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zwischenraum Erklärbär
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Beiträge: 4
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Z 22.01.2015 23:16 Das Klavier von zwischenraum
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Hier eine Erzählung, die noch nicht zu Ende gedacht ist, aber zweifellos entfaltet es sich Stück für Stück..
Freue mich über Eure Kritik und Impulse....
Das Klavier
Sie war schon mit Lebensjahren gezeichnet. Ihr Gesicht erzählte viele Geschichten. Von schönen Tagen und Stunden, die wie Wolkenergüsse vom Himmel fielen und dunklen Abgründen und Schluchten ohne bekannter Wege, waren ihr auch bekannt.
Sie wusste nichts von dem Leben ohne den Augensinn, und als dieser verblasste, wurden die Tage länger und ihr Herz schien ein wenig lauter zu schlagen.
Während sie sich erst noch unsicher durch das Leben tastete, obwohl sie eigentlich schon alles gesehen hatte, kam es ihr vor, als sei alles nur ein Spiel. Sie hatte von ihren Enkeln eine Postkarte bekommen, auf der stand: "Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für das Auge unsichtbar.".Sie dachte an diese Zeilen, während sie langsam und vorsichtig in ihrer vertrauten Umgebung nach Halt suchte. Die Postkarte hatte tagelang auf ihrem Wohnzimmertisch gelegen, sie hatte sie immer wieder berüht, aber was der Inhalt war, konnte sie nicht erblicken. Erst als eine Nachbarin nach ihr schaute und sie ihr dann endlich vorlas, wurde ihr Gefühl Gewissheit, dass es eine schöne Post ist.
Während sie über den Spruch nachdachte, kam ihr das Klavier in den Sinn. Dieses eine wunderschöne und alles übertreffende Klavier. Sie roch noch den gewachsten Fußboden auf dem es stand und sie wusste wie es sich anfühlte: wie Perlmutt. Seidig und glänzend. Der Gedanke daran, war wie ein kleiner Same, der jetzt an diesem Tage aufging. Sie spürte eine kleine Aufregung bei dem Gedanken und wunderte sich darüber.
Draussen stürmte es, sie konnte die Geräusche vernehmen und obwohl es dunkel war, schien es, als hätte jemand ein Licht angemacht. Es war noch zart und suchte seine Wege, doch nichts konnte es mehr aufhalten. Dieser kleine zarte Gedanke an eine wunderschöne Zeit, begann den Raum in ihrem Herzen zu erleuchtet.
Sie brauchte unendlich lang bis sie in ihrer Küche ankam. Die Wohnung war ungünstig geschnitten und oft tat sie sich weh. Die gewohnten Räume waren durch die innere Dunkelheit zu einer Falle geworden und sie fragte sich oft, warum ihre vertraute Umgebung so feindlich zu ihr sei. Als sie endlich die Küchentür erspürte, war es ihr, als hätte sie einen Marathon geschafft. Die Anstrengung konnte sie in all ihren Muskeln fühlen und auch ihr rechtes Bein war noch geschwollen und schmerzte, von ihrer letzten Begegnung mit dem Kirschholz-Sideboard im Flur.
Doch heute schien alles leichter zu gehen. Ein fernes Grollen erzählte von einem wolkenbehangenen Himmel und regenschwangeren Wolken. Sie liebte es, bei rauhen Verhältnissen in sicheren und warmen Gefilden zu sein und so genoß sie die Atmosphäre ihrer heimeligen Küche, wo ein Kaffee auf sie wartete und die gleichzeitig bedrohlichen Kräfte der Außenwelt. Heute fühlte sie sich beschützt, doch dieses Gefühl war selten geworden und seit sie nicht mehr sehen konnte, ein fast nie auftauchender Gast.
Während sie mit grosser Mühe den Wasserkessel befüllte und die Herdplatte anmachte, kam ihr eine Melodie in den Sinn. Sie war in den Ecken ihres Geistes versteckt gewesen und kam wie ein Sonnenstrahl hervor. Sie lächelte automatisch und summte die Melodie. Plötzlich kam ein grosser Donnerschlag und sie fühlte sich wie in einem Orchester, wo die Streicher plötzlich von einem Tuba-Schlag gestoppt werden, um im nächsten Moment mit ihrem feinen Spiel fortfuhren, als sei nichts gewesen.
Und als hätte dieser Moment eine Initialzündung verursacht, wusste sie plötzlich mit jeder Faser ihres alten knochigen Körpers, dass sie noch einmal spielen müsste....auf einem Klavier.
Es war ihre grösste Leidenschaft gewesen und so lange her, dass es schien, als hätte zwischen damals und heute die Welt einen Graben gezogen, so riesengroß und tief, dass niemand es wagen würde, darüber zu gelangen. Bis auf den, dem nichts mehr blieb, als das andere Ufer zu erreichen.
Sie spürte Adrenalin durch ihre Adern fließen, bei dem Gedanken an ein Klavier und die Schwere und Traurigkeit der letzten Wochen und Monate verflog in einem Moment. Sie hätte laut schreien können, singen und tanzen, wenn dies ihrem Temperament ensprochen hätte, aber sie war eine sehr in sich gekehrte Person, die nur in besonderen Momenten und sehr nahestenden Personen gegenüber ihren wahren Gefühlen freien Lauf ließ. Der einzige und wahre Kanal, um sich selbst Ausdruck zu verleihen, lag in den Tasten eines Klaviers. Sie waren die Tempeltreppe zu einer Empfindung, die mit nichts anderem vergleichbar war.
Sie spürte, der Gedanke muss weitergesponnen werden, wie ein Spinnennetz, worin sich ein Muster webte, unauflöslich und fest, so daß sie sich darin verfangen konnte und es nie wieder verlor.
....
Fortsetzung folgt...
Weitere Werke von zwischenraum:
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Lionne Eselsohr
Alter: 49 Beiträge: 452
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23.01.2015 18:08 Re: Das Klavier von Lionne
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zwischenraum hat Folgendes geschrieben: | Hier eine Erzählung, die noch nicht zu Ende gedacht ist, aber zweifellos entfaltet es sich Stück für Stück..
Freue mich über Eure Kritik und Impulse....
Das Klavier
Sie war schon mit Lebensjahren gezeichnet. Ihr Gesicht erzählte viele Geschichten. Von schönen Tagen und Stunden, die wie Wolkenergüsse vom Himmel fielen und dunklen Abgründen und Schluchten ohne bekannter Wege, waren ihr auch bekannt.
Sie wusste nichts von dem Leben ohne den Augensinn, und als dieser verblasste, wurden die Tage länger und ihr Herz schien ein wenig lauter zu schlagen.
Während sie sich erst noch unsicher durch das Leben tastete, obwohl sie eigentlich schon alles gesehen hatte, kam es ihr vor, als sei alles nur ein Spiel. Sie hatte von ihren Enkeln eine Postkarte bekommen, auf der stand: "Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für das Auge unsichtbar.".Sie dachte an diese Zeilen, während sie langsam und vorsichtig in ihrer vertrauten Umgebung nach Halt suchte. Die Postkarte hatte tagelang auf ihrem Wohnzimmertisch gelegen, sie hatte sie immer wieder berüht, aber was der Inhalt war, konnte sie nicht erblicken. Erst als eine Nachbarin nach ihr schaute und sie ihr dann endlich vorlas, wurde ihr Gefühl Gewissheit, dass es eine schöne Post ist.
Während sie über den Spruch nachdachte, kam ihr das Klavier in den Sinn. Dieses eine wunderschöne und alles übertreffende Klavier. Sie roch noch den gewachsten Fußboden auf dem es stand und sie wusste wie es sich anfühlte: wie Perlmutt. Seidig und glänzend. Der Gedanke daran, war wie ein kleiner Same, der jetzt an diesem Tage aufging. Sie spürte eine kleine Aufregung bei dem Gedanken und wunderte sich darüber.
Draussen stürmte es, sie konnte die Geräusche vernehmen und obwohl es dunkel war, schien es, als hätte jemand ein Licht angemacht. Es war noch zart und suchte seine Wege, doch nichts konnte es mehr aufhalten. Dieser kleine zarte Gedanke an eine wunderschöne Zeit, begann den Raum in ihrem Herzen zu erleuchtet.
Sie brauchte unendlich lang bis sie in ihrer Küche ankam. Die Wohnung war ungünstig geschnitten und oft tat sie sich weh. Die gewohnten Räume waren durch die innere Dunkelheit zu einer Falle geworden und sie fragte sich oft, warum ihre vertraute Umgebung so feindlich zu ihr sei. Als sie endlich die Küchentür erspürte, war es ihr, als hätte sie einen Marathon geschafft. Die Anstrengung konnte sie in all ihren Muskeln fühlen und auch ihr rechtes Bein war noch geschwollen und schmerzte, von ihrer letzten Begegnung mit dem Kirschholz-Sideboard im Flur.
Doch heute schien alles leichter zu gehen. Ein fernes Grollen erzählte von einem wolkenbehangenen Himmel und regenschwangeren Wolken. Sie liebte es, bei rauhen Verhältnissen in sicheren und warmen Gefilden zu sein und so genoß sie die Atmosphäre ihrer heimeligen Küche, wo ein Kaffee auf sie wartete und die gleichzeitig bedrohlichen Kräfte der Außenwelt. Heute fühlte sie sich beschützt, doch dieses Gefühl war selten geworden und seit sie nicht mehr sehen konnte, ein fast nie auftauchender Gast.
Während sie mit grosser Mühe den Wasserkessel befüllte und die Herdplatte anmachte, kam ihr eine Melodie in den Sinn. Sie war in den Ecken ihres Geistes versteckt gewesen und kam wie ein Sonnenstrahl hervor. Sie lächelte automatisch und summte die Melodie. Plötzlich kam ein grosser Donnerschlag und sie fühlte sich wie in einem Orchester, wo die Streicher plötzlich von einem Tuba-Schlag gestoppt werden, um im nächsten Moment mit ihrem feinen Spiel fortfuhren, als sei nichts gewesen.
Und als hätte dieser Moment eine Initialzündung verursacht, wusste sie plötzlich mit jeder Faser ihres alten knochigen Körpers, dass sie noch einmal spielen müsste....auf einem Klavier.
Es war ihre grösste Leidenschaft gewesen und so lange her, dass es schien, als hätte zwischen damals und heute die Welt einen Graben gezogen, so riesengroß und tief, dass niemand es wagen würde, darüber zu gelangen. Bis auf den, dem nichts mehr blieb, als das andere Ufer zu erreichen.
Sie spürte Adrenalin durch ihre Adern fließen, bei dem Gedanken an ein Klavier und die Schwere und Traurigkeit der letzten Wochen und Monate verflog in einem Moment. Sie hätte laut schreien können, singen und tanzen, wenn dies ihrem Temperament ensprochen hätte, aber sie war eine sehr in sich gekehrte Person, die nur in besonderen Momenten und sehr nahestenden Personen gegenüber ihren wahren Gefühlen freien Lauf ließ. Der einzige und wahre Kanal, um sich selbst Ausdruck zu verleihen, lag in den Tasten eines Klaviers. Sie waren die Tempeltreppe zu einer Empfindung, die mit nichts anderem vergleichbar war.
Sie spürte, der Gedanke muss weitergesponnen werden, wie ein Spinnennetz, worin sich ein Muster webte, unauflöslich und fest, so daß sie sich darin verfangen konnte und es nie wieder verlor.
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Fortsetzung folgt... |
Hallo zwischenraum
Ich verliere mich aus Zeitmangel höchst selten in die Textarbeit (im Moment plage ich mich mit der Überarbeitung rum und suche Abwechslung). Deshalb ist's ein grosser Zufall, dass ich hier ausgerechnet auf eine Geschichte treffe, die von einer erblindeten Person handelt. Ich bin auch gleich hängengeblieben, da meine Protagonistin ebenfalls blind ist.
Es ist ein sehr sanfter, gefühlvoller Text. So wie vermutlich auch diese Frau sanft, leise und feinfühlig ist.
Ein paar falsche Zeitformen von Verben sind mir aufgefallen. Drei Abschnitte hast du genau gleich begonnen Und einmal scheint mir der Übergang zwischen zwei Abschnitten nicht zu passen. Das hab ich grün markiert. Im Abschnitt vorher zeigst du auf, wie mühsam und anstrengend der Weg durch die Wohnung war und im Abschnitt danach bereitet sie unter grosser Mühe heisses Wasser zu. Was geht denn heute alles leichter??
Diese Geschichte interessiert mich sehr. Ich würde gerne weiterlesen, einfach aus Neugierde, wie die blinde Frau ihr neues Leben meistert. Und ich frage mich, was du damit planst. Soll es eine Kurzgeschichte werden?
LG, Lionne
_________________ Wenn wir in uns selbst ein Bedürfnis entdecken, das durch nichts in dieser Welt gestillt werden kann, dann können wir daraus schließen, dass wir für eine andere Welt erschaffen sind.
C.S. Lewis |
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zwischenraum Erklärbär
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Beiträge: 4
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Lionne Eselsohr
Alter: 49 Beiträge: 452
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23.01.2015 22:37
von Lionne
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Nur nicht hetzen, lass dir Zeit. Ich werde auf jeden Fall wieder reinschauen.
In meiner Geschichte geht's gaaanz am Rande auch um Musik. Meine Protagonistin entdeckt allerdings anderes. Vor langer Zeit hab ich mal den Anfang meiner Geschichte in den Einstand gestellt. Ja, ich träume davon, dass daraus irgendwann ein Buch wird
Schön, dass du persönliche Kontakte zu blinden Menschen hast. Das fehlte mir, deshalb stiess ich schon sehr bald an meine Grenzen. Ich fand dann über Internet eine liebe blinde Frau, die mir offen all meine Fragen beantwortete (und es immer noch tut und mit Begeisterung dabei ist).
Liebe Grüsse und ein gutes WE trotz Arbeit
Lionne
_________________ Wenn wir in uns selbst ein Bedürfnis entdecken, das durch nichts in dieser Welt gestillt werden kann, dann können wir daraus schließen, dass wir für eine andere Welt erschaffen sind.
C.S. Lewis |
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frauenimsinn Gänsefüßchen
Beiträge: 21 Wohnort: Augsburg
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17.03.2017 20:08
von frauenimsinn
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Mir gefällt der Text wirklich sehr gut - man kann wahrlich die "Zwischentöne" erspüren, die aus den Zeilen sprechen. Sehr sensibel geschrieben!
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