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Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Antiquariat -> Zehntausend 11/2014
Aus·Wege

 
 
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Ithanea
Geschlecht:weiblichReißwolf

Alter: 34
Beiträge: 1062

Ei 3 Pokapro 2017


Beitrag14.11.2014 13:25

von Ithanea
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Ein Typ, der die Scripts/Ideen von anderen Leuten lebt, weil er es gut kann und weil's gute Kohle gibt. Die Idee fand ich einfach klasse.
Mit dem Text selbst habe ich meine Höhen und Tiefen, den Anfang finde ich zu verwirrend (ich bin nicht drauf gekommen, wie die Zahlen zu deuten sind), auch im Nachhinein, wenn man kapiert hat, worum es geht, ab dem Mittelteil mit Susanne bin ich dabei und zum Ende hin wirds immer besser.
Kursiv sind die echten/herausfallenden/des Scripts übergeordneten  Gedanken des Ichs?
Nicht kursiv, in Klammern sind die Gedanken/Reden der "Watcher" oder Produzenten?
Ansonsten werfen sich mit noch einige Fragen auf, die du nach Inkolüftung vielleicht beantworten magst:
Ist sich das Ich des Grabbings immer bewusst?
Hast du eine konkretere Vorstellung, wie das scripten funktionieren soll? Wie sind Script-Teile eines Lebens und echte Teile miteinander vereinbar? Also passieren einem auch ungescriptete Dinge, während man gerade einen Script denkt?
War Susanne auch mal Teil eines Scripts und die Liebe hat sich verselbstständigt oder gibt es im Leben eines Imag“e“nies Platz für eigene Anteile?
Würde jemand, der neun Jahre mit jemandem zusammen ist, wirklich zulassen/ das Risiko eingehen, dass in dieser Person rumgescripted wird, weil er selbst ein "Imagenie" ist?
Hoch interessant jedenfalls.


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Verschrieben. Verzettelt.
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nebenfluss
Geschlecht:männlichShow-don't-Tellefant


Beiträge: 5987
Wohnort: mittendrin, ganz weit draußen
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Beitrag14.11.2014 17:08

von nebenfluss
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Mal schauen, ob ich es zusammenbekomme. Es gibt also ein Script, und des Plots erste Hälfte geht etwa so:
Da hat einer zu Chopins Begräbnismarsch (ja, das sitzt lässig, Chopin Opus 35 dritter Satz klar das ist doch) ne Knarre im Mund und erinnert sich. (vom Rubinstein auf YouTube, krasser Übergang nach Pain of Salvation). Er hat bei einer Agentur gearbeitet, die Flüchtlingsboote versenken. (besser nicht zugeben, wann ich erst gecheckt habe, dass hier ein Schiffsbug und kein Programmerbug gemeint ist) Den Job hat er schließlich aufgegeben. Daraufhin erfährt der Leser Zuschauer Konsument ein wenig mehr über ihn, einen coolen, angepassten Typen, bekommt aber aus der Vergangenheit keine konkreten Bilder geliefert. In welchem Zusammenhang die Zeit beim Militär mit der offensichtlich militärisch ausgerüsteten Agentur steht, bleibt (mir) unklar.
Ich hoffe, ich habe das 'richtig verstanden', denn beim ersten und zweiten Lesen dachte ich, gewisse Abschnitte (ohne Kommentare der Auftraggeber) wären Äußerungen aus dem realen Leben des Protagonisten. (»Er möchte es immer allen recht machen«) (huch, war das nicht ich?) Aber offenbar ist der gesamte Text der Ablauf dieses Films.

Dieser ist eingebettet in eine SciFI-Geschichte. Es gibt eine Produktserie namens 'Better-Than-Life', die sich einer Technik namens 'Mindgrabbing' bedient. Dafür braucht man Personen, die vorgefertigte Drehbücher 'imagenisieren', d. h. ähnlich wie ein Regisseur in Bilder umsetzen, allerdings nur gedanklich. (»Aber leider kann ich 1000%ig nicht kommen, also macht gefälligst viele schöne Fotos!«) (und dann? Ins Forum? Wo schaltet man hier die face-rec aus?) Die Grabs werden aufgezeichnet und als MindSims verkauft, vermutlich laufen sie beim User über eine entsprechende Schnittstelle ebenfalls wieder im Kopf ab. Dazu sagt der Text aber nichts konkretes. (nur noch diesen Komm, dann geh ich raus aus dem dsfo und mach was anderes)

Der Prota ist einer dieser Imangenisierer (?) - ein Profi, wie es heißt -, der selbst, wie den kursiven Kommentaren zu entnehmen ist, süchtig nach MindGrabs ist. (»mit Reis oder Nudeln?«) (mit dir, wann haben wir eigentlich das letzte Mal) Seine Kreativität wird von den Auftraggebern begrenzt, die offenbar seinen Image-Stream in Echtzeit mitverfolgen und ihm mit korrigierenden Anweisungen zusetzen. (hm, vor zwei, nein, drei Wochen) Meine perversen 'Lieblinge': »Kriegt der jetzt seinen Moralischen oder was!?« & »Endlich mal Blut, Mann!«. (och, das geht doch noch? Neulich haben mir zwei erzählt, se würden gar nicht mehr) Ein kritisches Bewusstsein ist erwacht in dem Prota; man ahnt, er wäre besser Script-Autor, da ihn die Scripte, auf deutsch gesagt, ankotzen: Da werden zynischste Kommentare und gewaltverherrlichende Bilder zum Thema (Mittelmeer-)Flüchtlichsproblematik gezeigt (die Frau sah glücklich aus) und sollen wohl dann, in des Protas Entscheidung, nicht mehr mitzumachen, als Sozialkritik legitimiert werden. (und er noch stolz drauf. Verrückte Welt.) Der Autor dieser Action-trash-dings hat den Unterschied zwischen Pistole und Revolver nicht berücksichtigt, außerdem soll die Waffe aus Eifersucht (»Stichwort Mobbing«) gegen einen Schwarzen ("Nigger") eingesetzt werden. (»an dunkelste Zeiten erinnert.«)
Der Prota bemüht sich daraufhin, dem Script emotionale Tiefe zu geben und gerät dabei auf Abwege, die den Plot verändern, was von den Auftraggebern nicht toleriert wird - der Schwarze wird gar nicht imagenisiert, aus der treulosen Freundin wird eine Todsterbenskranke.  (»Wie bekloppt dieser Typ doch ist. Sehr schön. *glucks«) (Recht hat sie, da muss ich ja wohl Fieber gehabt haben) Um trotzdem zum finalen Schuss am richtigen Ort zu gelangen, erschießt der Held die Freundin im Einvernehmen mit ihr, um sie von ihren Schmerzen zu erlösen, und nimmt sich daraufhin selbst das Leben.
(sollte in Kommentaren nicht über mich reden, man hält mich bestimmt schon für narzisstisch gestört)
Das Ende suggeriert mir, er muss noch einmal von vorne anfangen, soll sich dieses Mal ans Script halten, (»Da musst du dein Paint noch mal neu aufsetzen, scheint mir.«) und dann von den Auftraggebern erschossen werden.
Ich hätte dieses Ende nicht gebraucht - der Text ist auch ohne diese draufgesetzte Pointe grausam genug. Außerdem finde ich es unscharf, dass in diesen Anführungszeichen in den Klammern auch Anweisungen an den Prota stehen, er diese letzten, ebenso formatierten Gedanken aber ja sicher nicht hören soll.
Das mit den Nummern und warum sie nur im ersten Drittel auftauchen, habe ich auch nicht begriffen.
Das ist allerdings auch schon alles, was ich zu kritisieren hätte. "Fickbar" und "Alter des Lichts" waren die einzigen, aber harte Konkurrenten. Bin in Verzug, deshalb (vorerst) nur das Ergebnis:(»Du kommentierst die Texte des 10k. Alle??«) (zum Glück nur per pn behauptet) Am Schluss konnte ich nicht umhin, dem hier die Höchstwertung zu geben und mir dabei die letzte Klammer deines Wettbewerbbeitrags wegzudenken. Bin sehr gespannt, wer hier hinter der Maske zum Vorschein kommt. (warum denke ich crim? Wegen gescheitertem Europa-Sonnett? Ist das nicht mehr Indiz dagegen? Ist da sonst noch was? Die Pflege, die Knarre, wie das Erschießen beschrieben ist?)


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Flush
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Beiträge: 74



Beitrag14.11.2014 19:39

von Flush
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Hallo!
Die Geschichte hätte mich berührt, ohne alles in Klammern
Geschriebene, das ich nicht verstehe, inklusive letzten großen
Abschnitt. Es stört. Ich kam jedes Mal heraus... Sad
Letztendlich weiß ich nicht, ob der Prot sein Leben auch
ausknipsen wird oder nur an den Pulverrückständen vom
Schläfenschuss nuckelt... Crying or Very sad
Interessant, aber ich verstehe die Aussagen nicht. Rolling Eyes
Grüßle
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tronde
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Das goldene Aufbruchstück Das silberne Niemandsland


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Beitrag14.11.2014 23:28

von tronde
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Danke den Kommentatoren,
ich muss nochmal in Ruhe Eure Texte lesen. Wenn ich das richtig überflogen habe, entsprach das auch meinem Gefühl von entweder "oweiowei" oder doch vielleicht "yippi".

Antworten:
auf die häufigste Frage
(Datum. Aufbruchsstelle (Geographische Breite/Länge). Untergangsstelle. Tote)

Normaler Text: Was der Prota imagenisiert (so wird später mal das Imaginisieren im Rahmen von Gedankenaufzeichnungen genannt werden)

(kursive Klammern) die Kommentare des Imagenies

("normale Klammer") Kommentare des "Aufnahmeleiters", werden vom Imagenie während der Aufzeichnung nicht wahrgenommen, deshalb fehlen die Klammern auch bei der Ansprache am Schluss.

Script = Drehbuch, in diesem Fall vom Prota eigenmächtig abgeändert

Better-than-Life: dem Shadowrun-Universum entnommen, da heißen die MindSims SimSense

Grüße
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tronde
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Das goldene Aufbruchstück Das silberne Niemandsland


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Beitrag16.11.2014 15:34

von tronde
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Hallo!
Mal sehen, wie lange Ruhe hier im Haus ist, ich werde die Kommentare mal häppchenweise abarbeiten.

@fancy
Danke. Wenn das Experimentelle auch noch wirklich neu gewesen wäre Smile , aber kursive Denkeinschübe habe ich mir bei Mr. King entliehen und andere werden das auch schon verwendet haben. Einen im Formalen wirklich neuen Weg zu gehen, keine Ahnung, ob das noch geht.

@LordJim / Einar Inperson
Danke für die verärgerten Punkte. Da hat der Versuch, durch die formale Gestaltung den Lesefluss anecken zu lassen, funktioniert. Und ich habe mich noch zurückgehalten, die erste Version war quasi noch mehr Hin und Her. Ich hatte auch überlegt, innerhalb des Satzes mit der Selbstbestimmung zwischen dem Imagenisierten und den Meta-Betrachtungen zu wechseln, aber ich hatte schon befürchtet, dass es dann mehr als Verärgerung geben könnte. Ich freue mich, dass Dich der Text trotzdem nicht gelangweilt hat.

@Lese Lina
Musste erst nochmal genau schauen, worum es bei Tron geht, zu lange her, dass ich ihn gesehen habe. Eher nicht Tron, da es hier keine Aktivität im Digitalen gibt, sondern nur passiv die Vorstellung aufgezeichnet wird. Ich habe mich mehr an Shadowrun orientiert und da auch die BTLs "entwendet".
Danke für das Lob.
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tronde
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Beitrag16.11.2014 15:54

von tronde
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@lilli.vostry
Danke für das Lob und die Punkte. Der eigentlich Prota - das Imagenie - kämpft gegen seine MindSim-Abhängigkeit und lehnt sich gegen dieses Unterhaltungs-System auf. Die Ich-Erzählung ist sein Gedankenkino, dessen Drehbuch der Prota in der hier veröffentlichten Aufzeichnung abgeändert hat.

@crim
Danke für das Lob und die Punkte. Ich war nach dem Absenden auch sehr unsicher, ob nicht zuviel drin ist, Abhängigkeit, Unterhaltungsbranche/Snuff, EU-Außenpolitik/-grenzen, erweiterter Suizid/Sterbehilfe ... Daher freut mich, dass es Dir nicht zu platt und aufgesetzt gewirkt hat, sondern nur effekthaschend, damit kann ich leben Smile

@hobbes
Danke für Lob und Punkte. (Wirkt auch langsam abgegessen, diese Formel, auch wenn sie jedesmal ehrlich gemeint ist.) Meine Texte lese ich mir oft vor, Deine Bitte um eine Hörversion überrumpelt mich aber Smile Aber ich denke drüber nach, wobei ich momentan die Schwierigkeit sehe, in einer Hörversion die Einschübe stimmlich so abzusetzen, dass ein Hörer ohne den Text noch eine Chance hat. Vielleicht kann ich da ja auch jemand mit etwas Übung für finden, versprechen will ich aber nichts.
Den "Todesmarsch" oder bekannter "Trauermarsch" von Chopin gibt es auch in unterschiedlich schnellen Aufzeichnungen.
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tronde
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Beitrag16.11.2014 16:16

von tronde
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@Constantine
Danke für den Kommentar. Die Zahlenkolonnen sind das Datum, die Geo-Daten der Aufbruchsstellen an der afrikanischen Mittelmeerküste und der Untergangsstellen der Flüchtlingsschiffe vor Lampedusa etc. sowie die Anzahl der Toten. Dies sind keine realen Fahrten, aber wenn man sich die Nachrichten dazu anschaut, könnten sie es sein. Es sind formale Einschübe, durchaus geplant und mit Bezug zum Text.
Die Einschübe sind Fremdkörper, wie wenn Regisseur und Schauspieler bei einer Aufführung das Geschehen auf der Bühne kommentierten.
Tja, der Schluss, der einzige Aufbruch der Geschichte, der (vorerst?) kein trauriges Ende findet. Insofern war er mir wichtig, weil der die reallife-Klammer des Textess bildet. Ich schreibe bei Merope weiter unten noch was dazu.

@fancy
Danke für Lob und Punkte. Zahlenkolonnen: siehe oben. Außer den mir inzwischen bekannten Schreibfehlern bei "solange" und "unzahlig" sind die anderen Schreibabweichungen gewollt (wenn wir von den gleichen Reden): Imagenisieren etc. Freut mich, dass der Text für Dich beim mehrfachen Lesen zugänglicher wird.

@Merope
Danke für das Lob.
Das Ende fällt gegen des Suizid ab, ja. Aber für mich hat es zu ganzen Geschichte gehört, nicht nur zur Aufzeichnung. Aber ich konnte es nicht besser lösen, saß auf dem Bildschirm und dachte, diese Einzelsätze am Schluss sehen vom Bild her scheisse aus. Vielleicht finde ich mit etwas Abstand noch eine bessere Lösung.
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Beitrag16.11.2014 16:46

von tronde
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@Lapidar
Ne, ohne die Einschübe (jedesmal beim Kursiven gehen 7 Zeichen flöten) wäre ich nicht zwischendrin über den 10000 gewesen.
Naja, die kleinen süßen leuchtenden Wesen sollten die etwas gehobene Sprache des imagenierten Ichs andeuten, damit die Zitate-Satz mit den Gegebenheiten nicht völlig aus dem Duktus herausfällt. Ein wenig HOlprig sollt es schon sein, aber schade, dass Dir der Text gar keinen Zugang gewährt hat.

@shatgloom
Danke für Lob und Punkte. Freut mich, dass Dir der Text gefallen hat.

@gold
Danke für Lob und Punkte. Kein Parkinson, Aufregung. Imagenisieren ist Absicht, unzahlig nicht. Aber den Schreibfehler habe ich nicht gemeint Sad
Hat sich die Verwirrung gegeben? Ich bin immer noch verwirrt, ob ich mich tatsächlich verraten habe?


So, hier wacht das Haus auf, der Rest folgt.
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tronde
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Beitrag16.11.2014 22:47

von tronde
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@holg
Zwei Wendepunkte in drei Zeilen, nicht schlecht. Beide helfen aber vielleicht, meine Schreibe zu verbessern.
Was fehlt Dir noch für das Überschreiten der Linie, damit aus U-SciFi E-SciFi wird? Es sei mal dahin gestellt, ob der Text tatsächlich Sci-Fi ist, nur weil er 20 Jahre in der Zukunft spielt. Aber vielleicht lesen wir uns dazu ja in einer anderen Diskussion.
Helfen würden mir auch Beispiele, an denen Du das "Gewollt, aber nicht gekonnt" festmachst.
Edit: Nach dem Schreiben des Kommentars an Akiragirl: Meinst Du dieses krampfhaft formal Anders-Sein-Wollen?

@Akiragirl
Danke für Lob und Punkte. Besonders, dass Du die Idee dahinter magst, freut mich sehr. Deine Zusammenfassung trifft es gut.
Das Stolpern über die Einschübe habe ich durchaus gewollt, siehe auch Antwort auf Einar Inpersons Kommentar. Das es ein schmaler Grat wird, war mir klar, es war für ich der Weg, das Neue und die Ecken und Kanten in den Text zu bekommen. Ich verstehe die Einwände, hätte es aber innerhalb dieses Wettbewerbes nicht anders machen können, weil keine andere Idee. Für "normale" Texte würde ich das nicht machen.

@Maria
Danke für Lob und Punkte. Und für diese herzallerliebsten Augen Smile Für das, was da passiert, verweise ich mit Dank an den Kommentar von Akiragirl. Oder Du kämpfst Dich durch meine Kommentar-Kommentare. Oder fragst nochmal nach.
Die Begeisterung tut gut, besonders dieses "echt cooles Experimenttextdings" Smile.
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Beitrag16.11.2014 23:12

von tronde
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@Jenni
Eher der Verfall der Medien im allgemeinen, weniger der Literatur an sich. Wobei nur das Medium der MindSims neu ist, alles andere ...
Und dann legst Du den Finger auf die Wunde. Ich hatte in einer früheren Version den Prota über sein geändertes Script noch viel hochtrabendere Dinge sagen lassen, von wegen Ernsthaftigkeit und so und dann festgestellt, dass ich das folgende "Melodram" nicht ganz guten Gewissens so (als sicher ernsthafte Literatur) bezeichnen wollte. Über das Melodram muss ich jetzt auch erstmal nachdenken und -lesen. Wikipedia hat mir grade verraten, dass es dabei vor allem um innerseelische Konflikte geht, passt schon. Natürlich hätte ich diese falsche Einschätzung dem Prota anhängen können, der könnte ja ein falsches Verständnis von der Definition von Ernsthaftigkeit haben, aber ist es meine immer noch bestehende Unsicherheit, woran sich das festmachen lässt, die dort Ausdruck gefunden hätte. Also habe ich das etwas entschärft; im Sinne Deiner Frage also wohl eher knapp am Ziel vorbei. Wobei die Frage, dem Wunsch der Ehefrau nachzukommen, sie zu töten, in allem Pathos auch eine existenzielle Frage angeht.

@Mardii
Danke für den Kommentar.
Es sind zwei verschiedene Figuren / Einschübe, daher die unterschiedliche Formatierung. Das MindGrabbing orientiert sich am Videograbbing. Der "vermurkste" Satz ist lässt sich kürzen, ja.

@Zinna
Danke für Lob und Punkte
Und noch einen Schreibfehler aufgespürt. Und bei anderen war ich so pingelig ...
Das mit den Zahlen steht schon weiter oben. So langsam denke ich tatsächlich auch, etwas weniger rätselhaft hätte es auch getan, Punkte in die Daten und Länge und Breite vor die Koordinaten.
Spannend, dass der Text für Dich in der Papierversion funktioniert.
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tronde
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Beitrag16.11.2014 23:34

von tronde
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@Rainer Zufall
Danke für Lob und Punkte. (Sorry, aber ich zieh das jetzt bis zum Ende durch ...)
Warum hat das ein Mann geschrieben? (Falls ich doch mal aus Frauenperspektive schreiben wöllte Smile )

@anderswolf
Danke für die Punkte.

@Ithanea
Danke für Lob und Punkte.
Ein paar Antworten: Das Ich weiß normalerweise, dass grade ein MindGrab läuft, von außen bekommt es nichts in der Regel nichts mit. Glaube ich. Muss so sein, weil die Geschichte sonst nicht geht. Siehe Einwand nebenfluss.
Ein Script ist wie ein Drehbuch, die spezielle Fähigkeit der "Imagenies" ist es, sich das Drehbuch so konkret vorzustellen, dass es von einer Aufzeichnung aus dem Reallife - also ich fahre Rad und mein Empfinden wird dabei aufgezeichnet - nicht zu unterscheiden ist. Für die Produzenten natürlich super, weil kostengünstiger.
Bei mangelnder Konzentration können auch ungescriptete Dinge "passieren" (der Meta-Wischwasch). Der Prota ist nicht der Soldat und woher er die eigenmächtig abgeänderte Geschichte hat, weiß ich nicht. Ausgedacht wahrscheinlich. Siehe auch Kommentar zu Jenni.
Beantwortet hoffentlich Deine Fragen, ansonsten melde Dich.

@nebenfluss
Das verdient einen Extrakommentar, für den mir heute die Zeit und der Hirnschmalz nicht mehr reicht.

@Flush
Danke für den Kommentar.
Der eigentlich Prota wird am Ende des erneuten Aufzeichnungsdurchganges erschossen, damit die Konsumenten des MindSims den imagenisierten Suizid besonders "plastisch" erleben können. Snuff 2.0
Aber ich freue mich, dass die Geschichte ohne die Klammern für Dich auch funktioniert, das war der Plan. In diesem Fall erschießt sich der Prota am Ende.
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gold
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Beitrag17.11.2014 07:16

von gold
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Zitat:
Ich bin immer noch verwirrt, ob ich mich tatsächlich verraten habe?



hallo tronde,

 hast du nicht, ich bin falsch gelegen. In umgekehrter Reihenfolge:

 der Ausdruck

 
Zitat:
die Kings of town  
erinnerten mich an den Beitrag von Constantine in "der Tod steht ihm gut" .

Außerdem dachte ich an dieser Stelle  

 
Zitat:
Im Kielwasser (Ich) phosphoreszierten (will) Noctiluca scintillans und (so) Pyrocystis noctiluca unbeeindruckt vor sich hin


der Autor hat vielleicht eine Berufslaufbahn als Biologe durchlaufen.

Liebe Grüße
gold


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es sind die Krähen
die zetern
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Es dauert lange, bis man jung wird. (Pablo Picasso)
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Beitrag18.11.2014 00:21

von tronde
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@nebenfluss
Ein letztes Mal: Danke für Kommentar und Punkte.
(Ironische) Hommage (Wie anmaßend)? Persiflage? Egal, großes Kommentar-Kino: 12 Punkte. Und beschämt mich etwas ob meiner Kommentare, die mir geholfen haben, aber - befürchte ich - für die Autoren wenig hilfreich waren.
Frontex (Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union) bekommt die Einheiten (rabits (nichtmal richtig englisch können die) = Rapid border invention teams) von den Mitgliedsstaaten ausgeliehen, daher die militärische Vergangenheit des Script-Ichs. Wie das wohl in 20 Jahren aussehen wird?
Aus der Vergangenheit des Prota-Ichs sind die Bezüge zu seiner Abhängigkeit, während der Ohne-Klammern-Text nur Kopfkino ist.
Gut zusammengefasst und kommentiert (Müssen wir uns sorgen machen? Beziehungsmäßig?).
Die geklammerten Anführungszeichenaufnahmeleiterkommentare (solche Wörter gehen auch nur im Deutschen. Oder auch im Finnischen? Keine Ahnung.) kriegt der Prota nicht mit.
Weiter oben in den textwüsten (jetzt reichts mit dem Klammern oder ich fress Dich) Kommentaren habe ich mich schon etwas über das Ende geäußert, hat für mich beim Schreiben dazu gehört, war aber auch nicht ganz zufrieden mit der Umsetzung. Aber in der Trostlosigkeit gewollt, dass dieser Aufbruch in die BTL-Party-Highsociety der einzige ist, der nicht im Tod endet. Also erstmal, wenn die Geschichte weiterginge, würde der Autor schon auch noch seinen Moralischen kriegen und dem Aufnahmeleiter was Grausames zustoßen lassen. Wobei im Melodram die Tugend ja auch siegt, wenn der/ die Gute am Ende am Bösen zerbricht, wenn ich Wikipedia glauben soll.
Dass Du den Text für einen möglichen von crim gehalten hast, ehrt mich. Lese ich die crim'schen Texte doch selber sehr gerne.
Danke nochmals.



Fazit:
Freude. Nachdenken. Setzen lassen.
Jetzt wieder Zeit für's Projekt? Ich kriege schon zu hören, warum ich so viele Kommentare kommentiere, wo ich doch gerne jammere, dass ich keine Zeit zum Schreiben hätte ...
Bei allen Beteiligten bedanke ich mir hier auch nochmal für den Wettbewerb, der ganz sicher eine Bereicherung war.
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tronde
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Beitrag18.11.2014 23:35

von tronde
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Rechtschreibfehler korrigiert, Zahlenkolonnen-Verständlichkeits-Verbesserung, noch einen klitzekleinen Twist am Ende, der mir leider erst nach der Abgabefrist eingefallen ist. Jetzt dann 41 Zeichen zuviel ...


Aus·Wege

Ich schmecke die Pulverrückstände am Revolverlauf und gehe ein letztes Mal durch meine Bilanz. Unter dem Strich: Exitus.
Chopin op. 35, 3. Satz läuft als Dauerschleife, die Hände schwitzen. Der Lauf schlägt gegen die Zähne, bis ich draufbeiße. Entscheidende Gegebenheiten der letzten Zeit, die rückblickend betrachtet beinahe zwangsläufig, aber doch mit einer geringen Unsicherheit behaftet, zur jetzigen Lage geführt haben.

Der Bug (15.06.2034. 31°19’39.0"N 15°53’46.3"E. 35°39’31.9"N 14°27’25.6"E. 350) pflügte durch den vollgepferchten Seelenverkäufer. Der Uffz sang: »Oh wärt ihr doch in Libyen geblieben«. Der Käpt’n ließ unverändert volle Fahrt machen. Das hätte ich mir in Bremerhaven nie albträumen lassen. (»Mehr Bilder, Mann, mehr Bilder!«) Im Kielwasser (Ich) phosphoreszierten (will) Noctiluca scintillans und (so) Pyrocystis noctiluca unbeeindruckt vor sich hin, durchbrochen von schwarzen Schatten, die (nicht mehr leben.) mit den Armen wedelten.

Meyer schwadronierte immer von der afrikanischen Pestbeule, die bald aufplatzen würde, und dann würde die Festung Europa unter dem Ansturm der Termiten zerbröseln. Unter Gelächter (30.07.2034. 35°11’01.1"N 11°05’51.1"E. 35°29’25.8"N 12°29’37.4"E. 200) rief er über die Reling: »Lernt erstmal richtig Schiffe bauen!« Der Pott war schon kurz vorm Absaufen; Wasser bis zur Brust, Wellen über den Kopf. Und die Kinderaugen und - münder (Arschlöcher!) so weit aufgerissen. (»Kriegt der jetzt seinen Moralischen oder was!?«)
(Nur noch diesen MindSim aufzeichnen. Dann bin ich raus.)

Steile Vorlage vom Typ am Heck, eine Knarre (07.09.2034. 36°54’49.0"N 8°23’06.8"E. 38°35’41.3"N 8°36’11.4"E. 300) zu ziehen. Bei den Kähnen reicht es ja, wenn du draufspuckst. Was da eine Handgranate ausrichtet ... Gluckgluckgluck, weg war er. Klar gab es eine Weile Geschrei. Jedem Kopf auf dem Wasser eine Kugel. Ich stand am Bug und versuchte krampfhaft, in die andere Richtung zu blicken. (»Was’n für ’n Scheiß, wegschauen. Draufballern soll er! Der soll sich ans Script halten, verdammt.«) Ruhe über der glatten See.
(Ich will nicht mehr mitmachen dabei, die Fantasien von Idioten zu imagenisieren. Die sollten sich mit ihrem Leben auseinandersetzen, anstatt nur dem Script anderer zu folgen. Ich habe das lange genug getan, jetzt ist Schluss. (»Jetzt produziert er auch noch Aussetzer. Ich fass es nicht, der ist doch Profi!«) Das Script sagt, er soll seine Frau verachten, aber was, wenn er sie bis zum Ende geliebt hätte?)

Ich verließ die Agentur nach dieser Fahrt und verbrachte abwärtsspiralige Monate mit Susanne, deren Krankheit sich weiter verschlimmerte. Insofern war es gut, dass ich zu Hause war. Zunehmend war Pflege angesagt, dazwischen hatte ich zu viel Zeit zum Nachdenken. Ah, da hat noch mein altes Ich gesprochen, denn nachdem in die Kruste um mein Hirn die ersten Risse gesprengt waren, fehlte die Zeit, all das Denken (Immer Zweifel.) nachzuholen, das ich mir in Schule und Militär habe austreiben lassen. Ich bin nicht dumm, es kostete mich einfach weniger Kraft, der Clique, den Sprüchen der Angeber (Immer alleine.) zu folgen. Nolens volens führte mich der Weg zum Militär; da, wo Mitlaufen (Immer zerrissen.) nicht nur gesellschaftlich gewünscht, sondern vorausgesetzt wird. Aber in beiden Fällen fliegen die Quertreiber raus. (Flucht in die Welt der MindSims.) Durch meine Kündigung kam ich dem Rauswurf zuvor, ich wollte nicht mehr danebenstehen und wegschauen.
Tat ich dann doch. Hilflos dem Verfall Susannes gegenüber machte ich lange Spaziergänge, da mir der Anblick Susannes eiserne Bänder um die Brust legte, und suhlte mich in meiner Scham. (Aber das heilt die Zerrissenheit nicht.) Die Krankheit beherrschte unser Zusammenleben.
(»Mann, Scheiße, unsere Kunden wollen Entertainment und nichts Ernsthaftes. Der Junkie wird zum Spießer, ich fass es nicht. Kranke Frau, so’n Quatsch, ein Verhältnis hat sie, mit ’nem Nigger. Ok, wir lassen das MindGrabbing laufen, irgendein verfickter ›Bildungsbürger‹ wird das schon als Doku usen, für’n Sonderpreis vielleicht.«)

Vor ein paar Tagen schrieb Meyer mir eine E-Mail, sie würden sich in einer Kneipe treffen, ich könne gerne dazustoßen. Treffen mit denen vom Schiff? Was würde mir das bringen? Reminiszenzen an die alte Kameradschaft? Susanne wirkte froh - selbst vorhin noch, bevor ich ging -, ich solle mir doch einen schönen Abend machen. Ich hatte so ein Bauchgefühl ... (Nur noch diesen MindGrab und dann zum Entzug.)
Aus jetziger Sicht betrachtet hätte ich natürlich bleiben müssen. Oder länger weg sein, dann wäre es vielleicht von alleine vorbei gewesen. Aber nein: Ich verteidige mich nicht. Ich hatte keine klare Vorstellung davon, was ich wirklich wollte. Vielleicht war es ein Impuls unbewusster Loyalität oder die Konsequenz eines dieser ironischen Zwänge, die in den Gegebenheiten der menschlichen Existenz lauern. Ich weiß es nicht. Ich kann es nicht sagen. Aber ich ging hin. Vielleicht hätte sich ja ein Ex-Kollege geändert, würde Selbstkritik äußern, oder ich würde mir den nötigen Schwung holen, um irgendetwas zu unternehmen, zur Presse zu gehen, was weiß ich.

Das Gespräch war wie ein torkelnder Kreisel, der sich an meinem Gewissen stieß, also brach ich bald auf, ohne bei den anderen auch nur einen Hauch von Einsicht verspürt zu haben. Das Ziehen in den Eingeweiden trieb mich zu Susanne.

Warum bin ich nur hin? Es ist mir unklarer als zuvor. Und doch: Wäre es danach anders gelaufen, wäre der Abend vielleicht einer der Punkte im Leben geworden, an denen man seinen Entschluss, sich zu ändern, in die Tat umsetzt.

Als ich die Tür aufschloss, brannten überall in der Wohnung Kerzen. Aus dem Schlafzimmer drang Stöhnen. Susanne lag auf dem Bett und (Selbst entscheiden, nicht sein Leben gelebt bekommen.) streckte mir ihre linke Hand entgegen. Sie hing herunter und war blutverschmiert. »Nicht mal das kriege ich noch hin«, stieß sie zwischen Schluchzern hervor. Ich sah die nassen Fußspuren aus dem Bad und folgte ihnen zum Bett. Mein Kopf klärte sich, ich nahm Susanne in die Arme. »Ich will so nicht mehr leben«, flüsterte sie. »Die Schmerzen, die Hilflosigkeit, dein Mitleid. Ich will nicht warten, bis ich nur noch vegetiere. Hilf mir.«
Wärme in der Brust, Tränen in den Augen. Ich hielt sie in den Armen, die Frau meines Lebens. Ein kleines Stück wich ich von ihr zurück, nur soviel, dass ich ihr in die Augen schauen konnte. Darin erblickte ich Hoffnungslosigkeit (Better-than-Life) und Hoffnung (Reallife). Ich strich ihr über den Scheitel, fühlte die Widerspenstigkeit ihrer Haare und ließ meine Hand auf ihrer Wange ruhen.
In meinem Kopf breitete sich Stille aus, in der nur vereinzelte Gedanken und Bilder aufblitzten. Worin zeigt sich Liebe? Das erste vorsichtig forschende Ineinanderflechten unserer Hände. Die lange, lange Umarmung nach der Fehlgeburt. Unsere SMS, in die wir jeweils nur einen Punkt setzten, der uns alles sagte, was zu sagen war, und mich zum Lächeln brachte.
Was ist ein echter Liebesbeweis? Unzählige kleine und große, ernst gemeinte und vorgespielte fielen mir ein, aber jetzt? Unter dem Stapel Unterwäsche im Schrank die illegal besorgte Waffe.
»Bitte«, sagte Susanne. (Endlich wieder Herr im eigenen Kopf sein.) Ich hielt sie noch eine Ewigkeit. Sie drückte sich an mich. Schließlich küsste ich sie auf die Stirn und ging zum Schrank. Susanne legte sich nach hinten auf das Bett und schloss die Augen. Ich nahm die Waffe - das gleiche Modell wie unsere Diensthandwaffe, so vertraut - heraus, sie war geladen. Mit leisem Klicken änderte der Sicherungshebel seine Position. Ich setzte mich neben Susanne aufs Bett und griff mit meiner linken nach ihrer rechten Hand.
Geht es nicht darum: Selbstbestimmung bis zum Schluss?
(Geht es nicht darum: Selbstbestimmung, um zu leben?)
Ich zielte auf die Brust, aber auf dieses Herz konnte ich nicht schießen.
Wir haben uns schon immer ohne viele Worte verstanden; Susanne drehte den Kopf weg von mir und drückte meine Hand. »Bis dass der Tod uns scheide«, sagte sie. Ich setzte die Waffe an ihre Schläfe und drückte ab. (»Endlich mal Blut, Mann!«) Der Schuss interessiert in unserer Gegend keinen, und wenn schon. Hier in dieser Welt war uns kein Glück beschieden, aber dort, wohin ich ihr jetzt folge, werden wir vereint sein für immer.
Ich drehte ihren Kopf zurück, Blut und anderes ignorierend, und küsste ihre Lippen, Botschafter von Liebe und Zärtlichkeit für neun Jahre, fünf Monate und vier Tage. Dann steckte ich mir den Revolverlauf in den Mund und ... (Die Dienstwaffe war doch sicher eine Pistole?! Diese schlampigen Scripts kotzen mich an!)

(»Stop, Stop, Stop! Schaltet den Mindgrabber aus. Man könnte meinen, sein Mindport hat 'nen Kurzen, dieser MindGrab läuft echt Scheiße, Mann!«)

»Also, du bist schon so lange dabei, du kennst das Spiel: Es geht nur um Action. Wir kriegen das Script, du spielst es in deinem Kopf - Mann, du bist ein super Imagenie -, wir pimpen den MindSim und das Better-Than-Life geht weg wie warme Semmeln. Diesen Frauenquatsch kriegen wir nicht verkauft. Und den Esoquatsch von wegen Reise ins Afterlife: das Theater kannste dir sparen.
Also reiß dich zusammen und halt dich an das Script und konzentrier dich. Kein Gelaber, mehr Action, mehr Blut. Mann, unsere Kunden wollen Hardcore, die wollen eiskalte Typen, nicht so nen gefühlsduseligen alten Sack. Zieh Bilanz, dann mach die Alte und ihren Nigger-Loverboy kalt, wie’s im Script steht. Schuss und Schluss. Ok?
Ach, und kein Meta-Wischwasch mehr, schaffen die Filter nicht.
Mann, einfach nur das Script runter imagenisieren.«

(Dieses eine Grabbing noch, dann nehm ich das Geld und fang neu an.)

Ich schmecke die Pulverrückstände am Pistolenlauf und gehe ein letztes Mal ...

(»Wenn er jetzt zum Ende kommt, erschieß ihn, Leser. Damit kommen wir in die erste Liga, werden die Kings of Town. Unsere Kunden wollen Hardcore, Mann, Hardcore.«)
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nebenfluss
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Beitrag19.11.2014 17:57

von nebenfluss
Antworten mit Zitat

Hallo tronde,

mach dir wegen deiner Kommentare keine Vorwürfe - du bist halt noch frisch hier. Ich schätze mal, der Hintergedanke einer solch schematischen Herangehensweise ist hier jedem klar - die Idee, belastbare, objektive Daten zu erfassen (statt sich aufs Gefühl zu verlassen). Ich selbst führe in der Bewertungsphase auch (heimlich) eine Tabelle für dies und jenes  - nur ist eben das, was individuell zu einem Text zu sagen ist, doch meist ungleich spannender und aussagekräftiger (von Gimmicks wie in deinem Fall mal abgesehen). Außerdem ist natürlich die Gefahr eines Tunnelblicks gegeben - ein literarischer Wettbewerb ist eben kein Pferderennen; es gilt, trotz Einzelpunkttabelle, offen für die weichen Faktoren zu bleiben und sie angemessen zu berückschtigen. Genau das, was nicht ins Raster passt, kann das Besondere sein, nachdem wir beim (E-)Lesen suchen.

Ich glaube, dies ist der fünfte Wettbewerb, in dem ich bepunktet bzw. gefedert habe. Man wird sicherer mit der Zeit, lässt die Labormessungen, den millimetergenauen Aufbau der Instrumente, die zeitraubenden Feinkalibrierungen weg, und liest lieber den Text einmal mehr. Keine Ahnung, wie kompetent mein Urteil letzten Endes ist, aber ich weiß, dass ich mich im dsfo mit meiner Meinung nicht zu verstecken brauche. Und nachdem du hier so toll abgeschnitten hast, wird dir das auch bald so gehen.

LG

EDIT: Die langen Worte im Finnischen - sind die nicht den vielen Fällen geschuldet?

EDIT2: Der neue Twist am Ende ist die Erschießung durch den Leser? Finde ich spontan ganz cool. Muss ich mal wirken lassen.


_________________
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Emmy
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen

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Beiträge: 30
Wohnort: Ruhrgebiet


Beitrag22.11.2014 23:11

von Emmy
Antworten mit Zitat

-----
Disclaimer:
Ich schreibe meine Kommentare zu den Wettbewerbsgeschichten als völliger Frischling im Forum. Dabei gebe ich nur meine persönliche Resonanz auf die jeweilige Geschichte wieder, und zwar auf der Grundlage meiner subjektiven Deutung. Diese Deutung kann natürlich von der Absicht des jeweiligen Autors bzw. der jeweiligen Autorin abweichen. Ich berücksichtige in meinen Gedanken nicht, ob und inwieweit die Kriterien des Wettbewerbs erfüllt wurden, der ja bereits abgeschlossen und entschieden ist. Wenn ihr an der Form meines Feedbacks etwas auszusetzen habt, so lasst es mich bitte wissen.
-----

Hallo tronde!

Deine Überarbeitung habe ich noch nicht gelsen. Das Folgende ist mein erster Eindruck vom Original.

Die Geschichte habe ich zügig gelesen, will sagen, sie hat meine Aufmerksamkeit gut halten können. Ich steige beim Lesen ein mit der inneren Frage "Was soll das?" und mit dem Gedanken "Oh nein! Bitte kein Blut-und-Waffen-Action-Trip mit GPS-Daten!" Wink

Nun ja, schon wenige Sätze später ist diese innere Stimme weg, ich merke, es geht um Virtualität, in den Köpfen, in den Handlungen. Ich beginne, nach den Grenzverläufen zu suchen: wo endet die Realität und beginnt die Virtualität? Oder umgekehrt. Ich suche nach einer Szene, die mir einen Anker in der Realität liefert, so dass ich innerlich in der ganzen Lese-Verwirrung zur Ruhe kommen kann. Ich hoffe, sie in der Szene mit der sterbenskranken Frau gefunden zu haben. Fehlanzeige. Auch das entpuppt sich als virtuell. Als imaginiert bzw. in der Wortwahl der Geschichte: als imagenisiert.

Ich beginne, über Imagenies nachzudenken. Wer oder was ist das? Soll ich Google bemühen, um mich über mindgrabbing oder mindsims schlau zu machen? Dazu habe ich keine Lust. Aber ich habe eine intuitive Ahnung, dass es um die Nutzung von mentalen Fähigkeiten, von Imaginationsfähigkeiten als Produktionsmittel für Entertainment geht.

Ich lese weiter, von einem Aufschrecken ("Schon wieder rein imageniativ!") zum nächsten. Am Ende das ernüchternde, leicht schaudernde Gefühl: "Ja, das trifft es. Ich weiß nicht, wie. Es mag mir die Eingeweide umdrehen, doch darauf könnte es irgendwann hinauslaufen. Darauf ist es vielleicht schon hinausgelaufen." Dies Gefühl ist da, auch ohne die Einzelheiten der inszenierten und inszenierenden Welt verstanden zu haben.

Ich lese ein paar deiner späteren, erläuternden Bemerkungen und dann noch einmal die ganze Geschichte. Die anfängliche Aversion hat sich gewandelt in mein subjektives Urteil: "Klasse! Richtig gut." Mit einer Einschränkung: diese Geschichte braucht meiner Meinung nach einen größeren Rahmen, in den sie eingebettet ist, sonst dürfte sie viele Leser überfordern. Ob das in einer Kurzgeschichte möglich ist, oder ob das dann doch eine längere Erzählung verlangt, das weiß ich nicht.

LG, Emmy
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holg
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Moderator

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Wohnort: knapp rechts von links
Bronzenes Licht Der bronzene Roboter


Beitrag24.11.2014 11:20

von holg
Antworten mit Zitat

tronde hat Folgendes geschrieben:
@holg
Zwei Wendepunkte in drei Zeilen, nicht schlecht. Beide helfen aber vielleicht, meine Schreibe zu verbessern.
Was fehlt Dir noch für das Überschreiten der Linie, damit aus U-SciFi E-SciFi wird? Es sei mal dahin gestellt, ob der Text tatsächlich Sci-Fi ist, nur weil er 20 Jahre in der Zukunft spielt. Aber vielleicht lesen wir uns dazu ja in einer anderen Diskussion.
Helfen würden mir auch Beispiele, an denen Du das "Gewollt, aber nicht gekonnt" festmachst.
Edit: Nach dem Schreiben des Kommentars an Akiragirl: Meinst Du dieses krampfhaft formal Anders-Sein-Wollen?


Die Linie - Das kann ich so genau und auf alle Gelegenheiten nicht sagen. Das ist eher so, dass ich nach dem Lesen dastehe und selbst schauen muss, auf welcher Seite ich bin. In dieser Story standen mir die Effekte zu sehr im Vordergrund. Die Formalismen die Show, der vom Anfang wieder aufgenommene Knalleffekt am Ende (der in der neuen Version eher noch aufgesetzter ist). Das scheint nicht mehr zu sein, als was da steht.
Das Wollen sind tatsächlich vor allem diese formalen Dinge. Die Zahlenkolonnen (hast du verbessert, sodass sie verständlich sind) Ich habe tagtäglich mit GPS-Koordinaten zu tun und z.B ohne Nord/Süd-Angabe sind sie völlig wertlos, nichts als schlecht gemachte Zahlenstaffage. Die (wie du aufgeklärt hast) Opferzahl. Nicht zu entschlüsseln, einfach irgend eine Zahl. Am Ende hatte ich auf Markierungen in den Aufzeichnungen getippt. Aufnahme 4 Band 2, 5 Minuten 27Sekunden und 3 Zehntel oder so. Aber auch das, aufgesetzt.
Dann die Formatierung der Einschubebenen. Ja, Klammern, kursiv und nicht, Anführungszeichen und nicht. Das ist mir zu großer Wirrwarr (habe aber auch keine tolle Idee, wie das cleverer ginge). Wie auch die Susanne-Geschichte. bisschen besser getrennt, bisschen besser herausgestellt, was was ist (Real, Snuff, Kitsch, Kunst) und gerade laut Skript gefordert (oder vom Prota gewollt) ist. So kleine strukturelle Sachen halt.
Aber jetzt liegt der Fokus wieder zu sehr auf dem, was nicht gefällt. Das stimmt so aber nicht. Da ist mehr, das gefällt. Will ich nur mal festhalten.


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tronde
Klammeraffe
T


Beiträge: 522

Das goldene Aufbruchstück Das silberne Niemandsland


T
Beitrag24.11.2014 21:54

von tronde
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@nebenfluss
Danke für die aufmunternden Worte; die Liste werde ich in ZUkunft auch eher heimlich führen und eine Fazit-Kommentar schreiben, bringt den Autoren mehr, auch wenn ich dann weniger "Schlechtes-Gewissen-Beruhigung" habe, wenn die Kommentare falsch verstanden werden können, aber da gibt die Liste auch nur eine Pseudo-Sicherheit vor.

@Emmy
Schön, dass Dir den Text gefällt, zumindest jetzt Smile
Die Frage mit der Virtualität hatte ich beim Schreiben nicht explizit im Kopf, ich wollte nur eine andere Art von Ich-Erzählung schreiben. Spannend, was andere noch in einer Geschichte lesen ...
Durchaus nachvollziehbar, dass die Sci-Fi-Einbettung schwierig ist, ein Testleser hat es, wie auch andere hier, dazu gebracht, sich nicht auf die Geschichte einlassen zu können. Einen größeren Rahmen wird es für die Geschichte wohl in absehbarer Zeit nicht geben, dazu ist die Schreibzeit zu limitiert und andere Projekte haben mehr Priorität.

@holg
Danke für die Erläuterung, das macht es klarer. Das Formale als Versuch, die geforderten neuen Wege zu beschreiben, ist tatsächlich gewollt und für mich nachvollziehbar aufgesetzt wirkend. Wird wohl in dieser Form ein einmaliges Projekt bleiben.
Freut mich, dass das Positive überwiegt.

Grüße an Euch drei
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