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Roman: Der Bananenfresser


 
 
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Mic000
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Beiträge: 166



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Beitrag27.08.2013 17:34
Roman: Der Bananenfresser
von Mic000
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Hallo liebe Forumsmitglieder!
Ich möchte euch das erste Kapitel meines (angefangenen, nicht beendeten) Romans vorstellen. Da es relativ lang ist, erwarte ich gar nicht, dass ihr es bis zum Ende lest. Wenn es euch nicht gefällt und ihr vorher abbrecht, reicht mir auch einfach als Kritik die Stelle, wo ihr vor Langeweile abgebrochen habt. Natürlich ist detaillierte Kritik ebenso willkommen.
Auch interessant für mich ist natürlich zu hören, ob jemand das Buch kaufen würde, nachdem er diese Probe gelesen hätte, oder ob ihr mir empfehlen würdet, das Buch zu beenden.
Viel Spaß beim Lesen!


Der Bananenfresser

Kapitel 1

Miguel Cervantes, der Bananenfresser mit den gelben Schuhen, war zu jener Zeit, von der ich jetzt berichte, Kutscher in unserem Hause und ein von der oberen Gesellschaftsschicht gern gesehener Mann, weil diese feinen Damen und Herren sich über ihn wie über einen Clown belustigten. Während der heißen Sommertage pflegten gewisse Kreise in unserem herrschaftlichen Landhaus zu hausen und zu speisen und sonstige Beschäftigungen wurden lediglich aus einem Müßiggange heraus beäugt. Stoff für Gespräche gab es reichlich, wobei die wenigsten solcher Unterredungen geschäftlicher Natur waren, sondern es handelte sich um "Worte, die die vollkommene und vollständige geistige Bildung und Herausforderung des menschlichen Vermögens entwurzeln", wie sich Robert Karlmann, der Philologe mit dem spitzen Bart, ausdrückte. Letztlich glitten selbst diese Diskussionen besonders bei unseren Dauergästen schnell in aktuellen Klatsch ab.
Ich selbst nahm als Sohn des Gastgebers zwar an den täglichen Ritualen der Gesellschaft teil, doch waren mir diese fast alle lästig, freilich mit Ausnahme des morgendlichen Ausreitens, an dem sich auch Miguel Cervantes beteiligen musste. Übrigens war dies ebenso Pflicht wie Vergnügen für ihn.
Meinen Unmut verbarg ich nur an solchen Tagen, wenn meines Vaters Geschäfte seinen Aufenthalt bei uns zuließen; im Grunde schnitt ich also jeden Tag eine gelangweilte Fratze, die aber kaum bemerkt wurde. In der Tat war es neben dem Reiten mein einziger Zeitvertreib, eine immer belanglosere und widerlichere Miene in Gesprächen mit der versammelten elitären Gruppe zu ziehen, deren zweifellos komischer Widerspruch zum Gegenstand der Thematik aber nur einigen der Bediensteten auffiel, so wenig Aufmerksamkeit wurde mir selbst von meinem direkten Gegenüber gezollt. Diesem Mangel weinte ich natürlich in keiner Weise eine Träne hinterher.
Da es der ausdrückliche Wunsch meines Vaters war, dass ich in den Sommermonaten abseits meiner Studienzeit auf unserem Landgut die "mächtigsten und gebildetsten Männer unserer Zeit" traf, konnte ich den Biss in diesen säuerlichsten Apfel nicht vermeiden; wohl aber versuchte ich, den Geschmack, soweit es die Etikette zuließ, abzumildern. Zugegebenermaßen befand ich mich in jener Zeit in einer gewissen Unruhe des Herzens, die aber nicht in jugendlich heißblütigen Protesten mündete wie bei einiger meiner Kommilitonen, sondern in fade Lethargie, die mich geistig wie körperlich zu lähmen schien. Hätte Gott mir nicht meine Augen und Ohren geschenkt, so wäre ich in diesen Jahren einer Schnecke gleich dahinvegetiert, ohne zumindest Beobachtungen anstellen zu können, die mir im späteren Leben nützlich waren; denn außer dem Reiten mied ich jede Bewegung und fühlte mich sogar unwohl bis zum Herzrasen, wenn ich eine Weile stehen musste.
Ich interessierte mich für nichts und damals glaubte ich, diese müde Geisteshaltung entspreche allenfalls meiner fortschrittlichen Visionen in praktisch jeder Einzelheit des Staatenwesens; ich hielt meine knappen ironischen Bemerkungen für geistreich, mein vor dem Spiegel geübtes schiefes Lächeln, bei dem ich den linken Mundwinkel nach oben zog, für markant. Insbesondere interessierte ich mich nicht für den Kutscher und Stallburschen Miguel Cervantes, dessen Existenz mir lange unbewusst war und dessen Namen ich vielleicht erst ein Jahr nach seiner Einstellung erfuhr.
Die erste Begegnung, die ich mir bezüglich dieses flinken Jungen in Erinnerung rufen kann, geschah an einem jener besonders unerträglichen Sonntage, an dem wir von Temperaturen jenseits der dreißig Grad geplagt wurden und der folglich unser kühles Landhaus in ein Spinnennetz für die Schmeißfliegen der Gesellschaft verwandelte. Von meinen nahen Verwandten war zufällig nur ein Onkel zugegen und so lag ich abwechselnd bäuchlings und rücklings in feinem Aufzug auf dem großen Sofa, besetzte es dadurch alleine, ließ meine Arme und Beine seitlich wie eine erschlagene Krake herabbaumeln und befahl den Bediensteten den Champagner in regelmäßigen Abständen an meiner Festung vorbeizubringen. In meinem leicht angetrunkenen Zustand fühlte ich mich nicht verpflichtet, einen guten Gastgeber zu spielen und beteiligte mich insofern an keinen Gesprächen direkt, nahm es mir aber heraus, in alle Gespräche durch einen lauten Ausruf, der nicht notwendigerweise etwas Sinnvolles ergab oder erzielen sollte, kurzfristig einzuschreiten.
Die beiden Herren zu meiner Kopfseite, die mir nicht mal zwei empörte Blicke zuwarfen, waren der schon erwähnte Philologe Karlmann und ein kleiner untersetzter Dichter und Freidenker, der mir nur unter seinem Künstlernamen Dante van Schiller bekannt war. Meine gähnende Langeweile, die durch deren Gerede ins Unerschöpflich stieg, war irgendwann so unermesslich unangenehm, dass ich ihnen doch mit einem halben Ohr zuhörte. Dies aber auch nur, weil der von mir vorzüglich (bühnenreif!) dargestellte, vor Langeweile sterbende Mann, keinerlei Beachtung bei ihnen fand und ich mich so gekränkt fühlte, dass ich geradezu weinerlich wurde.
"Gerade in unseren Zeiten, gerade in Zeiten wie diesen, ich möchte sagen, anderen Zeiten, neuen Zeiten, epochalen Zeiten, stehen die Menschen vor einer Herausforderung, deren Bewältigung den Freidenkern vorbehalten sein muss", quälte sich van Schiller mit einer von einer Erkältung verstopften Nase zu sagen, "Wir Freidenker stehen stets an vorderster Front in, ich möchte meinen, den wichtigsten Kriegen der Menschheit, den entscheidenden ... Was bleibt dem eigentlichen Menschen, nicht dem Freidenker, der das Leben, das Leben, ohne die Begabungen der Freidenker ... Glauben Sie mir! An vorderster Front!" Van Schiller bemühte sich bis zur Unerträglichkeit und seine hitzige, sich überschlagende Rede stürmte in einem einzigen Wortschwall aus seinem kleinen Mund, so sehr war er angestrengt, sich zu artikulieren, nicht nur angestrengt, er war geradezu verängstigt, dass seine Erkältung ihm mit einem kleinen Huster das Wort nehmen konnte; wartete doch Karlmann nur auf seinen Einsatz. Hier verlor ich aber die Aufmerksamkeit und während mein Kopf rücklings von der Lehne hing, beobachtete ich nur noch van Schillers Kiefer, der sich wie der eines rasenden, fetten Nussknackers auf und ab bewegte.
"Wäre ich nicht so träge wie ein Schwein, dann würde ich diesen falschen Schiller zum Krüppel schlagen!", dachte ich; nein, in Wirklichkeit hatte ich es mit lautem Geschrei dem ganzen Raum verkündet. Bemerkt hatten es nur van Schiller und Karlmann.
"Was? Was?", quakte van Schiller und sah von oben auf mein Gesicht, "Was? Was?"
Ich beachtete ihn nicht und fing an, auf dem Sofa liegend mit möglichst wenig Bewegung zu tanzen. Plötzlich sah ich einen Schweißtropfen an der Nasenspitze van Schillers, der auf mein Gesicht zu fallen drohte und dessen widerlich salzigen Geschmack ich schon auf meinen Lippen spürte. Würde er mich verfehlen oder würde ich die Kraft besitzen, diesem Unheil durch einen blitzartigen Sprung zu entgehen? In Anbetracht meiner körperlichen Situation beschloss ich, das Schicksal herauszufordern und es war mein Glück, dass van Schiller aus irgendeinem Grund heftig mit dem Kopf zu schütteln begann, dass der Tropfen auf Karlmanns Weste flog. Ich sah mit Entsetzen, wie er auf dem grauen Stoff einen leicht dunkleren Fleck verursachte und fragte mich, warum Karlmann nicht zu einem Staubkorn verätzt wurde.
Ein Glas Champagner wurde gebracht und ich kippte es schnell. Dann begann ich (vermutlich in unzusammenhängender Weise) ein Lied zu plärren, dessen Titel mir aber nicht mehr in Erinnerung ist. Mein fortgesetztes Sofatanzen interpretierten die Umstehenden im besten Fall als artistische Parodie. Van Schiller schien sich immer noch nicht beruhigt zu haben und versuchte einen meiner herumwedelnden Arme zu ergreifen, um an mir zu ziehen und mich zu kneifen, was ihm letztlich auch gelang.
"Im Namen der Freidenker, mein Herr, der Freidenker, auch wenn Sie, Sie, einen ehrwürdigen Vater haben! Eine Beleidigung bleibt eine solche auch bei uns freidenkenden, fortschrittlichen ...", schrie van Schiller und brachte es schließlich fertig, mich auf meine Beine zu hieven, während Karlmann nur angewidert daneben stand. Ein gewisser Zorn kam in mir auf, da ich van Schillers Eskapaden langsam überdrüssig wurde.
"Ich fordere Genugtuung, mein Herr! Eine Entschuldigung von Ihnen, ja von Ihnen, mein Herr, von Ihnen!", fuhr er wutentbrannt in seinem Sermon fort. Trotz seines festen Griffs, schenkte ich ihm keinen Blick und tanzte mit meinem verbleibenden Arm einen jener modernen Tänze, deren Choreografie man durchaus als rabiat bezeichnen kann. Dabei berührte ich ihn wohl versehentlich an der Schulter, obwohl van Schiller später mit großem Freidenkerehrenwort beschwor, ich habe ihn vorsätzlich auf die Wange geschlagen. Karlmann enthielt sich klugerweise einer konkreten Meinung, erzählte aber gerne, wie der gesamte Augenblick ihn, und damit die gesamte Gemeinde der Philologen, erschüttert habe. Jedenfalls geriet der dicke van Schiller völlig außer sich und stampfte mit hochrotem Kopf vor mir auf und nieder.
"Nein, mein Herr! Dante van Schiller will Ihre Entschuldigung nicht mehr! Nein! Nein, mein Herr, Dante van Schiller, Dante van Schiller, will sie nicht! Ich fordere Gerechtigkeit! Gerechtigkeit!" Seine Tirade war so verdrießlich, dass sich die Köpfe der Gesellschaft zu uns umdrehten, um ja keinen Skandal zu verpassen. Van Schiller formte mit seiner rechten Hand eine Faust und hielt sie mir zitternd unter die Nase.
"Sehen Sie das, mein Herr? Das ist meine Faust, eine starke Faust! Glauben Sie, einen Freidenker könnten Sie herausfordern, einen Freidenker? Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf diese Faust - eine Gottesfaust für Sie, eine göttliche Fügung, ihre nächste schicksalsträchtige Begegnung!", rief er und mein müder umherwandernder Blick, der nach den nächsten Bediensteten mit Champagnergläsern gierte, brachte ihn erst recht zum Kochen, "Unumstößlich! Eine unumstößliche Begegnung! Hören Sie zu, Sie Lakai, Sie Bettwanze am Rockzipfel Ihres Vaters! Ihre Zukunft wird hier gerade entschieden! Meine Damen und Herren, ein Freidenker, ja ein Freidenker, ich wiederhole es Ihnen in aller Ehrenhaftigkeit, ein Freidenker, wird von diesem Galgenvogel in den Dreck gezogen! Und das passiert hier vor aller Ihrer ehrwürdigen Augen und ich bin gezwungen, meine Damen und Herren, meine ehrenwerten Damen und Herren, die Idee der Freidenker zu verteidigen, denn sie ist der eigentliche Angriffspunkt seines Schlages! Ich gewähre dir ein letztes Wort, Bürschchen! Hören Sie nur, meine ehrenwerten Damen und Herren, ich gewähre ihm ein Wort!"
Ich hatte van Schillers Ausbruch nur halb verfolgt, doch seine Stille und seine funkelnden Augen forderten unzweifelhaft irgendeine Erwiderung von mir. Später überlegte ich, ob er mir eine Gelegenheit geben wollte, mich zu entschuldigen, obgleich diese durch sein vorheriges Geschimpfe schwer entkräftet gewesen wäre. Jedenfalls entpuppte er sich als ein außerordentlicher Feigling. In diesem Moment sah ich ihn gleichgültig an und erwiderte nur ein lakonisches "Ja", das ihn erst zutiefst erschrak und dann zum Explodieren brachte.
"Das ist genug! Treten Sie zurück, meine Herren!", kreischte er und schob Karlmann zur Seite, der zurücksprang, sich aber in seiner Neugier nicht von uns abwandte, wiewohl auch die anderen Gäste begierig auf das Finale warteten.
Mit einer großen Scherenbewegung ruderte van Schillers Arm nach hinten. In diesem Moment stürzte jemand zwischen uns, wandte mir aber den Rücken zu, dass ich sein Gesicht nicht erkennen konnte. Ich sah nur sein wuscheliges Haar von hinten und das Kreuz und Quer machte mich ganz benommen, dass ich zurück auf das Sofa taumelte. Jedoch war ich nicht der einzige, den es von den Sohlen riss; van Schiller erstarrte förmlich und fiel wie ein Stein nach hinten auf seinen Hosenboden. Nach einer kurzen Stille folgte allgemeines Gelächter, auch Karlmann lachte und van Schiller redete von da an nie mehr ein Wort mit ihm.
Nach wenigen Sekunden hatte sich der Gefallene wieder aufgerappelt und stürmte mit einem quiekenden Kampfschrei auf den dritten Beteiligten, der aber geschickt auswich, dass van Schiller in Leere rannte, die Kontrolle über seinen schwergewichtigen Körper verlor, unglücklich auf mich fiel und meine linke Hand verstauchte. Erschöpft blieb er auf mir liegen.
Der allgemeine Skandal fand eine Pause, aber noch kein Ende. Der dritte Beteiligte wurde von unserem Butler als Miguel Cervantes identifiziert und erhielt eine peinliche Standpauke, was er, ein unterster Diener, im Salon verloren habe. Der junge Cervantes, der etwa mein Alter hatte, ließ alles über sich ergehen, doch sein Kopf neigte sich nicht in Schuldbewusstsein, noch zuckte ein Muskel in seinem Gesicht trotz der öffentlichen Zurschaustellung. Ich weiß nicht, ob der Alkohol seinen Einfluss geltend machte, aber für mich stand Cervantes wie eine makellose Säule im Raum, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, als habe er es nicht nötig, sich zu verteidigen. Dieser unverhohlene Stolz beeindruckte mich stark, ganz unabhängig von der Tatsache, dass er mich vor einem rechten Schwinger gerettet hatte. Insbesondere betone ich diese echte Charaktereigenschaft von ihm, die er alsbald hinter einer Maske verstecken sollte. Damals täuschte er auch mich mit Leichtigkeit und ich hielt ihn für einen Tölpel, auch wenn er meine Aufmerksamkeit schon von diesem Moment an gewann.
Als der Butler vom ganzen Schimpfen außer Atem geraten war, konterte Cervantes, dass er sich im Stall um die Pferde gekümmert habe, ganz wie befohlen, als die fünfjährige Marie alleine zu ihm gekommen war. Nachdem er sie den Pferden vorgestellt hatte, sie die Tiere streicheln ließ, drehte er sich einen Augenblick um und die kleine Marie ergriff eine Bürste und rannte damit davon. Damit sie sich damit nicht selbst kämmte und da sie ohne Aufsicht war, lief er ihr hinterher, um sie dann hier im Salon wiederzutreffen, wo er ihr die Bürste wegnahm, just als er Zeuge einer sich anbahnenden Schlägerei wurde, die er nach seinem Gewissen verhindern musste.
Der Butler wusste darauf nicht zu antworten und brachte unter den Augen der Anwesenden nur einen nervösen Rülpser hervor. Mehr war auch nicht nötig, denn van Schiller stand bereits breitbeinig vor Cervantes und betrachtete ihn mit einer solchen Selbstgefälligkeit, dass mir übel wurde.
"So, so! So, so!", brummte er und zeigte mit jedem Wort mehr Bestimmtheit, "Ein einfacher Geselle, ein furchtbar einfacher Geselle, traut sich zu, einen Freidenker zu brüskieren. Ich werde dir lehren, was es heißt, ein Mitglied der Gesellschaft, ein Mitglied der Freidenker, ein Mitglied, den Dichter und Denker Dante van Schiller zu beleidigen, aufs Äußerste zu beleidigen. Menschen wie du, aus der stinkenden Suppe der Gewöhnlichkeit, der untersten, dreckigsten Suppe, gehören nicht in einen Raum mit den Fortschrittsdenkern. Verstehst du überhaupt, was ich sage? Man muss mit euch ja umgehen wie mit Vieh, Vieh, die Logik der Konversation gebietet es ja, oh ja, sie gebietet es, genau wie sie mir gebietet, in vornehmen Strophen meine Schöpfung und die der anderen zu zelebrieren. Aber du bist keine Schöpfung, du bist Unrat! Und da du es mit Worten niemals, niemals, niemals, niemals, begreifen wirst, du Unrat, werde ich es in dich hineintrichtern, dass du es ein für alle Mal lernst!"
Man kann sagen, dass Cervantes die folgenden Vorgänge mir verdankt oder seiner guten Seele, jedenfalls war klar, dass er eine solche menschenverachtende Behandlung nicht verdient hatte. Obwohl sein kluger Kopf aus der ganzen Sache, ja vielleicht sogar aus der ganzen Welt, später ein Schauspiel bastelte, bezweifle ich, dass er zu diesem Zeitpunkt schon daran gedacht hatte. Zu sehr sind mir der ängstliche Gesichtsausdruck, die unruhigen Zuckungen, ja fast ein Wimmern in Erinnerung, die seine vorherige stoische Ruhe in Vergessenheit gerieten ließen. Obgleich er mehr als einen Kopf größer war als van Schiller wirkte sein dünner, schlaksiger Körper in einer wehmütigen Krümmung fast kleiner. Van Schiller genoss die Erniedrigung des Stallburschens in allen Zügen und rächte sich an ihm gleichzeitig für meine Beleidigungen, die übrigens zwischen uns nicht mehr zur Sprache kamen. Wie ich erfuhr, hatten einige Anwesende doch auf ihn eingeredet, dass man einem jungen Mann wie mir leicht Flausen in den Kopf wirbeln und ich meinem Vater eine Geschichte auftischen könnte, was den Ausschluss einiger von ihnen von den Gesellschaften zur Folge hätte. Im Grunde habe er natürlich Recht, Recht, Recht.
Van Schiller ging zum Buffet und griff sich zwei Bananen. Als er zurückgekehrt war, schlug er Cervantes brutal auf den Rücken und hieß ihn an, auf allen Vieren auf dem Boden zu kriechen, was dieser in seiner ängstlichen Schüchternheit ohne Umschweife tat. Die Gäste wussten erst nicht, wie sie das auffassen sollten, aber als van Schiller hohl und laut lachte, und Cervantes wie einen Hund durch den Salon trieb, da stimmten alle in das fröhliche Lachen ein.
"Ein Hund! Ein Hund! Ein Hund!", feuerte van Schiller den armen Unterwürfigen an (manch einer stieg sogar in diesen Chor ein), "Lauf! Fass'! Renn'! Was ihr Hunde alles macht, ihr Hunde!" Mit diesen Worten warf er ihm ein Stück Banane, die er schon geschält hatte, auf den Kopf. "Friss das wie ein Hund, du Lump! Du Lumpenhund!"
Cervantes, der am ganzen Leib zitterte und das widerwärtige Spiel wie in einer unseligen Trance mitmachte, senkte seinen Kopf und aß das Stück Banane. Als van Schiller wieder und wieder ein Stück auf den Boden feuerte, und auch andere sich daran beteiligten, kamen ihm die Tränen.
"Er heult! Seht ihr die Tränen!", lallte van Schiller in manischem Übermut, "Jetzt jaule wie ein Köter!" Er gab ihm einen Tritt und Cervantes schrie verzweifelt auf; van Schiller zertrat daraufhin ein Stück Banane, das Cervantes auflecken musste. In diesem Moment übergab ich mich und schlief kurz danach ein. Man erzählte mir, van Schiller habe bei seinem sadistischen Spiel kein Ende finden wollen und erst als die Stimmung ernsthaft zu kippen drohte, wurde Cervantes zurück in den Stall gescheucht. Dort soll er einige weinerliche Stunden zugebracht haben; ich selbst bekam davon nichts mit, da ich meinen Rausch, der doch ein erheblicher war, ausschlafen musste.
Von jenem Nachmittag an aber nannte man Cervantes nur noch den Bananenfresser.


PS: Ich gebrauche viele kursive Wörter. Den Text habe ich aus Word kopiert, dabei werden die kursiven Wörter nicht übernommen und ich musste alle nochmal manuell kursiv machen. Gibt es eine  bessere Möglichkeit hierfür?

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anuphti
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Beitrag27.08.2013 21:12

von anuphti
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Hallo Inko,

Alleine der Titel "Bananenfresser" ist mir schon unsympathisch, aber nachdem ich das als "Arbeitstitel" werte, den ein Verlag jederzeit ändern kann, habe ich einmal angefangen Deinen Text zu lesen.  Kommentare im Text:


Zitat:
Miguel Cervantes (ein berühmter Name, der natürlich sofort Assoziationen weckt*), der Bananenfresser (schon wieder Bananenfresser, hier hätte ich es beinahe wieder geschlossen, das "Buch") mit den gelben Schuhen, war zu jener Zeit, von der ich jetzt berichte, Kutscher in unserem Hause und ein von der oberen Gesellschaftsschicht gern gesehener Mann (unstimmig! die oberen Gesellschaftsschichten zu der Zeit (ich schätze Jahrhundertwende??) haben Dienstboten geflissentlich ignoriert), weil diese feinen Damen und Herren sich über ihn wie über einen Clown belustigten. Während der heißen Sommertage pflegten gewisse Kreise in unserem herrschaftlichen Landhaus zu hausen (sprachlich unpassend für einen Ich-Erzähler aus der Zeit) und zu speisen Hier würde ich einen Punkt setzen und neu beginnen.und sonstige Beschäftigungen wurden lediglich aus einem Müßiggange heraus beäugt. Stoff für Gespräche gab es reichlich, wobei die wenigsten solcher Unterredungen geschäftlicher Natur waren (wieso sollten sie?), sondern es handelte sich um "Worte, die die vollkommene und vollständige geistige Bildung und Herausforderung des menschlichen Vermögens (hier hättest Du mich als Leser das nächste Mal verloren) entwurzeln", wie sich Robert Karlmann, (der deutsche Name impliziert, dass die Geschichte in Deutschland spielt?) der Philologe mit dem spitzen Bart, ausdrückte.
Letztlich glitten selbst diese Diskussionen besonders bei unseren Dauergästen schnell in aktuellen Klatsch ab.
Ich selbst nahm als Sohn des Gastgebers zwar an den täglichen Ritualen der Gesellschaft teil, doch waren mir diese fast alle lästig, freilich mit Ausnahme des morgendlichen Ausreitens, an dem sich auch Miguel Cervantes beteiligen musste (untypisch, dass Kutscher wie Stallburschen oder Reitknechte die Herrschaften auf Ausritte begleiten müssen). Übrigens war dies ebenso Pflicht wie Vergnügen für ihn. (woher der Ich-Erzähler das weiß,wenn er Miguel doch praktisch nicht wahrnimmt ...)


* die erste Idee, dass es sich hier um einen biographischen Text über Cervantes handelt, habe ich spätestens bei der "Kutscherstelle" verworfen. C. war zwar einmal Bediensteter, aber kein Kutscher .

Ungefähr ab hier habe ich dann nicht weiter gelesen, weil ich nicht den Eindruck habe, dass Du Dich mit der Welt, die Du beschreibst, wirklich gut auskennst.

Tut mir leid.

LG
Nuff
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Mic000
Leseratte
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Beiträge: 166



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Beitrag27.08.2013 21:53

von Mic000
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Hallo anupthi,

Danke, dass du dir die Mühe gemacht hast, zu versuchen, den Text zu lesen.

Der Titel ist in der Tat ein Arbeitstitel, den ich nur schnell für dieses Forum erdacht habe. Ich selbst finde ihn aber nicht so "unsympathisch".

Das zweite von dir markierte "selbst" kann ich herausnehmen.

Der Name Miguel Cervantes hat übrigens nichts mit dem berühmten Dichter zu tun. Solche Assoziationen sind gar nicht erwünscht und ich werde den Namen dann wahrscheinlich ändern.

Manche deiner Anmerkungen kann ich nicht so gut nachvollziehen, z.B. dass du den Text bei der "Herausforderung des menschlichen Vermögens" weggelegt hättest. Natürlich klingt das furchtbar, aber es steht ja in Anführungszeichen und ist ein Zitat einer anderen Person, um diese zu charakterisieren.
Die von dir als untypisch bezeichneten Ausritte werden durch die Geschichte nachher noch erklärt. Dass die feinen Herrschaften auf die Dienstboten herabsahen, ist klar, aber Cervantes war ja kein gern gesehener Mann, weil man mit ihm redete, sondern weil man sich über ihn lustig machte.
Der Ich-Erzähler ist ein Zeitgenosse von Cervantes und berichtet viel später, als die Geschichte spielt, über ihn. Er will über dessen Leben schreiben und beginnt mit der Zeit, in der ihn kennen lernte.

Danke, dass du deine Zeit und Mühe dazu verwendet hast, den ersten Teil des Textes zu lesen. Natürlich würde ich mich freuen, wenn du noch weiter liest!

LG
Inko
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Heaven
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Beiträge: 116
Wohnort: Münsterland


Beitrag27.08.2013 23:19

von Heaven
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Hallo Inko

Das ist meine erste Rezession, also erwarte bitte nicht zu viel. Ich fand deinen Text sehr schwer verständlich. Damit meine ich nicht deinen Stiel zu schreiben, sondern ich habe anfangs überhaupt nicht gewusst auf was du hinaus wolltest.  Daher habe ich ziemlich schnell begonnen, den Text einfach nur noch zu überschlagen. Doch als ich zum Ende kam – das war richtig gut. Da passte auch der Titel. Vielleicht solltest du mit der Diskriminierung des Kutschers beginnen und dann erzählen, wie es dazu gekommen ist. Dann hättest du mich als Leser neugierig gemacht. Doch der Anfang hat mich nicht überzeugt. Ich fand es auch sehr anstrengend die ellenlangen Sätze zu lesen. Zu der Logik, in Bezug auf deinen Text, kann ich nicht viel sagen, dafür kenne ich mich in dieser Zeit zu wenig aus. Das die Dienstboten ignoriert oder aber schlecht behandelt wurden, geht  aus deinem Ende hervor. Es wäre gut, wenn der Leser das bereits am Anfang spüren könnte. Du erzählst für mein Empfinden am Anfang zu viel. Ich möchte etwas sehen wenn ich lese - du musst es mir zeigen.
Ich hoffe ich konnte dir mit meiner Rezession etwas helfen.

LG
Heaven
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Mic000
Leseratte
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Beiträge: 166



M
Beitrag28.08.2013 20:04

von Mic000
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Hallo Heaven,

auch dir vielen Dank dafür, dass du den Text (sogar ganz) gelesen hast.

Du musst bedenken, dass dies ja nur das erste Kapitel des Buches ist, in dem es um zwei Hauptpersonen geht. Das eine ist der Ich-Erzähler und das andere Cervantes. Für das Kapitel selbst gesehen magst du Recht haben, dass der Anfang zu viel erscheint, aber dies ist ja nicht nur die Einleitung für das Kapitel, sondern für den gesamten Roman. Trotzdem werde ich deine Kritik im Hinterkopf behalten und mal weitere Lesermeinungen abwarten.

Also nochmal vielen Dank, dass du dir so große Mühe gemacht hast, denn so ein langer Text wirkt dann wohl doch ziemlich abschreckend.

LG
Inko
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Ernst Clemens
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Alter: 77
Beiträge: 594
Wohnort: München


Beitrag29.08.2013 13:30

von Ernst Clemens
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hallo Inko,

um ehrlich zu sein, habe ich ziemlich schnell abgebrochen. Deine unnötig langen Sätze stören das Lesevergnügen gewaltig. Zum Beispiel dieser:

Zitat:
Wie ich erfuhr, hatten einige Anwesende doch auf ihn eingeredet, dass man einem jungen Mann wie mir leicht Flausen in den Kopf wirbeln und ich meinem Vater eine Geschichte auftischen könnte, was den Ausschluss einiger von ihnen von den Gesellschaften zur Folge hätte.


Dann habe ich auch Probleme, mir ein klares Bild zu machen, z.B. wenn Du von einer

Zitat:
Mit einer großen Scherenbewegung ruderte van Schillers Arm nach hinten.
  sprichst. Wie sieht diese Bewegung aus? Eine Schere macht doch nur "auf" und "zu"?

Leider muss ich Dir sagen, dass ich das Buch nicht kaufen würde - jedenfalls wenn der Stil so bleibt. Vielleicht kannst Du den Text mit Hilfe eines guten Lektors "ins Lot" bringen?

Herzliche Grüße
Ernst
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Mic000
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Beiträge: 166



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Beitrag30.08.2013 22:45

von Mic000
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Hallo Ernst Clemens,

danke für deine Kritik!

Die große Scherenbewegung soll eine ungeübte Schlagbewegung sein. Du kannst dir das so vorstellen: Du streckst einen Arm gerade nach vorne und holst dann aus, indem du ihn zurück bewegst, bis er die Verlängerung deiner Schulter ist. Dabei bleibt der gesamte Arm immer gestreckt. Dadurch wirkt der Schwung sehr amateurhaft und eben wie eine Schere (insbesondere wenn du mit dem anderen Arm dasselbe machst).

Der Stil bleibt weiterhin so und dass dir der Text nicht gefällt, muss dir auch nicht leid tun. Das ist für mich eine sehr wertvolle Mitteilung (vor allem da er mir selbst gefällt), ob ich die Geschichte weiterschreiben soll.

LG
Inko
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firstoffertio
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Beitrag01.09.2013 23:28

von firstoffertio
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Miguel Cervantes, der Bananenfresser mit den gelben Schuhen, war zu jener Zeit...

Mit den rot markierten Worten nimmst du jede Spannung. Man wartet nur noch, was es damit auf sich hat, und empfindet das Folgende als langwierig.

Dein Stil ist altmodisch, mit Absicht, ich weiß. Der Stil erinnert mich ein wenig an The Turn of the Screw von Henry James, z.B. Aber dort wird viel mehr Introspektion beschrieben, es gibt wenige Charaktere, während du damit alle möglichen Leute und deren Interaktion auf kurzem Raum beschreibst. Ich weiß nicht, ob das so gehen kann. Mich ermüdet es. Ich habe daher auch bald nur noch überflogen.
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firstoffertio
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Beitrag01.09.2013 23:28

von firstoffertio
Antworten mit Zitat

sorry, double post.
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Mic000
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Beiträge: 166



M
Beitrag03.09.2013 22:32

von Mic000
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Hallo firstoffertio,

danke, dass du dir Zeit genommen hast, den Text zu lesen.

Irgendwie widerspricht sich deine erste Aussage. Erst sagst du, die ersten Worte würden jede Spannung nehmen, dann sagst du, man warte nur noch darauf, was es damit auf sich hat (ist das nicht Spannung?!).

Dass der Stil durch die längeren Sätze den Leser ermüdet, haben schon andere erwähnt. Obwohl mich das persönlich nicht stört, wird das wohl letztendlich auf die überwiegende Mehrheit zutreffen.

Danke für deine Kritik!
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firstoffertio
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Beitrag04.09.2013 01:04

von firstoffertio
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Reicht es nicht, dass der Bananenfresser im Titel erwähnt ist?

Was ich meinte: Im ersten Satz klingt das wie: Der Bürgermeister von Ulm. Nun folgt ein langer Text, bei dem weder Ulm noch das Bürgermeisteramt, noch der Bürgermeister eine Rolle spielt. Es klingt aber, als ob ein solcher eingeführt ist, und als ob das wichtig wäre. Man wartet auf die Erklärung, warum das am Anfang so nennenswert war, und fühlt sich dann ein wenig verarscht. Damit wird , was du erzählst, unter diesem Aspekt gelesen. Würdest du das nicht drin haben, wäre man als Leser offener.
(Ich kommentiere in der Prosa immer als Leser.)
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Existerman
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E
Beitrag04.09.2013 08:02

von Existerman
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Hallo inkognito, habe deinen Text einmal angeguckt und finde, dass du diesen alten Erzählstil außerordentlich gut hinbekommst. Tatsächlich aber verliert man leider durch den Titel ein wenig die Lust am lesen.
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Mic000
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M
Beitrag06.09.2013 15:07

von Mic000
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Hallo firstoffertio und Existerman,

euch beiden nochmal Danke fürs Befassen mit dem Text!

@firstoffertio
Danke für die Erläuterungen. Ich beurteile das trotzdem etwas anders, vielleicht weil ich schon mehr Kapitel im Überblick habe. Das erste Kapitel hat zwar schon einen Spannungsaufbau, ist aber insgesamt ein Teil der Einleitung, um die beiden Hauptpersonen (Ich-Erzähler und Cervantes) vorzustellen. Offenbar wirkt es aber nicht besonders.

@Existerman
Der Titel ist eigentlich nur ein provisorischer, den ich nur für das Forum schnell entworfen habe. Übrigens bist du nicht der erste, dem er nicht gefällt. Danke für deinen Kommentar!

OT: Ich habe übrigens den Anfang deines Fantasy-Kapitels überflogen und für 13 Jahre schreibst du schon sehr gut! Weiter so!
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Drakenheim
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Beitrag08.09.2013 19:35

von Drakenheim
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Ich habe jetzt die ersten Sätze überflogen, dann abgebrochen und mir die Kommentare durchgelesen und dann erneut angesetzt und durchgelesen.

Ja, die langen Sätze SIND anstrengend. Selbst, wenn man gerade Kafka auf dem Tisch liegen hat. Gut, so übel wie Kleist bist du noch längst nicht, aber die Länge der Sätze, die verschachtelte Schreibweise und der Gebrauch unmoderner Wörter erschweren das Lesen im ersten Anlauf.

Je länger ich lese, desto besser erfasse ich den Inhalt. Sei es, weil ich mich daran gewöhnt habe, sei es, dass der Satzbau besser wird, das lasse ich mal ohne weitere Untersuchung. Der schnappende Wichtigtuer von Freidenker wird durch die Satzfragmente und die Wortwiederholungen in kursiv, (ja, in kursiv!) schön illustriert. Das zu lesen macht schon wieder Spaß. Die Situation mit dem Hausherrenlümmel betrunken auf dem Sofa und den Gästen so dicht über ihm, dass sie ihn volltropfen, kommt mir aber doch extrem seltsam vor. Und dass ein Freidenker, jawohl ein Freidenker so menschenverachtend einen Bediensteten scheucht...

Ok, ich blättere noch einmal aufs Geradewohl in die Mitte des Buches, aber im Grunde ist die Entscheidung schon gefallen. Noch einmal höflich gestochert und zurück ins Regal damit.
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Mic000
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Beitrag09.09.2013 20:34

von Mic000
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Hallo Drakenheim,

danke, dass du dir dann doch die Mühe gemacht hast, dir den Text durchzulesen, obwohl du am Anfang nicht überzeugt warst.

Als der Ich-Erzähler auf dem Sofa liegt, beleidigt er ja den Freidenker, der sich dann wütend über ihn beugt. Erst dadurch kommt er ihm so nahe, dass er ihn "volltropfen" kann.

Schade, dass du dich aber letztendlich auch nicht für das Buch begeistern kannst. Der Schreibstil ist wohl durch die Länge der Sätze zu anstrengend für den Leser, wie du sagst (und auch andere).

Vielen Dank für deine Kritik!
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Fahrender Gaukler
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Beitrag11.09.2013 16:59

von Fahrender Gaukler
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Mahlzeit!

Der Stil gefällt mir geschmacksbedingt sehr, hin und wieder schreibe ich auch schon mal in diesem altertümlichen Stil. Allerdings muss ich sagen, dass er, gepaart mit dem doch sehr zähen Inhalt, schon reichlich langatmig daherkommt. Ab ungefähr der Hälfte des Ausschnitts habe ich mich dann - bedauerlicherweise - gelangweilt gefühlt, weil entweder zu wenig passiert, oder zu wenig, das mich interessiert. Dazu muss man vielleicht sagen, dass ich womöglich nicht der Zielgruppe entspreche; ich kann und will natürlich nicht ausschließen, dass es durchaus Leute gibt, die mit Begeisterung weiterlesen würden, nur ich gehöre leider nicht dazu, tut mir Leid. Ich bin trotzdem sicher, dass du deinen Weg machen wirst. Der Stil ist gut durchgezogen, nur muss man heutzutage schon einen Liebhaber solch "antiquierter" Schreibe finden.

[Edit] Ich habe einen zweiten Anlauf gewagt und den Text bis zum Ende gelesen, mein "Urteil" bleibt allerdings bestehen. Nichts gegen den Stil an sich, lange Sätze, Schachtelsätze, komplizierte Sätze - alles kein Problem für mich. Was mich hingegen schnell genervt hat, waren die von dir sicherlich beabsichtigten Wortwiederholungen. Freidenker, Freidenker, Freidenker, ..., sowie die Worte, die die Sprecher wiederholen, um ihnen mittels (kursivschriftlicher) Betonung mehr Wirkung zu verleihen. Mittels Betonung sage ich, ich ganz persönlich. Hin und wieder kann man so etwas sicherlich machen, auf Dauer nervt es aber.

Mein Fazit daher: Der Text dreht sich um sich selbst. Es passiert viel und doch im Grunde gar nichts. Du wirfst mit Figuren um dich, die auf mich kaum einen bleibenden Eindruck hinterlassen, wenn überhaupt nur Verwirrung. Oft habe ich mich gefragt, wer wer ist und wer denn da gerade spricht und miteinander interagiert. Das ist - gelinde gesagt - suboptimal. Vom Ich-Erzähler erfährt man bisweilen auch nicht sonderlich viel, das wenige, das man über ihn erfährt, macht ihn allerdings nicht zum Sympathieträger. Alles in allem bleibt am Ende eine überwiegend durchaus gut bis sehr gut geschriebene, aber quälend zäh und umständlich erzählte Geschichte, für die man als Leser den richtigen (langen) Atem braucht, um sie genießen zu können.

Tschuldige, aber ich kann mit der Geschichte, beziehungsweise dem ersten Kapitel derselbigen, absolut nichts anfangen.
 
Zitat:
PS: Ich gebrauche viele kursive Wörter. Den Text habe ich aus Word kopiert, dabei werden die kursiven Wörter nicht übernommen und ich musste alle nochmal manuell kursiv machen. Gibt es eine bessere Möglichkeit hierfür?


Unglücklicherweise nicht.


Gruß,

~~Der Gaukler
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Mic000
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Beitrag13.09.2013 14:52

von Mic000
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Hallo Fahrender Gaukler,

danke, dass du dir so eine Mühe gemacht und sogar einen zweiten Anlauf versucht hast!

Die Wortwiederholungen sind natürlich bewusst und tauchen in der wörtlichen Rede von van Schiller auf, um dessen unangenehme Sprechweise zu charakterisieren. Die Art wie er redet und überhaupt was er redet, macht ihn selbstverständlich ziemlich unsympathisch. Mein Ziel war, dass sich der Leser über ihn amüsiert und vielleicht denkt: "Was für ein Idiot!". Anscheinend habe ich das überstrapaziert: Wenn du dich genervt und gelangweilt fühlst, ist das natürlich furchtbar!

Dass der Ich-Erzähler kein reiner Sympathieträger ist, ist Absicht. Dass die Figuren blass und verwirrend bleiben, ist natürlich nicht gewollt (Im Gegenteil wollte ich mir besondere Mühe geben, die Figuren vielschichtig wirken zu lassen...).

Der "altmodische" Stil findet hier ebenfalls keine Liebhaber, und da dies ja ein Forum ist, wo sich eher Menschen finden, die eine Affinität zu einem solchen Stil empfinden würden, bezweifle ich, dass es "durchaus Leute gibt, die mit Begeisterung weiterlesen würden", wie du schreibst.

Alles in allem werde ich einen solchen Roman wohl hauptsächlich nur für mich selbst schreiben und dadurch würde er zu einer reinen Schreibübung verkommen, was ja eigentlich nichts Schlimmes, aber in träumerischer Weise ein wenig ernüchternd ist.

Vielen Dank für deine Kritik!
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Fahrender Gaukler
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Beitrag13.09.2013 15:25

von Fahrender Gaukler
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Hallo nochmal!

Zu deiner Verteidigung:

Zitat:
Dass die Figuren blass und verwirrend bleiben, ist natürlich nicht gewollt (Im Gegenteil wollte ich mir besondere Mühe geben, die Figuren vielschichtig wirken zu lassen...).


Da wir uns hier noch im ersten Kapitel befinden, ist es eigentlich gar nicht so schlimm, dass die Figuren blass bleiben. Das Problem an der Sache: Du führst zu viele auf einmal ein und lässt sie Dinge tun und sagen, die mich nicht sonderlich interessieren.

Zitat:
Wenn du dich genervt und gelangweilt fühlst, ist das natürlich furchtbar!


Kann man so pauschal auch nicht sagen. Ich werde es überleben. Und du auch. Es wird immer Leute geben, die sich negativ über etwas äußern, das man mit voller Absicht so gemacht hat. Als Autor wird man es ohnehin nicht allen Lesern recht machen können. Na klar muss man sich der Zielgruppe bewusst sein, und es schadet auch nicht, über den Tellerrand hinauszublicken, sich vielleicht sogar ein bisschen anzupassen, um ein breiteres Publikum ansprechen zu können. Aber man muss sich nicht verbiegen und auch nichts bedauern, wenn sich jemand genervt oder gelangweilt fühlt. Dann ist das eben so. Zu besagter Zielgruppe gehöre ich offenbar nicht, von daher kannste eigentlich getrost auf meine Meinung pfeifen. wink
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Mic000
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Beitrag14.09.2013 14:46

von Mic000
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Naja ... auf deine Meinung pfeifen? Bestimmt nicht! Ich bin sehr froh, dass du einen zweiten Anlauf gewagt hast. Es stimmt natürlich, dass man es nicht jedem Leser recht machen kann, aber du bist ja hier nicht nur Leser, sondern auch Kritiker, und führst nicht nur Gefallen oder Missfallen an, sondern auch eine begründete Analyse, warum dem so ist.
Was die "Zielgruppe" sein soll, das weiß ich selbst nicht genau ... wahrscheinlich schon jemand, der einen "langen Atem" hat, wie du sagst. Ich bin gespannt, ob sich hier so jemand noch findet.
LG
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J. K.
Gänsefüßchen
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Beitrag14.09.2013 18:27

von J. K.
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Hallo Unbekannter,

es war eine kluge Entscheidung mit dem Titelträger der Geschichte zu beginnen! Leider riss der Faden unmittelbar mit dem zweiten Satz ab. Ab da konzentriert sich der weitere Verlauf auf den Icherzähler und dessen subjektive Wahrnehmung des persönlichen Umfeldes. Damit macht der erste Satz keinen Sinn und bildet einen eigenen kurzen Faden. Im Anschluss setzt die Geschichte neu an.

Ich gehe davon aus, dass die Geschichte vor der Mitte des 19. Jahrhunderts spielt. Dass die Leser das erraten müssen, zeigt ein Versäumnis unter mehreren auf.

Wer, was, wann? Gleich drei Fragen, die nicht im Ansatz angesprochen wurden. Weder der Name des Erzählers noch sein Status noch die Zeit, in der die Geschichte spielt, wurden den Lesern vermittelt.

Am Ende stehen die Leser mit einer völlig unbekannten Figur da, die für sich den Status des Freidenkers beansprucht, die viel trinkt und die ihr Umfeld mit Hohn und Spott belegt, der in keiner Weise nachvollziehbar war. Unabhängig von der Frage, ob es nicht besser wäre, den Lesern anstelle der plumpen Behauptung, er sei ein Freidenker, durch Wort und Tat zu vermitteln, dass man es mit einem solchen zu tun haben könnte, galt es die zuvor als fehlend bemängelten Informationen einzufädeln. Ohne Wissen zur Epoche fehlte den Lesern die Möglichkeit, Gedanken, Taten und Aussagen als die eines Freidenkers zu erkennen. Ohne Wissen zum Protagonisten gibt es kein Bild und keine Nähe, ohne Wissen zum Status, keine Grundlage zur Beurteilung.

Die Epoche bietet gleichzeitig den nächsten Ansatz. Dein Erzählstil erscheint mir zu rasant, und die Erzählsprache (für die vermutete Epoche) unangemessen. Satzbau wie Wortwahl. Die zeitliche Fixierung legt die Schwelle fest, an die der  Erzähler wie Leser im Geiste nebeneinander stehen sollten; den Blick in die Zukunft gerichtet. Sie bestimmt auch Erzählstil und Sprache. Ohne diesen Fixpunkt, so sagt mir mein Gefühl, wird der Erzähler als Protagonist weder lebendig noch facettenreich und für die Leser weiter eine leblose „Behauptung“ bleiben.

Mir war beim Lesen mehr, als versuchst du deine Positionierung zum Establishment zu vermitteln, als die einer Kunstfigur aus einer anderen Epoche. Und dies eher aus schwer subjektiver Perspektive.
Nebenher gab es Probleme mit den Zeiten und weitere kleine Schnitzer, die du sicher beim Überarbeiten aufspüren wirst.

Vielleicht hilft dir das ein Stück weiter – werde lebendiger.

Nachtrag.
Ich habe mir ein paar Gedanken gemacht, wie die Kuh vom Eis zu bekommen wäre.

Ist dein Kapitel exemplarisch für den Verlauf der Geschichte, steht nicht der Bananenfresser, sondern die Figur des Erzählers im Mittelpunkt. Das disqualifizierte die gewählte Perspektive grundsätzlich, es sei denn, du verfügst über ausreichend Erzählroutine, um den Erzähler, wie bereits erwähnt, ausschließlich über Wort, Tat und Interaktion mit anderen Figuren zu charakterisieren. Urteile und Einschätzungen über dritte Personen wären zulässig, sofern sie nachvollziehbar untermauert werden, sollten aber nicht ausschließliches Mittel zur Darstellung sein, da du am Ende nur eine Art „Bericht“ hättest. Lässt du dir dann ausreichend Zeit, die Kulisse: Land, Ort, Epoche und Stand der Figuren im Zentrum des Geschehens aufzubauen, dürfte die Geschichte nicht nur an Kraft gewinnen, der Leser wäre auch in der Lage das Kopfkino anzuschmeißen und gleichzeitig würde sich das auffällig hohe Erzähltempo angemessen reduzieren. Eine solche Geschichte benötigt einen ruhigen und gleichmäßigen Fluss; eine wichtige Voraussetzung, um Luft für gelegentliche dramaturgische Steigerungen zu gewinnen.


J.K.
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Mic000
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Beitrag15.09.2013 14:41

von Mic000
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Hallo Jim Knopf,

ein ganz großes Dankeschön, dass du dir so viel Mühe gemacht hast und sogar nochmal zurückgekehrt bist!

Der Roman hat zwei Hauptfiguren, einmal Miguel Cervantes und einmal den Ich-Erzähler, wobei vielleicht letztlich Cervantes noch wichtiger ist. Warum zwei Hauptpersonen? Dadurch wird es dem Leser ermöglicht, die Leben beider zu vergleichen.
Die Hauptperson des Ich-Erzählers ist natürlich nur Cervantes alleine, aber dadurch, wie er schreibt, ist seine Stellung für den Leser die einer zweiten Hauptperson.
Die wichtigen W-Fragen werden dann im zweiten Kapitel beantwortet. Der plötzliche Einstieg in die Geschichte soll Neugier erwecken und der Leser soll sich die Frage stellen, warum der Ich-Erzähler irgendwann überhaupt mal dazu kam, etwas über Cervantes zu schreiben.
Im zweiten Kapitel wird der Ich-Erzähler dann etwas zurückrudern und ein wenig mehr über die Begleitumstände berichten.

Nun zu deinen Kritikpunkten:
Ich bin mir nicht sicher, ob du vielleicht den Freidenker und den Ich-Erzähler verwechselt hast, da der Freidenker schließlich nicht viel trinkt. Die Bezeichnung "Freidenker" ist als selbstgewählte Bezeichnung von van Schiller zu verstehen, der sich damit von den "gewöhnlichen Menschen" abheben will. Was ein "Freidenker" genau ist, ist für das Verständnis des Kapitels nicht unbedingt notwendig, wie ich finde, sondern die Tatsache, dass sich jemand selbst in einer solch selbstgefälligen Art so bezeichnet, spricht für sich.
Dass du den Erzählstil als zu rasant empfindest, wundert mich ein wenig, zumal alle deine Vorredner dem Text das genaue Gegenteil attestierten. Dass die Figuren zu blass bleiben, wurde schon erwähnt, und ist natürlich nicht gut.
Ich will übrigens keine persönliche, subjektive Stellungnahme zum "Establishment" propagieren. Der Roman ist als reine Fiktion zu sehen. Schon gar nicht sollen irgendwelche politischen Dogmen unterstützt werden.
Über die Perspektive habe ich mir übrigens auch einige Gedanken gemacht und mich letztlich für den Ich-Erzähler entschieden, um aus ihm die zweite Hauptrolle zu formen.

Bisher habe ich übrigens durchweg schlechte Kritiken erhalten, und ich werde mir alles später nochmal, wenn ich ein wenig mehr Abstand von der Geschichte habe, genau durchlesen. Es ist aber interessant zu sehen, dass die Geschichte trotzdem in unterschiedlicher Weise interpretiert wird: Du hältst den Stil für zu rasant, andere für zu langatmig.
In den folgenden Kapiteln wird dann Cervantes immer mehr in den Vordergrund rücken, der im Zentrum der Erzählung des Ich-Erzählers steht. Ich bin dir sehr dankbar, dass du nochmal einen Nachtrag hinzugefügt hast. Insbesondere kann ich deinen Wunsch zu einem "ruhigen und gleichmäßigen Fluss" nachvollziehen. Ich meine, dass ich mich diesem in den folgenden Kapiteln mehr annähere; es bleibt aber die Frage, ob das erste Kapitel dann nicht deplatziert ist. Ich werde mir da noch einige Gedanken machen müssen...

Vielen Dank für deine ausführliche Kritik!
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J. K.
Gänsefüßchen
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Beitrag15.09.2013 16:36

von J. K.
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Hallo Unbekannter,
keine Ursache. Ich möchte noch mal auf folgenden Teil deiner Antwort eingehen:

Zitat:
Ich bin mir nicht sicher, ob du vielleicht den Freidenker und den Ich-Erzähler verwechselt hast, da der Freidenker schließlich nicht viel trinkt. Die Bezeichnung "Freidenker" ist als selbstgewählte Bezeichnung von van Schiller zu verstehen, der sich damit von den "gewöhnlichen Menschen" abheben will. Was ein "Freidenker" genau ist, ist für das Verständnis des Kapitels nicht unbedingt notwendig, wie ich finde, sondern die Tatsache, dass sich jemand selbst in einer solch selbstgefälligen Art so bezeichnet, spricht für sich.


Zum Freidenker gäbe es nicht viel zu interpretieren. Dem gesellschaftlichen Konsens zur Folge verbirgt sich dahinter ein „gottloser Mensch“ im Sinne des Atheismus. Spielt die Geschichte nicht vor dem Ende des 17.Jahrhunderst ist der Atheismus keine so große Sache mehr, da die Scheiterhaufen zu dieser Zeit weitgehend erloschen.

Zitat:
Dass du den Erzählstil als zu rasant empfindest, wundert mich ein wenig, zumal alle deine Vorredner dem Text das genaue Gegenteil attestierten. Dass die Figuren zu blass bleiben, wurde schon erwähnt, und ist natürlich nicht gut.


Scheint, als verwechselst du Erzählstil mit Handlung. Die Handlung kommt nicht voran! Das ist vor allem dem Umstand geschuldet, dass nebensächliche Ereignisse, ohne erkennbaren Wert, extrem beleuchtet werden, ohne dass der Leser da einsteigen kann, weil er keine Vorstellung von den Figuren, der Zeit, den Orten des Geschehen usw. hat.
Die Geschwindigkeit des Erzählstiles ist etwas anderes und eher subjektiv. Sie hängt direkt von der Informationsfülle ab. Erwartet der Leser keine verwertbaren Informationen, liest er schneller, bis sich der Eindruck ändert. Informationsmangel oder das mangelnde Interesse der Leser an den gelieferten Informationen beschleunigt ihr Leseverhalten mit unterschiedlicher Wirkung.

Zitat:
Ich will übrigens keine persönliche, subjektive Stellungnahme zum "Establishment" propagieren. Der Roman ist als reine Fiktion zu sehen. Schon gar nicht sollen irgendwelche politischen Dogmen unterstützt werden.


Natürlich nicht! Mit der persönlichen Stellungnahme hab ich fehlformuliert. Der Bezug lag nicht auf dich, als Person, sondern eher auf einen Zeitgenossen insgesamt. Kern der Aussage. Zeitgenössische Denk- und Ausdrucksweisen passen nicht in eine Geschichte, die in einem vergangenen Jahrhundert spielt. Das war die gewollte Aussage.

Zitat:
Über die Perspektive habe ich mir übrigens auch einige Gedanken gemacht und mich letztlich für den Ich-Erzähler entschieden, um aus ihm die zweite Hauptrolle zu formen.


Jeder teilnehmende Erzähler ist Teil der Geschichte, und steht schon deshalb im Fokus der Leser. Und da keine teilnehmende Figur eine Geschichte gewöhnlich nicht ohne persönliche Entwicklung durchläuft, kommt ihm ein gewisses Maß Aufmerksamkeit zu. Bezüglich der Erzählsprache gäbe auch die Zeitspanne zu berücksichtigen, aus die der Erzähler auf die Ereignisse zurück blickt, um die Stimmungen mit angemessener Sprache einzufangen.

Bitte nicht schleppende Handlung mit zu rasant Erzählsprache verwechseln. Ein damals sechzigjähriger, der sich an ein Ereignis dermaßen klar erinnert, dass er es für erzählwürdig hält, wird mit einem größeren Sprachschatz und einigen Emotionen dabei sein – dagegen könnte ein junger Mann über ein einjähriges Zeitloch leichter hinweg erzählen, käme aber um den seinerzeit üblichen Sprachgebrauch auch nicht herum. Sämtliche Infos zum ersten Bildaufbau sind übrigens eine Bringschuld des Autors, und zwar innerhalb der ersten Seiten, ansonsten bleiben die Leser vergleichbar anteilnahmslos, wie sie es gewöhnlich bei eine vergleichbar nüchternen Zeitungsmeldung bleiben. Meine Schlussempfehlung: Stell ihnen die Hauptfigur, die Örtlichkeiten, Zeit und Umstände vor, damit das Kopfkino startet, sonsten riskierst du, dass sie das nächste Kapitel nicht lesen möchten.

In diesem Sinne, frohes Schaffen!

J. K.
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