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Leseprobe: Equinox


 
 
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Autor Nachricht
Shadowdancer
Geschlecht:weiblichErklärbär
S

Alter: 33
Beiträge: 4



S
Beitrag01.09.2014 10:39
Leseprobe: Equinox
von Shadowdancer
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo ihr Lieben,

da ich gerade meinen zweiten Roman fertig gestellt habe, würde ich gerne ein paar außenstehenden Meinungen dazu hören. Bisher habe ich nur Familie und Freunde gefragt. Die sind zwar kritisch, aber da weiß man ja auch nie so genau ob die einen nicht doch irgendwie schonen wollen. wink

Demnach erhoffe ich mir ein paar 'neutrale' Rückmeldungen. Wäre wirklich schön wenn sich jemand Zeit zum lesen nimmt und zumindest Sprachstil und Inhalt bewerten könnte.

Gesamtumfang des Buches sind 218 Normseiten. Gener ist Urban Fantasy. Die Leseprobe setzt sich aus Prolog und den ersten beiden Kapiteln zusammen. wink

Liebe Grüße

___________________________
Prolog: Spuren im Sand
Die Tropfen des seichten Regens wurden gierig von dem trockenen Erdreich aufgesaugt. Der Himmel hatte sich mit dunklen Wolken zugezogen und tauchte die Wüstenlandschaft in ein ebenmäßiges Grau. Das Unwetter, welches sich in der nahen Ferne durch ein lautes Donnergrollen ankündigte, war ein seltenes Naturschauspiel in dieser Region der Erde.
Die imposanten Gebirge, die das Tal einschlossen, sorgten für einen minimalen Niederschlag und eine sengende Hitze, welche von keinem Windzug durchbrochen wurde.
Am 22. September 1353 war jedoch alles anders. Es war kalt, der Wind heulte und der Regen fiel unbarmherzig auf die wenigen Gestalten, die sich zu jener Zeit im Zentrum des Unwetters befanden. Die Geräusche des Kampfes gingen im annähernden Donner und dem prasselnden Regen unter. Es war ein Kampf um Leben und Tod. Ein Kampf zwischen Geschwistern, welche nicht ungleicher hätten sein können…
Ein groß gewachsener Mann mit dunklem, mittellangem Haar, starrte mit angestrengtem Atem seiner Schwester in die Augen. Bajeho hatte keine Angst vor der Schlacht oder vor dem Tod. Er war ein Krieger. Es war seine Aufgabe die Welt vor seiner Schwester zu schützen, doch gerade schien es ihm nicht vergönnt seine Aufgabe zu erfüllen.
Unweit neben dem zwei Meter großen Bajeho, lag ein weiterer Mann auf dem nassen Sandboden. Sein Name war Nastawha. Auch er hatte gelobt die Erde vor den dunklen Machenschaften seiner Zwillingsschwester zu beschützen. Doch nun lag er benommen auf dem, mittlerweile lehmartigen, Erdreich.
Ein Mädchen mit schwarzen, langen Haaren, stand dem Hünen gegenüber. Sie erwiderte dessen Blick ungerührt und schien wenig beeindruckt von dem Größenunterschied. Dalowha hatte nichts vor ihren Brüdern zu befürchten. Sie hatte schon vor Jahrhunderten genug Macht erlangt um ihre Geschwister zu zerstören und die elendige Menschheit zu zermalmen.
Die Menschen die sie aufgrund ihrer Gaben gemieden hatten, sie beschimpften und verfluchten. Sie hasste sie abgrundtief, hatte sich immer mehr in ihrem Zorn verloren und fühlte sich von ihren Geschwistern im Stich gelassen, welche auf der Seite der schwächlichen, haarlosen Affen, standen. Doch nun war der Tag gekommen an dem sie allem ein Ende bereiten würde. Bis nichts mehr blieb als Schutt und Staub.
„Es ist noch nicht zu spät, Dalowha. Bitte sei vernünftig!“, flehte Bajeho und ging einige Schritte auf seine jüngere Schwester zu. Er blieb nah vor ihr stehen. Das nasse Haar klebte ihm auf der Stirn. Er sah müde und gequält aus, doch diese Tatsache machte für die Schwarzhaarige keinen Unterschied. Sie war schon lange nicht mehr das kleine, quirlige Mädchen, was sich gut mit ihren Geschwistern verstanden hatte. Dalowha hob den Blick. Ihre kalten, dunklen Augen, bohrten sich in die ihres Bruders. Die langen Haare verdeckten ihr kindliches Gesicht fast vollständig. Wenn die Blitze die Dunkelheit für einen kleinen Moment erhellten, wurden schwarze Linien auf der Haut des Mädchens sichtbar. Die Machtbesessenheit hatte ihre Tribute gefordert.
„Wir haben den Punkt des Redens schon lange überschritten.“ Ihre Stimme klang dunkel, fremd und gefühllos. Bajeho schloss einen Moment die Augen. Der Regen, welcher in der Umgebung auf den Boden klatschte, hörte sich nun fast an wie Applaus. Eine Anfeuerung, die ihn leider nicht zum Sieg führen würde. Sein Versagen war vorbestimmt, doch er mobilisierte die letzten Kraftreserven und stürmte auf seine Schwester zu. Dalowha wich nicht zurück, sie streckte lediglich die Hand nach vorne aus. Genau in dem Moment wo Bajehos Brust mit den Fingern des Mädchens in Berührung kam, flog er einige Meter zurück und landete dicht neben seinem Bruder am Boden. Sie war zu mächtig.
Bajehos Aufprall war dumpf. Der nasse Sand, hatte sich in eine breiige Masse verwandelt, die nun drohte ihn zu verschlucken. Er versuchte sich aufzurappeln, doch seine Kräfte waren verbraucht. Der Kampf dauerte nun schon zu lange. Er hatte zu viel einstecken müssen. Bajeho blieb am Boden und sah zu seinem Bruder, welcher flach atmend dort lag und langsam wieder zu Bewusstsein kam um sein Ende mitzuerleben. Sie warteten beide auf den Gnadenstoß ihrer kleinen Schwester, die sie einst so geliebt hatten. Der Hüne drehte sich auf den Rücken. Die Regentropfen prasselten in sein Gesicht.
„Ihr seid solche Narren! Wie könnt ihr eure Existenz für die Menschheit aufs Spiel setzten?! Sie sind alle schwach, verdorben, neidzerfressen und trügerisch!“, fauchte Dalowha abschätzig, blieb zwischen ihren Brüdern stehen und sah erhaben auf sie hinab.
„Sie sind nicht alle so. Hättest du ihnen eine Chance gegeben, hättest du das vielleicht erkannt.“ Eine sanfte Stimme klang melodisch durch den tosenden Sturm. Dalowha wirbelte herum und fixierte ihre Schwester mit einem hasserfüllten Blick. Kaiato, die jüngste der Geschwister, stand mit ihrem elfengleichen Äußeren, unweit von den Drein entfernt Ihre weißen, langen Haare, klebten durch die Nässe an ihren zarten Wangen. Sie wirkte klein und zerbrechlich, nicht in der Lage den begonnenen Kampf ihrer Brüder weiterzuführen.
„Dass du dich hier noch blicken lässt! Du feiges Stück! Bist du endlich aus deinem Loch gekrochen um deinem Ende ins Gesicht zu sehen?!“ Dalowhas Gesichtszüge verhärteten sich zu einer wütenden Fratze. Ihr kindlicher Körper spannte sich an, war plötzlich von einem dunklen, nebelartigen Rauch umgeben.
„Du hast recht. Wir haben keine Zukunft mehr. Ich habe es gesehen“, meinte die Weißhaarige ruhig. Ihr Blick glitt mitfühlend über ihre Brüder, die noch immer zerschunden am Boden lagen.
„Doch die Menschheit hat eine“, fügte sie hinzu und sah ihre Schwester mit festem Ausdruck an. Sie holte eine leuchtende Kugel hervor, legte sie in ihre Handfläche und betrachtete sie. Es zeigte sich das erste Mal eine Regung auf Dalowhas Gesicht. Es war Verwunderung, Schock, die Angst zu verlieren!
„Woher hast du die?“, zischte sie angriffslustig. „Du müsstest am besten wissen wo ich sie gefunden habe, immerhin hast du sie versteckt“, erwiderte Kaiato ungerührt. Die Schwarzhaarige hatte dieses Objekt selbst geschaffen. Ein Gegenstand zerstörerischer Macht, den sie in ihrer Paranoia geformt hatte um ihren Geschwistern etwas entgegensetzen zu können.
„Auch wenn du viele Dinge getan hast die verabscheuungswürdig sind. Du bleibst meine Schwester und ich liebe dich. Genau wie ich meine Brüder liebe.“ Ein trauriges Lächeln zeichnete sich in dem Gesicht der Weißhaarigen ab, während sich einige Tränen aus ihren Augenwinkeln lösten, die direkt mit dem Regen verschmolzen. „NEIN!“, kreischte Dalowha wutentbrannt und rannte wie eine Furie auf ihre Schwester zu. Doch es war zu spät. Kaiato hatte die Kugel in Richtung des Himmels gestreckt, schloss die Augen und noch bevor ihre Schwester sie berührt hatte, schlugen vier kräftige Blitze auf die Geschwister nieder und verschluckten sie allesamt. Lediglich die leuchtende Kugel blieb zurück und wurde bald vom Matsch verschluckt.
Als der Regen erstarb, erinnerte nichts mehr daran, dass an dieser Stelle noch vor kurzer Zeit die Zukunft der Menschheit auf dem Spiel gestanden hatte.
Die Jahrhunderte zogen ins Land. Die Menschen haben nichts zu fürchten, außer den zerstörerischen Kräften die sie selbst geschaffen haben. Der Glaube an Götter und übernatürliche Dinge, spielt im Jahre 2018 schon lange keine Rolle mehr. Der Ort, der früher der Schauplatz eines Kampfes war, ist heute ein Bestandteil des Death Valley Nationalparks in der Mojave-Wüste. Die Menschen sind bis Amerika vorgedrungen und erforschen jeden Zentimeter der Erde. Auch die Teile die besser unentdeckt geblieben wären.
Es war der 20. März 2018 als ein Mann, nach einem Unwetter, über eine leuchtende Kugel stolperte. Er war fasziniert von ihr und nahm sie mit sich. Und damit begann es…



Eine schwerwiegende Entscheidung
„Also jetzt wo wir hier sind, können wir doch auch eigentlich direkt wieder gehen oder?“ Das Unbehagen in meiner Stimme war nicht zu überhören.
„Levi…Du bist ein Mann. Jetzt benimm dich auch so und geh‘ darein! Du tust ja gerade so als ob ich dich für eine Kastration angemeldet habe!“ Mein bester Freund Jake sah mich warnend an. Ich hatte schon mit ihm im Auto diskutiert, weil ich wirklich Zweifel hatte ob ich diesen Schritt wagen sollte. Ich hatte Angst davor zu versagen. Bisher hatte ich mir immer eingeredet jederzeit aufhören zu können und mal kurz eine Therapie zu machen. Doch was passierte wenn ich abbrach? Dann hatte ich die Sicherheit, dass ich nie mehr von der Nadel wegkam!
„Soll ich mit rein kommen?“
„Nein. Danke fürs fahren.“ Ich nahm meine Tasche und hing sie mir über die Schulter.
„Ich rufe dich morgen an. Und wenn das hier alles vorbei ist, dann hole ich dich ab.“ Ich nickte ein wenig. So weit in die Zukunft konnte ich noch gar nicht sehen. Schon jetzt hatte ich nasse Handflächen, obwohl ich vor einer  halben Stunde erst einen Joint durchgezogen hatte. Kurz hob ich die Hand zum Abschied und ging mit bedächtigen Schritten auf die Tür der Entzugsklinik zu. Das hier sollte also mein Zuhause für die nächsten Tage werden? Ich war skeptisch. Sehr skeptisch…
Nachdem ich geklingelt hatte, öffnete eine recht junge Frau die Tür und sah mich freudestrahlend an.

„Hi! Mein Name ist Seline Kenneth. Ich bin Auszubildende in der Gesundheits- und Krankenpflege. Sie müssen die Neuaufnahme sein! Kommen Sie doch rein!“, grüßte sie mich und schüttelte mir die Hand.
„Hallo. Levi Pryce…“, murmelte ich ein wenig überrumpelt. Mit so viel Überschwänglichkeit konnte ich gerade gar nicht umgehen. Sie hielt mir die Tür auf. Nachdem ich den ersten Schritt rein gemacht hatte, fiel das Holz hinter mir ins Schloss und ich fühlte mich irgendwie eingesperrt - auch wenn es mir jederzeit frei stand zu gehen! Sie nahm mir meine Tasche ab, wobei ich die eigentlich erst gar nicht hergeben wollte. Da war immerhin fast alles drin was ich besaß!
„Kommen Sie mit. Bevor Sie zu den anderen Patienten können, muss ich Ihre Sachen filzen.“ Da bog die Auszubildende auch schon in einen separaten Raum ab und stellte meine Tasche auf eine Liege, zog sich Handschuhe an und durchwühlte meine Sachen.
„Sie können sich schon mal ausziehen“, meinte sie beiläufig und schenkte mir einen kurzen Blick, während sie gerade eine meiner Hosen kontrollierte.
„Wie jetzt?“, kam es wie aus der Pistole geschossen.
„Na ich muss doch die Sachen die Sie am Leib tragen auch durchsuchen. Die Unterhose können Sie anlassen“, kam es von ihr wie selbstverständlich. Deutlich unwohl in meiner Haut zog ich meine Jacke und mein Oberteil aus. Auch wenn die Hemmschwelle durch den Konsum um einiges gesunken war, kam es mir äußerst komisch vor einfach mal vor einer Fremden in Boxershorts zu posieren. Ich zog meine Schuhe aus, öffnete den Gürtel und ließ die Hose auf den Boden gleiten. Mit gemischten Gefühlen streckte ich ihr die Sachen entgegen.
„Socken auch“, meinte sie knapp und fing an meine Kleidung zu filzen, die ich gerade noch am Körper getragen hatte. Ich zog also auch meine Socken aus und reichte sie ihr. Es war für mich ein Rätsel, warum das sein musste. Wenn ich mich für einen Entzug entschieden hatte, dann nahm ich doch keine Drogen mit, oder? Doch es schien wohl seine Gründe zu haben warum es zum üblichen Verfahren gehörte.
Plötzlich ging die Tür auf und eine ältere Frau stand im Zimmer. Musste sich jetzt jeder den neuen Typen in Unterhosen begucken oder was?!
„Sie können sich jetzt die Hose wieder anziehen“, meinte Seline mit einem Lächeln und streckte mir die Jeans entgegen. Sofort zog ich mir den Stoff wieder über die Beine und fragte mich warum ich mein Oberteil nicht wieder anziehen durfte. Doch da schmiss die ältere Frau auch schon meine Sachen ziemlich unsanft auf den Boden.
„Legen Sie sich hin“, kam es im Befehlston, so dass ich sie ungläubig ansah.
„Wer sind Sie überhaupt?“, entgegnete ich und sah sie ein wenig erbost an. Auch wenn ich ein Patient war und nicht auf völliger geistiger Höhe war, konnte sie mich jawohl normal behandeln. Antipathie konnte ich auch völlig zugedröhnt empfinden.
„Ich bin Schwester Martina! Wir machen jetzt ein EKG und dazu müssen Sie sich hinlegen. Unsere Schülerin kann das leider noch nicht alleine.“ Bei den letzten Worten sah ich zu Seline die ein wenig kleiner wurde. Vermutlich hatte auch sie den Unterton rausgehört, der den letzten Satz fast wie einen Vorwurf klingen ließ. Na das konnte ja noch heiter werden! Mit skeptischer Miene legte ich mich auf die Krankenliege und wartete auf das was da kam. Die beiden Damen standen nun vor mir und sahen auf mich herab. Kein allzu tolles Gefühl.
„Warum machen wir denn jetzt ein EKG? Bin ich krank?!“ Soweit ich wusste, hatte ich keinen Herzfehler und verstand diesen Aufwand nicht.
„Weil es Standard ist“, entgegnete Martina im rauen Ton.
„Aha. Wenn es im Standard steht, dass Sie die Patienten von der nächsten Brücke schmeißen sollen… machen Sie doch aber nicht, oder?“ Ein kleiner Witz, der die Spannung auflockern sollte. Seline musste grinsen, jedoch starrte mich Martina mit einem tödlichen Blick an. Memo an mich selbst: Keine Witze über die Standards machen. Zumindest nicht wenn die Spaßbremse dabei war.
„Durch Drogenkonsum kann es zu Herzschädigungen kommen. Der Entzug ist für den Körper extrem anstrengend und zusätzlich gibt es hier noch eine Fitnesstherapie an der Sie teilnehmen werden. Um Sie und uns vor Komplikationen abzusichern, wird also vorher ein EKG gemacht.“
„Danke, Seline.“ Erneut ein giftiger Blick von Martina, den ich direkt mit einem zuckersüßen Lächeln konterte. Hoffentlich hatte ich mit dem Drachen nicht allzu viel zu tun! Seline schmunzelte vor sich hin, während Martina ihr mit ein paar Sätzen erklärte wo man die Elektroden platzierte. Ich hatte es nicht wirklich verstanden, jedoch nickte die Schülerin eifrig. Martina begann die Klebedinger auf meinen Brustkorb zu kleben. Ich sah an Selines Gesichtsausdruck, dass sie genau dasselbe dachte wie ich. Ich hatte zwar keinen Pelz auf der Brust, jedoch wuchsen da schon einige Härchen!
„Soll man die Härchen nicht vorher wegrasieren? Zwecks Leitungsfähigkeit und weil es dem Patienten dann beim abziehen weniger weh tut?“, fragte sie recht leise. An Martinas Stirn pochte schon eine Zornader. Sie antwortete nicht und schrieb das EKG. Ich konnte nicht verhindern, dass ich ein wenig darüber grinsen musste wie ignorant sich die Älteste im Raum doch anstellte. Kurz darauf wurde ich auch schon wieder von den Geräten getrennt.
„Sie können sich jetzt die Elektroden entfernen, sich anziehen und dann nimmt Sie unsere Schülerin auf.“ Und mit den Worten war sie auch schon aus dem Raum verschwunden.
„Wow. Sehr herzliche Persönlichkeit“, murmelte ich triefend vor Sarkasmus. Ich setzte mich auf und zog mir mit einem Ruck die Klebeelektroden runter was ganz schön zwiebelte. Da musste man(n) jetzt wohl durch! Seline schmunzelte ein wenig vor sich hin. Schien wohl schadenfroh zu sein die Kleine.
„Ziehen Sie sich bitte an. Dann gehen wir in den Nebenraum. Die Sachen können hier bleiben“, wies sie mich an. Ohne groß zu trödeln zog ich mich wieder komplett an und folgte ihr in das Aufnahmezimmer. Ein Schreibtisch, ein PC und zwei Stühle. Ich setzte mich auf eine der Sitzgelegenheiten, während Seline vor dem PC Platz nahm. Heutzutage ging ja nichts mehr ohne EDV!
„Okay. Ihre Stammdaten sind ja schon aufgenommen. Wir müssen noch ein paar Dinge klären, die für die Behandlung relevant sind.“ Ich nickte einfach nur zur Bestätigung. „Was und wie viel haben Sie in der letzten Zeit konsumiert?“ Sofort kratzte ich mich nachdenklich am Kopf. Gute Frage. Da musste ich erst mal überschlagen.
„So ca. 20 Gramm Cannabis in der Woche. Mindestens 1 Schuss Heroin am Tag. Kann nicht genau sagen wie viel genau das war. Hin und wieder auch Speed oder Meth – aber nicht regelmäßig.“ Wenn ich mir das jetzt vor Augen führte, konnte ich wohl wirklich froh darüber sein, dass ich überhaupt noch lebte. Ein wenig bedröppelt sah ich auf den Boden, jedoch war mir der Ernst der Lage noch immer nicht so ganz bewusst. Das THC im Hinterkopf sorgte für eine Sicht durch einen Watteschleier.
„Oh okay…“ Seline notierte fleißig meine Aussagen. „Und wie ist das Verhältnis zu Familie und Freunden? Wissen die von Ihrer Sucht?“ Es dauerte erneut bis ich antwortete. Ich hatte ja damit gerechnet, dass hier klein säuberlich meine Vergangenheit aufgewirbelt wurde, aber es war wirklich nicht leicht so offen mit einer fremden Person darüber zu reden. Natürlich war mir Seline da um einiges lieber als die mürrische Martina – dennoch blieb sie eine Fremde.
„Familie habe ich nicht mehr. Meine Eltern sind kurz vor meinen 14. Geburtstag bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Keine Geschwister und keine anderen Verwandte von denen ich wüsste. Ich habe viele Bekannte aus der Szene, aber die würde ich jetzt nicht unbedingt als Freunde bezeichnen...“ Die Karten jetzt einfach offen auf den Tisch zu legen tat weh. Ich hatte mich noch nie mit dem Tod meiner Eltern auseinander gesetzt und wollte es eigentlich auch nicht, doch vermutlich würde man hier darauf hinarbeiten.
„Wer hat Sie denn hierhergefahren? Ich habe vorhin einen Mann gesehen, der Sie abgesetzt hat?“
„Ja. Das war Jake. Er ist mein bester und irgendwie auch einziger Freund. Wir kennen uns noch nicht so lange.“ Gerade darum war es mir sehr unangenehm gewesen mich von ihm zum Entzug fahren zu lassen. Irgendwie war der Gedanke albern, weil er mich erst dazu überredet hatte es zu versuchen. Logik war noch nie so meine Stärke.
„Konsumiert er auch?“, harkte Seline nach.
„Nein. Wir haben uns in einer Bar kennengelernt als ich knapp mit dem Stoff war. Hätten uns fast geprügelt weil ich so mies drauf war, aber letztendlich hat er mir ein Bier ausgegeben und wir haben uns gut unterhalten.“ Seline nickte verstehend und machte sich weiterhin Notizen.
„Warum konsumieren Sie?“ Ich seufzte auf. Na die Fragen wurden ja immer besser! Warum zog sie mich nicht gleich bis auf die Unterhosen aus? Ach ja…Das hatte sie ja schon!
„Ich war schon vor dem Tod meiner Eltern in einem Freundeskreis wo es üblich war mal einen durchzuziehen. Dann kam dieser Vorfall und danach wollte ich nur noch vergessen. Ich bin in einem Heim aufgewachsen was nicht leicht war und bin nie wieder aus der Schiene rausgekommen. Ich kenne nichts anderes“, murmelte ich vor mich hin. Es war jedoch nur die halbe Wahrheit. Es gab auch noch andere Faktoren die mich überhaupt in diesen Freundeskreis getrieben hatten, aber das tat hier jawohl nichts zur Sache, oder?
„Gut. Dann war es das erst einmal mit den Fragen. Ich gebe die Infos ans Team weiter. Sie können jetzt in Ruhe auspacken und sich hier einleben. Wir teilen Ihnen dann später mit wie viel Methadon Sie am Anfang als Ersatzstoff bekommen. Ich stelle Ihnen eben Ihren Bezugspatienten vor, der führt Sie dann rum.“ Ich war echt heilfroh, dass dieser Seelenstrip nun endlich vorbei war. Eigentlich hatte ich doch nur in einem ‚geschützten‘ Umfeld von den Drogen loskommen wollen und jetzt hatte ich den Salat und wurde scheinbar auch noch therapiert! Natürlich hatte ich Baustellen, aber ich wollte erst einmal klar im Kopf sein, bevor ich die nächsten Schritte anging.
Seline gab mir meine Sachen aus dem Nebenraum zurück und führte mich in einem Raum der voller Zigarettenqualm war. Mir brannten sofort die Augen und ich musste einige Male blinzeln um überhaupt Irgendetwas zu erkennen. Es saßen 7 Leute in einer Sitzecke. 4 Frauen und 3 Männer – offensichtlich alle russischer Abstammung.
„Sergej. Würden Sie bitte Ihrem neuen Mitpatienten die Station zeigen und ihm die Hausregeln erklären?“, kam es von Seline die mit mir bei der Truppe stehen blieb. Er war nicht begeistert. So viel konnte ich trotz Qualm an seiner Mimik ablesen.  
„Da…“, knurrte Sergej fast. Seline ignorierte die Tatsache gekonnt, dass er ihr und auch mir gerne am liebsten ins Gesicht gesprungen wäre. Sie verließ einfach den Raum und ließ mich in der Höhle des Löwen allein. Wie bestellt und nicht abgeholt, stand ich mit meinem Rucksack da und wurde von allen ziemlich düster angestarrt.
„Hi. Ich bin Levi.“ Ich hob kurz die Hand zum Gruß und wusste nicht so recht ob ich mich jetzt einfach dazu setzen sollte. In den ersten Sekunden bekam ich keine Reaktion.  Sergej starrte mich einfach, genau wie die Anderen, an, erhob jedoch dann das Wort. Ich verstand jedoch nicht was er sagte, da er auf Russisch sprach und mich dabei hämisch angrinste.
„Ich spreche leider kein Russisch. Sorry…“, grummelte ich leise. Es war nicht leicht nun ruhig zu bleiben. Jedoch hoffte ich, dass er einfach versehentlich auf seiner Muttersprache gesprochen hatte. Die Hoffnung starb schnell. Doch dieses Mal hörte ich ganz klar das Wort Durak raus. Sergej sah mich noch immer mit einem spöttischen Blick an, während der Rest der Truppe lachte. Da ich das Spiel Durak kannte, war klar, dass er gerade keine Lobeshymne auf mich hielt.
„Hör‘ mal zu Kanisterkopf! Ich habe kein Bock mich hier von dir verarschen zu lassen, okay?“ Und schon war Sergej wutentbrannt aufgesprungen und stand mit mir Nasenspitze an Nasenspitze.
„Du solltest aufpassen mit wem du dich hier anlegst, Kindchen!“, fauchte er mit russischem Akzent.
„Mit 28 Jahren, bin ich kein Kind mehr. Keine Ahnung ob das in eurem Land anders ist, aber ich bin ein Mann im besten Alter. Kannst dich vermutlich nicht mehr an die Zeit erinnern - Ist bei dir offensichtlich schon länger her.“ Nun weiterzustochern war sicherlich keine gute Idee, jedoch konnte ich bei solchen Provokationen nur selten den Mund halten. Ich bin mir sicher, dass Sergej gerade zum Schlag ausholen wollte, als mich irgendjemand am Arm aus der russischen Front zog  und irgendwas von wegen „Er ist noch voll drauf! Ignoriert ihn einfach“ brabbelte.
Mein Retter zerrte mich aus dem Raum und hatte einen hochroten Kopf. Meine Brauen hoben sich direkt fragend.  Der Typ war vielleicht ein paar Jahre älter als ich, hatte rote Haare und weiche Gesichtszüge, die es mir schwer machten jetzt auf ihn böse zu sein.
„Und du bist?“, wollte ich ein wenig missmutig wissen.
„Joshua….“, stellte er sich knapp vor und stemmte die Hände in die Hüften. „Und kein Problem, dass ich dir gerade den Arsch gerettet habe“, schob er nochmals völlig ironisch hinterher.
„Ja. Danke…Schätze ich.“ Es war eine Tatsache, dass mich dieser Typ gerade vor einer Rauferei und vor dem sicheren Rausschmiss gerettet hatte, doch das wollte sich mein eigener Stolz gerade nicht so recht eingestehen.
„Ich bin Levi“, stellte ich mich dann ebenfalls vor und bemühte mich nicht mehr ganz so angefressen zu klingen.
„Also du hältst dich am besten von Sergej und den anderen Russen fern. Die haben hier ihr eigenes Ding laufen. Die sind eine Gruppe in der Gruppe. Weißt ja wie das ist…“ Er zuckte mit den Schultern und entspannte seine Haltung wieder. „Komm, ich zeige dir alles. Sergej wird dir nach dem Auftritt sicherlich nur seine Faust näher bringen wollen“, witzelte der Rotschopf und grinste. Ich sah ihn nüchtern an, jedoch hoben sich meine Mundwinkel ein wenig.
„Hauptsache ich muss mit dem nicht in einem Zimmer schlafen.“ Das wäre echt das Grauen! Da wusste man echt nicht ob man am nächsten Tag wieder aufwachte. Zudem war der Aufenthalt hier auch ohne Anfeindungen schon stressig genug für mich!
„Genau genommen sind wir Zimmernachbarn. Also hast du wohl Glück gehabt. Komm mit!“ Schon ein wenig erleichtert, folgte ich dem schlaksigen Mann über den Flur. Wir gingen in den ersten Stock wo er mir die Räumlichkeiten zeigte. Duschen, Toiletten, ein paar Büroräume und schließlich das Zimmer, welches ich mit Joshua teilen sollte. Es prangerten schon die Namensschilder an der Tür, was mir nicht sonderlich gefiel.
Das Zimmer war mit zwei Betten, zwei Schränken, zwei Nachttischen, Waschbecken, Schreibtisch und zwei Stühlen ausgestattet. Die Fenster ließen sich nur auf Kipp öffnen – zumindest gingen sie überhaupt auf! Joshua gab mir Zeit um meine Sachen auszupacken und zeigte mir schließlich noch den Rest der Station. Gruppenräume, Speisesaal, Dienstzimmer und Garten. Der Tag klang relativ gelassen aus. Mir wurde Zeit gegeben um mich ein wenig einzuleben. Am Abend bekam ich die erste Methadondosis. Ich war ein wenig enttäuscht, dass ich davon kein Hochgefühl bekam, jedoch breitete sich wieder das Gefühl von Unbekümmertheit aus.
Als ich am Abend auf dem Bett lag, hörte ich innerhalb von ein paar Minuten Joshua schnarchen. Wenn man es genau nahm, war es nicht mal mehr ein Schnarchen. Es war als ob jemand mit einer Kettensäge hantierte! Doch zumindest in der ersten Nacht sollte mich das nicht kümmern. Ich fühlte mich wieder wie in Watte gepackt und konnte trotz derben Störgeräuschen schnell einschlafen.
Ich träumte in dieser Nacht absolut gar nichts. Ich war mir nicht einmal sicher ob es Schlaf gewesen war oder doch ein halbes Koma.
„MORGEN! AUFSTEHEN!“ Plötzlich saß ich kerzengerade im Bett und starrte zur Tür, sah jedoch nur noch wie eine Hand den Lichtschalter betätigte und die Tür wieder schloss. Ich rieb mir durchs Gesicht und versuchte mich von dem Schreck zu beruhigen.
„Wenn du dich fragst was DAS war….Nennt sich Martina.“ Joshua saß ebenso aufrecht im Bett wie ich und warf mir einen vielsagenden Blick zu. Ich erinnerte mich direkt an die nette Persönlichkeit von gestern und war gar nicht mehr so überrascht, dass sie so liebevoll weckte. Ich schnaubte erbost auf. Als Morgenmuffel musste ich solche Weckaktionen echt nicht haben.
„Am besten wir beeilen uns. Du willst gar nicht wissen wie sie drauf ist, wenn sie das zweite Mal weckt.“ Der Rothaarige grinste mich schelmisch an. Darauf konnte ich vermutlich wirklich verzichten und schlug sogleich die Decke um, damit ich mich aus dem Bett pellen konnte.
„Nein. Will ich echt nicht“, stimmte ich ihm zu und hüpfte unter die Dusche, bevor ich mich anzog und mit Joshua zum Frühstück ging. Wir saßen mit ein paar Anderen am Tisch, jedoch schienen die nicht an einem Gespräch interessiert zu sein, weswegen wir Dialoge zu zweit führten. Während wir so sprachen war es nicht einmal notwendig hinzusehen. Ich spürte die Blicke von Sergej in meinen Rücken und befürchtete, dass dieser Idiot jederzeit hinter mir stehen könnte. Doch er hielt sich zurück und ich tat mein Bestes ihn einfach zu ignorieren, was auch lange gut klappte. Die Tage vergingen wie im Flug. Ich lerne viele Dinge über die Auswirkungen von Drogen und erkannte meine Frühwarnzeichen.
Je mehr das Methadon runter gesetzt wurde, desto mehr sank meine Laune in den Keller. Mir tat alles weh, ich konnte nicht mehr richtig schlafen und ich schwitzte tierisch, während mir gleichzeitig auch irgendwie kalt war. So mussten die Wechseljahre bei Frauen sein! Ich war mir sicher. Man konnte mich nicht mehr mit der Kneifzange anpacken, doch der Besuch von Jake am 8. Tag ließ die Gefühle der Aggression doch ein wenig abschwellen.
„Ich schaffe das nicht. Kannst du mich nicht einfach wieder mitnehmen? Ich rauche und spritze weniger. Ich verspreche es!“, hörte ich mich selbst in einem jämmerlichen Tonfall sagen, den ich noch nie von mir gehört hatte. Jake und ich saßen im Aufenthaltsraum. Er strich sich durch seine dunklen Haare und sah mich, mit seinen von Natur aus ernsten Gesichtszügen, an. Es fiel ihm nicht leicht Worte zu finden. Ich sah es ihm an, jedoch hatte ich gerade keinerlei Verständnis dafür. Ich wollte abbrechen und Zuspruch von ihm haben.
„Das geht nicht. Du hast es doch fast geschafft. Noch 5 Tage dann bist du runter von dem Zeug. Danach fällt es dir bestimmt leichter“, versuchte er mir Mut zuzusprechen. Ich wollte das jedoch nicht hören. Ich sah ihn äußerst enttäuscht an und stand auf.
„Wo willst du hin?“, fragte er mich und runzelte die Stirn. Er war gerade erst gekommen und hatte sich sicherlich ein längeres Gespräch erhofft. Mir war jedoch nicht mehr nach Quatschen zumute. Ich hatte gerade eine ungeheure Wut im Bauch und fühlte mich von meinem besten Freund im Stich gelassen und das sollte er auch wissen.
„Ich gehe nach oben. Du verstehst das eh nicht! Verpiss dich einfach!“, pflaumte ich ihn an und wendete ihm sogleich den Rücken zu.
„Ich hole dich dann ab wenn du entlassen wirst…“, rief er mir nach. Ich hörte die Enttäuschung in seiner Stimme und wusste wie er wohl gerade drein schaute. Doch es war mir in diesem Moment einfach egal. Ich stürmte an Seline vorbei, die soeben den Aufenthaltsraum betreten hatte. Es war ihr Glück, dass sie ausgewichen war, denn ich hätte sie vermutlich einfach umgerempelt. Mit fast stampfenden Schritten verschwand ich in meinem Zimmer und knallte die Tür hinter mir zu. Joshua saß am Schreibtisch und warf mir einen kurzen Blick zu. Er hatte dieses Tief in der Mitte des Entzuges wohl auch schon durchgemacht und sagte kein Wort – durchaus richtige Entscheidung.
Ich legte mich aufs Bett und kämpfte noch eine Weile mit meinen Symptomen und fühlte mich von der ganzen Welt betrogen. Während meine Gedanken kreisten, schlief ich ein und als ich nach zwei Stunden Schlaf wieder aufwachte, war die ganze Wut verpufft. Mit dem verflogenen Zorn kam jedoch auch gleich das schlechte Gewissen auf. Jake war extra quer durch die Stadt gefahren um mich zu besuchen und ich dankte es ihm mit so einem Auftritt.
Am Abend bat ich Seline um einen Anruf. Ich wollte mich bei meinem besten Freund entschuldigen und konnte nicht mehr bis zu meiner Entlassung warten. Es waren noch mindestens fünf Tage bis ich auf null war und dann brauchte es noch ein paar Tage zur Stabilisierung. Bis dahin hätte mich das schlechte Gewissen sicherlich in den Wahnsinn getrieben. Der Weg führte mich also ins Dienstzimmer, wo Seline mit einem Kollegen saß, den ich nur vom Sehen kannte. Ich bat sie um ein Gespräch unter vier Augen, auch wenn ich wusste, dass sie alle Informationen ohnehin ans Team weitergeben würde.
„Sie haben ja heute sicherlich mitbekommen, dass ich mich…Naja…Irgendwie mit meinem Besuch gezankt habe. Ich würde gerne dort anrufen und mich bei ihm entschuldigen.“ Mein Handy durfte ich ja blöderweise nicht in den Entzug mitbringen, jedoch hatte ich mir clevererweise wichtige Nummern aufgeschrieben.
„Ja. Habe ich dezent mitbekommen. Ich habe Mister Avery erklärt, dass dieses Verhalten ganz normal im Entzug ist. Damit sollten Sie sich auch abfinden. Sie sind noch hier…Das ist die Hauptsache oder?“ Sie lächelte mich an und ich nickte ein wenig. Sie reichte mir das Diensttelefon.
„Ich möchte das Telefon in fünf Minuten wieder haben. Also fassen Sie sich kurz“, wies sie an und blieb in meiner Nähe um das Gespräch verfolgen zu können – immerhin hätte ich mir ja auch Stoff bestellen können! Ich hatte jedoch wirklich nichts Böses im Sinn und legte einen Entschuldigungsmarathon hin, der jede Schnulze übertraf. Er sagte zwar, dass er es verstehen konnte und nicht sauer war, jedoch klang er am Telefon ziemlich niedergeschlagen. Ich versprach ihm am Ende den Entzug durchzuziehen und ihm Bescheid zu sagen, wenn er mich abholen sollte.



Böses Erwachen
Es war mein zweiter Tag auf null. Irgendetwas stimmte nicht mit mir, doch ich wusste einfach nicht was es war. Mit Schweißperlen auf der Stirn saß ich in einer Infogruppe zum Thema Prävention. Meine Augen hingen an den Lippen der Therapeutin, die sich alle Mühe gab uns den Inhalt verständlich zu erklären. Ich verstand jedoch kein einziges Wort, weil es so dermaßen viele Störgeräusche gab. Gebrabbel und Gemurmel, welches mich einfach daran hinderte, das bisschen Konzentration aufzubringen, was ich noch hatte.
„Jetzt haltet doch mal die Klappe!“, fauchte ich schließlich in die Runde und wurde plötzlich von allen angestarrt. Ich hatte keinen direkt angesprochen, immerhin waren hier bei dem Stimmengewirr wohl alle am quatschen gewesen. Doch nun unterbrach die Therapeutin ihr Programm und sah mich erzürnt an.
„Wenn Sie kein Interesse an der Gruppe haben, dann gehen Sie bitte. Solche Störungen sollten Sie sich in Zukunft verkneifen!“, tadelte sie mich. Ich sah sie ungläubig an. War das jetzt ihr Ernst?
„Was?! Alle anderen haben doch…Woah!“ Ich stand angepisst auf und verließ den Gruppenraum. Ich war ohnehin in ein paar Tagen hier raus. Die Entgiftung hatte ich durchgezogen und der Rest war mir recht egal. Die Zeit, die ich eigentlich in der Gruppe verbringen sollte, genoss ich schließlich im Garten. Ich war allein. Es war Ruhe. Ich atmete die frische Frühlingsluft ein. Einige angebaute Blumen blühten und seit Jahren nahm ich das erste Mal ihren Duft wieder wahr. Es war angenehm warm, sodass man durchaus im T-Shirt rumlaufen konnte. Nun wo Hitzewallungen und Schüttelfrost nicht innerhalb von Minuten wechselten, musste ich mich zumindest nicht mehr andauernd umziehen.
Erneut ging das Gemurmel wieder los. Ich seufzte auf. Das war es dann wohl mit der Stille, die Gruppe schien früher vorbei zu sein. Als ich mich zum Flur wendete, wo ich den Anblick von meinen Mitpatienten erwartete, war jedoch niemand zu sehen. Es war niemand in der Nähe, der dieses Gemurmel verursachen konnte. Es verstummte jedoch so schnell wieder wie es gekommen war. Vielleicht war es eine Art Tinitus?
Kaum eine Stunde später fand ich mich in einem Gespräch mit dem Stationsarzt wieder. Ich saß ihm gegenüber und wurde während des Gespräches immer unruhiger. Er sagte nichts und sah mich einfach nur an.
„Wenn es um die Aktion in der Infogruppe geht…Das war nicht meine Schuld. Der Rest sollte nur ruhig sein.“ Es war für mich unverständlich wie mich die Therapeutin nun in so eine Lage bringen konnte!
„Wer sollte ruhig sein?“, fragte er nach und hob die Augenbrauen.
„Die Mitpatienten natürlich! Die haben die ganze Zeit gequatscht, während ich versucht habe zuzuhören!“ Was war das denn für eine seltendämliche Frage?! Der Arzt machte ein verräterisches Hmmmm und schrieb sich etwas auf.
„Ihre Therapeutin hat mir gesagt, Sie seien der einzige gewesen der die Gruppe gestört hat. Es hat niemand anderes geredet bis Sie sich beschwert haben.“ Ich sah ihn entsetzt an. Wollte der mich jetzt verarschen? Ich schüttelte langsam den Kopf und wusste nicht wie ich nun darauf reagieren sollte. Doch er nahm mir diese Entscheidung ab und sprach weiter.
„Es fällt Ihnen jetzt sicherlich nicht leicht es zu glauben, aber ich vermute Sie haben eine Psychose.“ Das hatte bei mir eingeschlagen wie eine Bombe.
„Drogen können psychotische Symptome unterdrücken oder abdämpfen. Dadurch, dass Sie schon über Jahre konsumieren, haben Sie keine Anzeichen bemerkt. Doch jetzt wo die Wirkung der Substanzen nicht mehr vorhanden ist, kann sich die Psychose voll entfalten. Haben Sie während des Entzugs schon Veränderungen bemerkt?“ Ich schluckte den Kloß runter der mir im Hals saß. Natürlich hatte ich Veränderungen bemerkt und es ließ sich nicht alles auf den Entzug schieben. Ich fühlte mich oft verfolgt, hatte diese Flüstergeräusche im Ohr und hatte auch schon die eine oder andere Person gesehen die eigentlich schon lange tot sein müsste. Ich nickte nur ein wenig und sah frustriert auf den Boden. Vom Regen in die Traufe…
„Und jetzt?“, murmelte ich und hatte wirklich keinen Schimmer wie das hier für mich weitergehen sollte.
„Unsere Station hat leider keine Kapazitäten um solche Krankheitsbilder hier zu behandeln. Wie es der Zufall jedoch so will, hat mich heute eine Partnerklinik angerufen und mir mitgeteilt, dass sie wieder Plätze frei haben. Ich werde direkt mit der zuständigen Dame sprechen und einen Termin für Sie vereinbaren.“ Er lächelte mich aufbauend an und hatte das Telefon schon in der Hand. Das war natürlich ein nettes Angebot, jedoch konnte ich mich nach so einer Schreckensbotschaft nicht wirklich darüber freuen. Das Gespräch war kurz, doch ich hing zu sehr meinen Gedanken nach um aufmerksam zu bleiben. Erst als der Arzt auflegte, sah ich wieder zu ihm.
„Sie haben wirklich Glück! Miss Steel hat morgen einen Termin frei und wird sich Ihnen vorstellen. Wenn Sie dann Interesse an einem Platz haben, mache ich Ihnen die Entlassungspapiere sofort fertig, damit Sie die Therapie dort beginnen können.“ Er erzählte mir noch einige Dinge über die Partnerklinik. Es interessierte mich jedoch erst einmal wenig. Ich nickte also einfach nur alles ab und verließ schließlich das Arztzimmer. Unter Schock rief ich Jake an um ihm zu sagen, dass er mich wohl erst einmal nicht abholen brauchte und erzählte ihm von den schlechten Nachrichten, von Miss Steel und der Partnerklinik. Er sprach mir erneut Mut zu und ich musste ihm versprechen mich zu melden sobald ich in der anderen Klinik war und man rausgefunden hatte, was in meinem Kopf falsch lief. Ich hoffte einfach auf eine Pille dagegen.
Den restlichen Tag über konnte ich an nichts anderes mehr denken. Ich ging nicht zu den Therapien und wich allen Gesprächen aus. Irgendwann zog ich mich in mein Zimmer zurück und saß wie erstarrt auf meinem Bett. Mir entging Joshuas Anwesenheit völlig. Er versuchte sogar ein Gespräch mit mir auszubauen, worauf ich nicht reagierte. Erst als er mich am Arm antippte, nahm ich seine Anwesenheit wahr. Doch als er mich berührte, spannte sich plötzlich mein ganzer Körper an. Mein Blick wurde unscharf und anstatt nun in das Gesicht von Joshua zu sehen, schossen Bilder an mir vorbei.
Irgendetwas roch verbrannt. Die stieg Angst in mir auf, doch sie galt nicht meinem eigenen Leben. Es waren andere Personen um die ich mich sorgte. Ich sprang aus dem Bett, konnte kaum gerade laufen und öffnete die Schlafzimmertür. Mir schlug eine Rauchschwade und eine Hitzewelle entgegen. Es stand schon alles in Flammen! Ich hustete, der Qualm biss in meinen Lungen, doch ich durfte mich davon nicht unterkriegen lassen! Ich hörte Schreie und schwankte in die Richtung aus der sie kamen- es war alles verschwommen. Eine Frau und ein rothaariges Kind waren in einem Zimmer von den Flammen eingeschlossen. Ich wollte zu ihnen, doch ein brennender Balken versperrte mir den Weg. Ich brüllte ihre Namen, doch konnte nichts tun, war zum zusehen verdammt, während die Menschen, die mir am meisten bedeuteten ihr Leben verloren. Mir liefen Tränen über die Wangen. Ich wollte einfach mit ihnen sterben, doch irgendetwas zog an meinem Arm. Es war ein Feuerwehrmann der mich schließlich durchschüttelte. Das Bild der Katastrophe löste sich langsam auf…
„Levi! Levi! Hörst du mich?!“ Ich blinzelte ein paar Mal und sah in das Gesicht von Joshua der mich mit sehr viel Sorge im Blick anstarrte und an mir rüttelte. Mit dem Handrücken wischte ich mir die Tränen von den Wangen und atmete tief ein. Was war das denn? Meine Augen suchten das Zimmer ab, blieben schließlich an der Uhr hängen. Es war gerade einmal eine Minuten vergangen, also war ich wohl nicht eingeschlafen.
„Ist alles okay? Du saßt auf einmal ganz steif da und hast die Augen so komisch verdreht! Ich dachte schon du hattest einen epileptischen Anfall!“ Joshua bekam sich gar nicht mehr ein und fächerte mir nun Luft zu. Es dauerte einen Moment bis ich die Bilder verstand die ich gerade gesehen und miterlebt hatte.
„Das mit deiner Familie tut mir echt leid…“, hauchte ich. Der Rothaarige sah mich erschrocken an.
„Woher weißt du das?“ Ich zuckte mit den Schultern, wusste nicht wie ich das erklären sollte. Joshua sah mich noch eine Weile an und legte sich kommentarlos auf sein Bett. Mein Puls fuhr sich langsam runter und auch ich entschied mich dafür ein wenig zu ruhen. Ich war plötzlich ziemlich K.O. und legte die Beine ebenfalls hoch. Es vergingen einige Minuten bis Joshua seine Worte wiederfand.
„Ich war an dem Abend betrunken. Hab’s zu spät gemerkt. Ich hätte sie sonst retten können“, meinte er heiser und starrte unter die Decke. Ich sagte darauf nichts. Er erzählte einfach weiter. Dieser Tag war der Grund warum er mit den Drogen angefangen hatte. Er ertrug die Schuld nicht mehr, war jedoch zu feige gewesen sich das Leben zu nehmen. Er erzählte mir von seiner Frau und seiner Tochter. Ich hörte zu, nickte hin und wieder ein wenig, blieb jedoch still.
„Ich werde morgen entlassen. Und ich denke, dass ich dieses Mal stark genug bin um sauber zu bleiben…“ Damit endeten seine Erzählungen.
„Ist doch super. Ich wünsche dir alles Gute.“ Vermutlich gingen viele nach dem Entzug mit diesem Vorsatz heraus und kamen im Endeffekt doch wieder. Ich wollte ihm das jedoch nicht kaputt machen. Das seltsame Gespräch fand damit ein Ende. Ich war froh, dass Joshua nicht noch einmal nachgeharkt hatte, woher ich die Informationen hatte. Vielleicht hatte ich diese Dinge mal irgendwo aufgeschnappt und durch meine neue Superpsychose hatte sich ein Katastrophenfilm daraus gebildet.
Mittlerweile war es dunkel draußen. An dem Geschnarche neben mir erkannte ich, dass Joshua nun wohl eingeschlafen sein musste. Ich fand in dieser Nacht jedoch keine Ruhe. Ich drehte mich von einer Seite auf die andere. Meine Gedanken hingen immer wieder an dieser komischen Vision die ich hatte. Ich steigerte mich immer mehr in die Sache, hinein sodass ich im Endeffekt einen Schweißausbruch bekam und klatschnass geschwitzt im Bett lag. Ich schlich mich also leise aus dem Zimmer um zu duschen. Vermutlich konnte ich eh nicht mehr schlafen.
Die warme Dusche sorgte schließlich doch für ein wenig Müdigkeit. Ich nahm mir vor keinen Gedanken mehr daran zu verschwenden was momentan mit mir passierte. Ich konnte auch zu normalen Zeiten darüber Grübeln. Die Antwort würde ich ohnehin nicht in dieser Nacht finden. Ich stieg aus der Dusche und trocknete mich ab. Schnell zog ich Boxershorts und ein ACDC Shirt über und ging wieder in mein Zimmer.
Leise öffnete ich die Tür und setzte einen Fuß in den dunklen Raum. Ich versuchte mich äußerst lautlos zu bewegen um Joshua nicht zu wecken, also tastete ich mich blind voran nachdem ich die Tür hinter mir geschlossen hatte. Mit vorsichtigen Schritten näherte ich mich meinem Bett und plötzlich hörte ich ein leises Patsch. Ich war irgendwo reingetreten und da ich barfuß war, hoffte ich darauf nur in Wasser getreten zu sein. Doch es fühlte sich irgendwie warm an. Oh nein! Hatte Joshua sich eingepinkelt?! Ich tastete nach dem Lichtschalter meiner Nachttischlampe und knipste sie an. Das Zimmer wurde in ein mildes Licht getaucht, doch es reichte um zu sehen wo ich reingetreten war.
Es war eine Blutlache! Es dauerte einen Moment bis ich das verstanden hatte, doch schließlich erreichte diese Botschaft auch mein Gehirn. Da das Blut definitiv nicht von mir war, konnte es folglich nur von Joshua sein. Es verging ein Augenblick bis ich es wagte mich umzudrehen. Ich versuchte ruhig zu atmen, hatte plötzlich das Gefühl Eisen auf der Zunge zu schmecken. Es war so viel Blut auf dem Boden! Es tropfte vom Bettgestell auf den Boden, doch Joshua konnte ich nur unter der Bettdecke erahnen. Der Stoff bedeckte seinen kompletten Körper, inklusive Kopf.
Mit zitternden Fingern und weichen Knien setzte ich einen Fuß vor den anderen und musste dabei aufpassen nicht auszurutschen. Ich hoffte inständig, dass sich der Rotschopf nur einen dämlichen Scherz erlaubte, immerhin war es seine letzte Nacht hier. Mit den Fingerspitzen zog ich vorsichtig die Decke ein wenig Richtung Fußende und legte die weit aufgerissenen Augen meines Zimmernachbarn frei. Kurz darauf wurde ein tiefer Schnitt an der Kehle des Mannes sichtbar. Das Blut klaffte aus der Wunde und lief in einem Rinnsal über das Bettlacken, dann über das Bettgestell auf den Boden.
Unterbewusst wich ich sofort ein paar Schritte zurück um Distanz zu schaffen, konnte jedoch meine Augen nicht von diesem Anblick wenden. Hinter mir klapperte meine Schranktür, jedoch reagierte ich da eher weniger drauf. Ich stand so unter Schock, dass ich einfach weiter rückwärts lief und hoffte irgendwo Halt zu finden damit ich nicht umkippte. Doch anstatt gegen Schrank oder Wand zu stoßen, war mein Rücken gegen etwas anderes geknallt. Es war warm und…es bewegte sich!
Erst da kam mir in den Sinn, dass irgendjemand wohl Joshuas Kehle aufgeschnitten haben musste! Ich wollte sofort die Flucht nach vorne antreten und hatte schon die Tür als Ziel fixiert. Bevor ich einen Schritt gemacht hatte oder nur einen Piep sagen konnte, presste sich eine behandschuhte Hand auf meinen Mund und ein Arm schnellte von hinten um meinen Brustkorb. Ich zerrte wie wild an der Hand, die auf meinen Lippen lag und mich daran hinderte nach Hilfe zu brüllen. Sie bewegte sich jedoch keinen Millimeter. Der Klammergriff um meinen Brustkorb wurde immer stärker. Ich hatte das Gefühl jederzeit eine Rippe knacken zu hören können. Der Druck machte mir das Atmen schwer.
Ich zappelte und wehrte mich mit aller Kraft, doch ich wurde einfach ein Stück angehoben und wie ein Pappaufsteller der nur ein paar Gramm wog, Richtung Tür getragen. Zu meinem Glück rutschte der Angreifer jedoch auf der Blutlache aus und ließ mich für einen Augenblick los. Sofort hatte ich meine volle Aufmerksamkeit auf die Notfallschelle gerichtet, die über dem Schreibtisch angebracht war. Mit einem Satz sprang ich darauf zu und streckte die Hand aus um sie zu betätigen. Im halben Schwung wurde meine Hand jedoch abgebremst. Wie ein Schraubstock legten sich, die mit Lederhandschuhen bedeckten Finger, um mein Handgelenk und hielten mich davon ab die Klingel zu betätigen.
Mit der linken Hand bekam ich eine Schere zu greifen, die auf dem Schreibtisch lag und schlug damit recht unkoordiniert in Richtung meines Angreifers. Er schnellte mit dem Kopf zurück, die Schere streifte jedoch die Hautpartie am linken Jochbein und hinterließ dort einen Cut. Er ließ mich los, fasste sich ein wenig verblüfft an die blutende Stelle. Nun erkannte ich zum ersten Mal sein Gesicht. Der Mann war wie ich so ca. 1,80 m, offensichtlich durchtrainiert, hatte schwarze kurze Haare, einen Stoppelbart und vielleicht fünfunddreißig Jahre auf dem Buckel. Er war von oben bis unten schwarz gekleidet und hatte ein Holster mit Waffe am Gürtel. Seine sturmgrauen Augen bohrten sich mit einem tödlichen Blick in meine. Die Verblüfftheit war in Wut umgeschlagen. Seine kühlen Gesichtszüge formten sich langsam zu einer zornigen Maske.
Ich drängte mich an ihm vorbei, konnte der Hand ausweichen die nach mir Griff und hatte die Tür schon fast erreicht. Ich holte Luft um nun endlich zum Hilfeschrei anzusetzen, doch es blieb mir im Halse stecken als er mich von den Beinen riss. Ich landete mit dem Kreuz unsanft auf dem Boden. Der Mann setzte sich mit seinem kompletten Körpergewicht auf mich drauf, doch ich ließ mich davon nicht beirren und brüllte laut um Hilfe. Irgendjemand musste mich doch hören!
Kaum waren die ersten Buchstaben aus meinem Hals gedrungen, traf mich ein heftiger Schlag ins Gesicht. Mein Kopf flog zurück und knallte auf den Fliesenboden. Ich verstummte sofort und sah geschockt zu dem Mann hoch, der mich finster von oben herab anstarrte. Ich war mir sicher, dass nun mein letztes Stündlein geschlagen hatte. Vielleicht war das irgendein Ex-Patient der durchgedreht war. Ich konnte mir darauf keinen Reim machen, warum das alles passierte. Es war für mich jedoch klar, dass dieser Typ Joshua kaltblütig ermordet hatte und ich nun wohl als sein nächstes Opfer enden würde. Doch mit Gegenwehr musste er rechnen!
„Geh von mir runter du blöder Sack!“, fauchte ich ihn an und versuchte ihn von mir runterzuschieben. Er bewegte sich kein Stück und verdrehte die Augen. Ohne zu zögern packte er mich an den Haaren, zog meinen Kopf ein Stück nach oben und hämmerte ihn dann wieder zurück auf den Boden. Kurz war mir schwarz von den Augen, doch nachdem ich ein paar Mal geblinzelt hatte, drehte sich der Raum um mich herum. Instinktiv packte ich an meinen Hinterkopf und spürte, dass ich dort blutete. Benommen hob ich die Hände schützend vor mein Gesicht um so den nächsten Schlag abzufangen. Anstatt eine Faust ins Gesicht zu bekommen, hörte ich ein Geräusch was ich nun gar nicht einordnen konnte. Ich schielte zwischen meinen Fingern hindurch und sah eine Klebebandrolle.
Na klasse! Jetzt wollte der mich nicht einfach nur umbringen, sondern mich auch noch kidnappen und dann umbringen oder was?!  Erneut schlug ich nach ihm, landete dabei jedoch keinen Treffer. Er hielt meine Arme fest und wickelte einige Bahnen Klebeband um meine Handgelenke. Ich bekam sie keinen Zentimeter mehr auseinander!
„Ey! Was machst du da?! Du verdammter Psycho!“, brüllte ich und verfluchte es gerade überhaupt hier hergekommen zu sein. Ich verfluchte Jake der mich überredet hatte, die Therapeuten, die Pfleger, die Ärzte, sogar die verdammte Putzfrau! Bevor ich noch weiter Schimpftriaden starten konnte, klebte er mir einen Streifen Klebeband auf den Mund, sodass aus einer Masse von Flüchen und Beleidigungen nur ein undeutliches Brummen wurde. Endlich ging er von mir runter, zog mich grob am Oberarm auf die Beine und schubste mich gegen die Wand. Ich starrte ihn wütend an, immerhin war das gerade die einzige Gegenwehr die mir blieb. Er kam erneut auf mich zu und drückte seinen Unterarm gegen meinen Hals. Ich bekam kaum noch Luft und stellte mich auf Zehenspitzen, in der Hoffnung besser atmen zu können. Er beugte sich zu mir vor. Unsere Nasenspitzen berührten sich fast und sein wutentbrannter, kalter Blick, machte meinen Einschüchterungsversuch zu einer Lachnummer.
„Wenn du noch ein einziges Mal versuchst abzuhauen oder in irgendeiner Weise Aufmerksamkeit erregst, dann breche ich dir alle Knochen, bringe jeden in diesem Gebäude um und mache alle kalt mit denen du je auch nur im entferntesten Kontakt hattest!“ Seine Stimme war so rau und kühl, dass mir ein Schauer über den Rücken lief. Es klang nicht wie eine leere Drohung.
„Hast du mich verstanden?!“, zischte er und erhöhte den Druck auf meinen Hals noch ein wenig. Ich spürte schon wie meine Beine weich wurden und ich der Ohnmacht näher kam. Ich nickte, zumindest so weit wie sein Griff es zuließ. Er nahm den Arm von meinem Hals. Gierig sog ich die Luft durch die Nase ein und merkte wie das Leben langsam wieder in meine Glieder zurück kam.
Er packte mich direkt wieder und warf mich wie einen nassen Sack über seine Schulter. Das Pochen an meinem Hinterkopf wurde immer stärker. Es war ablenkend, weswegen ich mir eher weniger Sorgen darüber machen konnte, warum mich der Kerl einfach wie einen Flummi durch die Gegend werfen konnte. Er hatte meine Beine gepackt und ich hing kopfüber von seiner Schulter herunter als er mit mir das Zimmer verließ und durch den Flur lief. Es war alles ruhig. Ich fragte mich wie die anderen Patienten das überhören konnten und wo verdammt nochmal die Nachtwache war!
Ich war jedoch nicht in der Lage mich großartig umzusehen. Ich kämpfte mit der Übelkeit, da sich die Welt immer schneller drehte und diese Position nicht unbedingt wohltuend war. Es tropfte Blut auf den Boden und hinterließ eine Spur auf dem Flur und auf der Treppe. Es war mein Blut, das sich den Weg vom Hinterkopf über meine Stirn, auf den Boden gebahnt hatte.
Es schien Licht aus dem Dienstzimmer. Mühevoll hob ich den Kopf um zu sehen ob dort jemand war. Tatsächlich saß dort jemand auf einem der Schreibtischstühle, doch selbst aus Distanz konnte ich erkennen, dass die Person nicht mehr lebte. Diejenige saß in einer unnatürlich schlaffen Haltung dort. Ich ließ den Kopf wieder sinken und kniff kurz die Augen zu. Das konnte doch alles nur ein Albtraum sein.
Der Mann verließ die Station und steuerte einen schwarzen Mercedes an, der unachtsam auf der Grünfläche vor der Klinik geparkt war. Er ließ einfach meine Beine los als wir neben dem Auto standen. Die Schwerkraft tat ihr übriges. Ich fiel mit dem Kopf voran auf den Boden und lag schließlich auf dem Rücken und warf einen Blick in den friedlichen Nachthimmel, der sich ebenfalls drehte. Mir war so übel, dass ich mich auf der Stelle übergeben hätte, wenn ich in den letzten Stunden was gegessen hätte.
Mir blieb keine Ruhe zur Erholung. Der schwarz gekleidete Mann, zog mich erneut am Kragen meines T-Shirts auf die Beine und stieß mich rückwärts zum Auto hin. Ich saß direkt mit dem Hinterteil im Kofferraum, weil ich mich nicht mehr auf den Beinen halten konnte. Mit einer Bewegung, hob er meine Füße an, so dass ich vollends im Kofferraum lag und knallte die Klappe zu. Die Dunkelheit machte das Drehgefühl noch stärker. Mittlerweile hatte ich doch das Gefühl, dass ich mich trotz leeren Magens übergeben würde. Vorsorglich knibbelte ich das Klebeband vom Mund und atmete tief ein und aus. Was hatte dieser Psychopath nur mit mir vor?
Warum fuhr er nicht los? Er war nicht einmal eingestiegen. Ich hatte zumindest keine Wagentür knallen hören. Mit den Fingerspitzen tastete ich im Kofferraum herum und hoffte irgendetwas zu finden, was mir in dieser misslichen Lage geholfen hätte. Ich hatte ja nicht einmal Hosentaschen, die ich durchsuchen konnte! Die Erschöpfung und Müdigkeit die von der Kopfverletzung ausging, holte mich immer wieder ein. Doch ich durfte jetzt nicht einfach einschlafen!
Mein ganzer Körper zuckte zusammen als eine Scheibe zerbrach und das komplette Auto wackelte. Draußen wurde gebrüllt und scheinbar auch gekämpft. Immer wieder erschütterten dumpfe Aufschläge den Wagen. Nach ein paar Minuten war es ruhig. Ich hörte absolut nichts mehr von draußen. Mein Herz raste wie bekloppt und ich stand von der Atemfrequenz her kurz vorm Hyperventilieren.
Mit einem Quietschen öffnete sich der Deckel des Kofferraums. Es strömten Licht und die kühle Nachtluft hinein. Doch anstatt des Mannes der mich angegriffen hatte, stand dort eine hübsche Frau, die mit neutralem Blick auf mich herab sah. Sie hatte lange hellblonde Haare die gelockt waren und trug eine Lederjacke. Sie zückte ein Messer und nun befürchtete ich direkt, dass die Dame die Alte von Clyde war. Ein Psychopatenduo. Na toll!
Ich hielt die Hände vor mein Gesicht und hoffte einfach, dass es schnell ging und nicht ganz so weh tat. Sie griff an meinen Arm und zog meine Handgelenke näher an sich ran. Mit einem gezielten Schnitt durchtrennte sie das Klebeband und schaffte mir damit wieder ein wenig mehr Bewegungsfreiheit.
„Der Mann der dich überfallen hat, ist weg. Wir haben ihn verjagt“, sagte sie in sanften Ton und half mir aus dem Kofferraum raus. Kaum stand ich wieder vor dem Fahrzeug entdeckte ich zwei weitere Personen, die vor einem silbernen Geländewagen standen. Einen muskulösen Mann mit kurzgeschorenen Haaren und eine dunkelblonde Frau.
„Das ist gut…Schätze ich“, murmelte ich als verspätete Antwort. Die drei hatten also meinen Angreifer verjagt, aber wer waren die und was zum Teufel machten die mitten in der Nacht hier? Die sahen nicht aus wie Polizisten oder jemand vom Sicherheitsdienst.
„Ich gehe jetzt wieder rein. Muss sicherlich einige Fragen beantworten, auf die ich eigentlich keine Antwort habe…“ Ich stand unter Schock. Irgendwie hatte ich noch nicht so ganz realisiert, dass Menschen gestorben waren und ich vermutlich ebenfalls meinen Tod gefunden hätte, wenn die Drei nicht eingegriffen hätten. Ich wollte so schnell es ging wieder zurück ins Gebäude und die Polizei rufen, doch meine Beine gaben nach. Die junge Frau mit den Locken fing mich auf und stützte mich. Sie legte meinen Arm um ihren Nacken und hielt mich mit einer unheimlichen Kraft fest.
„Das geht nicht. Du musst mit uns kommen“, sagte schließlich der Mann und verschränkte die Arme vor der Brust. Na wunderbar. Die vermeintlichen Retter, hatten wohl auch einen Lattenschuss!
„Dir passiert nichts. Wir erklären dir alles wenn wir im Auto sitzen. Versprochen!“ Die Frau die mich festhielt zog mich auch schon zu dem Geländewagen.
„Ich will aber nicht!“, kam es ein wenig energischer von mir, stolperte jedoch gezwungenermaßen mit.
„Du hast keine Wahl“, mischte sich der Mann wieder ein und öffnete die Tür zur hinteren Sitzbank, bevor er sich auf den Fahrersitz begab. Die Dunkelblonde, mit den glatten Haaren, nahm auf dem Beifahrersitz Platz und das Blondchen das mich durch die Gegend zerrte, hob mich fast auf den Rücksitz um sich kurz darauf neben mich zu setzen und die Tür zu schließen.
Mittlerweile zitterte mein ganzer Körper vor Erschöpfung. Mit halboffenen Augen sah ich von einem zum anderen. Wir fuhren los, doch ich kannte das Ziel nicht! Als ich den Blick senkte, sah ich dass meine Hände voller Blut waren. Es war wohl zum Teil von mir und zum Teil von Joshua. Wie in Trance rieb ich die Hände aneinander und versuchte sie so sauber zu bekommen. Ich bekam erneut Panik und schubbelte immer stärker über die Haut, doch das Blut ging einfach nicht ab!
Der Wagen fuhr um eine scharfe Kurve. Mein Gleichgewichtssinn hatte seine Funktion völlig verloren. Ich kippte einfach zur Seite und lehnte schließlich an der Frau die neben mir saß. Meine Hände hingen nun ebenfalls schlaff auf meinem Schoß und egal wie sehr ich mich anstrengte, ich schaffte es nicht mehr mich gerade hinzusetzen. Ich hatte das Gefühl, dass ich sterben musste.
Tränen der Verzweiflung bildeten sich und fanden den Weg über meine Wangen.
„Ich will noch nicht sterben…Ich habe noch gar nicht richtig gelebt“, hauchte ich kaum hörbar. Die Frau mit der Lederjacke hatte mich jedoch scheinbar verstanden. Sie legte einen Arm um meine Schultern und hielt mich fest.
„Du stirbst nicht, Levi. Nicht heute Nacht. Versprochen…“ Das waren die letzten Worte die ich hörte, bevor mir die Augen völlig zufielen und ich in eine tiefe Bewusstlosigkeit sank.

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Lana
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Beitrag01.09.2014 11:08

von Lana
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Zitat:
Die Tropfen des seichten Regens wurden gierig von dem trockenen Erdreich aufgesaugt. Der Himmel hatte sich mit dunklen Wolken zugezogen und tauchte die Wüstenlandschaft in ein ebenmäßiges Grau. Das Unwetter, welches sich in der nahen Ferne durch ein lautes Donnergrollen ankündigte, war ein seltenes Naturschauspiel in dieser Region der Erde.
Die imposanten Gebirge, die das Tal einschlossen, sorgten für einen minimalen Niederschlag und eine sengende Hitze, welche von keinem Windzug durchbrochen wurde.
Am 22. September 1353 war jedoch alles anders. Es war kalt, der Wind heulte und der Regen fiel unbarmherzig auf die wenigen Gestalten, die sich zu jener Zeit im Zentrum des Unwetters befanden. Die Geräusche des Kampfes gingen im annähernden Donner und dem prasselnden Regen unter. Es war ein Kampf um Leben und Tod. Ein Kampf zwischen Geschwistern, welche nicht ungleicher hätten sein können…


Im ersten Satz würde ich "gierig" streichen. Mir ist es zu anthropomorph.

Wenn am 22. Sept. "alles anders" ist, warum die einleitenden Bemerkungen? Sind diese relevant für das Geschehen am 22., macht das Abtrennen ("alles anders") keinen Sinn, sind die ersten zwei Absätze für das folgende ohne Belange, sind sie überflüssig.

"Die imposanten Gebirge" ist falsch, da die 'imposanten Berge ein imposantes Gebirge' bilden.

Ein "minimaler Niederschlag" wird unvermittelt zu einem 'unbarmherzig fallenden Regen'

Ich war mal zur Regenzeit in einer Wüste, da gab es keinen von Wolken zugezogenen Himmel. Das mag von Wüste zu Wüste verschieden sein. So gibt es, meine ich, im Okavango Delta extrem heftige Niederschläge. Troztzdem bin ich mir unsicher, wie stimmig das Bild ist.
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Dorka
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Beitrag01.09.2014 16:48

von Dorka
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Liebe Shadowdancer,

einen spannenden, mystischen Hintergrund beschreibst Du da im Prolog. Ich werde natürlich neugierig, was es mit dieser Kugel auf sich hat und wie es sich auswirkt, wenn sie gefunden wird. Ein vielversprechendes Setting.

Im Laufe des ersten Kapitels verlierst Du mich aber. ich warte darauf, dass es irgendeinen Bezug zum Prolog gibt, aber der kommt nicht. Ich hatte den Eindruck, durch die Aufnahme-Prozedur der Klinik getrieben zu werden, ohne eine Idee, wozu ich dieses Wissen benötige. Das wird dann schnell langweilig, weil ich die Relevanz nicht erkenne.
Wegen des sehr, sehr langes Textes habe ich die weiteren Kapitel nur überflogen.
Ein Problem, das ich in den Kapitel hatte: ich nehme Deinem Prota die Sucht nicht ab. Ich weiß nicht wirklich viel darüber, aber mir fehlt das Getriebene, das Unstete, das ständige an-den-nächsten-Druck-denken. Mir schien der Prota viel zu cool, auch im Umgang mit den HIntergründen seiner Geschichte und seiner Sucht. Ich weiß auch nicht genau, wie lange eine Methadon-Ersatztherapie dauert, aber auf jeden fall länger als ein paar Tage. Vielleicht liest Du mal Berichte von Betroffenen, um das authentischer zu gestalten.

Du solltest alle Bezüge kontrollieren - oft musste ich Sätze/Satzteile zwei mal lesen, um sie zu verstehen.

Du bemühst Dich - insbesondere im Prolog - um eine bildreiche Sprache. Dabei sind Dir - nach meiner Meinung - einige Bilder "schief" geraten.
Beispiele:

Zitat:

Die Tropfen des seichten Regens wurden gierig von dem trockenen Erdreich aufgesaugt.
Es gibt keinen "seichten" Regen. Er kann leicht sein, seicht sind Gewässer, Pfützen oder Smalltalk. Auch gibt es einen Widerspruch zum "prasselnden Regen" ein paar Sätze weiter, die ich als gleichzeitig wahrnehme.
Der Himmel hatte sich mit dunklen Wolken zugezogen und tauchte die Wüstenlandschaft in ein ebenmäßiges Grau.
Der Himmel kann nichts tauchen. Das kann evtl. das Licht. Aber was für ein Licht soll das sein, das etwas in "Grau" taucht? Vielleicht so: Der Himmel hatte sich mit dunklen Wolken zugezogen und ließ die Wüstenlandschaft wie in ebenmäßiges Grau getaucht erscheinen. ?

Das Unwetter, welches sich in der nahen Ferne durch ein lautes Donnergrollen ankündigte, war ein seltenes Naturschauspiel in dieser Region der Erde.
Was bitte ist "nahe Ferne"? Gibt es dann auch ferne Nähe? Schwarzes Weiß? Oder helle Dunkelheit?

Die imposanten Gebirge, die das Tal einschlossen, sorgten für einen minimalen Niederschlag und eine sengende Hitze, welche von keinem Windzug durchbrochen wurde.
Hier würde ich nach "sorgten" einfügen: "normalerweise", sonst denkt man, der "minimale Niederschlag" wäre der "seichte Regen".

Am 22. September 1353 war jedoch alles anders. Es war kalt, der Wind heulte und der Regen fiel unbarmherzig auf die wenigen Gestalten, die sich zu jener Zeit im Zentrum des Unwetters befanden. Die Geräusche des Kampfes gingen im annähernden Donner und dem prasselnden Regen unter.
Was ist annähernder Donner? Kein richtiger Donner, sondern nur annähernd sowas wie Donner? Vermutlich wolltest Du sagen, dass der Donner näher kam?
Es war ein Kampf um Leben und Tod.
Es war vermutlich ein Kapf auf Leben und Tod? Oder kann man um den Tod kämpfen?



Ich hoffe, es wurde klar, was ich mit "schiefen Bildern" meinte.

Ich habe den Eindruck, dass Du den Text kräftig überarbeiten musst. Aber ich denke auch, dass sich die Arbeit lohnen wird.

Gruß
Dorka
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Shadowdancer
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S
Beitrag01.09.2014 17:39

von Shadowdancer
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@ Lana:
Also ich würde aufgrund der Umstände warum das Unwetter dort tobt nicht davon ausgehen, dass sich das Wetter dort 'normal' verhält. Ich war leider noch nie in einer Wüste, weswegen ich dort nicht realitätsgetreu beschreiben könnte. Die anderen Punkte sind für mich nachvollziehbar und ich danke für die Anmerkungen. wink

@ Dorka:
Was die Verzögerung mit dem Bezug zum Prolog betrifft, stimme ich dir zu. Leider ergibt sich das aus dem unwissenden Protagonisten und dem Erzählerwechsel. Werde mal schauen ob ich da noch irgendwie was umschreiben oder verschieben kann.

Ich find' es gerade ziemlich bitter, dass man dem Protagonisten die Sucht nicht abkauft. Ich bin Krankenschwester und habe meine Ausbildung unter anderem in einer Entzugsklinik gemacht, weswegen ich zumindest ein wenig Erfahrung mit der Biografie von Süchtigen habe. Die reine Entgiftung des Körpers dauert maximal 14 Tage. Das Methadonprogramm im Entzug sieht so aus, dass es jeden Tag weniger gibt, bis der Patient auf 0 ist. Das Ersatzprogramm was du meinst ist was anderes. wink
Was den Umgang mit Traumata und Schicksalsschlägen betrifft, sind die meisten wirklich SEHR offen. Die haben nach den Jahren die sie sich betäubt haben, gar keinen richtigen Bezug mehr dazu. Das holt sie meist erst später wieder ein, was eben auch eine Gefahr für Rückfälle ist. Nach dem Entzug gehen die meisten Patienten in eine Reha, damit sie nicht direkt wieder in ihr altes Umfeld kommen, aber dazu kommt es bei Levi ja gar nicht erst.
Dennoch werde ich mal schauen ob ich es vielleicht an einigen Stellen noch deutlicher herausschreiben kann was da in ihm vorgeht.

Den Punkt mit den schiefen Bildern kann ich nachvollziehen. Jetzt wo du es so offen legst, fällt es mir auch auf. Bezüge werde ich auch nochmal checken.

Danke für deine Mühe. <3
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Dorka
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Beitrag01.09.2014 17:55

von Dorka
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Hallo Shadowdancer,

sorry, für meinem "Unglauben", der gründet sich auf "Nichtwissen", nur auf Gefühl. Offensichtlich weißt Du es besser, bist sogar ganz dicht dran gewesen.
Ich sehe hier ein Dilemma: die Beschreibungen sind - nach dem, was Du erzählst - authentisch, kommen aber für eine Laiin wie mich nicht authentisch rüber. Vielleicht fällt Dir eine Standard-Situation ein, die sowohl aus Deinem Wissen gespeist wird als auch Vorurteile von Leuten wie mir bedient? Das wäre ein Anker, nach dem Du dann auch aus Leser-Erwartungen ausscheren könntest.

Wie wenig ich weiß, siehst Du ja auch an meiner Unkenntnis, was Methadon betrifft. Möglicherweise solltest Du eine Schwester/Therapeutin das Entzugsprogramm erklären lassen (kurz!). Ich denke halt immer, dass es auch Andere gibt, die hier "Probleme" haben. Vielleicht kann noch jemand anderes was zu der Thematik sagen.

Gruß
Dorka
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Stefanie
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Beitrag01.09.2014 18:47

von Stefanie
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Ich habe mir jetzt nur den Prolog durchgelesen, weil es mir ehrlich gesagt doch ein bisschen viel Text war.
Da sind mir schon eine Menge Dinge aufgefallen, vor allem bei der Art und Menge, mit der du Informationen vermittelst.

Mit dem Wetter anzufangen, finde ich zunächst mal sehr unoriginell.
Ein Regen in der Wüste ist zumindest ungewöhnlich. Er führt dazu, dass sich rasend schnell Bäche und Flüsse bilden, weil der trockene Boden das Wasser nicht schnell genug aufnehmen kann. Bis auf eine Bemerkung (breiige Masse) gehst du gar nicht drauf ein. Da verschenkst du eine Chance, aus der Idee etwas zu machen.

Die Figuren werden einer nach dem anderen eingeführt und beschrieben, was immer wieder das Tempo aus der Geschichte nimmt. Du gibst dem Leser gar keine Gelegenheit, Erwartungen aufzubauen und Spannung zu empfinden, weil du sofort mit Erklärungen bei der Hand bist.
Der Prolog liest sich wie eine abgeschlossene Kurzgeschichte. Man hat jede Menge Informationen bekommen (Geschwister, Aussehen, Machtverhältnisse untereinander), aber keinerlei Hinweis darauf, inwiefern von der Kugel für die Zukunft Gefahr ausgehen könnte. Da man keine Zeit hatte, für die Guten Sympathie zu entwickeln, lässt es auch kalt, wenn sie von der Bösen getötet werden. Auch hat sie  "genug Macht erlangt um ihre Geschwister zu zerstören und die elendige Menschheit zu zermalmen", scheint dafür die Kugel aber nicht zu brauchen, sonst hätte sie sie nicht versteckt. Sie hat sie aber erschaffen, "um ihren Geschwistern etwas entgegensetzen zu können". Also früher war sie so mächtig, dass sie die Kugel erschaffen konnte, aber zu schwach, um ihren Geschwistern etwas antun zu können?

Es sind eine Menge guter Ideen in der Geschichte, aber bei der Vermittlung hakt und holpert es noch gewaltig.
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Lana
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Beitrag01.09.2014 18:58

von Lana
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Stefanie hat Folgendes geschrieben:
Man hat jede Menge Informationen bekommen (Geschwister, Aussehen, Machtverhältnisse untereinander), aber keinerlei Hinweis darauf, inwiefern von der Kugel für die Zukunft Gefahr ausgehen könnte.


Es sind eher zu wenig Informationen. Ich zitiere einen Abschnitt und mache einen Einschub, wo Ausführungen fehlen:

Zitat:
Ein groß gewachsener Mann mit dunklem, mittellangem Haar, starrte mit angestrengtem Atem seiner Schwester in die Augen. Bajeho hatte keine Angst vor der Schlacht oder vor dem Tod. Er war ein Krieger. Es war seine Aufgabe die Welt vor seiner Schwester zu schützen, doch gerade schien es ihm nicht vergönnt seine Aufgabe zu erfüllen. HIER MÜSSTE EINE AUSFÜHRUNG HIN, WARUM ES IHM NICHT VERGÖNNT IST.
Unweit neben dem zwei Meter großen Bajeho, lag ein weiterer Mann auf dem nassen Sandboden. Sein Name war Nastawha. Auch er hatte gelobt die Erde vor den dunklen Machenschaften seiner Zwillingsschwester zu beschützen. Doch nun lag er benommen auf dem, mittlerweile lehmartigen, Erdreich.


Es werden immer mehr Bereiche gestreift, ohne sie ausführen. D.h. der Leser wird immer darauf vertrötest, dass die Erklärung noch kommt. Das kann natürlich ein Spannungsmittel sein, ist es hier aber leider nicht. Da die Spannung, warum ist es ihm nicht "vergönnt", leider nicht gezielt genährt wird.
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Shadowdancer
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Beitrag01.09.2014 19:24

von Shadowdancer
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@ Dorka:
Find' ich gut das du das aufgegriffen hast. Da habe noch gar nicht so drüber nachgedacht. Werde mal schauen was ich da ergänzen kann. wink

@ Lana & Stefanie:
Ich fürchte die Geschmäcker gehen da einfach ganz weit auseinander. Manche mögen es wenn alles ganz detailliert beschrieben wird und manche fühlen sich im Lesefluss gestört. Kommt auch drauf an ob man Dinge einfach so akzeptieren kann oder alles hinterfragt. Wie nun beispielsweise die Sache mit dem vergönnen des Sieges. Sich kaputt lachen

Die Sache warum sie die Kugel zur Zerstörung nun nicht mehr braucht, werde ich in einem Satz nochmal betonen. Das kann tatsächlich missverstanden werden.

Danke für die Anmerkungen. Very Happy
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Lana
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Beitrag01.09.2014 19:50

von Lana
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Shadowdancer hat Folgendes geschrieben:
@ Lana & Stefanie:
Ich fürchte die Geschmäcker gehen da einfach ganz weit auseinander. Manche mögen es wenn alles ganz detailliert beschrieben wird und manche fühlen sich im Lesefluss gestört.


Aber Du hast natürlich recht, wenn Du unterschiedliche Geschmäcker anführst. Doch bin ich mir sicher, dass ein ständiges Anreißen von Themenfelder dazu führen kann, dass die Leser die Lust verlieren. Gerade aus der Fortführung eines Aspektes zu einem Erzählstrang entsteht erst das Bild bei dem Leser. Dieser Strang kann dann aus dramaturgischen Gründen unterbrochen werden, doch bei Dir wirkt es nicht, wie ein dramaturgischer Schnitt, sondern als wolltest Du zu schnell zu viel. Meiner Meinung nach vergibst Du Dir damit die Möglichkeit, die Erzählung gut nachvollziehbar aufzubauen.
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inmutanka
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Beitrag02.09.2014 15:48

von inmutanka
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Hallo,

9.295 Wörter ist eine Menge Holz. Ich schreibe dir mal meinen Senf/Gedanken dazu, solange ich Lust habe wink

Pick dir heraus, was dir richtig erscheint.

LG
Inmutanka

Zitat:

Die Tropfen des seichten Regens wurden gierig von dem trockenen Erdreich aufgesaugt. Der Himmel hatte sich mit dunklen Wolken zugezogen und tauchte die Wüstenlandschaft in ein ebenmäßiges Grau. Das Unwetter, welches sich in der nahen Ferne durch ein lautes Donnergrollen ankündigte, war ein seltenes Naturschauspiel in dieser Region der Erde. Die imposanten Gebirge, die das Tal einschlossen, sorgten für einen minimalen Niederschlag und eine sengende Hitze, welche von keinem Windzug durchbrochen wurde.

Da es so viele verschiedene Wüstenarten gibt, hätte ich mir hier eine Landschaftsbeschreibung gewünscht.
- Die Tropfen des seichten Regens wurden gierig von dem trockenen Erdreich aufgesaugt.
*des seichten Regens* - ich kenne *seicht* nur als flach, banal, geringe Tiefe, aber nichts davon trifft auf Regen zu
*gierig von dem trockenen Erdreich aufgesaugt* - kann du so nicht sagen. Wenn der Boden zu ausgetrocknet ist, wie z. B. in der Wüste, nimmt er Wasser erst einmal nicht auf. Erst wenn es längere Zeit regnet, sickert das Wasser ein.
- nahen Ferne – widerspricht sich für mich. Entweder etwas ist nah oder fern.
- imposanten Gebirge, die das Tal einschlossen – Gebirge sind zusammenhängende, durch Täler unterbrochene Berge, daher können nur imposante Berge das Tal umschließen.
- sorgten für einen minimalen Niederschlag – so viel ich weiß, gibt es eine Regenseite und eine Trockenseite im Gebirge. Die Regenseite hält die tiefhängenden Regenwolken auf, bis sie soweit abgeregnet haben, dass sie über das Gebirge kommen. Auf der anderen Seite dagegen (bes. bei den Wüsten) sorgt dann die Hitze dafür, das die restl. Wolken verdunsten und es daher kaum Niederschlag gibt. Daher kann das Gebirge nicht *dafür sorgen* (Fürsorge), dass es wenig regnet, sondern verhindert den Regen bzw. ist der Verursacher für den wenigen Regen.
- welche von keinem Windzug durchbrochen wurde – ich war zwar nie in der Wüste, habe aber mit Begeisterung darüber gelesen. Und viele Reiseberichte erzählen davon, dass gerade der heiße Wind fast noch schlimmer als die Sonne sei. Daher kann ich mir eine *windstille* Wüste kaum vorstellen, aber vllt. kennst du dich/jemand damit besser aus.

Zitat:
Am 22. September 1353 war jedoch alles anders. Es war kalt, der Wind heulte und der Regen fiel unbarmherzig auf die wenigen Gestalten, die sich zu jener Zeit im Zentrum des Unwetters befanden. Die Geräusche des Kampfes gingen im annähernden Donner und dem prasselnden Regen unter. Es war ein Kampf um Leben und Tod. Ein Kampf zwischen Geschwistern, welche nicht ungleicher hätten sein können…

Hier strauchle ich. Wenn ich das absolute Gegenteil von dem üblichen zeigen wollte, dann hätte ich im 1. Absatz nicht den seltenen, minimalen, nicht-der-Rede-wert-Regen gezeigt, sondern die 364 Tage-23 Stunden-Trockenheit.
- Am 22. September 1353 war jedoch alles anders. Es war kalt, der Wind heulte und der Regen fiel unbarmherzig – Dann könntest du dir auch die Floskel *war jedoch alles anders* sparen und gleich in das Geschehen einsteigen: Am 22. September 1353 dagegen war es kalt, …
*der Regen fiel unbarmherzig* - *der Regen fiel* klingt so absolut unspektakulär, dass *unbarmherzig* dazu für mich gefühlsmäßig dem schon wieder widerspricht. Ich würde statt *fallen* etwas anderes, stärkeres wählen: prasselte, stürzte, flutete, ertränkte – passt m. M. n. besser zu unbarmherzig.
- die sich zu jener Zeit im Zentrum des Unwetters befanden – Hm, wer weiß das, dass sie sich genau im Zentrum befinden? Satellitenaufnahmen mit genauer Ortung der Personen dürfte es nicht gegeben haben.
- Die Geräusche des Kampfes gingen im annähernden Donner und dem prasselnden Regen unter. – Mooo-moment, das geht mir etwas zu schnell. Bisher hast du mir gezeigt: Wüste, Regen/Unwetter, ein paar Figuren in der Landschaft, jetzt zeigst du mir nicht erst, dass sie kämpfen, sondern gleich, dass die *Kampfgeräusche* im Regen untergehen.
- Es war ein Kampf um Leben und Tod. – Sorry, aber das liest sich für ich nach: Achtung! Dramatik, ich zerr dich an den Haaren herbei! Wenn du mir den Kampf mit all seiner Brutalität und ohne Erbarmen zeigst, weiß ich ohne den Holzhammer, dass es um Leben oder Tod geht. Wobei: müsste es nicht *Kampf AUF Leben und Tod* oder *Kampf um Leben ODER Tod* heißen? *Grübel*
- Ein Kampf zwischen Geschwistern, welche nicht ungleicher hätten sein können… [werden Worte ausgelassen, immer Leerzeichen zwischen dem Wort und den Auslassungspunkten] – auch das klingt für mich nach einer reißerischen Überschrift der B..d-Zeitung.

Zitat:
Ein groß gewachsener Mann mit dunklem, mittellangem Haar, starrte mit angestrengtem Atem seiner Schwester in die Augen. Bajeho hatte keine Angst vor der Schlacht oder vor dem Tod. Er war ein Krieger. Es war seine Aufgabe die Welt vor seiner Schwester zu schützen, doch gerade schien es ihm nicht vergönnt seine Aufgabe  zu erfüllen.

- Ein groß gewachsener Mann mit dunklem, mittellangem Haar/ zwei Meter großen Bajeho – Sorry, davon abgesehen, dass entweder *großgewachsener* oder *2-Meter-großen* gereicht hätte, empfinde ich es als plump, wie du mir sein Aussehen servierst.
- angestrengtem Atem – was habe ich mir darunter vorzustellen? Keucht er vor Erschöpfung/Anstrengung, hechelt er, hyperventiliert er, bekommt er nicht genügend Sauerstoff, weil ein Lungenflügel kollabiert ist?
- Bajeho hatte keine Angst vor der Schlacht oder vor dem Tod. - *keine Angst* - ich vermeide negative Formulierungen, wo es geht. Zu viele negative Formulierungen (keine, nicht etc.) nützen sich ab und an den Stellen, wo ich sie wirklich mit all ihrer Kraft benötige, gehen sie dann unter. Außerdem klingt *keine Angst* irgendwie nach rosarotem Teenie-Girl und passt nicht zu einem mächtigen Krieger. Hier hätte ich geschrieben: Bajeho fürchtete weder Schlacht noch Tod.
- Er war ein Krieger – mein Gedanke hier: Wer hätte das gedacht?
- Es war seine Aufgabe die Welt vor seiner Schwester zu schützen, - hier dachte ich: Schön, und wer hat ihm die Aufgabe zugeteilt?
- doch gerade schien es ihm nicht vergönnt seine Aufgabe zu erfüllen – sorry, das ist eine Behauptung. Ich habe noch nichts gezeigt bekommen, miterleben dürfen, die diese Behauptung glaubhaft untermauert bzw. was noch besser wäre: die mich selbst zu diesem Schluss hätte kommen lassen.
So, genau an diesem Punkt hättest du mich als Leser verloren. Grund: Du hast eine hochdramatische, actiongeladene (eine Jeder-Regisseur-wäre-begeistert-) Szene und du handelst sie mit ein paar dürren Sätzen ab. Außerdem unterbrichst du genau die Stelle, die etwas Spannung aufbaut, wieder, mit der Heldenbeschreibung und dem ganzen Hintergrund-Info, die mich hier/an dieser Stelle einen Teufel interessieren.
Das ganze Blabla um die Wüste könntest du dir sparen, denn das Setting scheint für den Kampf selbst keine Rolle zu spielen. Steig mit dem Datum ein, dann lass den Kampf beginnen, lass mich ähnlich wie einen Ringrichter beim Boxen hautnah mit im Ring herumhopsen. Den Schlägen/Schwerthieben ausweichen, den aufgewirbelten Staub einatmen, Schweiß und Blut riechen.
Die ganzen Infos könntest du auch in einem Dialog zwischen Bruder und Schwester verpacken.
 
Zitat:
Unweit neben dem zwei Meter großen Bajeho, lag ein weiterer Mann auf dem nassen Sandboden. Sein Name war Nastawha. Auch er hatte gelobt die Erde vor den dunklen Machenschaften seiner Zwillingsschwester zu beschützen. Doch nun lag er benommen auf dem, mittlerweile lehmartigen, Erdreich.

- Unweit neben dem zwei Meter großen Bajeho, lag ein weiterer Mann auf dem nassen Sandboden. - *Unweit* - streichen oder *in der Nähe* verwenden, schon hast du ein *Un*wort weniger. – so, wie du geschrieben hast, müsste Bajeho (neben Bajeho, lag ein weiterer Mann) ebenfalls auf den Boden liegen. Aber er steht doch, oder?

*Sandboden*/ * lehmartigen, Erdreich* - sorry, das sind Stellen, wo ich bei Büchern Schreikrämpfe bekommen könnte und nicht selten ein Buch gegen die Wand fliegt. Bin ich als Leser, der dem Autor im besten Falle Zeit und Geld gibt, dem Autor nicht einmal eine gescheite Recherche wert?
Weiter hinten habe ich gelesen, dass es sich um das Death Valley handelt.
1. Death Valley ist eine Geröll- und Salzwüste und keine SANDwüste. Da erwarte ich schon vom Autor, dass er sich über das Gebiet (wenn es den real sein soll) informiert.
2. Sandboden bleibt auch nass einfach nur ein Sandboden, zwar feucht/nass, aber eben Sand und hat nicht einmal annähernd etwas mit *lehmartig* zu tun.
- Sein Name war Nastawha  - überflüssig, du hättest schon im Satz davor schreiben können: neben Bajeho lag Nastawha auf dem Boden.
- Auch er hatte gelobt die Erde vor den dunklen Machenschaften seiner Zwillingsschwester zu beschützen. – wieder eine Andeutung, mit der ich nichts anfangen kann, weil mir jeder Hauch von Hintergrundwissen fehlt.
Das Einzige, was ich bis hierher weiß ist: es spielt im 12 Jhdt in einer Wüste und 3 Geschwister kämpfen gegeneinander, 1 davon ist Krieger – warum, wieso und mit was kämpfen sie?
* dunklen Machenschaften* - das Wort *Machenschaften* ist schon negativ besetzt (es gibt keine *hellen* Machenschaften), daher *dunkle* streichen
- Doch nun lag er benommen auf dem … Erdreich – *benommen* von was?

Zitat:
Ein Mädchen mit schwarzen, langen Haaren, stand dem Hünen gegenüber. Sie erwiderte dessen Blick ungerührt und schien wenig beeindruckt von dem Größenunterschied. Dalowha hatte nichts vor ihren Brüdern zu befürchten. Sie hatte schon vor Jahrhunderten genug Macht erlangt um ihre Geschwister zu zerstören und die elendige Menschheit zu zermalmen.

- Ein Mädchen mit schwarzen, langen Haaren, stand dem Hünen gegenüber. – wieder plumpe und unoriginelle Aussehensbeschreibung. Und warum nennst du sie erst *ein Mädchen* und nicht gleich Dalowha?
- Sie erwiderte dessen Blick ungerührt und schien wenig beeindruckt von dem Größenunterschied. – Bei duden steht unter *ungerührt* teilnahmslos, gleichgültig – persönlich könnte ich mit einem gleichgültigen/teilnahmslosen Blick mehr anfangen als mit einem *ungerührten*.
* schien wenig beeindruckt von dem Größenunterschied.* - welchen Größenunterschied? Den hast du mir nicht gezeigt. Sie könnte ja durchaus (weil Geschwister) ebenfalls eine 2 m Walküre sein.
- Dalowha hatte nichts vor ihren Brüdern zu befürchten. Sie hatte schon vor Jahrhunderten genug Macht erlangt um ihre Geschwister zu zerstören und die elendige Menschheit zu zermalmen. – die nächsten Fragen stehen im Raum:
Warum hat sie nichts zu befürchten? Was für eine Macht hat sie wie erlangt und weshalb zerstört diese ihre Geschwister und die Menschheit? Warum haben ihre Geschwister dem nichts entgegen zu setzen? Warum will sie die Menschheit und ihre Geschwister vernichten? Was sind die Geschwister (Götter, Aliens, Untote)?

Zitat:
Die Menschen die sie aufgrund ihrer Gaben gemieden hatten, sie beschimpften und verfluchten. Sie hasste sie abgrundtief, hatte sich immer mehr in ihrem Zorn verloren und fühlte sich von ihren Geschwistern im Stich gelassen, welche auf der Seite der schwächlichen, haarlosen Affen, standen. Doch nun war der Tag gekommen an dem sie allem ein Ende bereiten würde. Bis nichts mehr blieb als Schutt und Staub.

Oben hast du von * schien wenig beeindruckt von dem Größenunterschied* geschrieben. Quasi – sie scheint nicht beeindruckt – was auch richtig war. Aber hier wechselst du zu der Perspektive von ihr, den ihre Gefühle und Pläne sind hier nicht mehr eine nur anzunehmende  Sache, sondern du schreibst ganz klar: so und so ist es.
- Die Menschen die sie aufgrund ihrer Gaben gemieden hatten, sie beschimpften und verfluchten. – Wieder Fragen: Aufgrund welcher Gaben haben sie sie beschimpft?
- Sie hasste sie abgrundtief, hatte sich immer mehr in ihrem Zorn verloren und fühlte sich von ihren Geschwistern im Stich gelassen, welche auf der Seite der schwächlichen, haarlosen Affen, standen. – hier kommt mir der Erzähler durch. Außerdem sind das für mich Behauptungen, da mir das Wissen über das warum/Weshalb/Wieso fehlt, kann ich ihren Hass nicht nachvollziehen bzw. mitfühlen.
- Doch nun war der Tag gekommen an dem sie allem ein Ende bereiten würde. Bis nichts mehr blieb als Schutt und Staub. – nächste Frage: warum gerade an diesem Tag? Und vor allem: Wie?
* Bis nichts mehr blieb als Schutt und Staub.* - ok, das ist in einer Wüste kein allzu großes Kunststück. wink

Zitat:
„Es ist noch nicht zu spät, Dalowha. Bitte sei vernünftig!“, flehte Bajeho und ging einige Schritte auf seine jüngere Schwester zu. Er blieb nah vor ihr stehen. Das nasse Haar klebte ihm auf der Stirn. Er sah müde und gequält aus, doch diese Tatsache machte für die Schwarzhaarige keinen Unterschied. Sie war schon lange nicht mehr das kleine, quirlige Mädchen, was sich gut mit ihren Geschwistern verstanden hatte. Dalowha hob den Blick. Ihre kalten, dunklen Augen, bohrten sich in die ihres Bruders. Die langen Haare verdeckten ihr kindliches Gesicht fast vollständig. Wenn die Blitze die Dunkelheit für einen kleinen Moment erhellten, wurden schwarze Linien auf der Haut des Mädchens sichtbar. Die Machtbesessenheit hatte ihre Tribute gefordert.

- ging einige Schritte auf seine jüngere Schwester zu. – wie soll er sonst auf sie zugehen, wenn nicht mit *Schritten*?
- Er blieb nah vor ihr stehen. - *fern* vor ihr stehenbleiben macht auch keinen Sinn, *nah* kann also raus.
- Das nasse Haar klebte ihm auf der Stirn. – er hat *mittellange* Haare (wobei *mittellang* keine Angabe ist, da ich nicht weiß, wie lang *lange* und wie lang *kurze Haare* sind. Gehe ich von meiner Haarlänge aus, wäre *mittellang* ca. 2,5 – 3 cm, gehe ich von der Haarpracht meines Freundes aus, wäre *mittellang* 30 – 40 cm) – also, er hat mittellange Haare und die kleben ihm alle an der Stirn? Du weißt schon, das mir mein Hirn gerade die schrägsten Frisuren-Bilder vorgaukelt, oder?
- Er sah müde und gequält aus, doch diese Tatsache machte für die Schwarzhaarige keinen Unterschied. – das er müde und gequält aussieht, ist wieder eine Behauptung. Du zeigst es mir nicht und du hast mir auch nichts gezeigt (z. B. den Kampf) dass ich dir die Behauptung so abnehmen würde.
*Schwarzhaarige* - da dachte ich: wie oft will sie mir noch sagen, dass sie schwarze Haare hat.
- Sie war schon lange nicht mehr das kleine, quirlige Mädchen, was sich gut mit ihren Geschwistern verstanden hatte. – auch eine Behauptung, die ich dir glauben kann oder nicht. Aber ich bin ein böser Leser, ich glaube nicht so einfach alles, was Autoren behaupten *fg*
- Dalowha hob den Blick. – Wieso? Wo hat sie den hingesehen? Das war der letzte *Blickstand*: Sie erwiderte dessen Blick ungerührt und schien wenig beeindruckt von dem Größenunterschied
- Ihre kalten, dunklen Augen, bohrten sich in die ihres Bruders. - *schüttel* das liest sich so, als würde sie mit ihren Augen die Augen des Bruders ausstechen.
Mit *dunkel* und *schwarz* hast du es, beides wiederholt sich ständig im Text.
- wurden schwarze Linien auf der Haut des Mädchens sichtbar. Die Machtbesessenheit hatte ihre Tribute gefordert. – Die nächste Frage: was hat Machtbesessenheit mit den Linien zu tun?

Zitat:
„Wir haben den Punkt des Redens schon lange überschritten.“ Ihre Stimme klang dunkel, fremd und gefühllos. Bajeho schloss einen Moment die Augen. Der Regen, welcher in der Umgebung auf den Boden klatschte, hörte sich nun fast an wie Applaus. Eine Anfeuerung, die ihn leider nicht zum Sieg führen würde. Sein Versagen war vorbestimmt, doch er mobilisierte die letzten Kraftreserven und stürmte auf seine Schwester zu. Dalowha wich nicht zurück, sie streckte lediglich die Hand nach vorne aus. Genau in dem Moment wo Bajehos Brust mit den Fingern des Mädchens in Berührung kam, flog er einige Meter zurück und landete dicht neben seinem Bruder am Boden. Sie war zu mächtig.

- „Wir haben den Punkt des Redens schon lange überschritten – das hört sich nicht nach einer machtgierigen Person, die alles und jeden hasst.
- Ihre Stimme klang dunkel, fremd und gefühllos – wieder *dunkel*
- Bajeho schloss einen Moment die Augen. – warum schließt er die Augen?
- Der Regen, welcher in der Umgebung auf den Boden klatschte – Aha, der Regen fällt nur um ihn herum auf den Boden, er steht praktisch im Trockenen?
- hörte sich nun fast an wie Applaus. Eine Anfeuerung, die ihn leider nicht zum Sieg führen würde. – verständlich, nur ein *fast-Applaus* würde mich auch nicht zu Höchstleistungen anspornen.
- Sein Versagen war vorbestimmt, doch er mobilisierte die letzten Kraftreserven und stürmte auf seine Schwester zu. – Als ich das las, dachte ich nicht: O Gott, was für ein heroischer Kerl! Nein, mir ging durch den Kopf: *Schön blöd* und *natürliche Auslese*! Grund: du hast mir bisher nichts gezeigt, dass er gar nicht anders kann, als genau in diesem Moment alles zu riskieren, auch wenn es aussichtslos ist.
Müsste jemand eine Atombombe entschärfen, hat keine Ahnung von nichts, aber der Zeitzünder zeigt nur noch 10 Sekunden an und der Typ denkt: Ich reiß jetzt alle Kabel raus, vllt. klappts – dann kann ich sein Handeln nachvollziehen und denke: Ok, der hat nichts mehr zu verlieren, aber eine klitzekleine Chance, alles zu gewinnen. Er hat keine andere Wahl.
Bei deinem Typ frage ich mich: Junge, warum nicht den geordneten Rückzug antreten, Wunden lecken und Kräfte sammeln, neue Strategie überlegen und dann die nächste Schlacht anzetteln? – Wenn ich weiß, dass ich jetzt keine Aussicht habe, einen Kampf zu gewinnen und es steht niemand mit einer Machete hinter mir, dann wäre es doch hirnverbrannt, wenn ich sagen würde: Ok, jetzt stürze ich mich in ein Selbstmordkommando.
Und genau diese Rückzugsmöglichkeit hast du ihm nicht verbaut bzw. mir als Leser nicht gezeigt, deshalb kann ich ihn mit einem Schulterzucken und ohne eine Träne im Auge in seinen Tod laufen lassen.
*stürmte auf seine Schwester zu* – wie kann er auf seine Schwester zustürmen, wenn du doch zuvor schriebst * Er blieb nah vor ihr stehen.*  -
- Dalowha wich nicht zurück, sie streckte lediglich die Hand nach vorne aus. Genau in dem Moment wo Bajehos Brust mit den Fingern des Mädchens in Berührung kam, flog er einige Meter zurück und landete dicht neben seinem Bruder am Boden. Sie war zu mächtig. – Wollte er sie umrennen? Wenn nicht, ist das Ganze absolut unlogisch. Er ist soll ein 2m – Hüne sein, sie ein wesentlich kleineres Mädchen, wenn ich deine im Text gemachten Passagen *schien wenig beeindruckt von dem Größenunterschied.*, demnach hat er längere Arme, eine größere Reichweite (vllt. noch irgendwo ein Schwert?) und hätte sie daher leicht niederschlagen können, bevor sie ihn berührt hätte.
* landete dicht neben seinem Bruder am Boden* - *landete neben Nastawha – hätte genügt. Dass es sein Bruder ist, weiß ich doch schon längst.


Zitat:
Bajehos Aufprall war dumpf. Der nasse Sand, hatte sich in eine breiige Masse verwandelt, die nun drohte ihn zu verschlucken. Er versuchte sich aufzurappeln, doch seine Kräfte waren verbraucht. Der Kampf dauerte nun schon zu lange. Er hatte zu viel einstecken müssen. Bajeho blieb am Boden und sah zu seinem Bruder, welcher flach atmend dort lag und langsam wieder zu Bewusstsein kam um sein Ende mitzuerleben. Sie warteten beide auf den Gnadenstoß ihrer kleinen Schwester, die sie einst so geliebt hatten. Der Hüne drehte sich auf den Rücken. Die Regentropfen prasselten in sein Gesicht.

- Der nasse Sand, hatte sich in eine breiige Masse verwandelt, die nun drohte ihn zu verschlucken. – *Kreischalarm* Du hast also in einer Geröll-Salz-Wüste Treibsand durch Regen entstehen lassen? Treibsand entsteht nur, wenn das Wasser keine Möglichkeit hat, abzufließen. Was ich im Death Valley erst einmal bezweifle. Zum anderen – auch wenn es in vielen Romanen anders beschrieben wird – sinkt Mensch im Treibsand nur bis zur Hüfte ein, da die dichte eines Körpers der des Wassers entspricht und der Körper dadurch *getragen* wird. Wenn er also nicht kopfüber in der Masse steckt, dürfte er nur die Schwierigkeit haben, dass er feststeckt und vermutlich ohne Hilfe nicht mehr herauskommt.
- Er versuchte sich aufzurappeln, doch seine Kräfte waren verbraucht. - *aufrappeln* also aufstützen/sich hochstemmen dürfte schwierig sein im Treibsand
- Der Kampf dauerte nun schon zu lange. Er hatte zu viel einstecken müssen. – mein Gedanke hier: Weichei! Grund: ich habe an Kampf bisher nur die Fingerspitzenübung gesehen, und davon ist er schon ko?
- Bajeho blieb am Boden – im Treibsand wohl eher *im Boden*, zumindest halb.
- zu seinem Bruder, welcher flach atmend dort lag und langsam wieder zu Bewusstsein kam um sein Ende mitzuerleben. – wieso zu Bewusstsein? Oben hast du doch geschrieben, dass er lediglich *benommen* war. Darunter verstehe ich desorientiert, langsamer im Denken/Handeln etc. aber nicht bewusstlos.
* zu Bewusstsein kam um sein Ende mitzuerleben.* - tja, von dem Zufall abgesehen, dass er genau in diesem Moment erwacht (oder hat Dalowha extra so lange gewartet?) ist dieser Satz nicht eindeutig. Wachte Nastawha nun auf, um sein eigenes Ende mitzuerleben oder um das seines Bruders Bajeho mitzuerleben?
- Sie warteten beide auf den Gnadenstoß ihrer kleinen Schwester, die sie einst so geliebt hatten. – *Gnadenstoß* kommt aus dem Jagdlichen und beinhaltet, dass ein verwundetes Tier mit einem Stich ins Hinterhaupt bzw. Herz von seinen Qualen/Schmerzen erlöst wird. Daher passt das Wort hier nicht, es ist wohl eher eine Hinrichtung/Gemetzel/Abmurksen.
* ihrer kleinen Schwester, die sie einst so geliebt hatten* - also so richtig klassisch heroisch wäre: wenn sie ihre Schwester immer noch lieben würden wink
- Der Hüne drehte sich auf den Rücken. Die Regentropfen prasselten in sein Gesicht. – Der Junge scheint sich ja im Treibsand so richtig wohl zu fühlen, und den Raum, wo um ihn herum die Regentropfen fielen, scheint er mit dem Stoß auch verlassen zu haben *fg*; Von meinem Gefühl her würde ich sagen: die Regentropfen fallen *auf* sein Gesicht und nicht *in* sein Gesicht.
Zitat:
„Ihr seid solche Narren! Wie könnt ihr eure Existenz für die Menschheit aufs Spiel setzten?! Sie sind alle schwach, verdorben, neidzerfressen und trügerisch!“, fauchte Dalowha abschätzig, blieb zwischen ihren Brüdern stehen und sah erhaben auf sie hinab.

- fauchte Dalowha abschätzig, blieb zwischen ihren Brüdern stehen und sah erhaben auf sie hinab – ok, mit gefauchten Worten habe ich es nicht so, entweder man mag solche Sachen lesen oder nicht. Mein Fall ist es nicht. *Abschätzig* - auch hier bin ich der Meinung, das Abschätzige müsse über die Worte oder Gestik gezeigt werden (was dann das *abschätzig* überflüssig machen würde, da der Leser es ja als *abschätzig* interpretieren würde), so ist es eine Behauptung des Autors. Und mit *erhaben herabsehen* da komme ich auch ins Stottern. *erhaben* ist *erhöht* (steht über), hochmütig etc. sehe ich also jemand hochmütig/erhaben an, blicke ich ja bereits sinngemäß auf ihn herab, demnach würdest du doppelt – nämlich sinngemäß und wortwörtlich – auf die Brüder herabsehen lassen.
- blieb zwischen ihren Brüdern stehen – wie geht das, wenn zuvor Bajeho * dicht neben seinem Bruder* liegt?


Mein Fazit bis hier hin:
viel Klischee, vieles behauptest du, statt es mir zu zeigen bzw. mich durch Handlungen zu den entsprechenden Schlüssen kommen zu lassen, schlecht recherchiert, es wird nur Frage auf Frage aufgeworfen, ohne Hintergründe aufzuzeigen oder mal eine Antwort - das berühmte Zuckerl für den Leser, dass er bis hierhin durchgehalten hat und ihn motivieren soll, bis zur nächsten Antwort durchzuhalten - zu liefern. Zumind. im Prolog musst du noch viel Arbeit reinstecken, damit er und die Charaktere stimmig und rund werden.

LG
Inmutanka


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Ich danke allen, die meine Träume belächelt haben; Sie haben meine Phantasie beflügelt. ... Vor allem aber danke ich all jenen, die mich lieben, so wie ich bin; Sie geben mir die Kraft zum Leben! Danke. (Paul Coelho)
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Shadowdancer
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S
Beitrag02.09.2014 15:58

von Shadowdancer
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Hallo inmutanka,

danke für die Zeit die du investiert hast und für deine Anmerkungen. wink
Ich denke an euren Bemerkungen ist einiges dran. werde es entsprechend nochmal überarbeiten. <3

Liebe Grüße
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Sylvia Aljana
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Beitrag17.09.2014 14:26

von Sylvia Aljana
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Hallo Shadowdancer,

Ich gestehe gleich von Anfang an, dass ich über den Prolog nicht hinaus gekommen bin. Dabei hast du weder einen grottigen Stil, noch wirkt die Geschichte unspannend.
Ich kann mir bei dem was du beschreibst sehr gut vorstellen, dass es eine mitreißende Geschichte wird. Die Idee dahinter scheint keine unausgereifte kurze Inspiration gewesen zu sein.
Ich frage mich nur, wie oft hast du es überarbeitet. Ich meine, nicht nur auf Rechtschreibung, sondern es dir selbst, oder anderen laut vorgeslesen? Viele von den Formulierungen, über die meine Voredner schon gefallen sind, springen einem dann quasi ins Augen.
Zum Stil: Auch ich liebe eine blumige Sprache, weil man, wenn man es gut macht damit jemanden in ein Buch hineinsaugen kann, wie in einen Film. Aber grade heutzutage, wo man mit so Beschreibungsfanatikern wie Fontane ja dank seiner Schulzeit gut abgespeist ist, muss man das sehr gut machen, damit es nicht so wirkt, als hätte man da jetzt noch ein beliebiges, am besten gerade neukreirtes Adjektiv vorn dran gehängt, weil nur z.B.,  "der Hüne", einem nicht deutlich genug vorgekommen ist. Oder so reduziert wirkt. aber genau das muss man manchmal. Statt noch einem und noch einem Adjektiv versuche Dinge lieber in Nebensätzen, oder neuen Sätzen mehr Ausdruck zu verleihen.
Ein zweiter Punkt und eine ganz wichtige Regel beim Schreiben ist "Show, don't tell".
Statt mir die ganze Lebensgeschichte der vier Geschwister in deiner Präsenz als allwissender autor um die Ohren zu hauen, versuch mir das Wissen doch einfach mal subtiler zu vermitteln.
Ich weiß, es sit schwer, und ich weiß das vor allem, weil mich deine Leseprobe sehr an die erste Version meiner eigenen Romanreihe erinnert. Auch heute schreibe ich sowas noch manchmal, dann, wenn ich eine Szene einfangen möchte, wie eine grobe Skizze. Doch anschließend, vielleicht direkt vielleicht erst Tage später gehe ich sie nochmal durch und lasse nur das stehen, was mir dann noch gefällt.

Ich glaube die Story, die du zu erzählen hast, ist gut. Versuch nur immer so zu schreiben, dass selbst du beim zehnten und zwanzigsten Mal wiederlesen noch in den Text hineingesaugt wirst.

LG Sylvia


_________________
"Ja, diese Welt der Träume hatten sie wohl gefunden, doch schien Fenia nie bedacht zu haben, dass es neben all den schönen, hoffnungsvollen und guten Träumen auch die Träume gab, die aus den dunklen Teilen der Seele erwuchsen."

Aus "Der Stern von Erui - Heimkehr"
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Noaaah
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Beitrag19.09.2014 05:15

von Noaaah
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Aloha!

Als ich über den Auszug gestolpert bin, wollte ich erst nichts weiter dazu sagen. Den Prolog begann ich dennoch und las ihn auch zu Ende. Das meiste wurde bereits gesagt. Meine eigene Einschätzung dazu, möchte ich in kurzen Sätzen wiedergeben:

Ich bin ein schwieriger Fall in Texten wie diesem. Das kam mit den Jahren und mich animierte der Prolog nicht zum weiterlesen. Das ist sicherlich der persönliche Geschmack. Dennoch gibt es da noch Dinge, die mich regelrecht aufregten.

Das Relativpronomen "welcher/welches/welche" nutzt du sehr oft. Ich finde es stoppt den Fluss in einem Satz. Es ist mit einer steinerne Brücke gleichzusetzen, die sich nicht ins Gebilde einfügt. Ich fände Artikel bedeutend einfacher und schöner. Zum Beispiel:

Zitat:
Shadowdancer: Das Unwetter, welches sich in der nahen Ferne durch ein lautes Donnergrollen ankündigte, war ein seltenes Naturschauspiel in dieser Region der Erde.


Es gibt verschiedene Möglichkeiten den Satz umzuformulieren.
• Das Unwetter, das sich in der Ferne durch ein lautes Donnergrollen ankündigte, stellte ein seltenes Naturschauspiel dar. (Die Region, über die du schreibst, hast du zuvor bereits erwähnt.)
• In der Ferne kündigte sich ein seltenes Naturschauspiel, durch lautes Donnergrollen, an. Ein Unwetter kam auf.

Es gibt noch mehr Möglichkeiten, aber mit den Worten kann man sehr schön spielen.

Zitat:
Shadowdancer: „Doch die Menschheit hat eine“, fügte sie hinzu und sah ihre Schwester mit festem Ausdruck an. Sie holte eine leuchtende Kugel hervor, legte sie in ihre Handfläche und betrachtete sie. Es zeigte sich das erste Mal eine Regung auf Dalowhas Gesicht. Es war Verwunderung, Schock, die Angst zu verlieren! „Woher hast du die?“, zischte sie angriffslustig.

Ehrlich gesagt, habe ich das erwartet, was folgte. Es animierte mich nicht, das erstes Kapitel zu lesen. Gerade bei einem Prolog erwarte ich etwas Neuartiges. Etwas, das mich zweifeln und in Unwissenheit belässt. So ahne ich bereits was kommen wird und habe nicht die Lust es weiterzuverfolgen. Vielleicht geht auch das nur mir so, aber ich wollte dir meine Meinung dazu dennoch mitteilen, weil es mir auffiel.


Edit während des Schreibens: Ich las noch ein wenig mehr (denn ich hatte da ein Stichwort gelesen: Die Psychose!) und da war etwas, das mich weitaus mehr bestürzte. Auch einige der medizinischen Vorgehensweisen und Fakten solltest du noch einmal überdenken. Ein Stationsarzt wird durch eine einmalige Schilderung nach dem zweiten Tag nicht an eine Psychose denken. Bei dem Entzug selbst, können psychotische Symptome aufkommen. Eine Psychose ist aber noch etwas ganz anderes und längerfristig (selbst Drogenpsychose bedarf einer genauen Untersuchung). Symptome können relativ schnell verschwinden und weisen auf mannigfaltige Erkrankungen hin (nicht alleine einer Psychose, so haben auch Persönlichkeitsstörungen und Bi-polare durchaus mal psychotische Symptome bis hin zu Minipsychosen. Diese sind dann immer noch keine Psychosen an sich.) Das ist mit einem oder zwei Erlebnisse nicht festzustellen. Genauso wenig, wie man bei einem Menschen mit Liebeskummer von wenigen Wochen auf eine schwere Depression hindeuten könnte. Sie kann sich entwickeln, aber dem bedarf es abzuwarten und genau untersucht zu werden. Daher wird der Entzug auf klinisch vollzogen, alleine schon, weil es Gründe für die Einnahme gibt und die sind nicht selten, andere Erkrankungen. Es riecht hier eindeutig nach einem Klischee, obwohl die Idee naheliegend ist. smile

Generell muss ich mich in einigen Punkten den Vorrednern anschließen. Vor allem inmutanka. Allgemein wirkt es wenig recherchiert und durchdacht. Die Figuren wirken zweidimensional. Selbst für einen Prolog. Lieber etwas kürzer und mehr auf eine Sache eingehen. Vielleicht schreibst du es nochmal um/passt es an. Die Idee mag nicht schlecht sein, aber ich finde gerade die Aufopferung der Schwester die Umsetzung ist nicht gelungen. Manches sieht man nur durch die Augen der anderen, daher hoffe ich, das dir die Tipps, Ratschläge und Meinungen helfen. Gerade Verwandte sind wenig auf's Detail bedacht; so meine Erfahrung.

Seine Reaktion fand ich vor allem an Stellen wie diesen toll, weil es wohl vielen so gehen würde:

Zitat:
„Sie können sich schon mal ausziehen“, meinte sie beiläufig und schenkte mir einen kurzen Blick, während sie gerade eine meiner Hosen kontrollierte.
„Wie jetzt?“, kam es wie aus der Pistole geschossen.


Zitat:
„Aha. Wenn es im Standard steht, dass Sie die Patienten von der nächsten Brücke schmeißen sollen… machen Sie doch aber nicht, oder?“ Ein kleiner Witz, der die Spannung auflockern sollte. Seline musste grinsen, jedoch starrte mich Martina mit einem tödlichen Blick an. Memo an mich selbst: Keine Witze über die Standards machen. Zumindest nicht wenn die Spaßbremse dabei war.



Gruß
Noah


_________________
»Ich will, lieber Freund, ich verspreche dir's, ich will mich bessern, will nicht mehr ein bisschen Übel, das uns das Schicksal vorlegt, wiederkäuen, wie ich's immer getan habe; ich will das Gegenwärtige genießen, und das Vergangene soll mir vergangen sein.«
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