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Zeitenträumer


 
 
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bibiro
Geschlecht:weiblichKlammeraffe
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Beiträge: 716



B
Beitrag25.01.2015 10:12

von bibiro
Antworten mit Zitat

Warum sollte es eine (gar noch ernsthafte) Logiklücke sein, wenn ein 14-Jähriger sich altersgerecht verhält?

Sollte sich mittlerweile herumgesprochen haben, dass der Umbau des präfrontalen Cortex in der Pubertät zu mitunter für Erwachsene schwer nachvollziehbaren Handlungen und Verhaltensweisen führt.

Vielleicht verhalten sich in Fantasy-Welten 14-Jährige mit besonderen Fähigkeiten (wobei ich das Träumen wie Marty es erlebt, jetzt nicht als so ungewöhnlich betrachten würde, ich kenne es selbst) abgeklärt und höchst  vernünftig, aber als Mutter von drei Pubertierenden kann ich Mattys Verhalten absolut nachvollziehen.

Es hilft ungemein, sich - auch als Elternteil - in die Lage seiner Kinder zu versetzen, wenn man seine eigene Kindheit (Erich Kästner folgend) nicht wie einen alten Hut abgegeben hat, sondern sich daran erinnert, dass man sich selbst in dieser Phase "nicht Fisch noch Fleisch" manchmal aus Erwachsenensicht sehr seltsam verhalten hat - dies aber als absolut normal empfand.

Die Frage ist halt nur, in wie weit akzeptiert der typische Leser des Genres einen modernen, pubertierenden Jungen als Kitt der Geschichte.
Wäre der Plot als Jugendroman angelegt, wäre ich sofort mit Daumen hoch dabei, aber für Jugendliche scheint mir das Manuskript ein wenig zu sperrig (aber ich kann mal meine jungen Leser fragen).
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Sue Rovia
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 30
Beiträge: 586
Wohnort: Metronom
Das bronzene Floß Silbernes Licht


Beitrag25.01.2015 16:06

von Sue Rovia
Antworten mit Zitat

Ich weiß nicht ob du meinen Einwand richtig verstanden hast, Bibi.

Wir können ja ein vorsichtiges Gedankenexperiment wagen. (Ganz ohne Zeitreise) Wir nehmen einen Teenager mit etwa 14/15 Jahren aus seinen Klassenzimmer und seinen Freundeskreis heraus und beamen ihn nach Saudi-Arabien, wo er zufällig sieht wie eine Frau nach Ehebruch gesteinigt wird. Dann beamen wir ihn weiter nach Zentralafrika wo er in den Stamm der Bameleke kommt, mit den anderen Männern jagen geht, den Urwald einatmet... kurz: sich frei und wichtig fühlt. Es ist gerade Regenzeit, das Wasser sammelt sich in Tümpeln und die Kinder unter fünf sterben an Malaria. Wir beamen ihn weiter nach Kalkutta, nicht so besonders lange, nur eine halbe Stunde, aber das reicht ja eigentlich schon. Unser Teenager landet noch im CREEST-Experiment, im Gran-Sasso-Untergrundlabor, Italien, inmitten einer der heftigsten Diskussionen um dunkle Materie. Dann sieht er wie ein Gesundheitssystem unter Ebola zusammenbricht und trifft anschließend den Britischen Premierminister in seiner Privatvilla (hat der britische Premierminister eine?) Und jetzt stellen wir ihn wieder neben seine Freunde beladen mit all den Lebenswelten, die er gesehen hat. Wird er "altersentsprechend" sein?

Das ist ein sehr schwieriges Experiment. Ich glaube, keiner von uns würde sein Kind für so einen Versuch hergeben.

Und jetzt kommt eben mein Problem an den Traumreisen. Wenn Matty Zeitreisen geht, wenn er eig schlafen sollte, wann verarbeitet er diese Einblicke und Eindrücke? Wo hat er Raum und Zeit, um all die Unterschiede, Differenzen, Ideen und Ungerechtigkeiten einzuordnen und für sich eine Sinnhaftigkeit dahinter zu finden? Das ist mir nicht klar.
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bibiro
Geschlecht:weiblichKlammeraffe
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Beiträge: 716



B
Beitrag25.01.2015 16:30

von bibiro
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Ich denke, Matty wird die Zeitreisen ungefähr so wahrnehmen, wie er Filme wahrnimmt. Teenager schlüpfen beim Filmkucken auch in unterschiedlichste Personen - aber verändern sie deshalb ihre Handlungen in der Realität?

Und so weit ich das verstanden habe, wirken die Zeitreisen auf ihn wie (Tag)Träume.

Auch wenn man nachts sehr lebhaft träumt, schläft man doch dabei und wacht morgens erfrischt auf.

Im übrigen, all das und mehr kriegen heutige Kinder mit, wenn sie die "Tagesschau" sehen. Frag nicht, wie oft wir den Fernseher danach ausschalten und auf den Hauptfilm des Abends verzichten, um mit unseren Kindern darüber zu reden, damit sie das verarbeiten können.

Aber vielleicht gehe ich nur davon aus, dass Matty die Träume wie Fernsehen wahrnimmt, weil Zeitenträumer eben solch eine Distanz zu den historischen Persönlichkeiten aufgebaut hat?

Vielleicht gibt es ja gerade so einen Sinn, dass er in der Erzählperspektive ganz nah an den Matty der Jetztzeit herangeht und die anderen auf Abstand hält? Weil deren Emotionen durch die Träume gefiltert Matty erreichen, so dass sie ihn nicht mehr oder weniger berühren als Filme oder Berichte im TV?

So zumindest wirkt das ganze jetzt auf mich, nachdem Zeitenträumer das näher ausgeführt hat.
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Sue Rovia
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 30
Beiträge: 586
Wohnort: Metronom
Das bronzene Floß Silbernes Licht


Beitrag27.01.2015 17:32

von Sue Rovia
Antworten mit Zitat

Das Ganze ist ziemlich komplex, und sicher auch stark eine Frage des eigenen Erfahrungswertes. Ich nehme es niemanden übel, wenn er mich für überkritisch hält.
Ich untermauere meine Meinung jetzt mal. Falls sie auf falschen Implikationen beruht, dürft ihr sie getrost vergessen. Ansonsten hilft sie dir vielleicht weiter, David, bzw zeigt dir, ob du tatsächlich etwas ändern musst, oder sich meine Fragen im Laufe der Geschichte klären würden...

Zitat:
Ich denke, Matty wird die Zeitreisen ungefähr so wahrnehmen, wie er Filme wahrnimmt.


Das denke ich nicht. Und zwar kann man das meines Erachtens sehr klar aus dem eingestellten Text herauslesen:
Zitat:
Er hatte sogar schon mit einer Frau geschlafen, im Traum


Jeder Teenager der westlichen Konsumgesellschaft kennt Sex aus Filmen. Dieser visuelle und akkustische Reiz ist nicht gleichzusetzen mit dem, was ein Mann fühlt, wenn er mit einer Frau schläft. Und letzeres empfindet Matty als ein vielleicht nicht ganz altersentsprechendes und deshalb besonderes Ereignis...

Zitat:
Auch wenn man nachts sehr lebhaft träumt, schläft man doch dabei und wacht morgens erfrischt auf.


Ja. Wenn wir schlafen hat unser Gehirn Zeit Reize und Informationen zu verarbeiten.  Auch wenn man "lebhaft" träumt, so ist man doch lediglich seinem eigenen Bewusstsein ausgeliefert und nicht -wie Matty- neuen Eindrücken. Mir ist auch klar, dass die REM-Phase eine knappe halbe Stunde umfasst. Allerdings habe ich den Eindruck dass Mattys Zeitreisen länger gehen. Vielleicht irre ich mich?

Zitat:
Im übrigen, all das und mehr kriegen heutige Kinder mit, wenn sie die "Tagesschau" sehen.


Die "Tagesschau" und andere westliche Nachrichtensender (BBC, ZDF, ...) tun nichts als Informationen zu filtern und mit unseren gesellschaftlichlichen Werten zu beleuchten (letzteres wenn überhaupt). Der akkustische und visuelle Reiz durch einen kulturnahen Sender ist nicht zu vergleichen mit dem tatsächlichen Erleben anderer Lebenswelten. Bildungsnah ist nicht gleichbedeutend  mit realitätsnah. Etwas visuell wahrzunehmen nicht gleichbedeutend mit erleben. Ein wesentlicher Unterschied zwischen Davids Gedankenexperiment, das ich versucht habe grob nach zu skizzieren und den Eindrücken durch Medien.
Vor allem ABER: Bei euch wird der Fernseher ausgemacht, und das Gesehene im Gespräch verarbeitet. Matty hat weder die Zeit noch den Ansprechspartner. Er ist mit sich und seinen Erlebnissen alleine. Das kann nicht gesund sein...

Meine Meinung dazu. Wiegesagt, darüber kann man sich streiten, und das ist mir auch bewusst.
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bibiro
Geschlecht:weiblichKlammeraffe
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Beiträge: 716



B
Beitrag28.01.2015 09:31

von bibiro
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bibiro hat Folgendes geschrieben:

Und so weit ich das verstanden habe, wirken die Zeitreisen auf ihn wie (Tag)Träume.
...

Aber vielleicht gehe ich nur davon aus, dass Matty die Träume wie Fernsehen wahrnimmt, weil Zeitenträumer eben solch eine Distanz zu den historischen Persönlichkeiten aufgebaut hat?

Vielleicht gibt es ja gerade so einen Sinn, dass er in der Erzählperspektive ganz nah an den Matty der Jetztzeit herangeht und die anderen auf Abstand hält? Weil deren Emotionen durch die Träume gefiltert Matty erreichen, so dass sie ihn nicht mehr oder weniger berühren als Filme oder Berichte im TV?

So zumindest wirkt das ganze jetzt auf mich, nachdem Zeitenträumer das näher ausgeführt hat.


@ Sue -

ich habe nur versucht, das Thema im Gesamtzusammenhang des Manuskripts zu sehen.

Weitere Diskussion gerne per PN.

Bibi
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Willebroer
Geschlecht:männlichShow-don't-Tellefant


Beiträge: 5448
Wohnort: OWL


Beitrag30.01.2015 19:14
Re: Zeitenträumer
von Willebroer
Antworten mit Zitat

Zeitenträumer hat Folgendes geschrieben:


Die Augen des Gehörnten ruhten auf ihm, unergründlich, ewig. Der Druide betrachtete das steinerne Abbild des Gottes, halb Mensch, halb Hirsch, der mit gekreuzten Beinen dasaß, die Widderkopfschlange um den Hals gelegt.
Dich, Cernunnos, dachte er. Insgeheim fürchten sie Dich am meisten. Sie alle. Er lächelte. Ungezählt und vielgestaltig waren die Unsterblichen, doch keiner, so glaubte er, flößte den Menschen so viel Respekt ein wie der Gott mit dem Hirschgeweih: Cernunnos, der Gehörnte, Herrscher über die Anderen Welten.
Der Druide schloss die Augen. „Ich bin der ewige Strom des Flusses“, murmelte er in einer alten Sprache, die nur wenige verstanden. „Ich bin das Allessehende Auge. Ich bin die Waage der Wahrheit. Ich bin die Kraft der Eiche. Sieh durch meine Augen, o Cernunnos, sprich mit meiner Stimme, urteile durch meinen Geist, strafe, wenn es sein muss, durch meine Hand. Und es wird besser sein und nicht schlechter.“


Ich würde mal probeweise mit dem dritten Absatz beginnen und die anderen sinngemäß folgen lassen. Es könnte etwa so aussehen:

„Ich bin der ewige Strom des Flusses“, murmelte der Druide in einer alten Sprache, die nur wenige verstanden. „Ich bin das Allessehende Auge. Ich bin die Waage der Wahrheit. Ich bin die Kraft der Eiche. Sieh durch meine Augen, o Cernunnos, sprich mit meiner Stimme, urteile durch meinen Geist, strafe, wenn es sein muss, durch meine Hand. Und es wird besser sein und nicht schlechter.“

Die Augen des Gehörnten ruhten auf ihm, unergründlich, ewig. Der Druide betrachtete das steinerne Abbild des Gottes, halb Mensch, halb Hirsch, der mit gekreuzten Beinen dasaß, die Widderkopfschlange um den Hals gelegt.

Dich, Cernunnos, dachte der Druide. Insgeheim fürchten sie Dich am meisten. Sie alle. Er lächelte. Ungezählt und vielgestaltig waren die Unsterblichen, doch keiner, so glaubte er, flößte den Menschen so viel Respekt ein wie der Gott mit dem Hirschgeweih: Cernunnos, der Gehörnte, Herrscher über die Anderen Welten.
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Zeitenträumer
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Alter: 44
Beiträge: 123



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Beitrag31.01.2015 23:31

von Zeitenträumer
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Hey ihr,

ich hab so wenig Zeit grade, aber jetzt muss ich doch mal antworten. Da ich sowohl mit Sue als auch mit Bibi bereits näher darüber gesprochen habe, sei zunächst nur noch so viel dazu gesagt:

Das was Matty in seinen Träumen empfindet / erlebt, ist absolut real. Und es fühlt sich auch so an, also es ist deutlich mehr als Fernsehen. Nichtsdestotrotz verhält er sich wie ein pubertierender Jugendlicher, geht also ganz und gar nicht verantwortungsvoll mit seiner Gabe um und hat auch große Schwierigkeiten mit der gegenwärtigen Realität, wie ja auch aus dem eingestellten Abschnitt hervor geht. Insofern hat Sue recht: die Verarbeitung dessen, was er erlebt, läuft nicht besonders gut (gelinde gesagt), wobei sich das weniger auf den Inhalt des Erlebten als vielmehr auf das Erleben selbst bezieht.

Und Windgebroer, herzlich Willkommen im Forum und diesem Thread! Deine Umstellung des Absatzes gefällt mir ausgezeichnet; gut möglich, dass ich das dahingehend ändere.

Ich danke Euch allen für die rege Diskussion, sie hat mich dazu gebracht, noch einmal anders über die Geschichte nachzudenken.

Beste Grüße und schönes Wochenende an alle,

David
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