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Erzählperspektive Verwirrung :(

 
 
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Vidora
Geschlecht:weiblichLeseratte

Alter: 36
Beiträge: 151



Beitrag12.02.2014 10:33
Erzählperspektive Verwirrung :(
von Vidora
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo zusammen,

ich befinde mich in einer kleinen Perspektiv-Krise und finde mich trotz Google-Recherche nicht heraus, ihr seid sozusagen meine letzte Hoffnung.

Ich lese momentan "Sturmklänge" von Brandon Sanderson und versuche, den Text auch aus Sicht eines Schreibenden zu betrachten. Hier mal ein Ausschnitt, damit ihr wisst, wovon ich rede:

**********

Doch ihr gefiel der Ort so, wie er war: mit seinen schlammigen Straßen, den reetgedeckten Dächern und den langweilige, aber tragfähigen Steinmauern. Frauen jagten entlaufenen Gänsen nach, Männer zogen Esel hinter sich her, die schwer mit Frühlingssaaten beladen waren, und Kinder führten Schafe auf die Weiden. Eine Großstadt in Xaka, Hudres oder sogar in Hallandren hatte sicherlich exotischere Anblicke zu bieten, aber dafür würde sie mit gesichtslosen, schreienden und rüpelhaften Menschenmassen sowie mit hochfahrenden Adligen bevölkert sein. Das war ganz und gar nicht nach Siris Geschmack; ihr war sogar Bevalis manchmal etwas zu geschäftig.
Aber ich wette, dass diese Städte mehr Farben haben, dachte sie, als sie an ihrem schlichten grauen Kleid herunterschaute. Das ist etwas, das ich gern einmal sehen würde.
Dort würden ihre Haare nicht so sehr auffallen. Wie üblich waren die Locken blond vor Freude geworden, während Siri draußen auf den Feldern gewesen war. Sie konzentrierte sich und versuchte, ihr Haar wieder zu zügeln, aber es gelang ihr nur, die Farbe zu einem stumpfen Braun zu dämpfen. Sobald sie nicht mehr all ihre Gedanken darauf richtete, wurde das Haar wieder so, wie es vorhin gewesen war. Sie war nie sehr gut darin gewesen, es unter ihre Herrschaft zu bringen. Nicht so wie Vivenna.
Als sie weiter durch die STadt ging, folgte ihr bald eine Schaar kleiner Gestalten. Sie lächelte und tat so, als würde sie die Kinder nicht bemerken, bis eines von ihnen tapfer genug war, herbeizurennen und an ihrem Kleid zu zupfen. Die Kleinen betrachteten Siri mit ernsten Gesichtern. Die Kinder von Idris hatten bereits in diesem Alter gelernt, [...]

**********

Mein eigenes Manuskript steht (meiner Meinung nach) in der personalen 3.Person-Perspektive. Und ich hielt auch dieses Buch eigentlich für eines, das in der gleichen Form geschrieben ist.
Jedoch verwirrt es mich zunehmend, dass hier zum Beispiel die Perspektivfigur (Siri) häufig beim Namen genannt wird, obwohl man in vielen Quellen zur Perspektive liest, dass ein personaler Erzähler ja von sich selber nicht als "Peter" bzw. "Siri" denkt, sondern immer das Pronomen wählen würde.
Dann solche Tatsachen wie, dass mir von ihrer Haarfarbe berichtet wird, derer sie sich aber selbst in manchen Momenten gar nicht bewusst ist. Da wirkt es auf mich dann wieder als würde ein weiter entfernter Erzähler ("Das war ganz und gar nicht nach Siris Geschmack") berichten. Trotzdem kennen wir ihre Gedanken und es wirkt auch, als würde Siri werten, wenn sie von den anderen Städten spricht.

In meinem eigenen Text verwende ich fast nie den Namen meiner Perspektivfigur, weil das ja eigentlich ein Bruch wäre, oder? Im Moment bin ich total unsicher, ob ich mich vielleicht aufgrund von falschen Annahmen zur Begrenzung der Perspektive viel zu sehr zensiert habe und mein Text mir deshalb so unvollständig vorkommt.

Ich wäre unendlich dankbar, wenn mich jemand ein bisschen erleuchten könnte, indem er etwas zu dem Textausschnitt und dessen Erzählperspektive/-stimme/usw. sagt.


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Schreibmaschine
Geschlecht:weiblichKlammeraffe


Beiträge: 529



Beitrag12.02.2014 10:53
Re: Erzählperspektive Verwirrung :(
von Schreibmaschine
Antworten mit Zitat

Vidora hat Folgendes geschrieben:
In meinem eigenen Text verwende ich fast nie den Namen meiner Perspektivfigur, weil das ja eigentlich ein Bruch wäre, oder? Im Moment bin ich total unsicher, ob ich mich vielleicht aufgrund von falschen Annahmen zur Begrenzung der Perspektive viel zu sehr zensiert habe und mein Text mir deshalb so unvollständig vorkommt.

Ich kann verstehen, dass es dich verwirrt, aber den Namen der Perspektivfigur zu nennen ist absolut in Ordnung. Es sollte natürlich nicht übermäßig sein und passen, aber okay ist es allemal. Wenn man es auf die Spitze treibt, dürfte man ja auch nicht "er" oder "sie" in Bezug auf die Perspektivfigur schreiben, denn wer denkt schon von sich als eben das? Wink

Vidora hat Folgendes geschrieben:
Dann solche Tatsachen wie, dass mir von ihrer Haarfarbe berichtet wird, derer sie sich aber selbst in manchen Momenten gar nicht bewusst ist. Da wirkt es auf mich dann wieder als würde ein weiter entfernter Erzähler ("Das war ganz und gar nicht nach Siris Geschmack") berichten. Trotzdem kennen wir ihre Gedanken und es wirkt auch, als würde Siri werten, wenn sie von den anderen Städten spricht.

Zwei Dinge: Erstens darfst du einen Roman nicht unbedingt als Vorlage zum richtigen Schreiben nehmen. Auch in lektorierten und (erfolgreich) veröffentlichten Romanen können noch "Fehler" sein. Wobei das Wort "Fehler" relativ zu werten ist, weil es ein absolutes Richtig und Falsch beim Schreiben nicht gibt.
Zweitens muss man sich immer anschauen, warum eine Perspektivfigur z.B. etwas denkt. So wie ich den Textausschnitt in Bezug auf die Haarfarbe verstehe, denkt die Figur über sie in einem sinnvollen und nachvollziehbaren Kontext nach. Gedanken müssen nicht immer direkt sein. Alles was innerhalb einer Sichtweise geschrieben ist, ist eben genau das, die Sichtweise des Person. Und als solche ist sie immer dann legitim und angebracht, wenn es sinnvoll ist.

Mein Tipp bzgl. deiner Unsicherheiten ist, dass du mit erfahrenen Betaleserinnen und Betalesern arbeitest, die sich deine Geschichten genau anschauen. Das Gute ist ja, dass du deine Beta- und Testleserinnen/-leser super auf gezielte Aspekte ansetzen kannst.

Schreibtechniken sind wichtig, wenn man es gut machen möchte. Aber sie sollten einen Text immer verbessern und nicht verschlechtern. Nehmen wir beispielsweise Telling. Generell etwas, das man unbedingt vermeiden sollte. In einigen Fällen kann es aber sinnvoll sein.

Viel Spaß beim Schreiben!

Liebe Grüße,
Schreibmaschine
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Ithanea
Geschlecht:weiblichReißwolf

Alter: 34
Beiträge: 1062

Ei 3 Pokapro 2017


Beitrag12.02.2014 10:56

von Ithanea
Antworten mit Zitat

Den Namen zu verwenden empfinde ich nicht als Bruch der personalen Perspektive. Eine Person denkt von sich zwar nicht als Siri, aber auch nicht als "sie", sondern als "ich". Es ist nunmal aber nicht die Ich-Perspektive gewählt worden, also greift man auf Pronomen und Namen zurück. Ist für mich dasselbe Wort für eine Person.

Was die Beschreibung von Haaren oder Kleidung, Erscheinung betrifft, seh ich das wie du. Wenn das unvermittelt beschrieben wird, ohne dass es Sinn macht, dass die Prota gerade daran denkt, wirkt das von außen drangepappt.
Bei diesem Bespiel von Sanderson ist Siri gerade durch ihren Gedankengang auf ihre Haare gekommen: "Dort würden ihre Haare nicht so sehr auffallen."
Halt ich für plausibel, dass sie darüber nachdenkt, vor allem wenn sie ein Haarfarben-Wechsel-Problem hat, und dadurch ungewollt zum bunten Hund wird.
Deswegen empfinde ich das her auch nicht als Bruch.
Außerdem - ein Buch, indem mir die Erscheinung der Protagonistin gar nicht klar ist (angedeutet ist kein Problem, ich will ja schließlich mitdenken), wär mir auch zu "fremd". Auch ein personaler oder Ich-Erzähler sollte den Protagonisten beschreiben können, halt so, dass es in der Handlung Sinn macht.

(Ziemlich persönliche, nicht schreibtheoretisch untermauerte Meinung)
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Eimerian
Geschlecht:männlichLeseratte
E

Alter: 38
Beiträge: 193



E
Beitrag12.02.2014 11:30
Re: Erzählperspektive Verwirrung :(
von Eimerian
Antworten mit Zitat

Vidora hat Folgendes geschrieben:
Mein eigenes Manuskript steht (meiner Meinung nach) in der personalen 3.Person-Perspektive. Und ich hielt auch dieses Buch eigentlich für eines, das in der gleichen Form geschrieben ist.
Jedoch verwirrt es mich zunehmend, dass hier zum Beispiel die Perspektivfigur (Siri) häufig beim Namen genannt wird, obwohl man in vielen Quellen zur Perspektive liest, dass ein personaler Erzähler ja von sich selber nicht als "Peter" bzw. "Siri" denkt, sondern immer das Pronomen wählen würde.

Was sind das für "viele Quellen"? Die Perspektivpolizei? Schreibratgeber sind keine Sammlungen von Dogmen. Diese Regel, unbedingt bei Pronomen zu bleiben, kommt mir sehr suspekt vor.

Sanderson schreibt wie viele amerikanische Epic-Fantasyautoren in third person limited. Das ist nicht unbedingt 100% identisch mit dem, was man auf deutsch die personale 3.Person nennt. Weil er oft die Person, aus dessen Sicht erzählt wird, oder POV character wechselt, wäre es Irrsinn in jedem Kapitel bei er oder sie zu bleiben.

Ein bekannteres Beispiel, das in dieser Perspektive geschrieben ist, ist A Song of Ice and Fire (oder Game of Thrones). Auch Martin verwendet den Namen seiner POV characters im Text.

Vidora hat Folgendes geschrieben:

Ich wäre unendlich dankbar, wenn mich jemand ein bisschen erleuchten könnte, indem er etwas zu dem Textausschnitt und dessen Erzählperspektive/-stimme/usw. sagt.

Die Haarfarbe ist normalerweise ein Perspektivbruch, das stimmt schon.
Aber dieses Mädchen hat offensichtlich die (magische?) Fähigkeit ihre Haarfarbe zu steuern und wahrscheinlich Haare, die lang genug sind, dass sie sie sehen kann.

Außerdem, wenn wir uns den Satz genau ansehen -
 Wie üblich waren die Locken blond vor Freude geworden, während Siri draußen auf den Feldern gewesen war
- zeigt uns das Plusquamperfekt, dass sie ihre blonden Haare erst im Nachhinein bemerkt, so wie in einem anderen Roman eine Person erst Stunden später einen Fleck auf der Hose bemerkt.

Ein Perspektivbruch wäre es nur, wenn über etwas außerhalb von Siris Gedanken und Wahrnehmung erzählt werden würde.
Zum Beispiel:
"Ohne dass sie es merkte, färbten sich ihre Haare vor Freude blond."
oder "Sie merkte nicht, dass sie verfolgt wurde."
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Bawali
Geschlecht:männlichKlammeraffe

Alter: 80
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Beitrag12.02.2014 11:56

von Bawali
Antworten mit Zitat

Hallo Vidora,

Ich habe den zitierten Text gelesen und ohne Einschränkung für gut befunden.
Hier agiert ein personaler Erzähler der gut die Szene (Umfeld/Personen) beschreibt, (natürlich auch die Gedanken von Siri kennt), und eine Reflexion durch die Wiedergabe eines kurzen Bewusstseinsstrom im Präsens eingestreut hat.

Ich finde gar nicht, dass die drei mal 'Siri' zu viel sind. Das dritte Siri im letzten Absatz ist m.M.n. sogar notwendig, um dem Leser klar das Geschehen zu verdeutlichen.
Ich empfinde immer mal wieder, dass häufig der Name zu wenig genannt wird und ich das Lesen unterbreche, überlege in wessen Perspektive ich den im Augenblick bin, oder gar zurückblättern muss (vor allem wenn man Lese-Unterbrechungen hatte). Insbesondere bei Geschichten, in denen zwischen verschiedenen Personensichten gewechselt wird kann es dann leicht unübersichtlich werden.

Dass sie an ihre Haarfarbe denkt ist für mein Empfinden sehr gut und logisch eingebaut.

Hier habe ich dir noch einen Link auf eine gute Zusammenstellung zu 'Erzählerbericht/Personenrede:
http://lehrerfortbildung-bw.de/faecher/deutsch/projekte/epik/der_vorleser/sprache/index.html
Dort vor allem das Arbeitsblatt im dritten grauen Kasten '3. Erzählerbericht und Personenrede'.

Das einzige, was mich in diesem Textausschnitt ein klein wenig stört ist, dass die direkten Gedanken im Präsens in der Kursivschrift wiedergegeben werden. Das ist leider eine nicht notwendige Unsitte und sollte gekonnter durch entsprechende Einkleidung mit Worten geschehen. Indem dort direkt erwähnt wird, dass sie das denkt und das Ganze in einem eigenen Absatz gehalten ist, würde vollkommen genügen. Aber in diesem Punkt bin ich vielleicht etwas pingelig.

Lieber Gruß
Bawali


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Piezke
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Beitrag12.02.2014 18:37

von Piezke
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Ich frage mich: Ist der personale Erzähler identisch mit dem eingeschränkt auktorialen, wie James N. Frey ihn in "Wie man einen verdammt guten Roman schreibt" beschreibt?
Der Textausschnitt sieht für mich nach einem Musterbesipiel für den zweiten aus. Das Allwissen des Erzählers beschränkt sich auf die Figur Siri und daher wäre es kein Perspektivbruch, wenn er den Farbwechsel ihrer Haare bemerken würde, sie selbst jedoch nicht.
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Bawali
Geschlecht:männlichKlammeraffe

Alter: 80
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Wohnort: Wettingen, Schweiz


Beitrag12.02.2014 20:32

von Bawali
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Piezke hat Folgendes geschrieben:
Ich frage mich: Ist der personale Erzähler identisch mit dem eingeschränkt auktorialen, wie James N. Frey ihn in "Wie man einen verdammt guten Roman schreibt" beschreibt?

Ja, James N. Frey bezeichnet den 'personalen Erzähler' als 'eingeschränkt auktorial Erzählender' auf Seite 127 in seinem Buch.


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Murmel
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Beitrag12.02.2014 21:44

von Murmel
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Bawali hat Folgendes geschrieben:
Piezke hat Folgendes geschrieben:
Ich frage mich: Ist der personale Erzähler identisch mit dem eingeschränkt auktorialen, wie James N. Frey ihn in "Wie man einen verdammt guten Roman schreibt" beschreibt?

Ja, James N. Frey bezeichnet den 'personalen Erzähler' als 'eingeschränkt auktorial Erzählender' auf Seite 127 in seinem Buch.

Deswegen muss das nicht richtig sein, aber ist sicher eine Begriffsdefinition, oder Haarspalterei, wenn man so will. Der personale Erzähler ist ein interner Erzähler, während der auktoriale Erzähler ein externer ist. Extern heißt, er nimmt nicht an der Handlung teil, intern ist Bestandteil der Handlung.

Der auktoriale Erzähler ist allwissend, aber das macht ihn noch nicht mit der Figur identisch. Der eigentliche personale Erzähler, wie er in der Literaturwissenschaft definiert ist, sitzt quasi in der Figur und erlebt daher alles 1:1 mit. Das tut der allwissende Erzähler eigentlich nicht.

Der eingeschränkt auktoriale Erzähler erscheint mir eine Krücke zu sein, der das Nicht-einhalten der Perspektive entschuldigen soll. In USA wird heutzutage der interne Erzähler propagiert, das sogenannte deep POV, bei dem der personale Erzähler mit der Figur verschmolzen ist und das Erlebte wirklich miterlebt und als solches wiedergibt.

Der auktoriale Erzähler nämlich hat eine eigene Meinung und gibt dem Erlebten seine eigene Betrachtungsweise mit.

Der anfangs kopierte Textausschnitt ist auktorial, egal ob man ihn eingeschränkt nennen will. Es ist kein echter interner Erzähler.


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Ithanea
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Beitrag12.02.2014 21:51

von Ithanea
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Murmel,
würdest du am oben geschriebenen Ausschnitt erklären, woran man merkt, dass die Perspektive auktorial ist?
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Tops
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Beitrag13.02.2014 06:30

von Tops
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Murmel hat Folgendes geschrieben:
Der auktoriale Erzähler ist allwissend, aber das macht ihn noch nicht mit der Figur identisch. Der eigentliche personale Erzähler, wie er in der Literaturwissenschaft definiert ist, sitzt quasi in der Figur und erlebt daher alles 1:1 mit. Das tut der allwissende Erzähler eigentlich nicht.


Hallo!

Ich stelle mir das so vor, dass der Leser als immaterielles und immaginäres Wesen auf der Schulter des Protagonisten sitzt. Diese Position ist nahe am Kopf, also sieht, hört und riecht er wie es auch der Protagonist tut. Aber der Leser kann auch schnell in den Kopf schlüpfen, so an den Gedanken teilhaben, bzw. an den beiden anderen Sinnen, und wieder zurück auf die Schulter hüpfen.

Das Nennen des Namens des Protagonisten ist dann notwendig, wenn die Figur aktiv wird, nachdem sie zuvor beobacht hat, was rund um sie geschieht, bzw. mit jemanden (oder etwas) interagiert, der demselben Geschlecht angehört (biologisch, sprachlich), und das Pronomen nicht mehr eindeutig ist.

lg,
Tops
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Bawali
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Beitrag13.02.2014 12:07

von Bawali
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Murmel hat Folgendes geschrieben:
Deswegen muss das nicht richtig sein, aber ist sicher eine Begriffsdefinition, oder Haarspalterei, wenn man so will.

Ja, der Begriff des 'eingeschränkt auktorial Erzählenden', den J.N. Frey im Buch verwendet ist mindestens unglücklich gewählt, wenn nicht sogar falsch.
Ich meine, hier in Europa unterscheidet man:
- Auktorialer Erzähler,
- Personaler Erzähler,
- und den Ich-Erzähler.

Murmel hat Folgendes geschrieben:

Der anfangs kopierte Textausschnitt ist auktorial, egal ob man ihn eingeschränkt nennen will. Es ist kein echter interner Erzähler.
Ich weiß nicht, ob wir den gleichen Text gelesen haben, aber das Textstück, das @Vidora zu Beginn eingestellt hat, liest sich für mich ganz eindeutig als von einem personalen Erzähler. Er sitzt auf der Schulter von Siri und berichtet, was sie (Siri) sieht/hört und gibt dazu auch Gedankenstücke aus dem Kopf von Siri wieder. Der personale Erzähler gibt dabei Beschreibungen und Eindrücke aus dem augenblicklichen Umfeld, mit den ihr dabei durch den Kopf gehenden Gedanken, wieder. Das ganze klar aus der Sicht von Siri, also personal.

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Gamone
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Beitrag13.02.2014 12:35

von Gamone
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Ithanea hat Folgendes geschrieben:
Murmel,
würdest du am oben geschriebenen Ausschnitt erklären, woran man merkt, dass die Perspektive auktorial ist?


So als Amateur würde ich das orange Markierte als auktorial bezeichnen:
Zitat:

**********

 Doch ihr gefiel der Ort so, wie er war: mit seinen schlammigen Straßen, den reetgedeckten Dächern und den langweilige, aber tragfähigen Steinmauern. Frauen jagten entlaufenen Gänsen nach, Männer zogen Esel hinter sich her, die schwer mit Frühlingssaaten beladen waren, und Kinder führten Schafe auf die Weiden. Eine Großstadt in Xaka, Hudres oder sogar in Hallandren hatte sicherlich exotischere Anblicke zu bieten, aber dafür würde sie mit gesichtslosen, schreienden und rüpelhaften Menschenmassen sowie mit hochfahrenden Adligen bevölkert sein. Das war ganz und gar nicht nach Siris Geschmack; ihr war sogar Bevalis manchmal etwas zu geschäftig.
Aber ich wette, dass diese Städte mehr Farben haben, dachte sie, als sie an ihrem schlichten grauen Kleid herunterschaute. Das ist etwas, das ich gern einmal sehen würde.
 Dort würden ihre Haare nicht so sehr auffallen. Wie üblich waren die Locken blond vor Freude geworden, während Siri draußen auf den Feldern gewesen war. Sie konzentrierte sich und versuchte, ihr Haar wieder zu zügeln, aber es gelang ihr nur, die Farbe zu einem stumpfen Braun zu dämpfen. Sobald sie nicht mehr all ihre Gedanken darauf richtete, wurde das Haar wieder so, wie es vorhin gewesen war. Sie war nie sehr gut darin gewesen, es unter ihre Herrschaft zu bringen. Nicht so wie Vivenna.
 Als sie weiter durch die STadt ging, folgte ihr bald eine Schaar kleiner Gestalten. Sie lächelte und tat so, als würde sie die Kinder nicht bemerken, bis eines von ihnen tapfer genug war, herbeizurennen und an ihrem Kleid zu zupfen. Die Kleinen betrachteten Siri mit ernsten Gesichtern. Die Kinder von Idris hatten bereits in diesem Alter gelernt, [...]

 **********

Bei einigen Sätzen  bin ich mir nicht sicher. Sie sind auf jeden Fall Grenzwertig.
Als Krücke halte ich mir immer die Fragen "Weiß sie das sicher?" oder "Kann sie das wissen?" vor Augen.

LG


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Bawali
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Beitrag13.02.2014 12:50

von Bawali
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@Gamone,
Zitat:
Sie lächelte und tat so, als würde sie die Kinder nicht bemerken, bis eines von ihnen tapfer genug war, herbeizurennen und an ihrem Kleid zu zupfen. Die Kleinen betrachteten Siri mit ernsten Gesichtern. Die Kinder von Idris hatten bereits in diesem Alter gelernt, [...]

Hast du den Anfang des Satzes übersehen: Sie lächelte und tat so, als würde sie die Kinder nicht bemerken, ...
Sie sieht sie doch, also klar personale Erzählung.

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Gamone
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Beitrag13.02.2014 12:56

von Gamone
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Und hast du den Satz nicht verstanden?
Ich frag ja nur ... der Anfang des Satzes macht die Perspektive auch nicht besser.

Zitat:
bis eines von ihnen tapfer genug war
Kann sie das wissen? Oder vermutet sie das?
Zitat:
Die Kleinen betrachteten Siri mit ernsten Gesichtern
Das sieht sie. Okay, hätte ich nicht markieren sollen.
Zitat:
Die Kinder von Idris hatten bereits in diesem Alter gelernt
Das ist eine Vermutung, das kann sie nicht wissen, weil sie unmöglich alle Kinder kennen kann. Und da es als Behauptung da steht, ist es Allwissend. Einverstanden?

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Michel
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Beitrag13.02.2014 13:43

von Michel
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Sind die "Kinder von Idris" identisch mit denen, die der Protag hinterherlaufen? Ich hatte das als Erinnerung/Gedanken der Protag gelesen, im Sinne von "Ja, drüben in Idris, da müssen sie jetzt schon [...]". Dann wäre es klar personal.

Die klare Einteilung in drei Formen (auktorial/personal/Ich-Perspektive) greift mir gelegentlich zu kurz. Eine Perspektivtheorie, die da mehr Raum lässt, wäre mir persönlich lieber, z.B. die Nähe zur Protag. Blicke ich durch ihre Augen udn höre ihre Gedanken, oder sitzt die Leser-Kamera eher auf ihrer Schulter? Zu welcher Szene passt welche der beiden Perspektiven besser, und wie erzeuge ich sie?

Ein Nachschlagewerk (leider nur auf englisch), das ich immer wieder gern in die Hand nehme, ist "Characters & Viewpoint" von Orson Scott Card (ISBN: 9781599632124). Der schlägt vor, bei stark handlungsorientierten Szenen (Schlachtengetümmel) der Perspektive wenig Tiefe zu verleihen, während in ruhigeren Momenten innerer Monolog u.a.m. die Figur lebendig werden lassen. Das empfinde ich nicht als unsauber, sondern gut durchdacht.

Zu Deinem Textbeispiel:
Zitat:
Das war ganz und gar nicht nach Siris Geschmack; ihr war sogar Bevalis manchmal etwas zu geschäftig.
Den Satz finde ich ziemlich weit weg von der Figur. Nicht, weil ihr Name genannt wird - es wirkt einfach, als ob jemand mir von außen eine Info über Siri und ihren Geschmack nachreicht. Personal/tiefe Durchdringung fände ich z.B. eher:
Zitat:
Das hier war etwas ganz Anderes als das Gequirl der Großstäde. Siri spürte, wie sich die Verspannung in ihren Schultern lockerte.
... Mal davon abgesehen, dass mich im Beispieltext der ganze Absatz eher aus der Handlung reißt. Will ich in diesem Moment wirklich etwas von Xaka wissen? Nö.
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Bawali
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Beitrag13.02.2014 14:10

von Bawali
Antworten mit Zitat

Gamone hat Folgendes geschrieben:
Und hast du den Satz nicht verstanden?
Ich frag ja nur ... der Anfang des Satzes macht die Perspektive auch nicht besser.

Zitat:
bis eines von ihnen tapfer genug war
Kann sie das wissen? Oder vermutet sie das?
Zitat:
Die Kleinen betrachteten Siri mit ernsten Gesichtern
Das sieht sie. Okay, hätte ich nicht markieren sollen.
Zitat:
Die Kinder von Idris hatten bereits in diesem Alter gelernt
Das ist eine Vermutung, das kann sie nicht wissen, weil sie unmöglich alle Kinder kennen kann. Und da es als Behauptung da steht, ist es Allwissend. Einverstanden?

Oh doch @gamone, ich habe den Satz schon verstanden, auch wenn ich schon ein klein bisschen älter bin. rotwerd
Oh doch, der Satzanfang macht es deutlich.

Auch Vermutungen, Einschätzungen und Schlussfolgerungen aus dem gesehenen und erlebten, sind Gedanken die der Siri durch den Kopf gehen können.

Ich meine mal, dass man nur mit dem kleinen Stück Text, das hier eingestellt ist, nicht schlüssig darüber diskutieren kann, ob es teilweise auktorial oder personal zu verstehen ist. Es fehlt das Wissen des Lesers, was zuvor alles über Siri und ihre Umgebung bereits erzählt worden ist.

Sorry Gamone, ich bin da nicht der Typ, der mit Akribie nach einem möglicherweise, eventuell, unter Umständen nicht ganz so schlüssigen Teilchen sucht. Natürlich versuche ich, und ist auch wichtig, peinlichst in meinen 'Werken' zu vermeiden, dass eine Wiedergabe nicht einfach nur Behauptung ist, sondern nachvollziehbare Äußerungen des Prota darstellen.

Das Textstück oben geht für mich einfach gut als personale Erzählung durch.


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Murmel
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Beitrag13.02.2014 15:09

von Murmel
Antworten mit Zitat

Voraus, Perspektive ist ein schwieriges Thema, und da es kein Absolut in der Schriftstellerei gibt, auch schwer festzunageln.

Die Einteilungen der Perspektivmöglichkeiten dient als Analysewerkzeug. Die Aufteilung auktorial/personal/Ich stammt von Stanzel. Seit seinem Werk über Perspektiven gab es noch weitere. Zum Beispiel lohnt es sich, mit Genette auseinanderzusetzen, der eine viel feinere Analyse bietet. Dies sind zwei europäische Analytiker, im englischen Sprachraum werden sie weniger herangezogen.

Als nächstes möchte ich unterstreichen, dass ihr voraussetzt, dass die Autoren ihrerseits die Perspektive sicher beherrschen - oder ihr lasst außer Acht, ob es aus ihrer Sicht noch andere Beweggründe gab, eine schwammige Perspektive zu verwenden. Daher könnt ihr nicht einfach Auszüge aus Büchern zitieren und dies als Lehrmaterial benutzen, anstatt als Übungsmaterial euch in der Analyse zu perfektionieren.

Bawali hat Folgendes geschrieben:
...als von einem personalen Erzähler. Er sitzt auf der Schulter von Siri und berichtet, was sie (Siri) sieht/hört und gibt dazu auch Gedankenstücke aus dem Kopf von Siri wieder. Der personale Erzähler gibt dabei Beschreibungen und Eindrücke aus dem augenblicklichen Umfeld, mit den ihr dabei durch den Kopf gehenden Gedanken, wieder. Das ganze klar aus der Sicht von Siri, also personal.

Das Fettmarkierte ist der Widerspruch. Auf den Schultern sitzend bleibt er immer noch aus ihrem Kopf heraus. Der interne Erzähler sitzt im Kopf der Figur. Das wird im Englischen als Deep POV bezeichnet. Genette unterscheidet zwischen externen und internen Erzähler und gibt uns damit eine bessere Unterscheidung an die Hand.

Zitat:
Aber ich wette, dass diese Städte mehr Farben haben, dachte sie, als sie an ihrem schlichten grauen Kleid herunterschaute. Das ist etwas, das ich gern einmal sehen würde.

Das ist eine kritische Stelle. Das Inquit "dachte sie" ist das Merkmal eines externen Erzählers, denn wenn wir im Kopf einer Figur stecken, brauchen wir es nicht. Dachte sie, wird benutzt, um klarzustellen, dass es ihre Gedanken sind, und nicht des Erzählers. Das entstammt den auktorialen Zeiten. Zudem hat der Autor die Gedanken kursiv gesetzt, doppelt gemoppelt sozusagen. Zweiter Hinweis ist das distanzierte "schlichte, graue Kleid." So würde sie nicht von ihrem Kleid denken, sie würde in ihrer Beurteilung weiter gehen. Oder schaust du an deiner Hose herunter und denkst: Ich habe ein schlichtes, graues Kleid an?
Da der Autor die Gedanken hinzugesetzt hat, kann der Erzähler nur auktorial sein. Wie Vidora anfangs richtig bemerkt, weist dieser Text eine gewisse Vermischung der Perspektiven auf, was streng genommen nur im auktorialen möglich ist.

Ich denke, dass Brandon S. bewusst einen distanzierteren, auktorialen Ton gesetzt hat, um der Fantastik seiner Geschichte Ausdruck zu verleihen.


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Ithanea
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Beitrag13.02.2014 15:10

von Ithanea
Antworten mit Zitat

Ich habe es bei dieser Textstelle auch wie Bawali so aufgefasst, dass Siri diese Sachen eben denkt.
Gamone hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
bis eines von ihnen tapfer genug war
Kann sie das wissen? Oder vermutet sie das?

Das ist ihr Empfinden, dass jemand dann tapfer ist, wenn er sich herantraut.
Gamone hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Die Kinder von Idris hatten bereits in diesem Alter gelernt
Das ist eine Vermutung, das kann sie nicht wissen, weil sie unmöglich alle Kinder kennen kann.

Natürlich kann sie es nicht von jedem Einzelnen wissen. Aber Siri kennt doch ihre Welt und hält es für selbstverständlich, dass die Kinder das kennen. So wie ich denke, jeder in Deutschland weiß, was unsere Hauptstadt ist. Ich kenne nicht jeden, aber das pauschalisiere ich halt so.

Für mich ist die Textstelle also auch eher personal. Darum hatte ich Murmel gefragt, woran man erkennen kann, wenn sie doch auktorial ist.

Edit: Ah, in der Zwischenzeit hat Murmel auch geantwortet.
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Murmel
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Beitrag13.02.2014 15:47

von Murmel
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Der Trick am auktorialen Erzähler ist - und das wird gerne vergessen - dass er als zweiter Autor wirkt. Er ist der Urheber der Geschichte. Wie der eigentliche Autor schafft er Figuren, lässt sie handeln und legt ihnen Worte in den Mund. Und Gedanken in ihren Kopf. Der auktoriale Erzähler ist der Kreator der Geschichte, und wird dabei selbst vom Autor erschaffen.

Man erkennt ihn an der Distanz zu der Figur, trotz der Gedanken, und an Bezügen wie 'dachte sie'. Und natürlich an sein Wissen, was in der Zukunft sein wird.

Man kann im internen Erzähler auch ein 'dachte er' einfügen, manchmal braucht man das einfach, zur Balance und weil's einfach passt, wie es eben auch in der Ich-Perspektive manchmal angebracht sein kann.


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Vidora
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Beitrag13.02.2014 16:39

von Vidora
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Wow, interessant, was hier an Meinungen/Deutungen zusammenkommt!

Ich habe heute ein Video von Herrn Sandersons Schreibkurs gesehen, in dem er über Perspektive redet. Er sagt von sich selber auch, er schreibe "third person limited" und es gäbe unter den Autoren unterschiedliche Betrachtungsweisen, wie man diese Gedankenparts behandeln solle. Er sagt dabei auch, dass er das Kursivsetzen und das ",dachte sie" sozusagen vom auktorialen Erzähler geliehen hat, er seine Perspektive aber trotzdem als 3rd person limited betrachtet.
Er meinte sinngemäß auch, dass er selber der Meinung wäre, das sei zwar "haarscharf" bezüglich der Perspektive, aber solange man rundherum die Perspektive gut "halten kann", sei das machbar.

Idris ist übrigens Siris Heimat und sie selber ist eine Prinzessin, die zwar gut eingedeckt mit Unterrichtseinheiten ist, aber eher der Typ Mensch ist, der da weghört *g* ich nehme mal an, sie weiß also im Groben, was die kleinen Kinderchen alles lernen.

Mir macht es manchmal Angst, wie extrem genau einige Leser diese Details nehmen, während andere einfach "drüberweglesen". Ich suche da irgendwie Halt.


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Michel
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Beitrag13.02.2014 17:29

von Michel
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Zitat:
Mir macht es manchmal Angst, wie extrem genau einige Leser diese Details nehmen, während andere einfach "drüberweglesen". Ich suche da irgendwie Halt.


Ich spekuliere mal, dass die meisten Leser über solche Details hinweglesen. Viele wollen eine gute Story und keinen Lehrgang über Perspektive. Da fallen dann auch einzelne Fehler nicht ganz so ins Gewicht. Ähnlich wie bei einer alten Langspielplatte: Wenn die Kratzer sich im Rahmen halten, hört man nur auf die Musik. Und je besser die Musik, desto besser kann man die Kratzer ausblenden.
Hier im Forum hast Du ein sehr kritisches Publikum, das anders hinschaut und Kratzer schnell anmerkt. Aber dafür kommt man ja hierher.
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Murmel
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Beitrag13.02.2014 20:07

von Murmel
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Vidora hat Folgendes geschrieben:
Er sagt von sich selber auch, er schreibe "third person limited" und es gäbe unter den Autoren unterschiedliche Betrachtungsweisen, wie man diese Gedankenparts behandeln solle. Er sagt dabei auch, dass er das Kursivsetzen und das ",dachte sie" sozusagen vom auktorialen Erzähler geliehen hat, er seine Perspektive aber trotzdem als 3rd person limited betrachtet.

Dann haben wir es. Third Person limited ist ein externer Erzähler, der nicht im Kopf der Figur sitzt, sondern (von mir aus) auf deren Schultern. Um diesem Erzähler Einblick in die Gedankenwelt mitzugeben, haben andere den eingeschränkten auktorialen Erzähler kreiert.

Das Dumme ist auch, dass sich seit den Arbeiten Stanzels und Genettes der Deep POV, der echte interne Erzähler der dritten Person, etabliert hat. Genette hat eine Art Modultechnik entwickelt, um Erzähler zu kategorisieren, nur seine Bezeichnungen sind nicht besonders griffig, zu Stanzels Zeiten gab es eine Figur, die von sich in der dritten Person erzählt, nicht.


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