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Will die Masse immergleiche Klone lesen?

 
 
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pna
Geschlecht:männlichGrauzonenjunkie

Alter: 59
Beiträge: 1603
Wohnort: Wien, Ottakring


Paterson
Beitrag16.09.2013 17:15

von pna
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Das mit dem "auf dem Manuskript sitzenbleiben" ist eine Denkfalle. Ich halte es für sehr wichtig, dass jeder, der schreibt, erkennt, dass nicht alles, was verfasst wurde, für eine Veröffentlichung taugt. Und dass nicht alles veröffentlicht werden muss.

Ich bin auf rund sechs Romanen sitzen geblieben, heißt, ich sitze noch immer drauf herum und bringe sie nicht an. Wenn ich sie mir jetzt durchblättere, weiß ich auch, warum das so ist. Die innere Verbindung zu den jeweiligen Geschichten ist längst verödet und ich habe nicht mehr das Interesse, sie umzuschreiben. Man könnte mit Fug und Recht behaupten, das alles war verlorene Liebesmüh, verlorene Zeit, umsonst getippt und geschwitzt.

Nur ich kann mich nicht zu dieser Art zu denken durchringen. Jeder Roman hat mein Leben bereichert, während ich ihn verfasst habe. Die Handlungen und Ideen, die Personen haben mich beschäftigt und ich hatte Freude daran, zu schreiben. Mir war´s seit jeher wurscht, ob ein Manuskript genommen und zu einem Buch gemacht wird; das Einschicken und Warten gehörte für mich immer schon zur Auskühlphase nach dem Schreiben; quasi die Zigarette danach Smile

W.S.Burroughs hat mal geschrieben, dass Schriftsteller am besten schreiben, wenn sie hungrig sind, Hemingway meinte, man müsse im Stehen schreiben. ich meine, man wird dann gut, wenn man das Gewicht der Erwartung von den Schultern gleiten lässt und die Geschichte rein nur um ihrer Selbst willen verfasst. Weil sie da ist und danach verlangt, geschrieben zu werden.

Nur zu schreiben, um veröffentlicht zu werden käme mir vor wie Sex zu haben, nur weil ich auf die Zigarette danach scharf bin.

Liebe Grüße,
Peter
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Gerling
Geschlecht:männlichExposéadler
G

Alter: 59
Beiträge: 2370
Wohnort: Braunschweig


G
Beitrag16.09.2013 17:47

von Gerling
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pna hat Folgendes geschrieben:
die Geschichte rein nur um ihrer Selbst willen verfasst. Weil sie da ist und danach verlangt, geschrieben zu werden.

Nur zu schreiben, um veröffentlicht zu werden käme mir vor wie Sex zu haben, nur weil ich auf die Zigarette danach scharf bin.

Liebe Grüße,
Peter


Wie wahr. Besser kann man es nicht ausdrücken.
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hexsaa
Geschlecht:weiblichReißwolf

Alter: 56
Beiträge: 1826
Wohnort: im Schneckenhaus
Ei 6 Extrem Süßes!


Beitrag17.09.2013 10:55

von hexsaa
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pna hat Folgendes geschrieben:
ich meine, man wird dann gut, wenn man das Gewicht der Erwartung von den Schultern gleiten lässt und die Geschichte rein nur um ihrer Selbst willen verfasst. Weil sie da ist und danach verlangt, geschrieben zu werden.

Da stimme ich dir zu hundert Prozent zu!
Leider geht das an der Realität der meisten Autoren, die vom Schreiben leben müssen oder wollen, vorbei.


Lg
hexsaa


_________________
Ich lebe in meiner eigenen Welt.
Das ist okay, man kennt mich dort.
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pna
Geschlecht:männlichGrauzonenjunkie

Alter: 59
Beiträge: 1603
Wohnort: Wien, Ottakring


Paterson
Beitrag17.09.2013 11:11

von pna
Antworten mit Zitat

hexsaa hat Folgendes geschrieben:
pna hat Folgendes geschrieben:
ich meine, man wird dann gut, wenn man das Gewicht der Erwartung von den Schultern gleiten lässt und die Geschichte rein nur um ihrer Selbst willen verfasst. Weil sie da ist und danach verlangt, geschrieben zu werden.

Da stimme ich dir zu hundert Prozent zu!
Leider geht das an der Realität der meisten Autoren, die vom Schreiben leben müssen oder wollen, vorbei.


Lg
hexsaa


Es ist eher umgekehrt: die Realität der meisten Autoren, die vom Schreiben leben müssen oder wollen, geht an der Erkenntnis vorbei, dass man nur gut wird, wenn man das Gewicht der Erwartung von den Schultern gleiten lässt und die Geschichte rein nur um ihrer Selbst willen verfasst. Weil sie da ist und danach verlangt, geschrieben zu werden.

Die Tatsache, dass es Menschen gibt, die aus einer Bereicherung ihres Lebens eine Last machen, unter der sie schwanken und wanken und leiden, löst in mir kein Gefühl der Verbindlichkeit aus.  

Liebe Grüße,
Peter
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Riccie
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 62
Beiträge: 402
Wohnort: Katzenkorb und Wolke 777


Beitrag17.09.2013 11:42

von Riccie
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Liebe Hexsaa

Zitat:
Da stimme ich dir zu hundert Prozent zu!
Leider geht das an der Realität der meisten Autoren, die vom Schreiben leben müssen oder wollen, vorbei.


Der Topf ist mir ehrlich gesagt zu sehr 'Eintopf'. Es besteht ein erheblicher Unterschied zwischen den beiden Gruppen.

A) Autoren, die davon träumen, vom Schreiben leben zu können und ihren Brotjob dafür aufgeben wollen. (Oder auch nicht?)

B) Autoren, die vom Schreiben leben (müssen) ... weil sie schon lange schreiben, weil es ihr Brotjob ist.

Sorry, das kann ich so nicht stehen lassen. Das passt nicht in einen Topf.

Ich lese hier meist von Autoren, die das Schreiben als Hobby betreiben. Da ist es leicht, sich über die allzu bemühten Versuche der anderen Gruppe hinwegzusetzen und zu raten, "schreib weil es Spaß macht. Ich mach das auch und es schert mich nicht sonderlich, dass nichts veröffentlicht wird, ist ein tolles Hobby."

Wenn Mainstream schreiben die einzige Möglichkeit ist, vom Schreiben halbwegs leben zu können, überlegt es sich ein Autor zigmal, ob er lieber als verkannter Autor oder als Auftragsschreiber weitermacht. Das ist wie im Leben - es gibt nicht die eine Wahrheit, es gibt nicht den einen Weg. Wenn du die Miete bezahlen musst, verändert sich die Perspektive.

Ich sah neulich einen wunderbaren Beitrag über Karl Lagerfeld. Er gab ehrlich zu, dass er ohne die spendable Haltung seiner vermögenden Eltern niemals diesen Erfolg hätte aufbauen können. Sie haben ihn gesponsert, viele Jahre lang. Nur so, war es ihm möglich, als Freelancer auch gegen den Strom zu schwimmen und sich zu entwickeln.

Talent hatte er, weit mehr als andere.

Aber das haben auch Autoren, die sich für den Broterwerb verbiegen müssen, um zu überleben. Und glaub mir, sich dann in den schreibenden anderen Bereichen zu tummeln, ist für eine freie Entwicklung nicht förderlich. Ich lebe es, mein ganzes Berufsleben lang - als Mehrfachwesen. Ich habe mich sehr jung dafür entschieden, einen professionellen Weg einzuschlagen. Ich habe also immer für meinen Broterwerb geschrieben. Klingt gut, oder? Ist es aber in der Realität nur bedingt. Es gibt in dem Fall nicht den Ausgleich zwischen Alltag und Terminaufträgen, und dem 'Schreiben' des Romans. Beides entsteht aus dem gleichen Rüstzeug, beides spielt sich am gleichen Schauplatz ab - und bedarf eines Switchens, das weit schwerer ist als zwischen einem 'normalen' Job und der geliebten Schreiberei.

Was gäbe ich dafür, frei entscheiden zu können, ob die vielen Monate am Buch, einfach nur Hobby und Übung waren, oder notgedrungen auch verkauft werden müssen. Die Wahl gibt es nicht (immer).

Für mich gibt es nur ein entweder oder, mehr als paar Monate in den Sand setzen für ein Schubladenprojekt kann ich mir nicht leisten. Das war es dann im Zweifelsfall mit dem zweiten Standbein, mit der Möglichkeit umzusteigen. Das sind keine Luxusgedanken. Ich muss vom Schreiben leben. Und wenn es nötig ist, schreibe ich eben Mainstream, konzentriere mich auf bestellte Texte, produziere das, was bezahlt wird.

lg Riccie


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wonderland
Eselsohr

Alter: 59
Beiträge: 201
Wohnort: bei Giessen, Hessen


Beitrag24.09.2013 12:29

von wonderland
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Immergleiche Klöße Klone: warum die so gut funktionieren.

Der Lafer hatte mal ne Kochsendung, da hat er Gästen ihr Lieblingsessen gekocht - Muttis Sauerbraten zum Beispiel - aber anders, lafermäßig eben, besser. Ich erinnere mich noch an die langen Gesichter der Gäste, wenn sie am Ende aus Höflichkeit nicht sagen konnten, dass Muttis Braten der Bessere ist.

Also wenn ich etwas immer wieder esse, tanze, lese, schaue, dann freue ich mich normalerweise nicht, wenn mittendrin plötzlich etwas ganz anders ist, sondern es entsteht das Gefühl: Hier ist was falsch. Meine eingetretenen Hirnpfade, auf denen ich zufrieden dahintrotte, werden einfach ... ignoriert, mit Füßen getreten. Routine kann was Schönes sein, deren Unterbrechung unangenehm und anstrengend ... es sei denn: man WILL heute mal keine Routine, der Sinn steht einem nach Abwechslung. (Dann will man aber sicher keinen Sauerbraten, heute mal anders gewürzt, sondern vielleicht eher asiatisch zum Beispiel.)

Oder anders betrachtet: Wer viel sehr Unterschiedliches und Anspruchsvolles liest, der hat ein sehr komplexes Netz von vielen feinen Pfaden in die entlegensten Hirnkammern, schätze ich mal. Ist dieses Netz da, macht es auch Spaß, es zu benutzen. Wer gerne immer wieder das gleiche liest, hat eben ein überschauberes Netz von wenigen Autobahnen, und die führen an den immer gleichen Gefühlen lang. Jenseits davon ist alles undurchdringbares Dickicht, sehr mühsam.
Logisch, wer die freie Wildnis kennt, viel unterwegs ist, findet dauernd Autobahnfahren ziemlich langweilig.

Nur sind die mit den filigranen, abwechslungshungrigen Hirnverschaltungen in einer dramatischen, meist bildungsbedingten Minderheit. Und stecken außerdem vielleicht nicht gerade in einer emotionalen Situation, die nach leichter Kost verlangt, um den eigenen Gefühlshaushalt wieder ins Gleichgewicht zu bringen, Spannung abzubauen, Probleme mal für kurz zu vergessen, etc.

Frage: Schreibe ich für den Leser oder für mich? (Ich glaube nicht sonderlich an den funktionierenden Kompromiss in dieser Sache.) Wenn ich für den Leser schreibe: für welchen? Aus den Antworten auf diese Fragen errechnet sich der Prozentsatz der Bevölkerung, die sich für mein Werk begeistern können.

So. Und ich versuche, massentauglich zu schreiben. Ich versuche zu lernen, die Gefühle der Leser zu berücksichtigen, zu steuern. Und es macht mir Spaß. (Außer das Plotten natürlich.) Weil mir meine Figuren Spaß machen. Weil es auch im Rahmen der Konventionen trotzdem "meine" Story ist.

Bislang sehe ich nicht, wo ich mich da verbiegen muss. Aber ich werde es vielleicht noch sehen.

Was jedoch stimmt: Was ich über das Erzählen funktionierender Geschichten mittlerweile gelernt habe, stimmt nicht mit dem überein, wie ich es "frei", "einfach so" gemacht hätte. Nur würde ich das, was ich so ganz eigenständig gemacht hätte, garantiert nicht lesen wollen, wenn es von jemand anderem käme, ehrlich gesagt. (Was ja daran liegen mag, dass ich ein sehr schlechter natürlicher Geschichtenerzähler bin.) Auch wenn ich "andersartige" Literatur manchmal mag, aber ehrlich gesagt: Nur von mindestens mal Halbgenies, da bin ich sehr snobistisch. Und wenn hier oft gesagt wird, man soll schreiben, was man selbst gerne liest: Das was mich sprachlich und inhaltlich begeistern kann, ist so weit weg von meinen Möglichkeiten, da könnte ich auch gleich versuchen, mal eben über den Mond zu springen.

edit: massentauglich heißt für mich, es ist keine intellektuelle Herausforderung, das Buch zu lesen. Kann sein, dass es trotzdem nur relativ wenigen am Ende gefällt, aber darum geht es erstmal nicht.


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Trearu
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 16
Beiträge: 342
Wohnort: Jenseits der Legenden


Beitrag25.09.2013 12:04

von Trearu
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Die Masse weiß nicht was sie will.
George R. R. Martin währe nicht so erfolgreich, wenn sie immer das selbe wollen würde.
Das Problem ist, dass Menschen (allgemein) dazu neigen, das Vertraute zu 'wählen'.

Nehmt euch ein Beispiel an George und täuscht eure Leser mit einem langweiligen Standard-Fantasy-Prolog vor eurer interessanten und originellen Geschichte. Smile
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agu
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Beiträge: 2009
Wohnort: deep down in the Brandenburger woods


Beitrag25.09.2013 13:26

von agu
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Trearu hat Folgendes geschrieben:
George R. R. Martin währe nicht so erfolgreich, wenn sie immer das selbe wollen würde.

George R.R.Martin wäre nicht so erfolgreich, hätte nicht HBO die attraktiv besetzte und spektakulär gefilmte Fernsehserie daraus gemacht. 'Die Herren von Winterfell', deutsche Übersetzung des ersten Bandes, erschien bereits 1997 in Deutschland als nur mäßig erfolgreicher Titel, der das gleiche Schattendasein wie die Fantasy insgesamt führte.

Seine Bücher sind nämlich für sich durchaus nicht massenkompatibel. Für den Massengeschmack sind sie eigentlich viel zu komplex (wie übrigens auch Herr der Ringe), aber was hier greift, ist der Herdentrieb, der schon beim Herrn der Ringe funktionierte. Die hübschen Kino-Gesichter von Aragorn & Co. weckten überhaupt erst das Masseninteresse - und ich wette, viele, die sich die dicke Trilogie gekauft haben, geben nach 60 Seiten auf und stellen sie sich als Regalschmuck in die Schrankwand. Bei George RR Martin wird's nicht anders sein.

Ansonsten stimmt es wohl, dass die große Masse der Menschen eher zu Vertrautem (und am besten Leichtverdaulichem) greift.
Gut für Autoren, die sich daran anzupassen wissen.


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Meine Bücher:
Engelsbrut (2009 Sieben, 2011 LYX) | Engelsjagd (2010 Sieben) | Engelsdämmerung (2012 Sieben)
Die dunklen Farben des Lichts (2012, SP)
Purpurdämmern (2013, Ueberreuter)
Sonnenfänger (2013, Weltbild)
Kill Order (2013 Sieben)
Choice / als Chris Portman (2014, Rowohlt)
Wie man ein Löwenmäulchen zähmt / als Eva Lindbergh (2016, Droemer Knaur)
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DasProjekt
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Beitrag25.09.2013 14:48

von DasProjekt
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In Leserforen heißt es einfach gefühlt viermal häufiger "Ich suche Bücher wie ...", als "Ich suche was richtig geil neues, was ich so noch nie gelesen habe!"

Und Leserforen / Facebook sind nur ein Bruchteil der tatsächlich Lesenden, und zwar der Bruchteil, der sich ganz intensiv mit dem Lesen befasst. Dahinter steht die "Dunkelziffer", die "Gelegenheitsleser", und die greifen (ich vermute das mal) noch öfter nach dem Klon als nach der Innovation. Eben WEIL sie das Lesen nicht so ernst nehmen und nebenher betreiben und auf den Wiedererkennungswert setzen, der die Notwendigkeit zur Konzentration noch ein bisschen runtersetzt.


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pna
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Wohnort: Wien, Ottakring


Paterson
Beitrag25.09.2013 16:43

von pna
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DasProjekt hat Folgendes geschrieben:
In Leserforen heißt es einfach gefühlt viermal häufiger "Ich suche Bücher wie ...", als "Ich suche was richtig geil neues, was ich so noch nie gelesen habe!"

Und Leserforen / Facebook sind nur ein Bruchteil der tatsächlich Lesenden, und zwar der Bruchteil, der sich ganz intensiv mit dem Lesen befasst. Dahinter steht die "Dunkelziffer", die "Gelegenheitsleser", und die greifen (ich vermute das mal) noch öfter nach dem Klon als nach der Innovation. Eben WEIL sie das Lesen nicht so ernst nehmen und nebenher betreiben und auf den Wiedererkennungswert setzen, der die Notwendigkeit zur Konzentration noch ein bisschen runtersetzt.


Das kann ich so überhaupt nicht bestätigen. Ich glaube - ganz im Gegenteil - dass in den Foren zumeist Leute unterwegs sind, die halt lesen und mächtig viel Wind drum machen. Bücher lesen, sich inspirieren lassen, neue Werke zu finden, all das lässt sich wunderbar ohne Internet und Diskussionsforen bewerkstelligen. Die unzähligen Gruppen in Facebook werden zu 99% von Tratschtanten mit vereinsmeierischem Gehabe bevölkert, die entweder das neueste esoterische Engelbuch, den Krimi ihres besten Freundes pushen wollen oder eigene Werke vor sich hertragen wie Standarten. Da gibts echt umtriebige Leute.

Ich vergleiche die Leser von Büchern gerne mit Leuten, die in Restaurants essen gehen. Da gibt es eben die Leute, die zu McDonalds gehen oder zu Burgerking und CFC und wie sie alle heißen, weil sie dort das bekommen, was sie kennen, immer das gleiche. Und es gibt Leute, die sich aus der bunten Vielfalt an Möglichkeiten auch indische Restaurants aussuchen, oder das Nobelrestaurant in der Innenstadt ...  und natürlich gibt es auch die Swinger, die mal hier und mal da essen ...

Ich verstehe auch nicht, warum es von vielen Autoren und Forenbesuchern beinahe als unanständig angesehen wird, wenn ein Text seinem Leser etwas abverlangt, seine ganze Aufmerksamkeit fordert. Die Leser in der freien Wildbahn, die sich nicht in Foren zusammenrotten, scheinen anders drauf zu sein. Da werden Bücher als Herausforderung angenommen, und man arbeitet sich dran ab. Der Leser wächst mit den Büchern, die er liest und reift, wie Schriftsteller auch an ihren Lesern reifen.

Die fast monopolistisch vorgetragene Grundhaltung, alles muss leicht verständlich, einsortierbar und leicht verdaulich sein, auf den breitesten Geschmack zugeschnitten, scheint besonders von Autoren und Lesern getragen, die weder die Kraft noch den Willen haben, sich weiterzuentwickeln und lesend und schreibend Zeit vertun. Die immer und immer so weiterwursteln wollen, wie sie es bisher getan haben.

Wer heute noch eine Geschichte allein um ihrer selbst Willen verfasst, erscheint beinahe wie ein Sonderling Smile

lg/Peter
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Murmel
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Beitrag25.09.2013 17:02

von Murmel
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George R.R. Martin war ein erfolgreicher Skriptwriter, nachdem er mit Romanschreiben floppte. Er hatte das Know-How und die Connections, und sein Erfolg ist nicht unbedingt mysteriös.

Für mich ist Facebook eine nette Art Kontakte zu halten und zu knüpfen, die wahre Power von Facebook liegt im sozialen Bereich, als Marketingtool sehe ich das nur bedingt.

Ich finde es eigenartig, dem Leser vorschreiben zu wollen, was er zu lesen hat. Wenn er Unkompliziertes lesen will, dann soll er doch. Unkompliziert muss ja nicht qualitätslos heißen.


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kskreativ
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K

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K
Beitrag25.09.2013 17:32

von kskreativ
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Zitat:
Unkompliziert muss ja nicht qualitätslos heißen.

Exakt. Und Romane, die zur Unterhaltung geschrieben werden, müssen nicht zwangsläufig niveaulos sein. Natürlich kann ich mich nach den Vorgaben richten, um meine Werke markttauglich zu machen. Ich muss diese Vorgaben aber sicher nicht sklavisch befolgen, nur um gelesen zu werden. Genau das führt ja zu der viel beklagten Masse.


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C'est la vie. oder: Du würdest dich wundern, was man so alles überleben kann.
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Sabine A.
Eselsohr


Beiträge: 385



Beitrag25.09.2013 17:35

von Sabine A.
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agu hat Folgendes geschrieben:
Für den Massengeschmack sind sie eigentlich viel zu komplex (wie übrigens auch Herr der Ringe), aber was hier greift, ist der Herdentrieb, der schon beim Herrn der Ringe funktionierte. Die hübschen Kino-Gesichter von Aragorn & Co. weckten überhaupt erst das Masseninteresse - und ich wette, viele, die sich die dicke Trilogie gekauft haben, geben nach 60 Seiten auf und stellen sie sich als Regalschmuck in die Schrankwand.


Hier muss ich als jahrzehntelanger Fantasyleser widersprechen. Und zwar beziehe ich mich auf die Zeit, bevor dieser gewaltige Fantasy-Massenboom aufgetaucht ist. Denn damals hat so gut wie jeder Fantasyleser den Herrn der Ringe gelesen. Ich würde die Triologie mal als eine Art Pflichtlektüre bezeichnen. Trotzdem teile ich deine Meinung, dass wohl der ein oder andere nach 60 Seiten aufgegeben hat.
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Nordlicht
Geschlecht:weiblichWaldschrätin


Beiträge: 3755



Beitrag25.09.2013 17:37

von Nordlicht
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kskreativ hat Folgendes geschrieben:
Natürlich kann ich mich nach den Vorgaben richten, um meine Werke markttauglich zu machen.


... und ebenso erfüllt auch "gehobene Literatur" bestimmte Vorgaben und Erwartungen, die ihre Leserschaft und Markt an sie hat.


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If I waited for perfection, I would never write a word - Margaret Atwood
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agu
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Beiträge: 2009
Wohnort: deep down in the Brandenburger woods


Beitrag25.09.2013 19:19

von agu
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[quote="Sabine A."]
agu hat Folgendes geschrieben:
Und zwar beziehe ich mich auf die Zeit, bevor dieser gewaltige Fantasy-Massenboom aufgetaucht ist.

Siehst Du, wir sind da gar nicht geteilter Meinung Wink. Ich bezog mich nämlich auf die Zeit des Booms, als die HdR-Bücher sich wie warme Semmeln verkauften. Und ich kann mir einfach beim besten Willen nicht vorstellen, dass die wahrhaft aus sich heraus massenkompatibel sein sollen. (Selbst als eingefleischter Fantasy-Leser muss man sie sich mit Mühe erarbeiten - und ganz ehrlich, ich hab sie auch nur gelesen, weil's damals halt als DAS Standard-Werk der Fantasy galt, Spaß machte es mir ungefähr erst ab Hälfte des zweiten Bandes).
Also war der Grund des Verkaufserfolgs ein anderer, nämlich der, dass die große Masse wohl erwartete, das 'Buch zum Film' zu erwerben, wo man den schönen Elfenrecken noch mal nachschmachten kann.


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Purpurdämmern (2013, Ueberreuter)
Sonnenfänger (2013, Weltbild)
Kill Order (2013 Sieben)
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Wie man ein Löwenmäulchen zähmt / als Eva Lindbergh (2016, Droemer Knaur)
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Sabine A.
Eselsohr


Beiträge: 385



Beitrag25.09.2013 19:56

von Sabine A.
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agu hat Folgendes geschrieben:
Selbst als eingefleischter Fantasy-Leser muss man sie sich mit Mühe erarbeiten - und ganz ehrlich, ich hab sie auch nur gelesen, weil's damals halt als DAS Standard-Werk der Fantasy galt, Spaß machte es mir ungefähr erst ab Hälfte des zweiten Bandes).


Hahaha. Ich kann mich auch noch genau daran erinnern, wie ich mich durch die ersten (100?) Seiten gequält hatte und mir das "Aha" wohl nur allzu deutlich ins Gesicht geschrieben stand. Das "Aha" bezog sich auf "das ist also das viel gelobte Meisterwerk". Nachdem ich dann allerdings meine Anfangsschwierigkeiten überwunden hatte, fand ich es gar nicht so schlecht. Allerdings habe ich die Bücher nur einmal gelesen. Manch eingefleischter Fantasyfan ist auf fünf oder mehr Durchgänge gekommen und begeistert gewesen, immer wieder fantastisches Neuland zu entdecken, was mir wieder ein "Aha" aufs Gesicht gezaubert hat.
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Riccie
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Beitrag25.09.2013 20:15

von Riccie
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Zitat:
Die Leser in der freien Wildbahn, die sich nicht in Foren zusammenrotten, scheinen anders drauf zu sein. Da werden Bücher als Herausforderung angenommen, und man arbeitet sich dran ab.


Lieber Peter,

du musst es ja wissen, Kopfschüttel.

An Büchern abarbeiten? Warum sollte ein Leser das wollen?

Sorry, du bist so weit von lesenden Menschen aller Arten entfernt, wie man nur sein kann. Ich hoffe, du schreibst nicht auch so? Das würde dir meinerseits nämlich einen Verriss da draußen in den Foren einbringen, der dich vielleicht etwas von diesem falschen Pfad abbringt. Oder  schreibst du auch nur für Menschen, die sich abarbeiten wollen, um deine Literatur zu verstehen?

Ich dachte immer, dass es Aufgabe eines Textes, Buches, schriftstellerischen Werkes sei, etwas so mitzuteilen, dass es verstanden wird. Das gilt auch für schwierige Themen, sogar für Fachbücher. Stell dir vor, sie alle werden geschrieben, um etwas mitzuteilen. Und nicht um Rätsel zu stellen, was will mir der geniale Autor da sagen?

Nein, keine lg ich schüttel gerade zu heftig den Kopf

Riccie


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Gast







Beitrag25.09.2013 21:00

von Gast
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Zitat:
An Büchern abarbeiten? Warum sollte ein Leser das wollen?

Sorry, du bist so weit von lesenden Menschen aller Arten entfernt, wie man nur sein kann.


Weil es Freude macht, in einen Text zu tauchen und Tiefe vorzufinden. Weil das offensichtliche langweilig ist und weil gerade im Entdecken des Ungedachten, Ungeahnten und Unsagbaren die Macht der Worte liegt.

Ja, Miez, es gibt so vieles jenseits des eigenen Tellerrandes lol2 Seltsame Leser gibt es, sag ich dir, manche halten sich gar für Einhörner lol2

Mal ohne Spuks: so wenige Leser, die mögen, wenn Text sie arbeiten lässt, gibt es gar nicht. Sie sind nur über die etablierten Vertriebswege so gut wie nicht mehr zu erreichen - das ist, was literarisch ambitionierten Verlagen das Leben schwer macht und nicht, dass es diese Leser an sich nicht (mehr) gibt.

Aber das ist ein weites Feld.

Fakt ist, das was ich mag, du nicht mögen wirst und umgekehrt - und darüber muss doch nicht immer ein Hauen und Stechen entstehen. Kann man nicht miteinander und voneinander? Nein? Na gut,

... eigentlich wollte ich meinen geliebten HdR raushauen.

Dieses Buch war ein völlig unerwarteter Erfolg, der rein aus der Liebe der Leser zum Buch erwuchs. Und ja: das hat mit dem, was heute als Fantasy verkauft wenig bis nichts zu tun. (und die Filme riefen ein anderes Leserpublikum auf den Markt, das hat dem Absatz des Buches geholfen, aber wohl nicht seiner Jüngerschaft.)

Ich kann nun wenig mit dem anfangen, was heuer unter Fantasy läuft. Gerade die Tiefe, das Epische, das Wahnsinnige des HdR zieht und zog mich, ich habe den wohl an die zwanzigmal gelesen.

Fakt ist, dass ich von meiner Leidenschaft nicht auf meine Weihnachtsgeschenke schließe. Der Punkt ist, dass es für die gerade, fluffige U-Literatur, die typische Bahnhofsbuchhandlungskollektion, viele begeisterte Leser gibt.

Dennoch ist diese Klonierung etwas, mit dem sich die Verlage (m.E.) gerade selbst ins Knie schießen - richtig ist, du kannst mit einem  brauchbaren Klon wenig falsch machen und der 'geht' immer irgendwie.
Aber zugleich verfällt der Wert von Text immer mehr in der Wahrnehmung. Warum? Weil es eben Fertigfutter ist und kein Mensch zahlt Kaviarpreise für Maggi fix. Einheitsbrei senkt Preisbereitschaft, zerstört die Aura Buch und vertreibt langfristig Leser.

Denn das 'Waaaah' ist, was uns zum Lesen gebracht hat.
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Riccie
Geschlecht:weiblichEselsohr

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Beitrag25.09.2013 22:36

von Riccie
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achja:-) Liebes Einhorn.

wenn was aus dem Zusammenhang gerissen wird, kann es nur missverstanden werden:-)

deshalb mal den Rest des Zitats der Mieze
Zitat:
Ich dachte immer, dass es Aufgabe eines Textes, Buches, schriftstellerischen Werkes sei, etwas so mitzuteilen, dass es verstanden wird. Das gilt auch für schwierige Themen, sogar für Fachbücher. Stell dir vor, sie alle werden geschrieben, um etwas mitzuteilen. Und nicht um Rätsel zu stellen, was will mir der geniale Autor da sagen?


dann wird vielleicht klar, dass ich keineswegs seichtes Lesefutter meinte, sondern solches, das nichts mit Arbeit und abarbeiten, sondern mit 'verstanden werden' zu tun hat.

Aber vielleicht verstehen wir ja auch den Begriff 'abarbeiten' völlig unterschiedlich, an dem ich mich aufrieb. Für mich ist abarbeiten etwas, dass ohne Lust geschieht, es muss sein.

Wenn es für dich bedeutet, tief eintauchen, und Freude daran haben, ist es kein abarbeiten, oder wir sprechen zwei verschiedene Sprachen.

Schade drum, bislang fand ich gerade die Einhornischen Beiträge noch amüsant, aber was das jetzt sollte, versteh ich gerade nicht - aber womöglich fehlt mir ja auch die Genialität, die man als Leser braucht um Genies zu verstehen.

Ja, der berühmte Tellerrand.

Zitat:
Fakt ist, das was ich mag, du nicht mögen wirst und umgekehrt - und darüber muss doch nicht immer ein Hauen und Stechen entstehen. Kann man nicht miteinander und voneinander? Nein? Na gut,


Da bin ich mir wiederum garnicht so sicher Very Happy Doch, man kann miteinander und voneinander lernen. Ich finde das überaus amüsant, und bereichernd. Sogar wichtig. Aber es hilft, wenn man es auch aus verschiedenen Perspektiven anschaut. Mir jedenfalls.

 Embarassed Embarassed Embarassed


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Gast







Beitrag26.09.2013 09:27

von Gast
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Zitat:
sondern mit 'verstanden werden' zu tun hat.


Zitat:
Für mich ist abarbeiten etwas, dass ohne Lust geschieht, es muss sein.


Das ist halt die Frage, ob man Arbeit als Lust oder Frust empfindet - aber doch, ich meine ganz klar Texte, die verschlossen, kryptisch, hermetisch oder auf eine andere Art sich dem Verständnis entziehen. In dem sie z.B. bestimmte Informationen vorenthalten, sich dem gewohnten Sprachgebrauch verweigern undundund.
Die muss man sich erarbeiten und am Ende steht etwas, aber ein Verstehen ist es in dem Sinne nicht.

Es gibt immer wieder Aufbrandungen, solcherlei Text sei unverkäuflich und nur für die Elfenbeinbibo. Das stimmt aber so nicht, solcher Text hat genauso seine Daseinsberechtigung und Leserschaft, wie die Heft-Serie 'Landarzt mit Hund'.
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Riccie
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Beitrag26.09.2013 10:55

von Riccie
Antworten mit Zitat

Das bestreite ich nicht. Sicher gibt es auch für rätselhafte Texte Leser.

Aber zwischen den Landarztheftchen und den von dir bevorzugten kryptisch verschlossenen Werken liegen viele aufregende und gleichfalls anspruchsvolle Werke.

Was mich enorm stört, sind tatsächlich Bücher, deren Sprache dermaßen verschachtelt, verschlüsselt, verklausuliert ist, dass sie Arbeit machen. Ich erwarte für mein Geld Informationen, eine gute Geschichte - gerne anspruchsvoll vom Thema her -, eine klare inhaltliche Struktur, eine Sprache, die ich nicht zerpflücken muss, um sie zu verstehen. Irgendein kluger Mensch sagte mal, die Sprache sei die Brücke zwischen Individuen. Wenn es stattdessen nur eine holperige Hängebrücke gibt, die über angsterregende Schluchten führt und bei der jeder Schritt zum Absturz führen kann, mag ich sie wirklich nicht betreten. Wogegen ich den Bergweg der nach oben führt, sehr gerne erklimme. Wenn ich viel Zeit und das richtige Schuhwerk habe - mich also darauf vorbereiten kann und weiß, was mich erwartet.

Ja, du hast wohl recht, wir leben in unterschiedlichen Lese- und Schreibwelten. Ich begreife die 'Kunst' des Schreibens (ich sage eigentlich lieber Handwerk dazu, aber geschenkt) darin, selbst schwierigste Gedankengänge, Aufstiege, erklimmbar zu machen.

Der Grund ist dir vielleicht auch zu simpel.

Aber ich will verstanden werden, weil ich Geschichten erzähle, die es wert sind, gut verstanden zu werden. Warum soll ich also mit kryptischen Schlüsseln arbeiten? Das erschließt sich mir nicht.

Aber bitte sehr Confused

Ich muss jetzt weiter arbeiten an Texten, die sich den unwilligen Lesern auf einen Blick erschließen, weil sie sonst für die ... hoppla nein, nicht für die Katz ... für die Einhörner dieser Welt wären, und die sind zu rar. Zu rar, um zu viel Zeit und Geld in die Tonne zu hauen. Aber wenn ich einen Sponsor finde, der mich experimentieren lässt, bis ich zu deinen Höhen aufgestiegen bin ... ach nee, ich will das nicht mal Very Happy

Dann müsste ich alles, was ich gelernt habe als käuflicher Schreiber, in die Tonne hauen.

lg Riccie


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pna
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Paterson
Beitrag26.09.2013 10:59

von pna
Antworten mit Zitat

Riccie hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Die Leser in der freien Wildbahn, die sich nicht in Foren zusammenrotten, scheinen anders drauf zu sein. Da werden Bücher als Herausforderung angenommen, und man arbeitet sich dran ab.


Lieber Peter,

du musst es ja wissen, Kopfschüttel.

An Büchern abarbeiten? Warum sollte ein Leser das wollen?

Sorry, du bist so weit von lesenden Menschen aller Arten entfernt, wie man nur sein kann. Ich hoffe, du schreibst nicht auch so? Das würde dir meinerseits nämlich einen Verriss da draußen in den Foren einbringen, der dich vielleicht etwas von diesem falschen Pfad abbringt. Oder  schreibst du auch nur für Menschen, die sich abarbeiten wollen, um deine Literatur zu verstehen?

Ich dachte immer, dass es Aufgabe eines Textes, Buches, schriftstellerischen Werkes sei, etwas so mitzuteilen, dass es verstanden wird. Das gilt auch für schwierige Themen, sogar für Fachbücher. Stell dir vor, sie alle werden geschrieben, um etwas mitzuteilen. Und nicht um Rätsel zu stellen, was will mir der geniale Autor da sagen?

Nein, keine lg ich schüttel gerade zu heftig den Kopf

Riccie


Ich arbeite mich gerade durch die Kurzgeschichtensammlungen von Jorge Luis Borges, und wenn man beispielsweise erst einmal gelesen hat, wie er zwei ältere Männer draufkommen lässt, dass sie eigentlich in einer erfundenen Welt leben (Sie finden in einer Reihe alter Enzyklopädien Unstimmigkeiten in Bezug auf ein Land, das scheinbar nicht existiert und beginnen nachzuforschen - zuerst erscheint ihnen die enzyklopädische Erwähnung des Landes wie ein intellektueller Scherz, bis sich herauszustellen beginnt, dass die den Einträgen innewohnende Logik genau spiegelverkehrt zu der angenommenen Wirklichkeit steht), dann steht man am Ende wie ein Bergsteiger erschöpft und hochbeglückt am Gipfel und freut sich, Konzentration und Zeit eingebracht zu haben.

Ich finde es sehr schade, dass Dir das nicht nur fremd ist, sondern Dich auch zu infantilen Drohgebärden verleitet - siehe Verrisse in Foren.

Der Literaturkritiker James Wood schrieb einmal:

Wir wachsen als Leser, und Zwanzigjährige sind noch ziemlich jungfräulich, sie haben noch nicht genug Literatur gelesen, um durch sie unterrichtet worden zu sein, wie sie zu lesen ist.

Mir scheint, dieses jungfräuliche Nichtwissen, wie Literatur zu lesen und zu verstehen ist, kommt Dir so ideal vor, dass Du sie bis ins hohe Erwachsenenalter mitgenommen hast.

James Wood, ein weiteres Zitat: Durch die Literatuir werden wir zu besseren Beobachtern, wir wenden das Gelernte auf das Leben selbst an: dadurch werden wir umgekehrt detailgenauere Leser der Literatur; dies lässt uns wiederum das Leben besser lesen und immer so weiter. Man muss nur Literaturunterricht geben, um festzustellen, dass die meisten jungen Leser schwache Beobachter sind.

Es geht um Steigerung. Um die Steigerung als Leser, um die Steigerung der Erwartung als Leser an den Schriftsteller, und andererseits um die Steigerung als Schriftsteller. Nicht eine Steigerung in dem Sinne, dass man lernt, die Allgemeinplätze besser zu verkleiden und zu verkaufen, sondern zu lernen, die Allgemeinplätze zu verlassen und Berge zu erklimmen.

Jorge Luis Borges bezeichnete sich Zeit seines Lebens als leidenschaftlicher Leser und es gibt nicht viele, die in ihrem Leben mehr über Literatur wussten als er; James Wood ist ein zurecht hoch angesehener Literaturkritiker und Verfasser literaturkritischer Werke. Es mag Dir sauer aufstoßen und im Magen furchtbar quer liegen, aber es ist schon so, dass ich den Meinungen und Erkenntnissen dieser Leute (und natürlich meinem geliebten Mario Vargas Llosa) wesentlich mehr literaturrelevante Erkenntnisse zuspreche als Dir.

Meine Äußerungen mögen auf Dich arrogant wirken, aber ich glaube, ich kann aus Deiner Perspektive nur arrogant erscheinen.

Liebe Grüße,
Peter
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