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1. Kapitel Kontrollverlust


 
 
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Kanezzo
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Alter: 32
Beiträge: 83
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K
Beitrag31.05.2013 20:34
1. Kapitel Kontrollverlust
von Kanezzo
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Hallo ihr Lieben,

ich möchte im Folgenden das erste Kapitel meines Romans "Kontrollverlust" präsentieren und hoffe, dass ihr mir helfen könnt, den Text zu optimieren.

Der Roman handelt von einem Lehrer, welcher immer wieder mit starken cholerischen Ausbrüchen zu kämpfen hat. Immer wieder regt er sich über Kleinigkeiten auf, schreit, schlägt um sich, kann zwischen angemessen und unangemessen nicht mehr unterscheiden. Dies möchte ich in dem ersten Kapitel - zumindest zu kleinen Teilen - deutlich machen.
Ich möchte mit dem ersten Kapitel die Wut dieses Lehrers möglichst gut darstellen und dem Leser einen schnellen, spannenden Einstieg in die Geschichte ermöglichen.

Dinge die mich interessieren würden:

a) wie sind eure Empfindungen dem Lehrer gegenüber?
b) ist die Wut gut genug veranschaulicht, sodass man ein Gefühl für die Situation bekommt?

Alle Äußerungen/Änderungsvorschläge sind willkommen Wink

Seine Halsschlagader pochte, seine Hände formten sich zu Steinen. Es war soweit, die Hölle konnte losbrechen. Während die weißen Stellen seiner Augen zunehmend den wutroten Äderchen wichen, raste sein Blut. Ihm war heiß, brennend heiß. Feine Schweißperlen bildeten sich auf der Stirn und schienen in der Hitze zu verglühen, während sich ein schwebendes Fadenkreuz über Simon bildete. Simon. Der Junge, der sich just in diesem Moment nicht darauf verstand zu schweigen, sondern sich im Flüsterton, in Richtung seines linken Nachbarn gebeugt, über die Ereignisse des vergangenen Wochenendes mitteilen musste.
Eine schlechte Idee. Wirklich schlecht!
Herr Korn richtete sich auf. Sein Herz drohte unter lautem Schlagen aus der Brust zu springen. Ein leises, drohendes Schnaufen stieß aus den Nasenlöchern des Lehrers, ähnlich einem Stier, der kurz davorstand loszupreschen, jeden überrennend, der sich ihm in den Weg stellte. Im Rachenraum sammelte sich feiner, stechender Speichel, der auf seiner Zunge brannte und sich auf der Innenseite seiner hohlen Wangen festbiss.
Simon konnte nicht der aller Hellste sein, schließlich hatte Korn seine Ausführungen seit einigen Sekunden eingestellt und dennoch ließ der Junge nicht von seinen Gesprächen ab. Einige der Mitschüler schienen zu ahnen, was nun folgen sollte und legten die Stirn in Falten. Scheue Blicke wanderten von Korn zu Simon, von Simon zu Korn. Mancher hätte wohl gerne gewarnt, doch traute sich keiner. Und wenn schon, es war eh zu spät.
Korns linker Mundwinkel begann unkontrolliert zu zucken und seine Fingernägel bohrten sich beim Ballen der Fäuste ins Fleisch. „Simon!“ Die tiefe Stimme des Lehrers hallte durch den Raum und schnitt die dicke Luft in zwei Lager. Auf der einen Seite: Er, seinem Zorn ergeben, den heißen Stich der Wut deutlich in der Lunge spürend. Die Augen starr auf das Ziel gerichtet. Auf der anderen Seite: Simon, der sich nun umdrehte und noch immer nicht checkte, dass es ernst war. Die Kappe cool zur Seite, die Hosen weit, das Lächeln dreist und unverschämt. „Ja bitte?“ witzelte dieser mit nasalem Ton, woraufhin einige Schüler hinter ihm leise lachten. Seine Augenbrauen verzogen sich zu schmalen Bögen, die Herrn Korn mit offensichtlich geheucheltem Interesse entgegenblitzten, durch seine Lippen zeigte er abermals ein provokantes Lächeln. Es war nicht viel, doch reichte es, um den lodernden Kessel Wut, der in Korns Innerstem zu brodeln begonnen hatte, zum Überlaufen zu bringen. Korn atmete schneller, lauter, seine Augen quollen aus den Höhlen und ehe er sich selbst versah war der Stier in ihm losgebrochen. Er schrie laut auf. „Findest du dich witzig?!“ Seine Halsschlag stach hervor und pochte unter dem Beben der Stimmbänder. Sein Blut wurde dünn, schnell und sauer. „Findest du dich witzig?!!“ wiederholte Korn noch lauter, als Simon keine Antwort hören lies. Er hatte scheinbar nicht mit einer solchen Reaktion gerechnet und sein Mund schrumpfte zum Strich. Er sah verwirrt zu seinen Mitschülern, dann wieder zu Korn. „Ich...“ setzte er zu einer seiner endlosen Ausreden an, doch Korn unterbrach ihn. „Ja du, dich meine ich, du Wurm! Du denkst du kannst es dir erlauben, nicht wahr? Mit deiner coolen Kappe, deinem verschissenen Lächeln!“ seine Stimme schwoll zu unsagbarer Lautstärke. Zwischen seinen Lippen zogen sich dünne Speichelfäden, die unter dem heißen Druck seiner Stimme zerrissen. „Ist witzig nicht wahr, wie ich hier vorne den Hampelmann für dich spiele?!!“ Er nahm das Deutschbuch, aus dem er soeben noch zitiert hatte und schlug es unter lautem Knallen auf die Tischplatte. 23 Körper zitterten, 23 Augen zuckten. Der laute Schlag, gefolgt von einer unangenehmen Stille, die nur durch das Schnaufen des Stiers unterbrochen wurde, hatte sogar Simon die Kehle zugeschnürt. Wie angewurzelt saß er jetzt da, nicht den Mut auch nur einen Mucks von sich zu geben. So manche Augenpaare sahen nun einander hilfesuchend an, ängstlich befürchtend, sie könnten durch die kleinste Bewegung den nächsten Sturm in ihrem Lehrer losbrechen. Doch alle Sorge war überflüssig, denn der Sturm war bereits zum Orkan geschwollen. „Wenn du glaubst, du kannst hier machen was du willst...“, seine Stimme begann vor Zorn zu zittern und einzelne Spucketropfen schossen wie Gewehrkugeln aus seinem Mund. Die Lautstärke, die seine Stimme mittlerweile angenommen hatte, war kaum noch zu ertragen, „...dann hast du dich verdammt nochmal geschnitten!!!“ Er schlug mit der geballten Faust auf den Tisch und einige der Mädchen ließen vor Schreck kurze, helle Schreie hören, welche sie direkt wieder verschluckten - schließlich wollte keiner die losgebrochene Wut auf sich lenken. Simon wurde auf seinem Platz immer kleiner, als sein Lehrer plötzlich auf ihn zukam. Mit schnellen, stampfenden Schritten bahnte sich der Stier seinen Weg. Prustete und brannte in der Hitze seiner Selbst. Er erstarrte vor dem Tisch des Jungen, der ihn beinahe weinerlich entgegenblickte. Seine Augenbrauen waren nur noch krumme Würmchen, die sich in den ängstlichen Falten seiner Stirn zu verstecken suchten. Korn schnaubte. „Du“, sagte er nun völlig leise aber mit einer solchen Boshaftigkeit, mit einer blanken Verachtung in der Stimme, die den gesamten Raum erzittern lies. „Du“, wiederholte er leise und die Lettern formten sich vor Simons Augen zu Ausdrücken wie „Made“, „Insekt“ und „Abschaum“. Mit einer abrupt, hektischen Bewegung schlug er dem Jungen die Kappe vom Schädel und schrie ihm seinen ganzen Zorn entgegen. „Du glaubst du bist lustig?!“, er hielt inne, um erneut Luft zu holen, „sieht du hier jemanden lachen?!!“ Schweigen. Simon schluckte. Korn atmete tief, doch half es nichts. Er konnte nicht zurück, konnte sich nicht mehr beruhigen. Der Kessel voller heißem Hass hatte sich über all seine Sinne ergossen und warf nun immer größere Blasen. Schweigen, erdrückendes, stickiges Schweigen. Gebeugte Körper, zittrige Knie, stechende Blicke, die eine nächste Blase schließlich zum Platzen brachten.



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sleepless_lives
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Beitrag01.06.2013 05:40

von sleepless_lives
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Hallo Kanezzo,
rein formal wäre es besser, wenn du für das Lesen am Bildschirm (und nur dafür) die Absätze durch eine Leerzeile verstärken würdest, weil es sich so viel besser liest.

Die Darstellung des Wutausbruchs ist in meinen Augen übertrieben, nahe einer Parodie (erinnerte mich an den Poliziepräsidenten in der uralten Fernsehserie "Kottan ermittelt", gespielt von Kurt Weinzierl). Ich war mir aus dem Zusammenhang sicher, dass es nicht komisch gemeint ist, musste einmal aber doch lachen, weil es an kindliche Erzählungen erinnerte, wo alles immer riesig groß, unheimlich schnell oder wahnsinnig laut ist. Insofern ist die Absicht des Textes gut zu erkennen, nur seine Mittel machen es zunichte. Das ist schade, denn das wäre durchaus ein sehr gelungener Einstieg.

Ich hab das Gefühl, dass dir deine Erzählhaltung in dem Text nicht wirklich klar ist und du deswegen auch nicht merkst, wo du die Bremse ziehen solltest und reduzieren.  Anhäufungen von Extremen in der Beschreibung von außen machen den Wutausbruch nicht 'fühlbarer'.  Aber der quasi-auktoriale Erzähler ist zu weit weg von der Innensicht des Lehrers, als dass er seine Sicht der Dinge (die sicher in dem Moment extrem ist) wiedergebe könnte.

Schon die ersten zwei Sätze zeigen das Problem:
Zitat:
Seine Halsschlagader pochte, seine Hände formten sich zu Steinen. Es war soweit, die Hölle konnte losbrechen.  

Wer 'sagt' das? Der Lehrer selbst würde sicher nicht so denken. Wenn er den Wutausbruch kommen sähe, würde er wohl versuchen ihn zu verhindern und nicht davon sprechen, dass er bereit ist. Das klingt nach Kontrolle, nicht nach Kontrollverlust. Zu dem Zeitpunkt kann er den Ausbruch wahrscheinlich schon nicht mehr kontrollieren, aber genau das, müsste klar werden.

Ich kann mir dieses Anfang vorstellen aus der Perspektive des Lehrers, aber dann müsste das Was mehr beschrieben werden als das Wie. Die Wut verformt ja, wie er diese harmlose Störung seines Unterrichts wahrnimmt. Oder du beschreibst es aus der Perspektive des Schülers und plötzlich bricht aus heiterem Himmel dieses Donnerwetter über ihn herein. In dem Fall würde sich von selbst ergeben, was von der Wut des Lehrers ankommt, im Wesentlichen nur äußerliche Dinge, jedoch gemischt mit der Angst (?), Betroffenheit (?) des Schülers. Oder du lässt es wie es ist, aber machst den Erzähler kalt beobachtend, ohne  mit immer neuen Superlativen auftrumpfen zu wollen.

Wie immer ist alles oben natürlich nur eine Meinung unter vielen.


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wonderland
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Beitrag01.06.2013 10:49

von wonderland
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Hi Kanezzo,
auch für mich funktioniert der Text nicht. Ich vermisse ebenfalls eine klare Perspektive, aus der erzählt wird.
Des Weiteren ist es glaube ich äußerst schwierig, einen Text packend zu gestalten, indem man direkt mit dem Wutanfall einer Person anfängt. Anders gesagt: Wutanfälle habe ich schon welche gesehen (und selbst gehabt). Sie stoßen mich eher ab - auch in diesem Fall. Es sei denn natürlich, jemand erzählte mir eine Geschichte dazu, die diesen Wutanfall interessant machte (und zwar idealerweise _vor_ dem Anfall).

du schreibst:
Zitat:

Ich möchte mit dem ersten Kapitel die Wut dieses Lehrers möglichst gut darstellen und dem Leser einen schnellen, spannenden Einstieg in die Geschichte ermöglichen.


Da bin ich wieder bei meinem momentanen Lieblingsthema, der Story.
Die Wut des Lehrers ist keine Geschichte. Eine Geschichte hat z.B. Anfang, Mitte und Ende, hat Ziele, Konflikte, Wendungen und eine Auflösung. Sodass die Darstellung der Wut des Lehreres mir eben auch keinen Einstieg in die (vorhandene? nicht vorhandene?) Geschichte verschafft.

Story ist meiner Ansicht nach, platt gesagt: Die Geschichte von jemandem, der etwas unbedingt will, und wie er das kriegt oder nicht kriegt obwohl alles Mögliche und Unmögliche an Widrigkeiten ihm begegnet, und was das Ganze für ihn bedeutet.

Das mag engstirnig erscheinen, weil Kunst ja so viel mehr sein kann. Für den Fall, dass es sich hier also um Kunst handelt, gilt alles von mir Gesagte wahrscheinlich nicht.

Ansonsten würde ich auch eine Fachliteratur empfehlen können, falls das gewünscht wäre.


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wonderland
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Beitrag01.06.2013 10:54

von wonderland
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Einen hab ich noch:
Wenn ich den Lehrer bereits kennen würde, wenn er zum Beispiel hohe Moralansprüche auch an sich selbst hätte, wenn ich in gelebten Szenen gesehen hätte, wie er darum kämpft, anständig und fair zu sein.... und DANN käme diese Wutszene, dann würde sie mich wahrscheinlich schon berühren und treffen.

Aber so als Anfang der ganzen Geschichte, kann ich das im Detail nicht beurteilen.


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crim
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Beitrag01.06.2013 10:58

von crim
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Hi Kanezzo,
vorab, ich erkenne eine Diskrepanz zwischen deinem "Vorwort" und dem Text selbst. Ich hatte erwartet, dass ich etwas Ernsthaftes serviert bekomme. Was ich aber bekam, war: Ein Comicstrip. Du wolltest Wut transportieren, transportierst aber ein wildes metaphernbuntes Bild von Wut, das dadurch eben komisch wirkt. Das sogar gut, nur wie, frage ich mich, soll sich das noch in die Geschichte verwandeln, die du angedeutet hast? Die Erzählstimme finde ich da weniger problematisch. Das absolut Übertriebene, Überzeichnete des Erzählers hat einen eigenen Reiz, aber ich kann mir momentan noch nicht vorstellen, wie das noch adäquat das von dir selbst vorgegebene Thema behandeln soll. Ich lass mich aber überraschen.
LG Crim
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Kanezzo
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K
Beitrag01.06.2013 11:57

von Kanezzo
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Hallo und schonmal vielen Dank für eure Meinungen!
Ich verstehe, was ihr meint, doch bin ich mir nicht so sicher, wie ich es umsetzen soll.

Eine Möglichkeit wäre vielleicht einen völlig anderen Einstieg zu wählen, leider sehe ich da nicht grade viel Spannung für den Leser drin. So ein typischer Roman Anfang alá "Das ist der und das ist der.." finde ich persönlich nie besonders fesselnd. Ich mag es, wenn die Geschichte direkt in einer spannenden Handlung einsteigt und sich dann langsam aufdröselt.

Was die Perspektive betrifft wird sie im ganzen Roman überwiegend auktorial erzählt, von daher fände ich einen Einstieg in der Ich-Perspektive etwas komisch (diese Perspektive wollte ich eigtl. komplett außenvor lassen).
Ich muss gestehen, dass ich wirklich so meine Schwierigkeiten mit dem Text hatte. Denn wie schildert man eine Wut möglichst groß und intensiv für den Leser, ohne dabei in Übertreibungen zu verfallen? Meiner Meinung nach kann dies nur durch einen auktorialen Erzähler geschehen, denn er kann die gesamte Situation beurteilen. Die Sicht des Jungen würde den Anstieg der Wut vernachlässigen und die Perspektive des Lehrers könnte die Wut nicht richtig erläutern (zumindest habe ich mal drüber nachgedacht, ob ich während ich einen Wutanfall habe genau beschreiben könnte, was gerade mit mir passiert...Ich glaube nicht Smile)

Zitat:
Wer 'sagt' das? Der Lehrer selbst würde sicher nicht so denken. Wenn er den Wutausbruch kommen sähe, würde er wohl versuchen ihn zu verhindern und nicht davon sprechen, dass er bereit ist. Das klingt nach Kontrolle, nicht nach Kontrollverlust.

Nein, das sagt nicht der Lehrer, sondern der allwisschende Erzähler, der die Situation sowohl außerhalb, wie auch innerhalb des Lehrers einsehen kann.

Zitat:
rein formal wäre es besser, wenn du für das Lesen am Bildschirm (und nur dafür) die Absätze durch eine Leerzeile verstärken würdest, weil es sich so viel besser liest.


Da hast du Recht, das nächste mal mache ich das besser Wink
Sorry dafür

Zitat:
Wenn ich den Lehrer bereits kennen würde, wenn er zum Beispiel hohe Moralansprüche auch an sich selbst hätte, wenn ich in gelebten Szenen gesehen hätte, wie er darum kämpft, anständig und fair zu sein.... und DANN käme diese Wutszene, dann würde sie mich wahrscheinlich schon berühren und treffen.


Danke für deinen Kommentar, vielleicht werde ich versuchen den Anfang umzukrempeln und den Lehrer von Anfang an nachvollziehbarer machen. Auch wenn das ursprünglich nicht meine Absicht war. Ich wollte den Lehrer grade am Anfang des Romans undurchsichtig erscheinen lassen, sein Verhalten soll nicht nachvollziehbar sein und sich dann nach und nach aufdröseln. Aber ich werde es mal andersrum versuchen Smile

@ Crim: Hey, das war ja fast ein Kompliment, leider aber nicht meine Absicht (also, dass das Bild eher komisch wirkt) Trotzdem danke für deinen Kommentar. Ich werde aufjedenfall nochmal an dem Text arbeiten und hoffentlich ein wenig auch die Bremse treten können.

Währenddessen würde ich mich aber über weitere Meinungen und Verbesserungsvorschläge freuen! Smile

Liebe Grüße

Ron


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sleepless_lives
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Beitrag01.06.2013 12:00

von sleepless_lives
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wonderland hat Folgendes geschrieben:
Des Weiteren ist es glaube ich äußerst schwierig, einen Text packend zu gestalten, indem man direkt mit dem Wutanfall einer Person anfängt.

Da wiederum würde ich das Gegenteil behaupten.

wonderland hat Folgendes geschrieben:
Anders gesagt: Wutanfälle habe ich schon welche gesehen (und selbst gehabt). Sie stoßen mich eher ab

Der persönliche Geschmack, was das Inhaltliche betrifft, kann nicht ein Ratgeber beim Schreiben sein. Viele Krimis und Thriller fangen mit einer Gewalttat an. Geht nicht, weil das abstoßend ist?

wonderland hat Folgendes geschrieben:
Die Wut des Lehrers ist keine Geschichte. Eine Geschichte hat z.B. Anfang, Mitte und Ende, hat Ziele, Konflikte, Wendungen und eine Auflösung. Sodass die Darstellung der Wut des Lehreres mir eben auch keinen Einstieg in die (vorhandene? nicht vorhandene?) Geschichte verschafft.

Das hier ist meiner Meinung nach ein Widerspruch in sich. Ein Einstieg in eine Geschichte kann nicht gleichzeitig eine Geschichte sein. Das würde ja unendlich (rekursiv) so weiter gehen. Ziele, Konflikte und Wendungen betreffen den ganzen Roman, nicht die ersten paar Abschnitte. Wenn sie vorhanden wären, dann nur als Anspielungen, die du zu diesem Zeitpunkt noch nicht verstehen kannst. Andernfalls, warum noch den Roman schreiben/lesen, wenn alles schon am Anfang gesagt ist?


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Kateli
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Beitrag01.06.2013 12:46

von Kateli
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Hallo Kanezzo!

Ich glaube, dass die Idee hinter deinem Text durchaus Potential hat, aber beim Lesen erging es mir wie wohl einigen anderen auch: Ich konnte es nicht ernst nehmen und habe außerdem sofort begonnen querzulesen, weil einfach zu viel reingepackt war.

Ansonsten finde ich einen Wutanfall als Einstieg nicht schlecht. Der Leser sollte allerdings schon sofort irgendwie involviert sein - ihn abhalten wollen, wissen wollen, warum, neugierig sein, was genau passiert.

Perspektivisch hast du schon Hinweise bekommen. Mein Rat wäre hier außerdem, radikal zu kürzen (viele deiner Beschreibungen drehen sich um dieselbe Situation und Empfindung, also wähle eine oder zwei aus und streiche den Rest, auch wenn's weh tut - speicher sie irgendwo für eine andere Gelegenheit) und vielleicht eine andere Stelle als Einstieg zu wählen, zum Beispiel diese:

Zitat:
„Simon!“ Die tiefe Stimme des Lehrers hallte durch den Raum und schnitt die dicke Luft in zwei Lager. Auf der einen Seite: Er, seinem Zorn ergeben, den heißen Stich der Wut deutlich in der Lunge spürend. Die Augen starr auf das Ziel gerichtet. Auf der anderen Seite: Simon, der sich nun umdrehte und noch immer nicht checkte, dass es ernst war. Die Kappe cool zur Seite, die Hosen weit, das Lächeln dreist und unverschämt. „Ja bitte?“ witzelte dieser mit nasalem Ton, woraufhin einige Schüler hinter ihm leise lachten.


Ein Einstieg mit Hallo-Wach-Effekt, oder nicht? Hier steckt die akute Situation drin, Lehrer, Schüler, Zorn, Wut, Gruppendynamik usw., jetzt ergänze meinetwegen noch ein bisschen von dem, was die Wut mit seinem Körper anrichtet (ein bisschen), und die Geschichte kann losgehen. Lass es eskalieren, aber schnell und fulminant. Man muss spüren, dass die Stimmung in der Klasse kippt, dass plötzlich keiner mehr lacht.
Weniger physiologische Körpervorgänge, und vor allem mehr Absätze! Das gilt ganz besonders für die Lesbarkeit von Dialogen.
Aber, ich wiederhole es noch einmal: Man kann herauslesen, dass du was zu sagen hast und ein gutes Verständnis dafür, was so ein starkes Gefühl wie diese unkontrollierbare Wut anrichtet bzw. für Gefühle auslöst, und dass du auch imstande bist, das in Worte zu packen. Die Kunst ist, nicht den ganzen Brockhaus zu liefern, sondern nur so viel davon, dass der Leser fühlt, was Sache ist - alles andere ist zu viel.

Meine ganz persönliche Meinung natürlich, Kanezzo! Mögen andere vielleicht ganz anders beurteilen, aber so würde ich an diesen Text und an eine Überarbeitung herangehen.
Solltest du Bedarf an der Aufdröselung einzelner Sätze haben - gerne, sag Bescheid, aber im Augenblick steht meiner unmaßgeblichen Meinung nach erst mal ein grundsätzliches Überdenken und Neuordnen an.

Viele Grüße
Nina
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wonderland
Eselsohr

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Beitrag01.06.2013 13:18

von wonderland
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@ sleepless
Zitat:
Der persönliche Geschmack, was das Inhaltliche betrifft, kann nicht ein Ratgeber beim Schreiben sein. Viele Krimis und Thriller fangen mit einer Gewalttat an. Geht nicht, weil das abstoßend ist?


ts, interessant. Gut, die Schilderung von Gewalt als Teil der Geschichte, natürlich. Stellt sich aber immer noch die Frage: Was ist die Geschichte? Das wird mir aus der Kurzbeschreibung nicht klar.  

Ich reite nur deshalb so darauf rum, weil ich bei mir und anderen heute einen Großteil von gescheiterten Schreibversuchen darauf zurückführe, dass der grundsätzliche Aufbau einer Story uns einfach nicht klar war. Das ist dann, als ob man versucht ein Haus zu bauen, aber keine Ahnung von Statik und vielen anderen Dingen hat.

Das mit dem Geschmack bzgl. Wutanfällen ist natürlich absolut richtig. Das war Käse, das so zu behaupten. Statt es in Gänze zurückzunehmen, würde ich es aber sogar dreist noch ausweiten (und dann ist es vielleicht immer noch nur mein subjektiver Geschmack, vielleicht ist aber auch mehr dran):  Jegliche Beschreibung heftiger Gefühlsausbrüche, auch eine leidenschaftliche Liebesszene, lässt mich als Leser kalt... es sei denn, ich kenne die Person bereits und fühle mit ihr. (Im realen Leben bei mir übrigens ähnlich. Da bekommen Freunde und Verwandte für kleinste Widrigkeiten mein echtes Mitgefühl, während gänzlich Fremden schon ein Flugzeug auf den Kopf fallen muss, damit es mich interessiert.)


Zitat:
Das hier ist meiner Meinung nach ein Widerspruch in sich. Ein Einstieg in eine Geschichte kann nicht gleichzeitig ein Geschichte sein.

Ich meine das im Zusammenhang mit der kurzen Beschreibung des ganzen Romans. Falls die hier gezeigte Szene Teil und Anfang einer Geschichte ist, die sich eben nicht darin erschöpft, dass dieser Lehrer dieses Problem hat, dann ist meine Anmerkung tatsächlich gegenstandslos.



@kanezzo
Zitat:
Eine Möglichkeit wäre vielleicht einen völlig anderen Einstieg zu wählen


Wenn du meine Meinung wissen willst, ich würde mir erstmal um die Gesamtstory, Wendepunkte, Konflikte Gedanken machen.
(Aber das ist eben nur ein Weg, viele andere schreiben ja lieber drauf los.)
Für mich ist es so: Erst wenn ich die Geschichte, die ich erzählen will, in einigen wenigen Sätzen (bei Bedarf auch in weitaus mehr Sätzen) zusammenfassen kann, kann ich rausfinden, an welchem Punkt ich am besten anfange zu erzählen. Vorher ist das nur Spielerei (der ich natürlich auch nachgehe, wenn es mich juckt).

Um das für mich rauszufinden, habe ich viel rumgebastelt und eine halbe Bibliothek voll Bücher übers Schreiben gelesen. Theoretisch habe ich´s jetzt raus, zumindest einen möglichen Weg (praktisch hapert es noch;-))

Hast du hier im Forum eigentlich schon die Beiträge von Ralphies Schreibwerkstatt gelesen? Da steht u.a. auch was über Romananfänge. Sehr empfehlenswert. Überhaupt.

Zu den Perspektiven: "Überwiegend auktorial" - was ist das?

Zitat:
Ich muss gestehen, dass ich wirklich so meine Schwierigkeiten mit dem Text hatte. Denn wie schildert man eine Wut möglichst groß und intensiv für den Leser, ohne dabei in Übertreibungen zu verfallen? Meiner Meinung nach kann dies nur durch einen auktorialen Erzähler geschehen, denn er kann die gesamte Situation beurteilen.

Welches die richtige Perspektive ist, hängt von der Geschichte ab, die man erzählen will. Hier zeigt sich wieder, was ich eben immer noch vermute: Du hältst scheinbar ein Gefühlsproblem für eine Geschichte.
Zitat:

Ich wollte den Lehrer grade am Anfang des Romans undurchsichtig erscheinen lassen, sein Verhalten soll nicht nachvollziehbar sein und sich dann nach und nach aufdröseln.

dto. Erst die Story, dann solche Entscheidungen m.E. Es kommt darauf an, was man unterm Strich erzählen will, was am Ende rauskommen soll.

Tatsächlich muss ich nun bei nochmaligem Hinsehen auch crim Recht geben. So wie es dasteht, ist die Beschreibung von "Wut" natürlich viel zu viel. Der Punkt ist ja eigentlich, dass man sich als Leser etwas vorstellen und dabei etwas empfinden möchte. Wird zu viel von etwas beschrieben, überspringe ich das, scanne: ach, immer noch dasselbe... weiter... ach immer noch dasselbe. Aber darauf kam es mir erstmal noch nicht an.

Sondern vielmehr *nervmodus an*: Wessen Geschichte und was für eine Geschichte es ist. Aus der Beantwortung dieser Fragen ergibt sich für den Autor dann, ob in einer Szene der Leser z.B. Mitleid mit dem Lehrer haben soll oder ob die Angst der Schüler wichtiger ist.


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Kanezzo
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Beitrag01.06.2013 13:37

von Kanezzo
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Hallo wonderland,

ich hoffe ich kann dich ein bisschen beruhigen. Ich habe die letzten zwei Wochen mit nichts anderem verbracht, als mit plotten, durchplanen usw.
Es handelt sich bei dem Kapitel also um den Einstieg des Buches, wofür zunächst mal nur das zu wissen ist, was ich in den Vorworten geschrieben habe. Gerne enthülle ich dir aber in ein paar Sätzen den Zusammenhang zum Roman:

Der Roman handelt von einem Lehrer, welcher immer wieder mit starken cholerischen Ausbrüchen zu kämpfen hat. Immer wieder regt er sich über Kleinigkeiten auf, schreit, schlägt um sich, kann zwischen angemessen und unangemessen nicht mehr unterscheiden.
Er lebt mit seiner Frau zusammen, welche als erfolgreiche Architektin tätig ist und über die Stärke seiner Ausbrüche (die häufig in der Schule auftreten), nicht Bescheid weiß. Ihr gegenüber hält er eine Fassade aufrecht und tut immer so, als würde in seinem Job alles super laufen. Da sie aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit immer sehr spät Zuhause, bzw. generell recht viel unterwegs ist, bemerkt sie die eigentlichen Probleme ihres Mannes nicht.
Auch wenn der Lehrer (grade unter den Schülern) als das Grauen in Person gilt, ist er an und für sich ein ziemlich armer Wicht, der verbittert und im Grunde hilflos ist. Er kann seine Wut nicht steuern und entwickelt auf Grundlage seiner Ausbrüche einen tiefen Selbsthass. Bis zu diesem einen Tag, an dem er – durch einen Zwischenfall – auf einen Schüler aufmerksam wird. Im Gegensatz zu sonst, wo sich alle Schüler ängstlich vor ihm zurück ziehen, traut sich dieser Schüler ihm entgegenzutreten und ihm Einhalt zu gebieten. Für den Moment in seiner Wut bestärkt, im Hinterher jedoch fasziniert von dem Jungen entwickelt sich eine Geschichte, die von Freundschaft und Liebe erzählt.

Was mit einem Zwischenfall begann, spinnt sich weiter zu einem immer häufig werdenderen Briefkontakt zwischen Lehrer und Schüler. Der Schüler (welcher ebenfalls eine ganz eigene Persönlichkeit ist), lernt seinen Lehrer von einer ganz anderen Seite kennen, die ihn beeindruckt. Nach und nach wird der Kontakt immer mehr und die Gefühle immer stärker. Es entwickelt sich eine Liebesbeziehung, von der beide profitieren.
Was Anfangs für beide ein enormes Glück ist und zu einem starken Wandel ihrer charakterlichen Eigenschaften führt, wird bald zur Qual. Schließlich können sie ihre Liebe nicht ausleben, dürfen sich – trotz regelmäßigem Kontakt in der Schule – nichts anmerken lassen und müssen immer neue Lügen für ihre Treffen erfinden. Nach langer Zeit, voller Gewissensbisse und Zweifeln, beendet der Lehrer die Beziehung (welcher neben den genannten Gründen auch noch die rechtliche Gefahr sieht).

Dieser Text ist nur dazu da, einen kleinen Überblick über die Geschichte zu erhalten. Ich könnte beispielsweise über die Hintergründe für die ständigen Ausbrüche des Lehrers oder die Person des Schülers (bzw. dessen Gründe sich in den Lehrer zu verlieben) noch Seiten füllen. Dies ist hier aber nicht das Thema, daher lass ich es Wink


Anmerkung:
Simon ist NICHT der Schüler, der in die Liebesbeziehung verwickelt ist. Der Anfang soll vorallem Herr Korns Wut aufzeigen und den Leser (ggf.) auf eine falsche Fährte locken.

Falls der Leser denn Klappentext gelesen hat, wird er sich wahrscheinlich denken "Das ist bestimmt der Schüler", ist er aber nicht. Der Schüler, um den es sich dreht, kommt erst ein wenig später dazu und bildet die zweite Perspektive.

wonderland, ich hoffe, ich konnte dir nun einen etwas besseren Einblick verschaffen Smile


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wonderland
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Beitrag01.06.2013 14:23

von wonderland
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Hi Kanezzo,

danke für die Erläuterung.  Ich weiß allerdings nicht, ob ich mich so einfach beruhigen lasse.

 Rolling Eyes

Ein paar Fragen noch, musst du nicht für mich beantworten, eher als Input fürs Weiterplotten gedacht:

1. Kannst du die ganze Geschichte auch in zwei oder drei Sätzen erzählen?

2. Was ist die "Moral" von der Geschichte? (Z.B. "Wahre Liebe heilt Wüteriche")

3. Wer ist der Protagonist: Der Lehrer oder der Schüler?
 
Dann noch eine persönliche Anmerkung: Ich mag es nicht, wenn ich eine Liebesgeschichte erzählt bekomme, aber anfangs gezielt in die falsche Richtung geführt werde. Was ja wegens Klappentext so auch nicht funktioniert. Ich denke, es braucht dann früh im Text auch Andeutungen, dass es um Liebe gehen wird.

Aber jetzt sehe ich natürlich mehr von einer Geschichte, und die finde ich im Ansatz auch sehr interessant.

Wünsche erfolgreiches Weiterplotten und Schreiben.


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Kanezzo
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Beitrag01.06.2013 14:45

von Kanezzo
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So, ich habe alles ein wenig umgebastelt. Bisher bin ich mit den Änderungen sehr zufrieden, würde aber dennoch gerne eure Meinung dazu hören.

Vorab möchte ich mich nochmals bedanken, die viele kontruktive Kritik ist einfach wahnsinnig wichtig und gibt mir einen riesen Ansporn mich zu verbessern. Erst jetzt habe ich erkannt WIE wichtig so etwas ist, daher möchte ich mich in Zukunft auch vermehrt den Texten der anderen widmen, um meinen Teil dazu beizutragen.

Nun aber zur geänderten Version:


„Simon!“ Die tiefe Stimme des Lehrers hallte durch den Raum und schnitt die dicke Luft in zwei Lager.
Auf der einen Seite: Er, seinem Zorn ergeben, den heißen Stich der Wut deutlich in der Lunge spürend. Die Augen starr auf das Ziel gerichtet.
Auf der anderen Seite: Simon, der sich nun umdrehte und noch immer nicht checkte, dass es ernst war. Die Kappe cool zur Seite, die Hosen weit, das Lächeln dreist und unverschämt. „Ja bitte?“ witzelte dieser mit nasalem Ton, woraufhin einige Schüler hinter ihm leise lachten. Sicher wäre ihnen das Lachen schon jetzt vergangen, hätten sie gewusst, welcher Sturm im Innern ihres Lehrers tobte. Korn biss sich auf die Zunge und drückte seine Fingernägel beim Ballen der Fäuste noch tiefer ins Fleisch. Es war zu spät, Simon hatte das Fass zum Überlaufen gebracht.
Korn schrie laut auf. „Findest du dich witzig?!“ Stille. Einige der Schüler warfen sich verwirrte Blicke zu und auch Simon saß nun kerzengerade da. „Findest du dich witzig?!!“ wiederholte Korn noch lauter, als der Junge keine Antwort hören lies. Er hätte etwas sagen sollen, irgendetwas.
Keiner bewegte sich. Scheue Blicke wanderten von Korn zu Simon, von Simon zu Korn. Der Lehrer atmete hörbar laut und die weißen Stellen seiner Augen waren den zunehmend wutroten Äderchen gewichen. Simon schluckte.
„Ich...“ setzte er zu einer seiner endlosen Ausreden an, doch Korn unterbrach ihn.
„Ja du, dich meine ich, du Wurm! Du denkst du kannst es dir erlauben, nicht wahr? Mit deiner coolen Kappe, deinem verschissenen Lächeln!“ Zwischen Korns Lippen zogen sich dünne Speichelfäden, die unter dem heißen Druck seiner Stimme zerrissen.
„Ist witzig nicht wahr, wie ich hier vorne den Hampelmann für dich spiele?!!“ Er nahm das Deutschbuch, aus dem er soeben noch zitiert hatte und schlug es unter lautem Knallen auf die Tischplatte. 23 Körper zitterten, 23 Augen zuckten. Simons Mund formte sich zum Strich.
Der laute Schlag, gefolgt von einer unangenehmen Stille hatte sogar ihm die Kehle zugeschnürt.
So manche Augenpaare sahen nun einander hilfesuchend an, ängstlich befürchtend, sie könnten durch die kleinste Bewegung den nächsten Sturm in ihrem Lehrer losbrechen. Doch alle Sorge war überflüssig, denn der Sturm war bereits zum Orkan geschwollen.
Simon zuckte merklich auf, als sein Lehrer unter lautem Stampfen plötzlich auf ihn zukam.
„Wenn du glaubst, du kannst hier machen was du willst...“, das ansteigende Schreien löste einzelne Spucketropfen aus dem Mund des Lehrers, die wie Gewehrschüsse auf Simon niederprasselten, „...dann hast du dich verdammt nochmal geschnitten!!!“ Mit einer abrupt, hektischen Bewegung schlug er dem Jungen die Kappe vom Schädel und schrie mit einem mal laut auf, dass seine Halsschlagader unter dem Druck der Stimmbänder heraustrat.
„Du glaubst du bist lustig?!“, er hielt inne, um erneut Luft zu holen, „sieht du hier jemanden lachen?!!“ Schweigen.
Die meisten der Schüler hatten sich in ihren Stühlen schützend nach unten geschoben und trauten sich kaum den Lehrer anzusehen.
Korn atmete tief, doch half es nichts. Er konnte nicht zurück, konnte sich nicht mehr beruhigen. Der Kessel voller heißem Hass hatte sich über all seine Sinne ergossen und warf nun immer größere Blasen. Schweigen, erdrückendes, stickiges Schweigen. Gebeugte Körper, zittrige Knie, stechende Blicke, die eine nächste Blase schließlich zum Platzen brachten.


Ich hoffe es ist diesmal etwas leserlicher (auf die Absätze bezogen)


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Altair
Gänsefüßchen


Beiträge: 48



Beitrag01.06.2013 16:00

von Altair
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Zitat:
die Hosen weit,


das ergibt, für meine Begriffe, keinen Sinn

Zitat:
das Lächeln dreist und unverschämt.


verbindet man mit einem Lächeln nicht eher etwas positives? Vermutlich würde Grinsen besser passen

Zitat:
23 Körper zitterten, 23 Augen zuckten.


Sorry, aber dann hätte jeder Schüler nur ein Auge

Zitat:
Mit deiner coolen Kappe, deinem verschissenen Lächeln!


Eher unglaubwürdig, dass ein Deutschlehrer so redet. Auch nicht, wenn er wütend ist

Altair
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KeTam
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Beitrag01.06.2013 17:01

von KeTam
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Hallo Kanezzo,

ich find das ziemlich glaubhaft. Der Lehrer bekommt einen Nervenzusammenbruch. Und das finde ich gut beschrieben.
Schade finde ich aber, dass du in diese Szene einsteigst, als es schon kein Zurück mehr gibt. Mich würde alles davor interessieren, wie die Stimmung langsam hochkocht und schließlich kippt.

Lg, KeTam.
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tjivi
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Beiträge: 22
Wohnort: NRW


Beitrag02.06.2013 10:59

von tjivi
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Hi Kanezzo,

Mich fasziniert die erste Fassung, und ich würde sie auch (eventuell kleine Korrekturen) stehen lassen. Die Persönlichkeit des Lehrers, den Charakter, innere Konflikte kann man gut anhand des Textes erahnen. Mir gefallen derart "offene" Einleitungen.
Ob die Einleitung fesselnd ist, hängt wohl auch vom Leser ab. Mich interessieren psychologische Eigenarten der Menschen. Wer mehr an reiner Spannung im Sinne von Action (nur ein Beispiel) interessiert ist, wird den selben Text sicher völlig anders "erfahren" und beurteilen.
Bleibe dran!

Viele Grüße,
tjivi


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Nicki
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Beitrag02.06.2013 11:23

von Nicki
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Hallo Ron,
ich habe jetzt beide Teile deiner Geschichte gelesen und möchte betonen, dass ich den zweiten Teil für "etwas" besser halte.
Was mich enorm stört, ist die Perspektive. Um die Gefühle eines Menschen so darzustellen, dass man mit ihr fühlt, seine Beweggründe nachvollziehen kann, ist die auktoriale Erzählperspektive viel zu distanziert. Ich sehe deinen Szene wie ein Bild, ich betrachte es von außen und habe keinen Zugang dazu. Kann weder nachvollziehen, wie es in dem Lehrer aussieht, noch was das Gefühlsleben des Jungen betrifft.
Wenn du die dritte Person wählen würdest, hättest du ganz andere Möglichkeiten, den Leser zu fesseln.
Zitat:
Was die Perspektive betrifft wird sie im ganzen Roman überwiegend auktorial erzählt, von daher fände ich einen Einstieg in der Ich-Perspektive etwas komisch (diese Perspektive wollte ich eigtl. komplett außenvor lassen).

Das muss keine Ich-Perspektive sein, mit der Dritten kommst du genauso nah heran.

Wenn ich nicht einen Ehemann hatte, der Lehrer ist und ich die Gefühlswelt deines Herrn Korn nachvollziehen könnte, würde ich den Text nicht bis zu Ende gelesen haben. Ich weiß, warum ein Lehrer so reagiert, dein Leser weiß es nicht. Das könntest du zwar noch vorweg schicken, aber erreichen könntest du den Leser trotzdem nicht so intensiv.
Versuche doch mal, die Szenen aus Herrn Korns Sicht zu schreiben und stell sie hier vor. Einen Versuch ist es sicher wert, denn das Thema ist hochinteressant.


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MfG
Nicki

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Kanezzo
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Beitrag02.06.2013 12:22

von Kanezzo
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@ Altair: Danke, für deine Einschätzung. Durch ein kleines Hallo oder ein paar Worte vorweg hätten mich noch ein wenig mehr über deinen Kommentar gefreut Wink

@KeTaM: Mich würde interessieren, auf welche Fassung du dich beziehst? Die erste oder zweite?

@tjivi: Hey, danke, dass ist lieb. Dennoch halte ich die Kommentare der anderen schon für sinnig. Nach mehrmaligem Lesen empfinde ich die erste Fassung auch etwas zu überladen. Dennoch habe ich mich in einige Forumlierungen verliebt, die ich hoffentlich in andere Fassungen miteinbeziehen kann Wink

@Nicki: Danke auch an dich! Ich werde deinen Ratschlag berücksichtigen und mal an ein paar weiteren Fassungen feilen. Grade beim ersten Kapitel ist es mir wichtig, dass ich damit viele Menschen erreichen kann, schließlich wird es das sein, was sich Leser und Lektor als erstes vornehmen Wink Ich werde also rumprobieren, bis ich eine einigermaßen gute Fassung zu stande gebracht habe...

Liebe Grüße


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KeTam
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Beitrag02.06.2013 12:32

von KeTam
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Hallo Kanezzo,

ich beziehe mich auf die zweite Version.

Lg, KeTam.
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Altair
Gänsefüßchen


Beiträge: 48



Beitrag02.06.2013 13:35

von Altair
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@Kanezzo,

sorry, für die scheinbare Unhöflichkeit, ich war einfach ein wenig in Eile...

Altair
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Kanezzo
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Alter: 32
Beiträge: 83
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Beitrag03.06.2013 14:51

von Kanezzo
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@Altair: Ist ja nicht so wild Wink Danke, dass du dich nochmal gemeldet hast Smile Lg

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tjivi
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Beiträge: 22
Wohnort: NRW


Beitrag04.06.2013 16:51

von tjivi
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Hi,

Nachdem ich mir beide Fassungen mehrmals durchgelesen habe, bleibe ich bei meiner Meinung. Die erste Fassung drückt sehr gut die zunehmende Wut und auch Hilflosigkeit des Lehrers aus. Ich habe das Bild eines Mannes vor Augen, der bildlich gesprochen im wahrsten Sinne des Wortes "vorm Platzen" steht. Du sagst, er sei cholerisch. Das ist kein Zustand, den man kontrollieren kann, selbst, wenn man es möchte. Der Mann hat keine Wahl.
Insofern nimmt die Beschreibung durchaus nicht zu viel Raum ein.

Aber das ist halt nur meine Meinung. Ob ich richtig liege, kann ich selbst am wenigsten beurteilen.

Bei dem Begriff "verschissen" habe ich auch kurz gestutzt. Aber ein Choleriker kann auch seine Wortwahl nicht immer steuern.

Allerdings hat Altair völlig recht: "lächeln" sollte durch "grinsen" ersetzt werden und natürlich sind es "46 Augen" oder "23 Augenpaare".

VG tjivi


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Altair
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Beiträge: 48



Beitrag04.06.2013 17:28

von Altair
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Hallo,

ich misch mich nochmal mit ein ;)

Zitat:
Aber ein Choleriker kann auch seine Wortwahl nicht immer steuern.


Und trotzdem wird dieser Lehrer, so wie Kanezzo ihn angelegt hat ( oder ich ihn interpretiere ) ALLES daransetzen, sich nicht mit seinen Schülern gemein zu machen. Auch während des größten Wutanfalls wird er Distanz durch die Sprache wahren (können). Das wird sich erst ändern, wenn er den Schüler näher kennenlernt, mit dem er dann eine Beziehung eingehen wird. Und vermutlich, wenn er das erste Mal Sch..  sagt, über sich selbst erschrocken und überrascht sein, aber vermutlich dann auch das erste Mal über sich selbst lachen können.

so, bin schon wieder weg...

Altair
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