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Vogel Eselsohr
Beiträge: 436
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29.11.2013 23:33 9Komma81 von Vogel
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9Komma81
Zwei Drittel sind gelb. Die anderen schwarz, silbern, grau. Und hier Schwarzweiße, mit blau-rotem Glitzern. Die Gelben blöken bei jeder Bewegung. Sie kriechen wie Lava, verklumpen, umfließen sich. Stillstand hier, Krauchen da, dann kurzes Rasen und wieder Stehen. Weiße und graue Quadrate, rechteckige Puzzleteile, verkantet, verschachtelt, gestapelt, gekippt. Flächen mit Kreisen und Höhlen, spitzenbewehrt. Geriffelte Schrägen, schwarze Kästen und Tunnelöffnungen, von Seesternen versperrt.
Gerade hier unten wuselt es, zwischen dem Glitzern und Blinken. Wie kann es so bunte Muster geben, in einer asphaltfarbenen Welt? Wie die Bücher, die man anstarrt, bis Hologramme wachsen. Wie die Poster in Wohnungen, auf deren Dachgärten Cannabis gepflanzt wird. Wie die mikroskopischen Fotos von Zyten und Phagen und Blasten. Methylenblau. Eosinrot. Safraningelb.
Ein Betonfluss mit Kristallen und dahinter, verspiegelt, Hände, die auf Münder schlagen, und aufgerissene Augen. Ein Strom aus Stein. Zerfließt zu grauen Schlieren. Betonniagara. Luft wie aus Wasserwerfen. Pfeifende Winde, die Staubnadeln tragen.
Aber unten das gelbe Gewimmel. Und in jedem ein Mensch. Und jeder will irgendwo hin und ist dafür zu zahlen bereit. Das gelbe Blech umhüllt wärmendes Leder, die Heizung läuft, der Fahrer grüßt. Wer ein Taxi nimmt, hat ein Ziel. Wer ein Ziel hat, will leben. Stecknadelköpfe krabbeln durch den Stau. Ein Feuerwehrwagen teilt das Meer. Blau-rote Lichter verschmelzen.
Das Dach des Empire-State-Buildings ist mit einem Zaun geschützt. Ein Bolzenschneider lässt sich im Rucksack verstecken.
Bäume machen grüne Filzkugeln aus ihren Wipfeln. Eine Schlange aus Menschenkieseln wartet auf Einlass. Ein Fahrrad hat sich als Büroklammer verkleidet und schlängelt sich hindurch. Der Bus ist ein weißer Riegel, wie ein Plastikteil auf Irrfahrt im Meer. Sonnenschirme sind Warzen, auf der faltigen Haut dieser Stadt. Das Hupen der Taxis stößt durch das Tosen. Bei jedem Spurwechsel, bei jeder Bewegung. Es liegt wie Konfetti über dem Brummen der Stadt. Die Taxis sprechen ein Morsealphabet. Menschen können es nicht verstehen.
Im rot-blauen Warnlicht ist man bemüht. Ein Stehen und Starren, ein Rennen und Holen, Funken, Winken, Parken. Mehr Autos, schwarz-weiß, Polizei. Mehr Feuerwehr, mehr Masse, mehr Mensch. Wollen sie ein Wasserbecken aus Blech und Uniformen bilden? Wollen sie ein Sprungtuch aus Blaulicht und Absperrband weben?
Ein Muster aus Würfeln, gewunden und gestaut. Zwei Drittel sind gelb, der Rest schwarz, silbern, grau. Da mal ein blaues Auto, ein grüner Müllwagen dort. Eine Kette aus Blech. Eine Kolonie kriechender Wespen, gelb mit schwarzen Streifen, die weiße Laster und schwarze Limousinen mit sich schwemmt. Ein Setzkasten aus Dächern, Lüftungen und Schornsteinen. Da türmen sich Terrassen, Turbinen und Schächte und Spalten und Kies und schneeweiße Flächen, von Sonne gebleicht. Dazwischen grüne Tupfer aus Baum. Das ist schön.
Der Bolzenschneider fällt schneller als ich. Ist das überhaupt physikalisch korrekt? Neun Komma acht eins Meter pro Sekunde Quadrat. In einer Sekunde schlage ich auf.
Den Text habe ich zwar schon mal woanders zur Diskussion gestellt, aber Eure Meinung würde mich sehr interessieren.
Gruß
Vogel
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Mogmeier Grobspalter
Moderator Alter: 50 Beiträge: 2677 Wohnort: Reutlingen
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30.11.2013 08:52 Re: 9Komma81 von Mogmeier
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Vogel hat Folgendes geschrieben: | Zwei Drittel sind gelb. Die anderen schwarz, silbern, grau. |
Meiner Meinung nach besteht ein Ganzes, wenn in Drittel unterteilt, aus drei Dritteln. Wenn du aber schreibst, die anderen sind schwarz, silbern und grau, muss man in dem Zusammenhang davon ausgehen, dass das eine Ganze, deiner Aussage zufolge, aus insgesamt fünf Dritteln besteht. Das ist mathematisch unmöglich. -> Also die zwei gelben Drittel plus das schwarze, silberne und graue Drittel; dezimal ausgedrückt, bzw. dargestellt komme ich dabei auf einen Wert von genau 1, 666666667 ... der somit über den Gesamtwert von 1 (ein Ganzes) hinausschnellt.
Vielleicht wäre es hier besser, klarzustellen, dass zwei Drittel gelb sind und das andere (das dritte Drittel) schwarz, silbern und grau ist, bzw. aus diesen letzteren Farben besteht.
Zitat: | Der Bolzenschneider fällt schneller als ich. Ist das überhaupt physikalisch korrekt? |
Bezüglich der Fallbeschleunigung (9,81 m/s) erübrigt sich die Frage, wenn man folgendes Buch gelesen hat.
http://www.amazon.de/Physik-Lehr--%C3%9Cbungsbuch-Pearson-Studium/dp/3868940235/ref=sr_1_6?s=books&ie=UTF8&qid=1385814884&sr=1-6&keywords=physikbuch
... Obwohl man dabei nicht einmal dieses Physikbuch benötigt. [Physikbuch ist ein schönes Wort; Gerold kennt es mittlerweile auch.]
So etwas bekommt man in der Schule im Physikunterricht erklärt.
Der Luftwiderstand spielt hierbei eine große Rolle (siehe auch ›Verdrängung‹).
An dieser Stelle hätte ich eher eine Frage erwartet wie: Wie kann ein Dreieck vier Ecken haben?
_________________ »Nichtstun ist besser, als mit viel Mühe nichts schaffen.«
Laotse |
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Vogel Eselsohr
Beiträge: 436
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30.11.2013 18:54
von Vogel
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Danke für Deine mathematische Antwort.
"Die anderen" bezieht sich auf die anderen Autos, nicht "die anderen Drittel".
Die Frage nach der Physik stellt nicht der Autor dem Leser, sondern der Fallende sich selbst. Trotzdem danke, dass Du sie beantworten wolltest.
Gruß
Vogel
_________________
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Lupo Eselsohr
Beiträge: 364 Wohnort: Pegnesien
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02.12.2013 00:27 Aktionskunst von Lupo
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Zwei Ausschnitte zeichnet das Lyrische Ich in seinen Beschreibungen:
zum einen ein Wimmelbild aus großer Höhe,
zum anderen den gleichzeitigen freien Fall zweier Körper.
Infolge des geringeren Luftwiderstandes fällt das Metallstück rascher als das Lyrische Ich, nur hat der Grübler für eine Schlussfolgerung aus seiner Beobachtung während der letzten Fallsekunde nicht mehr ausreichend Zeit.
Lieber Vogel!
Das Aufzählen der Farb- und Formeindrücke enthält für meinen Geschmack jeweils ein Beispiel zu viel, wie in einem Aufsatz, bei dem der Schüler unnötige Wörter dazu packt, um das erwünschte Textvolumen zu erreichen.
Die Begriffe "Zyten, Phagen und Blasten" in der sachgerechten Einfärbung auf einem Objektträger deuten auf einen Mediziner oder Biologen hin.
Hat er sein Physikum versemmelt, oder bedroht den etwaigen Arzt ein Regress wegen eines Kunstfehlers, und damit seine Existenz?
Er wird wohl kaum auf Physik umgesattelt haben und im Selbstversuch die Erdbeschleunigung untersuchen wollen.
Also, weshalb springt er vorsätzlich vom Dach?
So wie es nämlich da steht, veranstaltet er lediglich ein Happening, in dem er seinen aufschlagenden Körper einer Teilansicht aus Google-Earth hinzu fügt.
Ohne jetzt exakte Differentialgleichungen aufzustellen, schätze ich aus 400 m Höhe die Fallzeit des Werkzeugs auf elf, die des Springers auf zwölf Sekunden.
Beuysig, Lupo.
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Gast
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04.12.2013 09:32
von Gast
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Vogel hat Folgendes geschrieben: | Und jeder will irgendwo hin und ist dafür zu zahlen bereit. |
Guten Morgen,
Ich würde das Ganze (mit all seinen "Schönheiten", Gedanken und Beobachtungen) gern als "Simulationsflug" lesen. Denn es scheint so viel Positives durch, auch Unvollendetes.
Offene Fragen
Zitat: | Wie kann es so bunte Muster geben, in einer asphaltfarbenen Welt? |
Ein zu definierendes Ziel
Zitat: | Wer ein Ziel hat, will leben. |
Phantasie
Zitat: | Ein Fahrrad hat sich als Büroklammer verkleidet und schlängelt sich hindurch. |
Sehen und Sehnen
Zitat: | Dazwischen grüne Tupfer aus Baum. Das ist schön. |
Ich lese diesen Text gern, will ihn aber, wie gesagt, in einen Kontext stecken, der mir entgegenkommt ...
glG
Lorraine
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Nina Dichterin
Beiträge: 5000 Wohnort: Berlin
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04.12.2013 10:03 Re: 9Komma81 von Nina
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Hallo Vogel,
tut mir leid, aber für mich liest sich das "nur" wie Brainstorming zu NYC. Ein paar gute Sätze sind drin, (auch ein paar, die nicht so gelungen sind), aber es fehlt etwas - und das ist eine Idee, die den ganzen Text zusammen hält. Und noch etwas fehlt: Eine Aussage. Da springt jemand in den Tod und das Ganze vorher ist gestreute Info, lose, wie Konfetti. Schlecht ist es nicht, aber es ist NOCH nicht gut, - wenn Du mich fragst.
Ein wenig Ungewissheit ist in Ordnung, finde ich. Man darf Infos streuen, und dem Leser nach und nach Einlass gewähren, Zugang gewähren dahin, wohin es geht. Doch hier ist es nicht gut gelungen, weil es beim Streuen bleibt. Irgendwann kommt der Punkt an dem man erkennt: NYC, aber das reicht ja nicht. Es geht ja nicht um ein literarisches Puzzle mit dem Titel: Entdecke die Stadt. Deine Geschichte schrammt vorbei an Bedeutung, wenn Du mich fragst. Sie hat keinen Überbau und verliert sich in losen Sätzen, die schließlich mit einem plakativen Schluß enden: Der Sprung in den Tod. Mir persönlich ist das Ganze zu wenig. Dennoch sehe ich hier das, was man Potential nennt. Eine Verknüpfung, ein Unterbau und es könnte richtig gut werden.
Ich hoffe, ich konnte mich verständlich machen. Wie stehst Du selbst zu diesem Text?
LG
Nina
_________________ Liebe tut der Seele gut. |
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Vogel Eselsohr
Beiträge: 436
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04.12.2013 10:26
von Vogel
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Lieber Lupo,
vielen Dank für deine Kritik. Sie schmerzt ein wenig, da sie sehr ins Schwarze trifft. Ich kann nachvollziehen, dass es zu viele Bilder und Vergleiche sind. Dies ist allerdings nicht der Absicht geschuldet, die Wortzahl aufzublähen, sondern höchstens dem Unvermögen, die Ideen zu zügeln.
Die andere Kritik kam auch schon von mehreren anderen Lesern. Ich nehme sie daher sehr ernst. Die Intention des Textes war es nicht, die Motive oder das Seelenleben des Suizidenten zu beleuchten. Es ging mir um den geschärften Blick in dieser einen Tödlichen Sekunde. Die höchst subjektive Wahrnehmung eines einzigen Augenblickes. Da wäre kein Platz für Reflexionen. Für Tipps, wie ich diesen Widerspruch auflösen könnte, wäre ich dankbar.
_________________
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kskreativ Märchenerzähler
K Alter: 59 Beiträge: 2232 Wohnort: Ezy sur Eure, France
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K 04.12.2013 10:30
von kskreativ
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ich stimme nina zu, mich erschlagen die ganzen Metaphern und Adjektive derart, dass ich den Kern der Geschichte aus den Augen verliere. Weniger ist eben doch oft mehr.
_________________ C'est la vie. oder: Du würdest dich wundern, was man so alles überleben kann. |
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Gast
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04.12.2013 10:48
von Gast
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Vogel hat Folgendes geschrieben: | Die höchst subjektive Wahrnehmung eines einzigen Augenblickes. Da wäre kein Platz für Reflexionen. Für Tipps, wie ich diesen Widerspruch auflösen könnte, wäre ich dankbar. |
Diesen Widerspruch meinte ich, als ich "Simulationsflug" szs als Vorschlag einbrachte, das wäre dann also die Vorstellung davon, wie Wahrnehmung eines Augenblickes aussehen könnte und (vielleicht) die Erkenntnis, dass es mehr Zeit braucht, für Wahrnehmen vielleicht nicht, aber fürs Mitteilen.
Ich fühlte mich eigentlich sehr wohl in diesem Stück Textflug, das dichte Schreiben und Lesen bereitet mir kein Problem, es wäre schade, das nicht beibehalten zu können, gerade hier.
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Lupo Eselsohr
Beiträge: 364 Wohnort: Pegnesien
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04.12.2013 16:06 Quantenkundler von Lupo
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sind sich derzeit einig darüber, dass Zeit relativ zur Ereignisfolge beliebig dehnbar sei.
Lieber Vogel!
Zwar sind 200 Sachen noch fern der relativistischen Geschwindigkeit, doch ein Autor kann die Messapparaturen großzügig ignorieren und die letzte Sekunde, die hier den subjektiven Betrachtungen dienen soll, in gewünschter Weise ausfüllen.
Immerhin hat eine Sekunde tausend Millisekunden, sogar eine Million Mikrosekunden, während deren Ablauf im molekularen Bereich der uns bekannten Lebensvorgänge sich entscheidende Phänomene gestalten.
Im Vorbeiflug an den letzten sechs bis sieben Stockwerken, also entlang von etwa 20 Metern, bietet sich ausreichend Spielraum an für jede Art von Betrachtungen und Reflexionen.
Dabei denke ich auch an Blicke ins Innere des Gebäudes durch zwei oder drei Fenster.
Zudem bräuchte es für ein solches Szenarium nicht unbedingt einen Wolkenkratzer - ein simpler Wohnsilo von, sagen wir 12 Stockwerken, erfüllte den gleichen Zweck einer Kulisse.
Somit könnte das Lyrische Ich auf eine LKW-Plane plumpsen, querschnittsgelähmt überleben und (in der Fortsetzung) "nur noch" cortikal existieren, aber weiterhin denken und sich ausdrücken.
brocastisch, Lupo.
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Vogel Eselsohr
Beiträge: 436
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05.12.2013 22:02
von Vogel
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Hallo,
auch allen anderen Danke für die fundierten Kommentare. Ich sage vielleicht noch mal, wie ich selbst den Text verstehe und wenn Ihr Lust habt, könnt ihr mir sagen, ob es eher am Konzept oder an der Umsetzung hapert.
Es soll ein sprachlicher Schnappschuss sein. Die Beschreibung des letzten Bildes auf der Netzhaut eines Suizidenten. Durch Adrenalin und Todesnähe ist die Wahrnehmung rauschhaft und intensiviert. Der erste Abschnitt beschreibt das Bild völlig subjektiv, auf den rein ästhetischen Eindruck reduziert. Dann kommt der kurze Hinweis auf das Empire-State-Building und dann der zweite Abschnitt, in dem das gleiche Bild noch einmal, quasi scharfgestellt, nüchterner und konkreter geschildert wird. Aber auch hier der Versuch, durch die blumige Sprache die rauschhafte Wahrnehmung zu zeigen, die zum Fazit führt: das ist schön. Doch dieser Zweifel am Sprung kommt zu spät und so dissoziiert der Protagonist und flüchtet sich in nüchterne Betrachtungen zur Physik seines Falls.
Das ganze war als eine kurze Impression gedacht, die Raum für Interpretationen lässt.
Ein Text über die Motive und Seelenlage des Suizidenten wäre etwas grundlegend anderes geworden, sowohl in Umfang wie in Aufbau.
Danke und Gruß
Vogel
_________________
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Jack Burns Reißwolf
Alter: 54 Beiträge: 1444
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07.12.2013 06:07
von Jack Burns
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Hallo,
Nach mehrmaligem Lesen, will ich mich kurz äußern.
Bei mir funktionierte Dein "Plan" nicht. Und jetzt weiß ich auch warum:
Beim Lesen des ersten Teils läuft meine Rationalität auf vollen Touren - ich will verstehen wo, was, wer! Also kann ich die emotionale Wirkung der ästhetischen Schilderung nicht empfinden. Ich will es mal so vergleichen: Wenn ich entspannt im Park einen Baum o.ä. betrachte, kann ich das Bild auf mich wirken lassen. Wenn ich aber verzweifelt versuche einen Weg in einer fremden Stadt zu finden, habe ich keinen Blick für irgendeinen Baum.
Erst nachdem mir klar wird, dass Ich da hinunterrausche -Also beim zweiten Lesen- funktioniert es.
Und ich halte den Text ab dem Empire State Dings für richtig gut gemacht. Ich hab schon oft nachgedacht, ob Selbstmörder während des Sprunges bereuen, gesprungen zu sein.
Habe mal einen SF-Film gesehen wo es eine Droge gibt, die die Zeitwarnehmung extrem verlangsamt. Dann werfen die Bösen jemanden vom Haus - mit der Droge im Blut. Soll eine besondere Qual für denjenigen sein.
Grüße
Martin
_________________ Monster.
How should I feel?
Creatures lie here, looking through the windows. |
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Vogel Eselsohr
Beiträge: 436
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07.12.2013 09:17
von Vogel
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Danke! Freut mich dennoch, wenn mein Plan zumindest zur Hälfte aufging. Und dass man den Text eher zweimal lesen muss, habe ich einkalkuliert.
_________________
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Rocky901 Gänsefüßchen
R
Beiträge: 15
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R 03.02.2014 11:49
von Rocky901
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Ist es nicht vielleicht realistischer, wenn der Protagonist sein eigenes Leben als Film vor Augen ablaufen sieht? Dann ist der Text nicht zu objektiv. Den Rest könntest Du ja als Rahmenhandlung nutzen.
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Vogel Eselsohr
Beiträge: 436
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03.02.2014 12:59
von Vogel
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Schön, dass noch jemand den Text kommentiert, Danke!
Das mit dem Film wäre natürlich auch eine Variante. Oder halt sonstige Rückblenden. Aber dann wäre natürlich dieses Format "Schnappschuss mit Worten", um das es mir ging, aufgeweicht.
Gruß
Vogel
_________________
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Kruemel3000 Gänsefüßchen
K
Beiträge: 20
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K 13.02.2014 16:26
von Kruemel3000
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Hi Vogel,
schau mal, ich hab mir mal was erlaubt, mit deinem Text (nur gestrichen!, sonst nichts):
Vogel hat Folgendes geschrieben: |
Zwei Drittel sind gelb. Die anderen schwarz, silbern, grau. Und hier Schwarzweiße, mit blau-rotem Glitzern. Die Gelben blöken bei jeder Bewegung. Sie kriechen wie Lava, verklumpen, umfließen sich. Stillstand hier, Krauchen da, dann kurzes Rasen und wieder Stehen. Weiße und graue Quadrate, rechteckige Puzzleteile, verkantet, verschachtelt, gestapelt, gekippt. Flächen mit Kreisen und Höhlen, spitzenbewehrt. Geriffelte Schrägen, schwarze Kästen und Tunnelöffnungen, von Seesternen versperrt. Wie die mikroskopischen Fotos von Zyten und Phagen und Blasten. Methylenblau. Eosinrot. Safraningelb. Ein Betonfluss mit Kristallen und dahinter, verspiegelt, Hände, die auf Münder schlagen, und aufgerissene Augen. Ein Strom aus Stein. Zerfließt zu grauen Schlieren. Betonniagara. Luft wie aus Wasserwerfen. Pfeifende Winde, die Staubnadeln tragen. Ein Muster aus Würfeln, gewunden und gestaut. Zwei Drittel sind gelb, der Rest schwarz, silbern, grau.
Dazwischen grüne Tupfer aus Baum. Das ist schön.
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und will damit eine Gegenpsoition zu Nina und kskreativ einnehmen. Ich finde gerade die ganzen rätselhaften Metaphern sind das Gold deines Textes, warum muss dem noch eine New-York-Suizid-Bolzenschneider-Geschichte übergestülpt werden? Selbst Wörter wie Dächer, Autos, Menschenschlangen verraten viel zu viel.
Ich mag es (persönliche Meinung!), wenn es im Kopf des Lesers raucht und wie auf LSD mit jedem neuen Wort die bildliche Vorstellung von Pontius nach Pilatus fliegt. Und am Ende dann, mit dem letzten Satz - die Auflösung... ist natürlich zu verfeinern, ich wollte jetzt bewusst NUR streichen, um effektvoll zu beweisen, dass ja eigentlich alles da ist (besser geht's ja immer!)
Es muss eben nicht immer eine Handlung erzählt werden, es reicht doch auch mal, einfach nur stehenzubleiben (hier sogar in der Luft) und genau hinzusehen. Gerade bei der Textlänge ... oder?
Natürlich nur n Versuch... ne Anregung, ... Meinung...
Lieben Gruss,
Kruemel
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Vogel Eselsohr
Beiträge: 436
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13.02.2014 17:37
von Vogel
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Danke! Es freut mich sehr, dass Du die impressionistischen Sprachbilder zu schätzen weißt. Das war ja auch das, was mir am Text am meisten Spaß gemacht hat. Jetzt wäre es natürlich spannend zu wissen, ob Dir der Text in der gekürzten Version, ohne die verständlich-machenden Hinweise, auch noch gefallen hätte. Wenn der Leser nur noch verwirrt ist, legt er den Text vielleicht auch schnell weg.
Mag sein, dass der Suizid ein unlauterer Trick war, dem Text noch Bedeutungsschwere hinzuzugeben. Andererseits finde ich nach wie vor, dass eben durch diesen geschärften und zugleich entrückten Blick erst das intensive Bild entsteht. Und zum anderen ist für mich berufsbedingt Suizid ein sehr präsentes Thema. Ich nehme das deswegen nicht leichtfertig, aber es ist für mich nichts seltenes. Daher ist es für mich vielleicht recht selbstverständlich, die Perspektive eines Suizidenten einzunehmen, ohne dass ich denke, dass lange erläutern zu müssen.
Danke noch mal!
_________________
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holg Exposéadler
Moderator
Beiträge: 2396 Wohnort: knapp rechts von links
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13.02.2014 17:59
von holg
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Sas Kruemel3000 da gemacht hat, gefällt mir saugut. Um zu deinem Text zurück zu kommen, Vogel, könnte ein kleiner Rahmen das Ganze Rund machen.
Die Metaphysik des Falls, springt mir spontan in den Neocortex.
Zeit ist Relativ. Die ersten 30 Stockwerke sind ein beschleunigender grauer Schleier mit flächigen, blauen Ausschnitten und weißen Fetzen zwischen meinen Füßen. Dann irgendwo zwischen dem Allgrau des 60. und der Schattenwelt des 35. Stocks drückt jemand die Pausetaste und obwohl die Erde mit 9komma81 Metern pro Quadratsekunde an mir zerrt, hebe ich wie schwerelos den Blick nach unten, wo wuselnde Rechtecke, ihrer dritten Dimension beraubt, erstarrt zu sein scheinen. Zwei Drittel ...
... Das ist schön.
Doch ich kann nicht verweilen. Gravity never sleeps. Und hätte ich eine Reißleine würde ich sie ziehen.
1. Ich erwarte das große BANG mit aufgerissenen Augen. Doch es wird nur ein feuchtes Puff.
2. Also werfe ich das bunte Bündel, das ich in meiner Hand halte und FLOPP! - Fallschirm auf.
Blablabla
Nur so eingefallen.
Coole Idee, Dein Text. Bleib dran.
holg
_________________ Why so testerical? |
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Vogel Eselsohr
Beiträge: 436
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13.02.2014 18:50
von Vogel
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Auch Dir, Holg, Danke! Der Rahmen würde allerdings den Aha-Effekt zerstören, mit dem die Bilder der ersten Hälfte in der zweiten Hälfte sich klären sollen. Hatte einer von Euch so einen Aha-Effekt?
Hm, das Ende, braucht das noch Ausschmückung? Ich dachte, das Ergebnis ist unausweichlich und mit dem im letzten Satz des vorletzten Absatzes angedeuteten Zweifel, tragisch.
_________________
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holg Exposéadler
Moderator
Beiträge: 2396 Wohnort: knapp rechts von links
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14.02.2014 11:47
von holg
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Zitat: | Das Dach des Empire-State-Buildings ist mit einem Zaun geschützt. Ein Bolzenschneider lässt sich im Rucksack verstecken. |
Bei dem Satz war alles klar.
Vorher haben die Andeutungen wie
Zitat: | Das gelbe Blech umhüllt wärmendes Leder, die Heizung läuft, der Fahrer grüßt. Wer ein Taxi nimmt, |
den Weg bereitet.
Habe mich wohl zu sehr auf Krümels Verdichtung eingelassen und mit der Variation über deinen Text weiter gesponnen. Die Idee mit Dehnung und Verdichtung der Zeit gehst du selbst auch an. Neben klaren Einzelbildern finden sich Schlieren und Betonniagra, Luft wie aus Wasserwerfern. Sie wechseln sich ab. Ich fände die Idee spannend, Am Anfang des Falls Geschwindigkeit aufzunehmen, immer schneller, verwaschener zu werden, und dann: Stillstand, Ultrazeitlupe, Hochscharfe HD-Bilder. Dann Komprimiert sich die Zeit wieder auf Normalmaß.
Dein Ende
Zitat: | Der Bolzenschneider fällt schneller als ich. Ist das überhaupt physikalisch korrekt? Neun Komma acht eins Meter pro Sekunde Quadrat. In einer Sekunde schlage ich auf |
Ist schon cool. Die Idee mit dem Basejumper kam mir zwischendurch.
Zitat: | Ein Bolzenschneider lässt sich im Rucksack verstecken. |
Das geht seit 2002 nicht mehr. Als ich zuletzt da war (ca. 2004) Gab es Sicherheitsschleusen, Gepäckdurchleuchtung und Sprengstoffschnüffler wie am Flughafen. Ich denke nicht, dass die jemals wieder abgeschafft werden.
holg
_________________ Why so testerical? |
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Vogel Eselsohr
Beiträge: 436
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14.02.2014 14:04
von Vogel
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Zitat: | Das geht seit 2002 nicht mehr. Als ich zuletzt da war (ca. 2004) Gab es Sicherheitsschleusen, Gepäckdurchleuchtung und Sprengstoffschnüffler wie am Flughafen. Ich denke nicht, dass die jemals wieder abgeschafft werden. |
Das habe ich zwar befürchtet, im Rahmen der künstlerischen Freiheit aber einfach so gelassen. Bzw. gedacht, spielt halt vor dem 11.9.
Was Du zum Aha-Effekt schreibst entspricht genau meinem Plan, super, das freut mich!
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