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Spokenhed


 
 
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Rike Charlotte
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 56
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Wohnort: In den Wäldern des Einhorns


Beitrag09.05.2015 17:21

von Rike Charlotte
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Jetzt ist spokenhed offline.  Was muss ich tun um es wieder online zu kfiegen?
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Rike Charlotte
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 56
Beiträge: 251
Wohnort: In den Wäldern des Einhorns


Beitrag20.05.2015 11:13

von Rike Charlotte
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Ich hoffe,  Ich konnte Eure Anregungen wenigstens teilweise einarbeiten:

Auf dem Weg ins Düsseldorfer Parkhaus ging schon die Sonne unter. Gegen 21 Uhr erreichte Rangsal sein Parkdeck. Neonbeleuchtung flackerte. Schon konnte er seinen Wagen sehen, als ihn ein schwerer Schlag auf die Brust zu Boden warf.
Herzrasen... alles verdunkelte sich, er hatte Mühe, Luft durch die Lungen zu pumpen... Seine Blase entleerte sich, ein süßlich-schäbiger Geruch breitete sich aus. Ein Klirren - was fiel da direkt neben ihm auf den Betonboden? Drei dunkle Schatten näherten sich... Langsam hob er eine Hand, um um Hilfe zu bitten.

Dumpfes Gemurmel wurde zu gesprochener Sprache: "Scheiße, der lebt noch. Hab ich dem den Schuß doch direkt auf die Brust gesetzt...", fluchte der Erste, der jetzt breitbeinig in Rambo-Pose über Rangsal stand. Er schob eine Schusswaffe zurück in das Halfter. "Das Arschloch trägt eine Weste!", bellte ein zweiter, untersetzter Mann wütend. Er kniete neben Rangsal, der wie hypnotisiert an die Decke starrte, und riss sein T-Shirt auf. Schwarzes Blut sickerte aus einer Platzwunde unter der schußsicheren Weste hervor. Aus den Augenwinkeln erkannte Rangsal ein Stück Streifenuniform. Die Kälte des Betons sickerte unaufhörlich in seinen Körper und machte ihn noch unbeweglicher. Wehrlos ausgeliefert war er nicht fähig, sich zu rühren. Er zitterte.

"Ich schieß' ihn in den Kopf.", meinte der Ramboverschnitt eiskalt, als sich plötzlich leises Stimmengewirr näherte. "Nichts wie weg!", befahl der Dritte, der der Boss zu sein schien und sich bisher im Hintergrund gehalten hatte. Seine Stimme kam Rangsal bekannt vor. Zum Abschied trat Rambo hart auf seine Brust und er krümmte sich. "Wir kommen wieder, Arschloch!" Ihre Schritte entfernten sich schnell in Richtung Fahrstuhl. Sie erwischten auch sofort einen der beiden Fahrstühle, mit dem sie ins Erdgeschoss fuhren. Nur ein paar Meter, und sie standen vor dem eigenen Wagen, einem Streifenwagen mit NRW-Kennzeichen.

Rangsal stöhnte vor Schmerz. Eine Gruppe lachender junger Leute näherte sich. Vergeblich versuchte Rangsal, aufzustehen. "Heh, Penner!", sprach ihn einer der Männer an, der alkoholisiert klang. "Du liegst im Weg. Wenn du dich nicht vom Acker machst, wirst du überfahren!" Rangsal verlor das Bewußtsein. Als er ein paar Minuten später wieder zu sich kam, wurde er an den Füßen gepackt durch das Parkhaus gezogen. Seine Kleidung stank nach Urin. Wieder stöhnte er in Todesangst. "Sollen wir nicht doch lieber die Polizei rufen? Oder 'nen Krankenwagen?", fragte jetzt eine Frau. "Der ist doch total hin." "Ach was - der muß nur seinen Rausch ausschlafen, dann läuft der von selber nach Hause." Die Blutflecken und das aufgerissene T-Shirt schienen ihnen gleichgültig zu sein. Hinter der markierten Fahrbahn legten sie Rangsal ab. Das Einbruchwerkzeug, das sie neben ihm auf der Fahrbahn fanden, warfen sie hinterher, ohne über seine Bedeutung nachzudenken. Noch einmal verlor er das Bewußtsein.

Als er endlich wieder zu sich kam, war er allein. Ein mühsamer Blick auf die Uhr und er wusste, dass gleich die Schranken und die Rolltore herab gelassen würden. In ein paar Minuten hätte er keine Möglichkeit mehr, das Parkhaus samt Auto zu verlassen. Auf allen vieren kroch Rangsal im Schneckentempo zu seinem Wagen. Das Einbruchwerkzeug nahm er mit. Er öffnete mit der Fernbedienung die Türen. Langsam streckte er sich in Richtung Griff und bekam ihn auch zu fassen. An der offenen Tür zog er sich hoch und kam endlich auf die Beine. Er ließ sich auf den Fahrersitz fallen und startete den Volvo. Vergeblich suchte er die Parkdauerkarte, um sie dann auf der Ablage zwischen den Vordersitzen zu finden. Er schob sie mit zitternden Händen in den Kartenschlitz. Langsam öffnete sich die Schranke. Nur Momente, bevor das Parkhaus geschlossen wurde, verließ er es mit halb angezogener Handbremse und quietschenden Reifen. Bevor er sich draußen in den trägen Freitagabendverkehr einordnete, hielt er auf der Ausfahrt an und holte tief Luft.

Kaum zuhause angekommen, steuerte er unsicher auf seine Bar zu: Single Malt Whiskey! Sorgsam setzte er einen Fuss vor den anderen. Der kalte Keramikboden schien seinen müden Schritten nachzugeben. Langsam versank Rangsal bei jedem Schritt ein wenig mehr in den weissen Hochglanzfliesen wie in metertiefem Schnee. Er schnaufte. Sein heisser Atem kondensierte. Es flüsterte wieder. Angewidert sah er sich um, die steifgefrorenen Beine bis zu den Knien in die eiskalten Fliesen einzementiert. Nichts! Er drehte sich wieder um, zur Bar, und erstarrte beim Anblick seiner Frau, als hätte er in Medusas Antlitz geschaut. Leichtfüssig kam sie auf ihn zu.
 
Schlagartig schoss es ihm durch den Kopf: Da war der ungeklärte Tod von Renates gutmütigem Exmann Heinz, der angeblich in Folge seiner Schlafstörungen verstarb und ihr den Supermarkt hinterließ. Ihr zweiter Mann, Detlev, überfiel wegen läppischer 5000 Euro, die ihm während der Scheidung fehlten, eine Sparkasse. Die gezogene Dienstwaffe brachte ihm acht Jahre Haft ein, während Renate Haus und Auto bekam. Schließlich er, Rangsal, der gutmütige Trottel aus Irland, der von Hause aus Geld hatte und während eines vorgetäuschten Autodiebstahls von Polizisten über den Haufen geschossen wurde. Natürlich gehörte sie dazu...
Er strauchelte und stürzte. Endlich hatten die Keramikfliesen seine Beine wieder freigegeben.
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Uibui
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Beitrag20.05.2015 12:01

von Uibui
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Hallo Rike Charlotte smile

Also was ich etwas unlogisch finde, ist das Verhalten der drei Männer am Anfang. Wenn ich es richtig verstanden habe, dann wollten sie Rangsal töten. Sie schießen ihm in die Brust, merken dann aber dass er eine Weste trägt. Warum steckt der Schütze dann seine Waffe wieder weg, anstatt es zu Ende zu bringen?!? Das irgendwelche Stimmen näherkommen, kann sie doch nicht ernsthaft davon abhalten?  Immerhin haben sie schon einmal geschossen, d.h. wirklich heimlich ging das ganze ja nicht von statten. Und sie scheinen ja auch noch Zeit zu haben, auf ihn herab zu blicken, kurz zu quatschen und dann auch noch neben ihm niederzuknien. Warum also nicht einfach schnell in den Kopf schiessen und abhauen?


Grüße Uibui smile


_________________
It had flaws, but what does that matter when it comes to matters of the heart? We love what we love. Reason does not enter into it. In many ways, unwise love is the truest love. Anyone can love a thing because. That's as easy as putting a penny in your pocket. But to love something despite. To know the flaws and love them too. That is rare and pure and perfect.

Patrick Rothfuss
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Rike Charlotte
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Beitrag20.05.2015 12:53

von Rike Charlotte
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Geht Uibui,
Erst mal sorry,  dieser Beitrag  ist im falschen Thread,  gehört eigentlich in Sppkenhed II Ein Überfall.

Im Prinzip hast du Recht,  Ich erkläre mir das Verhalten damit,  dass sie sich erst einmal davon überzeugen müssen,  dass Rangsal wirklich tot ist und dann mit der Überraschend,  dass er doch viel cleverer ist. Als sie dachten.  Aber ich sollte das wohl im Text erklären wink und nicht hier.  Vielen Dank für den Tipp!!
Lg  rike
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Rike Charlotte
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Beitrag28.05.2015 12:54

von Rike Charlotte
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Auf der Suche nach einem Erzählstil für Spannungsliteratur habe ich den stark kritisierten Prolog von Spokenhed überarbeitet, erst einmal primär unter dem Aspekt des Satzbaus.

Meine Frage ist: ist das so lesbarer und eingängiger als die erste Version? Oder habe ich den Prolog evtl. verschlimmbessert?
Wie immer bin ich für Feedback jeder Art dankbar! LG, Rike!


PROLOG

Gekrümmt lehnte sie am Türrahmen. Ihre aschfahle Haut, die eingefallenen Wangen und die tiefliegenden, geschlossenen Augen ließen sie wirken wie eine alte Frau. Tatsächlich war sie nicht älter als vierzig. Die ehemals blonden Haare waren selbstgeschnitten und standen in langen Fransen ab, als wären sie elektrisiert. Die Schultern wirkten immer noch muskulös, so, als wäre sie einmal athletisch gewesen. Die Arme in den kurzen Ärmeln des schmuddeligen, roten T-Shirts waren faltig wie die Haut einer Rosine.

Die beiden Polizeibeamten, die vor ihrer Tür standen, wussten um die Nachbarschaftsstreitigkeit zwischen Spokenhed und der Familie Streig und waren entsprechend barsch. "Sie sind bekannt dafür, dass Sie Ärger machen!", grunzte der größere von beiden, der, der das Wort führte. Er hatte die Figur eines professionellen Bodybuilders und stand immer vorn, jederzeit bereit, einen Angreifer in Schach zu halten. Der zweite Beamte stand im Hintergrund und grinste wie eingefroren. Immer wieder wurde ihm von Freunden bestätigt, dass er eine gewisse Ähnlichkeit mit James Dean hätte. Er lächelte also sein James Dean Lächeln, wie er es beinahe den ganzen Tag tat. Ganz nebenbei würde er später das Protokoll schreiben. Sollte es wider Erwarten zu einem Prozess kommen, würde sich der Wordführer, wie üblich, an nichts erinnern können. "Wenn das im Protokoll steht, dann wird es stimmen - das Protokoll hat er geschrieben“, lautete die Standardantwort der Polizisten, die sich hin- und wieder einen Spaß mit den Zugezogenen erlaubten. "Wer Ärger sucht, soll welchen bekommen!" so lautete die Devise der Streifenbeamten.

Die Frau, die am Türrahmen lehnte, kicherte böse, ohne dabei die Augen zu öffnen. Ihre beiden Mundwinkel bewegten sich auf beunruhigende Art und Weise in verschiedene Richtungen, einer nach oben, einer nach unten. Die viel zu weite Jeans schlotterte um den ausgezehrten Körper.

Der großmäulige Wortführer zuckte einen Schritt zurück und schaute über seine Schulter zum Kollegen: "Spokenhed!", zischte er. James Dean nickte angewidert, nahm die Mütze ab und fuhr sich durch die halblangen Haare.

Der Mund der Frau stand nun offen, der Kiefer klapperte hin und her. Kälte kroch durch die Hosenbeine und Jackenärmel der Beamten. Sie schüttelten sich.

"Sie sind gestört, Sie klopfen an die Wände!“, behauptete der erste Polizist und machte drohend ein paar Schritte auf sie zu. Dabei schlug ihm ein Halm des Unkrauts, das vor der Tür des Reihenhauses wucherte und blühte, ins Gesicht.

Die Frau kicherte. Blut lief aus ihrer Nase. Sie nahm ein Papiertaschentuch, dann das T-Shirt. Aus dem Shirt tropfte das Blut auf die Jeans, lief in kleinen Rinnsalen vor ihre Füße, bis endlich die Blutung stoppte. "Ich muss arbeiten“, murmelte sie. Sie starrte durch ihre geschlossenen Lider.

Der großmäulige Wortführer schaute über seine Schulter zum Kollegen: "Spokenhed!", zischte er. Der Kollege nickte angewidert. Er machte ein paar drohende Schritte nach vorn. Einschüchtern lassen würde er sich nicht! Unkraut schlug in sein Gesicht. "Ich bin müde!", murmelte er plötzlich, "ich muss mich hinlegen“.

Die Frau kicherte erneut. "Kommen Sie doch herein“, öffnete sie die Tür einladend weit. Aus dem Haus schlug den Beamten Fäulnisgeruch entgegen. Der großmäulige Wortführer setzte sich auf die oberste Treppenstufe. Übelkeit stieg in ihm auf. Blut lief aus seiner Nase, tropfte auf seine Schuhe. "Hören Sie auf zu klopfen!", schniefte er wütend.

"Kommen Sie doch herein, ruhen Sie sich etwas aus“, lud Spokenhed die beiden Beamten ein. Die kapitulierten und folgten ihr wie an unsichtbaren Fäden gezogen. Der Windfang war eine stinkende Hölle, in der Essensreste, durch die sich Maden wühlten, auf dem Boden lagen. Die Tapete hing in Fetzen von den Wänden. "Renovieren Sie?", gähnte der zweite Beamte. Sie blieben stehen.

"Kommen Sie doch herein!“, forderte die Frau die beiden Beamten zum dritten Male auf. Sie gingen an der offenen Küchentür vorbei. Die Jalousien waren geschlossen. In flackerndem Kerzenschein saßen drei Polizisten an einem quadratischen Tisch.

Sie drehten ihre faltigen Hälse und grüßten die beiden Neuzugänge mit einem Nicken. Sie knallten abwechselnd Karten auf den Tisch, tranken Bier. Die Uniformen schlotterten um ihre ausgedörrten Körper. Die geschlossenen Augen lagen in schwarzen Höhlen.

"Kommen Sie doch weiter“, forderte Spokenhed die beiden auf. Sie öffnete die Wohnzimmertür.
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Rainer Prem
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Beitrag29.05.2015 09:16

von Rainer Prem
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Hallo,

mir fällt vor allem der thematische Ausflug im zweiten Abschnitt sehr negativ auf. Von einer noch nicht richtig eingeführten Situation an der Tür zu James Dean Lächeln zu dem Protokoll zu einem Prozess. Stell dir einfach mal die Kameraführung vor, wenn das verfilmt werden sollte.

Die beiden Beamten sind eigentlich "Redshirts", oder? Dafür konzentrierst du dich hier viel zu sehr auf ihren Background, statt erstmal die Situation voranzutreiben.

PS: Soll der Abschnitt "Der großmäulige ..." wirklich zweimal auftauchen?

Grüße
Rainer
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Rike Charlotte
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Beitrag29.05.2015 18:58

von Rike Charlotte
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Hi Reiner,
Vielen Dank für die Rezi! Also,  unter dem Aspekt einer evtl.  Kameraführing habe ich meine Texte wirklich noch nie gesehen. Das ist eine ebenso nútzliche wie wahnwitzige Betrachtung.  Ich denke, du hast Recht mit deiner Kritik. Zu dem doppelten Absatz: ja,  das soll so sein als erster Hinweis auf einen Bruch in der Realität - da fängt spokenheds Totenreich an.  Stört das?

Lg  rike
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Gast







Beitrag29.05.2015 19:04

von Gast
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@ Rainer Hmmm, schwierig. Meine ganz persönliche Meinung ist, dass man nicht von  Kameraführung ausgehen sollte; es sei denn man schreibe ein Drehbuch. Bücher haben ja bekanntlich den Vorteil, dass sie dorthin kommen, wo es der Kamera nicht möglich ist. Aber ich verstehe den Einwand dennoch. Die Gedanken beim Lesen kommen oft einer Kamera gleich.
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Rainer Prem
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Beitrag31.05.2015 18:12

von Rainer Prem
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Hallo,

Rike Charlotte hat Folgendes geschrieben:
Hi Reiner,
Vielen Dank für die Rezi! Also,  unter dem Aspekt einer evtl.  Kameraführing habe ich meine Texte wirklich noch nie gesehen. Das ist eine ebenso nútzliche wie wahnwitzige Betrachtung.  Ich denke, du hast Recht mit deiner Kritik. Zu dem doppelten Absatz: ja,  das soll so sein als erster Hinweis auf einen Bruch in der Realität - da fängt spokenheds Totenreich an.  Stört das?

Lg  rike


Kameraführung war vielleicht der falsche Vergleich. Gedanken der Hauptpersonen werden ja auch sehr selten verfilmt. Mir ging es hier um die komplett irreführende Abschweifung.

Der doppelte Absatz sieht für mich wie ein Editierfehler aus. Einen Übergang in eine andere Welt zeigt der mir nicht an.

Grüße
Rainer
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Rike Charlotte
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Beitrag02.06.2015 09:17

von Rike Charlotte
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So verkehrt finde ich den Begriff "Kameraführung" gar nicht, auch, wenn man damit den inneren Monolog nicht wegexen (eine weitere Vokabel für die Plattitüdensammlung wink sollte.
Ich denke, du meinst in etwa dasselbe, was auch "show, don't tell" sagt, und damit hast du Recht.
Ich werde versuchen, eine Szene zu schreiben, in der es tatsächlich eine Gerichtsverhandlung gibt, in der der "Wortführer" genau diesen Satz sagt und ein Beamte analog zu "James Dean" Protokoll geschrieben hat.
Hier also der Ordnung wegen der Text ohne den störenden Absatz:

PROLOG
Gekrümmt lehnte sie am Türrahmen. Ihre aschfahle Haut, die eingefallenen Wangen und die tiefliegenden, geschlossenen Augen ließen sie wirken wie eine alte Frau. Dabei war sie nicht älter als vierzig. Die ehemals blonden Haare waren selbstgeschnitten und standen in langen Fransen ab, als wären sie elektrisiert. Die Schultern wirkten immer noch muskulös, so, als wäre sie einmal athletisch gewesen. Die Arme in den kurzen Ärmeln des schmuddeligen, roten T-Shirts waren faltig wie eine Rosine.
Die beiden Polizeibeamten, die vor ihrer Tür standen, wussten um die Nachbarschaftsstreitigkeit zwischen Spokenhed und der Familie Streig und waren entsprechend barsch. "Sie sind bekannt dafür, dass Sie Ärger machen!", grunzte der größere von beiden, der, der das Wort führte. Er hatte die Figur eines professionellen Bodybuilders und stand immer vorn, jederzeit bereit, einen Angreifer in Schach zu halten. Der zweite Beamte stand im Hintergrund und grinste wie eingefroren.

Die Frau, die am Türrahmen lehnte, kicherte böse, ohne dabei die Augen zu öffnen. Ihre beiden Mundwinkel bewegten sich auf beunruhigende Art und Weise in verschiedene Richtungen, einer nach oben, einer nach unten. Die viel zu weite Jeans schlotterte um den ausgezehrten Körper.

Der großmäulige Wortführer zuckte einen Schritt zurück und schaute über seine Schulter zum Kollegen: "Spokenhed!", zischte er. Der zweite Beamte hörte auf zu grinsen und nickte mit angewiderter Miene. Er nahm die Mütze ab und fuhr sich durch die halblangen Strähnen, als wolle er etwas Widerliches aus den Haaren streichen.
Der Mund der Frau stand nun offen, der Kiefer klapperte hin und her. Kälte kroch durch die Hosenbeine und Jackenärmel der Beamten. Sie schüttelten sich.

"Sie sind gestört, Sie klopfen an die Wände!“, behauptete der erste Polizist und machte drohend ein paar Schritte auf sie zu. Dabei schlug ihm ein Halm des Unkrauts, das vor der Tür des Reihenhauses wucherte und blühte, ins Gesicht.

Die Frau kicherte. Blut lief aus ihrer Nase. Sie nahm ein Papiertaschentuch, dann das T-Shirt. Aus dem Shirt tropfte das Blut auf die Jeans, lief in kleinen Rinnsalen vor ihre Füße, bis endlich die Blutung stoppte. "Ich muss arbeiten“, murmelte sie. Sie starrte durch ihre geschlossenen Lider.

Der großmäulige Wortführer schaute über seine Schulter zum Kollegen: "Spokenhed!", zischte er wieder. Der Kollege nickte angewidert. Er machte ein paar drohende Schritte nach vorn. Einschüchtern lassen würde er sich nicht! Unkraut schlug in sein Gesicht. "Ich bin müde!", murmelte er plötzlich, "ich muss mich hinlegen“.

Die Frau kicherte erneut. "Kommen Sie doch herein“, öffnete sie die Tür einladend weit. Aus dem Haus schlug den Beamten Fäulnisgeruch entgegen. Der großmäulige Wortführer setzte sich auf die oberste Treppenstufe. Übelkeit stieg in ihm auf. Blut lief aus seiner Nase, tropfte auf seine Schuhe. "Hören Sie auf zu klopfen!", schniefte er wütend.

"Kommen Sie doch herein, ruhen Sie sich etwas aus“, lud Spokenhed die beiden Beamten ein. Die kapitulierten und folgten ihr wie an unsichtbaren Fäden gezogen. Der Windfang war eine stinkende Hölle, in der Essensreste, durch die sich Maden wühlten, auf dem Boden lagen. Die Tapete hing in Fetzen von den Wänden. "Renovieren Sie?", gähnte der zweite Beamte. Sie blieben stehen.

"Kommen Sie doch herein!“, forderte die Frau die beiden Beamten zum dritten Male auf. Sie gingen an der offenen Küchentür vorbei. Die Jalousien waren geschlossen. In flackerndem Kerzenschein saßen drei Polizisten an einem quadratischen Tisch.
Sie drehten ihre faltigen Hälse und grüßten die beiden Neuzugänge mit einem Nicken. Sie knallten abwechselnd Karten auf den Tisch, tranken Bier. Die Uniformen schlotterten um ihre ausgedörrten Körper. Die geschlossenen Augen lagen in schwarzen Höhlen.

"Kommen Sie doch weiter“, forderte Spokenhed die beiden auf. Sie öffnete die Wohnzimmertür.
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Uibui
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Beitrag02.06.2015 12:16

von Uibui
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Hallo Rike Charlotte.

Hab mir deinen Text jetzt einige Male durchgelesen.
Positiv finde ich, dass er wirklich eine sehr morbide Stimmung vermittelt.

Aber ich finde einige Stellen lesen sich etwas holprig:

Zitat:
Blut lief aus ihrer Nase. Sie nahm ein Papiertaschentuch, dann das T-Shirt. Aus dem Shirt tropfte das Blut auf die Jeans, lief in kleinen Rinnsalen vor ihre Füße, bis endlich die Blutung stoppte.


Lass das Blut doch einfach von der Nase auf das T-Shirt tropfen.

Zitat:
Sie starrte durch ihre geschlossenen Lider.


Kann man mit geschlossenen Augen starren?

Grüße Uibui


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Rike Charlotte
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Beitrag02.06.2015 14:25

von Rike Charlotte
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HI Uibui,

dass der Text schön morbide rüber kommt, freut mich ganz besonders, denn dann ist er wesentlich besser, als die erste Version.

Nur ein Untoter kann durch geschlossene Augen starren, wenn das hier nicht klar wird, dann müsste ich vielleicht umformulieren: "Sie spürten das eiskalte Starren durch die geschlossenen Lider" oder "Sie spürten, wie sie eiskalt durch die geschlossenen Lider angestarrt wurden." oder "..., wie sie mit eiskaltem Blick durch die geschlossenen Lider angestarrt wurden."

Und weil Spokenhed eine Untote ist, musste ich über deinen Hinweis mit dem Papiertaschentuch wirklich lachen - man stelle sich vor: meine Zombies benutzen Taschentücher smile extra
An dieser Stelle hast du wieder und ganz besonders Recht.

Das sind so Sachen, die mir selber Unwohlsein beim Lesen verursachen, die ich trotzdem einfach ignoriere. Ich sollte wirklich anfangen, beim Schreiben den Kopf einzuschalten, statt einfach runterzuschreiben!

Auch dir ganz herzlichen Dank für die Hilfe!
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