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Sgt. Peters und die Sonne


 
 
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Vogel
Geschlecht:männlichEselsohr


Beiträge: 436

Goldene Neonzeit


Beitrag23.04.2013 17:56
Sgt. Peters und die Sonne
von Vogel
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Sgt. Peters und die Sonne



Bei dem Geruch musste er spielen gehen. Wenn die Sonne auf den Asphalt schien und es pulvrig und warm in die Nase stieg. Die Sonne vergrößert alles. Sie macht aus Steinen Landschaften, aus Pfützen Meere, aus Moos einen Jungle für Sergant Peters. Er war genau ein Jahr zu alt, um so zu spielen. Heute war das egal. Vor einem Jahr hatten seine Freunde aufgehört, am Boden liegend Figuren zu verschieben, Spucke zu versprühen, wenn sie die Geräusche von Explosionen imitierten, mit verstellter Stimme Befehle zu bellen und einen ewigen Krieg zu führen.
Franz holte sein Rad aus der Garage.
„Ich geh spielen“, rief er und stemmte sich in die Pedalen, bevor ein Spruch von seiner Mutter ihn erreichen konnte. Sie würde lachen, genau wie seine Freunde, wenn sie wüsste, dass er Sergant Peters und die anderen in der Hosentasche hatte. Aber bei diesem Wetter! Der Frühling weckte das Abenteuer. Wenn die Sonne die Räume dehnte, wenn der Schall wuchs und das Zwitschern der Vögel klarer in der Luft stand als sonst, wenn sich das Hämmern im Nachbargarten mit präzisem Nachhall durch die warme Luft bohrte, dann drängte sich auch die Stimme von Sergant Peters in Franz Fantasie.
Er fuhr zum Steinbruch. Da ging man hin, wenn man allein sein wollte. Franz wusste, dass Horst dort rauchte, mit seinen Freunden. Aber heute arbeitete Horst, heute konnte man dort ungestört spielen. Auf einem Teppich aus Wärme, Blütenfarbe, gemähtem Gras und Zugluft radelte er an den Vorgärten vorbei. Über die Felder. Durch den Wald. Und zum Steinbruch. Er versuchte eine Vollbremsung im Schotter. Er fiel beinahe hin. Franz sah sich um, beschämt. Aber niemand war da.
Er fand schnell eine Stelle im prallen Sonnenlicht, wo die Soldaten lagern konnten. Zwölf Männer aus grünem Plastik, eineinhalb Zentimeter groß. Und Sergant Peters, als einziger in der Farbe von Sand. Wie der brüchige Fels des Steinbruchs. Das Dutzend plus Einen, wie sie sich nannten, hatte Stellung bezogen in einem Spalt. Er klaffte nach hinten in eine dunkle und unerforschte Höhle. Am Rand Vegetation, hier war meterhohes Gras, scharf wie Macheten. Peters zwang George, einen Weg hindurch zu schlagen, damit sie einen Fluchtweg hatten. George kam verletzt zurück, vom Gras geschnitten. Natürlich konnte der Sergant die Wunde verbinden und George blieb einsatzbereit.
„Die Höhle erforschen wir später“, sagte Peters. „Zunächst müssen wir heraufinden, wo der Feind ist.“ Er teilte die Mannschaft in drei Gruppen ein. Eine bewachte das Lager, zwei schwärmten aus. Peters ging alleine, in die Richtung, wo der Feind am ehesten war. Er wusste, dass er die besten Chancen hatte, unentdeckt zu bleiben, wenn er die anderen zurück ließ. Keiner konnte schleichen wie er.
Etwas krachte. Franz erschrak. Er sah sich um und sah niemanden. Auch dieses Geräusch wurde von der Sonne vergrößert und schien ihm noch immer nachzuhallen, in der warmen Stille. Wahrscheinlich wurde im Wald oben gearbeitet.
Sergant Peters hatte die Explosion gehört. Die sprengten etwas. Es gab zwei Möglichkeiten. Entweder sie suchten nach Gold oder sie versuchten, die Höhle zum Einsturz zu bringen, vor der die Zwölf plus Einen lagerten. Rasch kehrte er um. Die zurückgebliebenen Männer waren in heller Aufregung. Auch sie hatten den Krach vernommen.
„Wenn sie die Höhle sprengen wollen, müssen sie an einem anderen Zugang dazu sein“, erklärte der Sergant. „Das heißt, dass wir ihnen zuvor kommen können. Wir sprengen selbst. Wenn die Höhle von hier aus zusammenbricht, reißt sie vielleicht unseren Feind in den Tod.“ Und sie plazierten ihr Dynamit und die Fernzünder. Es war gefährlich, denn sie konnten einen Erdrutsch auslösen, der sie mitriss. Peters ging das Risiko ein. Wenn sie den Feind damit erwischten, war es das wert. Das Dynamit war extrem stark. Das Donnern der Explosionen ließ die Ohren klingeln. Wieder und wieder krachten Teile der Höhle zusammen, größer und größer wurde die Verheerung.
„Was machst Du da?“
Franz fuhr herum. Den Stock, mit dem er die Felsspalte bearbeitet hatte, warf er fort. „Nichts.“
Es war ein Mädchen, das ihm gegenüber stand. Die dunklen Haare voller Staub. Auf den schmutzigen Händen Spuren von Rinnsalen, wo Wasser oder Schweiß gelaufen war. Wie die Gänge von Holzwürmern in verwittertem Holz. Sie trug ein blau-weiß gestreiftes T-Shirt.
„Du machst den Berg kaputt.“
„Sergant Peters sprengt die Höhle. Das muss so.“
„Und wenn der Steinbruch zusammenkracht?“
„Quatsch. Den kriege ich nicht kaputt.“
„Wer ist Sergant Peters?“
Franz zeigte ihr seine Soldaten. Sie setzten sich nebeneinander in den Schotter, die Rücken an die steile Wand des Steinbruchs gelehnt.
„Wieso hat der da keinen Kopf?“, fragte sie.
„Er hat ihn in einer Schlacht verloren. Aber Peters hat seinen Körper gerettet. John kann nicht mehr denken, aber er kann noch Befehle befolgen.“
„Wie mein Bruder.“
„Wie heißt Du?“
„Margit.“
„Was machst Du hier?“
Margit stand auf und holte den Stock, den Franz fortgeworfen hatte. Sie fing an, in der Höhle zu stochern, wie vorher Franz.
„Ich dachte, dann bricht der Steinbruch zusammen“, sagte Franz.
„Soll er doch.“
„Und wir?“
„Mir egal.“
Franz holte einen zweiten Stock und half ihr. Sie hackten und bohrten und stocherten, bis das Loch groß genug für einen Hasen war. Franz sah jetzt auch auf seinen eigenen Händen Striemen von Schweiß im Staub.
„Was kommt da rein?“, fragte Franz.
„Wir. Unsere Leichen.“
„Quatsch.“
„Manchmal wär ich gerne tot“, sagte Margit.
Franz nahm sie in den Arm. Sie roch nach Metall. Von der harten Arbeit und der Sonne war ihre Haut heiß. Franz dachte an eine Motorhaube nach langer Fahrt.
„Wir müssen in den Schatten gehen“, sagte er. „Hast Du hier überhaupt was zu trinken?“ Er hatte selbst nichts mitgenommen. Sie schüttelte den Kopf. „Wie lange bist Du denn schon hier?“, fragte er.
„Seit gestern.“
„Wo hast Du geschlafen?“
Sie zeigte auf eine verfallene Hütte, die zum Steinbruch gehörte.
„Hast Du ein Fahrrad?“
Wieder schüttelte sie mit dem Kopf.
„Kannst auf meinem Gepäckträger fahren.“
Sie fuhren zu ihm nach Hause. Seine Mutter war einkaufen. Er versorgte Margit mit Orangenlimonade aus dem Kühlschrank. Sie saßen in der Hollywoolschaukel und ließen die Beine baumeln. Wieder machte die Sonne das Leben groß und bedeutsam und Margits Hand in seiner war eine Welt. Da war ein spitzer Dorn am Rand ihres Zeigefingernagels. Da war eine Schicht aus trockener Erde auf der Rückseite, die sich krümelnd verabschiedete, wenn Franz mit seinen Fingern darüber strich. Da war ein warmer Dunst innen, der sich in den Linien beider Handflächen, ihrer und seiner, verfing. Glatt wie Marmor aber warm wie ein Mund die Seitenränder ihrer Finger, die sich an die Seitenrändern seiner Finger schmiegten.
Er wollte sie küssen. Er zögerte. Sein Magen aus Eis. Sich trauen. Sie küssen. Noch wartete er.
Seine Mutter kam nach Hause. Später kam die Polizei und dann war Magrit fort.
Den ganzen Sommer fuhr er zum Steinbruch, in der Hoffnung sie wieder zu sehen. Er spielte nicht mehr mit Sergant Peters, das kam ihm kindisch vor. Den ganzen Sommer über dachte er daran, was gewesen wäre, wenn er sich eine Minute früher entschlossen hätte, sie zu küssen. Sie wusste, wo er wohnte, sie hätte zu ihm kommen können. Vielleicht wäre sie gekommen, hätte er sie nur geküsst. Den ganzen Sommer über schien die Sonne und machte alles groß. Den ganzen Sommer über war er verliebt.



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Gast







Beitrag23.04.2013 20:15

von Gast
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Hallo Vogel,

mir gefällt deine Geschichte sehr gut. Diese bildhafte Sprache mag ich sehr und selten haben Wortwiederholungen so gut gepasst wie hier.
Ich will hier auch gar keine Interpretationen über den Schluss loswerden, weil diese Geschichte so  nachdenklich macht, dass ich mir immer wieder einen neuen/anderen Weg dafür ausdenken kann.
Ein paar winzige Vorschläge hätte ich, an denen Stellen, die mich ein wenig ausgebracht haben, vielleicht kannst du etwas damit anfangen.  Hast du das e bei Sergeant aus irgendeinem Grund absichtlich verschluckt? Die Anrede „Du“ wird gewöhnlich kein geschrieben. Aber das sind Peanuts.

Zitat:
„Ich geh spielen“, rief er und stemmte sich in die Pedalen, bevor ein Spruch von seiner Mutter ihn erreichen konnte.


Zitat:
Und Sergant Peters, als einziger in der Farbe von des Sandes.


Zitat:
„Zunächst müssen wir herausfinden, wo der Feind ist.“


Zitat:
Auch dieses Geräusch wurde von der Sonne vergrößert und schien ihm noch immer nachzuhallen, in der warmen Stille.


Zitat:
Und sie platzierten ihr Dynamit und die Fernzünder.


Zitat:
Das Donnern der Explosionen ließ die Ohren klingeln.

Ich bin mit nicht sicher, ob klingeln das richte Wort ist.

Zitat:
Es war ein Mädchen, das ihm gegenüber stand.

Ich glaube „ein Mädchen stand ihm gegenüber“ klingt besser?

Zitat:
Wieder schüttelte sie mit dem den Kopf.

Sonst kann die (dumme) Frage aufkommen, was sie mit dem Kopf schüttelt. Ich bin Spezialist für dumme Fragen.  Confused

Zitat:
Sie saßen in der Hollywooldschaukel und ließen die Beine baumeln.


Sehr gerne gelesen - vielen Dank.

Liebe Grüße
Monika
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Vogel
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Goldene Neonzeit


Beitrag23.04.2013 21:57

von Vogel
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Vielen Dank für Deine lobenden Worte und die völlig richtigen Kleinigkeiten. Zu blöd Sergeant zu schreiben...
Interessant, dass Du das Ende so vieldeutig findest, mir selbst kam es eigentlich ziemlich eindeutig vor. Aber da sieht man, dass im Leser mehr entsteht, als der Autor weiß.

Gruß
Vogel


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KeTam
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Beitrag24.04.2013 08:14

von KeTam
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Hallo Vogel,

mir gefällt das sehr gut. V.a. deine Beschreibungen des Frühlings finde ich sehr treffend, es entstehen beim Lesen sofort Bilder in mir.
Zwei Dinge sind mir aber aufgefallen.
Dass er sie in den Arm nimmt, kommt für mich etwas plötzlich, auch passt die spätere Scheu sie zu küssen nicht zu dieser ersten Reaktion. Ich würde das streichen.
Außerdem würde ich die Passagen, in denen er spielt, in seiner Fantasiewelt ist, irgendwie hervorheben, evtl. kursiv schreiben.


Lg, KeTam.
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Gamone
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G
Beitrag24.04.2013 08:31

von Gamone
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Hallo Vogel!

Wow, das war toll zu lesen. Eine wirklich schöne Sprache. Beim Lesen konnte ich beinahe die staubige Luft riechen und die frühsommerlichen Geräsche hören.

Sehr gerne gelesen.


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adelbo
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Beitrag24.04.2013 09:20

von adelbo
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Hallo Vogel,

die Geschichte ist in meinen Augen gut geschrieben. Ich mag diese Sprache sehr. Gut gefällt mir auch, wie du die Gefühle zwischen Kindsein und Heranwachsenden herausarbeitest.

Ich finde das Ende nicht so gelungen, obwohl ich niemand bin, der ein Ende serviert bekommen muss.  Smile

Zitat:
Seine Mutter kam nach Hause. Später kam die Polizei und dann war Magrit fort.


Hieraus und aus der Schilderung des Aussehens des Mädchens,  entnehme ich, dass die Polizei das Mädchen mitgenommen hat.

Deshalb habe ich hiermit ein Problem

Zitat:
Den ganzen Sommer fuhr er zum Steinbruch, in der Hoffnung sie wieder zu sehen. Er spielte nicht mehr mit Sergant Peters, das kam ihm kindisch vor. Den ganzen Sommer über dachte er daran, was gewesen wäre, wenn er sich eine Minute früher entschlossen hätte, sie zu küssen. Sie wusste, wo er wohnte, sie hätte zu ihm kommen können. Vielleicht wäre sie gekommen, hätte er sie nur geküsst.


Sehr wahrscheinlich überlese ich etwas Wesentliches.

LG
adelbo


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Vogel
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Goldene Neonzeit


Beitrag24.04.2013 10:19

von Vogel
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Guten Morgen,

vielen Dank für Eure Antworten. Das Ende ist offenbar doch nicht so klar, wie ich dachte. Es soll zwar der Fantasie überlassen sein, was genau Margits Geschichte ist, aber ich fand offensichtlich, dass sie von der Polizei dahin zurückgebracht wird, wo sie hingehört (wird ja nicht verhaftet, so ein Mädchen) - demnach nicht vom Planeten verschwunden und theoretisch in der Lage, Franz aufzusuchen. Weil in seiner Erinnerung das davor eine Rolle spielt und ihr "Abgeholtwerden" dagegen verblasst, wollte ich dem nicht viel Aufmerksamkeit widmen. Aber vielleicht sollte ich es etwas klarer machen.
Die Soldatengeschichten kursiv zu schreiben hatte ich auch überlegt. Aber dann fand ich, im kindlichen Geist sind sie nahezu real und eben deswegen im Text gleichwertig zu behandeln.
Findet Ihr, dass der Anteil der "Liebesgeschichte" gegenüber der "Soldatengeschichte" etwas zu kurz geraten ist? Das hatte ich überlegt, wollte es aber auch nicht künstlich verlängern.

Gruß
Vogel


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Gamone
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G
Beitrag24.04.2013 10:24

von Gamone
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Nein, ganz im Gegenteil. Ich finde es sind beide Teile gut beschrieben, wie sie sind. Und als 13(?)jähriger empfindet er das Wegholen wohl auch nicht als so drastisch und geht an den Ort, an dem er sie getroffen hat, um sie wiedersehen zu können.

Ich nahm an, dass sie eine Ausreißerin ist und von der Polizei nach Hause gebracht wird. Also durchaus verständlich, dass Franz hofft oder wünscht, dass sie zurückkommt.


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adelbo
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Beitrag24.04.2013 10:36

von adelbo
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Moin, Moin

Zitat:
Es soll zwar der Fantasie überlassen sein, was genau Margits Geschichte ist, aber ich fand offensichtlich, dass sie von der Polizei dahin zurückgebracht wird, wo sie hingehört (wird ja nicht verhaftet, so ein Mädchen) - demnach nicht vom Planeten verschwunden und theoretisch in der Lage, Franz aufzusuchen
.

Ich will jetzt nicht pingelig sein, aber ich war der Meinung, wenn sie eine Ausreißerin gewesen wäre, die in der Nähe lebt, denn nur so kann er erwarten, dass sie zu ihm kommt, hätte er sie dann nicht kennen müssen? Dann käme bei mir sofort die Frage, warum dann die Polizei?

Irgendwie ist das für mich nicht ganz schlüssig.

LG
adelbo


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KeTam
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Beitrag24.04.2013 10:41

von KeTam
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adelbo hat Folgendes geschrieben:
Moin, Moin

Zitat:
Es soll zwar der Fantasie überlassen sein, was genau Margits Geschichte ist, aber ich fand offensichtlich, dass sie von der Polizei dahin zurückgebracht wird, wo sie hingehört (wird ja nicht verhaftet, so ein Mädchen) - demnach nicht vom Planeten verschwunden und theoretisch in der Lage, Franz aufzusuchen
.

Ich will jetzt nicht pingelig sein, aber ich war der Meinung, wenn sie eine Ausreißerin gewesen wäre, die in der Nähe lebt, denn nur so kann er erwarten, dass sie zu ihm kommt, hätte er sie dann nicht kennen müssen? Dann käme bei mir sofort die Frage, warum dann die Polizei?

Irgendwie ist das für mich nicht ganz schlüssig.

LG
adelbo


Ich finde, die Überlegungen eines verliebten Teenagers müssen nicht unbedingt logisch sein. Er stellt sich das halt so vor. Für mich ist das schlüssig.
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Gamone
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Beitrag24.04.2013 10:53

von Gamone
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adelbo hat Folgendes geschrieben:
Ich will jetzt nicht pingelig sein, aber ich war der Meinung, wenn sie eine Ausreißerin gewesen wäre, die in der Nähe lebt, denn nur so kann er erwarten, dass sie zu ihm kommt, hätte er sie dann nicht kennen müssen? Dann käme bei mir sofort die Frage, warum dann die Polizei?


Wo wohnst Du? Eher ländlich?
Also hier kennt man vielleicht die Kinder in der näheren Umgebung, evtl. sogar aus dem Stadtteil, aber darüberhinaus...? Es reicht ja, von der anderen Seite der Stadt zu kommen, um völlig fremde Menschen zu treffen. Deshalb hat mir das überhaupt keine Probleme bereitet.

Und nein, Teenager sind in solchen Dingen doch eher unlogisch veranlagt, da muss ich Dir zustimmen, KeTam.
(hmm ... wirklich nur Teenager?)


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adelbo
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Beitrag24.04.2013 11:00

von adelbo
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Zitat:
Und nein, Teenager sind in solchen Dingen doch eher unlogisch veranlagt, da muss ich Dir zustimmen, KeTam.
(hmm ... wirklich nur Teenager?)   lol  



Ich gebe mich geschlagen.  love  und schicke die Sonne, die hier von einem strahlend blauen Himmel scheint.

Liebe Grüße

adelbo


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Vogel
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Goldene Neonzeit


Beitrag24.04.2013 12:01

von Vogel
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Gamone hat es genau so verstanden, wie ich es mir gedacht habe. Franz Mutter kann ja nicht gewusst haben, wohin sie gehört und hat die Polizei angerufen.
Der Steinbruch liegt ja etwas außerhalb. Sie kann also durchaus aus einem Nachbarort bzw. anderen Stadtteil kommen.

Danke für Eure Gedanken!

Gruß
Vogel


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Nicki
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Beitrag24.04.2013 13:11

von Nicki
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Hallo Vogel,
deine Geschichte habe ich gerne gelesen. Auch wenn man jetzt noch etwas daran feilen könnte. Sie erinnert mich an den Prolog zu meinem Roman, der ist auch aus der Perspektive eines dreizehnjährigen Jungen geschrieben. Meine Handlung geht aber nach sechzehn Jahren weiter, das wäre doch für deine Story auch eine Option. Du lässt den Leser ja hier im Unklaren, was es mit dem Mädchen auf sich hat. Das macht mich neugierig.


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MfG
Nicki

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Lonlav
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Beitrag24.04.2013 14:22

von Lonlav
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Hallo Vogel,

Diesen Wechsel zwischen Kind und Jugendlichem finde ich ganz ausgezeichnet getroffen, besonders gut gefällt mir hier die Schilderung des Spiels am Hang. Wie du die zwei Ebenen (Reale Welt und Fantasie) managest, das ist beeindruckend.

Wie bereits anklang, finde ich aber auch, dass die Annäherungen zwischen deinem Prota und dem Mädchen zu schnell für sein Alter und seinen Reifegrad sind. Da verhält er sich meines Erachtens nach viel zu souverän für einen, der noch am Hang mit Soldaten spielt. Ich würde das in den Arm nehmen streichen und eventuell auch das Händchenhalten. Er kann natürlich daran denken, aber ich hätte ihn jetzt als zu schüchtern eingeschätzt, um das wirklich durchzuziehen.

Allerdings würde es funktionieren, wenn die Initiative mehr von ihr ausgeht. Das scheint mir plausibler, denn sie ist diejenige, die ihn anspricht, ist deutlich extrovertierter und, was ihre Todesgedanken und die "Flucht" andeuten schon viel tiefer in der Pubertät, als er.

Dass er in der Vorstellung mit dem Gedanken spielt, sie zu küssen, finde ich gelungen. Ich würde aber, wie auch bei dem Spiel zuvor, mehr auf seine Vorstellungskraft als seine tatsächliche Handlung setzen. Das macht auch den Übergang weicher.


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Gast







Beitrag24.04.2013 14:51

von Gast
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Hallo Vogel,

ich möchte gern sagen, wie sehr mir der Anfang gefallen hat, dieses SommerGefühl, das du am Schall, am Klang der Dinge festmachst, ich konnte mich da so wiederfinden, darin ...
Du hast es dir nicht einfach gemacht, insgesamt und mir gefällt besonders wie du Spiel und "echtes" Leben ineinanders webst, ohne einen Unterschied zu machen, du überlässt das dem Leser und es funktioniert sehr gut ... du deutest Dinge an, die man weiterspinnen kann, aber nicht muss ( ... der Bruder des Mädchens zB).
Eine wunderbare Geschichte vom Übergang, von der Sehnsucht nach der Kindheit, von der kribbligen Neugier auf die Zukunft, richtig gut.

Ich würde mich Lonlav anschliessen, was die Berührungen usw. betriff, sie bringt es auf den Punkt, denke ich.

Sehr gern gelesen,

Lorraine
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Vogel
Geschlecht:männlichEselsohr


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Goldene Neonzeit


Beitrag24.04.2013 16:06

von Vogel
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Danke für noch mehr Antworten!

@Nicki: freut mich, dass Du in der Geschichte Potential für mehr siehst. Da ich mindestens 6 Romanideen in der Schublade habe, will ich eigentlich nicht hieraus noch eine weitere machen. Eine schöne Kurzgeschichte ist doch auch was wert!

@Lonlav und Lorraine: das war noch mal sehr hilfreich! Ich glaube, ich habe jetzt auch besser verstanden, was die anderen mit der unpassenden Schüchternheit meinten. Und wieso ich selbst das Gefühl hatte, der "Liebesteil" sei zu kurz. Die Interaktion der beiden und die Transformation der Gefühle kommt noch zu kurz. Für mich war Franz Umarmung eine rein fürsorgliche Geste. Die Verliebtheit kommt erst, als sie schon Händchen halten. Und schüchtern wird er erst, als er verliebt ist. Das habe ich aber nicht beschrieben, sondern voraus gesetzt, wie ich jetzt sehe. Ich wollte ja auch keine Reflexionen drin haben, sondern dass alles nur unmittelbar passiert. Da werde ich jetzt noch mal drüber nachdenken, wie ich das vermitteln kann.


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UtherPendragon
Eselsohr
U


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U
Beitrag24.04.2013 17:35

von UtherPendragon
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Ketam schrieb:
Zitat:
mir gefällt das sehr gut. V.a. deine Beschreibungen des Frühlings finde ich sehr treffend, es entstehen beim Lesen sofort Bilder in mir.
Zwei Dinge sind mir aber aufgefallen.
Dass er sie in den Arm nimmt, kommt für mich etwas plötzlich, auch passt die spätere Scheu sie zu küssen nicht zu dieser ersten Reaktion. Ich würde das streichen.
Außerdem würde ich die Passagen, in denen er spielt, in seiner Fantasiewelt ist, irgendwie hervorheben, evtl. kursiv schreiben.


Ich stimme deiner ersten Anmerkung voll zu. Bevor der kleene Prota seine neue Spielkameradin in den Arm nimmt, könntest du, Vogel, die Geschichte noch ein klein wenig ausbauen, nicht dass sie es unbedingt nötig hätte, aber es wäre dort auf jeden Fall noch "Platz" vorhanden. Oder du streichst es, wie KeTam vorgeschlagen hat.

Kursiv würde ich nichts schreiben. So fließen die beiden Welten doch gut ineinander und kommen der Fantasie eines Kindes weit näher als es eine striktere Trennung vermöge.

Genau das passende Stück Text bei diesem Wetter wink
Liebe Grüße
Uther Pendragon


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seitenlinie
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Beitrag24.04.2013 21:27

von seitenlinie
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Hallo Vogel,

mir gefallen die stimmungsvollen Bilder, die uns in zwei Welten eintauchen lassen. Da in Franz noch sehr viel Kind steckt und er
gerade etwas Neues entdeckt, finde ich es angemessen, dass dieser zweite Teil vorsichtiger und sparsamer bleibt. Teilweise läuft
das virtuelle Kino richtig gut an. Hin und wieder kommen Holperstellen oder Bilder, die mich ablenken oder kurz herausreißen.

Dazu ein paar Beispiele:

Er war genau ein Jahr zu alt, um so zu spielen. Diese Genauigkeit lenkt ab.

Er versuchte eine Vollbremsung im Schotter. Er fiel beinahe hin.
Der erste Satz ist anschaulich und griffig, der zweite macht das zunichte. Denn er beschreibt, was nicht passiert ist.


… und einen ewigen Krieg zu führen.
Hier springt meine Vorstellung sofort aus dem Spiel in die Realität.


Häufungen:
Margits Hand in seiner war eine Welt. Da war ein spitzer Dorn am Rand ihres Zeigefingernagels. Da war eine Schicht
Er versuchte eine Vollbremsung im Schotter. Er fiel beinahe hin. Franz sah sich um, beschämt. Aber niemand war da.
Er fand schnell eine Stelle …
(Selbst wenn wir hier einmal Franz haben, wirken die Satzanfänge zu statisch.)

Jungle = Dschungel


Noch ein Beispiel, wo ich etwas zeigen möchte. Die überraschende Situation könnte m.E. mehr Tempo vertragen:

„Was machst Du da?“
Franz fuhr herum. Den Stock, mit dem er die Felsspalte bearbeitet hatte, warf er fort. (nimmt Tempo raus) „Nichts.“
Es war ein Mädchen, das ihm gegenüber stand. (Relativsatz nicht notwendig) Die dunklen Haare voller Staub. Auf den
schmutzigen Händen Spuren von Rinnsalen, wo Wasser oder Schweiß gelaufen war.  (Relativsatz) Wie die Gänge von
Holzwürmern in verwittertem Holz. (Schöner Vergleich, lässt mich aber in ein anderes Bild springen) Sie trug ein blau-weiß
gestreiftes T-Shirt. (Möglich, evtl. auch an anderer Stelle) „Du machst den Berg kaputt.“


Das sähe etwa so aus:

„Was machst du da?“
Franz fuhr herum und warf den Stock beiseite. „Nichts.“
Ein Mädchen stand vor ihm. Die dunklen Haare voller Staub und an den Armen Spuren von Rinnsalen aus Schmutz und Schweiß.
„Du machst den Berg kaputt.“


Die Spielfiguren erscheinen mir zu winzig, sie sind kleiner als das Eisenbahnformat H0. Maßeinheiten wirken meist wie ein
Fremdkörper und der Begriff Plastik stört mich sowieso, man braucht ihn auch gar nicht.


Du hast (incl. Titel) 9 x die Sonne im Text. Damit drängt sich mir eine Botschaft auf, mit der ich wenig anfangen kann.
Sicher sorgt Sonne bisweilen für tolle Stimmung. Aber was willst du mir darüber hinaus vermitteln?


Das sind nur ein paar Anregungen. (Das Umstricken von Texten klappt meist nicht, weil es Flickwerk wird. Texte ein Jahr liegen
lassen und eventuell neu aufbauen, halte ich für eine bessere Lösung.)


Gruß,
Carsten
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Vogel
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Goldene Neonzeit


Beitrag25.04.2013 22:26

von Vogel
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Danke Uther, ich denke, ich werde an der Abfolge der körperlichen Annäherung noch mal arbeiten.

Danke auch Carsten für den ausführlichen Kommentar. "Es war ein Mädchen, dass..." bemängelst Du jetzt schon als zweiter. Stimmt, eine unnötig sperrige Satzkonstruktion. Auch das mit den zu genauen Angaben (ein Jahr, eineinhalb cm) werde ich berücksichtigen. Diese kleinen Soldaten gibt es schon, kennst Du die nicht? Gab es früher in großer Menge, in Pappschachteln verkauft, meistens Weltkriegssoldaten glaube ich. Jedenfalls gebe ich zu, dass mir beim schreiben kein passender Größenvergleich eingefallen war, weshalb ich einfach die cm hingeschrieben habe.
Wenn ich jeden Text ein Jahr liegen lassen würde, bevor ich ihn überarbeite, bekäme ich ja noch viel weniger zustande! Diese Version habe ich in einem weg geschrieben und war schon der Ansicht, dass sie noch Verbesserungspotential hat. Daher habe ich sie ja auch in die Werkstatt gestellt, mit dem Ziel, noch Kritik einzuarbeiten.
Ja, die Sonne ist das Hauptthema. Ohne weitere Bedeutung. Ich finde, dass die Sonne etwas mit einem macht, allem einen Anstrich von Abenteuer gibt, alles inspiriert macht, dass sie Verliebtsein fördert, dass sich die Welt einfach bedeutsamer anfühlt, wenn die Sonne scheint. Dieses Gefühl wollte ich in einer Geschichte einfangen, das war mein einziges Ziel.

Gruß
Vogel


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holg
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Beitrag26.04.2013 11:27

von holg
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Hi Vogel,
mit den Figuren habe ich früher selbst gespielt. Die gab's in 1:72, da waren sie wohl tatsächlich 1,5 cm groß und passten prima zu anderen Modellbausätzen. Es gab auch größere in 1:32. Die waren eher "draußentauglich" und eine Kinderspanne groß.
Finde im Spiel des Jungen viele alte Gefühle wieder. Die Sonne gehört dazu, denn ohne sie spielt man nicht mit Figuren draußen und in der Erinnerung an diese glücklichen Kindertage scheint immer die Sonne.

Die Begegnung mit dem Mädchen gefällt mir. Kinder sind so: auf einmal da und spielen ohne großes Vorgeplänkel einfach mit.
Die Todessehnsucht des Mädchens will nicht ins Idyll passen, ist ein kalter dunkler Fleck am heißen Sommertag, ein Frösteln. Franz will sie wärmen, Sicherheit bieten und auch ein wenig Halt finden. Die Umarmung ist logisch, aber auch ein wenig schnell.

Zitat:
„Kannst auf meinem Gepäckträger fahren.“
hier würde ich einen Absatz machen
Sie fuhren zu ihm nach Hause. Seine Mutter war einkaufen. Er versorgte Margit mit Orangenlimonade aus dem Kühlschrank. Sie saßen in der Hollywoolschaukel und ließen die Beine baumeln. Wieder machte die Sonne das Leben groß und bedeutsam und Margits Hand in seiner war eine Welt. Da war ein spitzer Dorn am Rand ihres Zeigefingernagels. Da war eine Schicht aus trockener Erde auf der Rückseite, die sich krümelnd verabschiedete, wenn Franz mit seinen Fingern darüber strich. Da war ein warmer Dunst innen, der sich in den Linien beider Handflächen, ihrer und seiner, verfing. Glatt wie Marmor aber warm wie ein Mund die Seitenränder ihrer Finger, die sich an die Seitenrändern seiner Finger schmiegten.
Das ist für mich ganz großes Kino: Poesie vom feinsten. Die bemäkelten Wiederholungen fein gesetztes Stilmittel. Eine Erkundungsliste.
Der Kussimpuls ein Anfall von Testoteronausbruch, Pubertätsmerkmal.
Der Rest, das Ende ist glasklar (meine Güte, muss man alles auf Kindergartenniveau erklären?) zwangsläufig, wehmütig. Ein perfektes Ende für eine Sommergeschichte.

Fühle mich wie zwischen Stand by me und eigenen Sommererinnerungen hin und her gerissen.

Gemäkelt haben die anderen. Zum Großteil zu recht. Wo ich anderer Meinung bin, habe ich es gesagt.

holg


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Vogel
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Goldene Neonzeit


Beitrag06.06.2013 22:25

von Vogel
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Hallo. Das Wetter hat jetzt erst erlaubt, die Geschichte noch mal zu überarbeiten. So viel habe ich nicht mehr geändert, aber ich denke, jetzt ist sie runder. Was sagt Ihr?


Bei dem Geruch musste er spielen gehen. Wenn die Sonne auf den Asphalt schien und es pulvrig und warm in die Nase stieg. Die Sonne vergrößert alles. Sie macht aus Steinen Landschaften, aus Pfützen Meere, aus Moos einen Dschungel für Sergeant Peters. Er war genau ein Jahr zu alt, um so zu spielen. Vor einem Jahr hatten seine Freunde aufgehört, am Boden liegend Figuren zu verschieben, Spucke zu versprühen, wenn sie die Geräusche von Explosionen imitierten, mit verstellter Stimme Befehle zu bellen und einen ewigen Krieg zu führen. Aber heute war ihm das egal. Heute war Sonne.
Franz holte sein Rad aus der Garage.
„Ich geh spielen“, rief er und stemmte sich in die Pedalen, bevor ein Spruch seiner Mutter ihn erreichen konnte. Sie würde lachen, genau wie seine Freunde, wenn sie wüsste, dass er Sergeant Peters und die anderen in der Hosentasche hatte. Aber bei diesem Wetter! Der Frühling weckte das Abenteuer. Wenn die Sonne die Räume dehnte, wenn der Schall wuchs und das Zwitschern der Vögel klarer in der Luft stand als sonst, wenn sich das Hämmern im Nachbargarten mit gemeißeltem Nachhall durch die warme Luft bohrte, dann drängte sich auch die Stimme von Sergeant Peters in Franz Fantasie.
Er fuhr zum Steinbruch. Da ging man hin, wenn man allein sein wollte. Franz wusste, dass Horst dort rauchte, mit seinen Freunden. Aber heute arbeitete Horst, heute konnte man dort ungestört spielen. Auf einem Teppich aus Wärme, Blütenfarbe, gemähtem Gras und Zugluft radelte er an den Vorgärten vorbei. Über die Felder. Durch den Wald. Und zum Steinbruch. Er versuchte eine Vollbremsung im Schotter. Staub wirbelte in eine aufgeschürfte Wade. Franz sah sich um, beschämt. Aber niemand war da.
Er fand schnell eine Stelle im prallen Sonnenlicht, wo die Soldaten lagern konnten. Zwölf Männer aus grünem Plastik, zweimarkstückgroß. Und Sergeant Peters, als einziger in der Farbe von Sand. Wie der brüchige Fels des Steinbruchs. Das Dutzend plus Einen, wie sie sich nannten, hatte Stellung bezogen in einem Spalt. Er klaffte nach hinten in eine dunkle und unerforschte Höhle. Am Rand Vegetation. Hier war meterhohes Gras, scharf wie Macheten. Peters zwang George, einen Weg hindurch zu schlagen, damit sie einen Fluchtweg hatten. George kam verletzt zurück, vom Gras geschnitten. Natürlich konnte der Sergeant die Wunde verbinden und George blieb einsatzbereit.
„Die Höhle erforschen wir später“, sagte Peters. „Zunächst müssen wir herausfinden, wo der Feind ist.“ Er teilte die Mannschaft in drei Gruppen ein. Eine bewachte das Lager, zwei schwärmten aus. Peters ging alleine, in die Richtung, wo der Feind am ehesten war. Er wusste, dass er die besten Chancen hatte, unentdeckt zu bleiben, wenn er die anderen zurück ließ. Keiner konnte schleichen wie er.
Etwas krachte. Franz erschrak. Er sah sich um und sah niemanden. Auch dieses Geräusch wurde von der Sonne vergrößert und schien ihm noch immer nachzuhallen, in der warmen Stille. Wahrscheinlich wurde im Wald oben gearbeitet.
Sergeant Peters hatte die Explosion gehört. Die sprengten etwas. Es gab zwei Möglichkeiten. Entweder sie suchten nach Gold oder sie versuchten, die Höhle zum Einsturz zu bringen, vor der die Zwölf plus Einen lagerten. Rasch kehrte er um. Die zurückgebliebenen Männer waren in heller Aufregung. Auch sie hatten den Krach vernommen.
„Wenn sie die Höhle sprengen wollen, müssen sie sich an einem anderen Zugang dazu befinden“, erklärte der Sergeant. „Das heißt, dass wir ihnen zuvor kommen können. Wir sprengen selbst. Wenn die Höhle von hier aus zusammenbricht, reißt sie vielleicht unseren Feind in den Tod.“ Und sie platzierten ihr Dynamit und die Fernzünder. Es war gefährlich, denn sie konnten einen Erdrutsch auslösen, der sie mitriss. Peters ging das Risiko ein. Wenn sie den Feind damit erwischten, war es das wert. Das Dynamit war extrem stark. Das Donnern der Explosionen ließ die Ohren klingeln. Wieder und wieder krachten Teile der Höhle zusammen, größer und größer wurde die Verheerung.
„Was machst Du da?“
Franz fuhr herum. Den Stock, mit dem er die Felsspalte bearbeitet hatte, warf er fort. „Nichts.“
Ein Mädchen stand ihm gegenüber. Die dunklen Haare voller Staub. Auf den schmutzigen Händen Spuren von Rinnsalen, wo Wasser oder Schweiß gelaufen war. Wie die Gänge von Holzwürmern in verwittertem Holz. Sie trug ein blau-weiß gestreiftes T-Shirt.
„Du machst den Berg kaputt.“
„Sergeant Peters sprengt die Höhle. Das muss so.“
„Und wenn der Steinbruch zusammenkracht?“
„Quatsch. Den kriege ich nicht kaputt.“
„Wer ist Sergeant Peters?“
Franz zeigte ihr seine Soldaten. Sie setzten sich nebeneinander in den Schotter, die Rücken an die steile Wand des Steinbruchs gelehnt.
„Wieso hat der da keinen Kopf?“, fragte sie.
„Er hat ihn in einer Schlacht verloren. Aber Peters hat seinen Körper gerettet. John kann nicht mehr denken, aber er kann noch Befehle befolgen.“
„Wie mein Bruder.“
„Wie heißt Du?“
„Margit.“
„Was machst Du hier?“
Margit stand auf und holte den Stock, den Franz fortgeworfen hatte. Sie fing an, in der Höhle zu stochern, wie vorher Franz.
„Ich dachte, dann bricht der Steinbruch zusammen“, sagte Franz.
„Soll er doch.“
„Und wir?“
„Mir egal.“
Franz holte einen zweiten Stock und half ihr. Sie hackten und bohrten und stocherten, bis das Loch groß genug für einen Hasen war. Franz sah jetzt auch auf seinen eigenen Händen Striemen von Schweiß im Staub.
„Was kommt da rein?“, fragte Franz.
„Wir. Unsere Leichen.“
„Quatsch.“
„Manchmal wär ich gerne tot“, sagte Margit.
Franz nahm sie in den Arm. Sie brauchte Trost. Der Geruch von Metall und Staub stieg aus ihren Haaren. Von der harten Arbeit und der Sonne war ihre Haut heiß. Franz dachte an eine Motorhaube nach langer Fahrt.
„Wir müssen in den Schatten gehen“, sagte er. „Hast Du hier überhaupt was zu trinken?“ Er hatte selbst nichts mitgenommen. Sie schüttelte den Kopf. „Wie lange bist Du denn schon hier?“, fragte er.
„Seit gestern.“
„Wo hast Du geschlafen?“
Sie zeigte auf eine verfallene Hütte, die zum Steinbruch gehörte.
„Hast Du ein Fahrrad?“
Wieder schüttelte sie mit dem Kopf.
„Kannst auf meinem Gepäckträger fahren.“
Sie fuhren zu ihm nach Hause. Seine Mutter war einkaufen. Er versorgte Margit mit Orangenlimonade aus dem Kühlschrank.
„Du musst was Kühles trinken“, sagte er. „Du bist überhitzt.“ Er fühlte sich wie der Sergeant. Er rettete die Entführte. Er versorgte ein Opfer des Krieges.
Sie saßen in der Hollywoodschaukel und ließen die Beine baumeln. Wieder machte die Sonne das Leben groß und bedeutsam und Margits Hand in seiner war eine Welt. Da war ein spitzer Dorn am Rand ihres Zeigefingernagels. Da war eine Schicht aus trockener Erde auf dem Handrücken, die sich krümelnd verabschiedete, wenn Franz mit seinen Fingern darüber strich. Da war ein warmer Dunst innen, der sich in den Linien beider Handflächen - ihrer und seiner - verfing. Glatt wie Marmor aber warm wie ein Mund waren die Seitenränder ihrer Finger, die sich an die Seitenrändern seiner Finger schmiegten.
Er wollte sie küssen. Der Gedanke war wie ein Schreck. Eben noch hatten sie gespielt. Und auf einmal ging es um Liebe. Sein Magen aus Eis. Sich trauen. Sie küssen. Noch wartete er. Gleich aber. Ein Kuss. Ein Schleier, wie kalte Milch, in seinem Bauch und in seinem Verstand. Ich werde dich küssen, formte sein Geist die Worte, mit denen er sie warnen würde. Ich werde dich küssen.

Die Tür. Ein Ruf. Seine Mutter war da.
Später kamen Polizisten. Sie nahmen Margit mit.

Den ganzen Sommer fuhr er zum Steinbruch, in der Hoffnung sie wieder zu sehen. Er spielte nicht mehr mit Sergeant Peters, das kam ihm kindisch vor. Den ganzen Sommer über dachte er daran, was gewesen wäre, wenn er sich eine Minute früher entschlossen hätte, sie zu küssen. Sie wusste, wo er wohnte. Vielleicht wäre sie gekommen, hätte er sie nur geküsst. Den ganzen Sommer über schien die Sonne und machte alles groß. Den ganzen Sommer über war er verliebt.


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