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verbotene Realität

 
 
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(Be-)Schreibt ihr "verbotene Realität" und könnt ihr darüber lesen?
Ich schreibe nicht darüber und ich lese es sehr ungern. Es ist respektlos und widerlich.
5%
 5%  [ 2 ]
Ich schreibe nicht darüber. Beim Lesen stört es mich nur bedingt.
14%
 14%  [ 5 ]
Ich schreibe nicht darüber. Beim Lesen stört es mich nicht im Geringsten.
11%
 11%  [ 4 ]
Ich schreibe darüber, wenn es muss sein. Ich lese es sehr ungern.
20%
 20%  [ 7 ]
Ich habe kein Probleme darüber zu schreiben. Mich stört es nicht beim Lesen.
23%
 23%  [ 8 ]
Ich habe kein Probleme darüber zu schreiben. Mir gefällt es, wenn es realistisch beschrieben ist.
23%
 23%  [ 8 ]
Stimmen insgesamt : 34

Autor Nachricht
nothingisreal
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Beitrag03.02.2015 12:10
verbotene Realität
von nothingisreal
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Der Thread "Nur schreiben, was man kennt" und letzten Endes auch meine hier als schrecklich wahrgenomme Kurzgeschichte, die das Thema Fäkalien hatte, inspirierte mich dazu, mir die Frage zu stellen, inwieweit die eigenen Grenzen das Schreiben beeinflussen.

Das Thema im gerade offenen Thread war, ob eine Beschreibung einer nackten, mastrubierenden Gefangenen gerechtfertigt ist.

Allerdings soll das nicht das Thema dieser Umfrage sein. Mir geht es darum zu erfahren, wo ihr die Grenzen für euch zieht.

Wenn ihr nicht über Mastrubieren, Fäkalien etc. (nennen wir es verbotene Realität) spricht, ob ihr dieses auch in euren Geschichten weglässt.
Und natürlich: Ob ihr bereit seid, darüber zu lesen.


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Maria
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Beitrag03.02.2015 12:31

von Maria
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Nicht umsonst gibt es eine Hardcore Reihe bei Heyne, für Menschen die der auch garstigeren Realität ohne Probleme ins hässliche Antlitz schauen. ich möchte nicht mal sagen es sei geschmackssache, denn ich lese ein Buch ja nicht WEIL dass vorkommt. Ich interessiere mich für Bücher in denen solcherlei Dinge auch ihren Platz haben. Rein plakative Umsetzungen in denen es nur um Fäkalsprache geht, die damit schockieren wollen,  ungekonnt und platt, langweilen mich hingegen. Fast so sehr wie Liebesromane und chicklit. Den einen ist eben das Wort Masturbation zuviel, mir eine rosa umwölktes dramatisches happy end. Ganz pauschal formuliert. Beides hat seine Berechtigung. Sich in die eine oder andere Richtung Strecken zu wollen ist aber müßig. Enthalte mich daher der Abstimmung.[/s]

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nothingisreal
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Beitrag03.02.2015 12:57

von nothingisreal
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Maria hat Folgendes geschrieben:
Nicht umsonst gibt es eine Hardcore Reihe bei Heyne, für Menschen die der auch garstigeren Realität ohne Probleme ins hässliche Antlitz schauen. ich möchte nicht mal sagen es sei geschmackssache, denn ich lese ein Buch ja nicht WEIL dass vorkommt. Ich interessiere mich für Bücher in denen solcherlei Dinge auch ihren Platz haben. Rein plakative Umsetzungen in denen es nur um Fäkalsprache geht, die damit schockieren wollen,  ungekonnt und platt, langweilen mich hingegen. Fast so sehr wie Liebesromane und chicklit. Den einen ist eben das Wort Masturbation zuviel, mir eine rosa umwölktes dramatisches happy end. Ganz pauschal formuliert. Beides hat seine Berechtigung. Sich in die eine oder andere Richtung Strecken zu wollen ist aber müßig. Enthalte mich daher der Abstimmung.[/s]


Mir geht es ebenfalls nicht darum, nur zu schockieren. Nein, eher um die Realität zu beschreiben. Das fehlt mir oft. Meistens liest man sterilisierte Realität.


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seitenlinie
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Beitrag03.02.2015 13:04

von seitenlinie
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Seit Grimms Märchen wissen wir, dass Geschichten etwas Surreales haben.
Tod und Komik, Gewalt und Erotik, ... solche Kombinationen gehören zum normalen Kinoalltag.
Masturbation in der Gefängniszelle ist harmlos. Im Buch wäre das auch langweilig, im Film könnte das schon aufregender sein.

Alles was unappetitlich wird, geht für mich gar nicht, z.B. die Verarbeitung von Körperausscheidungen. Auch Spucke als Gleitmittel
muss nicht sein ...

Das Quälen von Tieren ist tabu, ebenso wie Gewalt, die völlig sinnlos ist und sich nicht aus der Handlung ergibt.
(in Game of Thrones z.B. das Abhacken von Jaimes Hand)
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Maria
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Beitrag03.02.2015 13:14

von Maria
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Man muss es nicht mögen, man darf einem Autor, der hier null berührungsängste hat, aber auch nichts vorwerfen. Ich kann dir sagen "ich werde nicht dein Kunde". Mehr aber nicht. Hier im Forum könntest du profitieren von jenen die objektiv bleiben auch wenn die heimlich angewidert sind oder ebenso wenig berührungsängste haben, dir mitteilen lassen ob du plakativ bist. Oder platt. Oder ein Schelm smile
Findet einer solche Ausformulierungen aber immer überflüssig, dann kannst das eben auch nur zur Kenntnis nehmen. Wage es nicht, darauf zu verzichten  wenn du aber Lust drauf hast.
Verbotene Realität gibts nicht. Unerwünschte scho eher, aber ... Ach


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Nayeli Irkalla
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Extrem Süßes!


Beitrag03.02.2015 13:16

von Nayeli Irkalla
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Fäkalien haben in den meisten Geschichten nichts mit dem Inhalt zu tun. Ich versuche, jede Szene so zu schreiben, dass sie zwingend die Handlung voranbringt. Wenn eine Figur bei Stress masturbiert und das abends im Bett tut, weil sie nicht einschlafen kann, und nebenbei ihre Gedanken wälzt, dann kann das wichtig für die Story sein. Desgleichen, wenn Verdauungsschwierigkeiten dazu führen, dass jemand eben grantelig ist - wobei das eher nicht der Held sein sollte, weil Verdauungskrams eben immer dazu neigt, unfreiwillig oder absichtlich komisch zu wirken. Das sollte dann schon bewusst eingesetzt werden. Ebenfalls völlig in Ordnung fände ich es, wenn es z. B. den Arbeitsalltag einer Pflegerin beschreibt, aber dann bitte auf ihre Gedanken und ihren Umgang damit beschränkt und keine seitenweisen Auswalzungen, die eben - nur schocken sollen.

Soll heißen, ich würde es nicht auf Teufel komm raus meiden, aber in vielen Fällen hat es einfach nur wenig mit der Handlung zu tun. Gerade Masturbieren kann in einem erotischen Roman wunderbar dazu dienen, Konflikte darzustellen, weil man durch den Unterschied zwischen Fantasien und dem, was im Schlafzimmer tatsächlich passiert, "Show don't tell' machen kann, um den zentralen Handlungskonflikt zu vermitteln - und zu zeigen, was sich entwickelt und verändert und wie sich die erotische Power der Protagonistin entfaltet.

Von daher verstehe ich nicht ganz, wo da die "verbotene" Realität liegt. Solche Inhalte sind m. E. nicht verboten, aber auch kein Selbstzweck. Realität ist Realität. Sex ist auch nicht schmutzig und ich würde nie mit Leuten schlafen, die das so sehen, obwohl ich bestimmt oft Dinge tu, die sie sich nicht mal im Traum ausdenken würden. Sex ist aber auch nicht das Nonplusultra, das alles andere im Leben beherrscht. Es ist einfach ein Teil von Körperlichkeit, genau wie Laufen, Prügeleien, Putzen, Gesundheit usw. Körperlichkeit ist genauso normal wie Geistesleben und Emotionen, und verdient es, genauso normal, ehrlich, aber eben auch stilistisch ansprechend (was immer das sein mag) erzählt zu werden.


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nothingisreal
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Beitrag03.02.2015 13:35

von nothingisreal
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Nayeli Irkalla hat Folgendes geschrieben:
Fäkalien haben in den meisten Geschichten nichts mit dem Inhalt zu tun. Ich versuche, jede Szene so zu schreiben, dass sie zwingend die Handlung voranbringt. Wenn eine Figur bei Stress masturbiert und das abends im Bett tut, weil sie nicht einschlafen kann, und nebenbei ihre Gedanken wälzt, dann kann das wichtig für die Story sein. Desgleichen, wenn Verdauungsschwierigkeiten dazu führen, dass jemand eben grantelig ist - wobei das eher nicht der Held sein sollte, weil Verdauungskrams eben immer dazu neigt, unfreiwillig oder absichtlich komisch zu wirken. Das sollte dann schon bewusst eingesetzt werden. Ebenfalls völlig in Ordnung fände ich es, wenn es z. B. den Arbeitsalltag einer Pflegerin beschreibt, aber dann bitte auf ihre Gedanken und ihren Umgang damit beschränkt und keine seitenweisen Auswalzungen, die eben - nur schocken sollen.

Soll heißen, ich würde es nicht auf Teufel komm raus meiden, aber in vielen Fällen hat es einfach nur wenig mit der Handlung zu tun. Gerade Masturbieren kann in einem erotischen Roman wunderbar dazu dienen, Konflikte darzustellen, weil man durch den Unterschied zwischen Fantasien und dem, was im Schlafzimmer tatsächlich passiert, "Show don't tell' machen kann, um den zentralen Handlungskonflikt zu vermitteln - und zu zeigen, was sich entwickelt und verändert und wie sich die erotische Power der Protagonistin entfaltet.

Von daher verstehe ich nicht ganz, wo da die "verbotene" Realität liegt. Solche Inhalte sind m. E. nicht verboten, aber auch kein Selbstzweck. Realität ist Realität. Sex ist auch nicht schmutzig und ich würde nie mit Leuten schlafen, die das so sehen, obwohl ich bestimmt oft Dinge tu, die sie sich nicht mal im Traum ausdenken würden. Sex ist aber auch nicht das Nonplusultra, das alles andere im Leben beherrscht. Es ist einfach ein Teil von Körperlichkeit, genau wie Laufen, Prügeleien, Putzen, Gesundheit usw. Körperlichkeit ist genauso normal wie Geistesleben und Emotionen, und verdient es, genauso normal, ehrlich, aber eben auch stilistisch ansprechend (was immer das sein mag) erzählt zu werden.


Sehr schön. Genau das trifft meine Gedanken.

Sinnloses schockierendes Beschreiben von solchen Dingen, verstehe ich ebenfalls nicht. Aber wenn es zur Geschichte gehört, ist es meines Erachtens wichtig.


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G.T.
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G

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Beiträge: 680



G
Beitrag03.02.2015 13:59

von G.T.
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Die Antwort, die ich gerne angeklickt hätte, gibt es im Fragebogen leider nicht: "Es langweilt mich."
Irgendwelche Pseudo-Grenzüberschreitungen gehören mittlerweile schon fast zum guten Ton. Zumindest kommt es mir so vor. Egal in welchem Medium, ob Roman oder Film. Eine Vorschau für einen Mehrteiler über die Wagner-Familie im ZDF beinhält natürlich einen gut ausgeleuchteten Sexualakt. Was sonst gäbe es auch über historische Persönlichkeiten zu sagen, als wann sie mit wem auf welche Art gef**** haben?
Was das angeht, bin ich wirklich genervt, denn immer wieder wird die möglichst "harte" Darstellung von Sex oder körperlichen Ausscheidungen als "verbotene Realität", als eine Art Tabubruch hingestellt, womit Autoren sich dann auch gerne mal als Tabubrecher platzieren wollen - dabei sind das Dinge, die längst nicht mehr tabuisiert sind. Meine Güte, selbst in Filmen FSK 12 kann man heute sehr detaillierte, einen Ekel-Faktor bedienende Szenen sehen, in der Literatur ist das nicht anders.
Und warum ist das langweilig? Weil es eben aus Prinzip bedient wird, zu 99 % habe ich den Eindruck, dass solche Szenen nur eingebaut werden, um aufgeklärt und "mutig" zu wirken. Wenn ich ne Geschichte über irgendeine Frau lese oder sehe, muss natürlich rumgemacht werden - selbst wenn das völlig egal ist für den Verlauf der Geschichte. Und weil das Rummachen schon so langweilig geworden ist, muss es eben durch Ekel-Faktoren oder meinetwegen "verbotene Realität" (die keineswegs verboten ist, verboten wäre "Saujude" zu schreiben oder so - Tabus werden gerne mit schicken Pseudotabus verwechselt) irgendwie aufgepeppt werden.
Einfach nur langweilig. Wenn ich in einem Buch zuviel solcher Szenen lese oder in einem Film zu viel gut ausgeleuchtete Haut entdecke, ist das für mich ein Grund, einmal mehr zu hinterfragen, ob das Werk überhaupt eine Aussage hat. Oder gerade den mangelnden Inhalt durch Pseudo-Tabubrüche kaschieren muss.
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Nayeli Irkalla
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Beitrag03.02.2015 14:11

von Nayeli Irkalla
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G.T. hat Folgendes geschrieben:
"verbotene Realität" (die keineswegs verboten ist, verboten wäre "Saujude" zu schreiben oder so - Tabus werden gerne mit schicken Pseudotabus verwechselt)


Und deswegen ist "Er ist wieder da" ein Buch, das wirklich mit Tabus bricht und eine haarscharfe Gratwanderung wagt, wirklich mutig und genial umgesetzt. Da ist tatsächlich "verbotene" Realität drin, denn Hitler wird als Mensch gezeigt und der Leser lacht (manchmal) mit ihm. Das ist gruselig, das ist verboten, und genau deswegen ist das Buch so eingeschlagen.

Ein Roman wie "Die Geschichte der O" ist im heutigen Zeitkontext einfach kein Tabu mehr. Und der Trend vieler Theaterinszenierungen, um jeden Preis Kot auf der Bühne zu zeigen und jemanden, der sich auszieht ... Das sind auch keine Tabubrüche mehr, sondern langweilt, weil man - wie du sagst - das Gefühl kriegt, dass diese Dinge passieren, weil sie es müssen, weil es erwartet wird, weil der Mut für andere Aussagen fehlt.


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Probber
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Beitrag03.02.2015 14:12

von Probber
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Kommt drauf an, wie der Rest ist. Wie Maria schon geschrieben hat, liest man ein Buch nicht wegen der "verbotenen Realität", sondern weil einen die Geschichte im Ganzen interessiert.

Kann mich an ein Buch erinnern, in der die Welt wie wir sie kennen zu Grunde gegangen ist, zivilisierte Werte blieben mehr und mehr auf der Strecke. Irgendwann kam eine ziemlich krasse Folterszene, und ich war eine Zeit lang ratlos, was ich davon halten soll. Aber die Geschichte ging weiter, und diese Szene hatte einschneidenden Charakter auf die Persönlichkeit sowohl von Opfer als auch von Täter.

Also hat die Szene - so krass sie auch ist - auch ihre Daseinsberechtigung im Buch.


Aber wie das immer so ist: Als Stilmittel kann "verbotene Realität" eine ganz gute Ergänzung für einen Schriftsteller sein, es muss nur gut geschrieben sein.
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Ynishii
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Beitrag03.02.2015 17:32

von Ynishii
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Schließe mich meinen Vorpostern im Großen und Ganzen an. Wenn es der Geschichte dient und zur Entwicklung beiträgt, dann meinetwegen. Wenn es mehr Pseudorebellentum ist, dann langweilt es, weil es jeder merkt. Grr

Persönlich glaube ich, dass ein wirklich guter Schriftsteller solche Szenen sehr limitieren kann und in der Lage sein sollte die Gedanken seiner Leser anzuregen, ohne zu sehr in die Schmuddelkiste zu greifen.

Das soll natürlich niemanden davon abhalten seine eigene "verbotene Realität" aufzuschreiben, denn man kann sie ja hinterher wieder wegstreichen. Sollte man aber auch tun, bzw. gut drüber nachdenken ob es wirklich bleiben soll. smile extra Es sei denn man bedient ein eher spezielles Publikum. Dann muss man nicht lange nachdenken. wink

Biologische Ausscheidungsprodukte mag ich auch nicht lesen. Das finde ich gänzlich unnötig.


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Kris
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Beiträge: 453



Beitrag03.02.2015 18:12

von Kris
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Ynishii hat Folgendes geschrieben:

Biologische Ausscheidungsprodukte mag ich auch nicht lesen. Das finde ich gänzlich unnötig.


Es sei denn, es hat etwas mit dem Charakter zu tun.

Ich erinnere mich an eine Szene in Jonathan Franzens "Korrekturen",
in welcher der Vater in seiner Demenz von seiner eigenen Scheiße
verfolgt wird. Seine Verdauung (als Synonym für seine Verklemmtheit)
spielt ja im ganzen Roman eine Rolle.

Das funktioniert dann wieder. Aber die Amerikaner haben meiner Meinung
nach eh ein großes Talent, skurrile Szenerien so glaubwürdig zu schreiben,
dass einem selbst Motorrad fahrende Bären nicht erschüttern. Wink
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Nordlicht
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Beitrag03.02.2015 18:28

von Nordlicht
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Wenn es ein integraler Teil der Geschichte ist, also für den Plot und/oder die Charakterentwicklung der Figuren nötig ist, dann ist das für mich okay. Ansonsten interessiert mich der Inhalt der Kloschüssel oder des Protas Genitaliengefummel genauso wenig wie sein Wäschewaschen oder Nägelschneiden, was nun auch Dinge des täglichen Lebens sind, die trotzdem nicht ins Rampenlicht gestellt werden. Wobei "Shades of Grey" auch ein toller Titel für ein Buch ums Wäschewaschen wäre Laughing

"Tabuthemen" aus einer Art fehlgeleiteten politcal correctness ins Buch einzubauen macht mir ebensowenig Sinn wie einen Figurencast zu haben, der 50-50 männlich und weiblich, gemischter ethnischer und altersmäßiger Herkunft plus sexueller Orientierung sein, sowie einen Behinderten und anderthalb soziale Randgruppen beinhalten muss. Die Geschichte sollte nur das beinhalten, was für die Geschichte notwendig ist. Alles andere kann man als Füllwörter betrachen.


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Ynishii
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Alter: 47
Beiträge: 355
Wohnort: Erde


Beitrag04.02.2015 11:25

von Ynishii
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Kris hat Folgendes geschrieben:

Ich erinnere mich an eine Szene in Jonathan Franzens "Korrekturen",
in welcher der Vater in seiner Demenz von seiner eigenen Scheiße
verfolgt wird.


Ach echt? smile So richtig mit Beinen und so oder eher sprichwörtlich? Klingt witzig, jetzt wo ich so drüber nachdenke. Ich schätze, wenn es gut und lustig beschrieben ist, könnte ich mich sogar damit abfinden. Solange der Ekelfaktor sich in Grenzen hält. smile extra

Nordlicht hat Folgendes geschrieben:

Wobei "Shades of Grey" auch ein toller Titel für ein Buch ums Wäschewaschen wäre.


 Daumen hoch smile extra smile extra

"50 Shades of Grey und der Weiße Riese"
-> In Lederklamotten über eine Waschschüssel gebeugt, stand er da in voller Manneskraft und rubbelte was das Zeug hielt. (*totlach*)


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Kris
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Beiträge: 453



Beitrag04.02.2015 12:21

von Kris
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Ynishii hat Folgendes geschrieben:


Ach echt? smile So richtig mit Beinen und so oder eher sprichwörtlich? Klingt witzig, jetzt wo ich so drüber nachdenke. Ich schätze, wenn es gut und lustig beschrieben ist, könnte ich mich sogar damit abfinden. Solange der Ekelfaktor sich in Grenzen hält. smile extra



Ist schon lange her, dass ich das Buch gelesen habe.
Aber es war eine surreale Szene auf dem Kreuzfahrtschiff, mit dem die
alten Eltern unterwegs sind.
Die Scheiße spricht zu ihm und reibt ihm seine Versäumnisse als Vater
unter die Nase.

Hier ist das Exkrement eben eine Metapher für die Verklemmtheit des
Vaters, der alles im Leben immer nur geschluckt und unterdrückt hat.

Soweit ich mich entsinne, zieht sich diese Metapher durch das ganze Buch,
er befasst sich nahezu zwangsneurotisch mit seinem Stuhlgang und hilft
sich mit einem Klistier, damit sein Körper ja nichts tut, was er nicht
kontrollieren kann.

Nie unappetitlich, eher traurig.

Obwohl Herr Franzen ja auch gerne mal der Effekthascherei bezichtigt wurde. Wink
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Kris
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Beitrag04.02.2015 12:24

von Kris
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Ynishii hat Folgendes geschrieben:


 Daumen hoch smile extra smile extra

"50 Shades of Grey und der Weiße Riese"
-> In Lederklamotten über eine Waschschüssel gebeugt, stand er da in voller Manneskraft und rubbelte was das Zeug hielt. (*totlach*)


 Sich kaputt lachen  Sich kaputt lachen Sich kaputt lachen

Besser als das Original (das ich nie gelesen habe).
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Michel
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Das bronzene Bühnenlicht Das goldene Niemandsland
Der silberne Durchblick Der silberne Spiegel - Prosa
Silberne Neonzeit


Beitrag04.02.2015 14:12

von Michel
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Verboten: nein. Schon weil ich nicht an Kochrezepte für die richtige Dosis "Verbotenes" glaube.

Verborgen: Sehr gern.
Ich habe den Eindruck, dass die Darstellung von Gewalt und Sex in den letzten Jahren immer expliziter geworden ist. Spätestens im Kino bei "Braveheart" wurde es mir zu viel. Und dass es damals nun mal so gewesen sei oder dass niemand etwas anderes sehen will, halte ich für eine billige Ausrede. Mode prägt die Wahrnehmung, auch in Kino und Literatur.
Da finde ich oft interessanter, auch erotischer, zu lesen, was nicht geschrieben steht. Je heller ausgeleuchtet, großformatiger, expliziter, realitätsnäher die Darstellung, desto mehr turnt mich eine Sexszene ab, desto weniger will ich mich durch eine Gewaltdarstellung quälen. Es kann ja durchaus im Sinne der Geschichte sein, an bestimmten Szenen Ekel oder Abgestoßensein hervorzurufen. Wenn's dafür den Holzhammer braucht, steige ich gelegentlich aus.
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Leonida
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Beitrag04.02.2015 14:36

von Leonida
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Auf die Gefahr hin, diese bisher sehr interessante Diskussion durch das Heranziehen eines mehr als niveaulosen Beispiels zu crashen...
Auf "Feuchtgebiete" ist hier noch nicht eingegangen worden, oder?
Ich war 16 und wollte dazugehören. (Die wenigsten Geschichten, die so beginnen, enden gut.) Spätestens seit diesem Werk, Roman, Buch müsste Aufmerksamkeitheischen mittels Ekel-Faktor ja eigentlich konsequent geächtet sein, zumindest im deutschsprachigen Raum.

Um auf die eigentliche Frage zurückzukommen, es kommt natürlich immer auch auf die jeweiligen Befindlichkeiten des Genres an. In einem historischen Roman sind ein, zwei Sexszenen, durchaus auch explizit, ja mittlerweile Gang und Gebe. (Überhaupt habe ich den Eindruck, dass das auf die meisten Romane zutrifft, in der eine Liebesgeschichte zur Handlung gehört.) Auch Gewalt oder gar Folterszenen werden gerne ausgeschmückt. Und sei es nur um die ausdauernde Mannhaftigkeit des Helden zu unterstreichen.
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Ynishii
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Wohnort: Erde


Beitrag04.02.2015 15:14

von Ynishii
Antworten mit Zitat

Kris hat Folgendes geschrieben:

Hier ist das Exkrement eben eine Metapher für die Verklemmtheit des
Vaters, der alles im Leben immer nur geschluckt und unterdrückt hat.

Soweit ich mich entsinne, zieht sich diese Metapher durch das ganze Buch,
er befasst sich nahezu zwangsneurotisch mit seinem Stuhlgang und hilft
sich mit einem Klistier, damit sein Körper ja nichts tut, was er nicht
kontrollieren kann.

Nie unappetitlich, eher traurig.


Du machst mich neugierig. Ich werde mir den Schinken besorgen und lesen. Das ist beschlossen. Es wird eine Weile dauern aber er wird gelesen. Das ist so abgefahren, dass es richtig gut sein könnte. smile

Leonida hat Folgendes geschrieben:

Auf "Feuchtgebiete" ist hier noch nicht eingegangen worden, oder?


Gottlob! Solche Ekel-Trash-Machwerke sollten auf einen noch näher zu spezifizierenden Index gesetzt werden. Man sollte sie außerdem nur mit Gummihandschuhen anfassen, denn wer weiß, was da schon alles drauf ist, vor Allem wenn man sie "gebraucht" kauft. Grr Wobei das Wort "gebraucht" hier eine ganz neue Dimension bekommt. (*pfui Spinne*)

Wenn Ekeleffekte zum Inhalt eines Buches werden, dann ist bei mir Schluss. Ein wenig Anspruch muss noch übrigbleiben, sonst geht es ohne Rückfahrschein hinein, in den "Zwei-Daumen-runter-Index". Der ist rund und es liegen manchmal schon ein paar Küchenabfälle drin. smile extra (*hops und weg*)


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Ich kann beweisen, dass dem Schöpfungsprozess eine gewisse kreative Eigeninitiative innewohnt. - Dr. Aurora Fleming
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Kris
Eselsohr


Beiträge: 453



Beitrag04.02.2015 16:32

von Kris
Antworten mit Zitat

Ja, lies mal. Daumen hoch
 
Mir haben sowohl "Die Korrekturen" als auch "Freiheit" gut gefallen.
Ersteres ein bisschen besser.
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Nordlicht
Geschlecht:weiblichWaldschrätin


Beiträge: 3761



Beitrag04.02.2015 17:48

von Nordlicht
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Leonida hat Folgendes geschrieben:
Auch Gewalt oder gar Folterszenen werden gerne ausgeschmückt.


Das ist das, was ich nicht lese - Szenen, in denen detailgetreu beschrieben wird, wie Tiere oder Menschen geqüält werden, überspringe ich grundsätzlich und werde ich auch nie schreiben. Ich finde es schrecklich genug, dass so etwas tatsächlich passiert, und finde es völlig unnötig, in allen Einzelheiten zu beschreiben, wie fiktive Charaktere gequält werden.

Mir kommt es vor, als ob mit der zunehmenden Technologisierung, wo es Apps für alles gibt und der Durchschnittsstädter zu Blut und Tod keinerlei Beziehung mehr hat, eine Art Drang entstanden ist, Verletzungen und Töten in Filmen, Videospielen und Büchern zu erleben.


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Gießkanne
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Beitrag04.02.2015 18:54

von Gießkanne
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Hallo nothingisreal,
Ich glaube, zu dem Thema kann ich auch schon etwas sagen - selbst wenn ich erst 12 bin.
 
Ich persönlich schreibe diese "verbotene Realität" nicht, da ich 12 bin und auch bisher keine Szene gehabt habe, in der ich "verbotene Realität" gebraucht hätte.

Davon zu lesen hat Grenzen, wie ich finde. Ich habe nichts dagegen, wenn ein Autor "verbotene Realität" in sein Buch bringt - solange es keine Form von Pornos annimmt. Auch wie Leonida meinte, wie Folterszenen detailliert ausgeschmückt werden, ist bei mir Schluss.
So etwas ekelt mich an und ich finde es an diesen Punkten einfach nicht angebracht.

Soviel dazu von mir
Deine Gießkanne smile


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Mogmeier
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von Malea Loughlin
Malea Loughlin Ideenfindung, Recherche 16 17.07.2019 14:35 Letzten Beitrag anzeigen

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