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Übung zum Gefühlsroulette

 
 
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mima
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M


Beiträge: 10



M
Beitrag24.09.2013 20:50
Übung zum Gefühlsroulette
von mima
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Situation: Protagonistin sitzt in einem Eiscafé und wartet auf jemanden.

A.
Sie saß aufrecht in einem dieser metallisch glänzenden Stühle, die sie immer in den Eiscafés haben und strich sich nervös eine Strähne hinter ihr Ohr. Ihr fiel das nervtötende Ticken der Wanduhr auf und die speckige Hautfalte, die sich über ihren Hosenbund schob. In regelmäßigen Abständen atmete sie stoßartig aus und sah auf ihre Armbanduhr. Die Zeit verging so schmerzhaft langsam.
"Was, wenn er nicht kommt?" Diese Frage drehte sich in ihrem Kopf wie ein Hund bei Gewitter, der nicht zur Ruhe kommen will. Ein Kellner kam und fragte mit südländischem Akzent, ob sie schon bestellen wolle. Sie schüttelte leicht den Kopf und lächelte ihm schüchtern zu. Er erwiderte ihr Lächeln nicht und all das ließ ihren Magen verkrampfen.
"Nein, er wird nicht kommen. Wieso auch? Vielleicht hat er mich schon gesehen und ist wieder gegangen? Wieso lass ich mich auf sowas nur ein?"
Sie nahm den schweren Geruch von Schokoladeneis wahr. Das Wasser lief in ihrem Mund zusammen, doch sie zwang sich, den Gedanken an ein Rocher-Eisbecher wegzuschieben.
Sie fuhr mit ihrer Hand über ihre Stirn und bemerkte dabei, dass sie zitterte. Ihr war gar nicht bewusst gewesen, wie viel ihr dieses Treffen bedeutete. Sie wollte ihn einfach nicht mehr missen als Gesprächspartner. Tagsüber ertappte sie sich dabei, wie sie sich überlegte wie sie ihm das eben erlebte erzählen würde. Gestern dachte sie noch, ein erstes Treffen in real life wäre eine fantastische Idee. Sie stieß einen selbstironischen Seufzer aus. „Ja klar... als ob das je gut gehen könnte.“
Dann stieß ihr Fuß schmerzhaft an ein Tischbein als sie ihre Beine überschlagen wollte. Sie fluchte leise.
"Jetzt reichts", dachte sie sich. "Ich warte nur noch 5 Minuten und dann geh ich..."

B:
Sie konnte es nicht glauben. Sie konnte es einfach nicht fassen. Sie! Sie hatte es nun endlich geschafft! Sie hatte eine Überstunde nach der nächsten geleistet, hatte Meetings betreut und gehalten. Das Seminar letzte Woche hatte sie einen vollen Monat in Anspruch genommen - aber es war es wert!
Sie trommelte mit ihren Fingern leicht ungeduldig auf die glänzende Oberfläche des Tisches. Sie konnte es kaum erwarten ihm von ihrer Beförderung zu erzählen!
Sie lehnte entspann an der Rückenlehne ihres Stuhls und fühlte sich gut. Anders konnte sie es einfach nicht beschreiben. Heute konnte nichts mehr schief gehen. Im Schoß ihrer übereinandergeschlagenen Beinen hatte sie ihr Handy und wann immer sie es ansah musste sie lächeln. Normalerweise ist es kein gutes Zeichen am Wochenende vom Boss angerufen zu werden. Aber diesmal war es das Beste, das ihr seit Jahren passiert war.
"Wann kommt er denn endlich?", fragte sie sich und blickte sich zum Eingang um.
Ein gutaussehender Kellner trat an ihren Tisch und fragte sie, ob sie schon bestellen wollte. Sie sah ihn kurz an, nickte dann und bestellte einen großen Latte. Sie grinste ihm neckisch zu, denn in ihrem Kopf fehlten die maskulinen "n" in dieser Bestellung. Ach, sie fühlte sich einfach großartig. Er lächelte sie an und verschwand dann hinter der Eistheke.
Der Duft nach fruchtigem Eis stieg in ihre Nase. Sie schloss kurz die Augen und dachte an den Urlaub, den sie sich jetzt leisten konnte. Ein sehnsüchtiges Lächeln huschte über ihr Gesicht.
Sie streckte sich kurz, die Arme weit in die Luft erhoben und ihr drückte ihr Rückgrad durch bis ein warmes Kribbeln ihren Körper durchdrang. Jede Anspannung der letzten Wochen fiel von ihr. Mit einem kurzen Blick zur Uhr vergewisserte sie sich, dass er erst eine viertel Stunde zu spät war. "Naja", dachte sie sich. "Dann kann ich noch schnell meine E-Mails checken." Und damit zückte sie ihr Handy und widmete sich vornübergebeugt dem kleinen Touchscreen.

C:
Sie wollte sich an der kalten Tischkante festklammern um sich wenigstens ein bisschen Halt zu verschaffen, doch dann spürte sie eine zähe, weiche Masse an ihrem Daumen kleben.
"Ach, Gott!", zischte sie. "Auch das noch." Heute ging alles schief und sie kam so in Rage, dass sie das Blut in ihren Ohren rauschen hörte. Mit einer Serviette versuchte sie jeglichen Kaugummirest von ihrem Daumen zu entfernen, aber sie war viel zu angespannt um sich darauf konzentrieren zu können. Mit starrem Blick hielt sie den Eingang in das Eiscafé unter Beobachtung. Das Ticken der Wanduhr hallte höhnisch in dem kleinen Raum wider. Immer wieder musste sie leicht ihren Kopf schütteln, als ihr ein neuer Gedanke kam, der in ihr die Galle aufsteigen ließ. Etwas in ihr ahnte, dass die Wut schon bald einer tiefen Verletzung Platz machen würde, aber sie würde nicht zulassen, dass er das mitbekam. Wie sie ihn hasste! Zuerst betrügen und sie dann hier sitzen lassen...
"Wird's bald?!", rief sie ihm in Gedanken zu. Sie wartete ungeduldig. Sie wollte diese ganze Sache endlich hinter sich haben und endlich nach Hause gehen und sich dem Liebeskummer hingeben.
Sie hielt es nicht mehr auf und stand kurz auf. Sie machte zwei Schritte Richtung Ausgang, setzte sich jedoch wieder hin und klatschte mit den offenen Handflächen auf die Tischplatte und blähte ihre Backen auf, nur um die Luft dann in einem gleichmäßigen Strom entweichen zu lassen.
Als der Kellner an ihren Tisch trat winkte sie ihn nur wortlos davon und sah ihm hasserfüllt nach. "Männer", dachte sie sich. Doch als ein Geruch nach heißer Schokolade ihre Sinne verführte, wünschte sie sich, sie hätte ihn nicht davon geschickt.
Sie knetete ihre Hände und sah zu, wie der Sekundenzeiger seine Runden drehte.
"Wieso sollte ich hier sitzen und meine Zeit verschwenden? Soll er doch von selber dahinter kommen, dass es aus ist zwischen uns." Dieser Gedanke gab ihr eine tiefe Befriedigung und mit selbstbewussten Schritten ging sie an die Theke und bestellte "Eine heiße Schokolade zum mitnehmen, bitte!"

Für jegliches Feedback bin ich dankbar. =)
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Buchbensch
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Beiträge: 57
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Beitrag25.09.2013 01:10

von Buchbensch
Antworten mit Zitat

Hallo Mima,

ich habe, da ich selbst erst seit gestern dabei ist, erst einmal deinen Absatz A gelesen und mich mit ihm auseinandergesetzt, ohne die Übungsanweisung zu beachten. Deswegen folgen hier ein paar grundsätzlich und rein subjektive Gedanken, von denen ich hoffe, dass du damit etwas anfangen kannst.
 
- Nervös in der ersten Zeile streichen. Show, don't tell. (Ich weiß: ein nervtötender Ratschlag Wink). Lass sie lieber mit den Fingern auf der Tischplatte klackern, mit den Füßen wippen oder ähnliche Dinge tun, die ein Symbol für Nervosität sind.
- In regelmäßigen Abständen würde ich auch streichen. Nach meinem Empfinden läuft das dem Tempo zuwider, für das sich hier eine gute Chance ergibt, gerade weil im nächsten Satz die Langsamkeit thematisiert wird: Sie atmete stoßartig, sah auf ihre Armbanduhr.
- Der Hund bei Gewitter ist wie ich finde ein sehr hübsches Bild, der Nebensatz "der nicht zur Ruhe kommen will" aber überflüssig, weil es die Fantasie des Lesers beschneidet.
- Ist der südländische Akzent des Kellners wichtig?
- Riecht Schokoladeneis tatsächlich schwer? Das weiß ich ehrlich nicht.
- Sie fuhr mit der Hand über ihre Stirn und merkte, dass sie zitterte. (Nicht zweimal das Personalpronomen, das dabei streichen)
- Tagsüber ertappte sie sich dabei, wie sie sich überlegte, wie sie ihm das eben erlebte erzählen würde --> das holpert ein wenig. Erstens wegen den zwei Wie, zweitens wegen dem eben Erlebten. Denn beim eben Erlebten denke ich an das Warten auf ihn im Jetzt. Ich würde in die Richtung gehen: In ihrem Alltag sammelte sie Erlebnisse und Empfindungen, um sie (abends) mit ihm zu teilen.
- Den Satz mit den überschlagenen Beinen würde ich umstellen, dann kriegst du auch das Dann raus: Als sie ihre Beine überschlagen wollte, ...
- Anführungsstriche noch weg, weil es Gedanken sind, keine Aussage.
- Den letzten Satz splitten und schreiben: Ich warte noch fünf Minuten. Dann geh ich. Das entspricht (wiederum: meines Empfindens nach) eher dem Stil eines Monologs. Bringt die Conclusio auch stärker hervor (Fünf Minuten hat der Kerl noch. Wenn er dann nicht auftaucht, Pech gehabt).

Alles Kleinigkeiten in einer Szene, die nachvollziehbare Stimmungen vermittelt. Andere werden zu meinen Anmerkungen vielleicht (oder wahrscheinlich) teilweise anders stehen. Sind sie für dich plausibel?

Ich schau mir, wenn du möchtest, die anderen beiden Absätze morgen oder so auch noch genauer an. Die Müdigkeit überkommt mich langsam. Und ich muss noch eine Folge HIMYM schauen.


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Der Weg entsteht beim Gehen (entnommen aus Jostein Gaarder - Der Geschichtenverkäufer)
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mima
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Beiträge: 10



M
Beitrag10.10.2013 10:43

von mima
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Hallo Buchbensch,

vielen Dank für deine Antwort.
Der Text ist wirklich nicht wirklich gute Prosa. Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich mir zu viel Gedanken darüber gemacht habe, die Aufgabe zu lösen, anstatt das schon einmal gelernte oder gehörte umzusetzen.

Ich kann mich erinnern, dass beim Schreiben von "nervös" in der ersten Zeile ein Alarmlämpchen aufgeblinkt hatte, aber ich habe es ignoriert - selber Schuld wink
Eigentlich allen deiner Kritikpunkte kann ich zustimmen, vielen Dank dafür.

Wenn du möchtest, kannst du es dir durchlesen und mich wissen lassen, ob ich der Aufgabenstellung gerecht geworden bin.

Viel Spaß mit HIMYM und seit neuestem wissen wir ja, wer die gute Dame ist wink

liebe Grüße,
Mima
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Buchbensch
Geschlecht:männlichWortedrechsler

Alter: 43
Beiträge: 57
Wohnort: Stuttgart


Beitrag14.10.2013 00:20

von Buchbensch
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Vielleicht kann und will gerade jemand anders. Ich bin die nächsten zwei, drei Wochen komplett mit Arbeit beschäftigt. Ich sollte gar nicht hier sein. Schaue es mir aber im November gerne noch mal an.

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Drakenheim
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Beiträge: 389
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Beitrag14.10.2013 19:33
Re: Übung zum Gefühlsroulette
von Drakenheim
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So, endlich komme ich mal dazu, ausführlicher zu werden. Ich geh mal deine Texte durch und schmeiße in blau ein, was mir beim Lesen durch den Kopf schießt. Ich hoffe, es ist hilfreich für dich.

mima hat Folgendes geschrieben:


A.
Sie saß aufrecht in einem dieser metallisch glänzenden Stühle, die sie immer in den Eiscafés haben und strich sich nervös eine Strähne hinter ihr Ohr. (4 Adjektive in einem Satz. Lass mal die Hälfte davon weg.) Ihr fiel das nervtötende Ticken der Wanduhr auf und die speckige Hautfalte, die sich über ihren Hosenbund schob. (Adjektive wegschreiben? "Das Ticken der Wanduhr tötete ihr den Nerv..." "...raubte ihr den Nerv...") In regelmäßigen Abständen atmete sie stoßartig aus und sah auf ihre Armbanduhr. (Tell. Mit zwei Adjektiven. Ich würde drauf tippen, dass deine Kopfkinokamera in diesem Moment genau in ihr Gesicht gerichtet war. Aber nur zu beschreiben, was die Kamera sieht transportiert das Bild nicht wirklich.) Die Zeit verging so schmerzhaft langsam.
"Was, wenn er nicht kommt?" Diese Frage drehte sich in ihrem Kopf wie ein Hund bei Gewitter, der nicht zur Ruhe kommen will. (süß! ^^) Ein Kellner kam und fragte mit südländischem Akzent, ob sie schon bestellen wolle. Sie schüttelte leicht den Kopf und lächelte ihm schüchtern zu. Er erwiderte ihr Lächeln nicht und all das ließ ihren Magen verkrampfen. (Ja, solche Situationen kenne ich auch.)
"Nein, er wird nicht kommen. Wieso auch? Vielleicht hat er mich schon gesehen und ist wieder gegangen? Wieso lass ich mich auf sowas nur ein?"
Sie nahm den schweren Geruch von Schokoladeneis wahr. Das Wasser lief in ihrem Mund zusammen, doch sie zwang sich, den Gedanken an ein Rocher-Eisbecher wegzuschieben.
Sie fuhr (sich) mit ihrer Hand über ihre Stirn und bemerkte dabei, dass sie zitterte. Ihr war gar nicht bewusst gewesen (wobei ich mich bei Zeitregeln auch oft irre, aber ich find das Wort grad zu viel), wie viel ihr dieses Treffen bedeutete. Sie wollte ihn einfach nicht mehr missen als Gesprächspartner. Tagsüber ertappte sie sich dabei, wie sie sich überlegte wie sie ihm das eben erlebte erzählen würde. Gestern dachte sie noch, ein erstes Treffen in real life wäre eine fantastische Idee. Sie stieß einen selbstironischen Seufzer aus. „Ja klar... als ob das je gut gehen könnte.“
Dann stieß ihr Fuß schmerzhaft an ein Tischbein als sie ihre Beine überschlagen wollte. Sie fluchte leise. (hihihi, immer dann wenn man sich verloren fühlt, passieren so uncoole Sachen.)
"Jetzt reichts", dachte sie sich. "Ich warte nur noch 5 Minuten und dann geh ich..."


B:
Sie konnte es nicht glauben. Sie konnte es einfach nicht fassen. Sie! Sie hatte es nun endlich geschafft! Sie hatte eine Überstunde nach der nächsten geleistet, hatte Meetings betreut und gehalten. Das Seminar letzte Woche hatte sie einen vollen Monat in Anspruch genommen - aber esdas war es wert!
Sie trommelte mit ihren Fingern leicht ungeduldig auf die glänzende Oberfläche des Tisches. Sie konnte es kaum erwarten (Komma?) ihm von ihrer Beförderung zu erzählen!
Sie lehnte entspannt an der Rückenlehne ihres Stuhls (klingt seltsam, stört meinen Lesefluss) und fühlte sich gut. Anders konnte sie es einfach nicht beschreiben. Heute konnte nichts mehr schief gehen. Im Schoß ihrer übereinandergeschlagenen Beinen hatte sie ihr Handy und wann immer sie es ansah musste sie lächeln. Normalerweise ist es kein gutes Zeichen am Wochenende vom Boss angerufen zu werden. Aber diesmal war es das Beste, das ihr seit Jahren passiert war.
"Wann kommt er denn endlich?", fragte sie sich und blickte sich zum Eingang um.
Ein gutaussehender Kellner trat an ihren Tisch und fragte sie, ob sie schon bestellen wollte. Sie sah ihn kurz an, nickte dann und bestellte einen großen Latte. Sie grinste ihm neckisch zu, denn in ihrem Kopf fehlten die maskulinen "n" in dieser Bestellung. Ach, sie fühlte sich einfach großartig. Er lächelte sie an und verschwand dann hinter der Eistheke.
Der Duft nach fruchtigem Eis stieg in ihre Nase. Sie schloss kurz die Augen und dachte an den Urlaub, den sie sich jetzt leisten konnte. Ein sehnsüchtiges Lächeln huschte über ihr Gesicht.
Sie streckte sich kurz, die Arme weit in die Luft erhoben und ihr drückte ihr Rückgradt durch bis ein warmes Kribbeln ihren Körper durchdrang. (Aha? OK, so habe ich das noch nie erlebt, wenn ich mich strecke.) Jede Anspannung der letzten Wochen fiel von ihr. Mit einem kurzen Blick zur Uhr vergewisserte sie sich, dass er erst eine viertel Stunde (schreibt man das heute so? ich hab mein Abi noch mit alter Rechtschreibung gemacht) zu spät war. "Naja", dachte sie sich. "Dann kann ich noch schnell meine E-Mails checken." Und damit zückte sie ihr Handy und widmete sich vornübergebeugt dem kleinen Touchscreen.

Insgesamt schöner zu lesen, als der erste Teil.

C:
Sie wollte sich an der kalten Tischkante festklammern um sich wenigstens ein bisschen Halt zu verschaffen, doch dann spürte sie eine zähe, weiche Masse an ihrem Daumen kleben.
"Ach, Gott!", zischte sie. "Auch das noch." (Das Wort Scheiße kann man zischen. Aber Ach Gott? Da gibt es bestimmt einen besseren Ausdruck für.) Heute ging alles schief und sie kam so in Rage, dass sie das Blut in ihren Ohren rauschen hörte. Mit einer Serviette versuchte sie jeglichen Kaugummirest von ihrem Daumen zu entfernen, aber sie war viel zu angespannt um sich darauf konzentrieren zu können. (Komisch. Wenn ich angespannt bin, lenke ich mich davon ab, indem ich mich auf solche Kleinigkeiten fixiere und sie penibelst durchziehe, egal ob sie sinnvoll sind oder nicht. Ich finde "nervös" oder "fahrig" oder "durch den Wind" würde besser passen.) Mit starrem Blick hielt sie den Eingang in das des Eiscafé unter Beobachtung. (Was erklärt, wieso sie die Ekelmasse nicht auf dem Klo von ihren Händen wäscht. BÄH!) Das Ticken der Wanduhr hallte höhnisch in dem kleinen Raum wider. Immer wieder musste sie leicht ihren Kopf schütteln, als ihr ein neuer Gedanke kam, der in ihr die Galle aufsteigen ließ. Etwas in ihr ahnte, dass die Wut schon bald einer tiefen Verletzung Platz machen würde, aber sie würde nicht zulassen, dass er das mitbekam. Wie sie ihn hasste! Zuerst betrügen und sie dann hier sitzen lassen...
"Wird's bald?!", rief sie ihm in Gedanken zu. Sie wartete ungeduldig. Sie wollte diese ganze Sache endlich hinter sich haben bringen und endlich nach Hause gehen und sich dem Liebeskummer hingeben. ("Haben" gehört zu den schwachen Verben. Ersetzen.)
Sie hielt es nicht mehr auf aus und stand kurz auf. Sie machte zwei Schritte Richtung Ausgang, setzte sich jedoch wieder hin und klatschte mit den offenen Handflächen auf die Tischplatte und blähte ihre Backen auf, nur um die Luft dann in einem gleichmäßigen Strom entweichen zu lassen.
Als der Kellner an ihren Tisch trat winkte sie ihn nur wortlos davon und sah ihm hasserfüllt nach. "Männer", dachte sie sich. Doch als ein der Geruch nach heißer Schokolade ihre Sinne verführte, (Naaaa... Mh... Recht starkes Wort. Aber gut, der Geruch dreht ihre Meinung zum Kellner um 180 °. Lass ich mal stehen.) wünschte sie sich, sie hätte ihn nicht davon geschickt.
Sie knetete ihre Hände und sah zu, wie der Sekundenzeiger seine Runden drehte.
"Wieso sollte ich hier sitzen und meine Zeit verschwenden? Soll er doch von selber dahinter kommen, dass es aus ist zwischen uns." Dieser Gedanke gab ihr eine tiefe Befriedigung und mit selbstbewussten Schritten ging sie an die Theke und bestellte "Eine heiße Schokolade zum mitnehmen, bitte!"

Macht sie richtig so.



Ich glaube, Ahriman war es, der einen Text mit zu viel Verben als zuckersüß und klebrig bezeichnet hat. Die traurige Stimmung hat bei dir einen Text mit mehr Wie-Wörtern zur Folge, als die beiden anderen Stimmungen. Das nur als wertungsfreie Feststellung, manchmal ist das ein gutes Mittel, um Stimmung zu transportieren.

Kleiner Tipp: Schau mal in die Schreibratgeber in der Schreibwerkstatt rein, von Ralphie und von Ahriman. Da sind gute Hinweise, worauf man beim ersten Durchgehen des Textes achten kann.

Ansonsten fällt mir noch auf, dass bei dir das gleiche passiert ist wie bei mir: Mit anderer Stimmung ist deine Prota gleich eine komplett andere Person geworden.

mima hat Folgendes geschrieben:
Viel Spaß mit HIMYM und seit neuestem wissen wir ja, wer die gute Dame ist wink

Ja! Und sie ist wirklich SÜSS!
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mima
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Beiträge: 10



M
Beitrag29.10.2013 19:48

von mima
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Lieber Drakenheim,
vielen Dank für deine ausführliche Kritik. Sie hat mir auf jeden Fall weitergeholfen.
In den meisten Sachen stimme ich dir zu, allerdings habe ich bei einem Punkt noch Fragen.
Und zwar sprichst du über folgende Stelle, ganz am Anfang von Teil A:
Zitat:
Sie saß aufrecht in einem dieser metallisch glänzenden Stühle, die sie immer in den Eiscafés haben und strich sich nervös eine Strähne hinter ihr Ohr. Ihr fiel das nervtötende Ticken der Wanduhr auf und die speckige Hautfalte, die sich über ihren Hosenbund schob. In regelmäßigen Abständen atmete sie stoßartig aus und sah auf ihre Armbanduhr.

Ich will keineswegs behaupten, dass das ein Glanzstück der Literatur ist; ich mag die Stelle selber nicht besonders. Aber was Adjektive angeht, bin ich noch etwas verwirrt.
Es heißt, man soll Adjektive vermeiden.
(Wobei ich mich frage, ob es nur eine Modeerscheinung unserer Zeit ist. Sieht man sich Texte von Thomas Mann, Fontane und Hoffmann an, bemerkt man, dass es dort kaum einen Satz mit weniger als drei Adjektiven gibt. Ich bin da noch am Grübeln.)
Und dann merkst du an, ich solle nervtötend mit "raubte ihr den Nerv" auswechseln - ist das nicht einfach nur verkomplizierend? Man macht aus einem Adjektiv einen neuen Nebensatz - wieso? Ich verstehe das ehrlich gesagt nicht.
Und dann kritisierst du, ich solle nicht einfach beschreiben was man sieht - aber was denn dann? Was sie fühlt? Braucht man dafür nicht Adjektive?
Ja, ich hoffe, ich konnte mich klar ausdrücken. Wenn nicht, tut mir wirklich leid. Aber hab Geduld mit mir, ich bin ganz neu. smile
lg,
Mima
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Drakenheim
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Beitrag29.10.2013 21:08

von Drakenheim
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Ach, ich bin auch neu im Geschäft, deswegen ist nicht alles, was ich sage, der Weisheit letzter Schluss. Aber im Augenblick tönt es in jedem Schreibratgeber "Adjektive weg" und "Wie-wörter sind Füllwörter". Es kann gut sein, dass sie irgendwann wieder in Mode kommen.

Ich meinte, den Satz umzubauen, und das Adjektiv zum Verb zu machen. Mal schauen, ob ich das selber hinkriege.

"Sie richtet sich in auf einem dieser glänzenden Metallstühle auf, die sie immer in den Eiscafés haben, und strich sich nervös eine Haarsträhne hinter ihr Ohr." (zwei Adjektive geblieben, wobei mir nichts schönes einfällt, um das nervös zu streichen. Das stört mich auch weniger, wenn ich ehrlich bin.)
"Das Ticken der Wanduhr raubte ihr den Nerv, und ihr Hosenbund zwickte sie im Bauch und machte ihr das Atmen schwer. Sie stieß erneut Luft aus und warf einen Blick auf ihre Armbanduhr."
oder meinst du mit "in regelmäßgen Abständen atmete sie stoßartig aus" so was wie "schnaufen"? Atmen tut man normalerweise in regelmäßigen Abständen, muss also nicht extra erwähnt werden. Aber wenn ich das als Filmsequenz visualisiere, dann sehe ich etwas, wass ich "schnaufen" nennen würden. Openthesaurus.de bietet als weitere Varianten die Verben u. A. "hecheln", "japsen", "schnauben" an. Was wäre damenhafter? "Sie schnaubte (erneut) und blickte auf ihre Armbanduhr." Schnauben passt auch schön zu ihrer ungeduldigen Stimmung.

"Sie richtet sich in auf einem dieser glänzenden Metallstühle auf, die sie immer in den Eiscafés haben und strich sich nervös eine Haarsträhne hinters Ohr. Das Ticken der Wanduhr raubte ihr den Nerv, ihr Hosenbund zwickte im Bauch und machte ihr das Atmen schwer. Sie schnaubte und blickte auf ihre Armbanduhr."

Ist wohl nicht viel besser als deine Variante, aber ich hoffe, du verstehst, wie ich das meine. smile

PS: Ich bin ein Weibchen. Aber ich sehe gerade, mein Status ist auf "Schreiberlehrling" gestiegen! *freu* Konnte man nicht auch irgendwo das Geschlecht angeben?
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mima
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Beiträge: 10



M
Beitrag29.10.2013 21:47

von mima
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Doch, ich find deine Version ziemlich gut. Vielen Dank! Ich denk auch, dass ich es jetzt besser verstehe.
Wegen dem Geschlechts-fauxpas: Es tut mir schrecklich leid! Embarassed Ich hab nur auf den Namen geachtet  und da ein Freund von mir auf ICQ Drakenheim hieß, bin ich sofort von einem Männchen ausgegangen... tja, ab jetzt pass ich besser auf...
lg
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