18 Jahre Schriftstellerforum!
 
Suchen
Suchabfrage:
erweiterte Suche

Login

Jetzt erhältlich! Eine Anthologie von und mit unseren Usern. Jetzt bestellen! Die erste, offizielle DSFo-Anthologie! Lyrikwerkstatt Das DSFo.de DSFopedia


Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Lyrik -> Einstand
Februar


 
 
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen
 Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen  « | »  
Autor Nachricht
silesio
Eselsohr

Alter: 89
Beiträge: 237
Wohnort: Dubai


Beitrag07.02.2015 14:41
Februar
von silesio
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Februar
   Zwölf Monate umfasst das Jahr;
der zweite ist der Februar,
gelegen in der Jahreszeit,
wo´s mehr als vorher friert und schneit.
Wird manchmal auch der Winter strenger,
die Tage werden wieder länger.
Wer morgens aus dem Schlaf erwacht,
tut´s nicht mehr mitten in der Nacht,
weil ab und zu am Horizont
ein Wölkchen, rosarot besonnt,
geheimnisvoll und unbegründet
den Anfang eines Tags verkündet.
   Doch Aussichten, die sich entfalten,
sind, wie so häufig, zwiegespalten,
nicht logisch und nicht rational,
mit andern Worten, ein Skandal,
Andeutung nur, ein schwacher Hauch,
voll Widerspruch, sowohl - als auch.
   Nun kommt, - wie soll es anders sein? –
auch hier ein Unglück nicht allein.
Gefrässig-gierig lauert schon
im Hinterhalt die Depression,
die keinen, der in Stockholm wohnt,
im Monat Februar verschont,
die bohrt und plagt und piekst und quält,
obwohl´s nach außen an nichts fehlt.
Dergleichen macht den Stärksten mürbe
so sehr, dass er am liebsten stürbe,
wenn Suizid nur nicht so schwer
und risikobehaftet wär.
   Sobald die Sonne höher steigt
und Licht sich überall verzweigt,
dringt damit zwar ein Hoffnungsschein
ins winterkalte Herz hinein.
Licht lindert nämlich die Misere, -
Wenn da nicht noch das andre wäre,
das Öde, Triste, Totenblasse,
das Langweilige, Graue, Nasse,
das Oberflächliche, Banale,
Verschwommene, Stupide, Fahle,
das vor dem Fenster unverhohlen
umherschwirrt wie ein Schwarm von Dohlen.
   Wer aus dem Bett durchs Fenster schaut,
hüllt sich sofort in Gänsehaut,
und auch sein Innerstes erstarrt
beim Anblick dieser Gegenwart,
so dass er sich erneut einrollte,
wenn er nur könnte, wie er wollte.
Doch leider, ach, er kann es nicht,
unüberhörbar ruft die Pflicht,
und nur die wenigsten der Pflichten
kann einer ja im Bett verrichten.
Meist muss er dazu aus dem Haus,
das heißt, auch aus dem Bett hinaus.
   Er schnäuzt mit einem stillen Fluch
Zähschleimiges ins Taschentuch,
schlüpft in die sonst bedeutungslosen
schafwollnen langen Unterhosen;
schluckt reichlich Vitamintabletten,
die, hofft er, vor Erkältung retten;
beschließt, es sei ein Schnaps vonnöten,
um die Bazillen abzutöten,
und lutscht zu seiner Kehle Wohl
kaugummiartiges Menthol.
Er fasst den mutigen Beschluss
zu tragen, was er tragen muss.
Da Klagen sowieso nichts nützen
und vor dem Wetter nicht beschützen,
erscheint es klüger, ohne Klagen
das Unvermeidliche zu tragen,
wozu, auch wenn es noch so stört,
der Monat Februar gehört.
   Doch wer von so viel Grau umgeben,
sehnt sich nach Farbe, Duft und Leben,
nach Vogelzwitschern, grünen Wiesen,
exotisch-fernen Paradiesen,
Begeisterung, Unendlichkeit,
nach einem Aufbruch der befreit.
   Noch tut sich nichts, er wird nicht froh,
die Welt als solche ist nicht so.
Nein, diese Gegenwart ist wahrlich
nichts anderes als februarlich.
Da hilft nicht zornig sein, nicht toben;
nichts, gar nichts hilft mehr … siehe oben.
   O Mona, warte noch ein Weilchen,
dann blühn im Garten erste Veilchen,
und hier in Schweden zwischen Klippen
blühn weisse oder blaue Zippen; x
die Kräfte blühn, die Liebe blüht,
es grünen Birken und Gemüt.
Der Dichter (richtig, dieser hier)
ergreift ein neues Blatt Papier,
denn auch in ihm steigt dann der Saft.
Es grünt und blüht die Dichterkraft
   Doch leider, noch ist Februar.
Es ist so, wie es immer war:
Apathisch, trostlos, trist und fahl,
genau genommen stinknormal,
normaler Frust, normaler Schmerz.
O komm doch endlich, lieber März,
und komm, für alle deine Fans,
auch du recht bald, geliebter Lenz.

 Vit- och blåsippor

Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
firstoffertio
Geschlecht:weiblichShow-don't-Tellefant


Beiträge: 5854
Wohnort: Irland
Das bronzene Stundenglas Der goldene Spiegel - Lyrik (1)
Podcast-Sonderpreis Silberner Sturmschaden


Beitrag07.02.2015 22:55

von firstoffertio
Antworten mit Zitat

Ich mag dein humorvoll scheinendes Gedicht. Ein wenig lang, vielleicht, aber es ist metrisch und inhaltlich gut gemacht. Fast eine Ballade. Ich fühle mit. Hast einiges gut eingefangen, was ich auch kenne. Manche Formulierungen mag ich besonders, z.B.

Wer aus dem Bett durchs Fenster schaut,
hüllt sich sofort in Gänsehaut,
und auch sein Innerstes erstarrt
beim Anblick dieser Gegenwart,
so dass er sich erneut einrollte,
wenn er nur könnte, wie er wollte.
Doch leider, ach, er kann es nicht,
unüberhörbar ruft die Pflicht,
und nur die wenigsten der Pflichten
kann einer ja im Bett verrichten.

oder

Der Dichter (richtig, dieser hier)
ergreift ein neues Blatt Papier,



Leider sagt mir die Erklärung zum x gar nix?
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
Flower
Geschlecht:weiblichSchneckenpost


Beiträge: 14
Wohnort: Wien, Österreich


Beitrag18.02.2015 22:09

von Flower
Antworten mit Zitat

schönes Gedicht, ist zwar etwas lang und beansprucht deshalb ein wenig, gefällt mir aber trotzdem sehr gut. Daumen hoch
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Magnus Soter
Geschlecht:männlichEselsohr

Alter: 64
Beiträge: 284



Beitrag18.02.2015 22:31

von Magnus Soter
Antworten mit Zitat

Das ist ein tolles Gedicht! Gefällt mir ausgesprochen gut.

Aufgefallen ist mir, dass manche Passagen neunsilbig sind, das meiste aber nur achtsilbig. Gestört hat es mich nur an einer Stelle:

Zitat:

so dass er sich erneut einrollte,
wenn er nur könnte, wie er wollte.

Diese beiden Zeile sind neunsilbig, eingebettet in eine sonst achtsilbige Strophe. Da merke ich, dass es nicht passt. Da könntest du das "E" am Ende einfach weglassen, dann passt es.

Gruß, Klaus


_________________
Ich bin der Klaus. lol2
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
silesio
Eselsohr

Alter: 89
Beiträge: 237
Wohnort: Dubai


Beitrag19.02.2015 11:20

von silesio
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Soweit ich weiss und auch unzählige Male gelesen und praktiziert habe, geht es nicht um die Zahl der Silben überhaupt, sondern um die der betonten. Ich verwende meist einen Vierheber. Das Ende kann stark oder schwach sein,
was einem wechselnden Rhythmus zu gute kommt.
silesio


_________________
Ein ernster Mensch, der gerne lacht.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Larsson
Geschlecht:männlichLeseratte

Alter: 56
Beiträge: 111
Wohnort: Wakendorf I


Beitrag19.02.2015 11:51

von Larsson
Antworten mit Zitat

Moin silesio,

ich gebe es zu: Ich habe keine Ahnung von Lyrik und kann daher - technisch betrachtet - gar nicht mitreden. Andererseits habe ich damit die Freiheit, frei aus dem Bauch heraus zu entscheiden, was mir gefällt und was nicht. Dein Gedicht gefällt mir sehr gut, ich finde vieles, gut in wenigen Worten eingefangen, darin wieder.

firstoffertio schrieb:
Zitat:
Leider sagt mir die Erklärung zum x gar nix?


Das ist einfach (wenn ich hier für silesio antworten darf) - das ist Schwedisch und bedeutet "weiße und blaue Zippen", wenn ich das mit meinen Scanrail-Schwedischkenntnissen richtig deute.
Mich als alten Botaniker würde natürlich interessieren, was sich für eine Pflanzenart dahinter verbirgt...

Weiterhin frohes Schaffen wünscht

Ralf
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Magnus Soter
Geschlecht:männlichEselsohr

Alter: 64
Beiträge: 284



Beitrag19.02.2015 11:57

von Magnus Soter
Antworten mit Zitat

Ja, Harald hat mir das mit den Jamben und der Hebigkeit schon mal vom Prinzip erklärt, nachdem ich selbst ein kleines Gedicht eingestellt und gar nicht gewusst hatte, dass ich in Jamben geschrieben habe. Will sagen, so ganz viel Wissen hab ich darüber nicht. Ich mach das immer nach Gefühl.

Nun ist es aber so, dass mir diese zwei Zeilen aufgefallen sind, mich irgendwie raus brachten. Das war überhaupt der Grund, warum ich nach den Silben geschaut habe. Ob das nun technisch richtig ist oder nicht, vermag ich nicht zu sagen. Wollte nur darauf hinweisen.

Lieben Gruß


_________________
Ich bin der Klaus. lol2
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
firstoffertio
Geschlecht:weiblichShow-don't-Tellefant


Beiträge: 5854
Wohnort: Irland
Das bronzene Stundenglas Der goldene Spiegel - Lyrik (1)
Podcast-Sonderpreis Silberner Sturmschaden


Beitrag19.02.2015 22:06

von firstoffertio
Antworten mit Zitat

Larsson hat Folgendes geschrieben:
Moin silesio,

ich gebe es zu: Ich habe keine Ahnung von Lyrik und kann daher - technisch betrachtet - gar nicht mitreden. Andererseits habe ich damit die Freiheit, frei aus dem Bauch heraus zu entscheiden, was mir gefällt und was nicht. Dein Gedicht gefällt mir sehr gut, ich finde vieles, gut in wenigen Worten eingefangen, darin wieder.

firstoffertio schrieb:
Zitat:
Leider sagt mir die Erklärung zum x gar nix?


Das ist einfach (wenn ich hier für silesio antworten darf) - das ist Schwedisch und bedeutet "weiße und blaue Zippen", wenn ich das mit meinen Scanrail-Schwedischkenntnissen richtig deute.
Mich als alten Botaniker würde natürlich interessieren, was sich für eine Pflanzenart dahinter verbirgt...

Weiterhin frohes Schaffen wünscht

Ralf


Habe in google translate sippor eingegeben. Danach sind es Anemonen!
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
Merlinor
Geschlecht:männlichArt & Brain

Alter: 72
Beiträge: 8667
Wohnort: Bayern
DSFo-Sponsor


Beitrag20.02.2015 12:28

von Merlinor
Antworten mit Zitat

Hallo silesio

Zu Lyrik kann ich ja leider nichts Konstruktives sagen, da fehlt es mir an Kompetenz, aber hier habe ich ohnehin den sicheren Eindruck, dass der Text in sich rund und handwerklich sauber gefasst ist.
Da gäbe es also auch nichts zu mäkeln, selbst wenn ich es könnte.

Und die Aussagen? Treffend, auf den Punkt ... smile
Verfasst in einer abwechslungsreichen und ausdrucksstarken Sprache.
Gerne gelesen.

LG Merlinor


_________________
„Ich bin fromm geworden, weil ich zu Ende gedacht habe und nicht mehr weiter denken konnte.
Als Physiker sage ich Ihnen nach meinen Erforschungen des Atoms:
Es gibt keine Materie an sich, Geist ist der Urgrund der Materie.“

MAX PLANCK (1858-1947), Mailand, 1942
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:   
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen
Seite 1 von 1

Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Lyrik -> Einstand
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht teilnehmen.
In diesem Forum darfst Du keine Ereignisse posten
Du kannst Dateien in diesem Forum nicht posten
Du kannst Dateien in diesem Forum nicht herunterladen
 Foren-Übersicht Gehe zu:  


Ähnliche Beiträge
Thema Autor Forum Antworten Verfasst am
Keine neuen Beiträge Ausschreibung beendet
Wächst das Rettende auch? Preis der ...
von Bananenfischin
Bananenfischin Ausschreibung beendet 5 01.12.2020 22:51 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Veranstaltungen - Termine - Events
Anthologie: Grenzenlos : Lesung 18 Fe...
von Lapidar
Lapidar Veranstaltungen - Termine - Events 3 15.02.2016 18:08 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Veranstaltungen - Termine - Events
26. Februar 2016 Ludwigsburg: "T...
von Fjodor
Fjodor Veranstaltungen - Termine - Events 5 11.02.2016 10:10 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge 8. FFF
13. Februar
von anuphti
anuphti 8. FFF 31 29.06.2014 21:00 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Prosa mit Zeilenumbrüchen
Februar-Kavallerie
von Zinna
Zinna Prosa mit Zeilenumbrüchen 2 18.02.2013 20:27 Letzten Beitrag anzeigen

EmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungBuchBuchEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungBuchBuch

von nebenfluss

von Paradigma

von Akiragirl

von Michel

von Valerie J. Long

von fancy

von fabian

von Boudicca

von preusse

von hypnobader

Impressum Datenschutz Marketing AGBs Links
Du hast noch keinen Account? Klicke hier um Dich jetzt kostenlos zu registrieren!