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Herbert Blaser Eselsohr
Alter: 58 Beiträge: 313 Wohnort: Basel
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24.09.2013 20:00 Wir waren dabei - Kultur in Allerseelen von Herbert Blaser
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An einem Freitagabend im November vergangenen Jahres haben sich die Kulturinteressierten von Allerseelen im Hotel „Zu den drei Königen“ versammelt, um Ratnovskis Premiere beizuwohnen. Er ließ im ganzen Hotel spielen, im Innenhof und auf dem Parkplatz. Das Publikum folgte den Szenen um und durchs Gebäude. Die Truppe versuchte sich an Dürrenmatts ‚Besuch der alten Dame’ und Güllen war plötzlich überall, stand der Prunk des Vorzeigehotels im Gegensatz zu den bisherigen Produktionen des Impresarios. Ein Beobachter konnte sich zur Meinung gedrängt sehen, der ausgefallene Aufführungsort würde nur dem Standortmarketing dienen. Nicht der künstlerischen Notwendigkeit. Tatsächlich war das Luxushotel Hauptsponsor der Inszenierung. Eine Gazette titelte im Voraus: ‚Ausverkauf der Kultur – Der Große Kniefall des Ratnovski’.
Und tatsächlich wusste man in der Szene, dass der alte Mann des Theaters nicht mehr gut bei Kasse war und in Allerseelen wurden dies und das gemunkelt. Zudem konnten alle bestätigen, dass Kunst und Geld in einer schwierigen Beziehung zueinander standen und mit den Finanzen oft auch die guten Ideen ausgingen. Nichts desto Trotz feierte man die Aufführung und nach dem letzten Applaus trafen sich die Gäste, die Presse und Ratnvoskis Truppe im dekorierten Foyer. Silbergedeck und Kristallleuchter funkelten um die Wette.
„Er ist ein schlauer Fuchs“, wusste Hans Krömer zu berichten. Sein Gegenüber mochte von einem Lokalblatt gesandt worden sein, jedenfalls machte er sich Notizen. „Er hat immer einen nächsten Plan und verblüfft uns mit seinen Ideen. Ich bin stolz und glücklich, dass er mich für seine Inszenierungen auswählt.“ Hans Krömer hatte eben noch Alfred Ill gespielt, nun bestätigte er dem Schreiberling wortreich, dass er das auch gerne getan habe.
„Ist er nicht schwer verschuldet?“, fragte der Pressemensch platt.
„Und wenn auch“, lachte Krömer. „Wir kriegen unsere Gage meistens rechtzeitig und Probleme hat er nur mit Institutionen. Er ist eben durch und durch Theatermann. Er gibt nie auf. Ich spiele seit zwanzig Jahren immer wieder für ihn und weiss, wie er tickt. Er ist ganz wunderbar. Auf der alten Bühne hatte wir keine Zuschauer mehr; aber hier im Hotel sieht es schon wieder anders aus!“
„Dass er sich nicht mit einfacheren Inszenierungen begnügen kann!“, tönte eine Frauenstimme an dem metallverzierten Tresen der Bar. „Weniger wäre mehr, sage ich immer wieder.“ Es war die Frau des Kulturbeauftragten, die so sprach. Sie führte das Champagnerglas zum Mund und nippte. Ihre Kolleginnen lächelten. Und nickten bestätigend. „Ihm fehlt das Talent zum Großen. Ratnovski will immer zu viel.“
„Das ist mir auch aufgefallen“, bestätigte eine Frau mit Zobeljacke. „ Und jetzt dieses Projekt auf dem Messegelände, habt ihr davon gelesen? Mein Mann will nicht darüber reden, obwohl er im Verwaltungsrat sitzt! Der Fantast ließ für das Musical eine ganze Halle umbauen. Bühne, Licht- und Tonanlagen, Zuschauerränge – einfach alles.“
„Ich sage schlicht, ihm ist das Theater in den Kopf gestiegen. Basta.“ Die Wortführerin nippte wieder am Glas und die schweren Goldarmreife klapperten wie Messing. „Trotzdem ist es wichtig, solche Menschen zu unterstützen. Kleinkunst ist der Boden etablierter Künste, sagt mein Mann immer. Aber Ratnovski steuert seine Schauspieler aufs Sozialamt. Das Vertrauen im städtischen Kulturfonds sei dahin, sagt mein Mann. Das ist leider wahr. Aber uns persönlich spielt das keine Rolle und wir sehen uns seine Aufführungen gerne an. Geld darf bei Kultur keine Rolle spielen, sagt mein Mann immer. Sonst ist sie tot!“
Wieder redete die Zobeljacke: „ Mir hat der Schauspieler Krömer persönlich erzählt, wie schlimm es um die Gagen stehen würde. Der Vollzugsbeamte wird bald herbeigezogen, sage ich. Trotzdem – die Aufführung war gut! Und das Hotel ist einfach wundervoll!“ Die Bestätigungen aus der Frauenrunde klangen wie das Gurren von Tauben.
Zwei Wochen später telefonierte der Messeleiter mit dem Kulturbeauftragten:
„Klaus, ich habe mit den Amerikanern gesprochen und wir werden uns einig.“
„Wie sieht eure Einigung aus?“
„Allerseelen wird Ratnovsky keine Bewilligung für das Phantom geben, wenn er nicht zuerst die ausstehenden Schulden aus den Billettsteuern bezahlt. Das sind immerhin 300'000 Euro. Er hat seit Jahren nicht abgerechnet. Die Company sagt, dass sie Ratnovskis Vertrag künden und damit unsere direkten Partner werden. Das hat für die sogar den Vorteil, dass sie seine Gewinnbeteiligung nicht mehr auszahlen müssen. Die Premiere des Phantoms kann so termingerecht über die Bühne gehen und der Schaden wäre behoben.“
„ In Gottes Namen, ich sehe auch keine andere Möglichkeit. Ratnovsky hat es sich selber verscherzt. Ich habe ihm oft genug gesagt, wie wichtig diese Billettsteuer sei und dass er die Forderungen ernst nehmen soll. Nun gut, es wird ihm eine Lehre sein. Seine nächste Inszenierung kann dann wieder auf einer normalen Bühne stattfinden. Meine Frau fand ‚Den Besuch der alten Dame’ gut, sagte aber, die Stimmung im Hotel hätte nicht zur Aufmachung des Stücks gepasst. Fünf Sterne und Dürrenmatts Sozialkritik würden nicht einwandfrei zusammen harmonieren. Man solle diese Gesellschaftsgrössen nicht mischen. Ich weiss auch nicht, was ihn treibt.“
„Meine Frau erzählte mir am nächsten Morgen, der Höhepunkt des Abends wäre die Bar gewesen.“
Dann, in einer Dezembernacht, stapfte eine Gestalt auf dem Schotter der Bahngleise von Allerseelen Richtung Irgendwo. Schneeflocken stiebten. Der Lokomotivführer gab später zu Protokoll, dass eine Gestalt quer über die Gleise gestolpert sei und er nicht mehr rechtzeitig bremsen konnte. Ratnovskis Körper fand man zerschmettert im Bahngraben.
„Vielleicht hat er sich verlaufen. Vermutlich war er auf einem seiner Spaziergänge. Wenn er Selbstmord begehen wollte, wäre er doch nicht quer über die Gleise gegangen“, mutmaßte die Frau vom Kulturbeauftragten. Die Zeitung sprach vom unfassbaren Tod des größten Talents, welches Allerseelen hervorgebracht habe. Ein wahrer Künstler und Sohn der Stadt sei dahingeschieden. Warum, das sei allerdings ein Rätsel. Der Verwaltungspräsident des Messegeländes gab in einem Interview bekannt, dass sie eine Lösung für das Problem mit dem Musical „Das Phantom der Oper“ gefunden hätten und Ratnovski schon vor Wochen beruhigt sein konnte, dass sich der Vorhang öffnen würde. ‚Warum hast Du uns verlassen?’, fragte der Titel vom Kulturmagazin.
Im Monat März strich die amerikanische Produzentenfirma die restlichen Aufführungsdaten des ‚Phantoms’. Die Produktion floppte. Um ihren Schaden schmal zu halten, wurden die technischen Anlagen der Musicalhalle abgebaut und weggeschafft. In Allerseelen gab es keinen Vertragspartner mehr, der das Ganze hätte stoppen können. Allerseelen starrte in eine leere Halle und in ein Finanzloch von mehreren Millionen Euros. Messeverwaltung und Kulturfonds schoben sich gegenseitig die Verantwortung zu, schlussendlich einigte sich die Stadtpolitik darauf, dass sie die Halle wieder herrichten und mit Gastproduktionen beleben wollte. Im gleichen Zug machte der Chef des Kulturfonds den Vorstoß, endlich das veraltete Gesetz über die verhasste Billettsteuer abzuschaffen, weil sie den Kulturbetrieb unnötig belasten würde.
An der Einweihungsfeier für die neue Mehrzweckhalle mit Bühne hielt der Kulturbeauftragte eine Rede: „Wir freuen uns heute, dass Allerseelen der Kunst ein neues Haus schenken kann. Um so mehr, als dass Kunst das Elixier ist, welches den Menschen hinter den Grund der Dinge blicken lässt, ihn transformiert, aus ihm einen besseren, zivilisierteren Menschen macht. Kunst konzentriert sich nicht auf die pekuniäre Ebene, Kunst fordert von seinen Machern Selbstaufgabe und Arbeit, damit sie sich erschließen kann. Kein Geringerer als der von uns gegangene Ratnovsky hat den Grundstein für diesen Tag gelegt und wir freuen uns gemeinsam über das gelungene Werk.“
Weitere Werke von Herbert Blaser:
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lady-in-black Bitte nicht füttern
Beiträge: 1474 Wohnort: Killer Förde
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25.09.2013 10:48
von lady-in-black
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Moin,
dies ist ein Ichwillerstmalnurdiebewertungsfedernfreischaltenkommentar.
Später vielleicht noch einmal mehr.
_________________ - Ich würde mich gerne geistig mit Dir duellieren ... aber ich sehe Du bist leider unbewaffnet.
- Nein, Stil ist nicht das Ende vom Besen.
- Ich spreche fließend ironisch, auch im sarkastischen Dialekt. |
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ash_p Wortedrechsler
Alter: 36 Beiträge: 51 Wohnort: Berlin
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26.09.2013 21:57
von ash_p
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Interessant, bei dieser "Kulturdame" hab ich mir nur gedacht: Was für ne falsche Schlange!
Ansonsten recht undurchsichtiger Text-> Mag ich.
Aber etwas zu viel Wirtschaft, über die da geereset wird (ich hoffe Wirtschaft ist das richtige Wort) -> Mag ich nicht.
Sprachlich/stilistisch ist der Text zwar nicht perfekt, aber es gibt schlimmeres.
_________________ Im Herzen haben wir alle unsere eigene kleine Welt. |
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Kateli Eselsohr
Alter: 47 Beiträge: 256 Wohnort: D-Süd
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27.09.2013 09:19
von Kateli
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Zunächst zur Umsetzung des Themas und deiner Idee dazu: Klar, Ratnovski/y (du benutzt beides) stolpert quer über die Gleise (zur Frage Absicht oder nicht ist meine Meinung die, dass er wohl zumindest das Risiko, überfahren zu werden, billigend in Kauf genommen hat) und kommt dabei zu Tode. Die Geschichte mit der Wahrheit und ihrer Darstellung bzw. Verdrehung in der Öffentlichkeit, in den Medien und auch auf dem politischen und gesellschaftlichen Parkett, vor allem auch am Schluss im Rückblick auf einen Verstorbenen, finde ich sehr interessant, doch, gefällt mir von dieser Seite her gut.
Jetzt kommt das Aber: Das ist ein einziger Bericht. Selbst die Dialoge sind so sperrig, so auf den Transport von Information für den Leser ausgerichtet (klar sind sie das immer, aber weniger ist hier mehr, sonst leidet die Glaubwürdigkeit, zumindest fragte ich mich beim Lesen, ob nicht viele dieser Infos den Zuhörern nicht längst bekannt sein müssten), dass kein Bild von der Szene der Sprechenden enstehen kann, weil ich mich auf die ganzen Daten und Fakten konzentrieren muss. Vielleicht ist ein Problem hier einfach die Zeichenbeschränkung ...
Der Gedanke dahinter ist großartig, auch die Botschaft, dass Kunst und (vor allem auch der öffentliche) Geldbeutel oft nicht zusammenpassen, was extrem schade und destruktiv ist, wenn man sich die kulturelle Landschaft und ihre Vielfalt anschaut.
Fazit: Ich habe mich als Leser darauf eingelassen, wirklich, und ich bilde mir auch ein, den Text verstanden zu haben, aber die schiere Menge an Figuren, Fakten und Informationen sprengt für mich ein bisschen den Rahmen auf dieser vorgegebenen Textlänge. Dennoch mag ich die Idee dahinter.
LG
Nina
_________________ Zombies just want hugs |
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Gast
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28.09.2013 01:27
von Gast
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Hallo
Man muss schon ziemlich genau lesen, wenn sich Sätze wie
Zitat: | Die Truppe versuchte sich an Dürrenmatts ‚Besuch der alten Dame’ und Güllen war plötzlich überall, stand der Prunk des Vorzeigehotels im Gegensatz zu den bisherigen Produktionen des Impresarios. |
erschliessen sollen. Güllen ist der Produzent? Er taucht nicht wieder auf, in deinem Bericht, der mit dem Tod des Regisseurs endet und damit, dass ihm eine "Ehrung" zuteil, der mit dem, was ihm zu Lebzeiten widerfahren ist, nicht viel zu tun hat.
Thomas Bernhard hat Folgendes geschrieben: | Die Wahrheit, denke ich, kennt nur der Betroffene, will er sie mitteilen, wird er automatisch zum Lügner. Alles Mitgeteilte kann nur Fälschung und Verfälschung sein, also sind immer nur Fälschungen und Verfälschungen mitgeteilt worden. |
Besteht die Auseinandersetzung mit diesem Zitat darin, dass auch noch die letzte Mitteilung des alleingelassenen Regisseurs verfälscht ankommt?
Du schreibst über die Verlogenheit des Kulturbetriebs und mir scheint, der Einzige, der etwas Wahres mitzuteilen hätte, scheitert an diesem Betrieb.
Du arbeitest mit einer Überzeichnung der Charaktere, die hart am Klischee liegen, die Frauen an der Bar trifft es besonders. Auch in deinem Text wird die Schwierigkeit deutlich, Gleise und Zitat unter einen Hut zu bringen.
Mir fehlt die Zeit und die Geduld, hier weiter zu wühlen, vielleicht wird mir später noch klarer, was du genau wolltest, über dein Thema hinaus.
Lorraine
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shao Leseratte
Alter: 41 Beiträge: 106 Wohnort: Norddeutschland
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28.09.2013 14:04
von shao
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Hier finde ich die Auseinandersetzung mit dem Zitat klasse gemacht.
Insgesamt reißt die Geschichte mich nicht wirklich mit, aber schlecht ist sie deswegen nicht. Das ist einfach persönliches Empfinden.
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KeTam Ungeduld
Alter: 49 Beiträge: 4952
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28.09.2013 19:52
von KeTam
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Mir hat der Text nicht viel gesagt.
Das Zitat ist m.M.n. eher oberflächlich umgesetzt, alle reden, keiner kennt die wahren Beweggründe, Heuchelei usw.
Nein, leider war das nichts für mich.
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firstoffertio Show-don't-Tellefant
Beiträge: 5854 Wohnort: Irland
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28.09.2013 23:45
von firstoffertio
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Vielleicht ist mir dieser Text zu üblich. Im ersten Teil hatte ich Mühe, weiterzulesen. Dann kommt der Selbstmord arg unvermittelt. Und ich sehe nicht recht den Bezug zu den Vorgaben. Hier liegt das Gewicht m.E. eher auf Tratsch, auf gesellschaftlichen Konventionen, und dass Individuen ihnen nicht immer entsprechen (Können, wollen,..)Die Auseinandersetzung mit Bernhards Zitat und dem Thema Wahrheit, Wirklichkeit, Wahrnehmung geht mir hier zu sehr unter. (Dabei lege ist natürlich wiederum mein eigenes Verständnis der Aufgabe zugrunde.)
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Kara Eselsohr
K Alter: 46 Beiträge: 293
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adelbo Reißwolf
Beiträge: 1830 Wohnort: Im heiligen Hafen
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30.09.2013 20:39
von adelbo
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Hallo Inko
Irgendwie liest sich der Text wie eine längere Berichterstattung in einer lokalen Zeitung. Nicht uninteressant, aber ich lege ihn mit der Zeitung zur Seite und gut.
Die Leute in Allerseelen wird er interessieren, aber interessiert er auch die Leute in Allerheiligen?
Gut geschrieben, die Personen und die Gesellschaft nicht schlecht gezeichnet, aber eben eine Berichterstattung.
LG
adelbo
_________________ „Das ist der ganze Jammer: Die Dummen sind so sicher und die Gescheiten so voller Zweifel.“
Bertrand Russell |
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holg Exposéadler
Moderator
Beiträge: 2396 Wohnort: knapp rechts von links
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30.09.2013 21:52
von holg
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"Die Truppe versuchte sich an Dürrenmatts ‚Besuch der alten Dame’ und Güllen war plötzlich überall, stand der Prunk des Vorzeigehotels im Gegensatz zu den bisherigen Produktionen des Impresarios."
Den Satz verstehe ich nicht. Aber danach wird es gut.
Ich erlebe mit, wie Meinung gemacht, manipuliert und zum Fakt wird, was wiederum Auswirkungen und Rückwirkungen hat. Ein schönes Kammerspielchen.
Das klingt alles ein wenig österreichisch und ich frage mich, ob du daher kommst oder das mit Blick auf Thomas Bernhard Absicht und somit auch ein Teil der manipulierten Wahrheit ist.
holg
_________________ Why so testerical? |
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Lupo Eselsohr
Beiträge: 364 Wohnort: Pegnesien
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01.10.2013 06:06 Excellente Darstellung von Lupo
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Allerdings habe ich diesen Text schon woanders gelesen, oder anderswo. In sehr ähnlicher Gestaltung. Und anderen Ortes auch. Schadet ja nichts, das Werk ist so und so gelungen.
Der Konflikt gut heraus gearbeitet, die Schadensbegrenzung nach dem Desaster zynisch beleuchtet. Der Tod des Protagonisten ärgerlich für mich, weil er den Fortgang des Geschehens damit vorzeichnet. Doch auf diese Weise kommt die Geschichte zu einem Ende, bevor die zehntausend Zeichen ausgeschöpft sind.
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finis Klammeraffe
F
Beiträge: 577 Wohnort: zurück
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F 01.10.2013 10:31
von finis
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Hallo,
Herrlich zynisch.
Du schreibst "Ratnovsk(i)y" mal mit "i", mal mit "y". Eine einheitliche Schreibweise wäre ratsam, außerdem gibt es ein kleine Bezugsunklarheit (doch, der Bezug ist klar, aber streng genommen nicht).
Die Billetsteuer hat mir besonders gefallen, einfach direkt aus dem Leben gegriffen.
Lieben Gruß
finis
_________________ "Mir fehlt ein Wort." (Kurt Tucholsky) |
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hobbes Tretbootliteratin & Verkaufsgenie
Moderatorin
Beiträge: 4292
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01.10.2013 14:11
von hobbes
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Tja. So manches Schauspiel birgt anscheinend tückische Gefahren und sollte vielleicht besser nicht gespielt werden.
Tragigkomödie allüberall.
Frau Champagner, Frau Zobel und Co. beklagen sich über einen, der zu viel will. Der eine ist im Weg und stolpert über Gleise. Praktisch. Alles wird gut. Kaum ist er tot, ist er auch schon ein guter Mensch. Aber dumm gelaufen, es wird doch nicht alles gut. Allerseelen geht vor die Hunde, der Tod war umsonst und gelogen wird natürlich auch (ist es eine Lüge, wenn man selbst daran glaubt?).
Das ist schon ganz gut gemacht, begeistert mich aber auch nicht. Hätte vielleicht noch böser, noch verdichteter, noch feiner geschmiedet sein können.
Übrigens:
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Lapidar Exposéadler
Alter: 61 Beiträge: 2701 Wohnort: in der Diaspora
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01.10.2013 14:49
von Lapidar
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Interessantes Thema: ab wann ist Kultur Kultur? Kann man mit Kultur Geld machen? oder ist Kultur etwas, das prinzipiell nur Kultur ist, wenn es finanziell floppt?
Zumindest lese ich das so.
_________________ "Dem Bruder des Schwagers seine Schwester und von der der Onkel dessen Nichte Bogenschützin Lapidar" Kiara
If you can't say something nice... don't say anything at all. Anonym. |
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Bawali Klammeraffe
Alter: 80 Beiträge: 538 Wohnort: Wettingen, Schweiz
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01.10.2013 21:05
von Bawali
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Nachdem ich alle Beiträge aufmerksam durchgelesen habe, gibt es nun zu jedem eine kurze Anmerkung und eine erste vorläufige Einstufung. Aus meiner natürlich subjektiven Sicht stützt sich meine Einschätzung auf Aussage, Verständlichkeit, Schreibstil und das Handwerkliche des Textes sowie natürlich darauf, ob und wie gut Thema und Zitat umgesetzt wurden.
In dieser Geschichte werden auf Grund der Geschehnisse die Meinungen und Ansichten verschiedener Probanden wiedergeben. Doch sind diese in der dargestellten Form nicht durch Wahr/Falsch begründet sondern durch Nutzen und Glauben beeinflusst. Damit hat dieser Beitrag etwas Abstrich und lässt ihn nur ganz knapp den Bereich des obersten Drittels verpassen.
Die Befederung setze ich im mittleren Drittel an. Die endgültige Federnzahl werde ich erst nach einem weiteren Durchgang, quer über alle Texte vergleichend, setzen.
_________________ Ein Freund ist ein Mensch der dich mag, auch wenn er dich kennt. (frei nach Elbert G. Hubbard) |
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gold Papiertiger
Beiträge: 4936 Wohnort: unter Wasser
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01.10.2013 21:23
von gold
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hallo Inko,
musste ganz genau lesen, um heraus zu finden, wie du die Vorgaben umgesetzt hast. Sprachlich gibt es ein paar Fehler: R: Gesellschaftsgrössen und weiss . Außerdem Schneeflocken stiebten (es muss "stoben" heißen)Stilistisch finde ich deinenText okay.
Lg gold
_________________ es sind die Krähen
die zetern
in wogenden Zedern
Make Tofu Not War (Goshka Macuga)
Es dauert lange, bis man jung wird. (Pablo Picasso) |
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Mardii Stiefmütterle
Alter: 64 Beiträge: 1774
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02.10.2013 16:11
von Mardii
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Alle Achtung, gut geschrieben und in die Abgründe des Kulturbetriebs geblickt.
Die Geschichte zeigt, wie sich Wahrheit aus kleinen und großen Lügen, aus Halbwahrheiten und Geschwätz zusammensetzen kann. Außerdem bewahrheitet sich der Satz vom Rädchen im Getriebe.
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Jenni Bücherwurm
Beiträge: 3310
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03.10.2013 17:47
von Jenni
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Die Billettsteuer. Da musste ich ja echt erst mal nachlesen, was das ist. Eine Kultursteuer, die es nur in der Schweiz gibt/gab*. Und der Text soll Kritik an dieser Steuer ausdrücken, oder Kritik am Kulturbetrieb im Allgemeinen?
Jedenfalls soll er etwas ausdrücken und tut das auch.
Der Tonfall der Erzählung gefällt mir gut. Die bornierte Sprache der Kulturinteressierten von Allerseelen ist zumeist gut geglückt. (Manchmal schleichen sich so umgangssprachliche Formulierungen rein - stopp, könnte auch dran liegen, dass Allerseelen in der Schweiz* liegt?) Der trockene Witz gefällt mir natürlich eh gut, sowas wie:
Zitat: | Meine Frau fand ‚Den Besuch der alten Dame’ gut, sagte aber, die Stimmung im Hotel hätte nicht zur Aufmachung des Stücks gepasst. Fünf Sterne und Dürrenmatts Sozialkritik würden nicht einwandfrei zusammen harmonieren. Man solle diese Gesellschaftsgrössen nicht mischen. |
Für mich oberes Drittel.
*Kuriosum am Rande: Allerseelen erhebt schweizer Steuern hat allerdings Euro-Schulden, liegt also ... wo?
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Amaryllis Forenschmetterling
Alter: 38 Beiträge: 1380
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03.10.2013 19:40
von Amaryllis
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Liebe/r Inko,
vorab noch ein paar Worte: Ich persönlich sehe mich nicht als E-Literatur-Expertin, weder in schreibender noch in lesender Form, also nimm es mir bitte nicht übel, sollte ich nicht alles so verstanden haben, wie es vielleicht gemeint war. Zudem habe ich unter einem relativ hohen Zeitdruck gelesen und kommentiert, meine Obergrenze, einen Text zu lesen, lag also bei zwei Lektüredurchgängen.
So, jetzt aber zum Text:
Leider konnte mich dein Text nicht überzeugen. Ich finde, dass du die Themen mittelmäßig umgesetzt hast - einerseits die Gleisüberschreitung, mit wie in so vielen anderen Geschichte auch mit Todesfolge, andererseits die Wahrheitsfrage, die du durch die unterschiedlichen Aussagen aber recht gut illustriert, gerade der "Mitteilungsfaktor" kommt da gut raus. Die Handlung an sich konnte mich leider nicht mitreißen, ich finde, dass die Sprache auch recht neutral, irgendwie langatmig ist. Leider haben sich auch einige Fehler eingeschlichen, beispielsweise schreibst du den Namen des Regisseurs unterschiedlich.
Es tut mir leid, dass ich dir kein positiveres Feedback geben kann, aber vielleicht kannst du ja trotzdem etwas damit anfangen!
Meine Bewertung erfolgt, sobald ich alle Texte kommentiert habe.
Alles Liebe,
Ama
_________________ Mein Leben ist ein Scherbenhaufen...
Aber ich bin der Fakir. |
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anderswolf Reißwolf
Beiträge: 1069
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04.10.2013 09:24
von anderswolf
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Leichte Schwierigkeiten mit Tempus, Grammatik und Sprachgenauigkeit, ansonsten stringente Handlung, einigermaßen deutliche Personalisierung der direkten Rede. Die Geschichte ist zwar trocken und resonanzarm, dieser Umstand stört aber kaum.
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Akiragirl Dünnhäuterin
Alter: 33 Beiträge: 3632 Wohnort: Leipzig
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04.10.2013 11:08
von Akiragirl
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Hallo Inko,
irgendwie hat mir dein Text gefallen ... Ich weiß selbst noch nicht so genau, was daran es mir angetan hat, aber es ist so Du gehst das ganze Thema; die Vorgabe, mal auf eine etwas andere Art und Weise an und das allein verdient schon Federn für Originalität.
Da ist also dieser Ratnovsky, der die Kultur liebt und sich dafür aufopfert, aber keiner dankt es ihm. Im Gegenteil - er wird hinter seinem Rücken schlecht gemacht und ihm werden jede Menge Steine in den Weg gelegt, Als Ratnovsky es schließlich nicht mehr aushält, bringt er sich um und: siehe da - plötzlich geht alles, was er zuvor wollte, plötzlich ist er der Held, der ja so viel für die Kultur geleistet hat etc.
Mir gefällt das vor allem deshalb, weil es ein Phänomen ist, dass man im Alltag wirklich häufig bewundern kann. Wie die Meinung zu einem Menschen, die eigene Wahrnehmung sich plötzlich, ohne echten Grund, verändert, nur weil er z.B. krank wird oder einen Unfall hatte. Ich finde diese Umsetzung des Bernhard-Zitates gelungen; die Gleise sind zumindest mit drin, aber sie hätten doch etwas mehr Raum einnehmen können (sollten ja das "Thema" der Geschichte sein).
Ich vergebe 7 Federn für diesen Text.
Liebe Grüße
Anne
_________________ "Man bereut nicht, was man getan hat, sondern das, was man nicht getan hat." (Mark Aurel) |
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