Historisch: Anrede in der 3. Person - Groß-/Kleinschreibung?

[suntime]

Hallo! Ich frage mich gerade, wie ich die Anrede er/sein (historisch, ca. 1750, in der dritten Person) schreiben soll. Beispiel:

„Wie ist sein Name?“, fragte er, wobei er Ryan ausgiebig musterte.
„Wessen Name?“, fragte Ryan.
„Sein Name“, wiederholte der Mann mit dem merkwürdigen Hut, wobei er auf ihn zeigte.
Ryan spürte einen Stoß in seiner Seite.
„Ryan Winter“, antwortete er missmutig.
„Er sieht fremd aus. Woher kommt er?“

Also sein, er: groß der klein schreiben?

Höflichkeitshalber, würde man das heute wohl groß schreiben, denke ich. Doch war ja gerade der Gedanke, höherwertiger Adel zu sein, die Basis für das abwertende er/Er in der Anrede. Deshalb erscheint es mir aus diesem Grund eher fehl am Platz, diese Wörter groß zu schreiben, da man damit dem Angesprochenen ja einen gewissen Respekt erweist, was man gerade nicht will.

Kann mir jemand einen Tipp geben, wie ich das mit der Groß-/Kleinschreibung von er/Er, sein/Sein, sie/Sie im Roman halten soll?

[Harald]

Hallo suntime,

aus dem Bauch heraus hätte ich gleich gesagt, Er groß, sein klein, da es ein Determinativpronomen (bestimmendes Fürwort) ist.

Gefunden habe ich dies, ich zitiere den Ausschnitt —>

Klara war mit der Mehlsuppe hereingekommen, und Carlsson überkam plötzlich die Lust, mit ihr anzubinden. »Nun, Klara, ist Ihr nicht bange, so allein im Dunkeln zu bleiben, jetzt, wo alle die Leute fort sind? Möchte Sie es wohl dulden, wenn ich Ihr ein wenig Gesellschaft leistete?«

»Ach, das ist ganz überflüssig,« erwiderte Klara.

Es trat eine augenblickliche Stille in der Küche ein. Man hörte, wie der Sturm draußen durch den Wald sauste, wie er das Laub von den Birken riß und an der Windfahne und dem Dachfirst rüttelte. Hin und wieder strich ein Windstoß durch den Schornstein und wirbelte Rauch und Feuer auf dem Herd auf, so daß Lotte die Hand vor den Mund und die Augen nehmen mußte; und zwischen den Windstößen hindurch hörte man deutlich, wie die See gegen die östliche Landzunge brauste. Plötzlich schlug der Hofhund an, und das Bellen entfernte sich dann, als sei der Hund jemandem entgegengelaufen.

»Geh Er doch einmal hin und seh Er nach, wer das sein kann,« sagte die Alte zu Carlsson, der sofort aufgestanden war.

Quelle: http://gutenberg.spiegel.de/buch/2238/4

 

[Myrine]

Es stimmt zwar, was du sagst - die Anrede sollte keinen Respekt ausdrücken. Ich würde trotzdem "Er" und "Sie" schreiben, einfach nur, um es dem Leser leichter zu machen.
Anredepronomen schreibt man im Deutschen nun einmal groß - selbst wenn es ein historischer Roman ist, gilt ja trotzdem aktuelle Rechtschreibung. Insofern würde ich das auch bei der (für uns) ungewöhnlichen Anrede in der dritten Person so halten, dann weiß der Leser gleich, was Sache ist.

Wie das allerdings mit ihr und sein aussieht, weiß ich auch nicht. Wie wird das denn bei alten Texten gemacht, wenn die heute herausgegeben werden (z. B. Lessing oder Schiller)? Das wäre vielleicht ein Anhaltspunkt

[Vogel]

Na, wenn schon denn schon oder? Ich schreibe ja auch "Dein" groß, wenn ich "Du" groß schreibe.
Ich denke auch, dass man nicht unbedingt im historischen Beispiel gucken muss, denn der Sprecher wird ja auch nicht in historischer Orthographie sprechen ("Wo hat Er Seyn Buch gelassen?") - obwohl, das könnte sogar ganz witzig sein, so ähnlich wie die verschiedenen Schriftarten in den Sprechblasen bei Asterix...

Gruß
Vogel

[Harald]

[Myrine]

Das habe ich auch nicht gemeint - aber die Klassiker werden doch normalerweise an neue Orthographie angepasst, oder? Ich kann´s im Moment schlecht nachprüfen, meine ganzen Schullektüren sind bei meiner Mutter im Dachboden eingelagert^^ Aber ich kann mich nicht daran erinnern, dass meine Reclam-Ausgabe vom Faust in historischer Schreibweise abgefasst war.
Deswegen hätte ich halt einfach mal einen Blick in die Emilia Galotti o. ä. geworfen ...

[Eimerian]

Da muss man gar nicht herumphilosophieren, das wird in der amtlichen Rechtschreibung festgelegt.

Regel 85:

Die Pronomen in bestimmten älteren Anredeformen und Titeln schreibt man groß <65>.

Schweig Er!
Höre Sie mir gut zu!
Wollt Ihr Euch selbst überzeugen, edler Herr?

Führen Sie mich zu Seiner Exzellenz.
Auf das Wohl Ihrer Majestät, der Königin!

[suntime]

Danke euch!

Mit einer Regel ist doch alles gleich viel klarer. Also werde die Großschreibung verwenden.