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Ein Stück zum kritisieren


 
 
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Catalano
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Alter: 40
Beiträge: 136



C
Beitrag11.01.2015 19:13
Ein Stück zum kritisieren
von Catalano
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo,

in letzter Zeit hatte ich wieder Lust gehabt und ein paar Kurzgeschichten geschrieben. Sie sind nicht besonders ausgefeilt und schnell entstanden.

Ich habe hier ein kleines Stück aus einer dieser Geschichten, um zu erfahren, wie es so wirkt, wie es geschrieben ist usw.

Ich bitte um Kritik:

Das Taxi brachte uns zu dem Vereinshäuschen, das man extra für solche Anlässe mieten konnte. Es befand sich auf dem Land, nur unweit unserer Wohnung an der Stadtgrenze. Man musste ein Stück über einen schmalen Feldweg fahren, an dem sich links und rechts weite Ackerfelder befanden. Je näher wir dem Veranstaltungsort kamen, desto mehr verfinsterte sich mein Gesicht. Ich hätte kotzen können.
Aber wenigstens meine Freundin schien sich zu freuen. Sie lächelte und trug eines ihrer Lieblings-kleider, sie sah aus toll aus.

Als wir dort ankamen, war die Lokalität schon voller Leute. Einige standen draußen und rauchten, drinnen tummelten sie sich wie die Ratten in einem Rattennest. Ich kannte keinen von denen. Das waren alles irgendwelche Freunde und Bekannte der Schwester und ihres Verlobten.
Ich sah mich um und hielt Ausschau nach den alkoholischen Getränken. Mein Plan war es, mich mit ein paar Bier und Whisky in eine Ecke zu verziehen und abzuwarten, bis wir wieder nach Hause fahren würden.
In einer Ecke des Raumes gab es eine Theke, an der irgendwelche Amateure Getränke ausschenkten. Daneben war ein jämmerliches Buffet mit irgendwelchen belegten Brötchen und gekochten Eiern aufgestellt. Es sah selbst gemacht und unappetitlich aus.

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Windgesang
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen

Alter: 41
Beiträge: 28
Wohnort: Hessen


Beitrag11.01.2015 19:53

von Windgesang
Antworten mit Zitat

Hallo Catalano,

ich versuche mich mal an ein wenig Kritik wink
Mich würde aber schon interessieren, wie es mit dem angenervten Protagonisten und seiner Freundin weitergeht, wo das noch hinführt!

Ich finde den zweiten Absatz ansprechender als den ersten.
Im ersten finde ich vieles überflüssig. Er hindert mich eher, in die Geschichte einzusteigen, als dass er mir hilft.

Zitat:

Das Taxi brachte uns zu dem Vereinshäuschen, das man extra für solche Anlässe mieten konnte. Kann man kürzen: "zum angemietenen Vereinshäuschen" oder ähnliches. Fast jeder hat in einer derartigen Location schon mal (mit)gefeiert oder zumindest mitbekommen, dass diese Häuschen anmietbar sind, das heißt, eine extra Erklärung ist nicht notwendig.
Es befand sich auf dem Land, nur unweit unserer Wohnung an der Stadtgrenze. Man musste ein Stück über einen schmalen Feldweg fahren, an dem sich links und rechts weite Ackerfelder befanden.
Ist es wichtig, dass die Wohnung an der Stadtgrenze liegt? Irgendwie hab ich hier das Gefühl, es ist weder Fisch noch Fleisch... die Erwähnung der "weiten Ackerfelder" versucht, dieses "Autofahrgefühl" herzustellen, aber eigentlich willst du die Fahrt ja gar nicht  beschreiben. Ich bin da für ein entweder-oder. Entweder du beschreibst die Fahrt, mit Details, oder du lässt sie aus. Das ist sicher auch Geschmackssache, mir persönlich hat das nicht gefallen.
Je näher wir dem Veranstaltungsort kamen, desto mehr verfinsterte sich mein Gesicht. Ich hätte kotzen können.
Aber wenigstens meine Freundin schien sich zu freuen. Sie lächelte und trug eines ihrer Lieblings-kleider, sie sah aus toll aus. Was hat denn das Lieblingskleid damit zu tun, dass sie sich freut?
Zudem: Dieses "sie sah toll aus", wirkt etwas lieblos auf mich. Als würde der Protagonist das mal eben so sagen, um ihr eine Freude zu machen, aber nicht... als würde er sie ansehen und das so nachempfinden.



Verkürzt würde der erste Abschnitt zum Beispiel dann so aussehen:

Das Taxi brachte uns zu dem angemietenen Vereinshäuschen, mitten im Nirgendwo. Je näher wir kamen, desto mehr verfinsterte sich mein Gesicht. Ich hätte kotzen können.
Aber wenigstens meine Freundin lächelte breit und summte vor sich hin. In ihrem Lieblingskleid sah sie bezaubernd aus, ich konnte meinen Blick nicht von ihr abwenden.


Ich wollte nur versuchen, dir zu verdeutlichen, was ich meine.

Der zweite Absatz gefällt mir deutlich besser. Hier kommt die Genervtheit des Protas, seine durchaus destruktive Gemütsverfassung, besser zum Ausdruck.

Viele Grüße
Windgesang


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Catalano
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Alter: 40
Beiträge: 136



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Beitrag11.01.2015 20:50

von Catalano
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Ah danke, Windgesang.

-Diese Kürzungen leuchten mir ein, vorallem, das mit dem Vereinshäuschen (eigentlich dachte ich aber eher, dass viele Leute nicht wissen, dass man Vereinshäuser anmieten kann für solche Feiern).

-Das mit der Stadtgrenze und die Beschreibung des Feldweges ist allerdings in der Tat wichtig, da es im Verlauf der Geschichte darum geht. Das werde ich also vorerst so lassen

-klingt das mit ihrem Aussehen wirklich so lieblos? ("sie sah toll aus")
Okay, deine Version finde ich gut.

Im Allgemeinen in Bezug auf Kürzungen eine Frage:

ist es notwendig, jeden einzelnen Satz bezüglich einer Kürzung zu prüfen?
Oder sind Kürzungen nicht eher auf größere Passagen bezogen, die man in einer ganzen Geschichte auslassen kann?

Denn wenn man will, könnte man jeden Satz auf ein Minimum kürzen.

Ich frage diese Sachen, da ich gerade ein neues Buch lese, in dem ich diese Sachen überprüfe und feststelle, dass da eher ausgeholt wird, anstatt Unwichtiges wegzulassen.

Das verwirrt mich.
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Windgesang
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen

Alter: 41
Beiträge: 28
Wohnort: Hessen


Beitrag11.01.2015 21:04

von Windgesang
Antworten mit Zitat

Zitat:
eigentlich dachte ich aber eher, dass viele Leute nicht wissen, dass man Vereinshäuser anmieten kann für solche Feiern

Hm, ich mag mich natürlich irren, allerdings hab ich den Eindruck, dass sowas ab dem Alter 30+ recht verbreitet ist.

Ich finde "sie sah toll aus" tatsächlich recht lieblos, weil es so nichtssagend ist. Wenn er das zu ihr sagen würde, es stammeln, es flüstern würde, dabei rot wird, whatever... dann ist das etwas anderes. Aber so finde ich, dass "toll" einfach wenig aussagekräftig ist.

Zitat:

ist es notwendig, jeden einzelnen Satz bezüglich einer Kürzung zu prüfen?
Oder sind Kürzungen nicht eher auf größere Passagen bezogen, die man in einer ganzen Geschichte auslassen kann?

Meine Meinung: nein, natürlich muss man nicht jeden Satz prüfen. Bei einem kurzen Abschnitt neigt man IMHO allgemein zur genaueren Betrachtung jedes einzelnen Satzes, deswegen fällt es dann auch auf.
Wenn sich redundante Informationen häufen, dann sehe ich da aber auch in längeren Texten ein Problem und würde auch da manche Sätze kürzen.

Zitat:
Ich frage diese Sachen, da ich gerade ein neues Buch lese, in dem ich diese Sachen überprüfe und feststelle, dass da eher ausgeholt wird, anstatt Unwichtiges wegzulassen.

Ist ja auch immer die Frage, was wirklich unwichtig ist und was nicht, oder? Wenn eine Landschaft so beschrieben wird, dass ich mich in ihr verliere - vielleicht wird sie beschrieben, weil der Prota sie so liebt, weil sie sein Zuhause ist - dann ist es vielleicht unwichtig, ob die Bank unter der knorrigen Buche grün lackiert ist. Wenn die Intention dieser Beschreibung aber ist, dass man später mit dem Prota wehmütig an diese Bank denkt oder man an den Ort zurückkehrt oder whatever, dann wird die Bank eben nicht mehr unnötig.
Tendenziell unwichtig finde ich persönlich Erklärungen meiner Alltagswelt.
Zum Beispiel eben das mit dem Vereinshäuschen, oder (aus der Luft gegriffen), sowas wie: "Sie ging an den Briefkasten. In das klapprige Ding stopfte der Postbote auch immer die Zeitung." --> Solange Postbote oder zerknüllte Zeitung oder Briefkasten keine tragende Rolle spielen, gehe ich davon aus, dass die Zeitung im Briefkasten landet. Wenn die Zeitung aber zerknüllt ist und die Prota das ärgert, weil sie furchtbar pingelig ist, wird die Chose schon wieder wichtiger...
Von daher finde ich es schwierig, das klar zu benennen.


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Catalano
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Beitrag11.01.2015 21:56

von Catalano
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Ja, so verstehe ich das auch, wie du sagst.

Die Sache mit dem "Sie sah toll aus":

ich hatte das bewusst so knapp gehalten, weil es in der Geschichte kaum um die Freundin geht und ich diese Art von kurzen Sätzen, die eine Textpassage abschließen, des öfteren so in Büchern gelesen hatte. Daher dachte ich, dass würde sich gut anhören.

Aber dein Beispiel mit dem Postboten, der nichts zur Sache tut, verstehe ich voll und ganz.

Danke dir erstmal, für deine Einschätzung:)
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Jack Burns
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Beitrag11.01.2015 23:01

von Jack Burns
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Hallo Catalano,

Stell mal einen längeren Ausschnitt rein!  
Bisher kann ich nur sagen, das es seehr langweilig ist.

Gruß Martin.


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Catalano
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Beitrag11.01.2015 23:32

von Catalano
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@Jack Burns

dass es langweilig ist, glaube ich dir gerne.
Mir ging es um den Schreibstil, zu wissen, wie der so ankommt.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass zu lange Texte hier nicht gerne gelesen werden.

Aber ich stelle noch ein Stück rein:

Das Adrenalin durchströmte meinen Körper und die Panik trieb mich an, schneller zu laufen. Aber ich kam nicht mehr zurück zur Feier, obwohl ich schon lange hätte da sein müssen.

Ein weiterer Blick auf mein Handy brachte mir die Gewissheit, dass ich schon seit eineinhalb Stunden dort rum geirrt war. Obwohl ich keinen Empfang hatte, versuchte ich meine Freundin anzurufen, doch es tat sich nichts.

Zwar wollte ich es nicht wahrhaben, aber ich spürte, dass da etwas ganz merkwürdiges ablief.

Auch nach weiteren Metern zurück befand ich mich immer noch inmitten des Nebels und des Mondscheins. Es kam mir so vor, als wäre dieser verdammte, gepflasterte Feldweg eine Art Laufband, auf dem man nie vorwärts kommt, so schnell man auch läuft.
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Jack Burns
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Beitrag12.01.2015 03:35
Re: Ein Stück zum kritisieren
von Jack Burns
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Also von mir aus kann ein Ausschnitt größer sein. Ich kann dann mir ein besseres Bild machen, wo die Geschichte hin will.
Ich suche mal, woran es liegt, dass mich das Stück so langweilt.
Catalano hat Folgendes geschrieben:
Hallo,

in letzter Zeit hatte ich wieder Lust gehabt und ein paar Kurzgeschichten geschrieben. Sie sind nicht besonders ausgefeilt und schnell entstanden.

Ich habe hier ein kleines Stück aus einer dieser Geschichten, um zu erfahren, wie es so wirkt, wie es geschrieben ist usw.

Ich bitte um Kritik:

Das Taxi brachte uns zu dem Vereinshäuschen, das man extra für solche Anlässe mieten konnte.geschenkt Es befand sich auf dem Land, nur unweit unserer Wohnung an der Stadtgrenze. Man mussteDas klingt wie im Schüleraufsatz. ein Stück über einen schmalen Feldweg fahren, an dem sich links und rechts blutleere Beschreibung weite Ackerfelder befanden. klingt wie Amtsdeutsch Je näher wir dem Veranstaltungsort kamen, desto mehr verfinsterte sich mein Gesicht.Perspektivfehler Ich hätte kotzen können.
Aber wenigstens meine Freundin schien sich zu freuen. Sie lächelte und trug eines ihrer Lieblings-kleider, sie sah aus toll aus. nichtssagend. Was ist toll für den Erzähler?
Als wir dort ankamen, war die Lokalität schon voller Leute. Einige standen draußen und rauchten, drinnen tummelten sie sich wie die Ratten in einem Rattennest. Endlich mal etwas Schwung! Aber diesenVergleich finde ich etwas gewagt+ Nest wäre passender.Ich kannte keinen von denen. Das waren alles irgendwelche was dem Ich-Erzähler egal ist, interessiert den Leser erst recht nicht. Freunde und Bekannte der Schwester und ihres Verlobten.
Ich sah mich um und hielt Ausschau doppelt gemoppeltnach den alkoholischen Getränken. Mein Plan war es, mich mit ein paar das ist Quatsch Bier und Whisky in eine Ecke zu verziehen und abzuwarten, bis wir wieder nach Hause fahren würden.Dröger Konjunktiv. Grammatisch korrekt - und langweilig
In einer Ecke des Raumes gab "es gibt" ist genauso öde wie "befindet" es eine Theke, an der irgendwelche Amateure Getränke ausschenkten. Daneben war ein jämmerliches Buffet mit irgendwelchen belegten Brötchen und gekochten Eiern aufgestellt. Es sah selbst gemacht und unappetitlich aus. "selbst gemacht" ist lecker! Und wie sah es aus? Wo ist das Bild?


Mir war auf dem kurzen Abschnitt schon der Inhalt zu uninteressant. Aber mit etwas Pfeffer könnte man mich trotzdem am Ball behalten. Die angeödete Stimmung des Protas überträgt sich beim Lesen auf mich. Das ist nicht gut.
Ich bin selbst nicht allzu talentiert, möchte aber an einem Beispiel verdeutlichen, wie Du mich fesseln könntest.

In der dunkelsten Ecke hatte man zwei Tische zusammengeschoben und ein Laken drüber geworfen. Eine ständig wachsende Schlange drängte sich vor der improvisierten Theke, an der zwei junge Männer hektisch Bier und Cocktails an die Gäste verteilten.
Gleich neben der Bar lockte mich ein Buffett - doch nach wenigen Schritten verlor ich schlagartig den Appetit; vertrocknete Käsescheiben bogen sich um die Wette mit den Brötchen auf denen sie lagen. Als ich weißen Flaum auf der Leberwurst entdeckte, wandte ich mich würgend ab.


Das ist natürlich nicht dein Stil. Ich möchte nur verdeutlichen, dass die Situation,auch und gerade wenn sie ätzend für den Prota ist, spannend erzählt werden sollte.

Schönen Gruß
martin


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Catalano
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Beitrag12.01.2015 10:42

von Catalano
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@JackBurns

danke für die Hinweise. Du hast tatsächlich Recht, es liest sich nun auch für mich recht langweilig.
Problem ist aber, wenn ich anfange, diese von dir genannten Probleme spannender zu formulieren, wird sich der Text insgesamt wieder verlängern.
Beispiel deine Beschreibung des Buffets: die klingt super. Allerdings ist dieses Buffet eine unwichtige Sache und ich weiß nicht, ob man diese näher beschreiben sollte (Thema Kürzung usw).

Die anderen Hinweise von dir sind sehr gut. Darauf muss ich achten.
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Catalano
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Beitrag12.01.2015 21:23

von Catalano
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Ich habe hier ein Stück aus einer anderen Geschichte, wo ich gerne wissen würde, wie es geschrieben ist.

Die Möwe

Also, ich habe gegessen, wenn man es essen nennen kann. Eine Möwe hockte auf einem Felsblock in der Inselmitte, wo all diese Gesteinsbrocken voller Vogeldreck zu einer Art Mini-Gebirge aufgetürmt sind.
Ich hob einen Stein auf, der griffig in meiner Hand lag, und kletterte so nah wie möglich zu der Möwe hin. Sie blieb auf dem Felsen stehen und beobachtete mich mit glänzenden schwarzen Augen. Es wundert mich, dass mein lautes Magenknurren sie nicht verscheucht hat.

Voller Wucht schleuderte ich den Stein nach ihr und traf sie an der Seite. Sie stieß einen krächzenden Schrei aus und versuchte wegzufliegen, aber ich hatte ihr den rechten Flügel gebrochen. Ich kroch hinter ihr her, aber sie hüpfte weg. Blutstropfen liefen über die weißen Federn. Das Biest veranstaltete das reinste Fangspiel mit mir. Auf der anderen Seite der Felsen geriet ich mit dem Fuß in eine Spalte und hätte mir fast den Knöchel gebrochen.
Ich war schon reichlich erschöpft, als ich sie schließlich an der Ostseite der Insel erwischte. Sie versuchte gerade, sich ins Wasser zu flüchten und weg zu schwimmen.
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Windgesang
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Beitrag12.01.2015 22:36

von Windgesang
Antworten mit Zitat

Mich langweilt dein schnörkelloser Stil selbst übrigens nicht. Ich mag das an sich - Geschmackssache - so fern es sich um kurze Texte handelt, die mich nicht fesseln müssen, sondern "nur" interessieren.
Aber hier finde ich wieder ein paar Knackpunkte, die mich stören.
Just my two cents, aber du möchtest ja Kritik...

Zitat:

Also, ich habe gegessen, wenn man es essen nennen kann. An sich mag ich den Einstieg, weil für mich da ein Bild des Protas entsteht. Eines eher ungehobelten, unzivilisierten Kerls.
Trotzdem: warum sollte man es nicht "essen" nennen? Eine kurze Erläuterung fände ich hilfreich. Sei es, dass der Prota schlingt ohne zu kauen, alles wieder erbricht, was auch immer.
So habe ich ein Fragezeichen über meinem Kopf...
Und wenn der Protagonist die Möwe isst, dann würde ich darauf evtl. auch nochmal hinweisen oder einen Absatz machen. Sonst erweckt es den Eindruck, dass er schon vor der Begegnung mit dem Vogel gegessen hat. Trotz der verschiedenen Zeitformen.

Eine Möwe hockte auf einem Felsblock in der Inselmitte, wo all diese Gesteinsbrocken voller Vogeldreck zu einer Art Mini-Gebirge aufgetürmt sind.
Ich hob einen Stein auf, der griffig in meiner Hand lag, und kletterte so nah wie möglich zu der Möwe hin. Sie blieb auf dem Felsen stehen und beobachtete mich mit glänzenden schwarzen Augen. Es wundert mich, dass mein lautes Magenknurren sie nicht verscheucht hat.
Ich bin mir nicht sicher, aber hier scheint etwas mit der Zeitform nicht zu passen. Vielleicht irre ich mich auch.

Voller Wucht schleuderte ich den Stein nach ihr und traf sie an der Seite. Die Wucht steht für mich im Gegensatz zur sonstigen Gelassenheit des Protas. Wucht impliziert für mich einen starken Impuls, einen Willen, ebenso "schleudern". Ist das Absicht? Dann würde ich das stärker herausstellen.
Sie stieß einen krächzenden Schrei aus und versuchte wegzufliegen, aber ich hatte ihr den rechten Flügel gebrochen.
Ist er Tierarzt oder woher weiß er das? Wenn er schon eine Möwe malträtiert und ihr den Flügel brichst, dann beschreib das doch. Der Protagonist ist ja schon recht hemmungs- und emotionslos, vielleicht betrachtet er die Wunde erst ein wenig genauer und mit der Sachlichkeit eines Metzgers etc.
Ich kroch hinter ihr her, aber sie hüpfte weg. Blutstropfen liefen über die weißen Federn. Das Biest veranstaltete das reinste Fangspiel mit mir.
Auch diese Formulierung steht für mich im Gegensatz zu der "Coolness" des Protas. "Biest" passt für mich hier gar nicht rein und der Prota wirkt auf mich nicht wie jemand, der irgendwas mit Fangenspielen assoziiert. Wenn er das ist, braucht er auch ansonsten für mich mehr Gefühl. Wenn er das nicht ist, dann darf er so nicht denken.
Auf der anderen Seite der Felsen geriet ich mit dem Fuß in eine Spalte und hätte mir fast den Knöchel gebrochen.
Diese Formulierung passt wieder eher zu einem sehr desinteressierten, kalten Protagonisten. Da hätte ich gern ein Entweder-Oder. Entweder, der Prota ist kalt und berechnend, oder er ist emotional, dann wird ihn aber der Fast-Knöchelbruch nicht so kalt lassen...
Ich war schon reichlich erschöpft, als ich sie schließlich an der Ostseite der Insel erwischte.
Klingt, als hätte der Mann einen Marathon hinter sich.
Sie versuchte gerade, sich ins Wasser zu flüchten und weg zu schwimmen.


Wie gesagt: just my two cents.

Viele Grüße
Windgesang


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Beitrag13.01.2015 01:14

von Jack Burns
Antworten mit Zitat

Das ist schwierig mit so kurzem Text.

Nehmen wir an, nach der Party gibt es einen Unfall und die Freundin landet im Rollstuhl oder schlimmeres. Er macht sich bittere Vorwürfe und geht irgendwann ins Wasser.
Oder
Nehmen wir an, dem Prota wird klar, dass die Freundin und ihre doofen Freunde nix für ihn sind und er verknallt sich in die (viel coolere) Catering-Tussi. Und es gibt eine wunderschöne Hochzeit.
Vollkommen verschiedene Intentionen. Je nachdem, was du erzählst, variiert der Stil.
Er bestimmt den Sound der Geschichte. Du kannst das knapp und schnörkellos machen oder peppig-bunt. Zu einer Tragödie passt mein Beispiel natürlich nicht.
Was ich an diesem Text grundsätzlich negativ empfinde, ist eine gewisse Gleichgültigkeit, Passivität, die in einigen Formulierungen (ich war, es befand, es gab, rechts und links...) zum Ausdruck kommt.
Wenn etwas in deinen Augen so unwichtig ist, dass du keine Leidenschaft für die Darstellung entwickeln kannst, dann lass es doch ganz weg.
Wenn du etwas erwähnst, wie das Buffet, dann finde ich es angebracht es sinnlich erfahrbar zu machen. Wenn die Geschichte es nicht braucht, dann: weg damit. Smile


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Harald
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Beitrag13.01.2015 12:31

von Harald
Antworten mit Zitat

Ich würde mal sagen, die Crux dabei ist, dass du in "Ich-Form" schreibst - und dabei den fast unpersönlichen, analysierenden Schreibstil eines Beobachters beibehältst …

Weniger Erklärungen und mehr Emotionen wären hier sinnvoller.

 Wink

Paradebeispiel:

Catalano hat Folgendes geschrieben:


Das Adrenalin durchströmte meinen Körper und die Panik trieb mich an, schneller zu laufen.


Welcher panische Mensch analysiert in dem Moment, dass mehr Adrenalin durch seinen Körper strömt?
Der denkt so gut wie nicht nach, den treibt nur eines vorwärts: „Wo, um alles in der Welt, finde ich diese blöde Hütte?“


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Beitrag13.01.2015 15:08

von Catalano
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Danke für eure Kritik.

Die nehme ich sehr ernst und mache mir darüber Gedanken.

@Harald

Zitat:
Welcher panische Mensch analysiert in dem Moment, dass mehr Adrenalin durch seinen Körper strömt?


Genau diesen Satz mit dem Adrenalin habe ich schon sehr oft in der gleichen Weise in vielen (recht guten) Büchern gelesen. Daher dachte ich, das wäre gut.
Und man merkt schon in Stresssituationen, wenn einem das Adrenalin "durch den Körper strömt".

Beim genaueren Nachdenken sehe ich das aber auch so wie du. Es klingt emotionslos und teilweise unlogisch.

Was ich hier versuche, herauszufinden, ist, wie weit das Analysieren und Nachbearbeiten eigener Texte (oder fremder Texte) gehen darf, um aus dem Schreiben einer Geschichte keinen "Krampf" zu machen.
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Harald
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Wohnort: Schlüchtern


Beitrag13.01.2015 15:25

von Harald
Antworten mit Zitat

Ja, das findet man immer wieder, aber in der Regel in einer solchen Qualität ►

https://books.google.de/books?id=DSl1AgAAQBAJ&pg=PT46&lpg=PT46&dq=Das+Adrenalin+durchstr%C3%B6mte+meinen+K%C3%B6rper&source=bl&ots=QAzIDNLaI0&sig=3jPeswmxJzwsCwC_tKHbvQAYAQ4&hl=de&sa=X&ei=Jxu1VFuE5ssDzNWBuAc&ved=0CCoQ6AEwAg#v=onepage&q=Das%20Adrenalin%20durchstr%C3%B6mte%20meinen%20K%C3%B6rper&f=false

Da braucht es keine einzige Seite, um zu wissen, dass man diees Buch besser nicht ins Auge fasst - noch nicht mal als E-Book für lau!
Verschenkte Zeit!

 Wink


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