vierteln geschlossen
Lichteinfall:  Auf das große Doppelbett am Fenster und ihre Gesichter



Sie schlief noch.
In leicht gekrümmter Haltung lag sie auf der Seite, die Hände dicht an ihrem Gesicht.

Er war bereits einige Zeit vor ihr aufgewacht.
Seine Erinnerungen waren lückenhaft und er fühlte sich, als wäre vor seinen Augen ein nebliger Schleier, in dem Lichtblitze einen Reigen tanzten und ein unbestimmter Gedankengang sich mit einem anderen verwob. Aus dem gemütlichen Vorabend wurde schnell  frühmorgens. Wie immer, wenn sie zusammensaßen. Er, sie und zwei Weitere. Die Rückfahrt gestaltete sich schwierig. S. ist gefahren. Da sie einiges getrunken hatten, mussten sie Schleichwege suchen, um nicht durch die Stadt zu fahren und dort am Besten noch in eine Kontrolle zu geraten. Außer S. zögerten alle, doch der Unmut, zwei Stunden unterwegs zu sein, siegte über jegliche Bedenken. Das würde sich nicht mehr wiederholen. Das nächste Mal würden sie laufen, das setzte er schon durch.

Sie waren beide nackt, doch ihre Körper wurden von der cremefarbenen Samtdecke verhüllt. Er streckte einen Finger aus und berührte ihr langes, rapsblondes Haar, das in langen Wellen über das Kissen fiel. Die Strähnen glitten leicht durch seine Finger. Ein Seufzen ihrerseits, als seine Lippen die weiße und warme Haut ihres Nackens berührten. Wenn er, so wie in dem besagten Moment, hinter ihr lag und sie mit beiden Armen umfasste,dicht an seinen Körper zog, wachte sie meist auf.

 „Guten Morgen“, hauchte sie und streckte eine Arm nach hinten aus, um ihn stärker an sich zu ziehen.
Während sie sich zu ihm umdrehte, war sein letzter Gedanke bei der Frage, die er stellen wollte. Am kommenden Wochenende waren es genau sieben Jahre. Er hatte den Tisch bereits bestellt, für den darauffolgenden Sonntag. Das Lokal wählte er bewusst, weil ihr die Aussicht dort immer so gefallen hatte. In der Schublade, die auf der Schattenseite der Rollläden stand, befand sich die kleine Schatulle, die er hoffentlich gut versteckt hatte. Ihr Inhalt besiegelte den Gedanken, den er bereits früh ihr gegenüber hatte. Dann wurden die Ströme seiner Gedanken in  Berührungen an Körper und Seele erstickt, die ihn außer dem Moment nichts mehr wissen ließen.

***


„Das werden wir irgendwann bereuen. Neun Mal kann es gut gehen. Dann gibt es ein zehntes Mal.

.„Wie lange kennst du mich schon? Wenn ich das nicht mehr hinkriege, weiß ich auch nicht. Red nicht rum. Steigst du jetzt ein, oder willst du hier Wurzeln schlagen?"

"Dieses Mal noch. Dann ist' bei mir endgültig vorbei."

***


Sonntag, 18.04.2015

+++ am frühen Samstagmorgen ereignete sich auf der Waldstrecke zwischen Musterbach und Weitfeldthal ein schwerer Unfall, bei dem vier junge Menschen verunglückten. Der wahrscheinlich alkoholisierte Fahrer hatte die Kontrolle über das Fahrzeug verloren und sie stürzten einen zwanzig Meter tiefen Hang hinunter, wobei sich der PKW mehrfach überschlug. Ein nächtlicher Spaziergänger hatte den Aufprall gehört und sofort den Rettungsdienst und die Polizei alarmiert. Der Fahrer erlitt schwere innere Verletzung und schwebt derzeit in Lebensgefahr, die drei weiteren Insassen starben noch an der Unfallstelle. +++



_________________
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Tjana
Geschlecht:weiblichReißwolf

Alter: 63
Beiträge: 1786
Wohnort: Inne Peerle


Beitrag15.05.2015 15:03
Re: was sie ungesehen hinterließen
von Tjana
Antworten mit Zitat

Der Text arbeitet - wirkt - noch in mir. Fragen sind entstanden.
Geht es um zwei Paare?  Oder ein glückliches und zwei Einzelpersonen? Waren alle am Vorabend zusammen? Oder werden die eigenständigen Einblicke später zusammengeführt?

Du siehst, liebe Gefühlsgier, ich will weiterlesen  Daumen hoch

Bis dahin lasse ich mal meine bunten Pinsel etwas tanzen. Vielleicht kannst du was davon brauchen.

Uhps, erst jetzt habe ich die fett gedruckte Meldung am Ende entdeckt und frage mich, ob hier das neunte Mal oder ein "Was hätte sein können" geschildert wurde. Dann sollte ME alles auktorial geschrieben werden, die Szene im Bett ist mir dafür zu personal

Zitat:
Ich habe es mir diese Woche mal zum Ziel gemacht, wenigstens einen der hier liegenden Texte zu bearbeiten und einzustellen.

Wenn ihr den Text einfach ohne große Erklärungen auf euch wirken lassen wollt, ignoriert das grau Hinterlegte einfach oder lest es im Anschluss Wink

Ich hoffe auf vielseitige und hilfreiche Anmerkungen und Verbesserungsvorschläge!

Ich habe mich anhand einer Fotovorlage zu der etwas eigenwilligen Form der Informationsgebung bezüglich der Fenster, der Wände und des Lichteinfalls durch die Rolläden hinreißen lassen und wollte damit die Bilder zeigen, die mir beim Betrachten des Fotos sowie beim Schreiben der Perspektiven in den Sinn kamen.



Sonntag, 12. April. 2015
12:45


Wandfarbe: blau-weiß
Rolläden:    geschlossenen
Lichteinfall:  keiner


Seit sechs Stunden hat er sich nicht mehr bewegt und nach dem Aufstehen sollte er sich an das Meiste nicht erinnern.
Nicht erinnern, wie er hier hergekommen war.
Wie er sich, vollständig nackt, ins Bett legte. Nicht erinnern, wie er sich auszog, wie lange er dafür brauchte und es entging im auch, wie er sich, kaum dass er zur Tür rein kam, im Hausflur übergeben hatte.

Er würde noch drei Stunden schlafen, den größten Teil des Tages im Bett verbringen und anschließend drei Schmerztabletten einnehmen.  Ich würde ihn die Tabletten erst nehmen und dann den Tag im Bett verbringen lassen, dann wirken die schon mal

***


Wandfarbe:    flieder
Rolläden:       offen
Lichteinfall:   auf eine Kommode mit Kosmetikartikeln und auf ihr Bettende



Eigentlich schlief sie immer mit vollständig heruntergelassenen Rollläden und zog selbst ihre blasslila Gardinen zu, die zu der Wandfarbe passten.

In dieser Nacht jedoch hatte sie sich bloß, von einer betrunkenen und ungeschickten Unbeholfenheit ergriffen, vollständig bekleidet in ihr Bett gelegt und selbst auf das Zudecken verzichtet. verzichtet klingt nach Kalkül, dabei ist sie doch betrunken unbeholfen. vllt ... und sogar das Zudecken vergessen ...
In diesem Zustand schlief sie noch ruheloser als ohnehin schon. Immer wieder drehte   ist so sachlich, wälzte?  sie sich,  kein Komma schwer seufzend auf den Rücken, den Bauch oder jeweils eine Seite und verdrängte dabei die Decke aus dem Bett.
Der Satz ist irgendwie umständlich. Vorschlag: Immer wieder wälzte sie sich seufzend vom Rücken über den Bauch zur Seite und verdrängte ...

 Ein Mal beinahe sich selbst.

***

Wandfarbe:  weiß
Rolläden:     Etwa zu drei Vierteln geschlossen
Lichteinfall:  Auf das große Doppelbett am Fenster und ihre Gesichter



Sie schlief noch.
In leicht gekrümmter Haltung lag sie auf der Seite, die Hände dicht an ihrem Gesicht.

Er war bereits einige Zeit wach.
vor ihr aufge  sie schäft doch noch .
Seine Erinnerungen waren lückenhaft und er fühlte sich, fühlte sich passt hier nicht so gut. Lass die Lichtblitze doch aktiv sein (vor seinen Augen tanzten ... in einem nebeligen Schleier ...

als wäre vor seinen Augen ein nebliger Schleier, in dem Lichtblitze einen Reigen tanzten und     als ein unbestimmter Gedankengang sich mit einem anderen verwob. Aus dem gemütlichen Vorabend wurde schnell  frühmorgens.   Der Satz müsste ME ins PQP  Wie immer, wenn sie zusammensaßen. Er, sie und zwei Weitere. Die Rückfahrt gestaltete sich schwierig. S. ist gefahren. Da sie einiges getrunken hatten, mussten sie Schleichwege suchen, um
geht knapper :
um möglichen Kontrollen in der Stadt zu entgehen.



nicht durch die Stadt zu fahren und dort am Besten noch in eine Kontrolle zu geraten. Außer S. zögerten  warum? das Auto zu nehmen?   alle, doch der Unmut, zwei Stunden unterwegs zu sein, siegte über jegliche Bedenken. Das würde sich nicht mehr wiederholen. Das nächste Mal würden sie laufen, das setzte er schon durch.

Sie waren beide nackt, doch ihre Körper wurden von der cremefarbenen Samtdecke verhüllt. Er streckte einen Finger aus und berührte ihr langes, rapsblondes Haar, das in langen Wellen über das Kissen fiel. Die Strähnen glitten leicht durch seine Finger.
Ein Seufzen

Sie seufze leise, ihrerseitsh, als seine Lippen die weiße und warme Haut ihres Nackens berührten. Wenn er, so wie

 in dem besagten Moment,

jetzt
 hinter ihr lag und sie mit beiden Armen umfasste,dicht an seinen Körper zog, wachte sie meist auf.

 „Guten Morgen“, hauchte sie und streckte eine Arm nach hinten aus, um ihn stärker an sich zu ziehen.
Während sie sich zu ihm umdrehte, war sein letzter Gedanke bei der Frage, die er stellen wollte. Am kommenden Wochenende waren es genau sieben Jahre. Er hatte den Tisch bereits bestellt, für den darauffolgenden Sonntag. Das Lokal wählte er bewusst, weil ihr die Aussicht dort immer so gefallen hatte. In der Schublade,

steht die Schublade dort allein? Kommode?  die auf der Schattenseite der Rollläden stand, befand sich die kleine Schatulle, die er hoffentlich gut versteckt hatte. Ihr Inhalt besiegelte den Gedanken, den er bereits früh ihr gegenüber hatte. Dann wurden die Ströme seiner Gedanken in  Berührungen an Körper und Seele erstickt, die ihn außer dem Moment nichts mehr wissen ließen.

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Sonntag, 18.04.2015

[b]+++ am frühen Samstagmorgen ereignete sich auf der Waldstrecke zwischen Musterbach und Weitfeldthal ein schwerer Unfall, bei dem vier junge Menschen verunglückten. Der wahrscheinlich alkoholisierte Fahrer hatte die Kontrolle über das Fahrzeug verloren und sie stürzten einen zwanzig Meter tiefen Hang hinunter, wobei sich der PKW mehrfach überschlug. Ein nächtlicher Spaziergänger hatte den Aufprall gehört und sofort den Rettungsdienst und die Polizei alarmiert. Der Fahrer erlitt schwere innere Verletzungen  und schwebt derzeit in Lebensgefahr, die drei weiteren Insassen starben noch an der Unfallstelle. +++


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Gefühlsgier
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Beitrag15.05.2015 15:09

von Gefühlsgier
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Liebe Tjana,

erst einmal vielen Dank für deinen Eindruck und das Fehlerfinden sowie die Vorschläge zum Umformulieren. Ich habe hier auch schon vieles rausgestrichen, was man nicht brauchen konnte.

Zitat:
Geht es um zwei Paare?  Oder ein glückliches und zwei Einzelpersonen? Waren alle am Vorabend zusammen?


Wink

Die beiden im Bett sollten schon in den Mittelpunkt gerückt werden, den Rest habe ich fast "beiläufig" beleuchtet. Ich werde mir noch meine Gedanken zu der Erzählperspektive machen.

glg


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Jack Burns
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Beitrag15.05.2015 15:20

von Jack Burns
Antworten mit Zitat

Hallo Gefühlsgier,

der Text ist absichtlich verwirrend konstruiert worden.
Warum?
Handelt es sich um eine Einleitung zu einer längeren Geschichte? Dann würde ich die Geduld aufbringen und auf Klarheit im weiteren Verlauf hoffen.

Grüße Martin


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Gefühlsgier
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Alter: 31
Beiträge: 421



Beitrag15.05.2015 15:31

von Gefühlsgier
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Jack Burns, bzw. Martin.

Eigentlich soll sie für sich stehen. Ich hatte eine solche Idee für den Stil schon länger im Hinterkopf, was möglicherweise auch an meinem Filmgeschmack liegen könnte Rolling Eyes
Ich war zuerst am überlegen, ob ich nicht vielleicht etwas mache, was chronologisch nicht geordnet ist, habe mich aber dem genannten Grund doch dagegenentschieden, weil dann wahrscheinlich kaum jemand mehr dahintergestiegen wäre.

glg


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Constantine
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Beiträge: 3311

Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag15.05.2015 15:34
Re: was sie ungesehen hinterließen
von Constantine
Antworten mit Zitat

Liebe Gefühlsgier,

dein Text hat einen interessanten Aufbau:
drei Miniaturen der Beteiligten am Tag nach dem all-wochenendlichen Feiern, eingeleitet durch drei Charakteristika - Wandfarbe, Stand der Rollläden und Lichteinfall.
Das Ende mit der Nachrichtenmeldung eines Unfalls und der zusammenfassenden Erkenntnis: "Don't drink and drive".

Was mir aufgefallen ist:
- Kann man Rollläden schließen oder öffnen? Können Rollläden geschlossen oder offen sein? Bei Fensterläden würde ich meine Fragen bejahen; "geschlossen" und "offen" in Bezug auf Rollläden zu gebrauchen, bin ich mir nicht sicher. MMn werden sie heruntergelassen, heruntergefahren, hochgezogen, oben gelassen, in diesem Sinne.

- Die dritte Miniatur mit dem Paar ist ausführlicher und erklärender geraten, als die ersten beiden. Warum? Die ersten beiden erinnern sich nicht oder denken nicht an den Vorabend, er macht es und liefert mir all zu viele erklärende Infos (Cyan markiert), auf die du evtl. verzichten könntest, weil es eher für den Leser gedacht ist, aber mir nicht plausibel erscheint. Warum sollte er an etwas denken, was eher schon Standard ist, dass S. ihn und seine Freunde heimfährt, anstelle zu Fuß zu gehen. Mit dem kurzen Dialog danach machst du bereits deutlich, dass es ihm zu gefährlich ist und er dieses Vorgehen eher bleiben lassen möchte, sich aber überreden lässt und ließ, dass S. alle heim fährt.
In violett markiert erfahre ich als Leser mehr über ihn und seine Partnerin. Damit schaffst du eine Tragik, wenn man sich das Ende ansiehst. Leider lieferst du mir für die anderen beiden Protagonisten am Anfang keine "emotionale Ebene", keine weitere Dimension oder Identifikation, die mir auch deren Tragik zeigt, außer, dass sie tödlich verunglücken. Das ist zwar auch tragisch, aber im Vergleich zum Pärchen lassen mich diese beiden kalt.

- Der Zeitungsartikel/Radiomeldung/Videotext-Eintrag fällt formal auf. Es wird klar, worauf deine Geschichte abzielt. Aber, vom Aufbau her fände ich eine strikte Struktur passender, die du bereits mit den drei Miniaturen eingeleitet hast.
Sprich: anstelle des Zeitungsartikels hätte ich mir eine vierte Miniatur gewünscht, aus der Sicht von S., die in einem Krankenzimmer eines Hospitals aufwacht. Damit hättest du vier Miniaturen der vier Beteiligten und könntest einstreuen, was passiert sein muss.

Noch einige Anmerkungen im Text:
Gefühlsgier hat Folgendes geschrieben:

Sonntag, 12. April. 2015
12:45


Wandfarbe: blau-weiß <-- bei keinem Lichteinfall ist es stockfinster im Raum und somit die Wandfarbe nicht erkennbar, oder?
Rolläden:    geschlossenen
Lichteinfall:  keiner


Seit sechs Stunden hat er sich nicht mehr bewegt und nach dem Aufstehen sollte er sich an das Meiste nicht erinnern. <-- Dieser Satz lässt mich stolpern. Warum "nach dem Aufstehen" und warum "sollte" er sich an das meiste nicht erinnern?
Nicht erinnern, wie er hier hergekommen war ist.
Wie er sich, vollständig nackt, ins Bett legte. Nicht erinnern, wie er sich auszog, wie lange er dafür brauchte und es entging im ihm auch, wie er sich, kaum dass er zur Tür rein kam, im Hausflur übergeben hatte. <-- aus Neugier: ist es Absicht, dass du hier rückwarts erzählst anstelle chronologisch?

Er würde noch drei Stunden schlafen, den größten Teil des Tages im Bett verbringen und anschließend drei Schmerztabletten einnehmen.

***


Wandfarbe:    flieder
Rolläden:       offen
Lichteinfall:   auf eine Kommode mit Kosmetikartikeln und auf ihr Bettende



Eigentlich schlief sie immer mit vollständig heruntergelassenen Rollläden und zog selbst ihre blasslila Gardinen zu, die zu der Wandfarbe passten.

In dieser Nacht jedoch hatte sie sich bloß, von einer betrunkenen und ungeschickten Unbeholfenheit ergriffen, vollständig bekleidet in ihr Bett gelegt und selbst auf das Zudecken verzichtet.
In diesem Zustand schlief sie noch ruheloser als ohnehin schon. Immer wieder drehte sie sich, schwer seufzend auf den Rücken, den Bauch oder jeweils eine Seite und verdrängte dabei die Decke aus dem Bett. Ein Mal beinahe sich selbst.

***

Wandfarbe:  weiß
Rolläden:     Etwa zu drei Vierteln geschlossen
Lichteinfall:  Auf das große Doppelbett am Fenster und ihre Gesichter



Sie schlief noch.
In leicht gekrümmter Haltung lag sie auf der Seite, die Hände dicht an ihrem Gesicht.

Er war bereits einige Zeit vor ihr aufgewacht.
Seine Erinnerungen waren lückenhaft und er fühlte sich, als wäre vor seinen Augen ein nebliger Schleier, in dem Lichtblitze einen Reigen tanzten und ein unbestimmter Gedankengang sich mit einem anderen verwob. Aus dem gemütlichen Vorabend wurde schnell  frühmorgens. Wie immer, wenn sie zusammensaßen. Er, sie und zwei Weitere. Die Rückfahrt gestaltete sich schwierig. S. ist gefahren. Da sie einiges getrunken hatten, mussten sie Schleichwege suchen, um nicht durch die Stadt zu fahren und dort am Besten noch in eine Kontrolle zu geraten. Außer S. zögerten alle, doch der Unmut, zwei Stunden unterwegs zu sein, siegte über jegliche Bedenken. Das würde sich nicht mehr wiederholen. Das nächste Mal würden sie laufen, das setzte er schon durch.

Sie waren beide nackt, doch ihre Körper wurden von der cremefarbenen Samtdecke verhüllt. Er streckte einen Finger aus und berührte ihr langes, rapsblondes Haar, das in langen Wellen über das Kissen fiel. Die Strähnen glitten leicht durch seine Finger. Ein Seufzen ihrerseits, als seine Lippen die weiße und warme Haut ihres Nackens berührten. Wenn er, so wie in dem besagten Moment, hinter ihr lag und sie mit beiden Armen umfasste,dicht an seinen Körper zog, wachte sie meist auf.

 „Guten Morgen“, hauchte sie und streckte einen Arm nach hinten aus, um ihn stärker an sich zu ziehen.
Während sie sich zu ihm umdrehte, war sein letzter Gedanke bei der Frage, die er stellen wollte. Am kommenden Wochenende waren es genau sieben Jahre. Er hatte den Tisch bereits bestellt, für den darauffolgenden Sonntag. Das Lokal wählte er bewusst, weil ihr die Aussicht dort immer so gefallen hatte. In der Schublade, die auf der Schattenseite der Rollläden stand, befand sich die kleine Schatulle, die er hoffentlich gut versteckt hatte. Ihr Inhalt besiegelte den Gedanken, den er bereits früh ihr gegenüber hatte. Dann wurden die Ströme seiner Gedanken in  Berührungen an Körper und Seele erstickt, die ihn außer dem Moment nichts mehr wissen ließen.

***


„Das werden wir irgendwann bereuen. Neun Mal kann es gut gehen. Dann gibt es ein zehntes Mal.

.„Wie lange kennst du mich schon? Wenn ich das nicht mehr hinkriege, weiß ich auch nicht. Red nicht rum. Steigst du jetzt ein, oder willst du hier Wurzeln schlagen?"

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***


Sonntag, 18.04.2015

+++ am frühen Samstagmorgen ereignete sich auf der Waldstrecke zwischen Musterbach und Weitfeldthal ein schwerer Unfall, bei dem vier junge Menschen verunglückten. Der wahrscheinlich alkoholisierte Fahrer hatte die Kontrolle über das Fahrzeug verloren und sie stürzten einen zwanzig Meter tiefen Hang hinunter, wobei sich der PKW mehrfach überschlug. Ein nächtlicher Spaziergänger hatte den Aufprall gehört und sofort den Rettungsdienst und die Polizei alarmiert. Der Fahrer erlitt schwere innere Verletzung und schwebt derzeit in Lebensgefahr, die drei weiteren Insassen starben noch an der Unfallstelle. +++


Vielleicht ist etwas Hilfreiches für dich dabei.

LG,
Constantine
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Gefühlsgier
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 31
Beiträge: 421



Beitrag16.05.2015 16:01

von Gefühlsgier
pdf-Datei Antworten mit Zitat

vielen Dank an euch alle die bisherigen Kommentare:

@ Tjana & Jack Burns: euch habe ich gestern noch geantwortet. Tut mir leid, dass die Geschichte in ihrem jetzigen Bestehen euch nicht das geboten hat, was ihr euch vielleicht gewünscht hättet.

@Constantine: vielen Dank für deinen, wie immer umfangreichen und verdeutlichenden, Kommentar. Wie gesagt, ich war zum Experimentieren aufgelegt.

Zum Thema Rolläden: Wir, also mein Umfeld und ich, sagen schon auch mal "schließen". Ich habe noch einmal nachrecherchiert und tatsächlich herausgefunden, dass es auch benutzt wird. Trotzdem ist es wirklich schöner, andere Wörter zu gebrauchen.

bei den Perspektiven war ich zuerst unsicher. Ob ich alles ganz emotional gestalten soll, wie bei dem Paar im Bett, oder die Szenen nur grob anreißen soll, dass alles sehr kalt wirkt. Wenn ich sie mir noch einmal durchlese, denke ich: entweder oder. Und glaube schon mehr zu wissen. Mehr möchte ich zu der Umsetzung einiger von dir genannter sowie selbst überlegter Ideen nicht sagen, da man sie ohnehin demnächst lesen kann.

Einen großen Dank besonders an dich!

und

glg an alle


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HI Hansen
Schneckenpost

Alter: 53
Beiträge: 8
Wohnort: Ferschweiler


Beitrag17.05.2015 19:50

von HI Hansen
Antworten mit Zitat

Von der Sauna ins Eisbecken, so wirkt der Nachrichtentext auf mich, und das ist sicher so gewollt.

Doch auf dem Weg dorthin, würde ich mir wünschen, wenn die Charaktere aller drei Wohnungen ruhig noch ein wenig weiter ausgeschmückt wären, vielleicht mit steckbrieflichen Angaben, die sich in den Text einfügen (in Richtung eines Drehbuches?)? Das bis dato charakteristische aller drei Parteien sollte sicherlich erhalten bleiben, es liest sich wie ein Weg (Kreuzweg?), den der Leser mit den Geschilderten nimmt.

Auf jeden Fall finde ich die Einstiege mittels der drei Charakteristika sehr gelungen. Gerade ich habe als Leser oft Probleme, ein Bild der Situation zu erzeugen, hier erhalte ich es auf dem Silbertablett.


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Rike Charlotte
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 56
Beiträge: 251
Wohnort: In den Wäldern des Einhorns


Beitrag18.05.2015 14:20

von Rike Charlotte
Antworten mit Zitat

Die Einleitung mit Wandfarbe,  Rollo und Lichteinfall finde ich sehr originell und spannend.  Leider gibt es noch keinen Bezug zum restlichen Text.  Auch sind die vier Textabschnitte stilistisch unterschiedlich.  Der letzte ist emotional,  während die anderen sachlich gehalten sind.  Was ist deine Absicht?  Sind es Teile eines Textes in Form eines Theatherstückes?  Oder Zeitungsartikel?  Wo iyt der Bezug zum Tod?  Kg,  rike
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Kateli
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 47
Beiträge: 256
Wohnort: D-Süd
Das goldene Gleis


Beitrag18.05.2015 15:39

von Kateli
Antworten mit Zitat

Also, ich mag ja solche Texte.
Fragmente, die man selbst in den rechten Zusammenhang setzen muss/darf, wobei sich da gerne ein gewisser Spielraum ergeben kann für verschiedene Sichtweisen oder eigene Interpretationen. Auch hier ist es so, wohl jeder (fürchte ich) kennt solche Ereignisse vom Hörensagen oder aus dem Bekanntenkreis, oder schlimmer sogar aus der Familie, und zumindest bei mir waren die Personen sehr schnell sehr fühlbar und nah.

Textarbeitsmäßig halte ich mich im Moment mal zurück, du hast schon viele, viele Anregungen bekommen und ich bin mal gespannt, was du aus dem Text machst - ich hoffe aber, dass du die Stimmung und den Erzählton beibehältst, denn die gefallen mir sehr.

Ach so, höchstens eine Kleinigkeit noch: "Ein nächtlicher Spaziergänger" schreibst du, und es sieht mir aus wie ein Nachrichtentext auf ntv oder eine Mitschrift von Radio-Nachrichten, allerdings würden die wohl eher schlicht "Passant" sagen oder vielleicht noch "Ohren-/Augenzeuge".
"Nächtlicher Spaziergänger" klingt einfach nicht sachlich genug, aber das mag mein subjektives Empfinden sein.


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