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Kontrollverlust


 
 
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Mika1887
Geschlecht:männlichSchneckenpost

Alter: 41
Beiträge: 12
Wohnort: Schleswig-Holstein


Beitrag11.05.2015 13:45
Kontrollverlust
von Mika1887
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hier eine Leseprobe meines Projekts. Es handelt sich um das einleitende Kapitel und ist als Leseprobe eventuell recht lang. Ich wollte es aber ungerne in der Mitte abbrechen.

Mal ganz grob skizziert: 24 Stunden (von 6.30 Uhr bis 6.30 Uhr) eines normalen Werktags des Hauptcharakters. Ein Alltag im Leben mit einer Sucht, die zur Straffälligkeit geführt hat und einer Beziehung, die er gleichzeitig zu handhaben versucht. In der Folge geht es neben den Verhaltensstrukturen des Charakters auch vermehrt um dessen Innenleben.

Ich freue mich auf Rückmeldungen und Kritik, da ich eben kein Profi bin und mich gerne verbessern möchte. Ich hoffe sehr nicht zuviele Fehler eingebaut zu haben. Für den Fall das doch: Entschuldigung

-----------------------

Der Wecker klingelt, wie jeden Werktag, um 6:30 Uhr. Nach weniger als fünf Sekunden verstummt das rhythmische und laut durchdringende Signal durch ihren gezielten Treffer mit der linken Hand auf die Mute-Taste, die glücklicherweise die mit Abstand größte des Weckers ist.
»Ich liebe Dich«, säuselt sie leise und mit einem leicht jammernden Unterton, der der Uhrzeit und dem bevorstehenden Arbeitstag geschuldet ist. Wenige Wimpernschläge nachdem sie sich umgedreht und das Klingeln des Weckers beendet hat, schläft sie wieder ein.
Die Wimpernschläge gehörten jedoch nicht zu ihr, sondern zu ihm, der mit dem ersten Ton umgehend wach im Bett liegt, während sie ihre Augen noch nicht einmal geöffnet hatte. So liegt seine bildhübsche Verlobte, um die ihn all seine Freunde so sehr beneiden mit dem Kopf auf seiner Brust, schläft engelsgleich und schenkt ihm selbst in dieser eher unbewussten Situation ihr Vertrauen. Ihr Arm umschlingt seinen Bauch, ihr Bein liegt quer über seinem und ihr Gesichtsausdruck komplettiert ihre persönliche Definition von Geborgenheit.

Auch er ist noch recht müde und würde am liebsten ein paar Minuten oder auch Stunden weiterschlafen, bis sie beide von alleine aufwachen oder einem der beiden langweilig würde und den Schlaf des Anderen beendet.
An diesem Morgen ist dieser Gedanke jedoch reinste Phantasie. Zuviel ist gestern, vorgestern und auch die Tage zuvor geschehen, als das er länger als zwingend notwendig schlafen könnte. Die Achterbahnfahrt seiner Gedanken beginnt zum wiederholten Male von neuem. Der Wecker löste die Bremsen und nun fährt die Bahn bergauf, zielstrebig dem höchsten Punkt, der heute noch nicht definiert ist, entgegen.
Während er sanft durch ihr langes, blondes Haar streicht und mit leerem Blick auf den 6-türigen Einbauwandschrank ihres Schlafzimmers starrt, der bei der Besichtigung der neuen Wohnung vor einigen Monaten ihre Augen glänzen ließ, geht der Alarm erneut los.
»Das waren niemals zehn Minuten!«, protestiert sie lautstark und sieht sich mit Blick auf die Uhrzeit, die der Wecker anzeigt, getäuscht. Die Zuverlässigkeit der Mute-Funktion lässt sich nicht anzweifeln.
»So, wer feiern kann, der kann auch arbeiten«, bedient er sich an ihrem Repertoire von klugen Weisheiten à la 'keine Fete ohne Knete'. Bevor sie aber erwidern kann und womöglich wirklich etwas in Richtung Knete sagt, steht er auf und fügt noch einen Nachsatz hinzu. »Jetzt aber aufstehen, Schatz. Das Wetter soll heute richtig toll werden und wenn Du wieder zu Hause bist, dann unternehmen wir was Schönes.«
So verlässt er das Schlafzimmer mit der Küche als Ziel, um Kaffee aufzusetzen. Auf Höhe des Esszimmers vernimmt er ihre trotzige Reaktion.
»Wieso überhaupt feiern? Wir hatten einfach nur einen lustigen Abend zu zweit. Und wenn Du mein Lieber nicht noch die zweite Flasche Wein aufgemacht hättest, wäre ich jetzt fit wie ein Turnschuh.«

Er nimmt es zur Kenntnis und muss zugeben, dass der gestrige Abend wirklich mal wieder sehr lustig war, und es nur ein weiterer Beweis dafür ist, dass er mit ihr den großen Fang gemacht hat. Sie lieben sich nicht einfach nur, sondern sind die besten Kumpel, haben die gleichen Interessen, den gleichen Humor und ergänzen sich einfach perfekt.
»Außerdem kannst Du Dich ja gleich wieder schlafen legen«, knallt ihm ihr vorwurfsvoller Angriff in den Nacken, während er an der Kaffeemaschine herumhantiert.
Sie steht mit schlafzerzaustem Haar und ungeschminkt in der Tür, die die Küche vom Esszimmer trennt. Sein T-Shirt, das sie nachts so gerne trägt, ist ihr zu lang, so dass ihre nackten Füße und die endlos langen Beine ihn kurz überlegen lassen, ob sie in der Nacht gar keinen Slip getragen hat.
Zu Beginn ihrer Beziehung, als sie seinen Bruder besuchten, versicherte sie ihm während eines stundenlangen Spaziergangs durch den Essener Grugapark noch, dass er einen solchen Anblick niemals zu Gesicht bekäme. Sie findet sich ungeschminkt unattraktiv.
In diesem Punkt sind sie sich absolut uneinig, denn ihre natürliche Schönheit und der leicht wehleidig, verschlafene Blick verzauberte ihn vom ersten Moment an.
Äußerlich unbeeindruckt füllt er das Wasser in die Kaffeemaschine und versichert ihr wie jeden Tag, dass er sich eben nicht wieder hinlegt, wenn sie die Wohnung verlässt.
»Ich möchte heute gar keinen Kaffee. Das schaffe ich zeitlich sowieso nicht mehr. Stattdessen wäre es toll, wenn Du mich mal wieder begehren würdest und nicht die Finger von mir lassen könntest. Das vermisse ich so sehr !«
Entgeistert schaut er ihr nach, während sie zurück trabt, um sich für die Arbeit fertigzumachen.
Wie hat sie die beiden letzten Sätze bloß gesagt, ohne dabei ihre Lippen zu bewegen? Habe ich gerade ihre Gedanken gelesen? Oder bilde ich mir ein, dass dies naturgemäß und so, wie ich sie kennen und lieben gelernt habe, definitiv ihre Gedanken sein müssten? Denn viel habe ich ihr zuletzt ja leider nicht geboten, was Sex betrifft.
Ohne eine Antwort auf seine Überlegungen zu erhalten beziehungsweise sie sich zu erarbeiten, räumt er die Hinterlassenschaften des gestrigen Abends aus dem Wohnzimmer weg. Eine Flasche Sekt, drei Dosen Energy Drink, eine Flasche Weißwein, vier Gläser, einen Aschenbecher, das Rommé Kartenspiel, die leere Schale, die gestern Abend noch voller Weingummi war und zuletzt das Notebook, das er am Fernseher anschließt, wenn sie ein paar Folgen ihrer Lieblingsserie schauen wollen, wie sie es auch gestern taten.
Auf dem Weg zum Arbeitszimmer, wo das Notebook seinen angestammten Platz findet, ruft er ihr scherzhaft in Richtung Badezimmer zu.
»Es waren gar keine zwei Flaschen Wein. Nach der ersten gab es nämlich Sekt mit Energy und ...« Noch bevor er seinen Satz beenden kann, klingelt ihr Handy. Der mittlerweile dritte Weckruf geht ihm so langsam aber sich ziemlich gegen den Strich. »Es wäre schön, wenn wir uns künftig auf zweimal Wecken pro Morgen einigen könnten«, reagiert er zögerlich und fordernd zugleich.
Sie steht mittlerweile splitterfasernackt im Bad vor dem Spiegel und schminkt sich.
»Und dann verschlafen wir und keiner will schuld gewesen sein. Außerdem mag ich es mich nochmal umzudrehen, um die Augen zuzumachen und mich an Dich zu kuscheln. Ach ja, kannst Du heute bitte Kontoauszüge holen? Meine Bankkarte hast Du ja noch.«

Keine halbe Stunde ist der Tag alt und da ist er schon: der erste gefühlte Tritt in seine Magengrube. Ohne dass sie auch nur ahnen könnte, dass sie es war, die ihm diesen Tritt soeben versetzt hat und vor allem ohne das sie es mitbekommt, da er recht schnell antwortet.
»Ja, klar! Mach ich.« Schnurstracks und ohne ein weiteres Wort zu verlieren, führt er seinen Weg fort von der Unterredung in Richtung der Küche, wo er sich an den Tresen setzt, um seinen Kaffee zu trinken.
Du kannst ihr wohl schlecht sagen, dass am Achten des Monats kein einziger Euro mehr auf dem Konto ist. Und den Grund kannst Du ihr ohnehin nicht nennen. Also lass Dir etwas einfallen, wie Du verhinderst ihr Auszüge geben zu müssen, und woher das Geld kommt, um den Rest des Monats zu überstehen. Das hat nun oberste Priorität! Und so ordnen sich die Gedanken über die offene Miete, die neuerlichen Ermittlungen der Polizei, die Leute, die auf ihr Geld oder seine Antwort warten, den Zahnarzttermin und alles, was ihn nach 6:30 Uhr keine Sekunde mehr hat schlafen lassen, dahinter ein.
Auf dem Barhocker sitzend mit beiden Ellenbogen auf dem Tisch bietet ihm der Blick aus dem Küchenfenster eine fantastische Aussicht. Keine drei Meter vor ihrer Haustür macht die Wiesent eine Biegung, in der die Bachforellen sich tummeln und wunderbar zu beobachten sind, während die fränkische Schweiz nach und nach von den ersten Sonnenstrahlen berührt wird.
Für so etwas hat er nun aber absolut kein Auge und starrt wie paralysiert an seiner Kaffeetasse vorbei ins Nichts. Die Minuten verstreichen ohne jede körperliche Regung. Er fühlt sich ausgelaugt und kaputt, obwohl der Tag doch gerade erst begonnen hat. Trotz der Tatsache, dass er sich klare Prioritäten für sein Handeln gesetzt hat, ist er in diesem Moment nicht in der Lage sich damit gedanklich zu beschäftigen.
»So Schatz, ich muss los. Du könntest bitte mal saugen und ein Foto von dem Storchenpaar machen, das vor unserem Schlafzimmer das Nest bezogen hat. Das würde ich gerne meiner Mutter schicken. Wenn wir schon neue Haustiere haben ... Und denk bitte an die Kontoauszüge«, reißt sie ihn mit ihren Bitten aus seinem Nichtstun.
»Wird gemacht Chef! Auf dem Konto sind knapp achthundertfünfzig Euro, das kann ich Dir auch so sagen. Und heute Nachmittag genießen wir das Wetter«, versucht er zumindest den für ihn wichtigsten Teil ihrer Anliegen abzuschmettern, nicht ohne noch etwas Positives hinzuzufügen, das von der Thematik der Auszüge eventuell ablenken könnte.
»In Ordnung. Wir können ja sonst auch heute Abend mal gemeinsam nach Forchheim und bei der Postbank vorbei. Geld müssen wir eh abheben. Im Anschluss an den Spaziergang gehen wir vielleicht irgendwo einen Happen essen. Ich freue mich auf später und liebe Dich.«
Noch während des Abschiedskusses kriegt er leichte Magenschmerzen und fängt zum ersten Mal zu schwitzen an.
»Ich liebe Dich auch.«

Er schließt die Tür hinter ihr und schleicht zurück in die Küche. Am Fenster stehend blickt er zu der kleinen Brücke, circa zwanzig Meter Luftlinie von der Haustür entfernt, die die Überquerung der Wiesent ermöglicht und die sie nutzen muss, um zu ihrem Auto zu gelangen. Mitten auf der Brücke bleibt sie abrupt stehen und dreht sich um.
Seit ihrem ersten Arbeitstag in ihrer gemeinsamen neuen Wohnung, in ihrer neuen Heimat existiert dieses Ritual. So winkt sie in Richtung Küchenfenster und schickt ihm eine Kusshand, die er prompt entgegnet, bevor sie den Weg zum Auto fortsetzt und davonfährt. Sein Blick folgt dem Wagen mit den Kennzeichen, das die Anfangsbuchstaben ihrer beiden Vornamen, sowie das Gründungsjahr seines Vereins enthält.
Schon von Kindheit an, ist dieser Verein seine große Leidenschaft. Er hat ein Vermögen für Eintrittskarten ausgegeben, abertausende von Kilometern im Auto, Bus und Bahn für Auswärtsspiele zurückgelegt und sie schon während ihrer Kennenlernphase ebenfalls für seine Farben begeistern können. Doch war es nicht ihre eigene Begeisterung, die sie dazu bewegt hat das Kennzeichen so auszuwählen, sondern einzig und allein das Wissen welch unglaublich große Freude sie ihm damit macht. Wenn er glücklich ist, dann ist sie es auch, und daher brauchte sie nicht einmal ernsthaft darüber nachzudenken, ob es eine alternative Auswahlmöglichkeit gibt, die sie sich lieber wünschte.
Für ihre Beziehung hatte er die Fußballtouren auf ein absolutes Minimum reduziert, und wenn er doch einmal in Richtung Stadion aufbricht, begleitet sie ihn meist. Es war nicht so, dass sie von ihm verlangte die Touren zu reduzieren, sondern seine eigene Entscheidung. Mittlerweile, knapp siebenhundert Kilometer von ihrem vorherigen Wohnort entfernt, sind die Heimspiele ebenfalls zu Auswärtsspielen geworden, doch fällt es ihm nicht wirklich schwer darauf zu verzichten, solange er die Zeit mit ihr verbringen kann.

Und so verschwindet der Wagen mit dem neuen Kennzeichen in Richtung ihrer neuen Arbeitsstelle zu ihren neuen Kollegen. Er bleibt zurück in ihrer gemeinsamen neuen Wohnung mit den neuen Möbeln. Ihre gesamte Basis ist neu. Hier haben sie sich an Heiligabend verlobt und sich geschworen niemals wieder getrennte Wege zu gehen.
Notwendig wurde all das Neue nur seinetwegen, um die Probleme und Altlasten, die existierten, für immer zurückzulassen und ihnen die Zukunft zu ermöglichen, die sie sich so lange schon wünschen. Von niemandem haben sie sich in ihre Beziehung hereinreden lassen und dass es viele Leute gab, die ihnen nur ein sehr kurzes Zusammenleben vorhersagten, schweißt sie nur noch mehr zusammen.
Seit knapp fünf Monaten sind sie nun hier und scheinbar am Ziel angekommen, wenn es auch Angelegenheiten gibt, die noch nicht ihren Wünschen und Vorstellungen entsprechen. Sein Zurückbleiben in der Wohnung ist ein solches Beispiel und soll möglichst zeitnah durch einen geregelten Arbeitsalltag ersetzt werden.
Während sie nun im Auto sitzt, zur Arbeit fährt und ihm eine SMS schreibt, ahnt sie nicht, dass die alten Probleme sich gut versteckt und sie auch über die weite Entfernung heimlich begleitet haben. Genau in diesem Moment stehen sie nämlich in der Küche.
Er spürt die Achterbahn den ersten Berg hinabrasen und der Sicherheitsgurt sitzt dabei ziemlich locker. Die alten Gedanken, die alten Gefühle, die Angst und Panik, die er so oft schon durchlebt hat, sind wieder einmal da.  Als der Küchentisch vibriert, zuckt er zusammen, greift nach seinem Handy und liest die angekommene Nachricht, die das Display vermeldet.
Ich vermisse Dich schon jetzt. Du bist und bleibst mein Ein und Alles. Gegen 16 Uhr bin ich wieder zu Hause und freue mich auf das, was Du Dir für unsere Unternehmung ausdenkst. Kuss
Mit dem Blick auf die Uhrzeit errechnet sich für ihn wie von selbst der Countdown: Acht Stunden und fünfzehn Minuten.
Ab jetzt!

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Catalano
Geschlecht:männlichLeseratte
C

Alter: 40
Beiträge: 136



C
Beitrag11.05.2015 19:38

von Catalano
Antworten mit Zitat

Hallo Mika1887

ich habe die Geschichte gelesen (teilweise überflogen).

Zu erst einmal finde ich schon, dass du gut schreiben kannst.
Ich kann nicht wirklich sagen, dass ich die Geschichte sehr interessant fand. Aber etwas Neugierig gemacht hat sie mich.
(Was macht der Typ denn jetzt, wo seine Freundin zur Arbeit ist? Will er sich Drogen beschaffen?)

Aber teilweise packst du zu viele Beschreibungen und Informationen rein, und dehnst die uninteressanten Dinge etwas zu sehr.
Der Anfang war etwas zäh zu lesen.
Zum Beispiel hier hätte ich etwas weggelassen (dachte ich zunächst):

Zitat:
durch ihren gezielten Treffer mit der linken Hand auf die Mute-Taste, die glücklicherweise die mit Abstand größte des Weckers ist.


ABER DANN kam die Geschichte in Schwung, mit diesem genialen Satz:

Zitat:
Die Zuverlässigkeit der Mute-Funktion lässt sich nicht anzweifeln.


Bis zum Nächsten Absatz schien mir die Sache zackig und interessant weiterzugehen.

Aber schon in dem nächsten Absatz zog sich wieder einiges in die Länge. Beschreibungen der Umgebung und so weiter ist zwar gut, aber nicht zu viel davon.

Würdest du etwas kürzen, könnte sich daraus eine wirklich gute Geschichte entwickeln.
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Jack Burns
Geschlecht:männlichReißwolf

Alter: 54
Beiträge: 1443



Beitrag11.05.2015 23:00

von Jack Burns
Antworten mit Zitat

Hallo Mika 1887,
                          Willkommen im Forum!

Ich gebe Dir meinen persönlichen Eindruck wider, mein Gefühl als Leser.
Stell Dir vor, ich entdecke Dein Werk im Laden und lese zur Probe diesen Abschnitt.

1. Als erstes fiel mir auf, dass Du Rechtschreibung und Grammatik im Griff hast. Mit der Lupe habe ich nicht gesucht - das überlasse ich dem Lektor.
2. Der Einstieg - Beginn des Tages, Aufwachen mit der Geliebten, Ärger über den Wecker - ist gut gewählt. So gleite ich langsam in die Geschichte hinein und kann den Protagonisten kennenlernen. Andererseits zieht es sich auch nicht zu lange hin bis der erste Konflikt auftaucht.
3. Ich stutze nach einigen Minuten; Warum liest sich das so seltsam?
 Ah, im Präsens geschrieben. Auf Romanlänge wird mir das entweder zu nervig oder ich gewöhne mich daran. Geschmackssache und allein Deine Entscheidung.
4. Will/muss ich wissen, dass der Schrank sechs (ausschreiben!) Türen hat? Warum: "Gestern, vorgestern und die Tage davor", statt während der letzten Tage? Davon finde ich einige Stellen, die man, nimm's nicht krumm!, als unnützen Ballast empfinden könnte, der die Story nach unten zieht.
5. Mir, als Leser, ist Glaubwürdigkeit sehr wichtig. Die Formulierungen der Gedanken des Protagonisten und die Dialoge mit seiner Freundin erscheinen mir stark gekünstelt und dadurch im Widerspruch zur Schilderung eines normalen Tages im Leben normaler Menschen.
Zitat:
und ihr Gesichtsausdruck komplettiert ihre persönliche Definition von Geborgenheit.

An dieser Stelle lege ich das Buch ins Regal zurück.
Dieser Stil zieht sich durch den kompletten Textabschnitt, deshalb bin ich etwas ratlos. Es wäre nicht sehr hilfreich, wenn ich diese Stellen aufzeige, da es Deine gesamte Arbeitsweise in Frage stellen würde.
6. Die Story könnte mich reizen, weiter zu lesen. Die Eskalation ist abzusehen, spannend bleibt, wie der Protagonist versucht sich aus der Affäre zu ziehen. Ich rate mal: Der dreht ein Ding, um an Geld zu kommen und fährt dafür ein.

Summe: Ich sehe, dass Du mit Worten umgehen kannst. Die Grundidee hat Potenzial und einige Formulierungen gefallen mir sehr gut. Leider springe ich nach einigen Absätzen vom Zug, da ich mit dem sprachlichen Stil nichts anfangen kann.
Allerdings: Kein Autor kann jeden Geschmack bedienen. Und ich bin nur ein Leser. Es gibt sogar einen aktuellen Bestseller, der ähnlich gestaltet wurde.

Grüße
Martin


_________________
Monster.
How should I feel?
Creatures lie here, looking through the windows.
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Mika1887
Geschlecht:männlichSchneckenpost

Alter: 41
Beiträge: 12
Wohnort: Schleswig-Holstein


Beitrag12.05.2015 09:28

von Mika1887
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Vielen Dank an Euch beide.

Catalano hat Folgendes geschrieben:

Aber teilweise packst du zu viele Beschreibungen und Informationen rein, und dehnst die uninteressanten Dinge etwas zu sehr.

Catalano hat Folgendes geschrieben:

Aber schon in dem nächsten Absatz zog sich wieder einiges in die Länge. Beschreibungen der Umgebung und so weiter ist zwar gut, aber nicht zu viel davon. Würdest du etwas kürzen, könnte sich daraus eine wirklich gute Geschichte entwickeln.


Ja, das mag richtig sein. Ehrlich gesagt, hatte ich es anfangs nicht so ausgedehnt und habe es auf den Rat eines Freundes ausgeschmückt, um mehr Bilder beim Leser zu erzeugen. Mir war es von Beginn an wichtig, dass die eigentliche Thematik nicht "verwässert" und nach Deiner Rückmeldung, könnte es damit evtl. doch passiert sein. Ich werde mir Gedanken machen. Inwieweit die Dinge natürlich "uninteressant" sind, ist beim Lesen des 1. Kapitels sicher noch nicht 100% zu sagen...


Jack Burns hat Folgendes geschrieben:

"Gestern, vorgestern und die Tage davor", statt während der letzten Tage?

Auf diese Weise habe ich versucht deutlicher darauf einzugehen, dass es in seiner jetzigen Situation ein wiederkehrendes Problem darstellt. Ist evtl. in die Hose gegangen.

Jack Burns hat Folgendes geschrieben:

Mir, als Leser, ist Glaubwürdigkeit sehr wichtig. Die Formulierungen der Gedanken des Protagonisten und die Dialoge mit seiner Freundin erscheinen mir stark gekünstelt und dadurch im Widerspruch zur Schilderung eines normalen Tages im Leben normaler Menschen.

Damit hast Du einen recht wunden Punkt bei mir getroffen, denn das ist für mich selber das Allerwichtigste. Sollte die nicht rüberkommen, wäre es eine echte Katastrophe. Ein spezieller Dank für diese Rückmeldung. Da muss ich dann auf jeden Fall ran, wenn es anderen ähnlich geht.

Jack Burns hat Folgendes geschrieben:

Ich rate mal: Der dreht ein Ding, um an Geld zu kommen und fährt dafür ein.

Es geht in diese Richtung. Letztlich findet die gesamte Story ja innerhalb von 24 Stunden statt. Er wird nicht am selben Tag einfahren. Ich könnte aber auch nochmal eine Textstelle einfügen, die den Blick auf das Kommende evtl. etwas klarer werden lässt.

Jack Burns hat Folgendes geschrieben:

Dieser Stil zieht sich durch den kompletten Textabschnitt, deshalb bin ich etwas ratlos. Es wäre nicht sehr hilfreich, wenn ich diese Stellen aufzeige, da es Deine gesamte Arbeitsweise in Frage stellen würde. [...] Leider springe ich nach einigen Absätzen vom Zug, da ich mit dem sprachlichen Stil nichts anfangen kann.


Da bin ich ratlos, da dies wohl mein Stil ist. Vor allem die noch folgende Beschreibung von Gedanken, Gefühlen (Ängsten) und Emotionen werden Dich dann wahrscheinlich einschlafen lassen, wenn Du sie Dir denn überhaupt durchlesen würdest. Es könnte durchaus sein, dass dieser Text sehr zielgruppenorientiert ist. Bei bisherigen Rückmeldungen (von Leuten, die Ähnliches erlebt haben) wurde genau diese deatillgetreue Beschreibung sehr gelobt.

Zu Euren Meinungen / Ratschlägen allgemein:

Mit dem Schreiben dieses Buchprojekts habe ich mein persönliches Ziel längst erreicht. Ich bin unglaublich stolz darauf (was bisher nicht oft der Fall war), dass ich dieses Projekt angegangen bin und zuende geführt habe. Sollte es nicht reichen, um es evtl. irgendwann mal zu veröffentlichen, ist es absolut nicht schlimm für mich. Einen Platz in meinem Regal hat es für alle Zeit sicher...

Keine Kritik oder Meinung zu diesem Text kränkt mich in irgendeiner Weise, denn dann hätte ich diese Leseprobe definitiv nicht eingestellt. Jeder der diese Zeilen bisher gelesen hat, stand in irgendeiner Verbindung zu meiner Person, meiner Vergangenheit oder dieser Geschichte. Deshalb war es mir, und ist es mir sehr wichtig auch Meinungen von Profis wie Euch zu hören. Da ich eben auch künftig schreiben möchte, freue ich mich darauf, mich hoffentlich verbessern, bzw. an geeigneten Stellen in meiner Ausdrucksweise und dem Schreibstil ändern zu können.

Wirklich sehr gerne mehr davon. Danke Martin (Jack Burns) und Catalano.

Mika
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Ynishii
Geschlecht:männlichEselsohr

Alter: 47
Beiträge: 355
Wohnort: Erde


Beitrag12.05.2015 11:56

von Ynishii
Antworten mit Zitat

Hallo Mika smile extra

Erst mal auch von mir "Herzlich Willkommen".

Da ich kein Experte bin, was Rechtschreibung und Grammatik angeht, verschone ich Dich lieber damit.

Eine Gesamteindruck kann ich Dir aber schon geben, wenn es Dir nützt.

Ich finde, dass Martins und auch Catalanos Kommentare schon in die richtige Richtung gehen.

Auch für mich scheint die Szene als solches einfach zu perfekt zu sein. Es gibt zunächst noch überhaupt keinen Konflikt, auch wenn er sich andeutet. Wenn ich aber dran denke, dass er ja anscheinend ein wiederkehrendes Problem hat, welches vorher schon da war, dann scheint mir das ein wenig zu harmonisch. Würde die Dame nicht schon was ahnen?

Wenn ich davon ausgehe, dass sie nichts von seiner Vergangenheit weiß, was durchaus sein kann, dann ist sie mir trotzdem zu perfekt. Alles scheint einem Werbekatalog entsprungen zu sein. Beide Protagonisten sind irgendwie undeutlich, in eine Wolke aus Perfektion gehüllt. Sie scheinen (was nicht sein muss und sich in der Geschichte sicherlich noch entwickelt) ein wenig flach und undeutlich. Ich kann auch noch nicht wirklich erkennen, was er gemacht hat oder warum? Wo ist die Kohle? Was hat er damit gemacht? Seine Gedanken sind in dieser Hinsicht recht wage und mit folgendem Satz kann ich überhaupt nix anfangen:

Zitat:
»Es waren gar keine zwei Flaschen Wein. Nach der ersten gab es nämlich Sekt mit Energy und ...«


??? Hat das was mit seinem Problem zu tun? Gedächtnislücken?

Mir persönlich fehlt die Möglichkeit mich hineinzuversetzen.

Ich würde vielleicht weniger die Umgebung beschreiben als mehr noch was in den beiden vorgeht. - Auch Zweifel und vielleicht wären ein paar Ecken und Kanten nicht verkehrt.

Als ich ihre Beschreibung las, fühlte ich mich an einen Hollywood Film erinnert (Da wo sogar die Drogenjunkies aussehen wie Models und reden, als hätten sie in Harvard studiert), der nach einen Standartschema abläuft. Ich glaube, dass da mehr drin ist. Allerdings ist das Niveau auf dem Du arbeitest schon hoch.

Es sind eher Schönheitskorrekturen.

Liebe Grüße

Y.


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Michel
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Beitrag12.05.2015 12:33

von Michel
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Schöner Text. Rohdiamant.

Männlicher Protag, wohl mit schweren Geldsorgen behaftet, versucht die Fassade seines glamourbürgerlichen Lebens aufrecht zu erhalten. Es klingt bereits an, dass ihm das nicht gelingen wird. Koks oder Spielsucht? Arbeitslos scheint er ja schon zu sein.

Für mich ein Text, der richtig gut werden kann, aber noch eine Menge Schliff benötigt. Sprich: Er ist mir zu lang. Damit meine ich nicht, dass augenblicklich ein Riesenkonflikt im Raum stehen muss. Im Gegenteil, mir gefällt das allmähliche Entstehen der Risse im perfekten Bild. Ich habe mich eine Weile beruflich mit dem Thema Sucht beschäftigt, und vieles, was in dem Text aufscheint - die immer wieder aufblitzende Panik, das Lügen, das Normal-Spielen -, kenne ich aus den Erzählungen meiner Klienten. Finde ich gut eingefangen. Etwas zu viele Klischees: Das sexy Wesen mit der blonden Mähne - hm. Es gibt einen Unterschied zwischen "realistisch" und "glaubwürdig". Das könnte alles so passieren, aber als romanhafte Verdichtung ist es zu stereotyp. Oder wird diese Scheinwelt an anderer Stelle noch gebrochen? Dann sollte das bereits hier anklingen; das erste Kapitel setzt die Melodie.

Das Schreiben in der Gegenwart finde ich unproblematisch, weil es die Distanz zur Hauptfigur verringert.

Ich zerpflücke mal die ersten ein, zwei Abschnitte.
Zitat:
Der Wecker klingelt, wie jeden Werktag, um 6:30 Uhr. Nach weniger als fünf Sekunden verstummt das rhythmische und laut durchdringende Signal durch ihren gezielten Treffer mit der linken Hand auf die Mute-Taste, die glücklicherweise die mit Abstand größte des Weckers ist.
Zu viel Erklärung, zu viel Beschreibung. Wie ein Wecker klingelt, werden die meisten Leser selbst leidvoll erfahren haben. 6:30 Uhr würde ich, wenn Du nichts dazu schreibst, ohnehin mit Werktagen in Verbindung bringen. Die meisten Wecker haben eine relativ große Schlummertaste. Wenn man das alles herausnimmt, läuft der erste Absatz viel schneller:
Zitat:
Sechs Uhr dreißig. Der Wecker reißt ihn aus dem Schlaf. Wenige Sekunden später beendet ein gezielter Schlag ihrer linken Hand das Piepen.
Nicht ideal, aber knapper. Danach würde ich den Text durchkämmen: Was bringt die Story voran, trägt wirklich zu Atmosphäre oder Figurenzeichnung bei? Alles andere: raus.
Zitat:
»Ich liebe Dich«, säuselt sie leise und mit einem leicht jammernden Unterton, der der Uhrzeit und dem bevorstehenden Arbeitstag geschuldet ist. Wenige Wimpernschläge nachdem sie sich umgedreht und das Klingeln des Weckers beendet hat, schläft sie wieder ein.
Beebeep - Klischeealarm! Geht auch im nächsten Absatz weiter: "Ich liebe dich", bildschön, lange blonde Haare - im Buchladen hättest Du mich hier verloren. Der einzige Bruch, der mich aufhorchen lässt, ist der Jammerton, der so gar nicht zur Liebesbezeugung passt.
Zitat:
Die Wimpernschläge gehörten jedoch nicht zu ihr, sondern zu ihm, der mit dem ersten Ton umgehend wach im Bett liegt, während sie ihre Augen noch nicht einmal geöffnet hatte.
Achtung, Perspektivbruch! Du denkst die Story in Bildern, oder? Dann wäre es wichtig, eine Kameraperspektive durchzuhalten. Die Geschichte ist durch seine Augen gefilmt, aber hier sehe ich plötzlich von oben auf das Paar (auktoriale Perspektive). Solche Brüche unterbrechen den Prozess der Identifikation. Lieber ein schönes Bild weniger, aber mehr Mitfühlen mit dem Protag.
Zitat:
So liegt seine bildhübsche Verlobte, um die ihn all seine Freunde so sehr beneiden mit dem Kopf auf seiner Brust, schläft engelsgleich und schenkt ihm selbst in dieser eher unbewussten Situation ihr Vertrauen. Ihr Arm umschlingt seinen Bauch, ihr Bein liegt quer über seinem und ihr Gesichtsausdruck komplettiert ihre persönliche Definition von Geborgenheit.
Hrrrm - sehr romantisch: "... komplettiert ihre persönliche Defini..." was? Das reißt mich raus und trägt nichts zum Bild bei.

Fazit: Schleifen. Alles raus, was Handlung, Figurenentwicklung oder Stimmung nicht voranbringt. Klischees streichen oder durch (wenige) persönliche Merkmale ersetzen. Personale Perspektive einhalten. Dann funkelt der Diamant plötzlich in einem sehr kalten Licht und die Höllenfahrt des Protagonisten gewinnt mächtig an Fahrt. Beim Lesen hatte ich nämlich durchaus diesen Moment: "Scheiße, das wird aber daneben gehen".

Dranbleiben, bin sehr gespannt!
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Mika1887
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Wohnort: Schleswig-Holstein


Beitrag12.05.2015 13:11

von Mika1887
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Auch euch Beiden, Michel und Ynishii, vielen Dank dafür, dass Ihr Euch mit dem Text auseinandergesetzt und mir Eure Rückmeldung mitgeteilt habt.

Für den Fall, dass es aus meiner Vorstellung hier im Forum nicht herausgekommen ist, möchte ich doch einmal etwas Licht ins Dunkle bringen. Ich glaube nämlich dadurch auch erklären zu können, wo mein offensichtliches Problem beim Schreiben liegt. Vielleicht besser gesagt beim Schreiben dieses expliziten Projekts. Und das sollte mir mit 2 Antworten auf Zitate möglich sein:
Michel hat Folgendes geschrieben:
Männlicher Protag, wohl mit schweren Geldsorgen behaftet, versucht die Fassade seines glamourbürgerlichen Lebens aufrecht zu erhalten. Es klingt bereits an, dass ihm das nicht gelingen wird. Koks oder Spielsucht? Arbeitslos scheint er ja schon zu sein.
Treffer
Michel hat Folgendes geschrieben:
Du denkst die Story in Bildern, oder?
Noch genauer: Ich berichte von Erlebtem und Erinnerungen.

Ich denke nur diese Hinweise deuten meine Problematik, die Ihr durch Eure Ratschläge uniso aufgedeckt habt, schon an. Ich muss wohl eine größere Distanz finden.

 
Ynishii hat Folgendes geschrieben:
Auch für mich scheint die Szene als solches einfach zu perfekt zu sein. Es gibt zunächst noch überhaupt keinen Konflikt, auch wenn er sich andeutet. Wenn ich aber dran denke, dass er ja anscheinend ein wiederkehrendes Problem hat, welches vorher schon da war, dann scheint mir das ein wenig zu harmonisch. Würde die Dame nicht schon was ahnen?

Mit Sicherheit ahnt sie sowas, was in der Folge auch zur Sprache kommt. Sie weiß auch um seine Problematik, hofft aber wie beschrieben, dass dieses Thema ein Ende hat. Aber nicht nur Süchtige sind Weltmeister im Verdrängen, auch Partner... In der Hoffnung, dass es hilt. Und sicher verläuft nicht jeder Morgen im Alltag dieser beiden so "perfekt" (ich persönlich empfinde es gar nicht als so perfekt), aber ich habe natürlich auch versucht eine gewisse Diskrepanz zu diesem Morgen (teilweise auch dem was am Abend passiert) und seiner Gefühlswelt, bzw. seinem Verhalten am Tag zu zeichnen. Dieses absolut widersprüchliche Verhalten und die Kraft, die er aufbringen muss, um eben diese heile Welt nach außen zu transportieren, da es in ihm nun mal völlig anders aussieht.

Ynishii hat Folgendes geschrieben:
Ich kann auch noch nicht wirklich erkennen, was er gemacht hat oder warum? Wo ist die Kohle? Was hat er damit gemacht? Seine Gedanken sind in dieser Hinsicht recht wage

Ganz ehrlich ? Das habe ich recht bewusst gemacht, um das Interesse zu wecken. Ich empfand es beim Schreiben als gutes Mittel, um nicht sofort die Sucht zu thematisieren und mit der Tür ins Haus zu fallen...

Ynishii hat Folgendes geschrieben:
Als ich ihre Beschreibung las, fühlte ich mich an einen Hollywood Film erinnert (Da wo sogar die Drogenjunkies aussehen wie Models und reden, als hätten sie in Harvard studiert), der nach einen Standartschema abläuft.

Memo an mich: Fragen ob Harvard auch Spieljunkies nimmt...Nein im ernst: Seine Verlobte ist bildhübsch und er ist eben unglaublich stolz. Ich habe es wohl übertrieben, wenn Euch allen das so auffällt. Ich werde mich damit definitiv auseinandersetzen und versuche sie nicht häßlich zu machen, da ich ja bei der Wahrheit bleiben will, aber zumindest etwas Puder zu entfernen...

Michel hat Folgendes geschrieben:
Oder wird diese Scheinwelt an anderer Stelle noch gebrochen? Dann sollte das bereits hier anklingen; das erste Kapitel setzt die Melodie.
ABER HALLO...

Ich bin Euch wirklich allen sehr dankbar für Eure Hilfe
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Michel
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Der silberne Durchblick Der silberne Spiegel - Prosa
Silberne Neonzeit


Beitrag12.05.2015 13:50

von Michel
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Zitat:
Noch genauer: Ich berichte von Erlebtem und Erinnerungen.
Das hattest Du ja auf dem roten Teppich angedeutet. Ich hoffe, es ist in Deinem Sinne, wenn ich den Text in erster Linie als literarischen Text lese. Inhaltliche und, ja, emotionale "Expertise" ist vermutlich Fluch und Segen in einem. Du kannst das Szenario realistisch schildern, aber es ist schwieriger, sich so weit zu distanzieren, dass daraus Literatur wird.
Nach diesem Text traue ich Dir das klar zu. Die Schwierigkeit besteht in der Übersetzung für Leser, die eben nicht die gleichen Erfahrungen gemacht haben. Hier setzt das an, was ich weiter oben "Glaubwürdigkeit" nenne: Vermutlich wirst Du in vielen Stellen weit von der Realität abweichen müssen, gerade damit sich der Text realistisch anfühlt.

Klischeebilder: Da hätte es ein Film leichter. Man könnte eine Szene wie aus dem Lehrbuch für Werbeclips darstellen und eine bedrohliche Musik unterlegen - schon ist klar, dass dies kein Werbeclip wird. Beim Schreiben kann das durch kleine Details passieren, die das große Bild brechen. In vielen Einsprengseln erreichst Du das schon prima (8. und kein Geld, solche Sachen) - vielleicht lässt sich ziemlich zu Beginn noch ein bisschen mehr Foreshadowing einbauen. (Ein bisschen!) Ein ängstlicher Blick der Partnerin - "Was ist?" - "Nichts. Gar nichts." Kleinigkeiten, die das Wohlfühlklischee erodieren. Ich vermute, es braucht dafür gar nicht viel.

Zum Kamerablick von oben: Stell Dir die Szene mal komplett durch die Augen Deines literarischen Alter Ego vor. Was sieht er? Sich selbst? Wohl nicht. Er sieht das Bein der Partnerin, riecht den Schlafzimmergeruch und reflektiert seine Wahrnehmungen. Dann bin ich als Leser auch schnell wieder im Kopf der Hauptfigur.

Such Dir einfach raus, was Du brauchen kannst. Bin gespannt, wie sich das Projekt weiterentwickelt!
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Mika1887
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Beitrag12.05.2015 14:04

von Mika1887
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Michel hat Folgendes geschrieben:
Ich hoffe, es ist in Deinem Sinne, wenn ich den Text in erster Linie als literarischen Text lese.
Nur aus diesem Grund ist er hier gelandet. Danke dafür.
Zitat:
Vermutlich wirst Du in vielen Stellen weit von der Realität abweichen müssen, gerade damit sich der Text realistisch anfühlt.

Puuuhhh... werde ich sacken lassen.

Zitat:
Ein ängstlicher Blick der Partnerin - "Was ist?" - "Nichts. Gar nichts." Kleinigkeiten, die das Wohlfühlklischee erodieren. Ich vermute, es braucht dafür gar nicht viel.

Ja, mag sein. Es folgt zwar später noch, aber vielleicht passt es zum Beispiel bei Ihrer Frage, ob er Kontoauszüge holen kann. Werde ich mal durchgehen.

Zitat:
Zum Kamerablick von oben: Stell Dir die Szene mal komplett durch die Augen Deines literarischen Alter Ego vor. Was sieht er? Sich selbst? Wohl nicht. Er sieht das Bein der Partnerin, riecht den Schlafzimmergeruch und reflektiert seine Wahrnehmungen. Dann bin ich als Leser auch schnell wieder im Kopf der Hauptfigur.

Klingt für mich nachvollziehbar. In der Folge kommen aber auch Szenen, in denen z.B. ihre Gedankengänge beschrieben werden. Das würde dann natürlich überhaupt nicht mehr passen, oder ?

Zitat:
Bin gespannt, wie sich das Projekt weiterentwickelt!

Nun ja. Fertiggeschrieben ist es ja bereits. Nach den ersten Rückmeldungen, muss ich aber wohl vieles überarbeiten, insofern ich an der Idee einem Versuch der Veröffentlichung festhalte. Davon bliebe mein persönliches Exemplar ja unberührt Confused

Danke für deine Rückmeldung
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lupus
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Beitrag12.05.2015 15:13

von lupus
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Servus Mika,

Du willst mehr?
Ich hab jetzt deinen Text schon einige Male gelesen. Gute Ansätze sind vorhanden - inhaltlich bist du mE auf einem guten Weg. Mutmaßlich wird das eine Kriminal-/Beziehungsgeschichte ohne, dass du dich gängiger Krimisprache bedienen willst, sondern eher genrefreier. Find ich gut. Aber leider ist es die Sprache selbst, die die Suppe doch gehörig versalzt.

mE hast du hier zwei größere Problemfelder:
- eine Zeitenproblem, genauer Zeitenfolgenproblem
- ein inhaltliches Redundanz-Problem
- ein sprachliches Redundanzproblem (Satz-Verschwurbelungs-Problem); klarerweise ist gegen längere Sätze nichts zu sagen, ganz im Gegenteil, aber gerade diese Sätze müssen präzise erarbeitet sein.
- und du hast ein Perspektiveproblem: es ist ganz einfach keine Perspektive feststellbar. Der Einstieg etwa ist geschrieben, als wäre es eine personale Perspektive kann es aber nicht sein, weil 'er' ja noch schläft. Mitten drinnen wechselst du hin und her (Wimpernschlagpassage).

Im Detail:


Mika1887 hat Folgendes geschrieben:


Der Wecker klingelt, wie jeden Werktag, um 6:30 Uhr.

ist der Zusatz nötig? Kaum. Du willst dem Leser wahrscheinlich nichts mehr mitteilen, als das: es ist unter der Woche. Die natürliche Assoziation bei einem Wecker, der um halb sieben läutet ist: Werktag. Wäre es ein Sonntag, dann müsstest du es erwähnen. Hier nicht. Erklärt wird das Ungewöhnliche (ein Auto mit 5 Rädern, nicht eines mit 4). Außerdem schreibst du wenige Zeilen darunter vom Arbeitstag und alles andere (Bankauszüge weist auch darauf hin. Somit hast du im ersten Satz schon eine Redundanz drinnen.

Nach weniger als fünf Sekunden verstummt das rhythmische und laut durchdringende Signal durch ihren gezielten Treffer mit der linken Hand auf die Mute-Taste, die glücklicherweise die mit Abstand größte des Weckers ist.

was sind weniger als 5 Sekunden? 4,5? 4,95 Sekunden. 2Sekunden? Du täuscht hier unnötigerweise Präzision vor, wo sie nicht nötig ist und im Grunde wirst du dadurch erst tatsächlich unpräzise. Auch redundant

Die die-die-Konstruktion ist unschön und wirft aus dem Lesefluss.
mit Abstand ist unnnötig. Was willst du sagen? Dass die Taste zum Glück die größte ist und somit leicht zu treffen. da reicht es, wenn du einfach schreibst: die größte des Weckers. Dass es sich umden Wecker handelt ist auch klar.

hier könntest du vereinfachen und so rascher auf den Punkt kommen, die für den Leser nötige Info rascher transportieren, den Lesefluss verbessern.

Allgemein: wenn du die Sätze verlängerst, dann muss es einen grund dafür geben: Erhöhung der Literarizität, dann aber müssten die Sätze kunstvoller konstruiert sein, was aber dem gesamten Duktus widersprechen würde und auch - wahrscheinlich - für die Geschichte icht zielführend wäre. Oder Erhöhung der Spannung (Hinauszögern einer Info-Lieferung; auf den Wecker, auf die genaue Sekundenanzahl trifft das aber ganz sicher nicht zu.


»Ich liebe Dich«, säuselt sie leise säuselt ist immer leise und mit einem leicht jammernden Unterton Unterton bedeutet 'leicht' , der der Uhrzeit und dem bevorstehenden Arbeitstag geschuldet ist. Wenige Wimpernschläge nachdem sie sich umgedreht und das Klingeln des Weckers beendet hat, unnötig schläft sie wieder ein.

Die Wimpernschläge gehörten jedoch nicht zu ihr, sondern zu ihm, der mit dem ersten Ton umgehend wach im Bett liegt, während sie ihre Augen noch nicht einmal geöffnet hatte.

hier hast du mehrere Probleme:
- viel zu umständlich und somit lang(sorry: -weilig).
- Das mit den Wimpernschlägen ist verwirrend, die Formulierung 'Wimpernschläge gehören zu ihm/ihr' ist holprig, eigentlich schon fast inkorrekt.
- ein Zeitenproblem: das Präsens - so sehr es zu deinem Text passt - ist tückisch. Dass er hell wach ist, passiert eben nicht mehr im Präsens sondern ist im perfekt passiert, entsprechend müsstest du formulieren.

Vorschlag: Zeiten anpassen, alles raus, was nicht nötig ist (inhaltlich, sprachlich) --> was passiert?
Wecker -> sie schaltet aus, schläft weiter, erhell wach. 3 Punkte -> drei Sätze. Warum? Um auf den Punkt zu kommen. Alles andere lenkt jetzt noch ab.



So liegt seine bildhübsche Verlobte, um die ihn all seine Freunde so sehr beneiden mit dem Kopf auf seiner Brust, schläft engelsgleich und schenkt ihm selbst in dieser eher unbewussten Situation ihr Vertrauen. Ihr Arm umschlingt seinen Bauch, ihr Bein liegt quer über seinem und ihr Gesichtsausdruck komplettiert ihre persönliche Definition von Geborgenheit.

nicht sie liegt mit dem Kopf aus seiner Brust, sondern ihr Kopf liegt auf seiner Brust. Ansonsten halt ich das jetzt als Beziehungscharakterisierung für ziemlich gelungen.

Auch er ist noch recht müde und so ist klar, dass er noch müde ist, nur wenn es einen anderen Grund fürs WeiterschlafenWollen gibt, wär eineErwähnung sinnvollwürde am liebsten noch ein paar Minuten oder auch Stunden wie lange ist undnötig und kontraproduktiv, weil sich die 'variable Schlafdauer durch das folgende 'bis ...' ohnehin erklärt ist weiterschlafen, bis sie beide von alleine aufwachen oder einem der beiden langweilig würde und den Schlaf des Anderen beendet.

der letzte Satzteil ist von der Idee her sehr nett, aber ein bisserl (!!) verschwurbelt, außerdem - genau genommen - wäre da 2x Konjunktiv nötig, weil ja nicht ist, was er gerne hätte (du hast nur einen), außerdem ist der grammatikalische Bezug inkorrekt (oder einem [...] den Schlaf beendet); die WW 'beide [...] einem von beiden' ist auch eher unschön.  --> ganz dringend umformulieren.



so, ich denke, das reicht vorerst einmal, sollte es dir etwas bringen, wenn weiter im Detail kritisiert wird, mach ich gerne weiter, so weit ich die Zeit dazu hab.

Allgemein:

An sich gefällt mir sowohl die Idee als auch deine Vorgangsweise, langsam die Sache aufzublättern und Schale um schale weg zu nehmen - es ist keinesfalls nötig hier schneller zu arbeiten, mir kommt sogar vor, du enthüllst möglicherweise schon zu viel. Das kannst du daran erkennen, dass schon begonnen wird herum zu rätseln. Wenn das ein ganzer Roman ist, scheint mir dieses Rätselraten etwas zu früh einzusetzen, was dirin der Folge dramaturgisch auf den Kopf fallen könnte. Auch der Duktus wie gesagt passt gut zu deinem Text (auch wenn es manchmal ein bisserl holpert).

Wie auch immer: das, was hier steht ist in jedem Fall eine gute Basis und es zahlt sich sicher aus, hier ganz gezielt weiter zu arbeiten.

lgl

edit: was ich dir noch sagen wollte:
(1) das Leben=Achterbahn-Bild ist leider schon sooo oft verwendet worden, dass es mittlerweile schon in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen ist ---> ganz dringend neue Metapher finden
(2) eine Achterbahn 'fährt' nicht bergauf, sie 'führt' bestenfalls bergauf; was bergauf fährt ist der Schlitten, also hängt dein Bild auch schief.


_________________
lg Wolfgang

gott ist nicht tot noch nicht aber auf seinem rückzug vom schlachtfeld des krieges den er begonnen hat spielt er verbrannte erde mit meinem leben

-------------------------------------------------------
"Ich bin leicht zu verführen. Da muss nur ein fremder Mann herkommen, mir eine Eiskugel kaufen und schon liebe ich ihn, da bin ich recht naiv. " (c) by Hubi
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Mika1887
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Beitrag12.05.2015 15:39

von Mika1887
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Au weia lupus... Wenn Du mich beim Lesen Deiner Anmerkungen hättest sehen können, dann hättest Du evtl. denken können, dass ich vergesse zu atmen oder gänzlich eingefroren bin. DANKE

So ziemlich alles was Du schreibst und anmerkst ist von der Logik her völlig zutreffend. Umgangssprachlich ausgedrückt "schwaller" ich scheinbar zuviel. Aber mich beruhigt, dass ich das beim Reden wohl auch tue und mich wenigstens nicht verstelle Laughing
Mir scheint, als verwechsle ich Details mit sinnlosen Ergänzungen, bzw. Wiederholungen. Und das nicht mit Absicht, sondern um das Bild möglichst blumig darzustellen. War wohl bisher eher ein Schuss in den Ofen.
Was die Achterbahnfahrt betrifft, so werde ich mir mal Gedanken machen, auch wenn ich schon ahne, dass es schwer werden wird.
Zitat:

sollte es dir etwas bringen, wenn weiter im Detail kritisiert wird, mach ich gerne weiter, so weit ich die Zeit dazu hab.

Auf jeden Fall !

Wenn ich an den Rest der Geschichte denke, dann wird mir Angst und Bange um den Umfang, da der Rotstift wird wohl auf das Übelste strapaziert werden wird.

Ich freue mich ernsthaft über jede Rückmeldung und werde einige der Ratschläge im Verlauf des späten Abends mal anwenden.


edit: Wo lupus die Achterbahnfahrt anspricht, fällt mir zu der Entstehung des Textes noch etwas ein. (Assoziiere ich deswegen mit der AB, weil sie es auch übernommen hatte) Vielleicht interessiert es ja. Damals waren es 3 Seiten eher im mittleren Bereich, die ich vorgelesen habe:
http://issuu.com/die_zwiebel/docs/die_zwiebel_6-2014 <-- Seite 17-19
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Catalano
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Beitrag12.05.2015 17:40

von Catalano
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Finde es aber respektabel, dass du das Projekt fertig geschrieben hast. Ein fertiger Roman (wenn auch noch nicht überarbeitet), ist ein gutes Gefühl, oder?

Ich finde auch, du kannst dich trotz Kritik freuen. Denn wie du siehst, gefällt den Leuten vom Prinzip her deine Geschichte. Für einen Hobbyschreiber (bin auch nur ein Hobbyschreiber), bist du sehr gut.
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Mika1887
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Beitrag12.05.2015 20:26

von Mika1887
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Danke Catalano. Und natürlich fühlt es sich gut an. Wie erwähnt gibt es nicht ganz so viele Dinge im Leben, die ich durchgezogen habe und dementsprechend bin ich darauf auch wirklich stolz. Dazu muss ich aber auch sagen, dass ich mich natürlich bis zuletzt in einer Situation befand, die mir die nötige Zeit dafür gab.

Später werde ich mal versuchen die Leseprobe auf Basis Eurer bisherigen Ratschläge ein wenig zu überarbeiten/kürzen. Wenn Euch noch was dazu einfallen sollte, freue ich mich weiterhin sehr.
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Mika1887
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Beitrag13.05.2015 00:56

von Mika1887
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Ich habe mal etwas gekürzt und versucht ein wenig umzuformulieren. Ob es erfolgreich war, mag ich nicht beurteilen.

Der grün markierten Parts könnten wahrscheinlich auch raus, wenn ich so an Eure Ratschläge denke ?! Ich mag sie gerne (weil ich es so erlebt habe wahrscheinlich) aber lasse es mal offen. Was meint ihr ?

Insgesamt habe ich etwas Angst, dass die emotionale Schiene durch das Schleifen dann zu kurz kommen könnte. Aber ich gehe mit dem Text wohl anders um, als ein ein neutraler Betrachter.


-----

Um Punkt 6:30 Uhr klingelt der Wecker. Das rhythmische und laut durchdringende Piepen verstummt erst durch ihren gezielten Treffer mit der Hand auf die Mute-Taste.
»Nicht wirklich, oder ?«, sind ihre ersten Worte des Tages in seine Richtung. Den jammernden Unterton ordnet er der Uhrzeit und dem bevorstehenden Arbeitstag zu. Wenige Wimpernschläge nachdem sie sich zu ihm umgedreht hat, schläft sie schon wieder ein.
Er liegt seit dem ersten Ton wach im Bett und beobachtet seine bildhübsche Verlobte, um die ihn all seine Freunde so sehr beneiden. Ihr Kopf liegt auf seiner Brust und ihr Arm umschlingt seinen Bauch. Dass sie sich geborgen fühlt und ihm ihr Vertrauen schenkt, erhofft er in ihrem Gesichtsausdruck erkennen zu können.
Auch er würde am liebsten weiterschlafen können. An diesem Morgen ist dieser Gedanke jedoch reinste Phantasie. Zuviel ist gestern und auch die Tage zuvor geschehen. Der bloße Gedanke daran erzeugt einen negativen Gedankenstrudel, der ihn mitzureißen droht. Das erneute Ertönen des Weckers und ihre Reaktion darauf, reißt ihn jedoch heraus.  

»Das waren niemals zehn Minuten!«, protestiert sie lautstark und sieht sich mit Blick auf die Uhrzeit getäuscht. Die Zuverlässigkeit der Mute-Funktion lässt sich nicht anzweifeln.
»So, wer feiern kann, der kann auch arbeiten«, bedient er sich an ihrem Repertoire von klugen Weisheiten à la 'keine Fete ohne Knete'. Bevor sie aber erwidern kann und womöglich wirklich etwas in Richtung Knete sagt, verlässt er das Bett. »Jetzt aber wirklich aufstehen, Schatz. Das Wetter soll heute richtig toll werden und wenn Du wieder zu Hause bist, dann unternehmen wir was Schönes.«
So verlässt er das Schlafzimmer mit der Küche als Ziel, um Kaffee aufzusetzen. Auf Höhe des Esszimmers vernimmt er ihre trotzige Reaktion.
»Wieso überhaupt feiern? Wir hatten einfach nur einen ziemlich lustigen Abend. Und wenn Du mein Lieber nicht noch die zweite Flasche Wein aufgemacht hättest, wäre ich jetzt fit wie ein Turnschuh.«
Er nimmt es zur Kenntnis und muss zugeben, dass der gestrige Abend wirklich mal wieder sehr lustig war, obwohl sie nur zu zweit waren. Sie lieben sich, sind die besten Kumpel, haben die gleichen Interessen, den gleichen Humor und ergänzen sich einfach perfekt. Da kann sich wohl auch ein netter Abend ohne weitere Beteiligte wie eine Feier anfühlen.
»Außerdem kann der Herr sich ja gleich wieder schlafen legen«, knallt ihm ihr scheinbar vorwurfsvoller Angriff in den Nacken, während er an der Kaffeemaschine herumhantiert.
Erneut versucht er in ihrem Gesicht zu lesen und sucht nach Anzeichen, ob es sich tatsächlich um einen Vorwurf handelt oder bloß undurchdacht dahergeredet war. Normalerweise sollte er ihr ausreichend vermittelt haben, dass es ihm keine Freude macht den Tag alleine daheim zu verbringen.
Mit schlafzerzaustem Haar und ungeschminkt steht sie in der Tür zur Küche. Sein T-Shirt, das sie nachts so gerne trägt, ist ihr zu lang und ihr wehleidiger Blick verrät ihm lediglich, dass sie absolut keine Lust hat nun zur Arbeit zu fahren.
Zu Beginn ihrer Beziehung versicherte sie ihm noch, dass er einen solchen Anblick niemals zu Gesicht bekäme. Sie findet sich ungeschminkt unattraktiv. In diesem Punkt sind sie sich absolut uneinig, denn ihre natürliche Schönheit und selbst der verschlafene Blick verzaubert ihn jedes Mal aufs Neue.

Äußerlich unbeeindruckt füllt er das Wasser in die Kaffeemaschine und versichert ihr wie jeden Tag, dass er sich eben nicht wieder hinlegt, wenn sie die Wohnung verlässt.
»Ich verzichte heute auf Kaffee. Das schaffe ich zeitlich nicht mehr. Stattdessen wäre es toll, wenn Du mich mal wieder begehren würdest und nicht die Finger von mir lassen könntest. Das vermisse ich so sehr !«
Entgeistert schaut er ihr nach, während sie zurück trabt, um sich für die Arbeit fertigzumachen.
Wie hat sie die beiden letzten Sätze bloß gesagt, ohne dabei ihre Lippen zu bewegen? Habe ich gerade ihre Gedanken gelesen? Oder bilde ich mir ein, dass dies naturgemäß und so, wie ich sie kennen und lieben gelernt habe, definitiv ihre Gedanken sein müssten? Denn viel habe ich ihr zuletzt ja leider nicht geboten, was Sex betrifft.
Erneut ohne Antwort auf seine Vermutungen räumt er die Hinterlassenschaften des gestrigen Abends aus dem Wohnzimmer weg.
Auf dem Weg zum Arbeitszimmer, wo das Notebook seinen angestammten Platz finden soll, klingelt ihr Handy. Der insgesamt dritte Weckruf des noch frühen Tages nervt ihn.
»Es wäre schön, wenn wir uns künftig auf zweimal Wecken pro Morgen einigen könnten«, reagiert er zögerlich aber doch fordernd zugleich in Richtung des Badezimmers, in dem sie sich mittlerweile schminkt.
»Und dann verschlafen wir und keiner will schuld gewesen sein. Außerdem mag ich es mich nochmal umzudrehen, um die Augen zuzumachen und mich an Dich zu kuscheln - ach ja, kannst Du heute bitte Kontoauszüge holen? Meine Bankkarte hast Du ja noch.«

Keine halbe Stunde ist der Tag alt und schon erhält er den ersten gefühlten Tritt in seine Magengrube. Ohne dass sie auch nur ahnen könnte, dass sie es war, die ihm diesen Tritt soeben versetzt hat. Seine schnelle Reaktion verhindert zudem, dass sie mitbekommt, was diese Bitte in ihm tatsächlich auslöst.
»Klar! Mach ich.« Schnurstracks und ohne ein weiteres Wort zu verlieren, führt er seinen Weg fort von der Unterredung in die  Küche, wo er sich an den Tresen setzt, um seinen Kaffee zu trinken.
Du kannst ihr wohl schlecht sagen, dass am Achten des Monats kein einziger Euro mehr auf dem Konto ist. Und den Grund kannst Du ihr ohnehin nicht nennen. Also lass Dir etwas einfallen, wie Du verhinderst ihr Auszüge geben zu müssen, und woher das Geld kommt, um den Rest des Monats zu überstehen. Das hat nun oberste Priorität! Und so ordnen sich die Gedanken über die offene Miete, die neuerlichen Ermittlungen der Polizei, die Leute, die auf ihr Geld oder seine Antwort warten, den Zahnarzttermin und alles, was ihn nach 6:30 Uhr keine Sekunde mehr hat schlafen lassen, dahinter ein.


Auf dem Barhocker sitzend mit beiden Ellenbogen auf dem Tisch bietet ihm der Blick aus dem Küchenfenster eine fantastische Aussicht. Keine drei Meter vor ihrer Haustür macht die Wiesent eine Biegung, in der die Bachforellen sich tummeln und wunderbar zu beobachten sind, während die fränkische Schweiz nach und nach von den ersten Sonnenstrahlen berührt wird.
Für so etwas hat er nun aber absolut kein Auge und
starrt wie paralysiert an seiner Kaffeetasse vorbei ins Nichts. Die Minuten verstreichen ohne jede körperliche Regung. Er fühlt sich ausgelaugt und kaputt, obwohl der Tag doch gerade erst begonnen hat. Trotz der Tatsache, dass er sich klare Prioritäten für sein heutiges Handeln gesetzt hat, ist er in diesem Moment nicht in der Lage sich damit gedanklich zu beschäftigen.
»So Schatz, ich muss los. Du könntest bitte mal saugen und ein Foto von dem Storchenpaar machen, das vor unserem Schlafzimmer das Nest bezogen hat. Das würde ich gerne meiner Mutter schicken. Wenn wir schon neue Haustiere haben ... Und denk bitte an die Kontoauszüge«, reißt sie ihn mit ihren Bitten aus seinem Nichtstun.
»Wird gemacht Chef! Auf dem Konto sind knapp achthundertfünfzig Euro, das kann ich Dir auch so sagen. Und heute Nachmittag genießen wir das Wetter«, versucht er zumindest den für ihn sehr problematischen Teil ihrer Anliegen abzuschmettern, nicht ohne noch etwas Positives hinzuzufügen, das von den Auszügen ablenken könnte.
»In Ordnung. Wir können ja sonst auch heute Abend mal gemeinsam nach Forchheim und bei der Postbank vorbei. Geld müssen wir eh abheben. Im Anschluss an den Spaziergang gehen wir vielleicht irgendwo einen Happen essen. Ich freue mich auf später. Ich liebe Dich«
Noch während des Abschiedskusses kriegt er leichte Magenschmerzen und fängt zum ersten Mal zu schwitzen an.
»Ich liebe Dich auch.«

Er schließt die Tür und schleicht zurück in die Küche. Am Fenster stehend blickt er zu der kleinen Brücke, circa zwanzig Meter Luftlinie von der Haustür entfernt, die die Überquerung der Wiesent ermöglicht und die sie nutzen muss, um zu ihrem Auto zu gelangen. Mitten auf der Brücke bleibt sie abrupt stehen und dreht sich um.
Seit ihrem ersten Arbeitstag in ihrer gemeinsamen neuen Wohnung der neuen Heimat existiert dieses Ritual. So winkt sie in seine Richtung und schickt ihm eine Kusshand, die er prompt entgegnet, bevor sie den Weg zum Auto fortsetzt und davonfährt. Sein Blick folgt dem Wagen mit den Kennzeichen, das die Anfangsbuchstaben ihrer beiden Vornamen, sowie das Gründungsjahr seines Vereins enthält.

Schon von Kindheit an, ist dieser Verein seine große Leidenschaft. Er hat ein Vermögen für Eintrittskarten ausgegeben, abertausende von Kilometern im Auto, Bus und Bahn für Auswärtsspiele zurückgelegt und sie schon während ihrer Kennenlernphase ebenfalls für seine Farben begeistern können.
Doch war es nicht ihre eigene Begeisterung, die sie dazu bewegt hat das Kennzeichen so auszuwählen, sondern einzig und allein das Wissen welch unglaublich große Freude sie ihm damit macht. Wenn er glücklich ist, dann ist sie es auch, und daher brauchte sie nicht einmal ernsthaft darüber nachzudenken, ob es eine alternative Auswahlmöglichkeit gibt, die sie sich lieber wünschte.
Für ihre Beziehung hatte er die Fußballtouren auf ein absolutes Minimum reduziert, und wenn er doch einmal in Richtung Stadion aufbricht, begleitet sie ihn meist. Es war nicht so, dass sie von ihm verlangte die Touren zu reduzieren, sondern seine eigene Entscheidung. Mittlerweile, knapp siebenhundert Kilometer von ihrem vorherigen Wohnort entfernt, sind die Heimspiele ebenfalls zu Auswärtsspielen geworden, doch fällt es ihm nicht wirklich schwer darauf zu verzichten, solange er die Zeit mit ihr verbringen kann.


Und so verschwindet der Wagen mit dem neuen Kennzeichen in Richtung ihrer neuen Arbeitskollegen. Er bleibt zurück. Ihre gesamte Basis ist neu. Hier haben sie sich an Heiligabend verlobt und sich versprochen niemals wieder getrennte Wege zu gehen.
Notwendig wurde all das Neue nur seinetwegen, um die Probleme und Altlasten für immer zurückzulassen und ihnen die Zukunft zu ermöglichen, die sie sich so lange schon wünschen. Von niemandem haben sie sich in ihre Beziehung hereinreden lassen und die Meinungen der vielen Leute, die ihnen nur ein sehr kurzes Zusammenleben vorhersagten, schweißen sie nur noch mehr zusammen.
Seit knapp fünf Monaten sind sie nun hier und scheinbar am Ziel angekommen, wenn es auch Angelegenheiten gibt, die noch nicht ihren Wünschen und Vorstellungen entsprechen. Sein Zurückbleiben in der Wohnung ist ein solches Beispiel und soll möglichst zeitnah durch einen geregelten Arbeitsalltag ersetzt werden.
Während sie nun zur Arbeit fährt und ihm eine SMS schreibt, ahnt sie nicht, dass die alten Probleme sie auch über die weite Entfernung heimlich begleitet haben. Genau in diesem Moment stehen sie nämlich in der Küche und lassen ihm keine Ruhe.

Als sein Handy auf dem Küchentisch liegend vibriert und sich dadurch auch akustisch bemerkbar macht, zuckt er zusammen.  
Ist alles gut bei Dir ? Du wirktest eben etwas abwesend. Natürlich weiß ich, dass Du Dich nicht wieder schlafen legst. Ich vermisse Dich jetzt schon. Du bist und bleibst mein Ein und Alles. Gegen 16 Uhr bin ich wieder zu Hause und freue mich auf das, was Du Dir für unsere Unternehmung ausdenkst. Kuss
Mit dem Blick auf die Uhrzeit errechnet sich für ihn wie von selbst der Countdown: Acht Stunden und fünfzehn Minuten.
Ab jetzt!
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