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Eine Liebeserklärung


 
 
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LeoModest
Geschlecht:männlichLeseratte

Alter: 37
Beiträge: 142
Wohnort: Travemünde


Beitrag16.03.2014 16:30
Eine Liebeserklärung
von LeoModest
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hier eine kurze Liebeserklärung - es ist schwer, Liebe zu erklären oder zu begründen, aber hier versuche ich es, indem ich kurze Augenblicke, kleine Erinnerungsfetzen kurz umreiße. Ob dies für den Außenstehenden nachvollziehbar ist, weiß ich nicht - aber ich wäre neugierig auf Kommentare diesbezüglich. Für mich sind die einzelnen bruchstückhaften Momente verständlich und klar - aber sind sie das auch für andere? Das würde mich interessieren..

Gruß

Leo

PS: 'Lyrische Prosa' trifft's wohl am eheste, oder was meint ihr?

PPS: Mit Audioversion...


Eine Liebeserklärung


I’m flying back to London next week, mate… “Ein Engländer, ohne Zweifel, am Akzent wie an der Kleidung erkannt. Oxbridge, ganz gewiss, die Aussprache, das perfekt geschnittene Hemd, ein stilvoller, gebildeter Engländer, daran besteht kein Zweifel“, denkt Leon Balda auf der Parkbank sitzend und dem Passanten nachblickend.
Er schließt müde die Augen. England. London. London. In Gedanken sieht er seine Themse, seine Stelle. Er sitzt auf der Steinmauer bei den Cherry Gardens. Er sieht links die Tower Bridge, erhaben und imposant. Er blickt auf das Wasser und es ist Flut: der kleine Sandstrand unter ihm ist völlig überflutet, in kräftigen Wellen schlägt das Wasser gegen die Holzpfeiler, die Steine überschwemmend, den Sand verdeckend.
Wie oft war er da gesessen: stundenlang rauchend und die Themes betrachtend, traurig und glücklich, einsam und mit Freunden. Wieviel hatte er erlebt an dieser, seiner Stelle!
Die zwei kleinen Buben, ein schwarzer, ein weißer. Mit leuchtenden Augen den Fund präsentiert: ein Riesenzahn! Ein stein wohl, aber doch einem Zahn ähnlich, faustgroß. Er solle die Polizei rufen, ein Mord! – kindlich-süße Gewissheit der eigenen Wichtigkeit.
Die 30-jährige Frau, die ihm beim abendlichen Auf- und Abgehen der ebbverdankten Strandstelle gefragt hatte, ob alles in Ordnung sei. Er, traurig, gedankenverloren, reflexionsbeschwert: „Sure, I’m grand!“, aber dankbar für die Nachfrage, dabei doch unfähig, seine Verzweiflung preiszugeben.
Die Nantes, das gewaltige Segelschiff, das eines Abends hell erleuchtet vor den Cherry Gardens vor Anker lagt, ein himmlisches Bild: nostalgische Sehnsucht erweckend, die Fantasie anregend, die Vergangenheit belebend. Drei Tage hatte er es gesehen, beobachtet, bewundert – bis es ohne ihn abgefahren war, eine Trennung ohne Abschied.
Der Höllenhubschrauber, der olympische Sicherheitswahnhubschrauber, der zwei Stunden eben dort seine Runden gedreht hatte, Leon Balda störte, seine Gedanken hemmte, seinen Frust steigerte. Verzweifelnde Wut ob des Lärms, des sinnlosen Lärms für die olympischen Sicherheitsfanatiker.
Der Anruf seines Arztes, der ihn ausgerechnet an dieser Stelle erwischte, dem er die Themse beschrieb und wo er dankbar war, dass er nachgefragt hatte, wissen wollte, wie es ihm ginge – ihm zeigte, dass er nicht vergessen war.
Célines Besuch, bis zwei Uhr nachts auf der Steinmauer sitzend, ihr seinen Platz zeigend, die Themse teilend – und ihr Geständnis, das er ihr ganz besonderer Freund sei, platonisch Arm in Arm, die folgende Liebe langsam erweckend, der unvermeidlichen tiefen Enttäuschung langsam den Weg bereitend.
Das Rezitieren Thomas Manns, die Raucherstelle für Nicole: „Du bist ein Schauspieler!“, langsam am Strande mit ihr auf- und abgehend, auch ihr die Themse gezeigt und seine Tabakleidenschaft geteilt. Ein wichtiger Besuch, gerade zu diesem Zeitpunkt – bis zum traurigen Abschied: „Bis zum nächsten Mal!“, das niemals kam.
Der Sturm im Frühjahr, peitschende Wellen, der Blick auf den Regen, der Blick in die Nacht. Der Regen, der literweise auf die Themse niedergeht, aber im gewaltigen Fluss unbemerkt bleibt: „Du spinnst!“, so Anna, aber er glücklich, dem Gewitter, dem Regen getrotzt: und die Tower Bridge durch die Schauer verschwommen wahrgenommen und von der Zukunft geträumt.
Der Schnee im Dezember, London in Weiß. Der Blick auf die Brücke am frühesten Morgen, Nebel und Schnee, alles im Schlafe, alles in Ruh: selbst die Themse, unbewegt, erhabene Ruhe und Wordsworth bedacht: der sublime Wordsworth-Moment: „And all that mighty heart is lying still“.
Alles, alles, alles an dieser Stelle erlebt – ein gesamtes Leben, sein Leben – sein vergangenes Leben. Verzweifelt öffnet er die Augen und weiß, dass London tausende von Meilen entfernt von ihm ist.

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lilli.vostry
Wortschmiedin


Beiträge: 1219
Wohnort: Dresden


Beitrag16.03.2014 17:15
aw:eineLiebeserklärung
von lilli.vostry
Antworten mit Zitat

Hallo Leo,

Dein Text ist sehr atmosphärisch, streiflichtartig mit immer neuen Gedanken/Reflexionen, Erinnerungen und Anekdoten beschreibt er liebevoll und wehmütig zugleich eine für den Erzähler wichtige Zeit seines Lebens an diesem Ort, an der Themse... Es beginnt wie ein Einstieg in eine Geschichte, man reist in Gedanken mit dem Erzähler an die besondere Stelle, die aber dann m.E. zu ausführlich und wortwiederholend oft in Dreiklang-Wortgruppen, somit einen gewissen Sprachrythmus erzeugend, beschrieben wird. Bruchstückhaft und mehr tagebuchartig wechseln dann Situationen, Personen und kurze Begegnungen, die nur knapp umrissen werden, so dass es schwerfällt sich in den Erzähler und das Dargestellte hineinzuversetzen, z.B.warum er als "Spinner" bezeichnet wird... Da träumt er mal einem Schiff hinterher, dann taucht unvermittelt ein olympischer Hubschrauber auf, ohne dass näher darauf eingegangen wird, was es damit auf sich hat.
Es sind auch einige sprachliche und Rechtschreibfehler im Text.

Ich lese es als Liebeserklärung an einen Ort vor allem, die Personen sind dabei eher Beiwerk und es bleibt unklar, was der Erzähler nun so sehr vermisst und was ihn genau zu dieser Geschichte veranlasste.

Viele Grüße,
Lilli


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Tinlizzy
Geschlecht:weiblichLeseratte

Alter: 57
Beiträge: 144
Wohnort: irgendwo im nirgendwo


Beitrag16.03.2014 17:24

von Tinlizzy
Antworten mit Zitat

Hallo Leo,

wäre ich nicht schon vorher in London verliebt gewesen, wäre ich es jetzt!!!
Man spürt förmlich die Liebe dieses Mannes zu dieser Stadt und fühlt sich mit ihm verbunden. Schön und präzise geschrieben, erzeugt unzählige Bilder im Kopf und schafft Emotionen.

Wer einen Fehler findet, kann ihn von mir aus behalten. Ich steh' drauf Exclamation Exclamation Exclamation
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LeoModest
Geschlecht:männlichLeseratte

Alter: 37
Beiträge: 142
Wohnort: Travemünde


Beitrag17.03.2014 23:15

von LeoModest
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Besten Dank für die Antworten und Kommentare!

Danke auch, Lilli, für die kritischen Anmerkungen, welche sehr hilfreich sind. Darf ich darauf bitte so reagieren:

Zunächst, was meinst du mit 'Dreiklang-Wortgruppen', die einen gewissen Sprachrhythmus erzeugen? Letzteres hört sich aus deinem Mund fast negativ an, obwohl es doch das nicht sein muss. Über diesen Dreiklang-Kommentar denke ich, dass du vielleicht das 'Steine überschwemmend, Sand verdeckend' meinst?!

Dass sich dir diese Episoden nicht erschließen, verstehe ich. Das war ja auch die Frage, die ich hatte: kann man das nachempfinden? Für mich sind die Momente klar, könnte über alles locker zwei, drei Absätze schreiben. (Während der olympischen Spiele waren ständig Hubschrauber unterwegs, die eine Runde nach der anderen drehten, scheinbar aufpassten, dass nirgends eine Bombe auf dem Haus liegt, die immer wiederkehrten und grässlich nervtötend waren - und so hat jeder Abschnitt seinen Hintergrund.)
Das 'Du spinnst' war im Übrigen die Reaktion auf sein Sitzen auf der Steinmauer, während es stürmte und schüttete. Schließlich verbringt man solche Stunden ja eher im Trockenen.
Ansonsten: der Versuch war, verschiedene Gedankenfetzen anzuschneiden. In unseren Erinnerungen ist es ja auch so, dass wir an gewisse Zeiten zurückdenken und dabei "Ach, damals im Gourmettempel...", wo der sich Erinnernde genau weiß, was sich hinter diesem kryptischen Fetzen verbirgt. Und eins führt zum anderen - und das erzeugt Sehnsucht, weil er an dieser Stelle so viel erlebt hat.

Abschließend, liebe Lilli, will ich betonen, dass dies keine Rechtfertigung oder Berichtigung war. Ich nehme deine Kritik sehr gerne an und bin nicht verwundert, wenn die Intention nicht klar ist. Und offenkundig ist das ja meine Pflicht und wenn ich es versäume, es schriftstellerisch rüberzubringen, kann ich dich auch nicht rügen. Also bitte nicht falsch verstehen, wenn ich Dinge geraderücke: ich tue das nur damit deine Fragen beantwortet werden, die Kritik nehme ich trotzdem gerne mit.

Wenn du Zeit und Lust hast, wäre ich neugierig zu hören, wo du die sprachlichen Fehler siehst, falls ich da was ständig übersehe. Und ob du es besser fändest, wenn jede Episode ausführlicher beschrieben wird: ich glaube nämlich, dass das den Lauf der Erinnerungen stört, weil der Erzähler in seinen Gedanken nicht noch mal betont, dass da Olympia war und ständig Hubschrauber umherschwirrten. Für ihn reicht "Höllenhubschrauber" um all diese Assoziationen hervorzuheben. Ob das für den anonymen Leser dann verständlich ist, steht auf einem anderen Blatt.

So, nochmals Danke, und liebe Grüße

Leo
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timcbaoth
Leseratte


Beiträge: 114



Beitrag18.03.2014 13:34

von timcbaoth
Antworten mit Zitat

Hallo LeoModest

An sich ein schöner Text. Ich gebe dann noch meinen Senf dazu. Das meiste mag Geschmackssache sein, also bitte meine Kritik nur als Anregung verstehen.

Grundsätzlich kann ich das Englische (wenn man das so sagen kann) nicht sonderlich gut leiden, insbesondere London. Daher will ich mich weniger zum Inhalt äußern. Nur das: Ich finde, du könntest einige der Erinnerungsfetzen etwas mehr ausbauen, musst du aber nicht unbedingt. Ich denke, das Bild, das du vermitteln willst, kommt schon gut rüber.

Ich finde, dass zu viele Wörter im Partizip Präsens vorkommen. Das mag wohl eine Geschmacksfrage sein, aber für mich ist es in der gesprochenen Sprache zu ungebräuchlich, als dass ich es als schön empfinden könnte - vor allem in der Menge.

Im ersten Absatz würde ich die Zweifel nicht so oft wiederholen. Zusammen mit dem Gewiss finde ich es fast schon übertrieben.



Zitat:
Er sieht links die Tower Bridge, erhaben und imposant.


Die Adjektive sind mir zu allgemein. Ich bekomme an dieser Stelle kein Gefühl.

Zitat:
der kleine Sandstrand unter ihm ist völlig überflutet, in kräftigen Wellen schlägt das Wasser gegen die Holzpfeiler, die Steine überschwemmend, den Sand verdeckend.


Überschwemmte Steine kommen mir komisch vor.



 
Zitat:
Wie oft war er da gesessen: stundenlang rauchend und die Themes betrachtend, traurig und glücklich, einsam und mit Freunden. Wieviel hatte er erlebt an dieser, seiner Stelle!


Tippfehler: Themes => Themse

Zitat:
Die Nantes, das gewaltige Segelschiff, das eines Abends hell erleuchtet vor den Cherry Gardens vor Anker lagt, ein himmlisches Bild: nostalgische Sehnsucht erweckend, die Fantasie anregend, die Vergangenheit belebend. Drei Tage hatte er es gesehen, beobachtet, bewundert – bis es ohne ihn abgefahren war, eine Trennung ohne Abschied.


Tippfehler: lagt => lag
Das es im letzten Satz, sollte sich wohl auf das Segelschiff beziehen. Das Segelschiff kommt aber nur im Nebensatz vor, daher würde ich eher sie schreiben (für die Nantes). Hinzu kommt, dass der letzte Satz das Bild als Subjekt hat, somit müsste sich das es darauf beziehen, aber dann würde mich stören, dass ein Bild nicht abfahren kann.


Zitat:
Célines Besuch, bis zwei Uhr nachts auf der Steinmauer sitzend, ihr seinen Platz zeigend, die Themse teilend – und ihr Geständnis, das er ihr ganz besonderer Freund sei, platonisch Arm in Arm, die folgende Liebe langsam erweckend, der unvermeidlichen tiefen Enttäuschung langsam den Weg bereitend.


Tippfehler: das => dass


Im letzten Absatz scheinen mir die Wiederholungen wieder etwas übertrieben.

Liebe Grüße


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Liebe Grüsse
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Frank D. Badenius
Geschlecht:männlichGänsefüßchen

Alter: 64
Beiträge: 27
Wohnort: Lindau (Bodensee)


Beitrag09.03.2016 14:14

von Frank D. Badenius
Antworten mit Zitat

Hi,

den Text finde ich fabelhaft. Also ich kann mich problemlos in den Protagonisten hineinversetzen und seinem Gedankenfluss folgen.

Die Audio-Version gefällt mir leider gar nicht. Schreiben kannst Du, aber das Sprechen würde ich nochmal überdenken. Ist nicht böse gemeint. ;o)

Bin gespannt, was es noch so von Dir zu lesen gibt.

LG
Frank


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