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Mein erster Roman


 
 
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California
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Beiträge: 15
Wohnort: Leonberg


C
Beitrag29.01.2014 14:32
Mein erster Roman
von California
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Liebes Forum,

ich bin recht komplett neu hier und habe auch bislang im Bücher schreiben keine/wenig Erfahrung. Deshalb würde ich mich umso mehr freuen, mal eine unvoreingenommene Meinung(en) zu meinem Roman zu erhalten. Gerne würde ich das Manuskript des ersten Kapitels einstellen. Ich veröffentliche jetzt mal den Klappentext und frage einfach direkt, wer Interesse hätte, das erste Kapitel zu lesen?

Buchtitel:
Der kalifornische Gouverneur

Klappentext:
Durch eine Tragödie im Oktober 1963 wird Jack O. Simpson zum Gouverneur von Kalifornien. Sein neues Amt möchte der ehrgeizige und nach Macht strebende Politprofi dazu nutzen, soziale Missstände im Golden State zu beseitigen. Doch vor allem konservative Politiker bekämpfen das linksliberale Reformwerk des Gouverneurs vehement, was rasch zu erbitterten Machtkämpfen führt. Lange Zeit von Simpson und seinen Mitstreitern kaum bemerkt und unterschätzt, brauen sich am Horizont neue Schwierigkeiten zusammen, die auch zunehmend seine Erfolge überschatteten: Aufstände in den Schwarzenghettos, Massenproteste gegen gesellschaftliche Normen und außenpolitische Gegebenheiten. Ausgerechnet junge Menschen und Afroamerikaner, denen er seine visionären Ambitionen widmet, entfremden sich mehr und mehr vom Gouverneur, als dieser beginnt, gegen die Unruhestifter immer härter vorzugehen…

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henrycharles
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Alter: 29
Beiträge: 49



H
Beitrag29.01.2014 14:54

von henrycharles
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Interesse! Finde der Klappentext liest sich gut .... Also: hau raus Smile

LG

hc
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California
Geschlecht:männlichGänsefüßchen
C

Alter: 32
Beiträge: 15
Wohnort: Leonberg


C
Beitrag29.01.2014 18:48

von California
pdf-Datei Antworten mit Zitat

henrycharles hat Folgendes geschrieben:
Interesse! Finde der Klappentext liest sich gut .... Also: hau raus Smile

LG

hc


Gerne, ich freue mich auf konstruktive Rückmeldungen.


Kapitel 1

Wie fühlte ich mich geohrfeigt



„Sir, der Zucker ist leer“, rief meine Frau dem vorbeihuschenden Kellner zu. Doch der schlaksige Mann ging reaktionslos mit einem Tablett in der Hand weiter. „Offenbar hat er dich nicht gehört. Ich gehe selbst“, erwiderte ich, während die übrigen am Tisch ihre Unterhaltungen fortsetzten. Ich erhob mich, schritt zu Tresen der Hotelbar und sah auf meine goldene Armbanduhr, deren Zeiger auf fünf Minuten vor fünf standen. Mitch Benson müsste bald eintreffen, dachte ich bei mir. „Wir brauchen noch Zucker. Ein schönes Kleid haben Sie da heute an“, sagte ich zu der jungen Dame hinter der Theke. „Oh vielen Dank. Einen neuen Zucker bekommen Sie sofort, Herr Vizegouverneur. Sie hätten aber auch einen Kellner schicken können“ entgegnete sie mir mit einem Lächeln. „Ach, der hat uns wohl nicht bemerkt. Und wenn ich alter Knochen mich auch mal hier bewege schadet das nicht.“ antwortete ich, woraufhin sie in Lachen ausbrach. Plötzlich klingelte das an der Wand befestigte Telefon, während sie gerade die Porzellanschale mit Zucker füllte. Sie nahm den Hörer ab: „Hotel Beachside, New James- Plain Beach“. Sekunden später legte sie ihn wieder beiseite und eilte zu unserem Tisch. „Entschuldigen Sie, Sir, ein dringenden Anruf für den Hoteldirektor“, meinte sie am Vorbeigehen; ich nickte nur und wartete indem ich mich auf die Theke lehnte. Kurze Zeit später wurde es mir aber unbequem, der Tresen war für einen Mann von 195cm zu niedrig. „Mr. Miller, ein dringender Anruf an Theke 1 für Sie“ hörte ich sie in hektischer Stimme sagen, während am Tisch das Geschirr klapperte sich nach wie vor rege unterhalten wurde. „Ja was ist denn da los, ich komme“ sagte er in langsamen und gelassenen Ton, während er sich die durch seine lockigen grauen Haare fuhr. „Sie entschuldigen mich, die Herrschaften“, sprach er in die Runde und stand auf, nachdem er seine dunkelblaue Krawatte enger zog. Miller schlenderte zum Tresen und hob den Hörer vom Tisch, „Ja bitte. Geschäftsführer Miller hier, Beachside Hotel [Pause]. Ja, sie sind alle hier versammelt“, sprach er in den Apparat. Danach sagte Miller nichts mehr, sondern hörte nur noch zu, was sein Gesprächspartner, wer immer das war, am anderen Ende sagte. Dem ganzen schenkte ich allerdings kaum Beachtung, schließlich schien ein Anruf für den Hotelchef alles andere als unnormal. „Ihr Zucker“ sagte die junge Dame auf einmal zu mir und gab mir die Porzellanschale zurück. Mit dem Gefäß in der Hand ging ich wieder an den Tisch zurück. Das letzte woran ich dachte war, dass dieses Telefonat in irgendeiner Form mit mir zu tun haben könnte. „Wenigstens geht uns der Zucker nicht aus, wenn Mitch gleich eintrifft“, sagte ich die Runde. Die anderen schmunzelten. Die Stimmung war ausgelassen wie selten im politischen Alltag.

Nach wenigen Minuten kam Miller mit äußerst ernster Miene an den Tisch zurück. Was wohl mit ihm los sei, fragte ich mich noch in jenem Augenblick. Er stand neben seinem Stuhl, setzte sich aber nicht hin. Unsicher und mit leicht zitternder Hand griff er nach einem Teelöffel und schlug damit gegen ein leeres Glas, das auf dem Tisch stand. Der Ton ertönte laut, bevor er langsam ausklang. Senator Joe Blue, wie ich selbst, sahen der Szenerie unglaubwürdig zu. „Verehrte Herrschaften, ich habe eine tragische Nachricht erhalten“, sagte er laut, aber bestimmt, während sich die Geräuschkulisse verringerte. Er war sichtlich mitgenommen und fuhr fort, nachdem alle am Tisch ganz Ohr waren und ihn anstarrten: „Soeben habe ich mit Dr. Caine vom Fords Hospital telefoniert. Er hat mir mitgeteilt, dass der Gouverneur auf seinem Weg hierher mit seinem Cabrio einen schweren Unfall hatte. Zurzeit befindet er sich auf der Intensivstation. Die Ärzte wissen nicht, ob er durchkommt. Eine Pressemitteilung wurde bereits herausgegeben“. Mich erfasste urplötzlich, ohne dass ich es kontrollieren konnte, ein tiefer Schock. Ich merkte, wie die Anspannung in meinem Inneren in Sekunden zunahm. Rebecca fasste sich ans Herz und murmelte nur „Oh Gott“. Alle saßen wie versteinert am Tisch, auch die wenigen Gäste der anderen Tische hatten Millers Worte gehört. Es gab niemanden mehr, der sein Gespräch einfach so fortsetzte. Nach zwei oder drei Minuten absoluter Stille brach ich das Schweigen: „Was ist nun? Was tun wir? Warten wir, gehen wir ins Krankenhaus, auf das Hotelzimmer oder wäre es am besten sofort ins State Capitol aufzubrechen und die ganze Veranstaltung abzubrechen?“ Ich wusste es nicht und wandte mich James Cantor zu, der seine schwarze Hornbrille in der Hand hatte und diese ungläubig anstarrte. Er zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht, Herr Vizegouverneur. Meine Gedanken sind nicht mehr klar“, sprach in einem verunsicherten Ton. „Wir werden erneut angerufen sobald es irgendwelche Neuigkeiten gibt“, schob Miller nach. Der zwei Stühle weiter sitzende Bezirksrichter Frank Williams griff nach einer Flasche Wasser und stieß dabei ein leeres Glas um, ohne es zu bemerken. Die Stimmung war radikal gekippt. Eben saßen wir noch gesellig hier, redeten, und nun das? Es schien alles so unwirklich und doch bedrückend ernst. Trotz des Ernstes der Lage kam es mir überhaupt nicht in den Sinn, dass er es nicht schaffen könne. Dieser Gedanke schien so weit weg und übertrieben, dass ich ihn weder zuließ noch irgendeiner Form verfolgte. Ich konnte in jenem Moment überhaupt keine klaren Gedanken fassen. Den anderen muss es wohl ähnlich ergangen sein. Am ganzen Tisch begann man nun, sich über den Vorfall leise zu unterhalten, und doch herrschte Ratlosigkeit. Vor allem wusste keiner wie die Veranstaltung weiter gehen sollte. Nach seinem Autounfall würde sich der Gouverneur erstmal in Ruhe auskurieren müssen. Das wäre weitaus wichtiger, als die geplanten Gespräche zwischen Stadt und Bundesstaat über einen neuen Highway. Doch schon jetzt war klar, diesen 15. Oktober 1963 würde ich nicht wieder vergessen.

Ich kauerte, wie die übrigen am Tisch, ohne klare Gedanken fassen zu können. Meine Frau rang mit der Fassung. Der Schokoladenpudding, den ich eben noch genüsslich löffelte, hatte seinen Reiz verloren. Ich dachte an seine Frau Kelly, die von einer anderen Veranstaltung plante ins Hotel zu kommen, wohl äußerst besorgt sein würde. Während ich da saß, blieb mein Blick an dem Wandstück hängen, das von einem Strahl der rötlichen Abendsonne angestrahlt wurde. Trotzdem realisierte ich die Umgebung nicht richtig, mein Kopf war leer, als habe jemand alle Stimmungen und Gedanken, die gerade noch da waren, einfach gelöscht.

Im Saal herrschte auch nach rund einer Viertelstunde weiterhin Unbehagen mit der Situation. Wohl fragten sich alle, wie ich selbst, ob das wirklich passiert sein könnte. Vielleicht war es eine Verwechslung? Vielleicht war der verunglückte Mann gar nicht der Gouverneur selbst? Vielleicht wollte er selbst doch nicht mit seinem neuen Cabrio fahren, sondern ließ sich chauffieren? Diese Fragen gingen mir in jenem Moment wieder und wieder durch den Kopf. Ehrlich gesagt hoffte ich inständig darauf, es wäre ein Irrtum. Das würde natürlich bedeuten, ein anderer Mann wäre schwer verunglückt, was ich natürlich niemanden gewünscht habe. Aber war der verunglückte tatsächlich der Gouverneur von Kalifornien? Vielleicht würde der Mann, für den ich seit gut zweieinhalb Jahren arbeitete, jeden Moment in den Saal eintreten und uns auf seine einfühlsame Weise fragen, weshalb wir so bedrückt da säßen?

Ich sah nochmals auf die Uhr an meinem linken Handgelenk. Es war zwanzig Minuten nach fünf Uhr. Plötzlich hörte ich dasselbe Telefon am Tresen erneut klingeln. Ich schreckte auf. Beträfe der Anruf Mitch Benson? Miller eilte wortlos zum Tresen. Offenbar wollte er selbst die Nachricht – welchen Inhalt sie auch immer haben würde – entgegennehmen. Miller nahm den Hörer, doch sagte erneut kein Wort und starrte auf den Boden. „Ja danke für diese Auskunft. Auf Wiedersehen“ hörte man den Hotelchef sagen. Er wirkte auf mich betroffen. Was würde nun kommen? Ich ahnte nichts Gutes. Doch ich hoffte inständig auf eine positive Nachricht, auch wenn das Millers trüben Gesichtsausdruck nicht entnehmen war. Hatte sich der Zustand des Gouverneurs verschlechtert? Hatte er bleibende Schäden davon getragen? Daran wollte ich gar nicht denken. Am liebsten wäre ich auf der Stelle aufgestanden und gegangen. Nach draußen, oder hinauf auf unser Zimmer. Hauptsache weg von diesem Tisch. Hauptsache keine Hiobsbotschaft. Aber dieser Gedanke war natürlich Unsinn. Der zweithöchste Mann im Bundesstaate konnte nicht einfach davon rennen, wenn es Schwierigkeiten gibt. Vor dem dunkelbraunen Holztisch blieb Miller stehen. Er griff eine überstehende Ecke der schneeweisen Tischdecke, senkte den Kopf und schluckte einmal. Ich faltete die Hände, stützte die Ellbogen auf den Tisch und sah zu Miller auf. Rebecca legte ihre Hand auf meine Schulter. Wenn das nur ein Traum ist, dachte ich mir noch, dann ist jetzt die richtige Zeit aufzuwachen. „Gouverneur Benson“, begann der Hoteldirektor stotternd, „Gouverneur Benson, [Pause] er, [Pause] er hat es nicht geschafft. Er ist verschieden“. Wie fühlte ich mich geohrfeigt, nachdem er diese Worte gesprochen hatte. Im Affekt hielt ich mir beide Hände vor den Mund. Sie waren warm und feucht. Danach setzte er sich mit gläsernen Augen zurück an seinen Platz und senkte den Kopf, während ihm seine Frau über den Rücken fuhr. Dabei sah sie mich, ausgerechnet mich, mit traurigem Blick an. Ich spürte wie es mir kalt den Rücken herunter lief und wie mein Kopf warm wurde. Ich fühlte mich hilflos auf diesem Stuhl kauernd. Mich ergriff ein Gefühl von Mitleid, Trauer und Sorge, als ich mich fragte, was wohl auf dieser Küstenstraße in den New Jameser Vorort passiert sein muss, dass es so endete. Musste Mitch Benson leiden? Hatte er Schmerzen? Allein der Gedanke daran ließ mich innerlich zusammenzucken.

Nun musste ich Gouverneur von Kalifornien sein, kam mir plötzlich in den Sinn. Es war der stellvertretende Innenminister, der nach etwa fünf Minuten aufstand und das Wort ergriff: „Wir müssen nach New James telefonieren. Das Sekretariat des Gouverneurs und die Eventorganisatoren, sowie die Parlamentsspitzen werden uns sicherlich genau sagen was nun zu tun ist. Jedenfalls hoffe ich, sie können und irgendwie helfen. Wir müssen sofort den Kontakt nach New James herstellen“, so Cantor. Senator Blue sah ihn unglaubwürdig an und erwiderte: „Mr. Cantor, denken Sie denn, man war dort darauf vorbereitet? Aber wir müssen trotzdem den Kontakt herstellen und alle weiteren Schritte erörtern“. Cantor ging zum Telefon und nahm den Hörer ab, was er aber sagte verstand ich akustisch nicht. Mehrfach nickte er, woraus ich schloss, er würde explizite Anweisungen erhalten. Vermutlich vom Sprecher des Abgeordnetenhauses. Noch heute bin ich Cantor für seine Initiative den Kontakt nach New James, zu den hochrangigen Politikern in Kalifornien, herzustellen sehr dankbar. Trotz der äußerst schwierigen Umstände ergriff er freiwillig die Initiative, all diese erforderlichen organisatorischen Angelegenheiten zu erledigen, ohne Aufschub, und ohne dass es seine Pflicht gewesen wäre. Und dabei wusste ich, wie nahe er doch dem Gouverneur gestanden hatte. Vermutlich war er sich noch gar nicht der Tragweite von Bensons Tod bewusst.

„Nun, ich habe Sprecher Taylor gesprochen, der mit Innenminister Oppenheimer und weiteren Spitzen der State Legislature zusammen gekommen ist. Folgendes ist Sache: Mit dem Tod des Gouverneurs ist das Amt automatisch für den Rest der Amtszeit auf den Vizegouverneur übergangen. Der Eid zum Gouverneur ist schnellstmöglich abzulegen. Da nur ein richterlicher Beamter den Eid abnehmen kann, stellt sich die Frage, ob der anwesende Mr. Williams dazu bereit wäre. Den Text des Amtseids sendet Taylor per Telegramm im wenigen Minuten“, meinte Cantor, der sich permanent durch seine vollen Haaren fuhr. Erneut kam es mir vor, als habe mir jemand eine Ohrfeige verpasst. Ich ging mit meiner Frau und ein paar weiteren Politikern auf diese recht formlose Veranstaltung, wo wir auf den Gouverneur warteten. Doch wir warteten vergebens. Stattdessen erhielten wir die Botschaft, der Mann, für und mit dem ich seit Anfang 1961 zusammenarbeitete, sei von uns gegangen und ich habe nun diesen Posten zu übernehmen. Unmittelbar, ohne jede Vorbereitung. Ja, ich war streng genommen schon Gouverneur, bevor ich es selbst wusste.

Kaum hatte Cantor ausgesprochen, wechselte der ein paar Worte mit Richter Williams, die ich allerdings nicht hörte. Cantor schritt dann vor meinen Sitz. Ich sah zu ihm auf. „Herr Gouverneur, wie wollen Sie zwecks Ihres Amtseides vorgehen? Ich halte es für sinnvoll, dies umgehend zu tun. Haben Sie weitere Anliegen?“, fragte er mich in einem ruhigen und gefassten Ton. Ich zuckte innerlich zusammen. Schließlich hatte mich noch nie jemand „Herr Gouverneur“ genannt. Erstmal konnte ich gar nichts sagen. Die gesamte Situation, mit der wir alle in wenigen Minuten konfrontiert wurden, war mir nicht geheuer. Die Anrede „Herr Gouverneur“ war für mich Mitch Benson, und sonst keiner. Ich musste mich erstmal sammeln, denn ich konnte gar nicht begreifen, dass ich nun der Regierungschef des Bundesstaates sein würde, ausgestattet mit etlichen Vollmachten und der alleinigen Befugnis, für den Staat Kalifornien zu sprechen. Natürlich war mir bewusst, was auf mich zukäme wenn Mitch Benson etwas zustoßen würde. Aber rechnet denn schon mit dem Tod eines vitalen Mannes, für und mit dem man jeden Tag arbeitete? Ich blickte wieder zu dem von der Sonne bestrahlten Stück an der weißen Wand. „Nun, Mr. Cantor“, begann ich langsam mit gesenktem Kopf, „wenn Richter Williams anwesend ist und sich dazu bereit erklärt, den Eid abzunehmen, sollte er das wohl tun“. „Ich werde das machen, Sir“, meinte Williams während er mit der rechten Hand über seine Glatze fuhr. Anschließend ging er zu Miller. „Mr. Miller, haben Sie eine Bibel im Hause, auf welche der Eid abgelegt werden kann?“, fragte Williams. „Einen Moment“, erwiderte der Hotelchef und eilte davon. Ich kam mir vor, als sei das alles ein böser Traum. Wenige Augenblicke später kam Miller mit einer Bibel zurück. Ein Buch mit einem Umschlag in der Farbe von Kaffeebohnen und leicht vergilbten Seiten. Nun würde es also ernst werden.

Dann bat der Richter um Ruhe, indem er, wie Miller wenig zuvor, mit einem Teelöffel gegen ein leeres Glas schlug. Der Ton breitete sich binnen eines Bruchteils von Sekunden im Raum aus und hallte noch einige Momente nach. Da standen wir nun im Speiseraum dieses Hotels zusammen und bereiteten meine Amtseinführung als Gouverneur vor. Unter solchen Umständen hatte noch nie jemand den Eid zum Regierungsoberhaupt ablegt, auch wenn ich schon der siebte aufrückende Vizegouverneur der kalifornischen Geschichte war. Noch Stunden zuvor hätte keiner nur im Traum daran gedacht, dass es soweit kommen würde. Doch nach Jahrzehnten im Politgeschäft war mir instinktiv bewusst, es gibt keine Möglichkeit, dieser Sache aus dem Weg zu gehen. Der Allmächtige hatte mich auserwählt, die Führung des bevölkerungsreichsten und wirtschaftsstärksten Bundesstaates unserer Nation zu übernehmen. Ich wusste, es gäbe keinen Aufschub. Ich musste nun das Ruder in die Hand nahmen und den Staat regieren. In Zeiten innenpolitischen und gesellschaftlichen Wandels war eine starke und entschlossene Führung mit Prinzipientreue nötig. In diesem Augenblick hoffte ich nur inständig darauf, mir würde diese Aufgabe gelingen würde. Oder war dies überhaupt möglich, ganz gleich was ich tun würde?

Nach wenigen Minuten hatte jeder einen Platz gefunden, der zwei Köpfe kleinere Richter Williams stand mir seitlich zum Tisch gegenüber und hob die Bibel vor mich hin, worauf ich meine linke Hand legte, Rebecca stand rechts neben mir, weiter hinten standen Cantor, Blue und Miller. Weiter abseits waren Fotografen und weitere Hotelgäste, die wir alle nicht kannten. Dann hob ich meine rechte Hand und sprach Richter Williams nach, der von einem Stück Papier, dem Telegramm aus New James, ablas: „Ich, Jack Otis Simpson, schwöre hiermit feierlich, dass ich die Verfassung der Vereinigten Staaten und die Verfassung des US-Bundesstaates Kalifornien achten und schützen werde. Und dass ich das Amt des Gouverneurs des Staates Kalifornien nach dem besten meiner Kräfte ausführen werde. So wahr mir Gott helfe“. Sowohl der Personenkreis um uns herum, als auch die anderen Gäste im Saal begonnen spontan zu klatschen. Mir war das unangenehm. Ich konnte mich doch nicht zum Gouverneursamt bejubeln lassen, wenn es dazu das abrupte Ende eines anderen Lebens bedurfte. Ein Leben eines Mannes, der erst 58 Jahre alt war und voller Tatendrang steckte. Ein Mann, den ich insbesondere in den vergangenen genau zwei Jahren und neun Monaten sehr gern gewonnen hatte. Ein Mann, der zu mir und meiner Familie stets umgänglich und großherzig war und der seine eigenen Interessen hinter das Allgemeinwohl und das unserer Demokratischen Partei stellte. Doch nun blieb für Trauer kaum Zeit. Unsere Limousine wartete bereits vor den Toren des Gebäudes zur Abfahrt ins Kapitol.


„Was nun?“, fragte Rebecca als wir das erste Mal seit dem Morgen allein waren. „Du fragst wohl im Namen unserer Bürger. Ich habe mit Parlamentsspitzen und Ministern beredet, dass wir Mitchs Politik fortsetzen werden. Gleich übermorgen werde ich das Reformgesetz bei der Nationalgarde unterzeichnen“, erwiderte ich am Eingang unserer Dienstwohnung im Kapitol stehend. Meine Frau trat an mich heran. Ich blickte auf ihre gelockten kastanienbraunen Haare. „Das sagt der Herr Gouverneur. Und was sagt mein Ehemann?“, fragte sie mich als ich ihre Hand nahm. „Entschuldige. Ich weiß es nicht. Schlafen werde ich kaum können. Lass uns in den Park gehen“, erwiderte ich. „Es ist halb zwölf in der Nacht. Aber ja, lass uns ein paar Schritte gehen“, erwiderte sie. Als ich nochmals kurz ins Bad ging, blickte ich den Spiegel. Ich sah einen älteren, kräftig gebauten Mann mit grau-weißen zurückgekämmten Haaren bis halb zur Schulter. Auf diesen Schultern würden nun die Lasten liegen, den gesellschaftlichen Zusammenhalt Kaliforniens in Zeiten des Wandels zu sichern.

Die Luft war draußen etwas abgekühlt, nachdem sich die Dunkelheit über New James gelegt hatte. „Es kommt mir vor wie ein schlechter Traum“, meinte Rebecca als ich meinen beim Gehen meinen rechten Arm um sie gelegt hatte, „ich muss mich wohl erst daran gewöhnen, die Frau des kalifornischen Gouverneurs zu sein. Denkst du, ich sollte die Co-Leitung des Long Port Colleges aufgeben? Das soziale Engagement von Kelly als First Lady würde ich sehr gerne weiterführen“. Ich sah zum Himmel in die vielen unterschiedlich hell leuchtenden Sterne und entgegnete: „Das wäre wohl das Beste“. Nach einigen Metern setzten wir uns auf eine Holzbank. Es war absolut still, die gesamte abgesperrte Anlage war ohnehin nur für Politiker und Mitarbeiter des politischen Apparats zugänglich. Nun war es mitten in der Nacht. „Was tun wir hier? Und wo wären wir, wäre Mitch noch unter uns?“, fragte ich mich in Gedanken selbst. Rebecca atmete einmal schwer bevor sie meinte: „Unser Leben wird sich nun komplett verändern. Wir werden mehr im Licht der Öffentlichkeit stehen. Was das angeht, bin ich sehr froh, dass unsere Tochter längst erwachsen ist“. „Ich weiß, unser Leben wird sich verändern. Ich weiß nur nicht, ob ich das unter diesen Umständen möchte“, erwiderte ich, „aber das werden wir nicht gefragt. In ein paar Tagen werden wohl dort drüben einziehen“. Ich zeigte auf die Redford Residence, gut drei Fußballfelder vom Kapitol und den umliegenden Bürogebäuden entfernt. „Wir müssen jetzt das Beste daraus machen. Natürlich hätten wir Mitch gerne weiterhin unter uns. Und mir tuen seine Frau und seine beiden Söhne unendlich leid. Aber du musst jetzt die Führung übernehmen und entscheiden, was du damit vollbringen möchtest. All das könnte auch eine Chance für dich sein. So, dass eines Tages, vielleicht wenn wir längst nicht mehr sind, man sagen wird, Jack O. Simpson war der großartigste Führer, den dieser Bundesstaat je hatte. Auch wenn es am Anfang schwer ist. Jack, du bist ein Mann mit großartigen Visionen und wunderbaren Führungsfähigkeiten. Ich weiß für eine Vision du für diesen Staat und dieses Land hast. Und nun hast die Möglichkeit, all dies umzusetzen und dich dafür in den Geschichtsbüchern verewigen“, so Rebecca. Ich wusste schon immer, meine Frau hatte vollstes Vertrauen in meine Führungsstärke. Gewiss, ich scheute mich nie die Führung zu übernehmen, ja häufig kämpfte ich dafür sie zu bekommen. Manche taten mich dafür als machthungrigen Mann ab. Beschimpften mich gar als Strippenzieher und Hinterzimmermanipulant. Als rücksichtslosen Taktierter und Quertreiber. Mir war das egal. Leute, die das behaupteten, verstanden nicht, wofür ich nach der Macht strebte.

Ich antwortete Rebecca nach eines Augenblicks des Grübelns: „Natürlich hast du nicht Unrecht, aber ich glaube die gegenwärtige Situation wird auch für einen alten Politprofi wie mich nicht ganz leicht“. „Die erste Zeit wird sicherlich hart“, erwiderte sie, „aber du wirst sehen, das wird nicht ewig so sein. In ein paar Monaten wirst du der Gouverneur sein und das tägliche Regierungsgeschäft führen, ohne dass die jetzigen Emotionen unser Handeln lenken werden. Und ich weiß, du kannst das. Wenn nicht du, wer sonst? Wer hat schon eine solch lange Erfahrung in der Legislative? Kalifornien braucht einen Gouverneur, zu dem die Leute aufschauen können. Und ich bin als deine Ehefrau seit 36 Jahren absolut sicher, dir gelingt das. Ja, es wird Rückschläge geben und du wirst das ein oder andere hochgesteckte Ziel nicht erreichen können, und du wirst dich vielleicht über manche Leute ärgern, von denen du mehr Loyalität und Respekt erwartet hättest. Aber die Menschen dieses Staates werden dir eines Tages dankbar sein, dass du ein so couragierter Mann bist“. Ihre Worte taten in dieser Stunde der Trauer gut. Ich hatte Rebecca vor allem wegen ihrer Weitsichtigkeit immer geschätzt. Ihr war es gelungen trotz des Schmerzes an die Zukunft zu denken. Sie ließ sich niemals fallen und gab niemals auf. Damit hatte es immer wieder geschafft mich aufzubauen. Etwas, das ich in jenen Oktobertagen 1963 bitter nötig hatte.

An diesem herbstlichen Abend hatte ich das Gefühl, sie würde mit jedem ihrer Worte Recht behalten. Ich verspürte den Drang, in diesem hohen Amt etwas erreichen zu wollen, das zum Wohl aller dient. Ich wollte mich für soziale Gerechtigkeit, Bildung, Ausbau der Infrastruktur, Umweltschutz und hohe Lebensstandards einsetzen. Ich wollte, dass unserer Jugend die beste Bildung zu Teil wird, dass soziale Ungleichheiten aufhören und jeder einer faire Chance bekommt. Und ganz besonders war mein Wunsch, der mich innerlich abstoßende Rassismus gegen Schwarze würde ein für alle Mal auf die Müllhalde der Geschichte gepackt. Doch ich war ebenso ehrfürchtig, denn all das zu wollen reichte nicht. Wir mussten dazu handeln. Und wir mussten uns fragen, wie groß unsere Bereitschaft war, daran zu arbeiten und Opfer zu bringen. „Sieh mal Jack“, so Rebecca, „Mitch wusste genau was er tat, als er dich vor drei Jahren, im Wahlkampf, bat sein Kandidat für das Vizegouverneursamt zu werden. Und er war dir für Aufgabe des Senatssitzes dafür äußerst dankbar. Ja mehr noch, du hast den Fraktions- und Parteivorsitz abgegeben, um ihm zum Sieg zu verhelfen. Er wusste bestimmt, du würdest weiter machen, wenn ihm etwas zustoßen würde. Er wusste, du bist der beste Mann für dieses Amt. Und ich bin sicher, er hatte Recht. Du hast die Lebenserfahrung ein Reife, du bist 63 Jahre alt und verstehst worauf es ankommt. Du kannst mit Macht umgehen und sie für deine Ziele geschickt nutzen“. „Sicher“, war meine schlichte Reaktion, als ich noch immer in den sternefunkelnden Himmel blickte. Natürlich hatte sie Recht gehabt, dass Benson bewusst so entschied, und sie lag ebenso richtig, dass ich große Erfahrung in vielen Dingen hatte. Doch es gab etwas, was mich besonders auf mittlere und lange Sicht beunruhigte: Den Großteil meiner Erfahrung, insbesondere im politischen Bereich, hatte ich den zurückliegenden Jahrzehnten, also den 1930ern, 1940ern und 1950ern, gesammelt. Doch nun lebten wir in anderen Zeiten.

Das Jahrzehnt hatte kaum begonnen, da begannen zunächst amerikanische Kolumnisten, und später viele weitere Personen, festzustellen, dieses kommende Jahrzehnt würde gesellschaftlich alles bisher Dagewesene sprengen. Besonders die Mentalität der jungen Leute würde sich abrupt ändern, und zwar so, dass es meiner Generation vollkommen fremd war. Noch als Benson das Amt übernahm schenkte ich dem kaum Glauben, doch war ich einmal Vizegouverneur geworden, begannen meine Zweifel an dieser Hypothese sich in Luft aufzulösen. Insbesondere als ich etliche Universitäten besuchte, hatte ich das Gefühl, die Jugend würde sich meiner Generation entfremden, obwohl ich nur das Beste für sie wollte. Allein ihre Sprache hatte bei mir für Befremden gesorgt. Während dieser Zeit wurde mir klar, dass sich diese „Prophezeiungen“ als richtig erwiesen, jedenfalls nahm das Phänomen in den vergangen zwei Jahren spürbar zu. Deshalb stellte ich mir die Frage, ob all meine Erfahrung in der heutigen Zeit überhaupt etwas bedeuten würde, oder ob mein Denken und Handeln nicht gar das Gegenteil von dem bewirkten würde, was ich wünschte. Als Gouverneur würde ich mich wohl noch weitaus tiefer damit auseinandersetzen müssen. Schließlich lastete die Einheit eines großen Bundesstaates auf mir, was unweigerlich auch Auswirkungen auf den Rest der Nation und der Welt haben würde. Doch so groß meine Sorge war, so sehr war mir klar, ich musste mich der Sache stellen. „Ich mache mir Sorgen, vor allem um unsere Gesellschaft“, sagte ich zu meiner Frau als ich das schimmernde Kapitol ansah. „Es wird nicht funktionieren, wenn du unfehlbar sein möchtest. Aber ohne Selbstvertrauen wird es dies noch viel weniger“, war ihre Antwort. Sie hatte Recht. Doch fürchtete ich mich genau in jenem Bereich zu scheitern, der mir am wichtigsten war. Ich träumte immer davon, Kalifornien würde das mit Abstand beste Bildungssystem haben. Es ging mir darum, unseren Kindern die bestmöglichsten Chancen auf ein erfülltes Leben zu geben. Ihnen die Möglichkeit zu geben, an einem Platz frei von Ungerechtigkeiten, Vorurteilen und Hass zu leben. Ich träumte von besserer Verständigung zwischen allen Bevölkerungsgruppen, besonders zwischen Schwarz und Weiß und Jung und Alt. Besonders das Schicksal der Afroamerikaner hatte ich immer berührt. Wohl auch, da ich viele kannte, oder mit ihnen befreundet war. „Ja, das ist was ich möchte und das, wofür ich an jedem Tag im Amt hinarbeiten möchte“, sagte ich zu meiner Frau als wir aufstanden und weitergingen und ich ihr sagte, was ich im Amt zu schaffen versuchte. Sie sah mich an und entgegnete: „Du bist kaum sechs Stunden an der Spitze dieses Staates und weißt genau, was du willst. Das ist was Kalifornien nun braucht“. „Ich hoffe, dass unsere Mitbürger es wollen“, meinte ich nur. Nun musste ich mich dieser Herausforderung stellen. Ich konnte nur eines tun: Mir die allergrößte Mühe geben und hoffen die Menschen, und ganz besonders die jungen Leute, würden es verstehen und mich unterstützen. Doch es würde nicht leicht werden, das war mir von Beginn an klar.

Wir schritten nun in Richtung des Kapitols und begaben uns im Seitenflügel des weißen Gebäudes in das Apartment des Vizegouverneurs, wo wir noch einige Tage verbringen sollten bis die Redford Residence frei wäre. Während ich am Einschlafen war, gab ich mir selbst ein feierliches Versprechen: Ich werde als Gouverneur so gut wie ich nur irgendwie konnte arbeiten und Mitch Bensons Kurs entschieden fortsetzen. Dafür fühlte ich mich ihm verpflichtet. Auch wenn keiner genau sagen konnte, was die Zukunft wohl bringen würde.
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Mishka
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Beitrag30.01.2014 21:51

von Mishka
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Hallo California,

der ganze Brocken ist mir zuviel, aber ich mach mich mal über den Anfang her.


California hat Folgendes geschrieben:
  

Kapitel 1

Wie fühlte ich mich geohrfeigt[/b]


„Sir, der Zucker ist leer“, Spricht man einen Kellner mit Sir an? Zucker selbst kann nicht leer sein. rief meine Frau dem vorbeihuschenden Kellner zu. Doch der schlaksige Mann ging reaktionslos mit einem Tablett in der Hand weiter. „Offenbar hat er dich nicht gehört. Ich gehe selbst“, erwiderte ich, während die übrigen am Tisch ihre Unterhaltungen fortsetzten. Ich erhob mich, schritt zu zum Tresen der Hotelbar und sah auf meine goldene Armbanduhr, deren Zeiger auf fünf Minuten vor fünf standen. Mitch Benson müsste bald eintreffen, dachte ich bei mir. „Wir brauchen noch Zucker. Ein schönes Kleid haben Sie da heute an“, sagte ich zu der jungen Dame hinter der Theke. „Oh vielen Dank. Einen neuen einen neuen würde ich streichen, der unbestimmte Artikel ist hier überflüssig und das Adjektiv neu ist auch unpassend Zucker bekommen Sie sofort, Herr Vizegouverneur. Sie hätten aber auch einen Kellner schicken können“ Komma entgegnete sie mir mit einem Lächeln. „Ach, der hat uns wohl nicht bemerkt. Und wenn ich alter Knochen mich auch mal hier bewege schadet das nicht.“ Punkt weg, stattdessen Komma hinter den Anführungszeichen antwortete ich, woraufhin sie in Lachen ausbrach. Plötzlich klingelte das an der Wand befestigte Telefon, während sie gerade die Porzellanschale mit Zucker füllte. Sie nahm den Hörer ab: „Hotel Beachside, New James- Plain Beach“. Sekunden später legte sie ihn wieder beiseite und eilte zu unserem Tisch. „Entschuldigen Sie, Sir, ein dringenden Anruf für den Hoteldirektor“, meinte sie am im  Vorbeigehen; ich nickte nur und wartete indem ich mich auf die Theke lehnte und wartete an die Theke gelehnt oder lehnte mich an die Theke und wartete - indem passt hier auch nicht, er würde ja auch warten, wenn er einfach nur rumsteht. Kurze Zeit später wurde es mir aber unbequem, der Tresen war für einen Mann von 195cm zu niedrig. „Mr. Miller, ein dringender Anruf an Theke 1 Zahlen bis zwölf ausschreiben für Sie“ Komma hörte ich sie in hektischer Stimme sagen, während am Tisch das Geschirr klapperte sich nach wie vor rege unterhalten wurde wurde ist Passiv - wer unterhält sich denn? . „Ja was ist denn da los, ich komme“ Komma sagte er in langsamen und gelassenen Ton in einem ... - auf jeden Fall Dativ, aber die Adjektive passen hier auch nicht zum Substantiv, vl. kürzer: sagte er langsam. , während er sich die die zuviel durch seine lockigen grauen Haare fuhr. „Sie entschuldigen mich, die Herrschaften“, sprach er in die Runde und stand auf, nachdem er seine dunkelblaue Krawatte enger zog. Ist die blaue Krawatte irgendwie von Bedeutung? Wenn nein, weg damit. Miller schlenderte zum Tresen und hob den Hörer vom Tisch, „Ja bitte. Geschäftsführer Miller hier, Beachside Hotel [Pause]. Ja, sie sind alle hier versammelt“, sprach er in den Apparat alles nach dem Komma kannst du streichen, dass Miller spicht ist klar, und dass er ein Telefon benutzt auch . Danach sagte Miller nichts mehr, sondern hörte nur noch zu, was sein Gesprächspartner, wer immer das war, am anderen Ende sagte. Dem ganzen schenkte ich allerdings kaum Beachtung, schließlich schien ein Anruf für den Hotelchef alles andere als unnormal. „Ihr Zucker“ Komma sagte die junge Dame auf einmal zu mir und gab mir die Porzellanschale zurück. Mit dem Gefäß in der Hand ging ich wieder an den Tisch zurück. Das letzte woran ich dachte war, dass dieses Telefonat in irgendeiner Form mit mir zu tun haben könnte. „Wenigstens geht uns der Zucker nicht aus, wenn Mitch gleich eintrifft“, sagte ich in die Runde. Die anderen schmunzelten. Die Stimmung war ausgelassen wie selten im politischen Alltag.



Das sind jetzt nur einige Dinge, die mir beim ersten Lesen aufgefallen sind. Alle Anmerkungen sind nur meine persönliche Meinung und als Vorschlag gedacht.

Dein Thema USA in den 60ern finde ich ganz interessant. Ich könnte mir vorstellen, mehr darüber zu lesen.
Insgesamt lässt sich da sicher einiges straffen. Z. B. über den Telefonhörer erfährt der Leser mehr, als er wissen muss Wink Ob der Kellner schlaksig oder mollig ist, ist mir auch nicht wichtig. Stattdessen hätte ich eine kurze! Beschreibung des Restaurants bevorzugt, so dass ich eine Vorstellung bekomme, wo wir sind.

Das wars erstmal.

Liebe Grüße,
Mishka

Edit:
Nachdem ich jetzt weitergelesen habe, finde ich den ganzen ersten Absatz eigentlich überflüssig. Der Leser erfährt da nichts Relevantes - außer, dass dein Ich-Erzähler der Vizegouverneur ist.
Statt des Geplänkels um den Zucker und die Beschäftigung mit Statisten wie dem Kellner und der Dame hinter der Theke könntest du dem Leser die Leute am Tisch vorstellen. Lass sie ein bisschen miteinander plaudern, und der Ich-Erzähler macht sich dann ein paar Gedanken dazu. Dann wird einer von ihnen ans Telefon gerufen und kommt mit der schlechten Nachricht zurück.
Ich finde den Anfang so wie er ist unnötig umständlich und zu lang. Du befasst dich da nur mit Überflüssigem. Wenn ich mir manchmal nicht sicher bin, was ich wirklich brauche und was nicht, stelle ich mir eine Frage:
Was ist das Wesentliche?

Lg,
Mishka
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Drakenheim
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Beitrag31.01.2014 09:34

von Drakenheim
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California hat Folgendes geschrieben:



Nach wenigen Minuten kam Miller mit äußerst ernster Miene an den Tisch zurück. Was wohl mit ihm los sei, fragte ich mich noch in jenem Augenblick. Er stand neben seinem Stuhl, setzte sich aber nicht hin. Unsicher und mit leicht zitternder Hand griff er nach einem Teelöffel und schlug damit gegen ein leeres Glas, das auf dem Tisch stand. Der Ton ertönte laut, bevor er langsam ausklang. Senator Joe Blue, wie ich selbst, Wir sahen der Szenerie unglaubwürdigungläubig zu, während die Geräuschkulisse verstummte.
„Verehrte Herrschaften, ich habe eine tragische Nachricht erhalten“, sagte er laut, aber bestimmt, während sich die Geräuschkulisse verringerte.[/s] [s]Er war Sichtlich mitgenommen und fuhr fort, nachdem alle am Tisch ganz Ohr waren und ihn anstarrten: „Soeben habe ich mit Dr. Caine vom Fords Hospital telefoniert. Er hat mir mitgeteilt, dass der Gouverneur auf seinem Weg hierher mit seinem Cabrio einen schweren Unfall hatte. Zurzeit befindet er sich auf der Intensivstation. Die Ärzte wissen nicht, ob er durchkommt. Eine Pressemitteilung wurde bereits herausgegeben“.
Mich erfasste urplötzlich, ohne dass ich es kontrollieren konnte, ein tiefer Schock. (Klingt seltsam, der Satz. Kannst du den Schock vielleicht in sinnliche Empfindungen umsetzen? ... trockener Mund, Kältegefühl, Klammer um Kopf/Herz, Luft abschnüren, irgendwas, was den Leser den Schock selber spüren lässt.) Ich merkte, wie dDie Anspannung in meinem Inneren nahm in Sekunden zunahm. Rebecca fasste sich ans Herz und murmelte nur „Oh Gott“. Alle saßen wie versteinert am Tisch, auch die wenigen Gäste der anderen Tische hatten Millers Worte gehört. Es gab niemanden mehr, der sein Gespräch einfach so fortsetzte. Nach zwei oder drei Minuten absoluter Stille brach ich das Schweigen: „Was ist nun? Was tun wir? Warten wir, gehen wir ins Krankenhaus, auf das Hotelzimmer oder wäre es am besten sofort ins State Capitol aufzubrechen und die ganze Veranstaltung abzubrechen?“ Ich wusste es nicht und wandte mich James Cantor zu, der seine schwarze Hornbrille in der Hand hattehielt und diese ungläubig anstarrte. Er zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht, Herr Vizegouverneur. Meine Gedanken sind nicht mehr klar“, sprach in einem verunsicherten Ton.
„Wir werden erneut angerufen sobald es irgendwelche Neuigkeiten gibt“, schob Miller nach. Der zwei Stühle weiter sitzende Bezirksrichter Frank Williams griff nach einer Flasche Wasser und stieß dabei ein leeres Glas um, ohne es zu bemerken. Die Stimmung war radikal gekippt. (Wie das Glas auch, schön gemacht. ^^) Eben saßen wir noch gesellig hier, redeten, und nun das? Es schien alles so unwirklich und doch bedrückend ernst. Trotz des Ernstes der Lage kam es mir überhaupt nicht in den Sinn, dass er es nicht schaffen könne. (Kann an dieser Stelle eigentlich auch weg) Dieser Gedanke schien so weit weg und übertrieben, dass ich ihn weder zuließ noch irgendeiner Form verfolgte. Ich konnte in jenem Moment überhaupt keine klaren Gedanken fassen. Den anderen muss es wohl ähnlich ergangen seinging es ähnlich. Am ganzen Tisch begann man nun, sich über den Vorfall leise zu unterhalten, und doch herrschte Ratlosigkeit. Vor allem wusste keiner wie die Veranstaltung weiter gehen sollte. Nach seinem Autounfall würde sich der Gouverneur erstmal in Ruhe auskurieren müssen. Das wäre weitaus wichtiger, als die geplanten Gespräche zwischen Stadt und Bundesstaat über einen neuen Highway. Doch schon jetzt war klar, diesen 15. Oktober 1963 würde ich nicht wieder vergessen.


Ich habe mir mal den zweiten Absatz geschnappt und zerrupft. Viele Gedanken wiederholen sich oder werden dreimal umschrieben. Und manchmal schreibst du, was du inhaltlich schon mal hattest, zwei Sätze später erneut. Da ist eine Menge Kürzungspotential drin. Behalte die schön formulierten, streiche die anderen raus, dann hast du deinen Text schon wesentlich gestrafft.

Du darfst dabei gern liebevoller vorgehen als ich eben. wink
Aber kürze ihn, sonst hängst du deinen Leser ab.
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Klemens_Fitte
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Beitrag31.01.2014 18:17

von Klemens_Fitte
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Hallo California,

dann nehme ich mir mal die nächsten Absätze vor und male ein wenig drin rum. Rot sind alle Stellen, über die ich beim Lesen gestolpert bin. Wortwiederholungen sind fett markiert.

California hat Folgendes geschrieben:
Ich kauerte, Finde den Ausdruck irgendwie unpassend. Und das Komma müsste raus. wie die übrigen am Tisch, ohne klare Gedanken fassen zu können. Meine Frau rang mit der Fassung. Wie sieht das aus? Der Schokoladenpudding, den ich eben noch genüsslich löffelte gelöffelt hatte, hatte seinen Reiz verloren. Ich dachte an seine Frau Kelly, die von einer anderen Veranstaltung plante ins Hotel zu kommen, wohl äußerst besorgt sein würde. Der Satz funktioniert so nicht. Während ich da saß, blieb mein Blick an dem Wandstück hängen, das von einem Strahl der rötlichen Abendsonne angestrahlt wurde. Trotzdem realisierte ich die Umgebung nicht richtig, Diesen Satz verstehe ich nicht. mein Kopf war leer, als habe jemand alle Stimmungen und Gedanken, die gerade noch da gewesen waren, einfach gelöscht.

Im Saal herrschte auch nach rund einer Viertelstunde weiterhin Unbehagen mit der Situation. Finde ich sehr gestelzt. Und wo ist diese Viertelstunde hin? Ist da wirklich nichts passiert? Wohl fragten sich alle, wie ich selbst, ob das wirklich passiert sein könnte konnte. Vielleicht war es eine Verwechslung? Vielleicht war der verunglückte Mann gar nicht der Gouverneur selbst? Vielleicht wollte er selbst doch nicht mit seinem neuen Cabrio fahren, sondern ließ sich chauffieren? Diese Fragen gingen mir in jenem Moment wieder und wieder durch den Kopf. Ehrlich gesagt hoffte ich inständig darauf, es wäre ein Irrtum. Das würde natürlich bedeuten, ein anderer Mann wäre schwer verunglückt, was ich natürlich niemanden gewünscht habe. Aber war der verunglückte tatsächlich der Gouverneur von Kalifornien? Vielleicht würde der Mann, für den ich seit gut zweieinhalb Jahren arbeitete, jeden Moment in den Saal eintreten und uns auf seine einfühlsame Weise fragen, weshalb wir so bedrückt da säßen?

Ich sah nochmals auf die Uhr an meinem linken Handgelenk. Es war zwanzig Minuten nach fünf Uhr. Plötzlich hörte ich dasselbe Telefon am Tresen erneut klingeln. Erneut klingelte das Telefon am Tresen. Viel einfacher, oder? Ich schreckte auf. Beträfe der Anruf Mitch Benson? Miller eilte wortlos zum Tresen. Offenbar wollte er selbst die Nachricht – welchen Inhalt sie auch immer haben würde – entgegennehmen. Miller nahm den Hörer, doch sagte erneut kein Wort und starrte auf den Boden. „Ja danke für diese Auskunft. Auf Wiedersehen“ hörte man den Hotelchef sagen. Er wirkte auf mich betroffen. Was würde nun kommen? Ich ahnte nichts Gutes. Doch ich hoffte inständig auf eine positive Nachricht, auch wenn das Millers trüben Gesichtsausdruck nicht entnehmen war. Hatte sich der Zustand des Gouverneurs verschlechtert? Hatte er bleibende Schäden davon getragen? Daran wollte ich gar nicht denken. Am liebsten wäre ich auf der Stelle aufgestanden und gegangen. Nach draußen, oder hinauf auf unser Zimmer. Hauptsache weg von diesem Tisch. Hauptsache keine Hiobsbotschaft. Aber dieser Gedanke war natürlich Unsinn. Der zweithöchste Mann im Bundesstaate konnte nicht einfach davon rennen, wenn es Schwierigkeiten gibt. Vor dem dunkelbraunen Holztisch blieb Miller stehen. Er griff eine überstehende Ecke der schneeweisen Tischdecke, senkte den Kopf und schluckte einmal. Ich faltete die Hände, stützte die Ellbogen auf den Tisch und sah zu Miller auf. Rebecca legte ihre Hand auf meine Schulter. Diese Details gefallen mir. Die transportieren die Stimmung viel deutlicher als so etwas: Wenn das nur ein Traum ist, dachte ich mir noch, dann ist jetzt die richtige Zeit aufzuwachen. „Gouverneur Benson“, begann der Hoteldirektor stotternd, „Gouverneur Benson, [Pause] er, [Pause] er hat es nicht geschafft. Er ist verschieden“. Wie fühlte ich mich geohrfeigt, nachdem er diese Worte gesprochen hatte. Im Affekt hielt ich mir beide Hände vor den Mund. Sie waren warm und feucht. Danach setzte er sich mit gläsernen Augen zurück an seinen Platz und senkte den Kopf, während ihm seine Frau über den Rücken fuhr. (Mit gläsernen Augen) setzte sich Miller wieder an seinen Platz und senkte den Kopf - dass das Ganze 'danach' passiert, wird aus dem Text ohnehin ersichtlich. Dabei sah sie mich, ausgerechnet mich, mit traurigem Blick an. Ich spürte wie es mir kalt den Rücken herunter lief und wie mein Kopf warm wurde. Ich fühlte mich hilflos auf diesem Stuhl kauernd. Mich ergriff ein Gefühl von Mitleid, Trauer und Sorge Das sind drei sehr verschiedene Gefühle, als ich mich fragte, was wohl auf dieser Küstenstraße in den New Jameser Vorort passiert sein musste, dass es so endete. Musste Hatte Mitch Benson leiden müssen? Hatte er Schmerzen? Allein der Gedanke daran ließ mich innerlich zusammenzucken.


Die Thematik finde ich immer noch interesant. Müsste ich aber meinen Leseeindruck in einem Wort zusammenfassen, wäre es 'bemüht'. Du bist sehr nah an den Gedanken und Gefühlen deines Protagonisten, was ja schon durch die Ich-Perspektive bedingt ist - aber im Bemühen, dem Leser das Ganze nahezubringen, wiederholst du zu oft bereits Gesagtes oder ohnehin Offensichtliches. Für mich als Leser wirkt dann eine Szene, die man sehr präzise auf ihre Sprach- und Ratlosigkeit schreiben kann, unnötig in die Länge gezogen. Auch durch meist unnötige Füllsel wie 'während', 'danach', 'als ich mich fragte' etc.

Du hast ein gutes Auge für Details. Dem solltest du manchmal eher vertrauen als den Gedankengängen deines Protagonisten - oder, um's im Medium Film zu sagen: Vertrau den Darstellern und der Kameraarbeit mehr als den inneren Monologen.

Gruß,
Klemens
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timcbaoth
Leseratte


Beiträge: 114



Beitrag01.02.2014 15:20

von timcbaoth
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Hallo California

Du hast dir wirklich ein hochinteressantes Thema vorgenommen. Leider bin ich mit dem Geschriebenen noch nicht so recht warm geworden.
Lass dich davon aber nicht entmutigen, ich finde nämlich, deine Geschichte hätte riesiges Potential, wenn du drei Sachen beherzigst: Kürzen, kürzen und nochmal kürzen. Insbesondere in den letzten Absätzen beschreibst du die selben Gefühle oder Variationen desselben Gefühls immer und immer wieder. Das könntest du besser in Dialogen und Bildern transportieren und dabei nicht vergessen: einmal ist genug. Ich drücke dir jedenfalls die Daumen und bin schon gespannt auf das nächste Kapitel.


_________________
Liebe Grüsse
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California
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Beitrag01.02.2014 22:32

von California
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Erstmal danke für die vielen wertvollen Tipps. Ich habe mit der Überarbeitung schon angefangen und werde sie in Kürze einstellen Very Happy
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California
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Beitrag23.02.2014 13:33

von California
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So, es hat nun doch etwas länger gedauert, als ich es erwartet habe. Ich habe versucht, so viele Tipps wie möglich umzusetzen. Das Kapitel ist nun kürzer und inhaltlich an der ein oder anderen Stelle etwas abgeändert. Grüße aus Stuttgart Very Happy




Kapitel 1: Wie fühlte ich mich geohrfeigt


„Jack, du sollst doch nicht so viel von diesem Schokoladenpudding essen“, flüsterte mir Rebecca zu. „Herr Vizegouverneur, zu welcher Zeit hat sich denn Gouverneur Benson angekündigt?“, fragte Hoteldirektor Miller über den Tisch, noch ehe ich meiner Frau antworten konnte. Ich schob den Ärmel meines Sakkos ein Stück nach oben und sah auf die goldene Uhr an meinem Handgelenk, die wenige Minuten vor fünf Uhr anzeigte. „Er müsste eigentlich jeden Moment eintreffen. Er sagte doch gegen fünf Uhr am Nachmittag. Nicht wahr, Senator?“, erwiderte ich und sah dabei Joe Blue zu meiner Rechten an. „Ganz recht“, antwortete der. „Ja, es ist wirklich schön, meinen alten Freund Mitch hier wieder begrüßen zu dürfen. Ich bin sehr gespannt, was Kaliforniens höchster Vertreter wohl zum neu gestalteten Speisesaal meines Hotels sagen wird“, bemerkte Miller weiter. Rebecca lächelte und erwiderte: „Sicherlich wird es ihm gefallen. Ich finde ihn sehr geschmackvoll. Insbesondere die Kronleuchter verleihen diesem langen Saal ein nobles Ambiente. Gold wie das Laub im Oktober“. „Ich danke Ihnen für diese netten Worte, Mrs. Simpson. Ich sehe, ich werde an die Theke gerufen. Bitte entschuldigen Sie mich einen Moment“, meinte Miller, der sich aus seinem Stuhl erhob und zum Tresen schlenderte.

Nach wenigen Minuten kam Miller mit äußerst ernster Miene an den Tisch zurück. Was wohl mit ihm los sei, fragte ich mich noch in jenem Augenblick. Er stand neben seinem Stuhl, setzte sich aber nicht hin. Mit zitternder Hand griff er nach einem Teelöffel und schlug damit gegen ein leeres Glas, das auf dem Tisch stand. Wir sahen der Szene ungläubig zu, bis der Ton verstummte. „Verehrte Herrschaften, ich habe eine tragische Nachricht erhalten“. Bleich wie Kreide im Gesicht fuhr er fort, nachdem alle am Tisch ganz Ohr waren und ihn anstarrten: „Soeben habe ich mit Dr. Caine vom Fords Hospital telefoniert. Er hat mir mitgeteilt, dass der Gouverneur auf seinem Weg hierher mit seinem Cabrio einen schweren Unfall hatte. Zurzeit befindet er sich auf der Intensivstation. Die Ärzte wissen nicht, ob er durchkommt. Eine Pressemitteilung wurde bereits herausgegeben“. Plötzlich erfasste mich das Gefühl, mir habe jemand die Luft abschnürt. Mein Herz begann auf einmal zu rasen. Rebecca fasste sich mit beiden Händen an die Wangen und murmelte nur: „Oh Gott“. Alle saßen wie versteinert am Tisch und starrten einen Punkt an. Mir liefen plötzlich Schweißperlen die Stirn herunter. Ich wischte sie zügig mit meinem Tuch weg. Nach zwei Minuten absoluter Stille brach ich das Schweigen: „Was ist nun? Was tun wir? Warten wir, gehen wir ins Krankenhaus, auf das Hotelzimmer oder wäre es am besten sofort ins State Capitol aufzubrechen und die ganze Veranstaltung abzubrechen?“. Ich wandte mich James Cantor zwei Stühle weiter zu, der seine schwarze Hornbrille in der Hand hielt und diese ungläubig anstarrte. Er zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht, Herr Vizegouverneur. Meine Gedanken sind nicht mehr klar“. „Wir werden erneut angerufen sobald es irgendwelche Neuigkeiten gibt“, stotterte Miller. Bezirksrichter Frank Williams griff nach einer Flasche Wasser und stieß dabei ein leeres Glas um, ohne es zu bemerken. Die Stimmung war radikal gekippt. Ich konnte in jenem Moment überhaupt keine klaren Gedanken fassen. Den anderen ging es ähnlich. Am ganzen Tisch herrschte Ratlosigkeit. Wie sollte die Veranstaltung nur weitergehen? Nach seinem Autounfall würde sich der Gouverneur erstmal in Ruhe auskurieren müssen. Das wäre weitaus wichtiger, als die geplanten Gespräche zwischen Stadt und Bundesstaat über einen neuen Highway. Doch schon jetzt war klar, diesen Dienstag, den 15. Oktober 1963 würde sich auf Ewigkeit in meinem Gedächtnis einbrennen.

Im Saal war es an allen Tischen unheimlich ruhig geworden. Ich hätte mir noch wenige Minuten vorher gar nicht vorstellen können, dass eine solche Ruhe in diesem Raum möglich sei. Man hätte eine auf den Boden fallende Stecknadel gehört. Ich schob den Teller ein Stück mehr in die Mitte des Tisches. Der Pudding, den ich eben noch genüsslich löffelte, hatte seinen Reiz verloren. Als ich mich am Tisch umsah, blickte ich in lauter traurige Gesichter, die eine irgendeine Stelle fixierten. Joe Blues Augen wirkten glasig, als wolle er jeden Moment anfangen zu weinen. Die eben noch von Freude erfüllten Gesichter zeigten keine Regungen mehr.

Ich begann zu überlegen, was solch ein Unfall alles bedeuten könnte. Aber vielleicht war der verunglückte Mann gar nicht der Gouverneur selbst? Vielleicht wollte er selbst doch nicht mit seinem neuen Cabrio fahren, sondern ließ sich chauffieren? Ein Gouverneur, der allein eine solche Strecke fuhr, erschien mir ungewöhnlich. Vielleicht würde der Mann, für den ich seit gut zweieinhalb Jahren arbeitete, jeden Moment in den Saal eintreten und uns auf seine einfühlsame Weise fragen, weshalb wir so bedrückt da säßen? Wahrscheinlich würde er darüber scherzen. „Was denken Sie denn, dass ich mich so schnell vom Acker mache? Sie werden mich wohl oder übel noch ertragen müssen“, würde Mitch sicherlich sagen. Anders als witzig und charmant kannte ich ihn gar nicht. Aber vielleicht klammerte ich mich mit diesem Gedanken nur an den letzten Strohhalm. Vielleicht wollte ich es einfach nur nicht wahr haben.

Nochmals blickte ich auf die Uhr an meinem Handgelenk. Es war zwanzig Minuten nach fünf Uhr. Erneut klingelte das Telefon. Ich schreckte auf. Beträfe der Anruf Mitch Benson? Miller eilte wortlos zur Theke. Offenbar wollte er selbst die Nachricht – welchen Inhalt sie auch immer haben würde – entgegennehmen. Der Hotelchef nahm den Hörer ab, doch sagte kein Wort und starrte auf den Boden. „Ja, danke für diese Auskunft. Auf Wiedersehen“. Was würde nun kommen? Ich hoffte inständig auf eine positive Nachricht, auch wenn das Millers trüben Gesichtsausdruck nicht entnehmen war. Hatte sich der Zustand des Gouverneurs verschlechtert? Hatte er bleibende Schäden davon getragen? Am liebsten wäre ich auf der Stelle aufgestanden und gegangen. Nach draußen, oder hinauf auf unser Zimmer. Hauptsache weg von diesem Tisch. Hauptsache keine Hiobsbotschaft. Aber der zweithöchste Mann im Bundesstaat konnte doch nicht einfach davon rennen, wenn es Schwierigkeiten gibt. Vor dem dunkelbraunen Holztisch blieb Miller stehen. Er griff eine überstehende Ecke der schneeweisen Tischdecke, senkte den Kopf und schluckte einmal. Ich faltete die Hände, stützte die Ellbogen auf den Tisch und sah zu Miller auf. Rebecca legte ihre Hand auf meine Schulter. „Gouverneur Benson“, begann der Hoteldirektor stotternd, „Gouverneur Benson, er hat es nicht geschafft. Er ist verschieden“. Wie fühlte ich mich geohrfeigt, nachdem er diese Worte gesprochen hatte. Im Affekt hielt ich mir beide Hände vor den Mund. Sie waren warm und feucht. Mit Tränen über den Wangen setzte er sich zurück an seinen Platz und senkte den Kopf, während ihm seine Frau über den Rücken fuhr. Dabei sah sie mich mit feuchten Augen an. Die Tränen verschmierten ihre Schminke vollkommen. Ich spürte wie es mir kalt den Rücken herunter lief und wie mein Kopf warm wurde. Ich griff nach Rebeccas Hand. Auch ihre Hand war feucht. Als ich zu Joe Blue nach drüben blickte, sah ich Tränen in seinen Augen. Ich fragte mich, was wohl auf dieser Küstenstraße in den New Jameser Vorort passiert sein musste, dass es so endete. Hatte Mitch Benson leiden müssen?

Es war der stellvertretende Innenminister, der nach etwa fünf Minuten aufstand und das Wort ergriff: „Wir müssen nach New James telefonieren. Das Sekretariat des Gouverneurs und die Eventorganisatoren, sowie die Parlamentsspitzen werden uns sicherlich genau sagen was nun zu tun ist. Jedenfalls hoffe ich, sie können und irgendwie helfen. Wir müssen sofort den Kontakt nach New James herstellen“, so Cantor. Senator Blue sah ihn verdutzt an und erwiderte: „Mr. Cantor, denken Sie denn, man war dort darauf vorbereitet? Aber Sie haben wohl dennoch Recht. Wir müssen den Kontakt herstellen“. Cantor ging zum Telefon, was er aber sagte verstand ich akustisch nicht. Mehrfach nickte er, woraus ich schloss, er würde explizite Anweisungen erhalten. Vermutlich vom Sprecher des Abgeordnetenhauses. Ich war Cantor für seine Initiative sehr dankbar. Und dabei wusste ich, wie nahe er doch dem Gouverneur gestanden hatte. Er schien sich der Tragweite des Todes seines Freundes noch gar nicht richtig bewusst zu sein.

„Nun, ich habe Sprecher Taylor gesprochen, der mit Innenminister Oppenheimer und weiteren Spitzen der State Legislature zusammen gekommen ist. Er hat mir folgendes mitgeteilt: Mit dem Tod des Gouverneurs ist das Amt automatisch für den Rest der Amtszeit auf den Vizegouverneur übergangen. Der Eid zum Gouverneur ist schnellstmöglich abzulegen. Da nur ein richterlicher Beamter den Eid abnehmen kann, stellt sich die Frage, ob der anwesende Mr. Williams dazu bereit wäre. Den Text des Amtseids sendet Taylor per Telegramm im wenigen Minuten“, meinte Cantor, der sich voller Aufregung permanent durch seine vollen Haare fuhr. Erneut kam es mir vor, als habe mir jemand eine Ohrfeige verpasst. Ich ging mit meiner Frau und ein paar weiteren Politikern auf diese recht formlose Veranstaltung, wo wir auf den Gouverneur warteten. Doch wir warteten vergebens. Stattdessen erhielten wir die Botschaft, der Mann, für und mit dem ich seit Anfang 1961 zusammenarbeitete, sei von uns gegangen und ich habe nun diesen Posten zu übernehmen. Unmittelbar, ohne jede Vorbereitung. Ja, ich war streng genommen schon Gouverneur, bevor ich es selbst wusste.

Kaum hatte Cantor ausgesprochen, wechselte er ein paar Worte mit Richter Williams. Cantor schritt vor meinen Sitz. Ich sah zu ihm auf. „Herr Gouverneur, wie wollen Sie zwecks Ihres Amtseides vorgehen? Ich halte es für sinnvoll, dies umgehend zu vollziehen. Haben Sie weitere Anliegen?“, fragte er mich erstaunlich gefasst. Ich zuckte innerlich zusammen. Schließlich hatte mich noch nie jemand „Herr Gouverneur“ genannt. Erstmal war ich sprachlos. Mein Mund war völlig ausgetrocknet. Wie sollte ich reagieren? Der „Herr Gouverneur“ war für mich Mitch Benson und sonst keiner. Ich musste erstmal nach meinem Glas greifen. Das Wasser wirkte in meinem trockenen Mund so erfrischend, dass ich es auf einmal leerte. Ich blickte hinauf zu einem der Kronleuchter, der über unserem Tisch hing. „Nun, Mr. Cantor“, begann ich langsam, „wenn Richter Williams anwesend ist und sich dazu bereit erklärt, den Eid abzunehmen, sollte er das wohl tun“. „Ich werde das machen, Sir“, meinte Williams, während er sich über seine Glatze fuhr. Anschließend ging er zu Miller. „Mr. Miller, haben Sie eine Bibel im Hause, auf welche der Eid abgelegt werden kann?“. „Einen Moment“, erwiderte der Hotelchef und eilte davon. Ehe ich es erwartete kam Miller mit einem eingestaubten Buch zurück, dessen Seiten vergilbt waren.

Der Richter bat um Ruhe, indem er, wie Miller wenig zuvor, mit einem Teelöffel gegen ein leeres Glas schlug. Der Ton breitete sich binnen eines Bruchteils von Sekunden im Raum aus und hallte noch einen Augenblick nach. Der Hotelchef wischte den Staub einmal vom Buchdeckel ab und übergab die Bibel an Richter Williams. Er sah zu mir nickte einmal, woraufhin ich mich aus dem Sitz erhob. Längs zu dem unbesetzten Tisch gegenüber trat ich vor den Bezirksrichter, dem Blue das Telegramm aushändigte. „Bitte legen erheben Sie Ihre rechte Hand und legen Sie die linke auf die Bibel“, seufzte Williams. „Vielleicht sollten Sie, Mr. Williams, diese etwas höher halten, wenn Mr. Simpson einen Meter fünfundneunzig groß ist“, meinte Blue, noch ehe ich meine Hand positioniert hatte. Der zwei Köpfe kleinere Richter hob das Buch noch etwas höher, sodass ich meine linke Hand flach darauf platzierte und meine rechte erhob. Mein Herz begann erneut zu rasen. Unter meinem Haaransatz pochte es. Williams sah zu mir auf und begann laut zu sprechen: „Bitte sprechen Sie mir nach: Ich, Jack Otis Simpson, schwöre hiermit feierlich, dass ich die Verfassung der Vereinigten Staaten und die Verfassung des US-Bundesstaates Kalifornien achten und schützen werde. Und dass ich das Amt des Gouverneurs des Staates Kalifornien nach Besten meiner Kräfte ausführen werde. So wahr mir Gott helfe“. Kaum hatte ich ausgesprochen begannen sowohl der Personenkreis um uns herum, als auch die anderen Gäste im Saal spontan zu klatschen. Mir war das unangenehm. Ich wollte mich nicht zum Gouverneursamt bejubeln lassen, wenn es dazu das abrupte Ende eines anderen Lebens bedurfte. Ein Leben eines Mannes, der erst 58 Jahre alt war und voller Tatendrang steckte.

***

„Was nun?“, fragte Rebecca. „Du fragst wohl im Namen unserer Bürger. Ich habe mit Parlamentsspitzen und Ministern beredet, dass wir Mitchs Politik fortsetzen werden. Gleich übermorgen werde ich das Reformgesetz bei der Nationalgarde unterzeichnen und am Samstag eine Rede vor der State Legislature halten“, erwiderte ich am Eingang unserer Dienstwohnung im Kapitol stehend. Meine Frau trat an mich heran. Ich blickte auf ihre gelockten kastanienbraunen Haare. „Das sagt der Herr Gouverneur. Und was sagt mein Ehemann?“, fragte sie mich als ich ihre Hand nahm. „Entschuldige. Ich weiß es nicht. Schlafen werde ich kaum können. Lass uns in den Park gehen. Ich gehe nur noch schnell ins Bad“, erwiderte ich. „Es ist halb zwölf in der Nacht. Aber ja, lass uns ein paar Schritte gehen“, schluchzte sie.

Die Haut im Gesicht spannte nach meiner Rasur noch leicht, als ich in den Spiegel und blickte. Ich sah in das Gesicht eines älteren Mannes von kräftiger Statur. Einen Mann mit festen Haaren grau wie Asche, deren Linie vom Haaransatz streng nach hinten verlief bis wenig oberhalb der bulligen in ein Sakko gehüllten Schultern. Kaum hatte ich die transparente Hornbrille wieder auf meiner spitzen Nase stellte fest, wie gebräunt mein rundes Gesicht noch vom Sommer war. „Wo bleibst du denn?“, rief meine Frau durch die Türe. „Ich komme schon“. Kaum hatte ich das Bad verlassen, griff Rebecca nach meinen Händen und sah lächelnd zu mir auf: „Jetzt siehst du aus, wie eine richtige Autoritätsperson. Wie ein Gouverneur eben. Nun lass uns gehen“.

Die Dunkelheit hatte sich über New James gelegt und die Luft war abgekühlt. Die Luft, die durch meine Lungen strömte war herrlich erfrischend. In dem nur den Politikern zugänglichen Park auf dem Areal des Kapitols und der Redford Residence herrschte gespenstische Ruhe. Man hörte nur das Rauschen der Palmenblätter bei der leichten Brise, die wehte. Am Himmel leuchteten viele unterschiedlich helle Sterne. Ich richtete meinen Blick permanent auf jenes Bauwerk, indem ich fortan der Hausherr sein würde. In dem dreistöckigen Gebäude mit seiner sandigen Fassade im Renaissance-Stil brannten nur vereinzelt Lichter. „Wer hätte das noch vor ein paar Stunden gedacht? Es ging so schnell. Nach dem Motto 'Der Gouverneur ist tot, es lebe der Gouverneur'“, seufzte meine Frau, als ich meinen Arm um ihre Schultern gelegt hatte, „es ist schon merkwürdig welchen Lauf die Geschichte nimmt. Nun bist du doch dort angekommen, wo du immer sein wolltest und wo ich dich auch zu gern gesehen hätte. An der Spitze des Bundesstaates, den du so liebst und dem du schon mehr als drei Jahrzehnte deines Lebens gewidmet hast. Nachdem dir Mitch ehrenhalber den Vizeposten angeboten hat, habe ich immer, seit 1961, daran gedacht, du könntest doch noch Gouverneur werden, sollte ihm irgendetwas zustoßen. Aber ich habe nie daran geglaubt, er würde eine Amtszeit von fünf Jahren nicht überstehen. Ich hielt es für einen abstrakten Gedanken, ihm könne etwas passieren. Nichts weiter. Schließlich haben wir ihn auch alle gern gehabt. Und jetzt ist es tatsächlich passiert. Welch tragische Ironie“. „Ja, welch tragische Ironie. Ich hatte den Traum Gouverneur von Kalifornien zu sein am 19. Juli 1960, wenige Monate vor dem Urnengang, zu Grabe getragen. Wegen eines solch verdammten Irrtums einiger Ärzte. Und dann, zwei Wochen später, war es zu spät. Zu spät meine aufgegebene Kampagne wiederzubeleben, nachdem Mitch bereits für die Demokraten nominiert war. Auf mein Betreiben. Zeit war gerade noch genug, um Mitchs überraschendes Angebot für den zweiten Platz anzunehmen. Wobei hier mehr wahltaktische Manöver eine Rolle spielten, als der Wunsch, meine bisherigen Funktionen aufzugeben“, erwiderte ich kopfschüttelnd.

Wir gingen noch einige Schritte bis wir zu einer Bank am Wegrand kamen, die von einer Laterne angestrahlt wurde. Die Sitzfläche war hart. „Jetzt musst du dir darüber klar werden, was du mit der neu gewonnen Autorität anfangen willst“, meinte Rebecca. „Das weiß ich längst“, setze ich entschlossen entgegen, „es mag Leute geben, die mich für einen Visionär oder gar einen Träumer halten, dem es vordergründig nach Macht giert. Aber mir ist das egal. Ich möchte als der größte Gouverneur in die Geschichte Kaliforniens eingehen. Als der Gouverneur, der allen Menschen dieses Staates gleiche Chancen verschaffen hat. Als der Gouverneur, der nicht nur schwafelt, sondern handelt. Als Gouverneur der gesamten Bevölkerung. Aber vor allem als der Gouverneur, der die Bevölkerung einte und die Diskriminierung gegen Schwarze verbannte. Der, der Jugend die besten Chancen für ein erfülltes Leben gab. Der, der das Bildungssystem dieses Staates an die Weltspitze führte. Ich möchte der Gouverneur sein, der soziale Missstände wie Armut, Rassismus und Ignoranz beseitigte und der ein neues Umweltbewusstsein für unseren geliebten Golden State schuf. Ich möchte, dass jeder mit einer geschwollenen Brust voller Stolz sagen kann, ich lebe in Kalifornien, dem großartigsten Bundesstaat in dem großartigsten Land der Welt. Das ist mein Ziel. Und es ist das, wofür ich ab morgen beginnen werde zu arbeiten“. „Du warst schon immer ein Weltverbesserer. Ein unverbesserlicher noch dazu. So kenne ich dich seit 36 Jahren. Ich bin auch sicher, dir wird vieles von deinen Zielen gelingen. Aber du darfst auch nicht mit überhöhten Erwartungen an alles herangehen. Es wird mit Sicherheit Rückschläge geben. Du wirst das ein oder andere hochgesteckte Ziel nicht erreichen können und du wirst dich vielleicht über manche Leute ärgern, von denen du mehr Loyalität und Respekt erwartet hättest“, antwortete sie, „ich weiß auch, wie sehr du dich um die Jugend sorgst. Ich hoffe nur, die Jugend wird dir dein Engagement danken, anstatt eine gesellschaftliche Eigendynamik zu entwickeln und sich zu isolieren. Jedenfalls sagen das viele und ich glaube, es ist leider wahr. Aber nun lass uns umkehren, ich bin müde“.

Durch den Spalt zwischen den Vorhängen erblickte ich nichts als Dunkelheit. Die vorhin noch leuchtenden Sterne waren von einer Wolkenfront verdeckt. Als habe jemand einen Vorhang vorgezogen. Eigentlich wollte ich schnell einschlafen, denn morgen, dem ersten vollen Tag im Amt, wartete jede Menge Arbeit auf mich. Doch es gelang mir nicht, ein Auge zuzumachen. Schon gar nicht auf Knopfdruck. Ich konnte nicht aufhören daran zu denken, dass viele Stimmen nicht müde wurden zu betonen, dieses Jahrzehnt würde gesellschaftlich alles bisher Dagewesene sprengen. Eine Art Auflehnung der Jugend stehe bevor oder habe längst begonnen. Die Sorge darum ließ mich nicht los. War ich angesichts dieser Umstände dem gewachsen, meinen Lebenstraum wahr zu machen? Jenem Traum, der mich seit Jahren antrieb. Der mich antrieb, etwas Bleibendes zu hinterlassen. Nun war die Zeit gekommen, diese Vision entweder zu verwirklichen oder daran zu scheitern.
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inmutanka
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Beitrag25.02.2014 15:27

von inmutanka
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Hallo California,

ich werde nicht dazu kommen, alles zu kommentieren. Aber vllt. hilft dir ja schon ein Stück weiter.


„Jack, du sollst doch nicht so viel von diesem Schokoladenpudding essen“, flüsterte mir Rebecca zu.

Wer legt die Einschränkung auf? Die Frau? Oder gibt sie nur das weiter, was z. B. der Arzt/Ernährungsberater gesagt hat? Die Frage deswegen: Wenn die Frau ihn bremsen will, weil er vllt. zu dick wird/ein Figur-Problem hat, dann wird sie es bestimmt anders sagen.

„Herr Vizegouverneur, zu welcher Zeit hat sich denn Gouverneur Benson angekündigt?“, fragte Hoteldirektor Miller über den Tisch, noch ehe ich meiner Frau antworten konnte.

*fragte* finde ich nicht gut, denn es wird schon aus dem Satz/dem Satzzeichen klar, dass es sich um eine Frage handelt, wäre als doppelt/dreifach gemoppelt. Verbinde es doch mit einer Handlung, Bsp.:
„Herr Vizegouverneur, zu welcher Zeit hat sich denn Gouverneur Benson angekündigt?“ Hoteldirektor Miller persönlich schenkte uns Wein nach.
Das er sich einmischt, bevor er seiner Frau antworten kann, wird aus dem Zusammenhang klar und muss nicht erwähnt werden.

Ich schob den Ärmel meines Sakkos ein Stück nach oben und sah auf die goldene Uhr an meinem Handgelenk, die wenige Minuten vor fünf Uhr anzeigte.

Puh - ein Monstersatz. Ist es wichtig, dass es eine *goldene* Uhr ist? Oder willst du nur zeigen, dass es eine teuere Uhr ist? Die Uhrzeit würde ich nicht erwähnen, da du sie ja in der wörtlichen Rede wieder erwähnst. Mein Satz würde also in diesem Falle so aussehen: Ich sah auf die Breitling an meinem Handgelenk.

„Er müsste eigentlich jeden Moment eintreffen. Er sagte doch gegen fünf Uhr am Nachmittag. Nicht wahr, Senator?“, erwiderte ich und sah dabei Joe Blue zu meiner Rechten an.

Wortwiederholung *sah* : sah auf die goldene Uhr / sah dabei Joe Blue

"Ganz recht“, antwortete der.
„Ja, es ist wirklich schön, meinen alten Freund Mitch hier wieder begrüßen zu dürfen. Ich bin sehr gespannt, was Kaliforniens höchster Vertreter wohl zum neu gestalteten Speisesaal meines Hotels sagen wird“, bemerkte Miller weiter.


Auf das *"Ganz recht“, antwortete der.* würde ich verzichten. Bsp.: ... Nicht wahr, Senator?“ Joe Blue zu meiner Rechten nickte.
Auch auf *bemerkte Miller weiter* würde ich verzichten und ihn etwas machen lassen, das ihn charakterisiert.

Rebecca lächelte und erwiderte: „Sicherlich wird es ihm gefallen. Ich finde ihn sehr geschmackvoll. Insbesondere die Kronleuchter verleihen diesem langen Saal ein nobles Ambiente. Gold wie das Laub im Oktober“.

Tipp: bei wörtlicher Rede kommt erst das Satzzeichen (hier der Punkt) und dann die Schlusszeichen.

„Ich danke Ihnen für diese netten Worte, Mrs. Simpson. Ich sehe, ich werde an die Theke gerufen. Bitte entschuldigen Sie mich einen Moment. “ , meinte Miller, der sich aus seinem Stuhl erhob [color=black]sich und eilte zum Tresen schlenderte. [/color]

Wenn ein Hoteldirektor von seinen Bediensteten weggerufen wird, wird er kaum *schlendern*. Seine Leute werden ihn ja nicht wegen einer Kleinigkeit stören, wenn er sich mit so bedeutetenden Leuten wie dem Vizegouverneur unterhält.

Nach wenigen Minuten kam Miller mit äußerst ernster Miene an den Tisch zurück. Was wohl mit ihm los sei, fragte ich mich noch in jenem Augenblick. Er stand neben seinem Stuhl, setzte sich aber nicht hin. Mit zitternder Hand griff er nach einem Teelöffel und schlug damit gegen ein leeres Glas, das auf dem Tisch stand. Wir sahen der Szene ungläubig zu, bis der Ton verstummte.

Der Absatz liegt mir beim Lesen quer.
1. er geht weg und es vergehen einige Minuten. In diesen Minuten wird das Gespräch am Tisch weitergehen.
2. Sie sind zu dritt/viert am Tisch und er klimpert an einem Glas, um sich Gehör zu verschaffen?
3. Bei *äußerst ernster Miene* entsteht bei mir im Kopfkino kein Bild. Besonders, da ich bis jetzt nicht einmal einen Anhaltspunkt habe, wie ich mir diesen Direktor vorstellen soll. Bis jetzt ist er nur ein Name, der durch die Szene wandelt.

Ich würde nicht den Direktor zur Theke watscheln lassen, sondern einen Kellner ihm etwas ins Ohr flüstern lassen und beschreiben, wie sich mit jedem Wort der Nachricht sein Gesicht verändert.

„Verehrte Herrschaften, ich habe eine tragische Nachricht erhalten“. Bleich wie Kreide im Gesicht fuhr er fort, nachdem alle am Tisch ganz Ohr waren und ihn anstarrten: „Soeben habe ich mit Dr. Caine vom Fords Hospital telefoniert. Er hat mir mitgeteilt, dass der Gouverneur auf seinem Weg hierher mit seinem Cabrio einen schweren Unfall hatte. Zurzeit befindet er sich auf der Intensivstation. Die Ärzte wissen nicht, ob er durchkommt. Eine Pressemitteilung wurde bereits herausgegeben“.

*ganz Ohr* und *bleich wie Kreide* sind Phrasen, die ich nicht verwenden würde. Zum anderen bezweifle ich, dass ein Arzt eine *Pressemitteilung* heraus gibt und zum anderen, dass er das einem Hoteldirektor mitteilt. Dafür habe solche Leute ihre Pressesprecher.

Plötzlich erfasste mich das Gefühl, mir habe jemand die Luft abschnürt. Mein Herz begann auf einmal zu rasen. Rebecca fasste sich mit beiden Händen an die Wangen und murmelte nur: „Oh Gott“.

*Plötzlich erfasste mich das Gefühl, mir habe jemand die Luft abschnürt. Mein Herz begann auf einmal zu rasen.* - Warum so umständlich? Mir stockte der Atem/ich japste nach Luft und mein Herz raste.

Alle saßen wie versteinert am Tisch und starrten einen Punkt an.

*fg* hat jemand Suppe verschüttet? Im Ernst, lass sie betreten auf den Tisch/ihre Teller starren, aber wenn ALLE auf EINEN Punkt starren sollen, musst du konkreter werden, wo sich dieser Punkt befindet und was für ein Punkt das ist.

Mir liefen plötzlich Schweißperlen die Stirn herunter. Ich wischte sie zügig mit meinem Tuch weg. Nach zwei Minuten absoluter Stille brach ich das Schweigen

Ich reagiere allergisch auf das Wörtchen *plötzlich*. Es wird m. M. n. zu oft und zu unbedacht benutzt. Nur die wenigsten Dinge sind *plötzlich* da, dazu zählt für mich z. B. ein Knall/Schuss. Schweißperlen sind m. M. n. nicht *plötzlich* da wie z. B. ein Knall, aber das ist Ansichtsache.
*zügig* könnte raus, ebenso wie *Tuch*. Ich wischte/tupfte mir den Schweiß von der Stirn.
Ebenso allergisch reagiere ich mit genauen Zeitangaben. Für mich liest sich das, als wenn er die ganze Zeit auf die Uhr gestarrt hat a la. 30 Sek. um, 1 Min. um, 1 1/2 Min. um - es sagt immer noch niemand etwas 2 Min. jetzt muss ICH was sagen.

 „Was ist nun? Was tun wir? Warten wir, gehen wir ins Krankenhaus, auf das Hotelzimmer oder wäre es am besten sofort ins State Capitol aufzubrechen und die ganze Veranstaltung abzubrechen?“.

Tipp: wenn bei wörtl. Rede ein Schluss-Satzzeichen kommt, brauchst du keinen weiteren Punkt dahinter setzen.

Ich kann nicht glauben, dass hier ein Vizegouverneur spricht. Jemand in dieser Position soll ein Entscheidungsträger sein, die Amtsgeschäfte übernehmen, wenn der Gouverneur verhindert ist. Diesen Eindruck vermittelt er mir hier nicht. Oder ist er so ein unentschlossenes Weichei?

So, ich hoffe, ich konnte dir ein wenig weiterhelfen.

LG
Inmutanka

]


_________________
Ich danke allen, die meine Träume belächelt haben; Sie haben meine Phantasie beflügelt. ... Vor allem aber danke ich all jenen, die mich lieben, so wie ich bin; Sie geben mir die Kraft zum Leben! Danke. (Paul Coelho)
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Klemens_Fitte
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Alter: 41
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Beitrag25.02.2014 17:25

von Klemens_Fitte
Antworten mit Zitat

Hallo nochmal,

inmutanka hat dir ja schon ein paar gute Hinweise auf Stellen gegeben, an denen es sprachlich noch holpert.

Ich habe nochmal kurz den Absatz, den ich damals "auseinandergepflückt" habe, mit der neuen Version verglichen und finde, das liest sich schon ein gutes Stück runder. Einen groben Tipp möchte ich mal kurz am Beispiel zeigen:

California hat Folgendes geschrieben:
Ich schob den Teller ein Stück mehr in die Mitte des Tisches. Der Pudding, den ich eben noch genüsslich löffelte, hatte seinen Reiz verloren.


Ein Ich schob den Teller mit dem Pudding beiseite fände ich viel konzentrierter und einprägsamer, so als Bild. Auch, wenn man aus der Ich-Perspektive schreibt, muss man nicht jeden Gedanken des Protagonisten ausschreiben; das lohnt dann, wenn diese Gedanken inhaltlich oder sprachlich besonders originell sind. Hier habe ich oft das Gefühl, dass der Erzähler einfach nur kommentiert, wie ich als Leser eine Szene einzuordnen habe - das Problem ist, dass der Ich-Erzähler dadurch nicht plastischer wird, sondern eher belanglos.
Mein Tipp wäre also: Kürzen. Nur das an Innensicht behalten, was dir wirklich unverzichtbar erscheint. Und weniger "kommentieren".

Eine andere Passage, die mir etwas aufstößt:

Zitat:
Wir gingen noch einige Schritte bis wir zu einer Bank am Wegrand kamen, die von einer Laterne angestrahlt wurde. Die Sitzfläche war hart. „Jetzt musst du dir darüber klar werden, was du mit der neu gewonnen Autorität anfangen willst“, meinte Rebecca. „Das weiß ich längst“, setze ich entschlossen entgegen, „es mag Leute geben, die mich für einen Visionär oder gar einen Träumer halten, dem es vordergründig nach Macht giert. Aber mir ist das egal. Ich möchte als der größte Gouverneur in die Geschichte Kaliforniens eingehen. Als der Gouverneur, der allen Menschen dieses Staates gleiche Chancen verschaffen hat. Als der Gouverneur, der nicht nur schwafelt, sondern handelt. Als Gouverneur der gesamten Bevölkerung. Aber vor allem als der Gouverneur, der die Bevölkerung einte und die Diskriminierung gegen Schwarze verbannte. Der, der Jugend die besten Chancen für ein erfülltes Leben gab. Der, der das Bildungssystem dieses Staates an die Weltspitze führte. Ich möchte der Gouverneur sein, der soziale Missstände wie Armut, Rassismus und Ignoranz beseitigte und der ein neues Umweltbewusstsein für unseren geliebten Golden State schuf. Ich möchte, dass jeder mit einer geschwollenen Brust voller Stolz sagen kann, ich lebe in Kalifornien, dem großartigsten Bundesstaat in dem großartigsten Land der Welt. Das ist mein Ziel. Und es ist das, wofür ich ab morgen beginnen werde zu arbeiten“. „Du warst schon immer ein Weltverbesserer. Ein unverbesserlicher noch dazu. So kenne ich dich seit 36 Jahren. Ich bin auch sicher, dir wird vieles von deinen Zielen gelingen. Aber du darfst auch nicht mit überhöhten Erwartungen an alles herangehen. Es wird mit Sicherheit Rückschläge geben. Du wirst das ein oder andere hochgesteckte Ziel nicht erreichen können und du wirst dich vielleicht über manche Leute ärgern, von denen du mehr Loyalität und Respekt erwartet hättest“, antwortete sie, „ich weiß auch, wie sehr du dich um die Jugend sorgst. Ich hoffe nur, die Jugend wird dir dein Engagement danken, anstatt eine gesellschaftliche Eigendynamik zu entwickeln und sich zu isolieren. Jedenfalls sagen das viele und ich glaube, es ist leider wahr. Aber nun lass uns umkehren, ich bin müde“.


Das ist kein Dialog, sondern Exposition, und zwar mit dem Holzhammer. Niemand, schon gar kein Ehepaar, redet so miteinander.

Grüße nach Stuttgart,
Klemens
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California
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C
Beitrag25.02.2014 19:49

von California
pdf-Datei Antworten mit Zitat

@inmutanka: Super vielen Dank, ich habe das gleich übernommen.

@Klemens: Den letzten Punkt verstehe ich nicht so ganz. Konkret geht es mir eigentlich in erster Linie darum, die Sorgen des Protagonisten auszudrücken, die sich später noch deutlich krasser bewahrheiten. Alternativ liese sich die gesamte Schlussszene mit dem Abendspaziergang auch in einen Gedankengang umwandeln: bspw. der Protagonist schleicht sich nachts selbst nach draußen weil er nicht schlafen kann. Aber trotzdem danke für die übrigen Anregungen.
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Klemens_Fitte
Geschlecht:männlichSpreu

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Beiträge: 2942
Wohnort: zuckerstudio waldbrunn


Beitrag25.02.2014 20:03

von Klemens_Fitte
Antworten mit Zitat

California hat Folgendes geschrieben:
@Klemens: Den letzten Punkt verstehe ich nicht so ganz. Konkret geht es mir eigentlich in erster Linie darum, die Sorgen des Protagonisten auszudrücken, die sich später noch deutlich krasser bewahrheiten. Alternativ liese sich die gesamte Schlussszene mit dem Abendspaziergang auch in einen Gedankengang umwandeln: bspw. der Protagonist schleicht sich nachts selbst nach draußen weil er nicht schlafen kann. Aber trotzdem danke für die übrigen Anregungen.


Naja, ich meinte damit zwei Dinge: (1) So redet niemand. Lies dir den Dialog mal laut vor, dann wirst du, glaube ich, merken, dass das einfach völlig gekünstelt und aufgeblasen daherkommt: „ich weiß auch, wie sehr du dich um die Jugend sorgst. Ich hoffe nur, die Jugend wird dir dein Engagement danken, anstatt eine gesellschaftliche Eigendynamik zu entwickeln und sich zu isolieren. Jedenfalls sagen das viele und ich glaube, es ist leider wahr. Aber nun lass uns umkehren, ich bin müde“ - spricht so eine Frau mit ihrem Ehemann? Oder spricht so nur jemand, dem der Autor Worte in den Mund legt, damit er seine Infos an den Leser weitergeben kann?

(2) Worum es dir als Autor in dieser Passage geht, das ist mir natürlich klar. Das lässt sich aber wesentlich eleganter ausdrücken - wenn du dem Leser die Ängste und Sorgen deines Protagonisten derart auf dem Silbertablett präsentierst, dann degradierst du ihn zu einer Platzhalter, zu einem Träger für die Intention des Autors und nimmst dem Leser die Möglichkeit, in ihm ein menschliches Wesen zu sehen. Das meinte ich mit Exposition, und da sage ich nochmal: Das braucht es in einem Roman nicht in dieser Ausführlichkeit.

Hm, ich glaube, ich drücke mich mal wieder unnötig kompliziert aus.
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