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Das Standbild


 
 
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lilli.vostry
Wortschmiedin


Beiträge: 1219
Wohnort: Dresden


Beitrag12.08.2013 17:52
Das Standbild
von lilli.vostry
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Das Standbild

Einmal der Größte sein
Über alle(s) hinweg sehen

ohne übersehen zu werden
auf der Lebensleiter
dem Treppenvorsprung
der auf und unter
die Brücke führt

oben auf dem Steinsockel
stehst du
der berühmte Unbekannte
lebendes Standbild
in Heldenpose

strahlst auf dem Erinnerungsfoto
fürs Familienalbum



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Perry
Geschlecht:männlichExposéadler
P

Alter: 71
Beiträge: 2509



P
Beitrag12.08.2013 19:03
Hallo lilli,
von Perry
Antworten mit Zitat

ich kenne Standbilder von unbekannten Soldaten etc.,
ein berühmter Unbekannter ist mir so nicht geläufig.
Aber das nur nebenbei.
Das LI wünscht sich selbst einmal auf so einem Podest zu stehen, aber wenn niemand weiß, wer der Held da oben ist, dann nützt es demjenigen letztlich auch nichts. Aber da jeder Ruhm vergänglich ist und auch Heldenstatuen in Fotoalben verschwinden, ist es glaube ich zu verschmerzen, ganz "normal" zu sein.
Konstruktiv würde ich noch an der Stelle arbeiten:

"dem Treppenvorsprung
der auf und unter
die Brücke führt"

ein Treppenvorsprung (Absatz?) führt nirgends hin, das tut die Treppe.

LG
Perry
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Aranka
Geschlecht:weiblichBücherwurm
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Beiträge: 3106
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A
Beitrag12.08.2013 20:17

von Aranka
Antworten mit Zitat

Hallo Lili,

ich werde dir jetzt erst einmal meine grobe inhaltliche leseweise offenlegen, alleine damit du abschätzen kannst, ob meine weiteren Anmerkungen über haupt von richtigen Deutungen ausgehen.
Ich steige mal in den letzten teil ein. Das LD, der berühmte Unbekannte in Heldenpose in einem Familienalbum. Entweder sind es wirklich so alte Fotos, dass das LI den Abgebildeten nicht mehr kennt, aber vielleicht die legenden, die seit Jahrzehnten in der Familie erzählt werden. So einen Helden der Vergangenheit hat ja jede Familie. Keiner kennt ihn mehr, aber seine Geschichten alle. Oder es ist der, der so gerne einmal ein Held wäre, auch wenn er ein unbekannter ist, aber für ein Foto einmal diese Pose einzunehmen, dafür reicht die „Lebensleiter“. Eben „einmal der Größte sein!“ Hier greift der Schluss dann wieder auf die erste Zeile zurück. Soweit meine inhaltliche Erfassung.

Nun schaue ich mal in die Einzelheiten.


Zitat:
Das Standbild

Einmal der Größte sein
Über alle(s) hinweg sehen

ohne übersehen zu werden


Mit dem Eingang legst du die „Wunschebene“ (wie sich später zeigt) des LD offen. [Warum die Leerzeile? Ich erkenne erst einmal keinen Grund dafür.]

Zitat:
auf der Lebensleiter
dem Treppenvorsprung
der auf und unter
die Brücke führt


Hier bin ich dann an zwei Stellen irritiert:
1. Lebensleiter! Gut! Ich habe das Bild einer Leiter und gleich die zweite Ebene einer Lebensbiographie. Das passt ja zu dem Aufstieg zum Helden. Warum dann noch der Treppenvorsprung. Das ist nun ein ganz anderes Bild. So weit ich weiß ist das doch so ein Absatz/Podest zum Beispiel auf der halben Etagenhöhe, oder habe ich da etwas falsch im Kopf.  Ich denke: entweder Treppe oder Leiter, aber nicht beides.
2. Nun kommt die Brücke. Wieder ein neues Bild. Warum sollte eine Treppe oder Leiter „unter“ die Brücke führen? Ist die Treppe nicht Bestandteil einer Brücke und ich kann auf die Brücke gehen und wieder herunter, aber um unter die Brücke zu gehen brauche ich keine Treppe. Ich glaube hier stimmt die Logik auf der Bildebene nicht. Auf Textebene frage ich auch im Hinblick auf der letzten Teil, warum überhaupt eine Brücke. Ein Standbild, da habe ich einen Sockel vor mir, von mir auch einen mit einigen Stufen. Für mich ist dieses Bild auch nicht nötig, für die text aussage. Es sei den, ich habe irgendwo einen wichtigen schritt nicht machen können.


Zitat:
oben auf dem Steinsockel
stehst du
der berühmte Unbekannte
lebendes Standbild
in Heldenpose


Hier benennst du selbst den Steinsockel und ich habe ein klares Bild. Ich fände es „textdramaturgisch“ geschickter, die Aussage „berühmter Unbekannter“ erst an das Ende dieser Strophe zu stellen.

Zitat:
strahlst auf dem Erinnerungsfoto
fürs Familienalbum


Gut finde ich die Textidee, auch gut das Spiel mit einem wirklichen Standbild in Stein und eines vielleicht „berühmten“ aber unbekannten Helden und das „lebende Standbild“ eines vielleicht bekannten aber unberühmten „Nichthelden“ oder Möchtegernhelden. Das wechselt hin und her und ist ganz reizvoll. Auch hier meine Frage, ob du das überhaupt so siehst?


Das Standbild

Einmal der Größte sein
Über alle(s) hinweg sehen
ohne übersehen zu werden
auf der Lebensleiter

oben

auf dem Steinsockel
lebendes Standbild in Heldenpose
du der berühmte Unbekannte  

strahlst auf dem Erinnerungsfoto
fürs Familienalbum


Ich habe einmal so verkürzt und ein wenig umgestellt. Wenn du noch ein Bild einfügen willst, dass vielleicht noch etwas mehr spielt mit dem Hin und Her der beiden Helden, so dass auch der Titel, nämlich das „Stand“bild neben dem „Lebend“bild mehr herauskommt, dann fände ich das vielleicht nicht schlecht.

Fällt mir gerade ein: meinst du ggf. eine Kommandobrücke? Du siehst, ich bin hier inhaltlich unsicher.

Eine interessante Idee. Gerne reingeschaut. Liebe Grüße Aranka


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firstoffertio
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Beitrag13.08.2013 00:31

von firstoffertio
Antworten mit Zitat

Warum habe ich das Gefühl, dass das Gedicht aufgrund eines wirklichen Standbilds auf oder nahe einer Brücke, wo es eine Treppe gab, und Urlaubsfotos aufgenommen wurden, entstanden ist?

Ich erinnere mich an ähnliche Fotos, allerdings ohne Brücke. Vielleicht musst du die Bilder, die daraus entstanden sind, falls ich nicht total falsch liege, noch deutlicher miteinander in Bezug setzten?
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lilli.vostry
Wortschmiedin


Beiträge: 1219
Wohnort: Dresden


Beitrag13.08.2013 16:10
aw:dasstandbild
von lilli.vostry
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Perry,
Hallo Aranka,
Hallo Firstoffertio,

ich freue mich über Eure vielfältigen Gedanken zum Gedicht "Das Standbild", das wie Eure Rückmeldungen zeigen, viele unterschiedliche Deutungen zulässt und auch mehrere Inhaltsebenen besitzt.
Da ich es unter Humorvoller Lyrik eingestellt habe, ist es auch mit leisem Augenzwinkern zu betrachten und wohl nur dann auch zu verstehen.

Zu den Details.

Perry: Ja, ja die alten Soldatendenkmale, die sind alle nach und nach verschwunden wie auch die Heroren der Geschichte stetig wechseln...
Dieses Gedicht nimmt das ein wenig auf die Schippe, selbsternanntes Heldentum, was ist Größe und was macht sie mit einem?
Wie haltbar oder vergänglich ist sie und Ruhm; woran erinnert man sich und wie bewahrt man Erinnerungen im Großen wie im Kleinen, in der eigenen Familie? All diese Fragen gingen LI durch den Kopf, angeregt von einer zufälligen Momentaufnahme, als irgendjemand - ein berühmter Unbekannter -auf einen Steinsockel, ein Treppenpodest neben einer Brücke, stieg und sich als "lebendes Standbild in Heldenpose" fürs Familienalbum fotografieren ließ.
 
Es stimmt, nicht der Treppenvorsprung selbst, sondern nur die Treppe selbst führt irgendwohin. Muss ich noch mal überlegen wie ich das anders formuliere.

Aranka: Deine Vermutungen zur Aussage der Bilder in diesem Gedicht hatte ich nicht im Sinn, als ich es schrieb, siehe meine näheren Erläuterungen an Perry. Der Gedichttitel spielt mit der Rolle des Helden und lässt entsprechend viele Sichtweisen zu, was ja auch schön ist. Nur grundsätzlich sollten die Bilder schon stimmen und da bin ich mir im Moment unsicher, ob ich zu unklar formuliert habe ohne dem Gedicht den Reiz und die feine Ironie zu nehmen. Oder ob es auch am Leser liegt, was er versteht und was nicht oder anders.
Es geht um einen Menschen, der einmal ausprobiert, wie es sich anfühlt hoch oben auf einem Steinsockel wie der Held eines Denkmals zu stehen und das festhalten zu lassen mit der Kamera. Er lachte auch dabei und spielte selbst mit der Situation und das versuchte ich in dem Gedicht einzufangen.
Es geht also nicht um zwei Helden, außer Du meinst das Lebende Helden-Bild und das Standbild, das er imitierte.
Da er zuerst ein "berühmter Unbekannter" quasi ist, der sich dorthinstellt als sei er jemand Großes Besonderes, würde ich das auch zuerst nennen und dann die Zeile mit der Heldenpose.
Sicher wäre auch Deine Variante möglich. Die mir aber zu stark verkürzt ist und vor allem das "s t e h s t  du" braucht es zum Textverständnis m.M. nach unbedingt.
Warum das "ohne übersehen zu werden" einzeln steht, fragst Du.
Weil es ein neuer Gedanke ist und die zweite Strophe einleitet. In dieser ergeben auch erst alle 3 Bilder zusammen einen Sinn: Lebensleiter, Treppenvorsprung und die Brücke, zu der man auf oder abwärts steigend und natürlich auch unter die Brücke gelangen kann, es geht mir hier im übertragenen Sinne auch um das Auf und Ab eben auf der Lebens- und Erfolgs- oder Niederlagen-Leiter... Wird scheinbar nicht deutlich genug. Bin mal gespannt auf weitere Meinungen zu diesem Gedicht und kann dann immer noch entscheiden, was ich wie ändere.

Firstoffertio: Du triffst es genau auf den Punkt, was ich mit dem Gedicht ausdrücken möchte!! Das zeigt mir, dass die Bilder doch nicht ganz so unverständlich sein können. Hat mich sehr gefreut Deine Rückmeldung daher.
Du schreibst aber auch, ich könnte manche Bezüge noch deutlicher herausstellen. Welche denn speziell?
Ist auch der leise augenzwinkernde Unterton des Gedicht eigentlich angekommen?

Sehr lebendige frohe Grüße,
Lilli


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lilli.vostry
Wortschmiedin


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Beitrag13.08.2013 16:24
aw:standbild
von lilli.vostry
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Firstoffertio,

hab Deinen Kommentar gerade noch mal gelesen und frage mich jetzt, da es mir sehr wichtig für das Textverständnis ist: Was meinst Du konkret damit, dass Du an ein "wirkliches Standbild" dachtest?
An ein lebendes, also den Mann der wie eine Denkmalfigur posierte oder ein echtes, ehernes Standbild? Dann könnte an der Stelle ja kein anderer sich hinstellen...

Schon recht verwirrend diese Standbild-Metapher...

Viele Grüße,
Lilli


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Aranka
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Beitrag13.08.2013 17:56

von Aranka
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Lili, ich hatte schon die Ahnung, dass ich hier falsch liege. Ich melde mich auch später noch mal Jetzt nur kurz: was hier für mich in deiner Absicht, nachdem ich sie nun kenne, nicht deutlich wird, ist: dass da ja wohl ein "leerer" Sockel ist, auf den ein Mensch steigt und zum lebenden Standbild "augenzwinkernd" aufsteigt. (Oder habe ich das immer noch falsch im Kopf?)

Ich hatte an ein reales steinernes Standbild gedacht, und daneben das lebendige. Es würde vielleicht schon reichen deutlich zu machen, dass das ehemalige Heldendenkmal nur noch ein Sockel ist.

ich denk noch mal nach. Auch dürfte das Augenzwinkern etwas mehr raus. Auf die Einordnung achte ich meist nicht. Das muss mir der Text schon hergeben. Aber die Idee ist gut und dann braucht es ja auch nicht mehr so ganz viel.

Liebe Grüße Aranka


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lilli.vostry
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Beitrag13.08.2013 18:29
aw:standbild
von lilli.vostry
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Aranka,

danke für Dein Nachhaken zu diesem verzwickt doppelbödigen Standbild.
Ich ging davon aus, dass es sich aus dem Eingangsbild und folgendem (Einmal der Größte sein/oben auf dem Steinsockel/lebendes Standbild/berühmter Unbekannter) erschließt, dass da Einer sich aufschwingt zu einem "lebenden Denkmal.
Er stellt sich nicht neben ein Heldendenkmal, auch auf kein ehemaliges, die ja dann völlig entfernt werden samt Podest, sondern auf eine einfache Steinsäule, ein erhöhter Treppenvorsprung; die Treppe und die Brücke fand ich schon als gleichnishafte Bilder zu Auf oder Abstieg im Leben mit allen denkbaren Assoziationen; "unter die Brücke" - kann Schutz bedeuten, aber auch auf der untersten Stufe der Gesellschaft landen...

Müsste wohl noch deutlicher herausstellen, der Witz ist gerade, dass der vorher leere, unscheinbare Steinsockel quasi zum Podest, Thron, Denkmal eines Möchtegern-Helden und Aufsteigers in Baumhöhe immerhin wird. Ein ebenso erhabener Hoch-hinaus-Wunschmoment, den doch viele mal träumen wie komischer Augenblick, da er sich selbst erhebt, zeigt und verrät, was er nicht ist aber gern wäre und wengistens in augenzwinkernder Heldenpose im Fotoalbum seiner Familie aufbewahrt wird. Solange sie ihn lieben und sehen wollen, ließe sich hinzufügen...
 Diese Metapher eines lebenden Standbildes, das für denjenigen nur in Gag war, hat mich einfach nicht mehr losgleassen, weil da so viel drinsteckt an Be-Deutung...

Freue mich sehr, wenn Du noch mal einen Blick auf das Standbild wirfst, was es Dir jetzt sagt und wo ich es noch feiner herausmeißeln, auftreten lassen kann ohne zu viel zu verraten. (Ist wahrscheinlich schon zu viel...)

Liebe Grüße,
Lilli


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Aranka
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Beitrag14.08.2013 09:07

von Aranka
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Hallo Lili,

ich habe nun noch einmal, nachdem mir deine Idee klar ist und ich weiß, dass du auch auf ein wenig Ironie abzielst, über den Text nachgedacht.

Ich sage einfach was da so ein wenig hindert, die Lebensironie zu erfassen.

Der Text schiebt einem gleich die „ernste“ Ebene zu: „Ohne übersehen zu werden/Lebensleiter.“

Und dann hat der Text in seiner „Spärlichkeit“ auch eher den Duktus eines ernsteren „Nachdenkens“ und „Feststellens“. Er schenkt dem Leser zu wenig genüssliche Bilder dieses „Möchte-Gern-Helden“.  

Ich denke, dass du klarer entscheiden musst, willst du die ernsteren Überlegungen im Hintergrund und eine Spür mehr Ironie an den Leser bringen, oder willst du die „kleine Schwäche/Lächerlichkeit“ eher im Hintergrund haben und doch die Nachdenkebene vorne lassen.
Bei letzterem musst du vielleicht nur klarer hinbekommen, dass es kein Heldendenkmal gibt und den Menschen da sichtbarer irgendwo hochklettern lassen. Ansonsten kannst du bei der Form bleiben.

Willst du wirklich das Humorvolle nach vorne holen, dann müsstest du aus meiner Sicht dem Leser mehr anbieten. Und auch etwas umordnen und die ernste Ebene nicht so dick nach vorne schreiben. Ich denke jetzt mal Prosa, was da so rein könnte, ohne eine richtige Wortwahl zu suchen, da du ja da deinen Stil und deine Sprache hast. Mir geht es nur aufzuzeigen, was vielleicht noch rein könnte.

Alles erst mal eher allgemeine Überlegungen.
Ich schreibe jetzt einfach mal in Prosa, wie ich vielleicht aufbauen würde, damit der Leser ein Bild bekäme.

1. die „genüssliche Vorstellung“ dessen was du in den ersten Zeilen sehr nüchtern sagst: einmal der Größte sein / einmal ganz oben sein / Feldherr über eine Stadt / (lass den Leser seinen Wunsch mitfühlen)
2. jetzt gönnt er sich das Vergnügen: er tritt aus dem Schatten der Brücke/ besteigt das Podest / lächelt / fast majestätisch /spürt er die Brust / und die Menschen unter ihm werden klein (irgendwie ein wenig Spitze rein)
3. dann die Auflösung: da würde ich vielleicht nur die beiden ersten Zeilen umdrehen und nach „oben“ brechen. jetzt steht er oben / auf  dem Steinsockel / …

Gerade fällt mir auf, dass ich statt DU ein ER gesetzt habe. Vielleicht ist das bei einem ironischen Blick das bessere Pronomen, etwas mehr Abstand. Nur mein Empfinden.

Ich hoffe, du kannst was mit den Überlegungen anfangen. Die Idee hat ja Potential. Und mir würde natürlich die "witzigere" Variante gut gefallen. Auch wenn sie etwas mehr Umbau verlangt, als die andere.
Bin gespannt wozu du dich entscheidest. es geht in beide Richtungen.

Liebe Grüße Aranka


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Beitrag14.08.2013 14:27
aw:standbild
von lilli.vostry
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Liebe Aranka,

freut mich sehr Dein Interesse am "Standbild" und Gedanken dazu, um noch mehr herauszuholen.
Zunächst zum Erzähl-Ton: So ernst empfinde ich die Zeilen gar nicht, nachdenklich schon, auch worspielend mit dem alle - s übersehen - da klingt der Wunsch nach (Über)Größe und Unangreifbarkeit wohl auch schon mit - ohne selbst übersehen zu werden... Nachdenklich, doch auch mit feiner Ironie.

Mir schwebt eine Mischung aus beidem vor, zwischen Komik, Ironie und Nachdenken. Werde daher das Komische noch mehr betonen durch Hinzufügen einiger Attribute zum ungekrönten Möchtegernhelden, der da posiert nahe den Baumwipfeln und Vögeln, z.B. auf einem taubendreck-sonnenglänzenden Steinsockel, evt. sogar drinsteht mit den Füßen aber es vor Euphorie gar nicht merkt und auch stein-reich ist, an dunklen Sandsteinen von dem Sockel und Treppenstein.
Wie er da hoch gerät, würde ich nicht extra schreiben. Sonts ginge zuviel vom feinen Witz aus meiner Sicht verloren.
Auch nicht zu sehr genüsslich ausschmücken und welche Art Held er ist, ist eigentlich auch nebensächlich.
Mich interessiert vor allem, wie er sich verändert in seinem Verhalten, allein weil er so erhöht auf einem Sockel steht ein paar Minuten als wahrhaft "lebendes Denkmal"...
Mal schauen, wie ich das hinbekomme ohne das Gesamtgefüge zu (zer)stören.

Danke sehr für Dein Drauschauen. Bis bald (mein Sommerurlaub am Meer nähert sich und ist noch eine Menge zu tun...)
Liebe Grüße,
Lilli


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Aranka
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Beitrag14.08.2013 14:41

von Aranka
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Liil, das klingt doch gut. Bin mal gespannt. Aber dir erst mal einen erholsamen Urlaub. Gruß Aranka

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lilli.vostry
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Beitrag14.08.2013 15:05
aw:dasstandbild
von lilli.vostry
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Hallo Aranka,

hat mir doch keine Ruhe gelassen, ändere gern aus einem Impuls heraus, wenn das Erlebte noch frisch ist.
Danke Dir noch mal und bin gespannt , wie das Gedicht jetzt auf Dich und andere Leser wirkt.

Herzlichen Danke Dir! Liebe Grüße,
Lilli

Hier die neue Version:

Das Standbild

Einmal der Größte sein
Über alle(s) hinweg
sehen

ohne übersehen zu werden
auf der Lebensleiter
anderen einen Treppenvorsprung
vorraus auf den Stufen
hinauf oder unter
die Brücke

oben auf dem kahlen Steinsockel
stehst du -
der Eroberer triumphierend
vor der Blätterkrone
Herrscher im sonneglänzenden Taubendreck
der berühmte Unbekannte
lebendes Standbild
in Heldenpose

strahlst auf dem Erinnerungsfoto
ohne Blitzlichtgewitter
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Beitrag14.08.2013 15:15

von Aranka
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Lili, gefällt mir viel besser. ist jetzt klar in der Aussage, die leise Ironie ist durchgängig (gegen Ende sogar deutlich) spürbar. Treppenvorsprung/Brücke jetzt gut integriert. Änderung hat sich auf jeden Fall gelohnt. Schaue wahrscheinlich dieser Tage noch mal in Ruhe über die Neufassung. Melde mich ggf. noch mal.

Gruß Aranka


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Beitrag14.08.2013 15:19
aw:standbild
von lilli.vostry
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Aranka, freut mich sehr, dass die Aussageabsicht über das Standbild jetzt klarer rüberkommt.

Danke Dir und freue mich über weitere Meinungen zu dem Gedicht.

Spätsommerlich frische Grüße,
Lilli


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