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Shall Schneckenpost
S Alter: 24 Beiträge: 12
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S 13.06.2013 13:23 Kalte Küsse von Shall
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Kurze Szene.
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Der Friedhof ist verlassen.
In dieser Nacht wagt sich kaum einer mehr raus, bis auf mich. Während ich mit meiner Schaufel und meiner Taschenlampe über den nassen Rasen gehe und die Gegend auf ein bestimmtes Grab absuche, dringen die Regentropfen in meinen Kragen, in meine Haut - wie Eiszapfen, die mich mit ihrer Kälte durchbohren. Ich ignoriere den physischen Schmerz, gibt es doch etwas weit aus Schlimmeres, das mich mit seiner Qual verletzt, ganz tief in mir drin. Als hätte es sich in meiner Brust ein Loch, ein Versteck gegraben, um in einem schwachen Moment, in dem die Einsamkeit mich umhüllt wie eine Decke, heraus zu kriechen und an meiner Seele zu nagen. Stück für Stück zerstört der Schmerz mich, raubt mir den Atem, schenkt mir keinen einzigen Augenblick des Glücks, der Liebe, der Erfüllung. Nur ein taubes, stummes Gefühl. Nicht lebendig. Leer. Gefühllos. Allmählich verblasse ich, halten mich doch nur die einzig Wahren am Leben, die nicht mehr unter uns sind.
Die Ironie dessen wird mir gerade erst bewusst, als ich auf das Grab von Marylin Rose schreite. Sie lebte bloß zwanzig Jahre. Sie war jung und schön, meine Nachbarin, aber gehässig und käuflich, eine Nutte. Daher war ich froh gewesen, als ein Lastwagen sie überfuhr.
Wie im Takt meines pochenden Herzschlags, das mich nur oberflächlich am Leben hält, klappert die Schaufel, die ich träge hinter mir her schleppe, auf dem gepflasterten Steinweg. Innerlich bin ich nur eine tote Seele in einem funktionierenden Körper, auf der Suche nach ein bisschen Zuwendung, das mein Gefühl in der Brust auslöschen kann wie Wasser das Feuer.
Ich knipse die Taschenlampe an. Sofort erstrahlt das Licht die Einkerbung des mit Pflanzen und Unkraut überwucherten Grabsteins vor mir. Anschließend lege ich die Taschenlampe auf den Boden. Dann stoße ich die Schaufel in die feuchte Erde und beginne, zu graben. Da ich Marylin schon vor wenigen Tagen besucht und somit Vorarbeit geleistet habe, dauert es nicht lange, bis ich einen von vielen Schätzen des Friedhofes, die in einer alten Holzkiste verrotten, freigegeben habe. Ein süßlicher Geruch steigt mir in die Nase, als ich den vernagelten Deckel mit der Schaufel mühelos öffne. Ich nehme mir die Taschenlampe zur Hand und erhelle die leicht verweste Leiche mit ihrer verschrumpelten, fragilen Haut wie die von Pergament.
Seelenruhig sind ihre Augen geschlossen. Man könnte meinen, sie wäre der Engel selbst; friedlich schlafend, nichts ahnend, was Menschen wie ich mit toten Körpern anstellen. Doch ich tue nichts Falsches.
Ich steige hinab in Marylin Rose' Grab. Langsam, mit zittrigen Fingern, streiche ich über ihr Gesicht. Sie ist wunderschön, kann keinen Widerstand leisten. Und sie schweigt. Als Marylin noch lebte, war sie großmäulig, vorlaut. Doch jetzt, im schwachen, aber ausreichenden Schein der Lampe, kann sie nichts sagen, nur meinem Leid stumm zuhören. Ihre Gefühle sind genau wie meine. Nicht lebendig. Unwahr, unecht. Fröhlichkeit nur gespielt, oberflächlich. Und unter der bröckelnden Fassade der Erscheinung verbirgt sich eine Seele, die verblasst, ihre Existenz verliert. Doch der Körper - der ist da. Verdeckt das, was hinter der Maske schlummert wie einen Schleier.
Ein Fünkchen Liebe glüht in mir auf, ganz kurz nur. Dann verschwindet es. Dann kommt der Schmerz in meiner Brust aus seinem Loch, seinem Versteck. Dann spüre ich die Qual wieder. Mit einem krampfhaften Schlucken unterdrücke und verdränge ich den Schmerz.
Obwohl ich weiß, dass körperliche Liebe nicht meine seelische ersetzen kann, lege ich mich neben die Leiche und schlinge meine Arme um ihren Körper wie einen Liebhaber. Nicht lange kann ich den Schmerz weiter ignorieren, so tun als wäre er gar nicht da.
Meine Augen füllen sich mit Tränen.
Gerade noch habe ich Glück und Liebe gespürt, dann ist alles wie weggeblasen, hinterlässt die tief sitzende Leere in meiner Brust. So endet es immer.
Die kalte Nässe des Regens tut sein Übriges, verschmilzt mit meinen Tränen, prasselt auf Marylin Rose herab. Die Regentropfen formen sich zu eisige Küsse, die auf meine Haut hauchen. Leicht und unbeschwert - und doch schwer und hart. Diesmal umhüllt mich nicht nur die Einsamkeit wie eine Decke, auch der Regen, und lässt mit seiner Kälte nach einer Ewigkeit im Grab meinen Herzschlag stehen bleiben.
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Nicki Bücherwurm
Alter: 68 Beiträge: 3611 Wohnort: Mönchengladbach
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13.06.2013 13:31
von Nicki
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Sag mal, bist du sicher, dass du erst dreizehn Jahre alt bist? Und du beschäftigt dich mit einem Thema wie Nekrophilie?
Das muss ich jetzt erst einmal verarbeiten, bevor ich ewas zur Textarbeit sagen kann.
_________________ MfG
Nicki
"Wer immer tut, was er schon kann, bleibt immer das, was er schon ist." Henry Ford
"Fantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt." A.Einstein
*Sommerblues* September 2017 Eisermann Verlag
*Trommelfeuer* November 2017 Eisermann Verlag
*Silvesterliebe* 30. November 2018 Eisermann Verlag
*Gestohlene Jahre* Work in Progress |
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Shall Schneckenpost
S Alter: 24 Beiträge: 12
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flybo Schneckenpost
Alter: 37 Beiträge: 14 Wohnort: NRW
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16.06.2013 23:55
von flybo
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Wahnsinn du bist 13 Jahre alt?
.. Sprachlos!.. ich schließe mich dem an!..Das muss ich gerade auch erst mal verarbeiten o.0
_________________ und falls wir uns nicht mehr sehen....guten Tag, guten Abend und gute Nacht! D |
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Beobachter Klammeraffe
Beiträge: 617
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17.06.2013 18:50
von Beobachter
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Shall,
ich arbeite mal lieber an deinem Text als an meinen Gefühlen, ok?
Obwohl ich natürlich zugeben muss, dass ich von deiner Wortwahl und deinem Stil beeindruckt bin.
Ich hatte jedenfalls bestes Kopfkino, soll heißen, du hast eine Menge an Emotionen herübergebracht. Vielleicht ist das Ganze zu dramatisch, aber das ist ja kein Problem. Wenn du jetzt schon so weit bist, wie schreibst du dann mit 15?
Und jetzt meine übliche Korinthen ... (Mein üblicher Disclaimer: alles subjektiv, ok?)
Zitat: | Der Friedhof ist verlassen.
In dieser Nacht wagt sich kaum einer mehr raus, bis auf mich. |
Ist klar, dass außer dir und den Toten keiner mehr da ist, wenn der Friedhof verlassen ist, oder? Außerdem klingt das angehängte "bis auf mich" holprig.
Zitat: | Während ich mit meiner Schaufel und meiner Taschenlampe über den nassen Rasen gehe und die Gegend auf ein bestimmtes Grab nach einem bestimmten Grab absuche, dringen die Regentropfen in meinen Kragen, in meine Haut - wie Eiszapfen, die mich mit ihrer Kälte durchbohren.
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Ich bin auch mit deinem letzten Teilsatz nicht so ganz glücklich. Eiszapfen implizieren ja von vornherein Kälte und durchbohren passt bei ihnen, klingt aber im Rückblick darauf, dass es "nur" regnet, trotzdem komisch.
Zitat: | Ich ignoriere den physischen Schmerz, gibt es doch etwas weit aus weitaus Schlimmeres, das mich mit seiner Qual verletzt, ganz tief in mir drin. |
Zitat: | Als hätte es sich in meiner Brust ein Loch, ein Versteck gegraben, um in einem schwachen Moment, in dem die Einsamkeit mich umhüllt wie eine Decke, heraus zu kriechen und an meiner Seele zu nagen. Stück für Stück zerstört der Schmerz mich, raubt mir den Atem, schenkt mir keinen einzigen Augenblick des Glücks, der Liebe, der Erfüllung. Nur ein taubes, stummes Gefühl. Nicht lebendig. Leer. Gefühllos. Allmählich verblasse ich, halten mich doch nur die einzig Wahren am Leben, die nicht mehr unter uns sind. |
Das ist eines der Dinge, die ich meine mit zu übertrieben. Du beschreibst drüber schon, dass es schlimmere Dinge als körperliche Schmerzen gibt. Soweit so gut, aber dann hämmerst du noch einmal drauf ein, zerhackst dieses Gefühl mit gefühlten dutzenden Teilsätzen, einer hektischer als der andere, während im Endeffekt alle dasselbe aussagen. So wird es zum Schluss fast nur Blabla und verliert seinen anfänglichen Effekt der Beklemmung, weil es zu schwülstig wird.
Zitat: | Die Ironie dessen wird mir gerade erst bewusst, als ich auf das Grab von Marylin Rose schreite. Sie lebte bloß zwanzig Jahre. Sie war jung und schön, meine Nachbarin, aber gehässig und käuflich, eine Nutte. Daher war ich froh gewesen, als ein Lastwagen sie überfuhr. |
Du schreitest auf ein Grab? Hm, interessante Wortwahl, ziemlich altertümlich für jemanden, der erst 13 ist. Du bist nicht zufällig ein Vampir und schon seit zweihundert Jahren 13?
Und welch bösartige Gedanken dem Ich-Erzähler da durch den Kopf gehen ... tsk, tsk, tsk.
Zitat: | Wie im Takt meines pochenden Herzschlags, das mich nur oberflächlich am Leben hält, klappert die Schaufel, die ich träge hinter mir her schleppe, auf dem gepflasterten Steinweg. Innerlich bin ich nur eine tote Seele in einem funktionierenden Körper, auf der Suche nach ein bisschen Zuwendung, das mein Gefühl in der Brust auslöschen kann wie Wasser das Feuer. |
Erst schreitest du (was ja auf eine gewisse Würde hindeutet), jetzt schleppst du was träge hinter dir her - ganz fit ist unser Ich-Erzähler nicht. Und dann bäng: Schon wieder die Wiederholung, dass du eine tote Seele bist. Hatten wir alles schon, nur mit geringfügig anderen Worten.
Zitat: | Sofort erstrahlt das Licht die Einkerbung des mit Pflanzen und Unkraut überwucherten Grabsteins vor mir. |
Man kann etwas anleuchten, aber nicht so anstrahlen, wie du es hier beschreibst.
Zitat: | Anschließend lege ich die Taschenlampe auf den Boden. |
Den Satz würde ich ganz streichen. Einen Satz vorher hast du schon darauf hingewiesen, dass du die Taschenlampe anmachst, und wenn du zu graben anfängst, ist es ohnehin klar, dass du sie irgendwie ablegen musst. Ist sonst nur eine unnötige Wiederholung.
Zitat: | Ich nehme mir die Taschenlampe zur Hand und erhelle die leicht verweste Leiche mit ihrer verschrumpelten, fragilen Haut wie die von Pergament. |
Vielleicht wäre es besser, hier gar nicht mehr die Taschenlampe zu erwähnen, sondern einfach zu schreiben: Ich beleuchte die leicht verweste Leiche ...
Zitat: | Seelenruhig sind ihre Augen geschlossen. |
Auf mich wirkt dieser Satz, als könnte sie aktiv entscheiden, ruhig dazuliegen und die Augen geschlossen zu halten. Kann sie aber nicht.
Zitat: | Ich steige hinab in Marylin Rose' Roses Grab. |
Zitat: | Sie ist wunderschön, kann keinen Widerstand leisten. Und sie schweigt. Als Marylin noch lebte, war sie großmäulig, vorlaut. |
Yup, das erwähntest du schon. Aber was macht sie so wunderschön? Was macht ihren Reiz aus?
Zitat: | Ein Fünkchen Liebe glüht in mir auf, ganz kurz nur. Dann verschwindet es. Dann kommt der Schmerz in meiner Brust aus seinem Loch, seinem Versteck. Dann spüre ich die Qual wieder. Mit einem krampfhaften Schlucken unterdrücke und verdränge ich den Schmerz. |
Vorausgesetzt, es soll nicht irgendeine Art von Stilmittel sein, solltest du die "Dann-Sätze" umformulieren. Und ist es nicht klar, dass man Qualen verspürt, wenn man Schmerzen hat? Das dreifache Schmerzen/Qualen/Schmerzen wirkt nicht mehr.
Zitat: | Obwohl ich weiß, dass körperliche Liebe nicht meine seelische ersetzen kann, lege ich mich neben die Leiche und schlinge meine Arme um ihren Körper wie einen ein Liebhaber. |
Den Begriff seelische Liebe habe ich noch nie gehört.
Zitat: | Die Regentropfen formen sich zu eisige eisigen Küsse Küssen, die auf meine Haut hauchen. |
... die auf meine Haut hauchen - hat einen unfreiwillig komischen Klang.
Fazit: Lesenswert, interessant, aber zu viele Wiederholungen und ausschweifende Sätze, welche die Natur dieser Geschichte (Beklemmung/Unwohlsein) ins Leere laufen lassen. Wenn du den Ton knapper hältst und den Text kürzt, dürftest du genau die Reaktion hervorrufen, die du haben möchtest.
_________________ Stil ist die Fähigkeit, komplizierte Dinge einfach zu sagen - nicht umgekehrt.
- Jean Cocteau |
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Shall Schneckenpost
S Alter: 24 Beiträge: 12
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