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Der Schein trügt


 
 
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Manu78
Geschlecht:weiblichWortedrechsler
M

Alter: 46
Beiträge: 52



M
Beitrag06.11.2007 11:25
Der Schein trügt
von Manu78
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

so nun habe ich einen Titel gefunden.
Leider verzögert sich alles ein wenig durch Krankheit, Arbeit und Kids Smile

                                Der Schein trügt

„Hast du denn schon einen Namen für den Kleinen?“ fragte Hannah und öffnete dabei ihre Cola Flasche. „Ja, er soll Jonas heißen. Ich finde Jonas passt zu dem hübschen kleinem Gesicht!“ Hannah trank einen Schluck und schraubte die Flasche wieder zu. „Ist schon enorm, was man heute alles sehen kann. Als ich schwanger war, damals, da war ich froh, wenn ich überhaupt etwas erkennen konnte und bei dir, das ist ja ein richtiges Foto. Zeig doch noch mal bitte.“ Bianca stand auf und holte ein Bild aus ihrer Kitteltasche und reichte es der anderen Frau, die eine Kasse weiter saß. Diese betrachtete mit einem Lächeln das 3D Ultraschallfoto. „Wirklich erstaunlich!“ sagte sie noch einmal und reichte es der Kollegin zurück. „Meinst du, ich kann schon mal abrechnen? Es kommt doch eh kaum noch jemand, da reicht eine Kasse.“ meinte die Schwangere. „Na ich weiß nicht. Der Chef hat gemeint, dass beide Kassen bis 21: 15 Uhr geöffnet bleiben sollen, in den letzten Wochen habe es abends noch einmal einen großen Ansturm gegeben.“ Bianca stand auf und reckte sich. „Na von Ansturm kann ja keine Rede sein.“ Sagte sie und stand auf, um wenigstens ein paar Reinigungsarbeiten an der Kasse zu verrichten und nicht ganz sinnlos herumzusitzen. Plötzlich blieb sie stehen. „Da, er hat schon wieder getreten.“, sagte sie freudig und hielt sich für einen Augenblick die Hand an den Bauch. Sie lächelte, streichelte zart über ihren Bauch und griff dann nach dem Zewa und dem Glasreiniger unter der Kasse. Mit einem Lächeln beobachtete Hannah ihre Kollegin und kassierte einen Kunden ab. Seit ein paar Tagen spürte die junge Frau die Kindsbewegungen und es war immer eine große Freude ihr von diesen erzählen zu hören. Wenige Augenblicke später, Bianca war gerade mit ihrer Arbeit fertig und wollte sich wieder in die Kasse setzen, als eine dunkel gekleidete Person in den Rewe trat. Sein Gesicht war mit einer Motorradmaske bedeckt und er holte etwas unter seiner Lederjacke vor. Beide wussten schier in diesem Augenblick, dass dies ein Überfall war, und hoben reflexartig die Arme. In einem südländischen Akzent schrie er Hannah an: „Los, geben Geld her. Sofort!“ Die erfahrende Verkäuferin versuchte ruhig zu bleiben. Sie hatte schon zwei Überfälle erlebt und wusste, dass man alles tun sollte, um Räuber nicht zu verärgern. Rasch drückte sie 0 Code in die Kasse, die daraufhin sofort aufsprang. Viel war nicht drin, sie hatte vor weniger als einer Stunde abgeschöpft und der Chef hatte das Geld bereits geholt. Schnell holte sie alles heraus was die Kasse an Scheinen beinhaltete und legte es zusammen mit den 1 und 2 Euro Rollen auf das Band. Ihre Hände zitterten, doch versuchte sie, ihre Nervosität nicht anmerken zu lassen. „Das ist alles was ich in dieser Kasse habe!“ sagte sie ruhig. Der Mann griff nach dem Geld, packte es in eine Tüte und drehte sich nun zu Bianca um. „Sofort.“ Stotterte sie und wollte gerade die Kasse öffnen da schoss der Bewaffnete. Erst einmal, dann weitere zwei Male. Daraufhin lief er hinaus. Die letzten Sekunden des Überfalls spielten sich für Hannah wie in Zeitlupe ab. Bianca stand immer noch vor der Kasse, als der Unbekannte eingetreten war. Als Hannah das Geld herausgegeben hatte, stand ihre Kollegin regungslos da und hielt die Arme oben. Auf ihrer Stirn hatten sich Schweißperlen gebildet und auch sie versuchte, die immer mehr wachsende Unsicherheit nicht anmerken zu lassen. Als der Mann seine Aufmerksamkeit auf sie richtete, schoss er nach nicht einmal drei Sekunden auf die Schwangere. Hannah hatte zahlreiche Filme gesehen. Filme in denen Menschen erschossen wurden. Doch in keinem hatte sie das Eindringen einer Kugel in einem Körper vernommen. 3 Mal, das dumpfe Eindringen von Blei in einem Körper, 3 Mal den lauten Knall eines Schusses. Sofort als der Schütze weg war, stürzte Hannah zu Boden, wo ihre Kollegin besinnungslos lag. Behutsam hob sie deren Oberkörper auf ihren Schoß. Sie spürte eine plötzliche wärmende Nässe – Blut. „Nein!“ schrie Hannah als könnte sie somit das Geschehen rückgängig machen. „Nein, das darf nicht sein!“Hysterisch sah sie auf Bianca und auf ihre eigene Hände. Blut, alles voller Blut. Hannah weinte und griff nach Biancas Bauch. Ein kurzes klagendes Boxen konnte sie spüren, dann schien auch Jonas, nicht einmal angefangenes Leben, zu Ende zu sein.

Seit einer Woche war Markus nun bei der Kripo in Wiesbaden. Eine Woche und nicht wirklich ein richtiger Fall. „Vielleicht hätte ich doch bei der Streife bleiben sollen“, dachte er, während er seine neue Dienstmarke, die er in seiner rechten Hand hielt, betrachtete. „Da war wenigstens immer was los.“ Hier saß er meist nur sinnlos rum und bearbeitete Akten. So, hatte er sich seinen neuen Dienst nicht vorgestellt. Seufzend steckte er die Marke zurück in seine Tasche und widmete sich wieder seiner Arbeit – Akten bearbeiten. Er erschrak richtig, als Heike plötzlich in den kleinen abgeschirmten Raum des Reviers stürzte und wild gestikulierend ein paar Sachen holte. „Los komm, wir haben einen Raubüberfall in Niedernhausen.“ Sie hielt kurz inne, dann fuhr sie nach einem tiefen Atemzug fort: „Mit Todesfolge. Die Kassiererin wurde erschossen!“ Markus schluckte, folgte dann seiner älteren Kollegin. Am Tatort angekommen war der Notarzt vor Ort und überreichte den beiden Polizisten einen vorläufigen Bericht . Als Markus einen Blick auf das Opfer warf, erstarrte er. Eiskalt lief es ihm den Nacken herunter. Jemanden zu erschießen war eine Sache, doch sogar ein halb Blinder hätte den kleinen Babybauch, der sich demonstrierend gegen den Kittel drückte, sehen müssen, und das war eine andere Sache. Wer erschießt eine Schwangere? „Abartig“, in seinem Magen grollte es sich und gerne hätte er den Hamburger, den er vor zwei Stunden gegessen hatte, nach oben gewürgt. „Widerlich!“ Markus biss sich auf die Zähne, nun musste er sich beherrschen, so wie sie es oft auf der Polizeischule geübt hatten, doch irgendwie war das anders als in der Schule, ganz anders. Er konnte es nicht beschreiben, ein Gefühl blinder Wut kam in ihm hoch. Seine Muskeln spannten sich und er biss wahrlich die Zähne zusammen. Seine Kollegin, die ebenfalls angeschlagen war, bemerkte die Anspannung ihres Kollegen. „Dein erster Todesfall?“ fragte sie leise, nachdem sie ihn ein wenig beiseite genommen hatte, sodass keiner der anderen Kollegen und der Umstehenden etwas mitbekamen. „Nein, aber so etwas hab ich noch nicht gesehen. Wer macht so etwas?“ Heike zuckte die Schultern. „Einer der Geld brauchte, jemand der keine Geduld hatte, oder einfach jemand der einen schlechten Tag hatte. Wer weiß das schon? Deswegen sind wir hier.“
Hannah stand noch immer unter einem schweren Schock. „Ich habe ihr eine Spritze gegeben, doch trotzdem stammelt sie immer wieder das Gleiche.“, sagte der Notarzt und ging Kopfschüttelnd an den beiden Polizisten vorbei. Markus ging trotzdem zu der Verkäuferin. Heike hielt den Mann kurz am Ärmel fest. Die Frau würde noch ein paar Tage brauchen. Er nickte seiner Kollegin zu und signalisierte ihr damit, dass er nicht vorhatte sie mit polizeilichen Fragen zu überschütten, sondern einfach nur da zu sein, auch wenn dies nicht wirklich zu seinen Aufgaben gehörte.

Markus blätterte immer wieder im Aktenordner, der vor ihm auf dem Schreibtisch lag. Doch so sehr der Polizist auch suchte, er fand nicht einmal ansatzweise einen Anhaltspunkt. „Suchst du immer noch nach Hinweisen? Markus, der Fall wird zu den Akten kommen, wie die meisten Raubüberfälle!“ Heike trank einen Schluck aus ihrer Kaffeetasse und widmete sich dann wieder ihrer Arbeit am PC. „Schreib lieber deinen Bericht, statt nach etwas zu suchen, was es nicht gibt.“, fügte sie nach einer kurzen Pause hinzu. „Wie kann sie nur so kalt sein?“, fragte sich der junge Kripobeamte und blätterte weiter. „Sie muss doch auch schlecht träumen seit dem Anblick der Toten. Vermutlich ist sie einfach nur abgehärtet.“, schlussfolgerte er und schob sich einen Kaugummi in den Mund. Zu gerne hätte er eine Zigarette angezündet, doch dann, würde er am nächsten Tag in einem Krankenhausbett aufwachen – Heike war Nichtraucherin und duldete nicht einmal das Wort „Zigarette“ in ihrer Gegenwart. „Kein Wunder das sie Single ist.“, schoss es ihm durch den Kopf. „Bei ihr würde ich es nicht einmal zwei Tage aushalten.“ Seufzend blätterte er abermals in der Akte „Raubüberfall, Rewe – Niedernhausen“ Er sah auf das Foto der 23 jährigen Bianca, welches man nach ihren Tot gemacht hatte. Wie sie dalag, die Augen weit aufgerissen, blass. Man konnte die Angst fast spüren, die ihr Gesicht spiegelte. Wie man mit solchen Gefühlen umging hatten sie wirklich nicht auf der Polizeischule gelernt. Seit dem Tag des Überfalls waren zwei Wochen vergangen und sie sind nicht einmal annähernd weiter gekommen. Er hatte das Gefühl, dass auch niemand wirklich etwas daran ändern wollte. „Maskierter Raubüberfall, wonach willst du da suchen?“ , hat man ihm mehr als einmal gesagt, doch Markus konnte und wollte sich nicht damit abfinden. „Es war kein einfacher Überfall, dafür hat der Täter einfach nicht genug auf das Geld geachtet. Wenn der Kerl wirklich Geld gebraucht hätte, dann hätte er nach mehr gefragt und wenigstens darauf gewartet,  bis das Opfer die Kasse geöffnet hatte.“, dachte er. Zum zehnten Mal las er sich die Aussage der anderen Verkäuferin durch. Ungewollt lief ihm ein Schauer über den Rücken, wenn er sich an sie erinnerte. Mit Tränen in den Augen hatte sie Markus Hand gehalten, sie fest zu gedrückt und immer wieder gesagt, dass Bianca doch nichts gemacht hat. Das Mädchen habe es doch nicht verdient, so zu enden. Endlich hätte sie jetzt eine Familie gehabt, endlich war sie glücklich. Sein Herz klopfte einen Tick schneller als zuvor, dann versuchte er sich auf Hannahs Aussage zu konzentrieren. Doch das gelang ihm nicht. Wieder dachte er daran dass man niemanden über Biancas Tod informieren konnte. Die Tote war ein Waisenkind, dass bis vor drei Jahren in Berlin gelebt hatte. „Freunde habe sie hier nicht.“, sagte Hannah aus. „Jedenfalls hat sie das immer gesagt. Niemanden außer ihrem Exfreund Sascha, und den, hat bisher noch niemand gesehen.“ Die Polizei hat Biancas Wohnung aufmachen lassen um mögliche Hinweise vom Vater des ungeborenen Kindes und Biancas Exfreund zu finden, doch das Ergebnis war niederschmetternd. Die Wohnung war bis auf das Kinderzimmer und einer Matratze im Schlafzimmer unmöbliert. Neben der Matratze fand man einen Laptop, den man mit aufs Revier genommen hatte um vielleicht ein paar Kontaktdaten zu finden. Bisher schienen sie nichts gefunden zu haben, denn sonst hätte man Markus Bescheid gegeben. „Das Opfer muss erst seit sehr kurzer Zeit in der Wohnung gelebt haben.“, ging es aus dem Bericht der Kollegen. Man fand noch einen Koffer mit einigen Kleidungsstücken und einem Foto mehr nicht. Er sah sich das Foto an, auf dem Bianca und ein junger Mann zu sehen war. Sie sahen sehr verliebt und glücklich aus. Dem Bild nach, musste das Ereignis zwei Jahre zurück liegen, wenn man von dem Entwicklungsdatum auf der Rückseite ausging. Ob das ihr Exfreund und der Vater des ungeborenen Kindes war? Der junge Kripobeamte hielt es in der kleinen Kammer, die ein Büro sein sollte, nicht mehr aus und schnappte sich seine Sachen. „Ich fahre zur Wohnung von Bianca Klein und befrage die Nachbarn. Irgendeiner muss ihren Exfreund doch kennen!“ „Und was willst du dann mit ihm?“, fragte Heike, die ohne aufzublicken weiter ihren Bericht tippte. „Wenn er wirklich der Vater des Kindes ist, dann hat er ein Recht darauf, von dessen Tod zu erfahren!“ Mit diesen Worten verließ er das Zimmer. Was Markus seiner Kollegin aber nicht sagte war, dass er längst nicht mehr an einen einfachen Überfall glaubte. Für ihn war es ein eiskalter, geplanter Mord.
Die Polizistin sah nun doch auf, speicherte ihre Daten ab und folgte ihm. „Ich seh schon,“ sagte sie sich, „der Junge gibt nicht so schnell auf.“

„Warum machst du es dir eigentlich so umständlich, nach dem Exfreund zu suchen? Guck doch einfach im Computer nach, wo sie vorher gewohnt hat, dann weißt es.“ „Wenn das so einfach wäre, dann würde ich jetzt nicht im Auto sitzen“,  dachte er und sah seine Kollegin, die neben ihm auf dem Beifahrer saß vorwurfsvoll an. „Der letzte Wohnsitz von Bianca war in Berlin. Sie soll zwar schon seit einigen Jahren in Niedernhausen gelebt haben, doch irgendwo angemeldet, war sie nie!“ „Wie soll denn das gehen?“ Man muss doch irgendwo angemeldet sein, alleine schon wegen der Post.“ „Wie du siehst, werte Kollegin, muss man das nicht.“ Man kann einen Nachsendeantrag einrichten, ganz ohne sich irgendwo anzumelden!“ Markus atmete tief durch und hielt an einer roten Ampel. „Natürlich habe ich gleich daran gedacht, mich auf der Post nach der alten Adresse zu erkundigen, doch es liegt kein Nachsendeauftrag vor. Das Opfer war auch nicht Krankenversichert, bis zu dem Tag, an dem sie angefangen hat zu arbeiten. Es ist so, als würden 2, ½ Jahre aus ihrem Leben fehlen, als hätte sie diese Zeit einfach ausgesetzt“ Die Ampel wurde grün und der Polizist konzentrierte sich wieder auf den Verkehr. Mehr und mehr wurde Heike bewusst, warum Markus so besessen war, diesen Fall aufzuklären. Etwas stank bis zum Himmel, und das war nicht die Zigarette in seiner Hemdentasche, nach der Markus sich so sehr sehnte.

Es war ein Vierfamilienhaus in der Heinrich- Heine- Straße, Königshofen, ein kleiner Ortsteil von Niedernhausen. Hier gingen die Menschen mit den Hühnern schlafen, schätze der junge Polizist. Jemand der nicht ursprünglich vom Dorf kommt, fällt auf wie ein bunter Hund. Biancas Wohnung war unterm Dach. Der Polizist beschloss, die Nachbarn ganz unten im Erdgeschoss, als erstes zu befragen. Nach einigen Klingelversuchen wurde ihnen aufgedrückt. Als wäre das Glück an diesem Tag auf Markus Seite, stellte sich heraus, dass die Erdgeschossbewohner, die Vermieter des Hauses waren.  „Schlimme Sache, so was!“, sagte die etwa 55 jährige Frau im Hausfrauenkittel. „Wissen Sie, das war so ein nettes Mädchen, die Bianca. Hatte ja nix an den Füßen und musste sich doch erst einmal etwas aufbauen. Sie ist ja von heut auf morgen ausgezogen!“  „Wissen Sie denn wo sie vorher gewohnt hat?“ Die Frau überlegte einen Augenblick. „Sie sagte etwas von Niederseelbach, aber wo genau, das weiß ich nicht mehr. Im Mietvertrag haben wir ja nur die neue Adresse festgehalten.“ Markus machte sich ein paar Notizen. „Wie lange hat sie denn schon hier gelebt?“ Wieder überlegte die Vermieterin, bat um einen Moment Geduld, dann verschwand sie für einen kurzen Moment in ihrer Wohnung. Die Kripobeamten sahen sich kurz fragend an, dann kam Frau Lange, die Erdgeschossbewohnerin wieder. In ihren Händen hielt sie ein Dokument. „Laut Mietvertrag, seit genau 8 Monaten!“  Markus sah erstaunt auf. Bianca war aber erst im sechsten Monat schwanger. Das würde bedeuten, dass ihr Exfreund höchstwahrscheinlich nicht der Vater des Kindes war. „Hatte Bianca häufig Besuch?“  „Nicht so häufig. Vielleicht 7 oder 8 mal. Wissen Sie, ich achte da nicht ganz so drauf!“ Dem Gesichtsausdruck zu folge wusste Frau Lange es genau, doch wollte sie nicht als neugierige Nachbarin auffallen. „Haben Sie diesen Mann schon einmal bei ihr gesehen?“ Markus holte das Foto, welches man in der Wohnung der Toten gefunden hatte heraus und zeigte es der Vermieterin. „Nein, der war noch nie bei Bianca zu Besuch!“ Die Polizisten bedankten sich und wollten der Frau gerade den Rücken drehen. „Ich weiß nicht ob es von Bedeutung ist, aber den Jungen, den kenn ich. Es ist Sascha Hofmann. Er ging mit meiner Katrin zusammen in die Klasse!“ Markus und Heike blieben schlagartig stehen, drehten sich dann noch einmal um und beschlossen Frau Lange doch noch, ein paar Fragen zu stellen.

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MosesBob
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Beitrag08.11.2007 13:02
Re: Der Schein trügt
von MosesBob
Antworten mit Zitat

Hallo Manu!

Mit dem einen oder anderen Absatz würden deine fünf Textblöcke wesentlich augenfreundlicher wirken, und an deiner Kommasetzung musst du hier und da noch etwas feilen. Das aber nur vorweg und nebenbei.

Manu78 hat Folgendes geschrieben:
„Hast du denn schon einen Namen für den Kleinen?“ fragte Hannah und öffnete dabei ihre Cola Flasche. „Ja, er soll Jonas heißen. Ich finde Jonas passt zu dem hübschen kleinem Gesicht!“ Hannah trank einen Schluck und schraubte die Flasche wieder zu. „Ist schon enorm, was man heute alles sehen kann. Als ich schwanger war, damals, da war ich froh, wenn ich überhaupt etwas erkennen konnte und bei dir, das ist ja ein richtiges Foto. Zeig doch noch mal bitte.“ Bianca stand auf und holte ein Bild aus ihrer Kitteltasche und reichte es der anderen Frau, die eine Kasse weiter saß. Diese betrachtete mit einem Lächeln das 3D Ultraschallfoto. „Wirklich erstaunlich!“ sagte sie noch einmal und reichte es der Kollegin zurück. „Meinst du, ich kann schon mal abrechnen? Es kommt doch eh kaum noch jemand, da reicht eine Kasse.“ meinte die Schwangere. „Na ich weiß nicht. Der Chef hat gemeint, dass beide Kassen bis 21: 15 Uhr geöffnet bleiben sollen, in den letzten Wochen habe es abends noch einmal einen großen Ansturm gegeben.“ Bianca stand auf und reckte sich. „Na von Ansturm kann ja keine Rede sein.“ Sagte sie und stand auf, um wenigstens ein paar Reinigungsarbeiten an der Kasse zu verrichten und nicht ganz sinnlos herumzusitzen. Plötzlich blieb sie stehen. „Da, er hat schon wieder getreten.“, sagte sie freudig und hielt sich für einen Augenblick die Hand an den Bauch. Sie lächelte, streichelte zart über ihren Bauch und griff dann nach dem Zewa und dem Glasreiniger unter der Kasse. Mit einem Lächeln beobachtete Hannah ihre Kollegin und kassierte einen Kunden ab. Seit ein paar Tagen spürte die junge Frau die Kindsbewegungen und es war immer eine große Freude ihr von diesen erzählen zu hören.

Im Ansatz gelungen finde ich, dass deine Beschreibung der Umgebung praktisch im Vorbeigehen stattfindet: Als Parallele zu dem Dialog der beiden Frauen. Trotzdem kann ich mir kein richtiges Bild von dem Laden machen, in dem die zwei arbeiten, und somit auch nicht so recht von der Szene, in der sie agieren. Wie groß ist der Laden? Das Foto wird von Bianca an Hannah gereicht, die eine Kasse weiter sitzt. Daraus würde ich schon mal schließen, dass der Laden über mehr als zwei Kassen verfügt. Der Chef meint jedoch, beide Kassen bis 21:15 Uhr geöffnet bleiben sollen. Hat der Laden also doch nur zwei Kassen oder sind diese zwei Kassen die einzigen, die zu dieser Stunde noch geöffnet sind?

Damit wir uns richtig verstehen: Mir ist völlig egal, wie viele Kassen der Laden hat. Ich möchte mir nur ein Bild davon machen können. Und irgendwie weiß ich zu diesem Zeitpunkt nicht, ob Bianca und Hannah bei Aldi arbeiten oder bei Marktkauf (natürlich nur was die Größe angeht, denn ein Name ist nicht zwingend erforderlich). Erst später erfahren wir, dass es sich um einen Rewe-Markt handelt. Nennst du die Kette schon beim Namen, würde ich das gleich zu Anfang machen – dort, wo es sich als allererstes anbietet. Vorteil: Jeder Leser, der schon mal einen Rewe-Markt von innen gesehen hat, projiziert augenblicklich seine eigenen Eindrücke auf deine Geschichte. Der Leser hat also schnurstracks ein sehr lebendiges Bild vor Augen, das seinem eigenen Gedächtnis entspringt.

Das Wort „Kasse“ fällt ganze fünfmal in dem oben zitierten Absatz. Ich will nicht pedantisch sein, es ist schwer, für dieses Wort ein geeignetes Synonym zu finden, das gleichzeitig seriös, natürlich und ungekünstelt klingt. Spontan fällt mir jedenfalls keins ein. Also Trick 17: Streich das Wort, wenn es nicht zwingend erforderlich ist! Beispiel:

Manu78 hat Folgendes geschrieben:
Bianca stand auf und holte ein Bild aus ihrer Kitteltasche und reichte es der anderen Frau, die eine Kasse weiter saß. Diese betrachtete mit einem Lächeln das 3D Ultraschallfoto. „Wirklich erstaunlich!“ sagte sie noch einmal und reichte es der Kollegin zurück. „Meinst du, ich kann schon mal abrechnen? Es kommt doch eh kaum noch jemand, da reicht eine Kasse.“ meinte die Schwangere. „Na ich weiß nicht. Der Chef hat gemeint, dass beide Kassen bis 21: 15 Uhr geöffnet bleiben sollen, in den letzten Wochen habe es abends noch einmal einen großen Ansturm gegeben.“ Bianca stand auf und reckte sich. „Na von Ansturm kann ja keine Rede sein.“ Sagte sie und stand auf, um wenigstens ein paar Reinigungsarbeiten an der Kasse zu verrichten und nicht ganz sinnlos herumzusitzen.

Es ist völlig unerheblich, ob Bianca ihre Reinigungsarbeiten an der Kasse vornimmt. Dass sie in ihren Umständen nicht unbedingt den Fußboden bohnert, dürfte jedem einleuchten. Auch wird sie sich nicht weit von ihrer Kasse entfernen. Die Passage „an der Kasse“ würde ich daher ersatzlos streichen.

Wenden wir uns mal deinen wörtlichen Reden zu. Vom Klang her habe ich nichts gegen sie auszusetzen; sie klingen so, wie zwei Frauen sprechen mögen. Nur bei der Form scheinst du dir nicht ganz sicher zu sein:
Manu78 hat Folgendes geschrieben:
„Na von Ansturm kann ja keine Rede sein.“ Sagte sie und stand auf, um wenigstens ein paar Reinigungsarbeiten an der Kasse zu verrichten und nicht ganz sinnlos herumzusitzen. Plötzlich blieb sie stehen. „Da, er hat schon wieder getreten.“, sagte sie freudig und hielt sich für einen Augenblick die Hand an den Bauch.

Im ersten Fall kannst du den Punkt, der die wörtliche Rede abschließt, weglassen. Statt dessen kommt hinter die Anführungsstriche ein Komma. Es wird klein weitergeschrieben. Dasselbe gilt für den zweiten Fall, wo du zwar das Komma gesetzt hast, aber auch den Punkt, der da nicht hingehört. Will sagen:

„Na von Ansturm kann ja keine Rede sein“, sagte sie und stand auf, um wenigstens ein paar Reinigungsarbeiten an der Kasse zu verrichten und nicht ganz sinnlos herumzusitzen. Plötzlich blieb sie stehen. „Da, er hat schon wieder getreten“, sagte sie freudig und hielt sich für einen Augenblick die Hand an den Bauch.

Manu78 hat Folgendes geschrieben:
Wenige Augenblicke später, Bianca war gerade mit ihrer Arbeit fertig und wollte sich wieder in die Kasse setzen, als eine dunkel gekleidete Person in den Rewe trat.

Dieser Satz funktioniert so nicht. Schmeißen wir verständnishalber mal den eingeschobenen Nebensatz raus: Wenige Augenblicke später, als eine dunkel gekleidete Person in den Rewe trat.

Vorschlag: Wenige Augenblicke später, Bianca war gerade mit ihrer Arbeit fertig und wollte sich wieder in die Kasse setzen, trat eine dunkel gekleidete Person in den Rewe.

(Das hier ist dann übrigens die Stelle, in der zum ersten Mal der Name der Handelskette „Rewe“ fällt. Hier fällt er beiläufig und belanglos. Gleich zu Anfang jedoch würde er zwar auch beiläufig fallen, aufgrund seines Assoziativpotentials aber alles andere als belanglos.)

Manu78 hat Folgendes geschrieben:
Sein Gesicht war mit einer Motorradmaske bedeckt und er holte etwas unter seiner Lederjacke vor. Beide wussten schier in diesem Augenblick, dass dies ein Überfall war, und hoben reflexartig die Arme.

Ich würde adverbial orientierte Demonstrativpronomen (diese, dieses, dieser) wann immer möglich meiden.

Es spricht natürlich überhaupt nichts gegen die Stelle „in diesem Augenblick“, aber „dass dies ein Überfall war“, klingt ungelenk. Außerdem wäre es strenggenommen eine Wortwiederholung. Du erliegst auch an anderen Stellen deiner Geschichte der Versuchung, Demonstrativpronomen auf diese Weise einzusetzen. Demonstrativpronomen dienen adverbial dazu, ein Nomen zu betonen. In den meisten Fällen ist das aber überhaupt nicht nötig! Ein „das“ klingt in solchen Fällen tausendmal natürlicher und flüssiger, als ein „dieses“ je klingen wird.

So viel zur Form, jetzt aber zum Inhalt: Du schreibst, dass beide schier wussten, dass das ein Überfall war. Nun ja, der Gedanke liegt nahe, wenn jemand mit einer Motorradmaske über dem Gesicht jackenkramend den Laden betritt – aber was hier fehlt, um der Szene auch im weiteren Verlauf mehr Pfeffer und atmosphärische Tiefe zu geben, sind Gestiken und Gefühle. Wie wirkt das Auftreten des Mannes mit dem südländischen Akzent? Vielleicht bedrohlich, vielleicht unsicher, vielleicht trotz seiner Bedrohlichkeit unsicher? Bewahrt er Contenance? Was macht er mit seinen Händen, was mit seinem Kopf? Schaut er sich ständig um, damit er die Umgebung im Blick hat und nicht jählings rücklings attackiert und überwältigt wird?

Manu78 hat Folgendes geschrieben:
In einem südländischen Akzent schrie er Hannah an: „Los, geben Geld her. Sofort!“ Die erfahrende Verkäuferin versuchte ruhig zu bleiben. Sie hatte schon zwei Überfälle erlebt und wusste, dass man alles tun sollte, um Räuber nicht zu verärgern. Rasch drückte sie 0 Code in die Kasse, die daraufhin sofort aufsprang. Viel war nicht drin, sie hatte vor weniger als einer Stunde abgeschöpft und der Chef hatte das Geld bereits geholt. Schnell holte sie alles heraus was die Kasse an Scheinen beinhaltete und legte es zusammen mit den 1 und 2 Euro Rollen auf das Band. Ihre Hände zitterten, doch versuchte sie, ihre Nervosität nicht anmerken zu lassen. „Das ist alles was ich in dieser Kasse habe!“ sagte sie ruhig. Der Mann griff nach dem Geld, packte es in eine Tüte und drehte sich nun zu Bianca um.

Zack! Erst bei diesem letzten, fett markierten Satz erfahren wir, ob es sich bei der „erfahrenen“ Verkäuferin um Hannah oder Bianca handelt. Dass die Verkäuferin erfahren ist, ist darüber hinaus überflüssig – schließlich erfahren wir bereits im nächsten Satz, dass sie schon zwei Überfälle erlebt hat und auch weiß, was in solchen Fällen zu tun ist. Wenn das keine Erfahrung ist – was dann?

Manu78 hat Folgendes geschrieben:
„Sofort.“ Stotterte sie und wollte gerade die Kasse öffnen da schoss der Bewaffnete. Erst einmal, dann weitere zwei Male. Daraufhin lief er hinaus. Die letzten Sekunden des Überfalls spielten sich für Hannah wie in Zeitlupe ab. Bianca stand immer noch vor der Kasse, als der Unbekannte eingetreten war. Als Hannah das Geld herausgegeben hatte, stand ihre Kollegin regungslos da und hielt die Arme oben. Auf ihrer Stirn hatten sich Schweißperlen gebildet und auch sie versuchte, die immer mehr wachsende Unsicherheit nicht anmerken zu lassen. Als der Mann seine Aufmerksamkeit auf sie richtete, schoss er nach nicht einmal drei Sekunden auf die Schwangere. Hannah hatte zahlreiche Filme gesehen. Filme in denen Menschen erschossen wurden. Doch in keinem hatte sie das Eindringen einer Kugel in einem Körper vernommen. 3 Mal, das dumpfe Eindringen von Blei in einem Körper, 3 Mal den lauten Knall eines Schusses. Sofort als der Schütze weg war, stürzte Hannah zu Boden, wo ihre Kollegin besinnungslos lag.

Alles, was ich hier rot markiert habe, ist eine Rückblende – und ich frage mich fassungslos, warum. Dadurch, dass es sich um eine Rückblende handelt, raubst du der Szene des Überfalls ein Stückchen Lebendigkeit. Ich will dir das mal optisch verdeutlichen:

Manu78 hat Folgendes geschrieben:
Wenige Augenblicke später, Bianca war gerade mit ihrer Arbeit fertig und wollte sich wieder in die Kasse setzen, als eine dunkel gekleidete Person in den Rewe trat. Sein Gesicht war mit einer Motorradmaske bedeckt und er holte etwas unter seiner Lederjacke vor. Beide wussten schier in diesem Augenblick, dass dies ein Überfall war, und hoben reflexartig die Arme. In einem südländischen Akzent schrie er Hannah an: „Los, geben Geld her. Sofort!“ Die erfahrende Verkäuferin versuchte ruhig zu bleiben. Sie hatte schon zwei Überfälle erlebt und wusste, dass man alles tun sollte, um Räuber nicht zu verärgern. Rasch drückte sie 0 Code in die Kasse, die daraufhin sofort aufsprang. Viel war nicht drin, sie hatte vor weniger als einer Stunde abgeschöpft und der Chef hatte das Geld bereits geholt. Schnell holte sie alles heraus was die Kasse an Scheinen beinhaltete und legte es zusammen mit den 1 und 2 Euro Rollen auf das Band. Ihre Hände zitterten, doch versuchte sie, ihre Nervosität nicht anmerken zu lassen. „Das ist alles was ich in dieser Kasse habe!“ sagte sie ruhig. Der Mann griff nach dem Geld, packte es in eine Tüte und drehte sich nun zu Bianca um. „Sofort.“ Stotterte sie und wollte gerade die Kasse öffnen da schoss der Bewaffnete. Erst einmal, dann weitere zwei Male. Daraufhin lief er hinaus. Die letzten Sekunden des Überfalls spielten sich für Hannah wie in Zeitlupe ab. Bianca stand immer noch vor der Kasse, als der Unbekannte eingetreten war. Als Hannah das Geld herausgegeben hatte, stand ihre Kollegin regungslos da und hielt die Arme oben. Auf ihrer Stirn hatten sich Schweißperlen gebildet und auch sie versuchte, die immer mehr wachsende Unsicherheit nicht anmerken zu lassen. Als der Mann seine Aufmerksamkeit auf sie richtete, schoss er nach nicht einmal drei Sekunden auf die Schwangere. Hannah hatte zahlreiche Filme gesehen. Filme in denen Menschen erschossen wurden. Doch in keinem hatte sie das Eindringen einer Kugel in einem Körper vernommen. 3 Mal, das dumpfe Eindringen von Blei in einem Körper, 3 Mal den lauten Knall eines Schusses. Sofort als der Schütze weg war, stürzte Hannah zu Boden, wo ihre Kollegin besinnungslos lag.

Das hier ist die Szene, in der sich der Überfall abspielt. Was fett markiert ist, spielt in der erzählerischen Gegenwart (hier Präteritum). Alles andere ist die Rückblende Hannahs, die zu allem Übel auch noch unglücklich eingeleitet wird, weil du verpasst, die Zeitform an der richtigen Stelle zu wechseln (Plusquamperfekt): “Die letzten Sekunden des Überfalls spielten sich für Hannah wie in Zeitlupe ab.“ Zu diesem Zeitpunkt hat der Räuber den Laden aber schon verlassen! Also muss es so heißen: „Die letzten Sekunden des Überfalls hatten sich für Hannah wie in Zeitlupe abgespielt.“

Manu78 hat Folgendes geschrieben:
Ein kurzes klagendes Boxen konnte sie spüren, dann schien auch Jonas, nicht einmal angefangenes Leben, zu Ende zu sein.

Ungelenk formuliert. Vorschlag: “Ein kurzes klagendes Boxen konnte sie spüren, dann schien auch Jonas Leben zu Ende zu sein, bevor es wirklich begonnen hatte.“ Ich finde die Satzmelodie so schöner.

Manu78 hat Folgendes geschrieben:
Eine Woche und nicht wirklich ein richtiger Fall. „Vielleicht hätte ich doch bei der Streife bleiben sollen“, dachte er, während er seine neue Dienstmarke, die er in seiner rechten Hand hielt, betrachtete. „Da war wenigstens immer was los.“

Dachte er laut, oder warum die Anführungszeichen? Wenn er diese Gedanken wirklich laut denkt, ohne dass ihm jemand zuhört, braucht Markus dringend einen Psychiater. Was Markus ebenfalls braucht (übrigens genauso wie Hannah und Bianca zuvor) ist ein Nachname.

Manu78 hat Folgendes geschrieben:
Hier saß er meist nur sinnlos rum und bearbeitete Akten. So, hatte er sich seinen neuen Dienst nicht vorgestellt. Seufzend steckte er die Marke zurück in seine Tasche und widmete sich wieder seiner Arbeit – Akten bearbeiten. Er erschrak richtig, als Heike plötzlich in den kleinen abgeschirmten Raum des Reviers stürzte und wild gestikulierend ein paar Sachen holte. „Los komm, wir haben einen Raubüberfall in Niedernhausen.“ Sie hielt kurz inne, dann fuhr sie nach einem tiefen Atemzug fort: „Mit Todesfolge. Die Kassiererin wurde erschossen!“

Die Vorstellung deines Protagonisten Markus finde ich langweilig, altbacken und unspektakulär. Es ist nicht mehr als ein grober Abriss: Das obligatorische Nörgeln über eine neue Stelle. Der arme Markus ist ein wandelndes Klischee ohne jegliche Tiefe. Die komplette Szene im Büro mitsamt des Hereinschneiens von Heike und der Fahrt zum Tatort erscheint mir völlig unnötig. Der Charakter Markus mit all seinem beruflichen Missfallen kann genauso gut direkt am Tatort vorgestellt werden.

Ach ja, apropos Heike:

Manu78 hat Folgendes geschrieben:
Markus schluckte, folgte dann seiner älteren Kollegin.

Wieviel älter ist die Kollegin? Wie alt ist sie? Und wie alt ist eigentlich Markus? Du hast dem Leser kein Maß zur Verfügung gestellt, anhand dessen er das Alter deiner Protagonisten bestimmen könnte.

Manu78 hat Folgendes geschrieben:
„Widerlich!“ Markus biss sich auf die Zähne, nun musste er sich beherrschen, so wie sie es oft auf der Polizeischule geübt hatten, doch irgendwie war das anders als in der Schule, ganz anders. Er konnte es nicht beschreiben, ein Gefühl blinder Wut kam in ihm hoch.

Nimm´s mir nicht übel, aber denselben Eindruck habe ich bei dir mit der gesamten Szene: Ich glaube, du kannst sie nicht beschreiben. Deine beiden Protagonisten stehen seelenlos wie Schaufensterpuppen mitten in einem toten Rewe-Markt. Hier ist keine Atmosphäre, und irgendwie lässt mich der Verdacht nicht los, als wüsstest du selbst nicht so richtig, wie Markus und Heike agieren und reagieren sollen. Ich glaube, du hast diese Szene spontan geschrieben, und das merkt man leider.

Manu78 hat Folgendes geschrieben:
Seine Muskeln spannten sich und er biss wahrlich die Zähne zusammen.

Ein hässliches Füllwort, das obendrein noch lächerlich klingt.

Manu78 hat Folgendes geschrieben:
Seine Kollegin, die ebenfalls angeschlagen war, bemerkte die Anspannung ihres Kollegen.

Zweimal vom Kollegen zu sprechen klingt hier etwas affig.

Manu78 hat Folgendes geschrieben:
„Wie kann sie nur so kalt sein?“, fragte sich der junge Kripobeamte und blätterte weiter. „Sie muss doch auch schlecht träumen seit dem Anblick der Toten. Vermutlich ist sie einfach nur abgehärtet.“, schlussfolgerte er und schob sich einen Kaugummi in den Mund. Zu gerne hätte er eine Zigarette angezündet, doch dann, würde er am nächsten Tag in einem Krankenhausbett aufwachen – Heike war Nichtraucherin und duldete nicht einmal das Wort „Zigarette“ in ihrer Gegenwart. „Kein Wunder das sie Single ist.“, schoss es ihm durch den Kopf. „Bei ihr würde ich es nicht einmal zwei Tage aushalten.“

Auch hier: Wenn sowohl Gedanken als auch wörtliche Reden in denselben Anführungszeichen stehen, ist das verwirrend. Als Leser kann man nicht immer unterscheiden, ob die Worte nun laut ausgesprochen oder nur gedacht werden.

Manu78 hat Folgendes geschrieben:
Markus blätterte immer wieder im Aktenordner, der vor ihm auf dem Schreibtisch lag. Doch so sehr der Polizist auch suchte, er fand nicht einmal ansatzweise einen Anhaltspunkt.

Manu78 hat Folgendes geschrieben:
Es war ein Vierfamilienhaus in der Heinrich- Heine- Straße, Königshofen, ein kleiner Ortsteil von Niedernhausen. Hier gingen die Menschen mit den Hühnern schlafen, schätze der junge Polizist. Jemand der nicht ursprünglich vom Dorf kommt, fällt auf wie ein bunter Hund. Biancas Wohnung war unterm Dach. Der Polizist beschloss, die Nachbarn ganz unten im Erdgeschoss, als erstes zu befragen.

"Polizist" ist ein breitgefächerter Begriff (ähnlich wie"Bürokaufmann"). Welchen Rang hat Markus? Vielleicht ist „Kriminalbeamter“ hier treffender? Schaffe von vornherein klare Verhältnisse!




Fazit: Du scheinst dich sehr wenig mit der Polizeiarbeit auszukennen – und das, wo es sich doch um einen Krimi handeln soll! Sehr oft habe ich den Eindruck gehabt, dass du gerne mehr schreiben würdest, es aber nicht kannst, weil dir das Hintergrundwissen fehlt, um Ermittlungen und Nachforschungen realitätsnah, interessant und fesselnd schildern zu können. Die ganze Polizeiarbeit hat mich jedenfalls überhaupt nicht fesseln können. Leider trifft das auch auf die Geschichte im Allgemeinen zu. Dass die schwangere Frau am Anfang erschossen oder zumindest angeschossen wird, war mir von vornherein klar. Das wäre aber nicht so schlimm, wenn die Szene wenigstens atmosphärisch geschrieben worden wäre. Leider habe ich sie so nicht empfunden.

Deine Protagonisten wirken auf mich allesamt fad, stereotyp, oberflächlich und zum Teil sogar übelst klischeehaft. Besonders den armen Markus hat es schlimm erwischt. Er hat keine Seele! Er ist ein wandelndes Abziehbild!

Versuche, deinen Darstellern etwas Besonderes und Persönliches einzuverleiben. Eine Raucher- und Nichtraucher-Beziehung ist ausgelutscht. Vom Hocker kann sie nur dann noch jemanden reißen, wenn der Verfasser ein Jungbrunnen an frischen, sprühenden Ideen ist. Leider sehe ich diese Veranlagung anhand deiner hiesigen Kostproben bei dir nicht – zumindest nicht bei diesem Thema. Ich bin aber überzeugt davon, dass du genug erlebt, gesehen, gehört und erfahren hast, um deinen Protagonisten Leben einzuhauchen und sie lebendig und agil zu gestalten. Lass deine Fantasie mit der Tastatur spielen! Nimm dir ruhig Zeit für die Charakterzeichnung! Überlege dir etwas Persönliches, etwas Spezielles, etwas Eindrucksvolles. Animiere deine Charaktere! Lass sie leben! Leben deine Charaktere, lebt auch deine Geschichte auf. Und wenn du dich dann noch mit der Polizeiarbeit beschäftigst und es dir gelingt, diesbezüglich routiniert und souverän zu schreiben, wächst deine Geschichte um ein Vielfaches. Sowohl was deine Glaubwürdigkeit angeht, als auch den Unterhaltungsfaktor.

Tschaka!

Grüße,

Martin


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(James Herbert)

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Manu78
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M
Beitrag16.11.2007 13:46

von Manu78
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Zum einen, noch einmal vielen Dank für deine Arbeit Smile
Habe heute endlich ein wenig Zeit gefunden um es zu bearbeiten...
Hoffe dass ich heute Abend weiter schreiben kann.

Ich bekomme es in diesem Forum leider mit den Seitenabständen nicht hin, wie in Word.
Weißt da jemand zufällig Rat?

Der Schein trügt

„Hast du denn schon einen Namen für den Kleinen?“ fragte Hannah und öffnete dabei ihre Cola Flasche.
„Ja, er soll Jonas heißen. Ich finde Jonas passt zu dem hübschen kleinem Gesicht!“
 Hannah trank einen Schluck und schraubte die Flasche wieder zu.
„Ist schon enorm, was man heute alles sehen kann. Als ich schwanger war, damals, da war ich froh, wenn ich überhaupt etwas erkennen konnte und bei dir, das ist ja ein richtiges Foto. Zeig doch noch mal bitte.“
Bianca  Klein stand auf und holte ein Bild aus ihrer Kitteltasche und reichte es der anderen Frau, die eine Kasse weiter saß. Diese betrachtete mit einem Lächeln das 3D Ultraschallfoto. „Wirklich erstaunlich!“,
sagte sie noch einmal und reichte es der Kollegin zurück. „Meinst du, ich kann schon mal abrechnen? Es kommt doch eh kaum noch jemand, da reicht doch eine von vier Kassen.“,  meinte die Schwangere.
„Na ich weiß nicht. Der Chef hat gemeint, dass wir beide kassieren sollen. In den letzten Wochen habe es abends noch einmal einen großen Ansturm gegeben.
“ Bianca stand auf und reckte sich.
„Na von Ansturm kann ja keine Rede sein.“, sagte sie und stand auf, um wenigstens ein paar Reinigungsarbeiten zu verrichten und nicht ganz sinnlos herumzusitzen. Plötzlich blieb sie stehen.
„Da, er hat schon wieder getreten.“,
sagte sie freudig und hielt sich für einen Augenblick die Hand an den Bauch. Sie lächelte, streichelte zart über ihren Bauch und griff dann nach dem Zewa und dem Glasreiniger. Mit einem Lächeln beobachtete Hannah Berger ihre Kollegin und verabschiedete einen Kunden.
Seit ein paar Tagen spürte die junge Frau die Kindsbewegungen und es war immer eine große Freude ihr von diesen erzählen zu hören.
Wenige Augenblicke später, Bianca war gerade mit ihrer Arbeit fertig und wollte sich wieder setzen, trat eine dunkelgekleidete Person in den Rewe.
Sein Gesicht war mit einer Motorradmaske bedeckt, er holte etwas unter seiner Lederjacke vor, was im Bruchteil einer Sekunde als eine Pistole zu erkennen war.
Beide wussten schier in diesem Augenblick, dass das ein Überfall war, und hoben reflexartig die Arme.
In einem südländischen Akzent schrie er Hannah an:
„Los, geben Geld her. Sofort!“
Hannah Berger versuchte ruhig zu bleiben. Sie hatte schon zwei Überfälle erlebt und wusste, dass man alles tun sollte, um Räuber nicht zu verärgern. Rasch drückte sie 0 Code in die Kasse, die daraufhin sofort aufsprang.
Viel war nicht drin, sie hatte vor weniger als einer Stunde abgeschöpft und der Chef hatte das Geld bereits geholt. Schnell holte sie alles heraus was die Kasse an Scheinen beinhaltete und legte es zusammen mit den 1 und 2 Euro Rollen auf das Band.
Ihre Hände zitterten, doch versuchte sie, ihre Nervosität nicht anmerken zu lassen.
„Das ist alles was ich in dieser Kasse habe!“ sagte sie ruhig. Der Mann griff nach dem Geld, packte es in eine Tüte und drehte sich nun zu Bianca um.
„Sofort.“, stotterte sie und wollte gerade die Kasse öffnen da schoss der Bewaffnete. Erst einmal, dann weitere zwei Male. Daraufhin lief er hinaus.
Die letzten Sekunden des Überfalls  hatten sich für Hannah wie in Zeitlupe abgespielt.
Bianca stand immer noch vor der Kasse, als der Unbekannte eingetreten war. Als Hannah das Geld herausgegeben hatte, stand ihre Kollegin regungslos da und hielt die Arme oben. Auf ihrer Stirn hatten sich Schweißperlen gebildet und auch sie versuchte, die immer mehr wachsende Unsicherheit nicht anmerken zu lassen. Als der Mann seine Aufmerksamkeit auf sie richtete, schoss er nach nicht einmal drei Sekunden auf die Schwangere.
Hannah hatte zahlreiche Filme gesehen. Filme in denen Menschen erschossen wurden. Doch in keinem hatte sie das Eindringen einer Kugel in einem Körper vernommen. 3 Mal, das dumpfe Eindringen von Blei in einem Körper, 3 Mal den lauten Knall eines Schusses, der immer noch in ihren Ohren hallte.
Sofort als der Schütze weg war, stürzte Hannah zu Boden, wo ihre Kollegin besinnungslos lag. Behutsam hob sie deren Oberkörper auf ihren Schoß. Sie spürte eine plötzliche wärmende Nässe – Blut.
„Nein!“ schrie Hannah als könnte sie somit das Geschehen rückgängig machen.
„Nein, das darf nicht sein!“
Hysterisch sah sie auf Bianca und auf ihre eigene Hände. Blut, alles voller Blut. Hannah weinte und griff nach Biancas Bauch. Ein kurzes klagendes Boxen konnte sie spüren, dann schien auch Jonas Leben zu Ende zu sein, bevor es wirklich begonnen hatte.


Seit einer Woche war der 35 jährige Markus Falken nun bei der Kripo in Wiesbaden. Eine Woche und nicht wirklich ein richtiger Fall. `Vielleicht hätte ich doch bei der Streife bleiben sollen´, dachte er, während er seine neue Dienstmarke, die er in seiner rechten Hand hielt, betrachtete. Da war wenigstens immer was los. Hier saß er meist nur sinnlos rum und bearbeitete Akten. So, hatte er sich seinen neuen Dienst nicht vorgestellt. Seufzend steckte er die Marke zurück in seine Tasche und widmete sich wieder seiner Arbeit – Akten bearbeiten. Er erschrak richtig, als Heike Bauer plötzlich in den kleinen abgeschirmten Raum des Reviers stürzte und wild gestikulierend ein paar Sachen holte.
„Los komm, wir haben einen Raubüberfall in Niedernhausen.“
 Sie hielt kurz inne, dann fuhr sie nach einem tiefen Atemzug fort: „Mit Todesfolge. Die Kassiererin wurde erschossen!“
Markus schluckte, folgte dann seiner fünf Jahre älteren Kollegin.
Am Tatort angekommen war der Notarzt vor Ort und überreichte den beiden Polizisten einen vorläufigen Bericht . Als Markus einen Blick auf das Opfer warf, erstarrte er. Eiskalt lief es ihm den Nacken herunter.
Jemanden zu erschießen war eine Sache, doch sogar ein halb Blinder hätte den kleinen Babybauch, der sich demonstrierend gegen den Kittel drückte, sehen müssen, und das war eine andere Sache.
`Wer erschießt eine Schwangere? Abartig´.
In seinem Magen grollte es sich und gerne hätte er den Hamburger, den er vor zwei Stunden gegessen hatte, nach oben gewürgt. „Widerlich!“
Markus biss sich auf die Zähne, nun musste er sich beherrschen, so wie sie es oft auf der Polizeischule geübt hatten.  Doch irgendwie war das anders als in der Schule, ganz anders. Er konnte es nicht beschreiben, ein Gefühl blinder Wut kam in ihm hoch. Seine Muskeln spannten sich und er biss wahrlich die Zähne zusammen. Heike, die ebenfalls angeschlagen war, bemerkte die Anspannung ihres Kollegen.
„Dein erster Todesfall?“, fragte sie leise, nachdem sie ihn ein wenig beiseite genommen hatte, sodass keiner der anderen Kollegen und der Umstehenden etwas mitbekamen.
„Nein, aber so etwas hab ich noch nicht gesehen. Wer macht so etwas?“
Sie zuckte die Schultern. „Einer der Geld brauchte, jemand der keine Geduld hatte, oder einfach jemand der einen schlechten Tag hatte. Wer weiß das schon? Deswegen sind wir hier.“

Hannah stand noch immer unter einem schweren Schock. „Ich habe ihr eine Spritze gegeben, doch trotzdem stammelt sie immer wieder das Gleiche.“, sagte der Notarzt und ging Kopfschüttelnd an den beiden Kripobeamten vorbei.
Markus ging trotzdem zu der Verkäuferin. Heike hielt den Mann kurz am Ärmel fest. Die Frau würde noch ein paar Tage brauchen. Er nickte seiner Kollegin zu und signalisierte ihr damit, dass er nicht vorhatte sie mit polizeilichen Fragen zu überschütten, sondern einfach nur da zu sein, auch wenn dies nicht wirklich zu seinen Aufgaben gehörte.

Markus blätterte immer wieder im Aktenordner, der vor ihm auf dem Schreibtisch lag. Doch so sehr der Kripobeamte auch suchte, er fand nicht einmal ansatzweise einen Anhaltspunkt. „Suchst du immer noch nach Hinweisen? Markus, der Fall wird zu den Akten kommen, wie die meisten Raubüberfälle!“
Heike trank einen Schluck aus ihrer Kaffeetasse und widmete sich dann wieder ihrer Arbeit am PC.
„Schreib lieber deinen Bericht, statt nach etwas zu suchen, was es nicht gibt.“, fügte sie nach einer kurzen Pause hinzu. „Wie kann sie nur so kalt sein?“, fragte er sich und blätterte weiter. „Sie muss doch auch schlecht träumen, seit dem Anblick der Toten. Vermutlich ist sie einfach nur abgehärtet, schlussfolgerte er und schob sich einen Kaugummi in den Mund. Zu gerne hätte er eine Zigarette angezündet, doch dann, würde er am nächsten Tag in einem Krankenhausbett aufwachen – Heike war Nichtraucherin und duldete nicht einmal das Wort „Zigarette“ in ihrer Gegenwart.
 `Kein Wunder das sie Single ist.´, schoss es ihm durch den Kopf. `Bei ihr würde ich es nicht einmal zwei Tage aushalten´. Seufzend blätterte er abermals in der Akte „Raubüberfall, Rewe – Niedernhausen“
Er sah auf das Foto der 23 jährigen Bianca, das man nach ihren Tot gemacht hatte. Wie sie dalag, die Augen weit aufgerissen und blass. Man konnte die Angst fast spüren, die ihr Gesicht spiegelte. Wie man mit solchen Gefühlen umging hatten sie wirklich nicht auf der Polizeischule gelernt. Seit dem Tag des Überfalls waren zwei Wochen vergangen und sie sind nicht einmal annähernd weiter gekommen. Er hatte das Gefühl, dass auch niemand wirklich etwas daran ändern wollte.
„Maskierter Raubüberfall, wonach willst du da suchen?“,
hat man ihm mehr als einmal gesagt. Doch Markus konnte und wollte sich nicht damit abfinden.
`Es war kein einfacher Überfall, dafür hat der Täter einfach nicht genug auf das Geld geachtet. Wenn der Kerl wirklich Geld gebraucht hätte, dann hätte er nach mehr gefragt und wenigstens darauf gewartet, bis das Opfer die Kasse geöffnet hatte.´, dachte er.
Zum zehnten Mal las er sich Hannahs Aussage durch. Ungewollt lief ihm ein Schauer über den Rücken, wenn er sich an sie erinnerte. Mit Tränen in den Augen hatte sie Markus Hand gehalten, sie fest zu gedrückt und immer wieder gesagt, dass Bianca doch nichts gemacht hat. Das Mädchen habe es doch nicht verdient, so zu enden. Endlich hätte sie jetzt eine Familie gehabt, endlich war sie glücklich. Sein Herz klopfte einen Tick schneller als zuvor, dann versuchte er sich auf Hannahs Aussage zu konzentrieren, das gelang ihm jedoch nicht. Wieder dachte er daran dass man niemanden über Biancas Tod informieren konnte. Die Tote war ein Waisenkind, dass bis vor drei Jahren in Berlin gelebt hatte. „Freunde habe sie hier nicht.“, sagte Hannah aus. „Jedenfalls hat sie das immer gesagt. Niemanden außer ihrem Exfreund Sascha, und den, hat bisher noch niemand gesehen.“ Die Polizei hat Biancas Wohnung aufmachen lassen um mögliche Hinweise vom Vater des ungeborenen Kindes und Biancas Exfreund zu finden. Das Ergebnis war niederschmetternd. Die Wohnung war bis auf das Kinderzimmer und einer Matratze im Schlafzimmer unmöbliert.
Neben der Matratze fand man einen Laptop, den man mit aufs Revier genommen hatte um vielleicht ein paar Kontaktdaten zu finden. Bisher schienen sie nichts gefunden zu haben, denn sonst hätte man Markus Bescheid gegeben. `Das Opfer muss erst seit sehr kurzer Zeit in der Wohnung gelebt haben.`, ging es aus dem Bericht der Kollegen.
Man fand noch einen Koffer mit einigen Kleidungsstücken und ein Foto, mehr nicht.
Er sah sich das Foto an, auf dem Bianca und ein junger Mann zu sehen war. Sie sahen sehr verliebt und glücklich aus. Dem Bild nach, musste das Ereignis zwei Jahre zurück liegen, wenn man von dem Entwicklungsdatum auf der Rückseite ausging. Ob das ihr Exfreund und der Vater des ungeborenen Kindes war? Markus hielt es in der kleinen Kammer, die ein Büro sein sollte, nicht mehr aus und schnappte sich seine Sachen.
„Ich fahre zur Wohnung von Bianca Klein und befrage die Nachbarn. Irgendeiner muss ihren Exfreund doch kennen!“ „Und was willst du dann mit ihm?“, fragte Heike, die ohne aufzublicken weiter ihren Bericht tippte.
„Wenn er wirklich der Vater des Kindes ist, dann hat er ein Recht darauf, von dessen Tod zu erfahren!“
Mit diesen Worten verließ er das Zimmer.
Was Markus seiner Kollegin aber nicht sagte war, dass er längst nicht mehr an einen einfachen Überfall glaubte.
Für ihn war es ein eiskalter, geplanter Mord.
Heike sah nun doch auf, speicherte ihre Daten ab und folgte ihm. `Ich seh schon,` sagte sie sich, `der Junge gibt nicht so schnell auf.´

„Warum machst du es dir eigentlich so umständlich, nach dem Exfreund zu suchen? Guck doch einfach im Computer nach, wo sie vorher gewohnt hat, dann weißt es.“
`Wenn das so einfach wäre, dann würde ich jetzt nicht im Auto sitzen ´, dachte er und sah seine Kollegin, die neben ihm auf dem Beifahrer saß vorwurfsvoll an.
„Der letzte Wohnsitz von Bianca war in Berlin. Sie soll zwar schon seit einigen Jahren in Niedernhausen gelebt haben, doch irgendwo angemeldet, war sie nie!“
„Wie soll denn das gehen?“ Man muss doch irgendwo angemeldet sein, alleine schon wegen der Post.“
„Wie du siehst, werte Kollegin, muss man das nicht. Man kann einen Nachsendeantrag einrichten, ganz ohne sich irgendwo anzumelden!“
Markus atmete tief durch und hielt an einer roten Ampel. „Natürlich habe ich gleich daran gedacht, mich auf der Post nach der alten Adresse zu erkundigen, doch es liegt kein Nachsendeauftrag vor. Das Opfer war auch nicht Krankenversichert, bis zu dem Tag, an dem sie angefangen hat zu arbeiten und das ist etwa vor 8 Monaten gewesen.
Es ist so, als würden 2, ½ Jahre aus ihrem Leben fehlen, als hätte sie diese Zeit einfach ausgesetzt!“
Die Ampel wurde grün und er konzentrierte sich wieder auf den Verkehr.
Mehr und mehr wurde Heike bewusst, warum Markus so besessen war, diesen Fall aufzuklären. Etwas stank bis zum Himmel, und das war nicht die Zigarette in seiner Hemdentasche, nach der Markus sich so sehr sehnte.

Es war ein Vierfamilienhaus in der Heinrich- Heine- Straße, Königshofen, ein kleiner Ortsteil von Niedernhausen.
Hier gingen die Menschen mit den Hühnern schlafen, schätze der der Fünfunddreißigjährige.
Jemand der nicht ursprünglich vom Dorf kommt, fällt auf wie ein bunter Hund.
Biancas Wohnung war unterm Dach. Er beschloss, die Nachbarn ganz unten im Erdgeschoss, als erstes zu befragen.
Nach einigen Klingelversuchen wurde den beiden aufgedrückt. Als wäre das Glück an diesem Tag auf Markus Seite, stellte sich heraus, dass die Erdgeschossbewohner, die Vermieter des Hauses waren.
„Schlimme Sache, so was!“,
sagte die etwa 55 jährige Frau im Hausfrauenkittel.
„Wissen Sie, das war so ein nettes Mädchen, die Bianca. Hatte ja nix an den Füßen und musste sich doch erst einmal etwas aufbauen. Sie ist ja von heut auf morgen ausgezogen!“
„Wissen Sie denn wo sie vorher gewohnt hat?“
Die Frau überlegte einen Augenblick.
„Sie sagte etwas von Niederseelbach, aber wo genau, das weiß ich nicht mehr. Im Mietvertrag haben wir ja nur die neue Adresse festgehalten.“
Markus machte sich ein paar Notizen.
„Wie lange hat sie denn schon hier gelebt?“
Wieder überlegte die Vermieterin, bat um einen Moment Geduld, dann verschwand sie kurz in ihrer Wohnung.
Die Kripobeamten sahen sich kurz fragend an, dann kam Frau Lange, die Erdgeschossbewohnerin wieder.
In ihren Händen hielt sie ein Dokument.
„Laut Mietvertrag, seit genau 8 Monaten!“
Markus sah erstaunt auf. Bianca war aber erst im sechsten Monat schwanger. Das würde bedeuten, dass ihr Exfreund höchstwahrscheinlich nicht der Vater des Kindes war.
„Hatte Bianca häufig Besuch?“
„Nicht so häufig. Vielleicht 7 oder 8 mal. Wissen Sie, ich achte da nicht ganz so drauf!“
Dem Gesichtsausdruck zu folge, wusste Frau Lange es genau, doch wollte sie nicht als neugierige Nachbarin auffallen.
 „Haben Sie diesen Mann schon einmal bei ihr gesehen?“ Markus holte das Foto, welches man in der Wohnung der Toten gefunden hatte heraus und zeigte es der Vermieterin. „Nein, der war noch nie bei Bianca zu Besuch!“
Die Polizisten bedankten sich und wollten der Frau gerade den Rücken drehen.
 „Ich weiß nicht ob es von Bedeutung ist, aber den Jungen, den kenn ich. Es ist Sascha Hofmann. Er ging mit meiner Katrin zusammen in die Klasse!“
Markus und Heike blieben schlagartig stehen, drehten sich dann noch einmal um und beschlossen Frau Lange doch noch, ein paar Fragen zu stellen.
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MosesBob
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Beitrag24.11.2007 11:46

von MosesBob
Antworten mit Zitat

Hallo Manu!

Wenn es dir recht ist, gehe ich zunächst nur auf Teile des ersten Absatzes ein. Hier finden sich nach wie vor einige Fehler und Ungereimtheiten, die du im folgenden Verlauf deiner Geschichte mit einem wachsamen Adlerauge selbst heraufiltern kannst. Auf manche davon bin ich bei meiner ersten Rezension selbst nicht gestoßen.  Shocked

Manu78 hat Folgendes geschrieben:
„Meinst du, ich kann schon mal abrechnen? Es kommt doch eh kaum noch jemand, da reicht doch eine von vier Kassen.“, meinte die Schwangere.

Die Anzahl der Kassen hast du hier ungünstig eingesetzt, so als hättest du händeringend nach einer Stelle gesucht, die diese Information aufnehmen kann. Das merkt man. Auch die Bedeutung hinkt hier etwas: „Da reicht doch eine von vier Kassen“ – die anderen beiden sind doch sowieso nicht mehr geöffnet! Was hältst du statt dessen von dieser Stelle:

Manu78 hat Folgendes geschrieben:
„Na ich weiß nicht. Der Chef hat gemeint, dass wir beide kassieren sollen. In den letzten Wochen habe es abends noch einmal einen großen Ansturm gegeben.

Durch das Wörtchen „habe“ weiß ich nicht so recht, ob das noch wörtliche Rede sein soll oder nicht, zumal die Anführungszeichen fehlen, die die Rede abschließen. Ich würde den Satz jedenfalls in die wörtliche Rede integrieren und die Passage folgendermaßen schreiben:

Manu78 hat Folgendes geschrieben:
„Na ich weiß nicht. Der Chef hat gemeint, dass wir beide kassieren sollen. In den letzten Wochen hat es abends noch einmal einen großen Ansturm gegeben, und da hatten wir sogar alle vier Kassen geöffnet.

Ich finde, das klingt unauffälliger, beiläufiger.

Eben habe ich nochmal überlegt, ob es wirklich so wichtig ist, die Anzahl der Kassen zu nennen. Zuerst dachte ich mir, dass ich wieder zu akribisch gedacht habe – doch im Nachhinein flößt mir diese Information ein beschaulicheres Bild von dem Supermarkt ein, in dem schließlich in wenigen Minuten ein Mord passiert und sich ein Großteil der Geschichte abspielt. Doch, ich denke, die Information braucht der Leser einfach.

Manu78 hat Folgendes geschrieben:
Bianca Klein stand auf und holte ein Bild aus ihrer Kitteltasche und reichte es der anderen Frau, die eine Kasse weiter saß. Diese betrachtete mit einem Lächeln das 3D Ultraschallfoto. „Wirklich erstaunlich!“,
sagte sie noch einmal und reichte es der Kollegin zurück. „Meinst du, ich kann schon mal abrechnen? Es kommt doch eh kaum noch jemand, da reicht doch eine von vier Kassen.“, meinte die Schwangere.
„Na ich weiß nicht. Der Chef hat gemeint, dass wir beide kassieren sollen. In den letzten Wochen habe es abends noch einmal einen großen Ansturm gegeben.
Bianca stand auf und reckte sich.
„Na von Ansturm kann ja keine Rede sein.“, sagte sie und stand auf, um wenigstens ein paar Reinigungsarbeiten zu verrichten und nicht ganz sinnlos herumzusitzen. Plötzlich blieb sie stehen.
„Da, er hat schon wieder getreten.“,
sagte sie freudig und hielt sich für einen Augenblick die Hand an den Bauch. Sie lächelte, streichelte zart über ihren Bauch und griff dann nach dem Zewa und dem Glasreiniger. Mit einem Lächeln beobachtete Hannah Berger ihre Kollegin und verabschiedete einen Kunden.

1. Hier wird mir entschieden zu viel gelächelt und aufgestanden. Frag mich aber bitte nicht, warum mir das bei der ersten Rezension noch nicht aufgefallen ist …
2. In deiner ersten Version war von dem Kunden, den Hannah verabschiedet, zuvor schon die Rede (übrigens auch mit einem Lächeln):

Manu78 hat Folgendes geschrieben:
Mit einem Lächeln beobachtete Hannah ihre Kollegin und kassierte einen Kunden ab.

Bei deiner überarbeiteten Version fragte ich mich eben: Huch! Wo kommt denn plötzlich der Kunde her? Irgendwann zwischen zwei wörtlichen Reden, die kaum länger als wenige Sekunden währten, muss er emporgestiegen sein wie Phönix aus der Asche.

Wie auch schon die Sache mit der Anzahl der Kassen, dem ständigen Aufstehen und permanenten Lächeln sind das vielleicht Kleinigkeiten – allerdings Kleinigkeiten, die, wie ich finde, sympatomatisch für diesen Text ist: Hast du, bevor du ihn geschrieben hast, eine Art Storyboard im Kopf gehabt? Hast du wirklich gewusst, wie diese Szene ablaufen und wer darin alles vorkommen und wie agieren soll? Ich denke, man sollte immer auch spontan und frei von der Leber weg schreiben, ohne viel theoretisches Brimborium. Um die Theorie und den Feinschliff im Allgemeinen kann man sich dann kümmern, wenn man den Text überarbeitet. Dein Text wurde aber bereits überarbeitet.

Manu78 hat Folgendes geschrieben:
Seit ein paar Tagen spürte die junge Frau die Kindsbewegungen und es war immer eine große Freude ihr von diesen erzählen zu hören.

Teenager? Twen? Über dreißig, aber weit unter vierzig? Keine Ahnung. Wann hört „jung“ auf und wann fängt „alt“ an?

Nichtsdestotrotz würde ich Abstand davon nehmen, anstatt von einer „jungen Frau“ jetzt zum Beispiel von einer „zwanzigjährigen Frau“ zu sprechen. Das würde stark gekünstelt klingen – ebenso gekünstelt wie „die junge Frau“. Dass sie jung ist, ist für mich klar. Sie wirkt jung, durch ihre Sprache, durch ihr Gebaren. Das genügt. Ich finde, das Alter kann ruhig erst später erwähnt werden, im Rahmen der Ermittlungen. Das reicht dicke.

Manu78 hat Folgendes geschrieben:
Hannah hatte zahlreiche Filme gesehen. Filme in denen Menschen erschossen wurden. Doch in keinem hatte sie das Eindringen einer Kugel in einem Körper vernommen. 3 Mal, das dumpfe Eindringen von Blei in einem Körper, 3 Mal den lauten Knall eines Schusses, der immer noch in ihren Ohren hallte.

Abgesehen von der Reihenfolge der Geräusche, sagst du es selbst: Die Schüsse hallten in ihren Ohren nach. Ist es dann wirklich möglich zu hören, wie sie in den Körper einschlagen? Oder glaubte sie vielmehr hören zu können, wie sich die Kugeln in ihren Leib bohrten?



Ich glaube, du musst deine Geschichte kritischer überarbeiten. Hier wimmelt es nach wie vor von kleinen bis großen Fehlerchen, die vor allem in einer überarbeiteten Version nicht mehr vorkommen dürfen. Sei dein eigener gehasster Kritiker und Lektor! Hinterfrage, was deine Protagonisten tun, wann sie es tun und wie oft sie es tun und in welcher Reihenfolge. Spiel die Szene in Gedanken durch. Dreh einen Film.

Grüße,

Martin


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