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Roman-Kapitel


 
 
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lupus
Geschlecht:männlichBücherwurm

Alter: 56
Beiträge: 3914
Wohnort: wien



Beitrag24.09.2014 16:00
Roman-Kapitel
von lupus
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hallo Leute, nach langer, langer Zeit stell ich wieder was rein.

Ich muss da einiges vorwegschicken:
es handelt sich um ein Kapitel aus einem 'Krimi'; um ein spezielles Kapitel - immer wieder erscheint eine Art zweite Erzählstimme aus dem 'off'. Die Infos in diesen Kapiteln werden nur dem Leser bekannt gemacht, die Roman-Figuren haben keine Ahnung davon. Der Leser aber sollte (das ist hier natürlich nicht überprüfbar) die einzelnen Figuren (DER ERSTE, DER ZWEITE, etc. ) erkennen - sie sind im Roman schon eingeführt. Diese Kapiteln mit der zweiten Erzählstimme sind immer Rückblenden, es ist nicht die erste, also weiß der Leser Bescheid; der Roman selbst spielt 2013.

Der Krimi selbst hat sich in den letzten Monaten in eine Richtung entwickelt, die mir an sich lieb ist: eher genreunabhängiger Roman mit Krimi-Aspekten. Dennoch ist es ein österreichischer Roman (spielt in der Steiermark), weshalb auch einige Austriazismen enthalten sind (ich werd sie erklären mit Fußnoten, allerdings nur hier, nicht im Manuskript)

Ziel: auch wenn's ein Roman-Kapitel ist, soll es auch(!) als KuGe lesbar sein (warum spielt glaub ich jetzt keine Rolle - wer's wissen will: am Ende wird sich herausstellen,, dass ein Mordopfer die KuGes geschrieben hat)
Die Sprache im Grundtext ist um einiges weniger ... äh ... blumig/ ist das falsche Wort, mir fällt kein g'scheiteres ein?

Und: weil Gesamtkapitel ist es ein bisserl länger (ca 15 Normseiten).

Steht zwar im Feedback - wenn Euch aber was im Detail auffällt, sagt es mir bitte.

Vielen Dank
_____________________________


Für Außenstehende stellt sich die sonntägliche Szenerie als wenig außergewöhnlich dar. Selbst das Interesse der Einheimischen an den drei Männern, die sich in die hinterste Ecke der Wirtshausstube zurückgezogen haben, ist gering, vereinzeltes Tuscheln über die und verstohlene Blicke hin zu den Fremden bleiben die Ausnahme. Jedoch werden die vergilbten, offenbar selbst gehäkelten Panneau-Vorhänge, zur Seite geschoben, hoch gehoben und die Sicht wird frei auf dieses smaragdgrüne Ungetüm. Ungetüm? Kunstwerk. Mindestens hundertfünfzig PS müsse es haben. Mindestens. Und drei Liter Hubraum und die Stoßstangen: Chrom, überall Chrom, das die Sonne nach Laafeld holt. Hundertsiebzig, erzählt ein blauer Overall seinem Bier. Was Hundertsiebzig? PS, hundertsiebzig PS, zwei Komma acht Liter Hubraum, zweihundertzwanzig Spitze – die Münder bleiben offen – kostet an die zweihundertdreißig Tausend Schilling. BMW 2800 CS - das Beste, was die Bayern im Moment auf die Straße brächten.

Drei Kilometer weiter, am Grenzübergang Sicheldorf, stehen sich die tito-jugoslawischen Grenzbeamten die Beine in den Bauch. Der blaue, eckige VW Golf wird ohne viel Aufwand kontrolliert. Man kennt einander, grüßt, wünscht gute Reise. Dienst an der Waffe – ein Privileg. Gastarbeiter in Österreich – ein Privileg. Noch. Für Jože Osic. Neben ihm seine Nichte Tatjana.

Im Gasthof Birkenhof in Laafeld. Drei Männer stecken die Köpfe zusammen.
DER ERSTE     spricht mit gedämpfter Stimme und als ob das nicht reichen würde hält er die Hand so, dass sie seinen Mund verdeckt: Ich hab dir doch gesagt, es ist alles geregelt. Zehntausend Schilling kriegt sie. Nicht viel für uns, aber für sie ist es ein Vermögen. Die müsst' monatelang arbeiten dafür.
DER ZWEITE     Ich hab kein gutes Gefühl dabei. Was, wenn jemand drauf kommt?
DER ERSTE     Ja und? Dann streiten wir alles ab.
DER ZWEITE     Und überhaupt, ich bin doch verheiratet.
DER DRITTE      Na und? Ich hab noch dazu zwei Kinder. Die werden es doch eh nie erfahren. Hör endlich einmal auf damit. Immer dieselbe Leier.
DER ZWEITE     Und das Gewissen? Ich mein, wie können wir das mit unserem Gewissen vereinbaren?
DER ERSTE und DER DRITTE     wie aus einem Mund, der Erste lachend, der Dritte mit ernster Miene: Unser Gewissen?
DER ERSTE     stemmt den Ellenbogen auf die Tischmitte, die Hand zur Faust gepallt; die Augen bilden bedrohliche Schlitze: Ich sag dir jetzt einmal was, du Heiliger. Jeder hat sein eigenes Gewissen und was du mit deinem machst, musst du schon mit dir selbst ausmachen. Wenn du unbedingt willst, dann geh doch beichten, aber lass uns endlich einmal in Kraut damit. Niemand wird zu irgendetwas gezwungen. Du nicht, die Kleine nicht. Aber wenn du mit machst, hör auf mit dem Pseudo-Moral-Zeug. Musst nur sagen, ob du einer von uns bist oder nicht. Er lehnt sich zurück, die Arme verschränkt er vor der Brust.
DER ZWEITE    zögert, trinkt; setzt langsam, sanft fast, sein Viertel Weiß ab; murmelt: Ungestraft lässt er niemand, sondern sucht die Missetat der Väter heim an Kindern und Kindeskindern bis ins dritte und vierte Glied! Versteht Ihr? Die Kinder und die Kindeskinder! Er schüttelt den Kopf, trinkt seinen Traminer aus.
Stille.
EIN VIERTER    betritt den Schankraum; er bleibt einen unmerklichen Moment lang stehen, lässt sein Erscheinen auf die Anwesenden wirken: keine fünfundzwanzig Jahre, dennoch steckt der Herr im Salonsteirer [1], am grünen Revers glänzt eine goldene Anstecknadel. Als er merkt, dass niemand von ihm Notiz nimmt: Einen wunderschönen Tag wünsch' ich, meine Herren, an diesem wunderschönen Orte.
EIN GAST    in blauem Overall; ohne den Eindringling eines Blickes zu würdigen: Spinner, lauter Spinner!
DER VIERTE     Wirtschaft, ein Viertel Traminer bitt'schön, aber in einem Römer, wenn's geht. Zu den drei Männern in der hintersten Ecke: Na, was schauts denn wie vierzehn Tag Regenwetter, an diesem wunderschönen Tage, an diesem wunderschönen Ort? In ein paar Minuten geht’s los. Er reibt sich die Hände.
DER ERSTE     zeigt auf den Zweiten: Er will nicht mitmachen.
DER VIERTE     Aber natürlich will er, natürlich macht er mit. Er legt dem Zweiten die Hand auf die Schulter, ohne ihn anzusehen. Er ist doch einer von uns. Gell?
DER ZWEITE     nickt.
DER VIERTE     Alsdann, was hab ich gesagt? Er wendet sich zur Theke Drei Traminer im Römer noch und vier doppelte Sliwowitz.[2] Wieder zu den anderen am Tisch Und dann geht’s los. lacht ha ha ha
Die Vier prosten einander zu, trinken wortlos, dann krachen vier Fäuste, in denen Schnapsgläser verborgen sind auf den Tisch.
ALLE VIER     Ahhhhhhh.
Sie erheben sich, schwanken leicht, richten die Stühle und verlassen den Gastraum. Im Hinausgehen legt der Vierte drei Hundertschilling Noten auf die Theke. Angelika Kauffmann [3] lächelt faltig.
DER VIERTE     Weiterhin einen wunderschönen Tag, wünsch ich, meine Herren.
Stille

Das Chrom des BMW nimmt die Sonne mit aus Laafeld; als er auf die Bundesstraße Richtung Norden abbiegt drehen die Reifen durch, er rast die wenigen Kilometer bis Pölten, wo er ein junges Mädchen verschluckt; im Wald zwischen Pirchweingarten und Gruisla sind die ersten Worte gefallen.  Ob sie deutsch spräche, will man wissen – ja, meine Großmutter hat es mir beigebracht. Es soll das Vergnügen nicht schmälern. Nach ihrem Namen hat man sie gefragt – Tatjana.
„Weißt du weshalb du hier bist?“
Nicken.
Im Wald zwischen Pirchweingarten und Gruisla spürt sie die erste Hand zwischen ihren Beinen, auf ihren Brüsten. Sie ist Zwanzig, sie kennt das. Sie erinnert sich: Der Nachbarjunge. Ivica, der Sohn des Bürgermeisters, Dean aus dem Studentenheim. Punkt.
Und dann ist ihr Onkel auf sie zugekommen, damals, während der Geburtstagsfeier ihrer Großmutter (Schön dass du da bist, Kinderl) zu der sie aus Ljubliana angereist war, obwohl sie wusste, dass sie sich Schwierigkeiten mit dem Professor an der Uni einhandeln würde, aber immerhin wurde sie siebzig, die Großmutter, und der Onkel hat seinen Arm um ihre Schulter gelegt und sie sanft in den Garten geschoben unter die Wildweinlaube, wo sich die Hitze und die Düfte des Tages zu konzentrieren schienen, selbst jetzt noch, da die Sonne schon längst untergegangen war und nur noch einzelne Glühbirnen, die in unregelmäßigen Abständen wie bunte Bonbons an einem weißes Kabel, das sich von Apfel- zu Birn- zu Kirsch- zu Feigenbaum hangelte, baumelten, um das kleine Grundstück mit festlicher Stimmung zu umrahmen. In der Laube selbst hatte man einen dreiarmiger Korbluster montiert, in dessen gläserne Zeppelinformschalen  Motive aus dem Leben Kaiser Franz Josephs geritzt waren – städtischer Kontrapunkt aus dem Leben der Großmutter, als diese noch Übersetzerin war. Insektenleichenlicht. Hier hatte sie gesessen, Deutsch gelernt: für später, Kinderl, wenn's wieder besser wird. Wirst es brauchen können. Und die Großmutter hat ihr das Haar gebürstet.

Immer noch, immer wieder spürt sie Hände, metallkalte, feuchte Hände zwischen ihren Beinen und in ihr und sie fühlt  - längst wird ihr Slip im BMW weitergereicht wie ein Trophäen-Joint – den Schnapsatem. Ihr ist, als breite er sich ätzend in ihr aus bis die Augen tränen.

Und der Onkel: Stolz sei er auf sie, hat er gesagt, dass sie in seine Fußstapfen steige und Architektur studiere und deshalb habe er auch immer wieder versucht sie zu unterstützen, ihr Geld gegeben, weil er nicht wolle, dass sie ihr Studium abbrechen müsse, wie er damals, aber …
Pause, lange Pause, langes nach Worten ringen
„… die Zeiten sind schlecht, Tatjana, auch in Österreich und ich weiß nicht, ich …“ Kreisky sei gut fürs Land (und er spricht von Österreich als wäre es seine Heimat) und wer wisse es schon, vielleicht ginge es wieder bergauf, aber jetzt, im Moment, also. Seine Arbeit habe er verloren, sagte er dann, im Stahlwerk in Kapfenberg. Architektur habe er fast fertig studiert, am Bau werde er jetzt arbeiten müssen, bei der Hälfte des Lohnes. Kein Selbstmitleid, kein Trauern um vergebene Chancen. Sorge um sie. Und um die Mutter, ihre Großmutter. Nichts sonst. Punkt. Und der Onkel: der Vorschlag. Vier Männer. Zehntausend. Nur eine Idee, sie solle überlegen. Er ist aufgestanden und gegangen, hat Wein getrunken und geschwiegen.

„Lassen Sie mich bitte aussteigen. Gleich hier. Ich will das doch nicht.“
Stille. Erstaunte Blicke. Verhaltenes Lachen. Lachen.
„Ruhe, hört auf mit dem Blödsinn!“
Sie kann es kaum glauben, als der BMW sein Tempo reduziert bis er schließlich am Straßenrand hält. Der Eine am Volant steigt aus, er öffnet ihr die Tür und sie …
„Rutsch rüber.“ Dann sitzt er neben ihr. Den einen Arm auf die Kopfstütze des Fahrersitzes gestützt, den anderen auf der Lehne der Rückbank wendet er sich ihr zu, präsentiert die Schweißflecken unter den Achseln, die bis zum Gürtel reichen. „Schau“, sagt er „Schau, Kleine. Ich weiß ja nicht wie ihr das da unten macht, man hört ja so einiges, aber wir hier, wir halten unser Wort und wenn wir etwas vereinbart haben, dann ziehen wir das auch durch. Wir nennen das Handschlagqualität, eine Frage der Ehre so zu sagen.“  Ihr ist es egal, wie dieses Belmondo-Lächeln was nennt, will nur raus hier, will ihm ins Gesicht spucken, ihn anprüllen.  Stattdessen: Nicken.
„Na, was hab ich gesagt? Natürlich will sie.“
„Kinder und Kindeskinder.“
„Halt die Gosch'n!“ [4]
Stille.
Tränen.

Nach langem Hinundher-Reden (dazu, ihr die Augen zu verbinden, dazu wollten die Vier sich – ein Frage der Ehre, so zu sagen - doch nicht hinreissen lassen), nach nicht enden wollendem Kreuzundquer-Fahren, Dunkelheit-Herbeifahren (so, darin waren die Vier sich einig, wäre sie ebenso wenig in der Lage den Ort, wieder zu finden, falls sie denn doch Schwierigkeiten machen sollte. Aber, davon hat er die anderen drei überzeugen können, aber: „Wir tun ja nichts, was nicht vereinbart wäre.“), nach ewigem Zeit-Totschlagen also, rollt der Wagen langsam aus, bleibt schließlich unter Bäumen stehen. Stockfinster ist es, man kann kaum die Hand vor den Augen sehen, kaum ausmachen wo man hin tritt. Kein Lichtfunkeln ist auszumachen – nicht am mondlosen Himmel, nicht in der Ferne, sodass sie annehmen muss, dass entweder alle schlafen, die hier wohnen oder eben niemand hier wohnt. Ein Hemd musste sie anziehen, ein verschwitztes Hemd; ihre Sachen haben sie in einen Plastiksack gestopft, den jetzt einer der Männer unwillig trägt. Der Wind kühlt sie und er schickt den Duft von Pilzen aus dem wohl nahen Wald, so, als wolle er ihr den stechenden Gestank lindern, Gestank, den sie nicht zuordnen kann und der Wind schreibt Sätze ins Laub, die sie nicht versteht.

Mit einem Mal blendet sie das Licht. Einer der Männer muss einen Schalter bedient haben und einzelne Glühbirnen baumeln in unregelmäßigen Abständen wie bunte Bonbons an einem weißen Kabel, das sich von Nagel zu Nagel zu Nagel eine Holzwand entlang hangelt. Ein Heuschober; mit einem Knarren wird das Tor aufgestoßen, wie abgesprochen bilden die Vier einen Spalier, jeder einzelne weist ihr mit einem Arm den Weg ins erleuchtete Innere. „Willkommen.“ Diese drei Silben, fröhlich ausgesprochen sonst, als Auftakt oder Aufforderung oder Vorbote eines unterhaltsamen Abends. Hier: Verfänglich-, zynisch-banale Doppeldeutigkeit. Auf den ersten Blick wird ihr klar, dass sie nicht die Erste ist, die hier landet: die Atmosphäre eines Liebesnestes der erwachsen gewordenen Landjugend umfängt sie wie Treibsand. Zu Quadern gepresstes Stroh - einige sind zu Bänken und Sitzen geformt - türmt sich die Wände des wie eine romanische Basilika errichteten dreischiffigen Raumes empor. Weiter oben eine Galerie, gestützt von entrindeten Baumstämmen. Anstelle der Sakristei eine Bar; dort, wo das Triumphkreuz hängen könnte baumelt eine Glühbirne unter einem Lampenschirm, der das Licht nach oben dämpft, nach unten aber einen Kegel wirft; das mit grünem Stoff bedeckte Stroh-Quader-Bett wirkt wie ein zu groß geratener Pokertisch in einem dieser Extrazimmer in einer dieser Spelunken in einem dieser Gangsterfilme, an deren Ende der strahlende Nicht-Gangster-Held in einem großen Clou den Jackpot einstreift und die mafiöse Übermacht ein für alle Mal ruiniert. Bloß: Es gibt keine Helden.
Und die Vier machen sich über sie her. Einzeln, zu zweit, zu dritt, zu viert. Grölen, Stöhnen, Männerlachen.
Und sie rettet sich in ohnmächtiges Träumen vom Morgen, von später und irgendwann, bis sie endlich sich zur Seite drehen und zusammenrollen kann, in der für immer unerfüllt bleibenden Hoffnung nach Mutterleibsgeborgenheit.
Nachdem die Vier ihr Tun mit Sekt besiegelt haben, als Ernüchterung die Euphorie besiegt hat - „Zieh dich an, wir fahren.“ - und einer ihr lässig ein Bündel frischer, grüner Geldscheine hinwirft und sich das Tor öffnet, die Lichter aus gehen, erkennt sie den stechenden Gestank: brackig-schwefeliges Moorwasser.
Keine Stunde später spuckt der smaragdgrüne BMW 2800 CS mit den Chrom-Stoßstangen ein junges Mädchen in Pölten wieder aus; noch keine Sonne, die es mitzunehmen gäbe.

Eine Buschenschank [5] auf einer leichten Anhöhe. Im Freien.  Ein Tisch, um den vier junge Männer sitzen, in der Mitte des Tisches eine Karaffe mit Weißwein, jeder der Männer hält ein Glas in der Hand. Im Uhrzeigersinn: der Erste trägt einen grünen Overall und Gummistiefel, der Zweite einen hellgrauen Anzug und Krawatte auf Halbmast, der Dritte trägt Jeans, Jeansjacke und Westernstiefel, der Vierte ist im Leobener [6] erschienen.
Im Tal liegt noch der frühe Nebel - Vorboten des Herbstes.


DER VIERTE     Und? Irgendwelche Vorschläge? Anregungen? Habts Euch was überlegt? Irgendetwas müssen wir machen, wir können nicht einfach nur herumsitzen und den Herrgott einen schönen Mann sein lassen.
DER ERSTE     Wir können gar nichts tun, was stellst du dir vor? Die soll einfach das Kind abtreiben und die Geschichte hat sich, von mir aus zahl ich ihr die Abtreibung. Was will sie denn noch?
DER VIERTE     Sie will gar nichts. Vielmehr: Sie weiß nicht was sie will, sie weiß was sie nicht will: Abtreiben. Nur:  was, wenn sie ihre Meinung ändert und plötzlich Forderungen stellt, wenn sie auf einmal mit einer Vaterschaftsklage antanzt und in ihrer Verzweiflung alles auffliegen lässt. Wenn sie nämlich so ein Klage einreicht sind wir erledigt. Oder wer kauft dir dann in der Gegend noch deinen Wein ab oder dir deine Stiere? Wer kommt noch in dein Hotel? Und ich kann mein Gemeinderatsmandat gleich wieder abgeben. Ich seh schon die Schlagzeilen in der Krone: 'Jüngster Gemeinderat der Steiermark in Sexskandal verwickelt. Viererbande schwängert jugoslawische Studentin und zahlt zehntausend Schilling. Leugnung der Vaterschaft.' Grandiose Leistung.
DER ZWEITE     Und wenn wir ihr Geld geben? Wir könnten doch auch für das Kind sorgen. Finanziell, mein ich.
DER VIERTE     Du willst uns also erpressbar machen. Wenn wir einmal damit anfangen, wird das kein Ende nehmen. Das kann ich dir garantieren.
DER ERSTE     Warum, zum Teufel, sollte ich für ein Kind zahlen, von dem ich nicht einmal weiß, ob es von mir ist. Er schlägt mit der Faust auf die Holzplatte des Tisches, zwei Gläser fallen um. Der Bastard kann genau so gut von einem dahergelaufenen Tschuschen sein.
DER ZWEITE     zum Ersten: Würdest du denn zahlen wollen, wenn das Kind sicher von dir ist?
Stille.
DER ZWEITE Wir können sie ja nicht umbringen.
Stille. Sie trinken. Räuspern. Hüsteln.
DER ERSTE     zum Vierten: Du hast uns doch eingetrichtert, dass wir nichts Verbotenes tun, weshalb machst du jetzt so ein Theater?
DER VIERTE     sichtlich genervt: Stellst du dich so blöd oder kapierst du's wirklich nicht? Wir haben nichts Verbotenes getan, aber wir haben nicht aufgepasst, einer von uns oder wir alle, das spielt keine Rolle. Es ist passiert und wir sind im Begriff etwas Verbotenes zu tun. Egal was wir machen – alles hat einen gewaltigen Haken. Wir kommen da nicht mehr ungeschoren heraus, egal wer der tatsächliche Vater ist. Wir sind der Vater, verdammt noch einmal.
DER DRITTE     kaum vernehmbar: Doch.
DIE ANDEREN     schauen wortlos: Was?
DER ZWEITE     Was doch?
DER DRITTE     jetzt ohne zu zögern; lehnt sich erstmals zu den anderen, stützt die Unterarme auf dem Tisch ab: Ich hab mit meiner Frau geredet.
DIE ANDEREN      gleichzeitig: Ja sag, spinnst du?
DER DRITTE     Also. Die Theresa kann ja keine Kinder kriegen, wir wollen aber welche. Und jetzt hab ich ihr erzählt, dass ich von einem Weinbauern in Slowenien erfahren hab, dass er eine kennt, die ein Kind bekommt, aber die will das Kind nicht haben und nicht abtreiben – Jo mei, hat sie gesagt, die Resi, ein braves Mädl – und dann hab ich ihr vorgeschlagen, wir könnten doch so tun, als wär es von uns, weil man ja ohnehin kaum eine Chance hat Neugeborene zu adoptieren. Naja, irgendwie hat sie – ich weiß nicht warum – aber nach langem Hin und Her hat sie dann 'ja' gesagt. Er legt eine Pause ein, wartet auf Reaktionen; er erntet nichts weiter als ungläubiges Kopfschütteln, langes Atemanhalten.
DER ZWEITE     Wie jetzt? Was heißt das jetzt konkret?
DER VIERTE     Das heißt konkret, dass wir quasi aus dem Schneider sind.
DER ERSTE     Gar nichts heißt das. Die Kleine kann nämlich immer noch ihre Meinung ändern.
DER VIERTE     Kann Sie nicht, sie macht sich zwar nicht strafbar, weil keine Gefährdung für das Kind vorliegt, aber, wenn einmal die Vaterschaft anerkannt ist, hat sie keine Chance mehr das rückgängig zu machen.
DER DRITTE     Die Ärzte werden möglicherweise feststellen, dass das mit der Vaterschaft nicht stimmen kann und werden meinen, dass die Theresa mir ein Kuckuckskind ins Nest gelegt hat, werden es mir aber wahrscheinlich gar nicht mitteilen und wenn doch, werd ich sagen, dass es mir egal ist und Ihr werdet es niemals sagen können, sondern brave und sorgende Onkel sein. Er grinst. Und Ich werde auch nie etwas verraten, weil wir dann nämlich die Vergewaltigung zugeb …
DER ERSTE     Die was? Ja bist du denn völlig übergeschnappt? Wir haben nichts Verbotenes gemacht. Er zeigt auf den Vierten. Er hat es immer wieder gesagt. Wir machen nichts Verbotenes, hat er gesagt, wir machen nichts Verbotenes. Er steht auf, beugt sich zum Vierten brüllt ihn an. Du hast es doch gesagt, oder? Er lässt sich  auf die Holzbank fallen, sinkt in sich zusammen; flüstert Nichts Verbotenes, hast du gesagt.
DER VIERTE     wendet den Blick ins Nebeltal: Ja, hab ich.
DER ZWEITE     zum Dritten: Kinder und Kindeskinder? Bis ins dritte und vierte Glied?
DER DRITTE     nickt; nur zu sich selbst: Vielleicht kann ich es verhindern.


Nach fünf Monaten, die sie durchgehend in Ljubljana verbracht hat, ist Tatjana im April ins Dorf zurückgekehrt; im Mai hat sie ihren einundzwanzigsten Geburtstag  gefeiert: Torte, Geschenke, Musik; sie hat getanzt und gegrölt - die Welt hat ihr vorgegaukelt, sie bestünde aus einer ganzen Menge Liebe und einem süßen Gott.
Sie alle mussten es gewusst haben - die Männer, die Frauen in Ŝprinc mussten es gewusst haben, die darüber nur den Kopf zu schütteln wussten, Wochen danach noch, als längst alles im Dunkel lag, als hätte die Welt Migräne; die Welt, sie war und blieb lichterlos, und das Dorf wie für alle Zeiten entseelt und die Häuser wuchsen in den Himmel, und Tatjana versank in ihrem Geducktsein. Sie wollte erzählen, schreien wollte sie, immer und immer wieder; geschwiegen hat sie, bis schließlich nur mehr das Schweigenmüssen geblieben ist, weil das Kopfschütteln ihrem Feiergrölen zu gelten schien, nicht aber denen, die sie in den Schrei erst, dann ins ewige Stillsein gestoßen hatten.

Für Außenstehende stellt sich die sonntägliche Szenerie als wenig außergewöhnlich dar, als sich Schellendorf im April 1972 in der katholischen Kirche versammelt, um der Taufe des kleinen Georg*) beizuwohnen
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*) georg ist der Protagonist des Romans

[1] Salonsteirer: aufwendig geschneiderter steirischer Trachtenanzug
[2] Sliwowoitz: kroatischer Pflaumenschnaps
[3] Angelika Kauffmann: war in den 1970ern auf der einhundert Schilling Note abgebildet
[4] 'Halt die Gosch'n': ziemlich derbe Variante von 'Halt den Mund'
[5] Buschenschank: Heurigenlokal außerhalb Wiens
[6] Leobener: steirischer Alltags-Trachtenanzug



_________________
lg Wolfgang

gott ist nicht tot noch nicht aber auf seinem rückzug vom schlachtfeld des krieges den er begonnen hat spielt er verbrannte erde mit meinem leben

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"Ich bin leicht zu verführen. Da muss nur ein fremder Mann herkommen, mir eine Eiskugel kaufen und schon liebe ich ihn, da bin ich recht naiv. " (c) by Hubi
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seitenlinie
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Beitrag28.09.2014 11:11

von seitenlinie
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Hallo lupus,

deine Beiträge haben oft etwas Experimentelles, was für Kurzprosa durchaus interessant ist.
Als Roman würde es meinen Geschmack nicht treffen, deshalb möchte ich nicht zu tief einsteigen.

Zuerst mal etwas zum Prinzip, weil ich das noch nicht verstanden habe.

Ist das jetzt der Roman mit normaler Erzählstimme (?) und Einschüben (Stimme aus dem Off)
oder soll der gesamte Text ein RB-Kapitel zeigen, das von einer Off-Stimme erzählt wird?

Gruß,
Carsten
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gold
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Beitrag28.09.2014 13:45

von gold
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hallo Lupus,

mir geht es ähnlich wie Seitenlinie, als Kuge okay, aber nicht als Kapitel eines Romans. Es ist mir zu dicht, in die Kürze ist für mich zu viel hineingepackt.

Liebe Grüße
gold

Edit: die Sprache gefällt mir. Ich hab´ sie in der Vorstellung mit österreichischem Akzent gelesen. Laughing


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Beitrag28.09.2014 14:39

von Rheinsberg
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Und ich würde den Roman liebend gerne lesen.

Bei der Szene im Auto kam ich allerdings etwas ins Schleudern - einerseits fragte ich mich, wie das gegangen sein soll, wenn sie auf dem Beifahrersitz sitzt, dass sie schon jemand angrapscht - der Fahrer? - und dann waren mir ihre Rückblendenblitze zur Geburtstagsfeier ihrer Großmutter ein klein wenig zu verwirrt.
Aber das ist vielleicht auch Geschmackssache.


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Beitrag29.09.2014 10:18

von KeTam
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Hallo lupus,

an Details ist mir beim Lesen das hier aufgefallen:

kaum ausmachen wo man hin tritt. Kein Lichtfunkeln ist auszumachen

Und das Bild mit dem Treibsand, als sie in der Scheune sind passt für mich nicht.

Und es stellt sich für mich eine Frage: Die "Liebeshöhle" wird so beschrieben, als wäre sie auch sonst in Gebrauch. Ich frage mich, warum der Zweite jetzt auf ein mal ein Problem damit hat. Es wird immer wieder betont, dass da nichts Verbotenes passiert. Und so ist es wahrscheinlich auch, falls da die Gesetzeslage in Österreich zu der Zeit nicht so war, dass Prostitution an sich verboten war. Wovon ich jetzt nicht ausgehe. Also, wenn diese Männer dort schon öfters Frauen "zu Besuch" hatten, warum dann dieses lange Reden, dieses Zweifeln des Zweiten? Ich verstehs nicht.

Ansonsten habe ich das gerne gelesen, fühle mich da örtlich und mit den wenigen Dialektwörtern auch sehr zu Hause, kann mir alles gut vorstellen.

Lg, KeTam.
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Lana
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L
Beitrag29.09.2014 10:45

von Lana
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Zitat:
als er auf die Bundesstraße Richtung Norden abbiegt KOMMAdrehen die Reifen durch


Zitat:
Dean
= Dejan?

Im Glossar:

Zitat:
Sliwowoitz
= Sliwowitz.

Das ist allerdings kein kroatischer, sondern mindestens ein ex-jugoslawischer Pflaumenschnaps und bspw. auch in Slowenien "zu Hause". Er scheint in weiteren slawischsprachigen Ländern unter gleichem Namen "heimisch" zu sein.
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lupus
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Beiträge: 3914
Wohnort: wien



Beitrag04.10.2014 12:57

von lupus
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Danke Euch allen, fürs Lesen und Kommentieren

seitenlinie hat Folgendes geschrieben:
Hallo lupus,

deine Beiträge haben oft etwas Experimentelles, was für Kurzprosa durchaus interessant ist.
Als Roman würde es meinen Geschmack nicht treffen, deshalb möchte ich nicht zu tief einsteigen.

Zuerst mal etwas zum Prinzip, weil ich das noch nicht verstanden habe.

Ist das jetzt der Roman mit normaler Erzählstimme (?) und Einschüben (Stimme aus dem Off)
oder soll der gesamte Text ein RB-Kapitel zeigen, das von einer Off-Stimme erzählt wird?


nun, ich denke mir genau so sollte es sein. Als KuGe in einem Roman eingebaut soll dieser Text sein und so muss er denn auch KuGe-Charakter haben, müsste mE auch als solche be- und gewertet werden; zu deiner Frage nämlich: dieses Kapitel ist eine KuGe, ist die 'Stimme aus dem off'. Der Rest des Romans ist doch etwas 'lockerer' geschrieben. Im Rest des Romans (eben abgesehen von ein paar anderen, ähnlichen kapiteln dieser Art) tauchen auch keine 'Experimente' auf, wobei: als experimentell kann man das ja gar nicht mehr bezeichnen, wenn man an Romane denkt, in denen ganze Kapitel aus 'Power-Point-Slides' bestehen oder vielleicht hast du 'Verteidigung der Missionarsstellung' von Wolf Haas gelesen oder 'Indigo' von Clemens Setz. Im vergleich dazu sind die Dialoge in 'Theaterform' geradezu banal. Naja - die beiden könne's halt besser, weshalb ich ja gar keinen vergleich anzustellen wage, sondern bestenfalls ein bisserl Motivation herleite, ein bisserl etwas anderes zu probieren, allerdings - in Ermangelung echter Könnerschaft - weit weg von 'experimentell'.

gold hat Folgendes geschrieben:
hallo Lupus,

mir geht es ähnlich wie Seitenlinie, als Kuge okay, aber nicht als Kapitel eines Romans. Es ist mir zu dicht, in die Kürze ist für mich zu viel hineingepackt.

Edit: die Sprache gefällt mir. Ich hab´ sie in der Vorstellung mit österreichischem Akzent gelesen.


Hallo gold, zur KuGe-Roman-Idee gilt naturgemäß dasselbe, wie oben an Seitenlinie geschrieben, was die Dichte betrifft, weiß ich nicht genau, was du meinst; Fein ist, dass dir offensichtlich die Dialoge gefallen und sie 'österreichisch' zu lesen, ist klarer weise der Idealfall Wink

Rheinsberg hat Folgendes geschrieben:
Und ich würde den Roman liebend gerne lesen.

Bei der Szene im Auto kam ich allerdings etwas ins Schleudern - einerseits fragte ich mich, wie das gegangen sein soll, wenn sie auf dem Beifahrersitz sitzt, dass sie schon jemand angrapscht - der Fahrer? - und dann waren mir ihre Rückblendenblitze zur Geburtstagsfeier ihrer Großmutter ein klein wenig zu verwirrt.
Aber das ist vielleicht auch Geschmackssache.


na, mal schaun, ob es ihn zulesen geben wird Smile - eher nicht.
Das mit der Szene ist 'lustig': es steht nämlich nirgends, dass sie am Beifahrersitz PLatz genommen hat, aber eben auch nicht dass sie auf der Rückbank sitzt. So, du nimmst erstes an, für mich war das zweite völlig klar - das muss jedenfalls genauer werden. Danke für den Hinweis

Die Rückblenden-Verwirrung: ja, das dachte ich mir fast, hab es aber dann gelassen - das ein Grund, warum ich es hier rein gestellt hab - gut, dass du das ansprichst - ich werd da sicher noch einmal drübergehen - ob ich's dann ändere ist eine andere Frage, der Gedanke dahinter ist nämlich, dass es an sich diesfalls nicht so sehr auf eine saubere Chronologie ankommt, eher sollte eine etwas(!) 'distanzierte' Sprache, die den Schwerpunkt inhaltlich auch gar nicht so sehr auf die 'Vereinbarung' legt, sondern auf die Atmosphäre während der Feier bei der der Onkel die Vereinbarung vorschlägt - auch hab ich gezielt darauf verzichtet, irgendwelche Überlegungen oder Erlebnisse der Tatjana einzubauen, die dann zur Annahme der Vereinbarung führen - mit der  personalen Perspektive auf Tatjana konkurrieren. (Es gibt einen grund dafür, der aber muss ich zugeben aus diesem Text allein nicht ersichtlich ist, sich aber im Vergleich zum restlichen Roman schon zeigt) Jo, soweit die Idee - ob's funktioniert - ich werd mir das sicher noch ganz genau überlegen. Danke.

KeTam hat Folgendes geschrieben:
Hallo lupus,

jo, griaß di a

an Details ist mir beim Lesen das hier aufgefallen:

kaum ausmachen wo man hin tritt. Kein Lichtfunkeln ist auszumachen

danke

Und das Bild mit dem Treibsand, als sie in der Scheune sind passt für mich nicht.

warum?

Und es stellt sich für mich eine Frage: Die "Liebeshöhle" wird so beschrieben, als wäre sie auch sonst in Gebrauch. Ich frage mich, warum der Zweite jetzt auf ein mal ein Problem damit hat. Es wird immer wieder betont, dass da nichts Verbotenes passiert. Und so ist es wahrscheinlich auch, falls da die Gesetzeslage in Österreich zu der Zeit nicht so war, dass Prostitution an sich verboten war. Wovon ich jetzt nicht ausgehe. Also, wenn diese Männer dort schon öfters Frauen "zu Besuch" hatten, warum dann dieses lange Reden, dieses Zweifeln des Zweiten? Ich verstehs nicht.

guter Punkt. Für mich war klar: Das mit dem bezahlen für Liebesdienste ist eine Premiere, zumindest in dieser Form, dass man sich szs eine aussucht, die man dann faktisch zur Hure macht. Dass hier sich die Landjugend trifft (im Fall der Vier: traf - und da hast du recht, das muss ausgearbeitet werden), um ihren Spaß zu haben - jo mei. Und da steht für mich auch die Brücke zur Doppelmoral: es war ausgemacht, also muss es - ehrenhalber - eingehalten werden, egal ob es moralisch vertretbar ist, das leben eines Menschen zu ruinieren (was aber sicher nicht geplant war, sondern 'halt passiert' ist.) Das 'verboten' bezieht sich eher auf die selbstgebastelte Moralvorstellung der Vier (was vereinbart ist, ist erlaubt), v.a. DES VIERTEN. Möglicherweise muss auch das ausgearbeitet werden - danke für den Hinweis.

Ansonsten habe ich das gerne gelesen, fühle mich da örtlich und mit den wenigen Dialektwörtern auch sehr zu Hause, kann mir alles gut vorstellen.

fein, freut mich


@Lana,

danke für die Hinweise.

danke nochmals, mir scheint, ich hätte doch besser die Werkstatt gewählt Wink

lgl


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Rainer Zufall
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Pokapro und Lezepo 2014


Beitrag04.10.2014 16:11

von Rainer Zufall
Antworten mit Zitat

Hallo Lupus,
neulich las ich schon deine Vorbemerkung und als ich die Bemerkung über experimentell geschreiben las, haute ich ganz schnell wieder ab.
Naja, mich nervt das meistens. Heut bin ich trotzdem noch mal zurückgekommen und hab mich mal drauf eingelassen, weil ich neugierig auf den Autor hinter den superguten, genauen Kommentaren war. Und ich muss zugeben, mich alte Experimentehasserin, hast du jetzt nicht verschreckt. Ob das nun ein Kompliment für dich ist, musst du selbst entscheiden. Cool
AmS solls eines sein. Ich fand es durchweg lesbar, etwas von der Atmosphäre der allerersten Kottans wird spürbar, wo sie alle irgendwie Dreck am Stecken haben und mies zu den Tschuschen sind.

Vorwegschicken wollt ich, dass ich die Trennung zwischen feedback und Werkstatt eher locker sehe. Ich stell z. B. eh immer nur in den Werkstattbereich ein. So ein Tick halt.
Die Perspektivwechsel in der Tatjanasequenz konnte ich gut mitmachen
und verstehen, ich fand es da sogar einen sehr gescheite Einfall, weil du dadurch ihr Dissoziieren nachvollziehbar machst.
Etwas Probleme hatte ich auch mit dem Ort des Missbrauchs, ich dachte ganz ganz kurz nur, die Männer hätten den Ort sich selbst eingerichtet, was ja aber nicht sein konnte, weil sie ja den zweiten schließlich überreden mussten.
Ich habs für mich selbst nicht rausgekriegt, an welcher Beschreibung es genau lag, aber ich les es jetzt eh noch mal durch, dann kommts eventuell unten hin. Wollte es nur rasch festhalten, weil es jmd anderem ähnlich ging wie mir und für den Autor ist sowas ja wichtig zu wissen.
Vielleicht ist es lediglich der Satz hier:
Zitat:
Auf den ersten Blick wird ihr klar, dass sie nicht die Erste ist, die hier landet: die Atmosphäre eines Liebesnestes der erwachsen gewordenen Landjugend umfängt sie wie Treibsand.

Der erste Satz lässt einen denken, die vier Männer hätten sich diesen Ort eingerichtet, um dem selben Zweck zu frönen wie in deiner Gesch., meinen tust du aber ihr Schäferstündchennest aus der Jugend. Oder? Das würde ich deutlicher machen.

Interessiert hatte mich in der Bez der vier Männer, warum der zweite so schnell einknickte, als der vierte nur mit dem Satz "er ist einer von uns" sagt. Also ich find die Stelle supergu gemacht, sollst nix davon ändern, denn in aller Kürze stellst du da eine Beziehung zwischen ihnen dar. Der Zweute hat Angst, nicht zu diesem Klüngel gehören zu dürfen, hat aber wohl dennoch moralische Vorbehalte. Und der vierte scheint eine besondere Position zu haben. Vielleicht ist er der Besitzer des blitzenden Autos? Also ich fand das gut, mit wie wenigen Mittel du hier eine Beziehung präsentierst. Sagen will ich, dass da eine Neugierde entfacht wird.

Du musst noch mal schauen nach Tipp- und/oder Rechtschreibfehlern, da ist noch einiges drin. Nur anbei:
 
Zitat:
Ihr ist es egal, wie dieses Belmondo-Lächeln was nennt, will nur raus hier, will ihm ins Gesicht spucken, ihn anprüllen.

Oder: die anderen drei schreibst du richtig klein, warum nicht auch die vier? Ist ja keine substantivierte Zahl.
Zitat:
Zu Quadern gepresstes Stroh - einige sind zu Bänken und Sitzen geformt - türmen sich die Wände des wie eine romanische Basilika errichteten Komma  dreischiffigen Raumes empor.


Und sonst noch:
Zitat:
Und dann ist ihr Onkel auf sie zugekommen, damals, während der Geburtstagsfeier ihrer Großmutter (Schön dass du da bist, Kinderl) du bist da ... Wieso Kinder? zu der sie aus Ljubliana angereist war, obwohl sie wusste, dass sie sich Schwierigkeiten mit dem Professor an der Uni einhandeln würde, aber immerhin wurde sie siebzig, die Großmutter, und der Onkel hat seinen Arm um ihre Schulter gelegt und sie sanft in den Garten geschoben unter die Wildweinlaube, wo sich die Hitze und die Düfte des Tages zu konzentrieren schienen, selbst jetzt noch, da die Sonne schon längst untergegangen war und nur noch einzelne Glühbirnen, die in unregelmäßigen Abständen wie bunte Bonbons an einem weißes Kabel, das sich von Apfel- zu Birn- zu Kirsch- zu Feigenbaum hangelte, baumelten, um das kleine Grundstück mit festlicher Stimmung zu umrahmen da wirds  zu verwickelt. Schönes Bild vorher mit der Laube, unter der sich Hitze und Düfte sammeln, man spürt dadurch die Atmosphäre und auch das Bild der bunten Bonbonglühbirnen finde ich schön, aber du quetschst das hier so in den Relativsatz rein , in den dann nochmal ein Relativsatz eingezwängt ist, dass sich mir die Hirnwürstcen verbiegen. Man verliert dadurch die Leserichtung, und das hangelte - baumelte machts es dann auch nicht besser. Das sind beides tolle atmosphärische Wörter, aber ließ mich aus dem Rhythmus kippen.

Mir ist dann aufgefallen, dass du das Kabelbild wieder aufgenommen hast. Hast du extra gemacht. Oder? Es zieht sich jedenfalls durch in die nächste für Tatjana ekelhafte Szene. Die wird ab jetzt beim Anblick baumelnder bunter Glühbirnen immer ein paar Kerle abschießen wollen.
Ich finde das schön, wenn sich Dinge mit Gefühlen verbinden und wie symbolgeladene kleine Bomben durch den Text wandern. Ich mag das sehr, wenn man ein bisschen damit spielt.

Zitat:
In der Laube selbst hatte man einen dreiarmiger Korbluster montiert, in dessen gläserne Zeppelinformschalen Motive aus dem Leben Kaiser Franz Josephs geritzt waren – städtischer Kontrapunkt aus dem Leben der Großmutter, als diese noch Übersetzerin war. Insektenleichenlicht. Hier hatte sie gesessen, Deutsch gelernt: für später, Kinderl, wenn's wieder besser wird. Wirst es brauchen können. Und die Großmutter hat ihr das Haar gebürstet
.
Hier wieder - tolle Atmosphäre, das Insektenleichenlicht ist zum Klauen schön, aber die frühere Berufstätigkeit der Oma brauchts nicht. Die Betonung in diesem Absatz liegt ja auf dem Mädchen und seiner Erinnerung an die Onkelsituation, auch an das Schwere dieser Situation, da brauchts natürlich die Oma und das Insektenlicht, aber alles Weitere wird dann zu viel des Guten.

Aber ansonsten - von soclhen Kleinigkeiten abgesehen, ich fand daas echt sehr lesenswert. Wirklich schön sehr atmosphärisch, sehr dicht im besten Sinne.
Viele Grüße von Zufall
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Einar Inperson
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Beitrag04.10.2014 19:58

von Einar Inperson
Antworten mit Zitat

Hallo Lupus,

ich habe deinen Text jetzt mehrmals gelesen und wollte erst einmal einige Antworten abwarten, bevor ich mich melde. Warum? Dazu etwas später.

Über die kleinen Rechtschreibfehler will ich jetzt gar nicht sprechen. Frau Zufall hat dir schon einige Beispiele genannt.

O.k. Mir gefällt der Text sehr gut. Sehr gut in seiner Stimmung. Sehr dicht, sehr bedrückend.

Du hast einige Referenzen genannt. ich hatte eher Dürrenmatt (in den Dialogen) vor meinem lesenden Auge.

Aber und dies ist ein großes Aber. Der Text funktioniert für mich leider nicht. Jedenfalls nicht als KuGe, die für sich selbst stehen können soll.

Ein Grund ist der vielgenannte Zweite. Er lamentiert in der ersten Diskussion und in der zweiten Diskussion. Bei der Tat fällt er aber nicht auf. Keiner fällt bei der Tat auf. Sie sind wie ein  Haufen Mensch. Eins. Da habe ich schon meine Zweifel.

Kaputt geht die Geschichte bei dem Dritten dann endgültig in einer, wie es scheint, entscheidenden Szene. Er hat mit seiner Frau gesprochen, die keine Kinder bekommen kann, beide wollen aber welche. Oben hat der Dritte aber schon zwei Kinder.

Ich dachte, dass ich in der Diskussion Aufschluss bekomme. Habe ich aber auch nicht.

Wie gesagt nur als Kg passt es nicht. Vielleicht gibt aber der Roman mehr Auskunft.


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lupus
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Beitrag04.10.2014 20:07

von lupus
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Einar Inperson hat Folgendes geschrieben:

Kaputt geht die Geschichte bei dem Dritten dann endgültig in einer, wie es scheint, entscheidenden Szene. Er hat mit seiner Frau gesprochen, die keine Kinder bekommen kann, beide wollen aber welche. Oben hat der Dritte aber schon zwei Kinder.


du hast recht - Tieferen Sinn hat das keinen. Ein unverzeihlicher, aber leicht zu reparierender Fehler: der DRITT im zweiten Dialog soll DER ZWEITE sein. Danke für's aufmerksam machen.

zum Rest später

lgl


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Einar Inperson
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Wohnort: Auf dem Narrenschiff


Beitrag04.10.2014 20:23

von Einar Inperson
Antworten mit Zitat

lupus hat Folgendes geschrieben:
der DRITT im zweiten Dialog soll DER ZWEITE sein.


Ups,

auf den Gedanken, dass hier eine versehentliche Verdrehung vorliegt, bin ich aufgrund der Dialoganordnung gar nicht gekommen. Ich dachte, dass die Erklärung im Romanumfeld zu finden wäre.

Sorry, dann sieht es natürlich etwas anders aus.


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KeTam
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Beitrag04.10.2014 20:25

von KeTam
Antworten mit Zitat

Zum Treibsand:

Ich finde, er passt nicht zu den Bildern, die sich sonst so vor mir auftun. Ich bin von den Bildern her in der Steiermark und ist auf einmal der Treibsand und versetzt mich in die Wüste. Für mich, ganz persönlich, war das ein Bruch. Treibsand ist zwar ein sehr schönes Wort, umschreibt auch ihr Gefühl sehr anschaulich, aber für mich wirkt der Treibsand rein geflickt, irgendwie fügt er sich für mich nicht ...
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seitenlinie
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Beitrag05.10.2014 23:13

von seitenlinie
Antworten mit Zitat

lupus hat Folgendes geschrieben:
dieses Kapitel ist eine KuGe, ist die 'Stimme aus dem off'. Der Rest des Romans ist doch etwas 'lockerer' geschrieben.
Im Rest des Romans (eben abgesehen von ein paar anderen, ähnlichen kapiteln dieser Art) tauchen auch keine
'Experimente' auf, wobei: als experimentell kann man das ja gar nicht mehr bezeichnen, wenn man an Romane denkt,
in denen ganze Kapitel aus 'Power-Point-Slides' bestehen ...

Dann war mein erster Gedanke, also drei Techniken doch richtig. Kurz zur Erklärung.
Ich sehe im Text zwei Modi oder Techniken.  Das wäre die „Reportage“ und das „Drehbuch“, beides Techniken
mit Werkstattcharakter. Als Drittes käme die normale Basis-Erzählstimme hinzu. Einen Fachbegriff kenne ich
dafür nicht, ich nenne diese Erzähltechnik mal „narratives Betrachten“ (NB).

Der Nachteil der Reportage besteht darin, dass sie subtil agitatorisch ist. Sie gaukelt eine gewisse Objektivität vor
(Berichten statt Erzählen) aber der Erzähler wertet und manipuliert stärker durch die Wortwahl als beim NB.

Was bringt es für den Plot, für die Story? Ich sehe die Gefahr, dass das Spiel mit der Technik zu wichtig, zu
vordergründig wird. So etwas könnte ich mir bestenfalls an einer Stelle vorstellen, und zwar am Anfang unter dem
Aspekt „Was vorher geschah“.

Welche Erzählsituation hätten wir im NB?
Selbst bei einer Multiperspektive haben wir ja in aller Regel einen gleichbleibenden Erzählton. Und ich glaube, dass
der Bruch hier stört. Es sei denn, es gelingt, einen auktorialen Erzähler so einzusetzen, dass der Erzählton - über die
Technik hinaus - eine gewisse Kontinuität behält.   


Von der Sprache her ist es griffig und anschaulich.
Auf „Punkt.“ würde ich verzichten. Das ist eine Marotte, um eigenen Argumenten mehr Schlagkraft zu verleihen.
Bei einem knackigem Text ergibt sich „Punkt-Aus“ aus dem Inhalt.  

Mir fiel das Wort „brackig“ auf. Das kenne ich nur als Brack-, also Salzwasser.
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firstoffertio
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Beitrag06.10.2014 00:37

von firstoffertio
Antworten mit Zitat

Will nur mal da lassen, dass sich das teilweise liest wie ein Theaterstück/Drehbuch mit Regieanweisungen, teilweise auch wie ein offizieller  Bericht, und zwischendrin manchmal wie eine Erzählung.
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gold
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Beitrag06.10.2014 06:34

von gold
Antworten mit Zitat

Zitat:
Ziel: auch wenn's ein Roman-Kapitel ist, soll es auch(!) als KuGe lesbar sein (warum spielt glaub ich jetzt keine Rolle - wer's wissen will: am Ende wird sich herausstellen,, dass ein Mordopfer die KuGes geschrieben hat)


habe jetzt erst erfasst, dass dein Roman aus mehreren Kuges besteht. Dann ist es m. E. okay, wie du diese Kuge geschrieben hast.

Ich nehme an, dass dein Roman ganz schön heftig wird oder ist, wenn er aus mehreren Kuges dieser Art besteht oder sind diese anders?

LG gold


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Eredor
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Traumtagebuch
Beitrag06.10.2014 19:35

von Eredor
Antworten mit Zitat

Hi lupus,

für mich funktioniert das sowohl als Romankapitel als auch als Kurzgeschichte. Der Rahmen: "Für Außenstehende stellt sich die sonntägliche Szenerie als wenig außergewöhnlich dar" gibt dem ganzen einen unheimlichen Mehrwert.
Kann eine Sache bemängeln, danach kommt nur noch Lob:

Zitat:
Sie erheben sich, schwanken leicht, richten die Stühle und verlassen den Gastraum. Im Hinausgehen legt der Vierte drei Hundertschilling Noten auf die Theke. Angelika Kauffmann [3] lächelt faltig.


Schöne Betrachtung!

Zitat:
Immer noch, immer wieder spürt sie Hände, metallkalte, feuchte Hände zwischen ihren Beinen und in ihr und sie fühlt  - längst wird ihr Slip im BMW weitergereicht wie ein Trophäen-Jointden Schnapsatem. Ihr ist, als breite er sich ätzend in ihr aus bis die Augen tränen.


Ein Satz, der öfter gelesen werden muss. Das liegt an dem Einschub. Würde das unbedingt umstellen.
Der Trophäen-Joint erschließt sich mir nicht als guter Vergleich. Würde die Trophäe weglassen, dann passt das hervorragend.

Zitat:

„Na, was hab ich gesagt? Natürlich will sie.“
„Kinder und Kindeskinder.“
„Halt die Gosch'n!“ [4]
Stille.
Tränen.


Super Stelle, da merkt man: Du musst gar nicht mehr angeben, wer hier Dialog führt, weil die Charaktere im vorherigen so gut eingeführt worden sind. Das würd ich auch gern können.

Zitat:
Der Wind kühlt sie und er schickt den Duft von Pilzen aus dem wohl nahen Wald, so, als wolle er ihr den stechenden Gestank lindern, Gestank, den sie nicht zuordnen kann und der Wind schreibt Sätze ins Laub, die sie nicht versteht.


Und das hier ist einfach nur wunderschön. Vor allem das Blaue. Weltklasse.

Obwohl ich nicht so der Krimi-Mensch bin: Das hier ist ziemlich geil. Würd ich sofort, ohne nachzudenken kaufen.
Schreibst du den ganzen Roman über halb dramatisch, halb prosaisch oder gilt das nur für dieses Kapitel? Ein mMn. ziemlich interessanter Ansatz. Funktioniert für mich einwandfrei.

Danke!

lg Dennis


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lupus
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Beiträge: 3914
Wohnort: wien



Beitrag24.10.2014 12:55

von lupus
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Liebe Leute,
nach längerem Pausieren und Nachdenken jetzt einmal eine dankbare Antwort auf eure wertvollen Kommentare.


Einar Inperson hat Folgendes geschrieben:
Hallo Lupus,

Kaputt geht die Geschichte bei dem Dritten dann endgültig in einer, wie es scheint, entscheidenden Szene. Er hat mit seiner Frau gesprochen, die keine Kinder bekommen kann, beide wollen aber welche. Oben hat der Dritte aber schon zwei Kinder.


Hallo Einar Inperson,
noch einmal: is mir echt unangenehm, v.a. weil ich deinen Anmerkungen entnehme, dass du sehr aufmerksam gelesen, dir Gedanken gemacht hast und dann stellt sich heraus: es war einfach nur Schlamperei. Wobei: ich weiß nicht wie oft ich das Ding gelesen hab – es ist mir nicht aufgefallen. Danke jedenfalls; wer weiß ob es überhaupt jemals wem aufgefallen wäre Smile

Andererseits: Es hat ja einen Grund, weshalb die Leute alle keine Namen haben, obwohl aus der Geschichte – also aus den anderen Kapiteln – sich die Namen ja ergäben. Der Grund ist: sie werden in dem was sie tun namenlos – es ist egal, wer was sagt und tut. Das keine Ausrede, aber die Tatsache, dass es sonst niemandem aufgefallen ist, zeigt mir, dass die Idee vielleicht funktioniert.


Wird natürlich ausgebessert – aber weil eben im Feedback-Bereich: nur für mich, keine neue Version.

KeTam hat Folgendes geschrieben:
Zum Treibsand:

Ich finde, er passt nicht zu den Bildern, die sich sonst so vor mir auftun. Ich bin von den Bildern her in der Steiermark und ist auf einmal der Treibsand und versetzt mich in die Wüste. Für mich, ganz persönlich, war das ein Bruch. Treibsand ist zwar ein sehr schönes Wort, umschreibt auch ihr Gefühl sehr anschaulich, aber für mich wirkt der Treibsand rein geflickt, irgendwie fügt er sich für mich nicht ...


KeTam,
im GuG scheint ja alles zu passen für dich, der Treibsand passt dir nicht – gut so. Muss sagen, das ist ziemlich – äh – genau gedacht. Und ehrlich: ich hab keine Meinung dazu, weiß einfach nicht was ich darüber denken soll. Treibsand passt nicht in die Steiermark, stimmt. Auch nicht als Bild? Mir gefallen solche Fragen – weißt du ja Wink. Ist vlt. sogar eine (Grundsatz-)Diskussion in einem anderen Faden wert.


firstoffertio hat Folgendes geschrieben:
Will nur mal da lassen, dass sich das teilweise liest wie ein Theaterstück/Drehbuch mit Regieanweisungen, teilweise auch wie ein offizieller  Bericht, und zwischendrin manchmal wie eine Erzählung.


genau so soll es sein. Danke. Mehr dazu bei Zufällin und seitenlinie

gold hat Folgendes geschrieben:


habe jetzt erst erfasst, dass dein Roman aus mehreren Kuges besteht. Dann ist es m. E. okay, wie du diese Kuge geschrieben hast.

Ich nehme an, dass dein Roman ganz schön heftig wird oder ist, wenn er aus mehreren Kuges dieser Art besteht oder sind diese anders?
LG gold


Alle KuGes haben eine andere Struktur, anderen Inhalt, andere Protas – eine Zeitungskolumne wird sehr wahrscheinlich auch dabei sein, vielleicht auch ein Gedicht: hängt davon ab, ob ich das so hin krieg, dass ich damit leben kann. Konzeptionell hat der Roman (ohne KuGes etc.) an die 300 Normseiten, mit den etwa 4-5 'Einschubkapiteln' an die 350. In der Antwort an Seitenlinie schreib ich dann ein bisserlmehr daszu, wenn's interessiert.

Eredor hat Folgendes geschrieben:
Hi lupus,

für mich funktioniert das sowohl als Romankapitel als auch als Kurzgeschichte. Der Rahmen: "Für Außenstehende stellt sich die sonntägliche Szenerie als wenig außergewöhnlich dar" gibt dem ganzen einen unheimlichen Mehrwert.
Kann eine Sache bemängeln, danach kommt nur noch Lob:

hallo Dennis, fein dass du hergefunden hast, fein auf diesem Weg wieder etwas von dir zu hören.

Freut mich, dass dir das nicht nur aufgefallen ist, sondern auch deinen Geschmack trifft. Ziel war natürlich, die Teilnahmslosigkeit, ja fast – eben - Alltäglichkeit, Gewöhnlichkeit der im zweiten Fall dann gar nicht wirklich 'Außenstehenden', aber eben als solche sich gebenden, fühlenden, zu transportieren. Wenn das gelungen ist: schön so.


Zitat:
Sie erheben sich, schwanken leicht, richten die Stühle und verlassen den Gastraum. Im Hinausgehen legt der Vierte drei Hundertschilling Noten auf die Theke. Angelika Kauffmann [3] lächelt faltig.


Schöne Betrachtung!

Ich hab mich natürlich gefragt, ob das ohne Fußnote funktioniert, aber es is mir andererseits auch wurscht. Smile Man soll ja seine Leser nie für dümmer halten, als sie sind- lieber ein bisserl überfordern.

Zitat:
Immer noch, immer wieder spürt sie Hände, metallkalte, feuchte Hände zwischen ihren Beinen und in ihr und sie fühlt  - längst wird ihr Slip im BMW weitergereicht wie ein Trophäen-Jointden Schnapsatem. Ihr ist, als breite er sich ätzend in ihr aus bis die Augen tränen.


Ein Satz, der öfter gelesen werden muss. Das liegt an dem Einschub. Würde das unbedingt umstellen.
Der Trophäen-Joint erschließt sich mir nicht als guter Vergleich. Würde die Trophäe weglassen, dann passt das hervorragend.

In diesem Fall hast du tatsächlich recht – da überlagern sich 2 Bilder, die so nicht zusammen passen. Die Überlegung dahinter war klarerweise, das weiterreichen (Joint) mit dem „Triumpf“ (Trophäe) zu verbinden, aber das funktioniert so nicht – wird ... äh ... wahrscheinlich Wink gestrichen. Danke.

Zitat:

„Na, was hab ich gesagt? Natürlich will sie.“
„Kinder und Kindeskinder.“
„Halt die Gosch'n!“ [4]
Stille.
Tränen.


Super Stelle, da merkt man: Du musst gar nicht mehr angeben, wer hier Dialog führt, weil die Charaktere im vorherigen so gut eingeführt worden sind. Das würd ich auch gern können.

Zitat:
Der Wind kühlt sie und er schickt den Duft von Pilzen aus dem wohl nahen Wald, so, als wolle er ihr den stechenden Gestank lindern, Gestank, den sie nicht zuordnen kann und der Wind schreibt Sätze ins Laub, die sie nicht versteht.


Und das hier ist einfach nur wunderschön. Vor allem das Blaue. Weltklasse.

Danke, danke, danke … es gibt ja eigentlich nix schöneres, als wenn die Stellen woran man am meisten gebastelt hat, dann auch auffallen.

Obwohl ich nicht so der Krimi-Mensch bin: Das hier ist ziemlich geil. Würd ich sofort, ohne nachzudenken kaufen.
Schreibst du den ganzen Roman über halb dramatisch, halb prosaisch oder gilt das nur für dieses Kapitel? Ein mMn. ziemlich interessanter Ansatz. Funktioniert für mich einwandfrei.

Nein, das geht nicht. Es hat schon einen speziellen Grund, warum gerade hier. Und ganz allgemein: ich glaub nicht, dass das für einen ganzen Roman machbar ist. Das wär mir selbst ein bisserl zu viel. Dann nämlich käme das zu tragen, was seitenlinie angedacht hat: technische Spielerei der Spielerei wegen. In der Antwort an Seitenlinie mehr dazu.

Danke!

Ich danke. Wink

lg Dennis


An alle

liebe Grüße
l/w


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