In der mitte

[nilswundertsich]

In der mitte scheinen lichter deine
Chemische rede verätzt mir die zunge
Herzton rast in blei gegossen

Hörst du die flammen flackern
Anders: feuerflimmern, ein
Bisschen tauziehen mit dem teufel
Erstes mal in diesen unseren ruinen

Am anfang war das finden von bildern für uns
Nicht eine ungezwungene reise an das ende
Gestern nahm ich deine hand in meinen mund
Stellte dich auf den kopf
Tötete dich aus mir heraus

Vögel singen dies irae
Oben stolziert deine mutter und sucht die
Richtige kleidung

Damit sie gut aussieht, wenn heute die
Erde dich behält
Mit der zeit auf ewig freund

Teile von dir
Ort der schmerzen
Der film endet hier

[Gast]

Hallo nilswundertsich,

Jedesmal, wenn ich hier gelesen habe, hatte ich das Gefühl, dass sich mir etwas sperrt, jetzt melde ich mich einfach, auch wenn deine guten Vorsätze vom Jahresbeginn etwas in Vergessenheit geraten zu sein scheinen?

Mir fehlt ein (entscheidendes?) Element, um zu verstehen, um wen (um welches Du) es wirklich geht. Die Botschaft oder das Geständnis der Angst, ist sie gespiegelt in dem, was dem Du passiert (ist)?

Versteh mich nicht falsch, aber das, was du dir und deinen Zeilen "auferlegt" hast, schränkt die Bewegungsfreiheit ja ein, und das Ergebnis könnte sein, dass Kompromisse in der Wortwahl durchscheinen, dem Ganzen eher etwas wegnehmen.

Vielleicht ist es auch nur meine eigene Erfahrung mit solcherlei Experimenten, die mich dem Ergebnis eher kritisch gegenüber stehen lässt, aber bevor ich versuche, auf den Inhalt einzugehen, hätte ich gern, wenn's geht, eine klein Stellungnahme zum Formalen.

vlG
Lorraine

[firstoffertio]

Das ist  mir bisher entgangen.

Beim Lesen bin ich fasziniert von den Formulierungen, aber auch unsicher ob meiner Leseweise.

Ich lese das als Elegie auf jemanden, eine/n Partner/in des LI, verstorben, an Krebs?, die Beerdigung steht bevor.

[lilli.vostry]

Hallo Nilswundertsich,

ich hab Dein Gedicht jetzt auch mehrmals gelesen und bin etwas unmschlüssig wegen dem Zeilenaufbau, der mir beliebig erscheint, wie hingeworfen die Bilder und Gedanken - ganz und gar nicht in der In der Mitte - sondern das LI ist aus selbiger herausgerissen, durch den Verlust, Abschied vom geliebten LDU.
Insofern passt die etwas wirre Form zum Inhalt, der trotzig, auflehnend gegen das Unausweisliche, rückblickend auf das Vorher, das was kommen sollte und das Jetzt und hier endendem Film daherkommt. Alles erscheint dem LI unwirklich wie ein Film, der ist irgendwann auch zu Ende, zeigt aber andere Leben, dieser Film hier aber das eigene...

Geht mir nahe das Gedicht, musste wohl auch aus der eigenen Stimmung unmittelbar heraus so geschrieben werden.

Viele Grüße,
Lilli

[nilswundertsich]

Vielen Dank für das Feedback!

@Lorraine
Der Vorsatz ist nicht vergessen. Ich lese hier auch viel, habe aber leider auch ein Leben und darum nicht immer die Zeit, so ausführlich zu kommentieren, wie ich es bei meinen Texten auch gerne hätte... Darum habe ich seit diesem Gedicht ja auch nix mehr geteilt. Ich hab einfach zu viele Hobbies.

Hm, also zum Formalen kann ich eigentlich nur sagen, dass es eben ein Experiment war. Um welches Du es geht, wollte ich da bewusst offen lassen. Meistens sind die "Du's" bei mir weiblich, was für den Leser total egal ist. Aber das mit der Spiegelung hast du richtig erkannt. Wer letztlich seine Angst vor dem Tod gesteht, bleibt dir überlassen, aber ich fand es irgendwie spannend, vom Tod (oder auch vom Mord an?) einer anderen Person zu erzählen und da dieses Geständnis in der Ich-Form mit einzuflechten. Im Endeffekt hast dus also schon richtig verstanden.

@lilly.vostri:
Der Zeilenaufbau ist bei mir meistens "beliebig", da ich mich nur ungern nach Metrik oder ähnlichem richte. Oder meinst du das anders?
Ansonsten danke, dass trotzdessen das Gedicht bei dir ankommt

@firstoffertio:
Auf Krebs bringt dich die "chemische rede", oder? Habe ich nicht unbedingt so gemeint, kann man aber durchaus so deuten. Danke auch für dein Feedback.