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Autor |
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Tkalcic Schneckenpost
Beiträge: 8 Wohnort: Kostanjevac
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24.11.2013 22:00 Schau mich nicht so fragend an (Lyrik) von Tkalcic
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Schau mich nicht so fordernd an
Von Regeln geleitet, von Vorschriften geprägt.
Vollbeladen mit der Last des Gesetzestreuen,
stehe ich hier und blicke in mein Ebenbild.
Ich bin zerrissen, ein Stück verzweifelt
und in meinen Gedanken fest verworren.
Mein Glaube führt mich schleichend hinters Licht.
Staatliche Institutionen in erdrückender Übermacht. -
Ich derweil Atemzüge entfernt von lähmender Ohnmacht.
Je extremer die legislativen Forderungen –
desto geringer meine Akzeptanz.
Der Sozialstaat entfernt sich immer weiter von sich selbst.
Die Kirche hat sich in ihren Dogmen selbst verfangen.
Ich blicke fragend zu meinem Ebenbild -
Und keiner von uns weiß so richtig wohin.
Und keiner von uns weiß so richtig wohin,
da Regeln und Gesetze keinen Freiraum lassen.
Wann habe ich mich zuletzt hinterfragt?
Der Mut zur Veränderung so schwach -
Die täglich gelebte Ignoranz so übermächtig.
Der Kirchgang wird gestrichen.
Der Gang zur Wahlurne sowieso.
Herauszuschreiende Wut hätte ich genügend.
Es fehlt lediglich an der Courage.
Ausweichend beginnt meine Suche in den Gesetzen,
um anschließend langsam in der Regungslosigkeit zu versinken.
Ich ignoriere mein Ebenbild mir gegenüber
und vergeude mein einzigstes Leben mit Schweigen. -
Von Reglungen geleitet und Vorschriften geprägt.
Weitere Werke von Tkalcic:
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firstoffertio Show-don't-Tellefant
Beiträge: 5854 Wohnort: Irland
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25.11.2013 23:17
von firstoffertio
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Ich finde dies schon beachtlich, obwohl ich annehme, dass es von einigen als unlyrisch angesehen werden wird.
Ich finde, du hast da ein zeitgeistiges Lebensgefühl mit Bezug auf Gegenwärtigkeiten gut in den zwei Stunden zusammengefasst.
Ein Selbstgespräch, vor dem Spiegel? Wo LI sich gegenüber ehrlich wird hinsichtlich seiner Standpunkte:
Ausweichend beginnt meine Suche in den Gesetzen,
um anschließend langsam in der Regungslosigkeit zu versinken.
Ich ignoriere mein Ebenbild mir gegenüber
und vergeude mein einzigstes Leben mit Schweigen. -
Von Reglungen geleitet und Vorschriften geprägt.
(Die erste Zeile ruft mir die Notwendigkeit, sich selbst auf Gesetze berufen zu müssen, um überhaupt etwas zu erreichen, in den Sinn...)
Respekt!
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Stimmgabel Papiertiger
Beiträge: 4370 Wohnort: vor allem da
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27.11.2013 03:56 Re: Schau mich nicht so fragend an (Lyrik) von Stimmgabel
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Hallo Inko,
für mich persönlich ein absolut langweiliger und komplett unreflektierter Jammertext - gegen die sogenannten äußeren Gewalten, die dieses ach so arme Li quasi bewegungslos werden lassen (oh je, oh je ),
mit dem interessanten Schlenker,
aus der vordergründigen Ich-Perspektive dann mal kurz ne wir-Persektive einzufriemeln mit:
Und keiner von uns weiß so richtig wohin,
... mMn schon eine interessante Vereinnahme des Lesers ... ??? ... ist natürlich real gesehen Quark mit Soße ! ... und: hat mMn aber auch nix in einem Text verloren, ob Lyrik oder Prosa.
Dann pures 'telling' / stakkato Anklagen / den Chiasmus erkenne ich nicht so recht (inhaltlich integriert),
wohl diese Zeilen:
Je extremer die legislativen Forderungen –
desto geringer meine Akzeptanz.
was natürlich nix weiter als einen hohlen Leersatz darstellt
dann das Thema gespiegelte Reflexionen - die gibt es hier absolut nicht! Denn: Li gewinnt einzig die Erkenntnis, dass das Draußen quasi Schuld ist, dass LI jammern muss, wie durchgängig hier im Text - zündet also mMn ICH-reflexiv nicht
... ach ja, und dann diese endlose Laufschleifen-Redundanz an austauschbaren Versatzstücken ... mMn einfach unerquicklich langweilig!
Guy Incognito hat Folgendes geschrieben: | Schau mich nicht so fordernd an
Von Regeln geleitet, von Vorschriften geprägt.
Vollbeladen mit der Last des Gesetzestreuen,
stehe ich hier und blicke in mein Ebenbild.
Ich bin zerrissen, ein Stück verzweifelt
und in meinen Gedanken fest verworren.
Mein Glaube führt mich schleichend hinters Licht.
Staatliche Institutionen in erdrückender Übermacht. -
Ich derweil Atemzüge entfernt von lähmender Ohnmacht.
Je extremer die legislativen Forderungen –
desto geringer meine Akzeptanz.
Der Sozialstaat entfernt sich immer weiter von sich selbst.
Die Kirche hat sich in ihren Dogmen selbst verfangen.
Ich blicke fragend zu meinem Ebenbild -
Und keiner von uns weiß so richtig wohin.
Und keiner von uns weiß so richtig wohin,
da Regeln und Gesetze keinen Freiraum lassen.
Wann habe ich mich zuletzt hinterfragt?
Der Mut zur Veränderung so schwach -
Die täglich gelebte Ignoranz so übermächtig.
Der Kirchgang wird gestrichen.
Der Gang zur Wahlurne sowieso.
Herauszuschreiende Wut hätte ich genügend.
Es fehlt lediglich an der Courage.
Ausweichend beginnt meine Suche in den Gesetzen,
um anschließend langsam in der Regungslosigkeit zu versinken.
Ich ignoriere mein Ebenbild mir gegenüber
und vergeude mein einzigstes Leben mit Schweigen. -
Von Reglungen geleitet und Vorschriften geprägt. |
mal soviel meiner Gedanken zu diesem Stück.
einen lieben Gruß, Stimmgabel
-
_________________ Gabel im Mund / nicht so hastig... |
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Gast
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27.11.2013 20:01
von Gast
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Hallo!
Ich habe es mir leicht gemacht: Wie auch im richtigen Leben habe ich nur zu wenigen Gedichten etwas zu sagen, es muss da schon etwas „passieren“, beim Lesen – wenn mich nichts aufmerken lässt, in einem Text, wenn ich Inhalt und Form als ineinander gezwungen erlebe, wenn mir beim Lesen die Aufmerksamkeit weg rennt - kurz: Wenn ein Gedicht es nicht schafft, mich festzuhalten, dann zwinge ich mich nicht, wieder zu kommen und nach etwas zu suchen. Dieser Wettbewerb hat etwas Paradoxes … er erlaubt einem Gedicht nicht, zu „entstehen“, zwei Stunden von der Befruchtung zur Geburt, was soll da für ein Wesen herauskommen? Wenn man hier mitmacht, akzeptiert man diese etwas seltsamen Bedingungen, man kann es als Spiel sehen oder als sportliche Herausforderung. Interessant ist dann der Vergleich: Was bekommen andere „gebacken“, in der selben Zeit, wenn sie mit demselben Thema konfrontiert sind. Schafft es jemand, trotzdem etwas Gutes zu fabrizieren, gehört dann etwa Routine dazu oder so etwas wie ein „Vorrat“ an Reflexionen zu den großen Themen?
Aber jetzt zu dir
Wenn du also meinst, dass das ein Gedicht sei, dann will ich dir nicht widersprechen.
Guy hat Folgendes geschrieben: | Staatliche Institutionen in erdrückender Übermacht. -
Ich derweil Atemzüge entfernt von lähmender Ohnmacht.
Je extremer die legislativen Forderungen –
desto geringer meine Akzeptanz. |
Die Aussagen, die LI im Angesicht seines "Ebenbilds" macht, haben das Verdienst, nicht missinterpretierbar zu sein. LI ist die Inkarnation der Resignation.
Viel zu sagen habe ich hier nicht, vielleicht muss man sich das rapmäßig vertont vorstellen, andernfalls sollte Guy es mal mit Prosa versuchen?
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Kissa Klammeraffe
Beiträge: 630 Wohnort: Saxonia
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27.11.2013 20:22
von Kissa
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Hallo!
Ein Gedicht, das sich sozialkritisch liest, was sich eigentlich gut für eine Eulenspiegelei lohnt. Ich lese aber nur die Reaktion auf die äußeren Einflüsse, die Einflüsse des Sozialstaates auf das Leben eines unzufriedenen Menschen durch den Sozialstaat selbst. Ist das eine Spiegelung?
Ich weiß es einfach nicht, da mir die philosophischen Grundregeln dazu nicht bekannt sind. Ein schweres Thema, stimmt.
Zitat: | und vergeude mein einzigstes Leben mit Schweigen. - |
Hier möchte ich dich auf einen umgangssprachlich oft gemachten Fehler hinweisen - einzigst. Es keine Steigerung von einzig.
Liebe Grüße
Kissa
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Oliver.Twist Leseratte
Alter: 38 Beiträge: 123 Wohnort: Hamburg
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30.11.2013 00:55
von Oliver.Twist
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Das Spiegelbild erscheint als fordernd blickendes Gegenüber, als ein Alter Ego, das die ungestillten Bedürfnisse des eigenen Selbst repräsentiert. Dieser Repräsentant der eigenen Bedürfnisse wird im Gegenüber im Spiegel als äußere Instanz wahrgenommen, was für die Entfremdung des tatsächlichen Selbst gegenüber seinen eigenen Bedürfnissen spricht. Fremdelnd wird den vernachlässigten sehnsuchtsvollen Bedürfnissen ins Gesicht geschaut, die als Spiegelbild unnachgiebig und ungestillten Blickes persistieren. Eine grausamer Anblick angesichts einer Außenwelt, in der Regeln, Vorschriften und staatliche Institutionen den Gesetzestreuen bezwingen. Diese Trennung in eine versklavte Personifikation der ungestillten Bedürfnisse und ein unterjochtes, gebrochenes Selbst wird von der Person selbst erkannt: "Ich bin zerrissen". Die Utopie aber eines anderen Zustandes scheint selbst dem inneren Monolog des lyrischen Ich entrissen - mit keinem Wort außer der nebligen Idee einer Veränderung ist ein besseres Leben überhaupt nur als etwas Denkbares in den Gedanken präsent. Statt dessen ergeht sich der gespiegelte Mensch in Gedankengängen zu Kirche, demokratischen Wahlen, Sozialstaat und Ignoranz, in dem Versuch wohl, sich die Umstände des Übels in dem er lebt bewusst zu machen, den Dämonen einen Namen zu geben. Den Monstren, die er dabei auszumachen glaubt, sieht er sich jedoch ausgeliefert und findet auch die "Courage" nicht, seine Wut herauszuschreien. Die nach innen gekehrte Aggression zeitigt psychosomatische Reaktionen ("Atemzüge entfernt von lähmender Ohnmacht"), Resignation und Rückzug. So werden der Gang zur Wahlurne und selbst der trostreiche Kirchgang "gestrichen", die Regungslosigkeit dann un die Erkenntnis des mit Schweigen vergeudeten "einzigsten" Lebens tragen vollends depressive Züge.
Als repräsentativ mag der Vers "und in meinen Gedanken fest verworren." herhalten. Hier scheint auf, wie der Zwang der Verhältnisse das Geistesleben des unterjochten und dergestalt seiner Subjektivität beraubten lyrischen Ich durchdringt - es in Verwirrung und Ideenlosigkeit festhält und ihm so im innersten schon den Boden für jede Gegenwehr entzieht.
Ich weiß gar nicht, ich hab den Chiasmus nicht gefunden. Aber ich bin auch nicht so gut in sowas, glaub ich. Hat jemand anders ne Ahnung vielleicht?
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gold Papiertiger
Beiträge: 4939 Wohnort: unter Wasser
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01.12.2013 14:43 Re: Schau mich nicht so fragend an (Lyrik) von gold
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Guy Incognito hat Folgendes geschrieben: | Schau mich nicht so fordernd an
Von Regeln geleitet, von Vorschriften geprägt.
Vollbeladen mit der Last des Gesetzestreuen,
stehe ich hier und blicke in mein Ebenbild.
Ich bin zerrissen, ein Stück verzweifelt
und in meinen Gedanken fest verworren.
Mein Glaube führt mich schleichend hinters Licht.
Staatliche Institutionen in erdrückender Übermacht. -
Ich derweil Atemzüge entfernt von lähmender Ohnmacht.
Je extremer die legislativen Forderungen –
desto geringer meine Akzeptanz.
Der Sozialstaat entfernt sich immer weiter von sich selbst.
Die Kirche hat sich in ihren Dogmen selbst verfangen.
Ich blicke fragend zu meinem Ebenbild -
Und keiner von uns weiß so richtig wohin.
Und keiner von uns weiß so richtig wohin,
da Regeln und Gesetze keinen Freiraum lassen.
Wann habe ich mich zuletzt hinterfragt?
Der Mut zur Veränderung so schwach -
Die täglich gelebte Ignoranz so übermächtig.
Der Kirchgang wird gestrichen.
Der Gang zur Wahlurne sowieso.
Herauszuschreiende Wut hätte ich genügend.
Es fehlt lediglich an der Courage.
Ausweichend beginnt meine Suche in den Gesetzen,
um anschließend langsam in der Regungslosigkeit zu versinken.
Ich ignoriere mein Ebenbild mir gegenüber
und vergeude mein einzigstes Leben mit Schweigen. -
Von Reglungen geleitet und Vorschriften geprägt. |
Hallo,
gut finde ich die Darstellung der Zerrissenheit des LI, aufbegehren zu wollen und dies dann doch nicht zu tun. Außerdem die Stelle"mein Glaube führt mich schleichend hinters Licht" .
Der Ausdruck "einzigstes" kommt im Sprachgebrauch (Umgangssprache) zwar häufig vor, ist aber völlig unlogisch. Es gibt kein Superlativ von einzig.
Auch der Ausdruck "derweil" gefällt mir nicht.
Die Wahl des Gedichts für die Thematik entspricht nicht meinen Vorstellungen. Ich denke, sie würde eher für einen Essay passen.
Gelungen ist die Auflage: Reflektion des LI und der Chiasmus:
Das Ebenbild blickt fordernd. Das LI wird im Ebenbild reflektiert. Der Chiasmus zieht sich durch das ganze Gedicht: er besteht im Tun wollen und nicht Tun können.
LG gold
_________________ es sind die Krähen
die zetern
in wogenden Zedern
Make Tofu Not War (Goshka Macuga)
Es dauert lange, bis man jung wird. (Pablo Picasso) |
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Mardii Stiefmütterle
Alter: 64 Beiträge: 1774
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01.12.2013 15:15
von Mardii
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Der Titel hat mich an diesen Chanson erinnert: „Schau mich nicht so traurig an“ und mir beim Lesen der ersten Zeilen einen inneren Rhythmus vorgegeben. Der wurde dann leider sehr schnell durch die prosaisch-formale Schwere der Sprache des Gedichts zerstört. Das möchte ich als ersten Kritikpunkt der Sprache des Textes verstanden wissen. Weitere sind: Die erdrückende Lastigkeit durch Adjektive, viele Aussagen könnten Zeilen aus dem Politik-Teil einer Tageszeitung sein.
Mir wird nicht klar, wo in dem Gedicht von den reflektierenden „anderen Personen“ die Rede ist. Vielleicht sind die Strippenzieher einer anonymen Bürokratie gemeint, die das LI quälen, die Verstrickung in die Mühlen staatlicher Institutionen. Die zweite Strophe reflektiert ja den Umgang des LI damit.
Aber es kommt wenig Belebendes in die Zeilen, was mir den Zugang zu den behandelten Problemen erschwert. Das Gedicht verharrt im Phrasenhaften.
Bei der Umsetzung der Vorgaben fehlt mir der Chiasmus.
_________________ `bin ein herzen´s gutes stück blech was halt gerne ein edelmetall wäre´
Ridickully |
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Lapidar Exposéadler
Alter: 61 Beiträge: 2701 Wohnort: in der Diaspora
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01.12.2013 22:24
von Lapidar
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so fühlt man sich oft, denke ich mal und viele werden wohl auch diese Lösung wählen.
_________________ "Dem Bruder des Schwagers seine Schwester und von der der Onkel dessen Nichte Bogenschützin Lapidar" Kiara
If you can't say something nice... don't say anything at all. Anonym. |
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Aranka Bücherwurm
A
Beiträge: 3106 Wohnort: Umkreis Mönchengladbach
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A 02.12.2013 14:32
von Aranka
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Ich werde versuchen mit kurzen Kommentaren, die nur benennen, was ich gelungen finde und was nicht, alle Texte aus meiner Sicht zu werten. Hier grob meine Bewertungsschwerpunkte:
*Die recht vielen, auch erst mal rein formalen Bedingungen dieses Wettbewerbs wirklich in den Inhalt einzuarbeiten und sie nicht nur formal einzuhalten (Wiederholung der Zeilen und Chiasmus), war eine echte Herausforderung in der kurzen Zeit. Wem das gelungen ist, der hat bei mir einen Bonuspunkt.
*Texten denen es gelungen ist das Thema: „Die Menschheit ein Spiegelkabinett“ mit einem wirklich eigenen Gedanke, einer Fragestellung oder gar einer Geschichte/einem Moment zu füllen, und dieses nicht nur in Worten abzuwickeln (ich bin der ich nicht bin und auch noch ein anderer dazu), vor den Texten ziehe ich meinen Hut. Anders gesagt, wer es schafft, mit seinem Text mich etwas länger als die reine Lesezeit „reich“ zu beschäftigen, der bekommt das nächste Federpaar.
*Wem es dann noch gelungen ist, seine Textidee lyrisch umzusetzen, dem steck ich weitere Federn ans Dichterhemd: erkennbar gestaltete Zeilen und Strophen, Bilder die greifen, eine Sprache die überzeugt.
*Allein für das Mitmachen und den Mut sich der Anforderung des Wettbewerbs in zwei Stunden zu stellen, ist eine Feder wert.
*Ich erwarte in zwei Stunden keinen Text, an dem es keine Ecken und Kanten gibt, an dem man nicht noch feilen müsste, es sei denn man hätte schon was thematisch Brauchbares in der Schublade gehabt, das sich auf die formalen Wettbewerbsbedingungen hin umändern ließ. Daher ziehe ich für solche kleinen letzten Unebenheiten, die deutlich einer mangelnden Endüberarbeitung zum Opfer gefallen sind, auch keine Punkte ab. Ob ein Text etwas zu bieten hat und mit zwei Stunden mehr Zeit rund geworden wäre, glaube ich zu erkennen.
Und nun zum Wettbewerbstext:
*der Text gibt sich gesellschaftskritisch, ja sogar politisch, bleibt jedoch in seiner Umsetzung hinter diesem Anspruch zurück:
er bleibt in der Auflistung relativ unspektakulärer allgemein bekannter Tatsachen stecken
Zitat: | Der Sozialstaat entfernt sich immer weiter von sich selbst.
Die Kirche hat sich in ihren Dogmen selbst verfangen. |
*der Text schlägt einen resignativen Ton an und kippt zum Teil um in Larmoyanz
*ein Hauch Pathos weht auch zwischen den Zeilen:
Zitat: | Vollbeladen mit der Last des Gesetzestreuen,
stehe ich hier und blicke in mein Ebenbild
Ich derweil Atemzüge entfernt von lähmender Ohnmacht. |
*nach diesem recht langen Text stehe ich da und habe diese Welt an keiner Stelle berührt oder anders gesehen. Viel Worte: um was zu sagen? Weniger wäre hier mehr geworden. In zwei Stunden lässt sich allein eine solche Länge kaum sauber setzen und sicher kaum noch überarbeiten und kritisch sichten. Dennoch könnte der Inhalt eine tiefere Durcharbeitung aufzeigen.
*Eine bewusste lyrische Gestaltung sehe ich nicht. Die Zeilenschreibweise wird nicht wirklich genutzt, folgt der Syntax. Sprache ist mehr als prosanah.
_________________ "Wie dahingelangen, Alltägliches zu schreiben, so unauffällig, dass es gereiht aussieht und doch als Ganzes leuchtet?" (Peter Handke)
„Erst als ihm die Welt geheimnisvoll wurde, öffnete sie sich und konnte zurückerobert werden.“ (Peter Handke) |
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Kateli Eselsohr
Alter: 47 Beiträge: 256 Wohnort: D-Süd
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02.12.2013 19:05
von Kateli
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Würde ich eher als lyrische Prosa bezeichnen. Ich habe als Leser den Eindruck, dass die äußere Form, auch die Platzierung der Zeilenumbrüche, hier relativ willkürlich ist und kaum Teil der Botschaft. Auch sind mir die Sätze, wie soll ich sagen - zu einfach gestrickt.
Eine Botschaft indes ist da, ich meine auch, sie zu begreifen - ändere die Welt, fang mit dir selbst (deinem Spiegelbild) an ... siehe auch Michael Jackson, "Man in the Mirror", und das gegen alle Schwierigkeiten, die man sich selbst oder auch diverse Obrigkeiten einem dabei bereiten.
Finde ich nicht besonders erhellend, nicht neu, begrenzt spannend - obwohl zugegebenermaßen tagesaktuell.
Vielleicht liegt das an dem Maß an Frustration, die mich hier geradezu anschreit. Das Wissen, dass man sowieso scheitert, an der eigenen Erziehung, am System, an der fehlenden Courage. Das rüttelt nicht auf, motiviert nicht - ob es das sollte, weiß ich allerdings auch nicht.
Aber der Frust, lieber Autor, der kam zumindest rüber
LG
Nina
_________________ Zombies just want hugs |
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Einar Inperson Reißwolf
Beiträge: 1675 Wohnort: Auf dem Narrenschiff
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02.12.2013 22:28
von Einar Inperson
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Einen Gruß ins Versteck,
oh, die Lyrik bewerten.
Bei der Spiegelung des ersten und des letzten Satzes hatte der Spiegel wohl einen Sprung. Ein kleiner kalkulierter Regelbruch, der seine Berechtigung aus dem Gedicht bezieht und somit bei der strengen Jury wohl akzeptiert wurde. Von mir dafür eine Extra Feder.
Ansonsten bin ich von dem Text nicht überzeugt. Er ist mir zu plakativ.
Und hier bekomme ich Grütze unter den Nägeln Ist nicht so bös gemeint, wie es sich anhört.
Zitat: | und vergeude mein einzigstes Leben mit Schweigen. |
Das Leben ist ohnehin einzig, das muss also nicht noch hervorgehoben werden. Und dann auch noch einzigst ... Gruseln.
Alles in allem 4 Federn
_________________ Traurige Grüße und ein Schmunzeln im Knopfloch
Zitat: "Ich habe nichts zu sagen, deshalb schreibe ich, weil ich nicht malen kann"
Einar Inperson in Anlehnung an Aris Kalaizis
si tu n'es pas là, je ne suis plus le même
"Ehrfurcht vor dem Leben" Albert Schweitzer |
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Eredor Dichter und dichter
Moderator Alter: 32 Beiträge: 3416 Wohnort: Heidelberg
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06.12.2013 02:12
von Eredor
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Hallo Du!
eine "echte" Befederung darf ich dir als Organisator leider nicht geben, aber wenn ich sowieso schon drübergelesen habe, schenke ich dir liebend gern einen Eindruck von deinem Text.
***
Themenbezug: Vorhanden. Staat <-> Individuum.
Vorgaben: Einen gängigen Chiasmus kann ich deinem Gedicht leider nicht entnehmen. Aber das ist schon in Ordnung, wir sind da großherzig gewesen. Ansonsten ok.
Formalien: Formalien kann ich hier leider bis auf die Vorgabe keine entdecken, dein Gedicht ist Prosa mit Zeilenumbrüchen. Nicht schlimm, aber auch nicht gut.
Wirkung&Fazit: Ich kann hier leider nicht viel mitnehmen. Du hast hier und da gute Ansätze, aber an sich ist mir das viel zu plakativ. Steh ich nicht so drauf. Bisschen subtiler wäre es bestimmt besser rausgekommen.
lg Dennis
_________________ "vielleicht ist der mensch das was man in den/ ersten sekunden in ihm sieht/ die umwege könnte man sich sparen/ auch bei sich selbst"
- Lütfiye Güzel |
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Zinna schweißt zusammen, was
Beiträge: 1551 Wohnort: zwischen Hügeln und Aue...
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06.12.2013 17:07
von Zinna
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Hallo Inko,
hier ist mir das Kommentieren unmöglich. Diesen Beitrag kann ich nicht als Lyrik sehen.
Das ist Prosa, eine Meinungsäußerung zu politischen und gesellschaftlichen Themen, die in eine Gedichtform angeordnet wurde.
Dass es in deinem Titel hier Schau mich nicht so fordernd an heißt und in der Übersicht Schau mich nicht so fragend an, ist noch ein kleineres Übel.
Des Weiteren:
Zitat: | und vergeude mein einzigstes Leben mit Schweigen. - | ...................................................
Lieber Gruß
*kopfschüttelnd*
Zinna
_________________ Wenn alle Stricke reißen, bleibt der Galgen eben leer...
(c) Zinna |
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Nihil { }
Moderator Alter: 34 Beiträge: 6039
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07.12.2013 20:29
von Nihil
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Leider ist mir während der Bewertungen was dazwischen gekommen, weshalb die Ersten ausnahmsweise mal mit weniger auskommen müssen.
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MrPink Lyromane
Alter: 53 Beiträge: 2431 Wohnort: Oberbayern
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08.12.2013 13:38
von MrPink
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Der Titel ist gut, sehr gut. Weil ich nach den Zeilen schon sehr fordernd schaue. Ansonsten ist mir die Anprangerei der Misstände zu heftig, auch wenn´s so gewollt war.
_________________ „Das Schreiben wird nicht von Schmerzen besorgt, sondern von einem Autor.“
(Buk) |
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dermitdemWorttanzt Gänsefüßchen
Alter: 34 Beiträge: 45 Wohnort: Hab ich.
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08.12.2013 19:42
von dermitdemWorttanzt
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Neutraler Kommentar, um federn zu können.
_________________ Shalom, Mr. |
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