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Kateli
Eselsohr
 Alter: 47 Beiträge: 256 Wohnort: D-Süd
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 24.09.2013 20:00 Der Spinner von nebenan von Kateli
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Der Spinner von nebenan
Heute Spätdienst, morgen früh.
Abends stecke ich sie ins Bett, die alten Leute, und morgens hole ich sie wieder raus, als wäre ich in der Drehtür hängen geblieben.
Nur noch eine Stunde.
Kreischend zieht eine Möwe ihre Kreise unter einem Himmel, der wolkenverhangen ist und so trüb wie meine Stimmung. Der Wind zaust mir das Haar. Ich werde noch bis abends salzige Lippen haben und die Reste vom Watt noch immer an den Stiefeln, wenn ich von der Arbeit nach Hause komme.
Vor einer gestrandeten Qualle bleibe ich stehen. Ein regloser Klumpen, traurig. Ob sie noch lebt? Auf meinen Stiefelstups reagiert sie nicht. Sie ist fester, als ich erwartet hatte.
Ein Typ mit Lenkdrachen beobachtet mich. Erst, als mir die bunten Buttons ins Auge fallen, geht mir auf, dass es mein Nachbar ist. Wie ich das vorher übersehen konnte, die Camouflage-Hose und seine vollgepinnte Jeansweste, ist mir ein Rätsel. Schräges Outfit. Schräger Typ.
Ich lehne mich gegen den Wind und stapfe an ihm vorbei.
„Zombies just want hugs“ steht auf dem größten seiner Buttons.
Das Bett hat ein Gitter und der Stuhl ein Loch in der Sitzfläche.
„Marlies, bist du das?“
Nein, bin ich nicht. Die alte Frau hat ihre Tochter längst überlebt.
Ihre Stimme verrät, dass die Panik sich einmal mehr leise an sie heranschleicht.
„Marlies? Du hast es versprochen! Du weißt, ich ertrage keine Fremden ...“
Ich greife die faltige Hand aus der Luft, wo sie verzweifelt nach Halt sucht, drücke sie und sage:
„Schh, Mutter. Ich bin ja da.“
Wer bin ich, zu entscheiden, welche Wahrheit für einen Menschen die beste ist?
Ich helfe ihr aus dem Stuhl ins Bett, decke sie zu und knipse das Licht aus. In zweieinhalb Minuten, die ich nicht habe, singe ich leise das Schlaflied, das sie so gerne hat. Sie streicht mir über die Wange.
„Gute Nacht, Marlies.“
Im Türrahmen steht mit verkrampftem Kiefer die Stationsleiterin.
Schon wieder eine Verwarnung.
Noch nie im Leben habe ich Buttons gekauft.
Und noch nie bei meinem durchgeknallten Nachbarn geklingelt.
Erst beim zweiten Mal macht er auf. Auf seiner Brust prangt ein orangefarbenes „Fuck off“.
„Was“, brummt er und schiebt den Kopfhörer nach hinten, bevor er hochschaut und sieht, das ich es bin. Was immer das für einen Unterschied macht.
Doch jetzt grinst er zaghaft, und seine Grübchen wollen so gar nicht zu der Ansage auf seiner Jeansweste passen.
Ich strecke ihm das Paket hin.
„Du warst nicht da“, sage ich sehr geistreich, während die Buttons meine Hosentasche ausbeulen. Grün und pink sind sie, und vergleichsweise freundlich, mit „LoL“ und „Trust me, I‘m a Jedi“. Ich werde einen Teufel tun und sie da rausholen.
„Danke.“
Verlegen wischt er sich die Finger an der Hose ab, bevor er mir das Paket abnimmt.
„Ja, dann“, murmle ich, klappe die Hand nach oben zum Abschied und will mich gerade vom Acker machen, als er mich zurückhält.
„Warte. Magst du …vielleicht kurz reinkommen?“
Ich sehe, dass er sich überwinden muss. Als würde er nicht so oft sprechen. Oder nicht so oft mit Frauen. Ich zögere.
„Wir wohnen immerhin nebeneinander und haben noch nie …“, hilflos zuckt er mit den Schultern.
Ist vielleicht keine gute Idee. Ich habe ein bisschen Angst, dass er wirklich nicht richtig tickt, aber das kann ich ihm wohl schlecht sagen.
Seine Wohnung besteht aus einem einzigen Raum wie meine, nur, dass sein Bett aus einem Meer von Zigarettenqualm ragt wie aus den Nebeln von Avalon. Er öffnet die Tür zum Balkon, und die Schwaden lichten sich ein bisschen. Bücher und Zeitschriften liegen verstreut herum, eine E-Gitarre und Unmengen Buttons für jede Lebenslage.
„Setz dich doch.“
Ich sinke auf die Bettkante. Die einzige Alternative wäre der Boden.
„Ich hab‘ was für dich“, höre ich mich in die Verlegenheitspause hinein sagen.
Seine Augen sind groß vor Erstaunen. Sie haben eine undefinierbare, changierende Farbe, die schwer zu fassen und kaum zu beschreiben ist. Eine konstante Unbekannte.
Während er die Weste auszieht und so auf den Boden legt, dass das „Fuck off“ nicht mehr zu sehen ist, lässt er mich nicht aus den Augen.
„Für mich?“, fragt er nach, und ich fühle mich genötigt, eine Erklärung abzugeben.
„Ich hab‘ an dich gedacht, weißt du“, beginne ich und stocke. Es entspricht genau der Wahrheit, aber jetzt, wo die Worte einmal heraus sind und auf Qualmwolken gut sichtbar durchs Zimmer dümpeln, bedeuten sie mit einem Mal was Anderes als zuvor in meinem Kopf.
„Die hatte ich noch in einer alten Schultasche“ kommt mir glatt von den Lippen und tut kein bisschen weh. Ich krame die Buttons heraus und strecke sie ihm hin.
„…“, macht er. Das heißt, er öffnet den Mund, aber es kommt nichts heraus.
Dann grinst er und sagt: „Ich steh auf Jedis“ und deutet auf ein Star-Wars-Filmplakat an der Wand.
Ich entspanne mich ein wenig und grinse zurück. Eigentlich wirkt er ganz normal. Nett.
So grinsen wir uns an, einen Hauch unverkrampfter als zuvor.
Plötzlich fällt ihm anscheinend etwas ein. Er greift nach seinem Laptop, klappt ihn auf, aufgeregt wie ein kleines Kind.
„Ich hab auch was für dich!“
Die Geschwindigkeit seiner Finger auf den Tasten ist mir unheimlich. Was hat er vor? „YouTube“, flüstert er. Es hört sich an wie „Sesam öffne dich“.
Quallen!
So etwas Schönes habe ich noch nie gesehen. Anmutig, mit wunderbaren bunten Zeichnungen schweben sie durch den Ozean, pulsieren, leuchten, die filigranen Tentakel hinter sich herziehend wie glitzernde Schweife.
Der Film ist viel zu kurz.
„Du hast mich erkannt, dort am Strand?“
Er deutet mit einem Kopfnicken auf den Lenkdrachen, der zusammengefaltet in der Ecke lehnt.
„Hm. Du hast das Ding da am Boden betrachtet, und irgendwie fand ich, ihr seid euch ähnlich.“
„Du meinst, ich sah aus wie ein schwabbeliger Haufen?“, scherze ich halbherzig.
„Nein. Wie aus dem Zusammenhang gerissen. Irgendwie – im falschen Element.“
„Im falschen Film“, ergänze ich, verunsichert von dem fremdartigen Gefühl, verstanden zu werden.
„Genau.“
Sein Lachen ist warm, und die folgende Stille hat etwas Fruchtbares.
Ich beschließe, noch ein Weilchen zu bleiben.
„Warum willst du das wissen?“
Ich mag nicht darüber nachdenken, darum schinde ich Zeit.
Vielleicht will ich es auch nur selbst nicht wissen. Ob es so ist, wie ich es mir vorgestellt habe. Dieser Job. Dieses Leben.
„Man hinterfragt die Frage, wenn einem die Antwort nicht schmeckt“, sagt er, und ich frage mich, ob das auf einem seiner Buttons steht.
„Oder“, meine Stimme klingt trotzig, „man mag die Frage einfach nicht, weil sie wie auf Schienen auf eine bestimmte Antwort zufährt.“
„Dann ist die Antwort vielleicht nicht für den gedacht, der gefragt hat.“
„Du musst aus dem Zug springen“, sagt er später. Viel später. Im Kerzenschein sind seine Augen gesprenkelt wie Leopardenfell.
„Spinnst du?“
Zweifelnd beobachte ich, wie er die leere Weinflasche zu der anderen auf den Bettrahmen stellt, die wir geöffnet haben, als es draußen noch hell war. Mit der anderen Hand massiert er seinen Fuß, der vom langen Sitzen im Schneidersitz wohl eingeschlafen ist.
„Ganz im Ernst. Spring aus dem Zug. Und dann rennst du quer über die Gleise. Über alle, auch wenn sie aussehen, als wären sie anders – sie führen doch alle parallel in dieselbe verkehrte Richtung.“
„Ich kann nicht aus dem Zug springen. Er ist viel zu schnell.“
„Das ist er nur, weil du ihn dafür hältst.“
Mir dreht sich der Kopf.
„Und wenn ich stolpere?“
„Dann stehst du wieder auf. Und dann, wenn du genügend Luft zwischen dich und die Gleise gebracht hast, dann schaust du zurück. Dann kannst du vielleicht erkennen, ob du es so gemacht hast, wie du wolltest. Und welche anderen Wege du womöglich übersehen hast.“
Jetzt bin ich mir sicher. Er spinnt tatsächlich.
Als er mir zum Abschied einen Button in die Hand drückt, blinzelt schon die Sonne durch die Rollladen-Schlitze.
Wie lange ist das her, ein paar Wochen?
Ich ziehe die Tür hinter mir zu. Im Büro der Stationsleitung ist dicke Luft, und das hat ziemlich direkt mit mir zu tun und mit dem Zulassungsbescheid in meiner Handtasche.
Und ein bisschen vielleicht auch mit dem Button an meinem T-Shirt, der jedem, der hinschaut, freundlich empfiehlt: „Folge dem weißen Kaninchen …“
Weitere Werke von Kateli:
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Kara
Eselsohr
K Alter: 46 Beiträge: 294
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K 25.09.2013 10:06
von Kara
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Erster Eindruck : gefällt mir. Solide geschrieben. Habe nichts auszusetzten, das gewisse Etwas fehlt mir persönlich, aber das ist sicherlich Geschmackssache. Werde Federn, wenn ich alle Texte gelesen habe,
lieben Gruß, Kara
_________________ ...nur wer sich bewegt, bewegt auch was...
... Gras wächst auch nicht schneller, wenn man dran zieht... |
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lady-in-black Bitte nicht füttern

Beiträge: 1475 Wohnort: Killer Förde
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 25.09.2013 12:58
von lady-in-black
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Moin,
dies ist ein Ichwillerstmalnurdiebewertungsfedernfreischaltenkommentar.
Später vielleicht noch einmal mehr.
_________________ - Ich würde mich gerne geistig mit Dir duellieren ... aber ich sehe Du bist leider unbewaffnet.
- Nein, Stil ist nicht das Ende vom Besen.
- Ich spreche fließend ironisch, auch im sarkastischen Dialekt. |
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Lapidar
Exposéadler
 Alter: 61 Beiträge: 2689 Wohnort: in der Diaspora
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 26.09.2013 19:03
von Lapidar
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Gefällt mir sehr gut. Die Story kann ich nachvollziehen. Ich finde, dass das Thema auch gut umgesetzt worden ist. Wobei ich zwar am Schluss weiß, dass die Prota die für sich richtige Entscheidung getroffen hat, aber leider nicht genau weiß welche, weil ich nicht weiß was dieser Zulassungsschein bedeutet.
Ich möchte auch so einen Button.
_________________ "Dem Bruder des Schwagers seine Schwester und von der der Onkel dessen Nichte Bogenschützin Lapidar" Kiara
If you can't say something nice... don't say anything at all. Anonym. |
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anuphti
Trostkeks
 Alter: 58 Beiträge: 4300 Wohnort: Isarstrand
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 26.09.2013 20:23
von anuphti
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Das Gleisbild ist eher das übliche. Aus dem Alltag, bzw. dem alltäglichen Leben ausbrechen und etwas radikal anderes tun. Hinterfragen, ob es wirklich nur den einen Zug gibt.
Soweit so gut.
Wahrheit im Kontext mit Alzheimer, bzw. Senilität und dem Verlust des Gedächtnisses zu thematisieren ist hier im Wettbewerb richtig originell. Und die Umsetzung der Geschichte mit dem Spinner, der Qualle und den Buttons hat mich begeistert.
Für mich bisher 8 Federn. Das kann sich aber im Vergleich noch nach oben oder unten ändern.
Sehr gerne gelesen!!!
LG
Nuff
_________________ Pronomen: sie/ihr
Learn from the mistakes of others. You don´t live long enough to make all of them yourself. (Eleanor Roosevelt)
You don´t have to fight to live as you wish; live as you wish and pay whatever price is required. (Richard Bach) |
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firstoffertio
Show-don't-Tellefant

Beiträge: 5857 Wohnort: Irland
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 26.09.2013 23:33
von firstoffertio
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Das ist eine nette Geschichte. Vielleicht ein bisschen zu nett, frage ich mich.
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KeTam
Ungeduld
 Alter: 48 Beiträge: 4954
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 27.09.2013 09:54
von KeTam
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Ich find die Geschichte ganz nett, aber leider halt nichts Besonderes.
Irgendwie hab ich so was in der Art schon zu oft gelesen, oder gesehen.
Sie überwindet sich, lernt den schrägen Typ kennen und sieht, dass er eigentlich nett ist und er bringt ihr sogar noch was übers Leben bei.
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ash_p
Wortedrechsler
 Alter: 35 Beiträge: 51 Wohnort: Berlin
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 28.09.2013 17:22
von ash_p
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Dieser Text zeigt mir mal wieder, wie schwer es doch den meisten Menschen fällt, zu anderen Menschen, die irgendwie anders sind Kontakt aufzunehmen. Wir sind alle zu sehr von Äußerlichkeiten beeinflußbar.
Ja der Schritt auf einen anderen Menschen zu kann auch ein Schritt auf die Gleise sein, der dann dazu führt, dass man quer über diese läuft. Ein Schritt auf einen anderen Menschen zu kann unser Leben verändern, wie diese Geschichte recht einleuchtend zeigt.
_________________ Im Herzen haben wir alle unsere eigene kleine Welt. |
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hobbes
Tretbootliteratin
 Moderatorin
Beiträge: 4131
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 29.09.2013 00:02
von hobbes
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Das ist mal eine Geschichte, wie ich sie mag. Figuren, wie ich sie mag. Der leicht melancholischer Unterton. Humor. Sich mit dem Wichtigsten zufrieden geben.
...
Also zumindest die erste Hälfte.
Mit der zweiten bin ich schon nicht mehr so zufrieden. Also schon noch, aber die Begeisterung lässt nach.
Der Spinner, der Wahrheit parat hat. Oder zumindest Antworten auf wichtige Fragen. Das ist fast schon ein Klischee. Wenn auch ein interessantes. Und ich weiß nicht, würde er wirklich so über Züge/Gleise reden?
Hm.
Vielleicht geht mir das auch nur zu schnell. Aber was sollte auch dazwischen kommen? Nein, das ist es auch nicht.
Vielleicht komme ich ja beim nächsten Lesen noch dahinter.
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adelbo
Reißwolf

Beiträge: 1830 Wohnort: Im heiligen Hafen
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 29.09.2013 16:53
von adelbo
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Hallo Inko,
eine nette Geschichte über Vorurteile. Ich finde nur, dass der Ausspruch von Thomas Bernhard nicht zum Tragen kommt und das Thema für die Geschichte eher lauten könnte, du musst es nur wagen.
Gut, sinnbildlich könnte man auch quer über die Gleise anwenden.
Der vermeintliche Spinner, entpuppt sich als toller Typ, der dazu verhilft die richtige Entscheidung zu treffen.
Gut geschrieben und schön zu lesen.
LG
adelbo
_________________ „Das ist der ganze Jammer: Die Dummen sind so sicher und die Gescheiten so voller Zweifel.“
Bertrand Russell |
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Akiragirl
Dünnhäuterin
 Alter: 33 Beiträge: 3635 Wohnort: Leipzig
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 29.09.2013 18:18
von Akiragirl
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Hallo Inko,
es hat mir Spaß gemacht, deinen Text zu lesen; du schreibst sehr sicher und die Sätze haben einen angenehmen „Fluss“, d.h. man stolpert nicht, man stockt nicht, man gleitet einfach durch den Text. Ich mochte auch einige der verarbeiteten Ideen sehr gerne, z.B. das Bild mit den Quallen oder der Zombie-Button. Die Geschichte und auch ihren Figuren wirkten auf mich lebendig und so konnte ich ihnen gern in ihren Handlungen und Gefühlen folgen.
Jetzt kommt das aber: Für einen Wettbewerb der E-Literatur ist mir das zu wenig. In jedem anderen Wettbewerb hätte der Text sicherlich eine hohe Bewertung von mir bekommen, weil wie gesagt handwerklich alles gut ist und der Text so funktioniert, wie er soll (denk ich mal). Ich sehe nur nicht, wo hier irgendeine Art von experimentellem Ansatz zu finden sein soll; irgendetwas Kontroverses/Kritisches, etwas „gegen den Strich“-Gebürstetes. Der angebliche Spinner ist eigentlich gar keiner; das „Spinner“-Sein bezieht sich nur auf sein Äußeres (Klamotten, Buttons) – abgesehen davon ist er eigentlich total normal und nett. Der Konflikt im Pflegeheim/Krankenhaus ist recht plakativ – er funktioniert auf einer emotionalen Ebene gut, aber es fühlt sich halt wie ganz typische U für mich an; diese Art der Herangehensweise.
Die Themenverarbeitung war für mich so lala. „Quer über die Gleise“, okay – es geht ja darum, dass sie eben auch ihrem gewohnten Alltag ausbricht und etwas Neues wagt. Da kann ich mitgehen. Aber das Bernhard-Zitat wird eigentlich nur nebenbei eingeflochten, in den Dialog zwischen den beiden. D.h. es wird zwar erwähnt, aber es ist nicht wirklich Thema der Geschichte; die Geschichte setzt sich imho nicht damit auseinander.
Aus diesen Gründen muss ich der Geschichte ein paar Federn abziehen, denn der Sinn des Wettbewerbs sollte es ja eigentlich sein, etwas zu wagen, etwas anders zu machen – und das tut dieser Text in meinen Augen einfach nicht.
Daher 5 Federn.
Liebe Grüße
Anne
_________________ "Man bereut nicht, was man getan hat, sondern das, was man nicht getan hat." (Mark Aurel) |
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gold
Papiertiger
 Alter: 70 Beiträge: 4859 Wohnort: unter Wasser
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 30.09.2013 19:05
von gold
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hallo Inko,
Zitat: | Abends stecke ich sie ins Bett, die alten Leute, und morgens hole ich sie wieder raus, als wäre ich in der Drehtür hängen geblieben.
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der Vergleich gefällt mir.
Zitat: | Kreischend zieht eine Möwe ihre Kreise unter einem Himmel, der wolkenverhangen ist und so trüb wie meine Stimmung. |
gute Beschreibung.
Zitat: | „Ja, dann“, murmle ich, klappe die Hand nach oben zum Abschied |
wie geht das? Kann ich mir nicht vorstellen!
Zitat: | aber jetzt, wo die Worte einmal heraus sind und auf Qualmwolken gut sichtbar durchs Zimmer dümpeln, |
gute Beschreibung!
Zitat: | Anmutig, mit wunderbaren bunten Zeichnungen schweben sie durch den Ozean, pulsieren, leuchten, die filigranen Tentakel hinter sich herziehend wie glitzernde Schweife. |
klasse!
Mir wurde nicht klar, warum die Prota ihren Nachbarn besucht und ihm auch noch etwas schenkt, wenn sie ihn so negativ sieht.
lg gold
_________________ es sind die Krähen
die zetern
in wogenden Zedern
Make Tofu Not War (Goshka Macuga)
Es dauert lange, bis man jung wird. (Pablo Picasso) |
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Herbert Blaser
Eselsohr
 Alter: 58 Beiträge: 314 Wohnort: Basel
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 01.10.2013 16:02
von Herbert Blaser
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Die Geschichte gefällt mir sehr gut. Wenn man aus dem Zusammenhang gerissen ist, kann ein Spinner lebensrettend sein. Details wie die Buttons oder die Qualle sind aussagestark eingesetzt.
_________________ Wie haben wir den Mut in einer Welt zu leben, in der die Liebe durch eine Lüge provoziert wird, die aus dem Bedürfnis besteht, unsere Leiden von denen mildern zu lassen, die uns zum Leiden brachten?
Marcel Proust |
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Kara
Eselsohr
K Alter: 46 Beiträge: 294
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K 02.10.2013 09:41
von Kara
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Hallo Inko.
Nun habe ich alle Texte mehrmals gelesen und setzte sie in den direkten Vergleich zueinander. Leider sagen mir andere Texte mehr zu als Deiner, wie schon erwähnt, fehlt mir irgendwie die zweite Ebene, das Mitdenkenmüssen oder vielleicht auch das Extreme, das etwas "Anderssein", welches Deinen Text hervorhebt aus der Masse.
Lieben Gruß, Kara
_________________ ...nur wer sich bewegt, bewegt auch was...
... Gras wächst auch nicht schneller, wenn man dran zieht... |
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holg
Exposéadler
 Moderator
Beiträge: 2365 Wohnort: knapp rechts von links
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 02.10.2013 12:10
von holg
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Schöne, warmherzige Geschichte über zwei, die was sagen, was tun und etwas ganz anderes meinen, was aber nicht schlimm ist, weil sie sich verstehen.
holg
_________________ Why so testerical? |
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Bawali
Klammeraffe
 Alter: 79 Beiträge: 538 Wohnort: Wettingen, Schweiz
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 02.10.2013 12:23
von Bawali
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Nachdem ich alle Beiträge aufmerksam durchgelesen habe, gibt es nun zu jedem eine kurze Anmerkung und eine erste vorläufige Einstufung. Aus meiner natürlich subjektiven Sicht stützt sich meine Einschätzung auf Aussage, Verständlichkeit, Schreibstil und das Handwerkliche des Textes sowie natürlich darauf, ob und wie gut Thema und Zitat umgesetzt wurden.
Leider sind nach meinem Geschmack und Empfinden sowohl das Thema wie das Zitat etwas schwach eingearbeitet, womit der eigentlich gut geschriebene Text in seiner Aussage zu wünschen übrig lässt.
Die Befederung setze ich im mittleren Drittel an. Die endgültige Federnzahl werde ich erst nach einem weiteren Durchgang, quer über alle Texte vergleichend, setzen.
_________________ Ein Freund ist ein Mensch der dich mag, auch wenn er dich kennt. (frei nach Elbert G. Hubbard) |
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Gast
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02.10.2013 13:31
von Gast
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Hallo
Eine richtig schöne Geschichte, eine Rückblende, erzählt in der ersten Person Präsens, ohne viel Experimente, aber sicher geschrieben (wenn man von dem absieht, was ich im ersten Satz als direkt ausbremsenden Schnitzer empfunden habe: "morgen früh" - da passt etwas nicht?), Auslassungen gekonnt "eingesetzt" - man könnte sagen, der Autor kommt ohne sprachliche Höhenflüge aus, die Einfachheit, oder sollte ich sagen Schlichtheit? macht die Geschichte aus.
Wahrheit und Verfälschung - anekdotenhaft sind Variationen dazu in die Geschichte eingeflochten, es ist alles dran und die Geschichte endet auf einer hoffnungsvollen Note und in einem Neubeginn.
Lorraine
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Mardii Stiefmütterle
 Alter: 64 Beiträge: 1775
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 02.10.2013 16:55
von Mardii
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Sprachlich gibt es zwei Tendenzen: der Hang, zu verundeutlichen, was gemeint ist:
Zitat: | Ihre Stimme verrät, dass die Panik sich einmal mehr leise an sie heran schleicht. |
Was wohl „wieder einmal“ bedeutet.
Zum anderen ist die Sprache sehr klar und umreißt mit wenigen Worten ganze Zusammenhänge, wie in den einleitenden Sätzen:
Zitat: |
Heute Spätdienst, morgen früh.
Abends stecke ich sie ins Bett, die alten Leute, und morgens hole ich sie wieder raus, als wäre ich in einer Drehtür hängen geblieben. |
Das drückt sehr gut die Mechanisierung der Arbeitsabläufe und den Frust der Erzählerin darüber aus, kontrastiert zur folgenden Szene am Strand und wird später, in dem Beispiel der verwirrten Frau, konkretisiert.
Vielleicht beschreibt der Text den Prozess einer Entscheidungsfindung. Eine unbeteiligte Person (der Nachbar) wird zum persönlichen Berater und Entscheidungsfinder. Dabei treffen zwei verschiedene Lebenswelten aufeinander, die für kurze Zeit eine Schnittmenge bilden. Man kann ahnen, dass sich daraus eine Freundschaft entwickelt.
Vielleicht steht hinter dem Text die Wahrheit, dass einem fremde und am eigenen Lebensgeschehen unbeteiligte Personen manchmal klarer beurteilen und helfen können, als die Nahestehenden.
_________________ `bin ein herzen´s gutes stück blech was halt gerne ein edelmetall wäre´
Ridickully |
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Lupo
Eselsohr

Beiträge: 364 Wohnort: Pegnesien
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 03.10.2013 09:01 Alice next door von Lupo
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Dementen Schutzbefohlenen zu erzählen, was sie hören wollen, bewegt sich jenseits der Bernhardschen Geistreichelei. Dieser Vorspann führt mich locker zu den Beliebigkeiten gesellschaftlicher Freundlichkeit. Die unterschiedlichen Wahrnehmungen der beiden Figuren halte ich für treffend skizziert. Angenehm für mich das Auslassen stereotyper Episoden! Die sprachlichen Schnellschüsse sind angesichts der gehaltvollen Handlung leicht nachzubessern.
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finis Klammeraffe
F
Beiträge: 577 Wohnort: zurück
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F 03.10.2013 14:59
von finis
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Hallo,
Das Leben ändern. Akzeptieren von sogenannter "Verrücktheit". Hinterfragen der Muster. Starke Impulse, ohne dass es appellierend wird oder man als Leser den Eindruck hat, überrollt oder belehrt zu werden.
Habe ich sehr gern gelesen.
Lieben Gruß
finis
Nachtrag: Die Buttons sind toll,... nein: COOL!
_________________ "Mir fehlt ein Wort." (Kurt Tucholsky) |
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Amaryllis
Forenschmetterling
 Alter: 38 Beiträge: 1383
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 03.10.2013 15:58
von Amaryllis
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Liebe/r Inko,
vorab noch ein paar Worte: Ich persönlich sehe mich nicht als E-Literatur-Expertin, weder in schreibender noch in lesender Form, also nimm es mir bitte nicht übel, sollte ich nicht alles so verstanden haben, wie es vielleicht gemeint war. Zudem habe ich unter einem relativ hohen Zeitdruck gelesen und kommentiert, meine Obergrenze, einen Text zu lesen, lag also bei zwei Lektüredurchgängen.
So, jetzt aber zum Text:
Leider kann ich zu deinem Text nicht viel sagen. Ich habe nichts daran auszusetzen. Ich finde, du hast die Vorgaben gut umgesetzt, gut, der Zugvergleich ist vielleicht ein bisschen plakativ, aber ich habe es ziemlich ähnlich gemacht Du schreibst flüssig, deine Prota ist sympathisch, man fühlt mit ihr mit. Schön finde ich auch, dass du die Romanze nur sehr zart andeutest, ebenso wie die Frage, wofür sie sich jetzt eigentlich entschieden hat. Ich tippe ja auf Biologie-Studium oder so.
Nein, wirklich sehr gerne gelesen. Außerdem mag ich schöne, hoffnungsvolle Enden.
Meine Bewertung erfolgt, sobald ich alle Texte kommentiert habe.
Alles Liebe,
Ama
_________________ Mein Leben ist ein Scherbenhaufen...
Aber ich bin der Fakir. |
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wonderland Eselsohr
 Alter: 58 Beiträge: 201 Wohnort: bei Giessen, Hessen
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 03.10.2013 16:28
von wonderland
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Tolle Geschichte, finde ich. Originell, lebendig, gut geschrieben, das Thema fügt sich ganz gut und unauffällig in die Geschichte.
8 Federn von mir
_________________ Denk selbst |
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