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Der Brief

 
 
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Andrea Conrad
Wortedrechsler


Beiträge: 84
Wohnort: Bingen am Rhein


Beitrag29.06.2014 21:00
Der Brief
von Andrea Conrad
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Es war nicht das erste Mal, dass sie auf das monströse Gebäude
zuging. Diesmal allerdings schien es sie geradezu zu erdrücken.
Der gigantische Stahlbetonbau wirkte bedrohlich in der Dunkel-
heit des neuen Tages. Novembergraues Licht und voluminöse Wolken
hüllten den Flughafen ein. Berlin-Tempelhof; seit einem halben
Jahr  jetzt  Annes  Arbeitsplatz.  Die  elegante  Bauweise;  die
gleichförmige Architektur; die Ruhe, die dieser Bau auszustrah-
len  schien,  hatte  ihr  Ehrfurcht  abverlangt.  Heute  allerdings
wirkte  es  erdrückend.  Sie  wusste  nicht,  ob  es  an  dem  Wetter,
ihrer  Stimmung  oder  der  Ereigniss  lag.  Eine  Windbö,  die  ihr
unter ihren Rock fuhr und die Seitenteile ihres Mantels anhob,
ließ  sie  erschaudern.  Mit  klammen  Fingern  zog  sie  den  Stoff
fester um sich und beeilte sich, in das Gebäude zu gelangen. Der
Seiteneingang war wie immer um diese Zeit unverschlossen. Anne
stemmte  sich  gegen  die  schwere  Tür  und  drückte  sie  auf.  Mit
einem  leisen  Knirschen  in  den  Scharnieren  gab  sie  nach.  Der
kleine Flur lag noch im Halbdunkeln. Ein Zeichen, dass sie die
erste ihrer Schicht war, die den Arbeitsplatz für den heutigen
Tag erreicht hatte. Sie blieb am Eingang stehen und betrachtete
den  Flur,  der  sich  von  ihr  weg  perspektivisch  verjüngte.  Es
hatte den Anschein, das Wände, Decke und Boden sich zusammen-
zogen, je weiter sie den Blick ins Innere des Raumes schweifen
ließ. Mit einem schlurfenden Geräusch fiel die Tür hinter ihr
ins Schloss. Nun war es noch düsterer. Das fahle Tageslicht war
ausgesperrt und lediglich die Notbeleuchtung erhellte den Flur.
Das leise Zischen und Stöhnen der Neonlichter an der Decke war
zu vernehmen.
Anne  ging  weiter.  Sie  brauchte  keine  zusätzliche  Lichtquelle.
Sie kannte den Weg mittlerweile auswendig; zählte aus Gewohnheit
die  Türen  ab,  die  sie  passieren  musste,  bis  sie  die  erreicht
hatte,  hinter  der  sich  für  die  nächsten  Stunden  ihr  Leben
abspielen sollte.
Ihr Leben - sie dachte darüber nach, während sie zwischen Nummer
fünf und sechs verharrte. Eigentlich hatte alles so gut angefan-
gen. So gut, dass ihr schwindlig geworden war dabei. Georg und
sie hatten sich auf dem Sommerfest des Schützenvereins kennenge-
lernt.  Er  gerade  aus  Köln  hierher  gezogen;  sie  eine  Berliner
Pflanze  durch  und  durch.  Ihre  anfänglichen  Verständigungsprob-
leme  hatten  zu  allerlei  komischen  Situationen  geführt.  Sie
schmunzelte,  als  sie  daran  dachte,  wie  sie  sich  unter  einem
‚halven Hahn‘ ein leckeres wohlduftendes halbes Hähnchen vorge-
stellte  und  Georg  ihr  ein  Käsebrötchen  servierte.  Es  war  das
erste Treffen in seiner Wohnung damals. Das erste Mal, dass sie
sich privat und nicht in der Öffentlichkeit gesehen hatten. Er
war ein dilettantischer Koch gewesen und war es immer noch. Ein
Meister,  wenn  es  darum  ging,  etwas  anbrennen  zu  lassen  oder
handwerkliche Tätigkeiten mit einer Katastrophe zu beenden. Aber
er  hatte  eine  entwaffnende  Seite.  Etwas,  dass  Anne  magisch
anzog. Er war belesen, feinfühlig und zärtlich. Seine amateur-
hafte Art, dem Alltag zu begegnen; sein schusseliges Verhalten
in Alltagsdingen. Sofort hatte sie sich in ihn verliebt. Er war
so anders, als die Männer, die sie bis her gekannt hatte.
Seufzend ging sie weiter. Bei Nummer zwölf blieb sie stehen und
zog den Schlüssel aus ihrer Tasche. Das Büro, das sie betrat,
wirkte so grau, wie die Welt außerhalb des Gebäudes. Sie ging an
ihren Schreibtisch und knipste die Lampe an, die zuckend ihre
Arbeit  aufnahm.  Mechanisch  ordnete  sie  die  Dinge,  die  darauf
lagen und eigentlich keiner Ordnung bedurften. Wieso hatte er es
getan? Was hatte sie ihm getan, dass er so reagiert hatte? Als
sie ihren Mantel auszog, hörte sie das Rascheln des Briefes in
ihrer  Tasche.  In  der  Straßenbahn,  auf  dem  Weg  zum  Flughafen,
hatte sie ihn mehrfach gelesen. Studiert - ohne ihn zu begrei-
fen. Jedes Wort versucht zu verstehen, um gleichermaßen daran zu
verzweifeln.  ‚Die  Fehlbesetzung  meines  Lebens‘;  ‚mein  größter
Fehler‘;  ‚ich  bereue,  dass  ich  mit  dir...‘.  Diese  und  andere
Formulierungen stoben durch ihren Geist. Gestern noch ein glück-
licher Nachmittag und heute? Heute ein Faustschlag ins Gesicht.
Knock out!
„Guten Morgen.“
Anne  zuckte  zusammen  und  legte  schützend  die  Hand  über  die
Augen,  als  die  Leuchtstoffröhren  an  der  Decke  aufflammten  und
Susanne, ihre Kollegin den Raum betrat.
„Warum um alles in der Welt sitzt du hier im Dunkeln?“
„Mir  war  danach“,  war  die  einzige  Reaktion,  zu  der  Anne  sich
fähig sah.
„Hast  du  Bedenken,  dass  sie  uns  die  Stromkosten  von  Gehalt
abziehen?“
Missmutig sah sie, wie Susanne frohgelaunt ihren Mantel aufhing
und sich an ihren Schreibtisch setzte. Mit ihren frisch lackier-
ten roten Fingernägeln griff diese nach dem Kugelschreiber und
malte  kleine  Figuren  auf  die  Unterlage.  Dabei  fortwährend
redend. Anne versuchte erst gar nicht ihr zu folgen. Sie ver-
spürte  keinen  Drang  danach,  sich  auf  den  neuesten  Stand  der
Gerüchte innerhalb der Firma zu bringen. Sie zog den Stuhl heran
und  nahm  ebenfalls  Platz;  die  Gedanken  unablässig  kreisend  um
den Brief und Georgs widersprüchliches Verhalten. In ihre Über-
legungen vertieft registrierte sie nicht, dass die Bürotür auf-
gerissen wurde.
„Anne, kann ich bitte mit dir sprechen?“
Sie sah hoch. Georg - da stand er. Trotz der Kälte den Mantel
geöffnet. Sein Schal hing schief um seinen Hals und die Krawatte
schlecht  gebunden.  Fast  hätte  sie  geschmunzelt  über  den  deso-
laten Anblick, den er bot. Genau dieser Anblick hatte sie damals
weich werden lassen.
„Ich  bin  gleich  zurück.  Es  dauert  nicht  lange“,  sagte  sie  in
einem  kalten  und  beherrschten  Tonfall  zu  Susanne,  die  den
Ankömmling mit neugierigen Blicken musterte.
„Was  willst  du  noch?“  Mit  vor  der  Brust  verschränkten  Armen
blieb  sie  im  Flur  vor  ihm  stehen.  Versuchte  verbissen  ihre
Unsicherheit zu überspielen. Ihm ihren Schmerz nicht zu zeigen.
„Der Brief. Hast du ihn bekommen?“
„Ja.“
„Oh, mein Gott.“ Sie sah, wie Georg sich fahrig durch die blon-
den Haare fuhr. „Anne. Es tut mir leid. Es ist alles ein großes
Missverständnis.“
„So  kommt  es  mir  auch  vor.“  Sie  hörte  den  Zynismus  in  ihren
Worten.
„Der Brief. Er war nicht für dich bestimmt. Bitte glaub mir.“
„Ach. Gibt es noch eine andere Frau in deinem Leben?“
„Was?“ Er riss die Augen auf. „Nein. Um Gottes willen. Nein!“
Unter  seinem  Mantel  holte  er  einen  Stapel  Papier  hervor  und
hielt es ihr hin. „Es sollte eine Überraschung werden. Es ist
ein Stück, das sich geschrieben habe. Ein Drama. Mit dem Brief,
den du irrtümlich erhalten hast, verabschiedet sich mein Prota-
gonist von meiner Protagonistin, die ihn betrogen hat. Ich hatte
auch einen Brief an dich geschrieben und ihn wohl mit dem Brief
des  Stückes  verwechselt.  Sie  lagen  beide  auf  meinem  Schreib-
tisch.“
Er  holte  ein  zusammengefaltetes  Schreiben  aus  seiner  Jacken-
tasche. Es war zerknittert und an einer Ecke eingerissen. Anne
nahm es entgegen und betrachtete es. Dann faltete sie es aus-
einander. Je weiter sie las um so leichter wurde ihr; wich die
graue Welt einer Welt voll Farbe.
„Ist da dein ernst?“
Georg nickte verlegen und trat von einem Fuß auf den anderen.
„Du würdest mich zum glücklichsten Mann auf der Welt machen.“
„Aber nur unter einer Bedingung.“ Sie musste sich mittlerweile
das Lachen verkneifen. So wie er vor ihr stand - ein Schuljunge,
der bei einer Missetat erwischt worden war. Genau das war der
Mann, den sie liebte. Wohl der Einzige, der einen Heiratsantrag
in  schriftlicher  Form  vorbringen  würde.  „Die  nächste  Protago-
nistin bekommt einen anderen Namen. Es gibt noch weitere Frauen-
namen als Anne.“

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Nihil
{ }

Moderator
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Beitrag01.07.2014 09:18

von Nihil
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Sicher geschrieben, guter Stil, wenn auch inhaltlich gar nicht mein Geschmack. Was mir nicht gefällt, ist dieses Erinnern an die wunderschöne Zeit mit dem vermeintlichen Mann der Träume – die genau zur richtigen Zeit kommt und viel Konkretes nicht bietet. Die Auflösung der Pointe folgt auch zum einen zu plötzlich, zum anderen könnte sie gar nicht noch deutlicher auf die tickende Uhr hinweisen. Er verwechselt einen Brief in seinem Prosastück mit einer Nachricht, in der er um die Hand seiner Freundin anhält? Also ... Vom Sprachlichen her ist das aber sehr solide. Dafür ist da wieder die seltsame Formatierung. Hm.

Hoffentlich kommt noch ein ausführlicherer Kommentar. Ich weiß aber nicht, wie viel Zeit und Gelegenheit ich habe und will erstmal sichergehen, dass meine Punkte auch zählen.

6
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Eredor
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Traumtagebuch
Beitrag01.07.2014 13:54

von Eredor
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Hallo! Aus Zeitgründen werde ich nur in wenigen Sätzen meinen Eindruck wiedergeben. Möglicherweise kann ich nach dem Wettbewerb näher zu meiner Stellung Bezug nehmen.

***

Hmmm. Nein, das war mir definitiv zu ersichtlich. Aber gut geschrieben immerhin, das werde ich in Richtung Durchschnitt schieben.

***

Lg Dennis


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Piratin
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Beitrag01.07.2014 15:08

von Piratin
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Hallo Inko,

mal abgesehen von ein paar Flüchtigkeitsfehlern ist das ein solider Text mit einer schönen Pointe. Der Stahlbeton, der eigentlich keine Gefühlswelt drinnen zulässt und wie ein starres Korsett wirkt steht im Kontrast zum Innenleben der Protagonistin, die dagegen mit ihren Gedanken an ihr Leben und ihre Liebe draußen außerhalb des Betons aufbegehrt.
Da mir die Pointe gefallen hat und der Stahlbeton nicht erzwungen in die Geschicht passt, bist Du in den Top 10 dabei.
Viele Grüße
Piratin


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shatgloom
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Beitrag01.07.2014 17:59

von shatgloom
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Eine handwerklich gut gemachte, schöne Liebesgeschichte.
Ein- zwei Tippfehler spielen hier keine Rolle. Was mir etwas gefehlt hat, war die Erfüllung der Themenvorgabe.
Irgendwie kam die Dunkelheit am Anfang nicht so raus, und es spielte sich zwar alles im Stahlbetonbau ab, hätte aber auch überall sonst stattfinden können. Allerdings ist das nicht der einzige Text, auf den das zutrifft, mir fiel es hier nur eben auf. Ansonsten gefällt mir der Text nämlich ganz gut. Endlich mal was mit Liebe!! Aber unter den top ten ist er bei mir nicht ganz gelandet.
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Constantine
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Beiträge: 3311

Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag01.07.2014 18:54

von Constantine
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Danke für deinen Beitrag. Da ist was mit der Formatierung falsch gelaufen, dein Text ist eine lange Wurst mit einigen Absätzen. Neben einigen Rechtschreibfehlern und z.B. Redundanzen beim Begriff "erdrückend", überzeugte mich deine an sich ordentliche Geschichte inhaltlich mit der doppelten Anna leider nicht. Arg konstruierte Pointe.
Leider hast du es nicht in meine Top 10 geschafft. Es tut mir leid.

Merci beaucoup.

LG,
Constantine
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Vogel
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Beiträge: 436

Goldene Neonzeit


Beitrag01.07.2014 21:36

von Vogel
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Dem Text merkt man den Zeitdruck an. Im Gegensatz zu den vorangegangenen gibt es deutlich mehr Flüchtigkeitsfehler. Die sind hier verzeihlicher, als normalerweise, aber man muss es den anderen auch anrechnen, die mehr Zeit zum korrigieren eingeplant haben. Auch sprachlich holpert es an einigen Stellen.
Beton und Licht kommen vor, sind aber nicht Thema, würde ich sagen. Die Dunkelheit steht nicht am Beginn des Textes.
Es dauert sehr lange, bis klar wird, wo das Problem der Protagonistin liegt. Am Anfang dachte ich, es würde Richtung Mystery/Horror gehen. Der Mangel an Klarheit führt aber nicht zu Spannung sondern eher zu Verwirrung. Es sieht lange so aus, als würden der Arbeitsplatz, die Dunkelheit, der Weg durch den Gang eine Rolle spielen. Tun sie aber gar nicht.
Tut mir leid, den Text finde ich nicht so gelungen.

Gruß
Vogel


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KeTam
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Beitrag02.07.2014 10:23

von KeTam
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Dein Text hat Atmosphäre, ist unterhaltsam und hat sogar eine nette Pointe.
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nebenfluss
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Beitrag02.07.2014 17:20

von nebenfluss
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deleted

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nebenfluss
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Beitrag02.07.2014 18:52

von nebenfluss
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<allgemeine_Vorbemerkung>

Viele FFF-Beiträge, zu wenig Zeit. Textarbeit kann ich da kaum leisten, aber doch jedem einen kurzen Eindruck hinterlassen.
Da es vorkommen kann, dass ein wohlwollender Kommentar mit einer effektiven 0-Punkte-Wertung kollidiert ...
... ein paar Worte zu meiner Punktvergabe im neuen Bewertungssystem. Als Grundlage habe ich jeweils nach Antworten zu zwei Fragenkomplexen gesucht, die ich für die letztendlich relevanten in diesem Wettbewerb halte:

1.Wie fertig wirkt der Text? Hat die Zeit gerade ausgereicht, um eine Idee zu entwerfen, oder konnte diese noch ausgearbeitet und in ansprechende Prosa gegossen werden? Kommt die Geschichte zu einem runden Abschluss oder liest sie sich, als sei mittendrin abgebrochen und abgeschickt worden? Würde ich mich ärgern, sie in dieser Form in der Prosa-Werkstatt zu finden? Oder würde ich sie sogar im Feedback akzeptieren?

2.Wie  stark wurde das Thema „Stahlbetonzeit – Neonlicht“ integriert? In den Vorgaben stand ja nicht „Schreibe eine Geschichte, in der irgendwann Stahlbeton und Neonlicht erwähnt werden“. Wird deutlich, warum der Stahlbeton namensgebend sein könnte für eine bestimmte Zeit (z. B. einen Lebensabschnitt), ein Zeitalter oder auch Zeit generell, aus der Sicht des Protas? Sind Stahlbeton und Neonlicht beliebige Zutaten oder tragende Elemente, die eine eigentümliche Atmosphäre schaffen? Ergibt sich die Wirkung durch eine zwingende Verbindung zwischen diesem Raum, diesem Licht und dieser Zeit?

Mein 'Urteil' dazu wird sich natürlich auch in den Kommentaren niederschlagen. Es würde mich aber zu sehr einengen, nun statisch die Fragen abzuarbeiten. Deshalb die Kommis in gewohnter Form.


</allgemeine_Vorbemerkung>


Das sieht nach gutem Zeitmanagement aus. Runde Geschichte, wenn auch einfach konstruiert. Für meinen Geschmack etwas zu harmlos - ein Missverständnis, dass sich aufklärt, bevor es für die Prota dramatische Ausmaße angenommen hat. Ich bin aber auch nicht sehr empfänglich für Liebesgeschichten.

Das Thema sehe ich nur in der Wahl des Schauplatzes umgesetzt. Die Geschichte hätte genauso gut woanders passieren können.

LG


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Lapidar
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Alter: 61
Beiträge: 2701
Wohnort: in der Diaspora


Beitrag02.07.2014 21:34

von Lapidar
Antworten mit Zitat

Schöne lustige heitere Geschichte smile . Gerne gelesen
LG Lapidar


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"Dem Bruder des Schwagers seine Schwester und von der der Onkel dessen Nichte Bogenschützin Lapidar" Kiara
If you can't say something nice... don't say anything at all. Anonym.
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Michel
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Beiträge: 3376
Wohnort: bei Freiburg
Das bronzene Bühnenlicht Das goldene Niemandsland
Der silberne Durchblick Der silberne Spiegel - Prosa
Silberne Neonzeit


Beitrag03.07.2014 12:32
Pointe springt nicht über
von Michel
Antworten mit Zitat

Frau leidet unter einem kalten, herzlosen Abschiedsbrief, der sich im Nachhinein als Verwechslung herausstellt und sogar in einen Heiratsantrag mündet.

Sorry für die klaren Worte, aber das nehme ich Dir beim Lesen nicht ab. Die Auflösung könnte vielleicht so sein - sie liest sich aber nicht glaubwürdig, eher wie eine "deus ex machina"-Lösung, wo plötzlich eine Auflösung erscheint, die wenig mit der Vorgeschichte zu tun hat.

Das Gebäude wird am Anfang sehr eindrücklich und vor allem ausführlich geschildert. (Gigantisch klingt übertrieben.) Danach spielt es keine Rolle mehr - das ist eine falsche Fährte, die ich zumindest kürzen würde.

Mit der Hauptfigur leide ich nur wenig mit, weil sie eher distanziert und von außen geschildert wird:
Zitat:
Ihr Leben - sie dachte darüber nach, während sie zwischen Nummer fünf und sechs verharrte.
Hier wird mir erzählt, dass sie nachdenkt, ich sehe/erlebe es aber nicht mit. Also fühle ich auch nicht mit.

Fazit: Personale Perspektive schärfen, eine etwas weniger glatte Auflösung täte der Geschichte gut.

Nichts für ungut
und herzliche Grüße
Michel
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halcyonzocalo
Geschlecht:männlichEinsamer Trancer

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Beiträge: 1202
Wohnort: Irgendwo im Nirgendwo


Beitrag04.07.2014 14:00

von halcyonzocalo
Antworten mit Zitat

Diese Geschichte finde ich ganz solide, aber auch nicht mehr. Teilweise gibt es hier sehr schöne Bilder, auf der anderen Seite gibt es aber leider auch einige Passagen, in denen sich sprachliche Fehler häufen. Der Plot ist darüber hinaus auch nicht sonderlich aufregend. Insgesamt eine durchschnittliche Geschichte; mal schauen, wie es sich am Ende ausgeht.

_________________
Die minimaldeterministische Metaphernstruktur mit ihrer mytophoben Phrasierung spiegelt den ideeimmanent abwesenden Bedeutungsraum.
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Malaga
Geschlecht:weiblichKlammeraffe


Beiträge: 826



Beitrag04.07.2014 22:28

von Malaga
Antworten mit Zitat

Auch wenn es ganz unspektakulär ist und stellenweise mehr tell als show, gefällt mir das, für den gesteckten Wettbewerbsrahmen, gut, Gehört für mich auf die vorderen Plätze, drei Punkte.
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niko
Geschlecht:männlichEselsohr

Alter: 66
Beiträge: 233
Wohnort: Göttingen


Beitrag05.07.2014 12:31

von niko
Antworten mit Zitat

ich habe wenig erfahrung mit prosa. kann also nur einen sachunkundigen leser-eindruck wiedergeben. die geschichte ist sicher gut, schlüssig und dramaturgisch gut gestaffelt. aber sie zieht mich nicht allzu sehr in den bann....

liebe grüße: niko


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Ein Gedicht auf dem Hintergrund der Biographie des Autors zu interpretieren ist so, als würde man einem schwimmenden Schiff das Wasser nehmen. (NJK)
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Einar Inperson
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Beiträge: 1675
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Beitrag05.07.2014 20:57

von Einar Inperson
Antworten mit Zitat

Hallo,

komm doch mal raus da, das Wetter ist gar nicht so schlecht.

Ein Text, bei dem man erkennt, dass hier jemand das Handwerk sicher beherrscht. Die Geschichte ist geschickt aufgebaut. Vom tristen Novemberwetter bis hin zu den leeren Gängen des wie monströs erscheinenden Gebäudes. Und dann platzt in dieses Bedrohungsszenario - ein Brief.

Ein Brief, dessen Inhalt die Prota nicht glauben kann. Nachdem ich als Leser den Briefschreiber in einer Rückblende kennenlerne, glaube ich es auch nicht.

Und tatsächlich, es gab ein Versehen, der Brief wurde vertauscht. Puh, noch einmal gutgegangen.

Schade, finde ich. Dein sehr starker Anfang hat - zumindest mir - mehr versprochen.


_________________
Traurige Grüße und ein Schmunzeln im Knopfloch

Zitat: "Ich habe nichts zu sagen, deshalb schreibe ich, weil ich nicht malen kann"
Einar Inperson in Anlehnung an Aris Kalaizis

si tu n'es pas là, je ne suis plus le même

"Ehrfurcht vor dem Leben" Albert Schweitzer
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gold
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Beiträge: 4936
Wohnort: unter Wasser
DSFo-Sponsor


Beitrag06.07.2014 12:22

von gold
Antworten mit Zitat

hallo Inko,

das könnte ein Werk von  dir sein, das du aus der Schublade gezogen und den Rahmenbedingungen, das heißt, dem Thema angepasst hast und dies in den Hintergrund geraten ist, was ich schade finde, da es so eine eindringliche Wirkung haben kann, wenn man sich darauf einlässt.

Nix für ungut.

Liebe Grüße
gold


_________________
es sind die Krähen
die zetern
in wogenden Zedern

Make Tofu Not War (Goshka Macuga)

Es dauert lange, bis man jung wird. (Pablo Picasso)
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Jenni
Geschlecht:weiblichBücherwurm


Beiträge: 3310

Das goldene Aufbruchstück Die lange Johanne in Gold


Beitrag06.07.2014 14:15

von Jenni
Antworten mit Zitat

Stahlbetonzeit. Das war für dich die Zeit, als der Flughafen Tempelhof noch in Betrieb war? Wo sie arbeitet spielt eigentlich für die Geschichte selbst keine Rolle. Ja doch, hm, es dient als Bild ihrer Stimmung.
Die Geschichte selbst beruht auf einem Missverständis, das für meinen Geschmack schon arg weit hergeholt ist, und dann auch ziemlich künstlich inszeniert. Da der Text mich auch sprachlich nicht mitreisst, leider für mich nicht ganz vorne mit dabei.
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holg
Geschlecht:männlichExposéadler

Moderator

Beiträge: 2395
Wohnort: knapp rechts von links
Bronzenes Licht Der bronzene Roboter


Beitrag06.07.2014 23:54

von holg
Antworten mit Zitat

Tempelhof ist monströs und elegant, erdrückend, gigantisch, bedrohlich, gleichförmig, nochmal erdrückend.
Puh.
Dann folgen wir der Protagonistin in den Bau, an ihren Arbeitsplatz (die Arme).
Dann der Brief, Beziehungskiste, aus allen Wolken fallen und der süße Bursche besucht sie und - gottlob - der Racker hat wieder nur was verwechselt. Geigen, Rosen, Abspann.

Stahlbetonzeit - Neonlicht.

Annes kaltes Herz - Zweifelsflirren.

Ein laaanger Pass in den Raum.


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Why so testerical?
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Merope
Geschlecht:weiblichKlammeraffe


Beiträge: 716
Wohnort: Am Ende des Tals
Der Goldene Käse


Beitrag07.07.2014 09:37

von Merope
Antworten mit Zitat

Sehr nette Pointe!
Der Schreibstil wirkt manchmal etwas holprig, besonders am Anfang sind viele Semikolons zu finden.
Die Spaltenform ist etwas mühsam zu lesen. Einige Rechtschreibfehler [ der Ereigniss...] etc.
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Nicki
Geschlecht:weiblichBücherwurm

Alter: 68
Beiträge: 3613
Wohnort: Mönchengladbach
Ei 10


Beitrag07.07.2014 22:09

von Nicki
Antworten mit Zitat

Eine nette Geschichte, die Vorgabenwörter sind gut eingebunden, nur das Ende des Textes wirkt wie „drangeklebt". Das Setting hätte jedes normale Büro sein können. Warum es dann unbedingt in diesem Stahlbetonumgebung stattfinden musste … Trotzdem 1 Punkt.

_________________
MfG
Nicki

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ErieBee
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E


Beiträge: 45



E
Beitrag07.07.2014 23:12

von ErieBee
Antworten mit Zitat

Die Vorgabe "Geschichte beginnt in völliger Dunkelheit" finde ich nicht gut umgesetzt. Auch Und für meinen Geschmack gibt es nicht genug Zusammenhang deiner Geschichte mit dem Thema. Deshalb habe ich dich - sorry! aus der Bewergung rausgenommen. Die Grundidee der Geschichte - das Missverständnis - finde ich gut - es ist ja nicht einfach, in so kurzer Zeit auch noch eine gute Idee zu haben.....
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