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Autor |
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lilli.vostry Wortschmiedin
Beiträge: 1219 Wohnort: Dresden
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08.06.2014 12:19 FarbHimmel von lilli.vostry
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FarbHimmel
Die Kerzenflamme malt
Schattenblumen an die Wand
bis sie verglimmt im Farbrausch der Blüten
in Wassergläsern randvoll
aufgereiht vor einem Bild von dir
aus fernen Tagen
als dir mit jedem Pinselstrich Flügel wuchsen
ein Leben lang diese Wellt kannte keine Risse
unsere Kinderträume und deine Marotten
überdauern auf Leinwand und Papier
nun stehen Staffelei, Malhocker und Farben
unberührt bei mir im Exil
keiner malt das Weidenherz Rosen und Holunder
verduften unbesehen
während die Schwalben wie Zeichenfedern
hin und her schnellen im farbübersäten Abendhimmel
überbringen sie deine Bilder
Weitere Werke von lilli.vostry:
_________________ Wer schreibt, bleibt und lebt intensiver |
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niko Eselsohr
Alter: 66 Beiträge: 233 Wohnort: Göttingen
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09.06.2014 10:58
von niko
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hallo lilli,
ich mag den text, seine aussage. aber - das mag nur an meiner unausgeschlafenen pfingstmontagkaterstimmung liegen - ich empfinde ihn als inhaltlich zu verschachtelt und verkompliziert. und der wortfluss......vielleicht ist er es, der dazu schwerpunktmäßig beiträgt.
oft macht es sinn, einen titel, der aus einem zusammengesetzten wort besteht, durch einen großbuchstaben sinnmäßig neu zu interpretieren. zumbeispiel unausGewogen ....aber bei FarbHimmel erschließt es sich mir nicht. farbe und himmel...auf die beiden komponenten kommt man ohnehin. und sie ergeben keine sinnveränderung durch hervorhebung eines buchstaben. zudem fände ich persönlich "Farbenhimmel" unsperriger.
auch in der ersten strophe schreibst du "Farbrausch"----farbenrausch finde ich passender. auch unter dem aspekt, dass es sich ja vermutlich um mehrere farben handelt und nicht um eine...
Zitat: | Die Kerzenflamme malt
Schattenblumen an die Wand |
eine flamme malt nur blumen an die wand, wenn zb. ein teelicht in einem behältnis steht, das ein florales muster ausgeschnitten hat...
auch wenn ich metaphorisch betrachtet dieses bild mag, hängt es schief....
Zitat: | bis sie verglimmt im Farbrausch der Blüten
in Wassergläsern randvoll |
die randvollen wassergläser finde ich dann gut, wenn sie sich beziehen auf dieses "halbvoll / halbleere wasserglas. das wäre dann aber wiederum für meine begriffe nicht entsprechend akzentuiert hervorgehoben...
Zitat: | als dir mit jedem Pinselstrich Flügel wuchsen
ein Leben lang diese Wellt kannte keine Risse
unsere Kinderträume und deine Marotten
überdauern auf Leinwand und Papier
nun stehen Staffelei, Malhocker und Farben
unberührt bei mir im Exil |
diese strophe finde ich in sich richtig gut. sie ist zwar an einzelnen bildern nicht von der stärke der übrigen strophen, aber in sich ausgewogen und sehr stimmungsvoll und erreicht mich in voller breite. sie ist die emotionalste strophe für mich, obwohl sie relativ unaufgeregt da steht.
Zitat: | keiner malt das Weidenherz Rosen und Holunder
verduften unbesehen
während die Schwalben wie Zeichenfedern
hin und her schnellen im farbübersäten Abendhimmel
überbringen sie deine Bilder |
diese strophe finde ich von der aussage her die stärkste. mir wäre sie noch "besser", wenn die zeilenbrüche andere wären. du hast das in mehreren strophen so gehandhabt, aber ich finde, es passt nicht immer so gut.
mein vorschlag:
keiner malt das Weidenherz
Rosen und Holunder verduften unbesehen
während die Schwalben
wie Zeichenfedern hin und her schnellen
im farbübersäten Abendhimmel
überbringen sie deine Bilder
beste grüße: niko
_________________ Ein Gedicht auf dem Hintergrund der Biographie des Autors zu interpretieren ist so, als würde man einem schwimmenden Schiff das Wasser nehmen. (NJK) |
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lilli.vostry Wortschmiedin
Beiträge: 1219 Wohnort: Dresden
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14.06.2014 15:06 aw:FarbHimmel von lilli.vostry
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Hallo Niko,
vielen Dank für Dein Einlassen und ausführliche Gedanken zu diesem Gedicht. Freut mich sehr, das es Dir von der Grundaussage und Bilderstimmung her gefällt, auch wenn manche Stellen evt. noch gestrafft, dichter werden können.
Kannst Du bitte mir noch mal konkret die Stellen nennen, wo es Dir zu "kompliziert" und "verschachtelt" erscheint?
Zum Titel: FarbHimmel - ich mag so zusammengezogene, auch wortspielende Begriffe; in der Form erscheint es mir näher dran, als mit der Endung "FarbenHimmel", das klingt nicht so für mein Empfinden...
Es steht einfach für farbiger Himmel und ergibt sich m.E. dass da mehrere Farbtöne vorkommen.
Die Kerzenflamme noch genauer zu benennen, wo heraus sie scheint (in dem Fall war es tatsächlich ein Teelicht, also funktioniert das Bild ja), finde ich eigentlich nebensächlich und präziser hier zu werden, würde m.E. atmosphärisch weniger wirken...
Diese kleinen Leerstellen zu füllen möchte ich gern der Fantasie des Lesers überlassen.
Der Blütenrausch in den randvollen Wassergläsern ist ganz wörtlich gemeint, als Kontrast die überbordende Farbfülle zu den Schattenblumen an der Wand...
Den Zeilenfall in der letzten Strophe werd ich noch mal überdneken.
Doch die Schwalben und die Zeichenfedern würd ich schon gern zusamen stehen lassen als Bild.
Freue mich auf weitere Meinungen zum Gedicht.
Frohe Schreibgrüße,
Lilli
_________________ Wer schreibt, bleibt und lebt intensiver |
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lilli.vostry Wortschmiedin
Beiträge: 1219 Wohnort: Dresden
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14.06.2014 15:13 aw:FarbHimmel von lilli.vostry
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... zu den Schattenblumen noch:
Die Kerzenflamme schien im dunklen Zimmer auf die dahinter stehenden Pflanzen und Blüten auf dem Tisch, so dass sie deren Umrisse wie Scherenschnitte - als Schattenblumen - an die Wand "malen" bzw. spiegeln konnte.
Insofern ist es kein schiefes Bild.
VG,
Lilli
_________________ Wer schreibt, bleibt und lebt intensiver |
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versbrecher Eselsohr
Alter: 58 Beiträge: 350 Wohnort: Düsseldorf
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17.06.2014 13:45
von versbrecher
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Hallo lilli.vostry,
ich schleiche nun schon eine Weile um deinen gefühlvollen Text herum. Ich habe mir herausgenommen, ein wenig damit zu „spielen“, vielleicht ist ja die eine oder andere Anregung dabei für dich.
Die Kerzenflamme malt Schattenblumen
an die Wand
bis sie verglimmt
im Farbenrausch der Blüten
in Wassergläsern randvoll
aufgereiht vor einem Bild von dir
aus fernen Tagen
als dir mit jedem Pinselstrich Flügel wuchsen
ein Leben lang
diese Welt kannte keine Risse
unsere Kinderträume
deine Marotten überdauern auf Leinwand
und Papier stehen Staffelei, Malhocker
Farben unberührt bei mir
im Exil
keiner malt das Weidenherz
Rosen und Holunder verduften unbesehen
während Schwalben
wie Zeichenfedern am Abendhimmel
deine Bilder auferstehen lassen
Mit dem Begriff „verduften“ kann ich mich nicht so sehr anfreunden, mir fällt aber keiner ein, den ich stattdessen setzen würde („verflüchtigen sich“ vielleicht?).
Es war mir ein Vergnügen, deinem Text meine persönliche Lesart zu verleihen (Betonung liegt auf „leihen“),
_________________ lg
der versbrecher |
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lilli.vostry Wortschmiedin
Beiträge: 1219 Wohnort: Dresden
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17.06.2014 15:28 aw:FarbHimmel von lilli.vostry
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Hallo Versbrecher,
das freut mich sehr, dass Du Dich dieses Gedichts angenommen hast und Deine Lesart hinterlässt...
Liest sich mit diesem Zeilenaufbau leichter und luftiger.
Werd ich gern so bis zum Mittelteil übernehmen. Danke!
Etwas missverständlich ist nun jedoch folgender Vers: "...überdauern auf Leinwänden und Papier/ (nun stehen - würde ich lassen) Staffelei, Malhocker und Farben unberührt bei mir/im Exil
Die Malutensilien stehen neben den Bildern unberührt, befinden sich also nicht auf den Leinwänden und Papier, doch bei dem neuen Zeilenfallklingt es so...
Das Wort "verduften" hab ich wegen seiner Doppelbedeutung gewählt:
verduften - der Duft vergeht, aber auch umgangssprachlich im Sinne von weggehen, sich davonmachen...
Der Schlussvers ist mir am wichtigsten (Trauer und Trost zugleich):
LI trauert um einen nahestehenden Menschen, der nurmehr in diesen
hinterlassenen Bildern weiterlebt. Angesichts des farbübersäten Abendhimmels (den LI jetzt noch mehr und intensiver als vorher wahrnimmt mit seinem immer neuen Farben-und-Formen-Spiel erinnert es sie an das LDU, deren Malleidenschaft, die nun auf der Himmelsleinwand (sinnbildlich gesehen) fortdauert...
Die "Bilder erstehen" dort aber nicht auf (es ging ja ein Leben zu Ende und die hinterlassenen Werke sind abgeschlossen), aber andere neue Bilder mit den Farben der Natur, Fantasie und Liebe, die beide weiter verbinden...
Danke für Deine Anregungen. Freue mich auf weitere Meinungen zur jetzigen Gedichtform und wie es wirkt.
Frohe Schreibgrüße,
Lilli
_________________ Wer schreibt, bleibt und lebt intensiver |
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