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[Ent] Witz Komm Raus

 
 
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themarox
Geschlecht:männlichSchneckenpost

Alter: 34
Beiträge: 14



Beitrag27.09.2007 18:38
[Ent] Witz Komm Raus
von themarox
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

-Witz Komm Raus-



I

Ich liebe Witz. Er ist mein Ein und Alles. Ich kann sogar soweit gehen zu sagen, dass ich nur noch für Witz lebe.

Das erste Mal an dem wir uns trafen war ziemlich genau heute vor 7 Jahren. Dieser Tag hat mein Dasein schlagartig verändert. Es war bei einem mir bis zu dieser Zeit gänzlich unbekannten Nachbarn um die Ecke. Auf meinem gewohnten Weg zum Park, begegnete ich also dem Menschen, der mein Leben von Grund auf verändern sollte. Man sagt, dass man solche Momente, Momente die dich prägen, nie sofort erkennt. Erst später, wenn du siehst, wie scheiße oder gut es dir geht, weißt du auch warum. Ich war noch nie in der Lage, auch nur irgendwas zu fühlen. Vielleicht lag es bis zu dem besagten Zeitpunkt daran, dass dieser sonderbare rote Faden, der sich wie bei jedem anderen Menschen auch, bei mir allerdings pervers demütigend durchs Leben zog. Bevor ich Witz traf, war mein Leben im Grunde genommen nur  eine ansehnliche Ansammlung deprimierender Erfahrungen, die sich, auch wenn es unmöglich schien, zunehmend übertrafen. Wenn eben dieser rote Faden eines jeden auch nur annähernd normal entwickelten Individuums am Endes seines Lebens, unzählige Knoten, Verfilzungen und Überreste anderer Fäden enthält, so würde meiner stetig rot aussehen - ohne Spuren anderer Fäden. Er würde elend herunterhängen. Ich war allein, ich war ein Versager, ich war vollkommen verloren und ich wusste es noch nicht mal.  
Witz hat mich gerettet.

II

„Thomas, Thomas, Thomas…“ Ich sah auf der gegenüberliegenden Straßenseite einen unförmigen Menschen aus dem Fenster lehnen. Woher kannte diese Person meinen Namen? Er winkte mit der Hand und gab mir zu verstehen, mich zu ihm zu bewegen. Ich folgte seiner Anweisung und fand mich vor einem ungepflegten Altbau der Dreißiger Jahre wieder. Ich wusste nicht, was mich erwarten sollte. Zugegeben, die Zeit in der ich warten musste, bis der Mann mir die Tür öffnete, nutzte ich, um abzuwägen ob ich bleiben oder weglaufen sollte. Das ist nicht normal, ich weiß. Wenn fette Menschen winken, brauchst du keine Angst haben, sagte ich mir und versuchte diese Worte irgendwie logisch zu erklären. Mein schon recht einleuchtender Gedanke, dass fette Menschen schnell schwitzen und niemand gern schwitzt, wodurch das Winken eines fetten Menschen durchaus als positiv bewertet werden kann, wurde durch ein Klick, ein Klack und ein „Ach, da sind Sie ja“ unterbrochen. Stimmt – so gesehen war ich hier, aber meine Augen fixierten und meine Gedanken mokierten diesen Bauchnabel oder zweiten Bauch oder wie auch immer. Na ja, er war nach außen gewölbt und das nicht zu knapp. Gab es noch weitere Auffälligkeiten? Neben einem grünlich-bekleckerten Unterhemd, das sich athletisch über seinen Bierbauch spannte, waren da nur noch 2 kaputte, verschiedenfarbige Socken. Viel mehr hatte er ja auch nicht an. Na ja und den lediglich penisumspannenden Feinrippschlüpfer. Das war echt nicht mehr ansehnlich, aber langsam wurde es Zeit meinen Blick von seinem Unterleib abzuwenden. Also lächelte ich ihm zu. Mehr als fünf Zahnlücken erwiderten meinen Blick und servierten mir gleichzeitig die Worte „Na dann kommen Sie doch rein.“ auf einer Alkoholfahne. Lecker. Ich sollte mich dann auf einen Sessel in seinem Wohnzimmer setzen. Es roch nach Sperma. Eklig. Aber gut, daran gewöhnt man sich. Ich kommentierte diese geballte Geruchsfront an allabendlichem Ein-Mann-Spaß mit einem lapidaren "Zum Kotzen!" und wandte mich ausfüllenderen Tätigkeiten zu. Ein Blick auf den Wohnzimmerboden half mir das gewohnte Vakuum wieder zu finden, in dem ich tagtäglich schwebe. Der Teppich hatte diese wunderschöne Farbe von grauen Wolken an einem ekelhaften Herbsttag. Ich verspürte zugleich die unbändige Lust, ein Loch hinein zu treten und mich fallen zu lassen. Fallen lassen in die Unendlichkeit der Leere, in die Leere der Unendlichkeit und … ach ich schweife ab. Meine Probleme haben jetzt keinen Platz. Denn der dicke Mann öffnete den Mund und bereitete sich darauf vor gleich etwas zu sagen, was anscheinend, seiner Fettleibigkeit verschuldet, ein wenig Zeit an Vorbereitung kostete.
„Hallo Thomas.“ Guten Tag, dicker Mann.
"Thomas..., sagen Sie, was machen Sie eigentlich, Sie gehen doch oft im Park spazieren." Er betonte das letzte Wort besonders. Das hätte er nicht tun sollen. Denn auf das „besonders“ folgte ein ÄCHHHHH und dann ein ÄÄÄ und letztendlich nur ein CHH. Und dann nichts mehr. Er jappste nach Luft und ich musste aufstehen, hinter ihn laufen, meine Arme um ihn schlingen und drücken – fest drücken. Aus diesem Körper könnte man viel Seife machen. Sein Gesicht wurde blau, als er keine Luft hatte, schnell rot als er auf einmal ganz viel Luft hatte und lila nach 2 Minuten – passt. „Das passiert mir öfter.“ sagte er. Was macht er, wenn niemand da ist, um an seinen Titten zu spielen? „Was machen Sie, wenn Ihnen niemand helfen kann?“. „Ich warte bis die Luft kommt.“ - Teufelskerl! Wollte er nicht wissen, was ich immer im Park mache? „Na gut, Thomas, was machen Sie denn immer  im Park?“ lautete die Frage, die Luft war wieder da. „Ich liebe den See, ich liebe es die Menschen zu beobachten.“ Ich studiere ihre Charakterzüge. Es erregt mich ihre nächsten Bewegungen vorauszuahnen und schlussendlich meine Vermutungen bestätigt zu sehen. Es ist ein Zustand vollkommenster Ekstase. „Schön Thomas, ich dachte mir, dass Sie Tiere mögen...“ Ich habe nichts von Tieren gesagt, der dicke Mann muss etwas an den Ohren haben – vielleicht zugefettet. Er stockte, neigte seinen grobschlächtigen Schädel und fragte verwundert: "Sagen Sie, was gefällt Ihnen denn so an meinem Boden?" Es stimmt, ich starrte auf den Boden. Das Grau zog mich in den Bann, ich hatte schon immer eine Schwäche für Grau. Grau macht dir keine Hoffnungen und enttäuscht dich nicht. Grau ist so wunderschön neutral. "Ich kann nicht anders, mir gefällt Ihr Grau, wirklich, es ist herrlich." "Der Teppich war früher beige.“ worauf ein dreckiges Lachen und ein hübscher Schluck aus der Flasche, die er seit Beginn unseres zweifelhaften Rendezvous in der Hand hielt, folgten. Okay, das widerte mich an. „Worauf ich hinaus will ist, dass ich es nicht mit ansehen kann, wie ein junger Mann wie Sie, so trostlos dahinlebt. Ich will ihnen helfen." Die Worte dieses senilen Fettsackes klangen ungeahnt passend. Wie ein Stoß in die Rippen deuteten Sie an, wie ernst meine Lage eigentlich war… Ich bemerkte das Verschwinden meines Nachbarn nicht. Doch ich bemerkte sehr wohl, dass man sich doch nicht so schnell an den Geruch von Sperma gewöhnt. Noch mal eklig. Ein  Geräusch kam aus dem oberen Teil des Hauses des fetten Mannes. Ich war jetzt hellwach, gierig und roch kurzzeitig nichts. Dafür spitzte ich die Ohren. Zuerst klang es eher dumpf und ich konnte mir nicht erklären, worum es sich handelte - "Waaah, waaah..." Doch mit der Zeit nahm der Ton Gestalt an und ich war mir nahezu  im Klaren darüber, was ich da immer wieder hörte. Die arme Treppe -  Fetti kam sie mit weit aufgerissen Augen hinunter und sagte grinsend zu mir: "Schauen Sie mal, hier ist er." Er war ein schwarz gefleckter Hund mit einem dummstolz wackelnden Schwanz und langer Schnauze, und er bellte wie verrückt. Und er war verdammt klein. "Wächst der noch?" fragte ich zuerst erstaunt und starrte die ganze Zeit diesen seltsamen grauen Schwanz an. "Nein, der ist schon 2 Jahre alt." erwiderte er abweisend und widmete sich dem Hund: "Joa, bist du putzig." Er betonte wieder das letzte Wort. Diesmal ohne Folgen. "Naja, es soll Ihrer sein..." raunte er mir, den Blick zum Hund gewandt, zu. Ich wusste zuerst nicht, was er mit "Ihrer" meint und fragte verdutzt: "Wie meinen Sie das?" "Ich schenke Ihnen den Hund, machen Sie was draus, gehen Sie mit ihm in den Park oder so, ich habe auch keine Zeit mehr, nehmen Sie ihn, und gut is." Gut is?

III

Da ich sowieso vor hatte in den Park zu gehen, der Hund mich mit seinen braunen Augen verrückt anschaute und mir sein seltsamer grauer Schwanz gefiel, dachte ich mir, dass ein wenig Gesellschaft nicht schaden könne. Ich hatte noch nie einen Hund, aber ich sagte mir: Im Ernstfall kannst du ihn noch essen oder, wenn du das nicht übers Herz bringst, dem Chinesen um die Ecke verkaufen! Da stand ich also – Hund im Arm und immer dieser Schwanz… Er wackelte unaufhörlich auf und ab, auf und ab, auf und ab... Die hypnotische Wirkung dieser fremdartigen Situation führte zu einer spontanen Reaktion. Ich ließ das Tier, welches folglich kläglich schrie, fallen und ging zur gegenüberliegenden Straße, die an den Park grenzte. Daraufhin überquerte ich die eher wenig befahrene Kreuzung und stand somit an der Stelle, wo meine Einladung, von der ich nichts ahnte, begann. Wie auch immer, der grau-melierte Ton des Straßenteers, verstärkt durch dieses einhämmernde Bild des zappelnden Hundeschwanzes ließen mich in einen phrasenartigen Zustand gleiten, worüber ich völlig den Hund vergaß. Ich drehte mich um und konnte ihn nicht am Haus des Nachbarn entdecken. Wo war er geblieben? Drei sich von links nähernde Jugendliche hatten unerwartet meine ungeteilte Aufmerksamkeit. Sie kamen näher, starrten mich an und grölten belächelnd: "Man, das ist ja n' Witz, haahaa." Sie betonten das letzte Wort und ich fragte mich ob ich der Witz sei, verfolgte gleichfalls die Blickrichtung der Jungs und sah den Hund vor mir stehen. Achso, er ist der Witz.





Danke für's Lesen. Was haltet ihr davon? Wink

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Kino Vollbart
Eselsohr


Beiträge: 236



Beitrag28.09.2007 08:52

von Kino Vollbart
Antworten mit Zitat

Hi.

Gefällt mir! Schöne surreal. Schöne Geschichte.

Sprachlich allerdings noch nicht ganz ausgefeilt, noch etwas holprig. Vielleicht liegt das an den vielen Sperrungen?
Ich denke generell: Der Sprachballon ist etwas zu dick aufgepustet. Etwas das Pompöse ablassen, täte dem Text ganz gut.

Auch den Anfangsteil mit der Loserbeschreibung finde ich zu pathetisch. Etwas nüchterner geschrieben würde es, glaube ich, authentischer und auch besser wirken.

Aber Alles in Allem: Daumen nach oben.

ru
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SylviaB
Geschlecht:weiblichSchnupperhasi

Alter: 58
Beiträge: 6332
Wohnort: Köln
DSFo-Sponsor


Beitrag28.09.2007 11:48

von SylviaB
Antworten mit Zitat

Ich werde mir den Text heute abend noch einmal vornehmen, weil ich jetzt nicht genügend Zeit habe. Aber ich kann schon locker behaupten: Er ist klasse!

Gefällt mir wirklich gut und ich konnte auch nicht feststellen, dass er zu pathetisch wäre.
Das Ende und der Anfang - ein Kreislauf - fiel mir erst gar nicht auf. *schmunzel* und als das mit dem Witz kam, dachte ich an den Anfang und mußte ihn noch mal lesen. Fast zwanghaft!

Sehr schön und ich würde es kaufen. *grübel* Ja würde ich!


_________________
Scheint dat Sönnsche dir aufs Hirn,
hassu wohl ne offne Stirn. wink
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themarox
Geschlecht:männlichSchneckenpost

Alter: 34
Beiträge: 14



Beitrag28.09.2007 15:38

von themarox
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Danke für eure Meinungen.

Zu der Aussage, dass der Text holprig ist, kann ich nur sagen, dass es schon an 1, 2 Stellen stimmt Wink

Ich habe den Text gestern nochmal vollkommen umgeschrieben, weil der Zwischenteil vorher viel zu monoton war. Ich hätte ihn nochmal gründlicher ganz lesen sollen, aber das kann man noch beheben smile


cya
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Philolina
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen

Alter: 30
Beiträge: 35
Wohnort: Hamburg, Sasel


Beitrag02.10.2007 22:02

von Philolina
Antworten mit Zitat

Also ich finde gerade den Zwischenteil mit den Beschreibungen wirklich gut gemacht, weil es irre Spaß macht den zu lesen. Perlt schön runter die Worte und lustig gemacht ist es auch!!

Leonie


_________________
Neiiiiin!!!! (homer simpson)
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