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RECHERCHE Medizin: Fragen und Antworten


 
 
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Jan Hinnerk Feddersen
Geschlecht:männlichLeseratte
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Alter: 64
Beiträge: 156
Wohnort: Schleswig-Holstein


J
Beitrag22.06.2022 14:47

von Jan Hinnerk Feddersen
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Levo hat Folgendes geschrieben:
Das einzige Mal, dass ich einen Mordversuch mit Pflastern gedanklich und medizinisch nachvollziehen konnte, war in "Thank you for smoking" (Film oder Buch oder beides, ich weiß nicht mehr). Ansonsten ist das wohl einer der unsichersten, umständlichsten, autoptisch nachvollziehbarsten und eigengefährdendsten Applikationswege. Warum nicht gleich in Lidocain getränkte Zahnseide. Rolling Eyes
Wie schnell soll's denn gehen, wie auffällig darf es denn sein?

Unter Rechtsmedizinern gibt es den schönen Spruch:

"Wenn auf jedem Grab, in dem eine Leiche liegt, deren vorsätzliche Tötung nicht erkannt worden ist, eine Kerze stehen würde, wären die Friedhöfe in Deutschland nachts hell erleuchtet."

Manche Kriminalisten gehen davon aus, daß 50 Prozent aller Tötungsdelikte unerkannt bleiben. Was vor allem daran liegt, daß die typische ärztliche Leichenschau nur oberflächlich durchgeführt wird, und nur wenige Verstorbene in der Rechtsmedizin obduziert werden.

Die Kriminalgeschichte ist voll von grotesken Beispielen, was normale Ärzte alles bei der Leichenschau* übersehen haben. Schusswunden, Messerstiche, Würgemale...
Und da sind all die "Oma soll nicht das ganze Erbe für ihre Pflegekosten aufbrauchen!"-Morde noch nicht mal eingepreist, wo ein Angehöriger irgendwann den stetig wachsenden Ausgaben mit einem Kissen ein Ende bereitet, das man der multimorbide schwerkranken Oma auf's Gesicht drückt.
Der Hausarzt wird gerufen, er weiß, daß es mit Oma zu Ende ging, und nun Oma komplett entkleiden und von allen Seiten gründlich untersuchen - für mal gerade 110 Euro...
________________________

*) Leichenschau nach GOÄ (Gebührenordnung für Ärzte) Nr. 100

Untersuchung eines Toten und Ausstellung einer vorläufigen Todesbescheinigung gemäß landesrechtlichen Bestimmungen, ggf. einschließlich Aktenstudium und Einholung von Auskünften bei Angehörigen, vorbehandelnden Ärzten, Krankenhäusern und Pflegedienste, ggf. einschließlich Aufsuchen; Mindestdauer 20 Minuten (1896 Pkt., 110,51 €)

    Dauert die Leistung weniger als 20 Minuten, mindestens jedoch 10 Minuten, sind 60 % der Gebühr zu berechnen (66,31 €).
    Die Mindestdauer der Leichenschau bezieht sich auf alle Leistungen vor Ort; Das heißt, die Fahrzeiten bis zum Aufsuchen der/s Verstorbenen sind in dieser nicht miterfasst (BR-Drs. 337/19, Seiten 6 und 12).
    Die Mindestdauer der Leichenschau ist in der Rechnung mit anzugeben.
    Die Gebühr für die Leistung nach GOÄ Nr. 100 steht dem Arzt zu, der den Tod festgestellt und die vorläufige Todesbescheinigung erstellt hat.

Obligate Leistungsbestandteile der GOÄ Nr. 100, und somit nicht zusätzlich abgerechnet werden dürfen:

    Hausbesuche – GOÄ Nr. 48 bis 52
    Untersuchung des Toten – GOÄ Nr. 5 bis 8
    Ausstellen des Totenscheins – GOÄ Nr. 70, 75 oder 80
    Gespräch mit den Angehörigen oder Bezugspersonen – GOÄ Nr. 4
    Verweilen bei der/m Toten – GOÄ Nr. 56

Was Laien auch meist nicht wissen: jeder Arzt in Deutschland ist grundsätzlich  zur Leichenschau verpflichtet, wenn er von irgendjemandem (Angehörige, Polizei, wer auch immer) dazu aufgefordert wird. Ruft man den Hausarzt an und sagt: "Ich glaube, Oma ist gestorben!", dann muss er kommen und die Leichenschau vornehmen. Und zwar "unverzüglich".
Steht gerade kein anderer Arzt zur Verfügung, dann muss es z.B. auch der Augenarzt von gegenüber machen.

Wenn es korrekt läuft, muss der Arzt u.U. auch längere Zeit beim Toten warten, denn er darf den Tod erst bescheinigen, wenn sichere Todeszeichen erkennbar sind, also Totenflecken, beginnende Leichenstarre, u.a.m.

Hat der Arzt den Verdacht, es könne eine nicht natürliche Todesursache vorliegen oder ist die Todesursache unklar, muss er so lange bei dem Toten verweilen, bis die Polizei eingetroffen ist.

(Ganz am Rande: die Leute, die im Auftrag der Staatsanwaltschaft einen Verstorbenen obduzieren, sind keine "Pathologen", sondern Rechtsmediziner. Die Haupttätigkeit von Pathologen ist die Untersuchung von Gewebeproben u.ä. Die häufig auch von Lebenden stammen. Stichwort: Tumor-Erkennung u.ä. Deshalb gibt es zum Beispiel auch viele niedergelassene Ärzte für Pathologie, die sich heftig beschweren würden, wenn man ihnen eine Leiche anlieferte... Wo sie noch nicht mal einen Tisch für eine Leichen-Sektion haben. Und auch keine Kühlschränke in ausreichender Größe für menschliche Leichen...
Bei Bedarf arbeiten Rechtsmediziner und Pathologen auch zusammen.)


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Die Antwort auf die Frage "Darf man...?" lautet im Zusammenhang mit Literatur immer und ohne Ausnahme: Man darf alles, wenn denn das Ergebnis gut ist. (www.strandkorb-krimi.de)
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Jan Hinnerk Feddersen
Geschlecht:männlichLeseratte
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Alter: 64
Beiträge: 156
Wohnort: Schleswig-Holstein


J
Beitrag22.06.2022 14:57

von Jan Hinnerk Feddersen
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Murnockerl hat Folgendes geschrieben:
Ich denke, realistisch betrachtet könnte man sowohl über einen Apotheker/Apothekenmitarbeiter als auch einen Tierarzt oder Arzt (per Verschreibung) die meisten Wirkstoffe erhalten, die sich derzeit am Markt befinden. Einzig bei Opioiden, plus einigen anderen Ausnahmen (zb Arzneimitteln für Nutztiere) gibt es, zumindest in Österreich, eine Dokumentationspflicht.

Die gibt es in Deutschland auch. Von jedem Rezept für ein Medikament, das dem BtmG und der BtMVV unterliegt, muss eine Kopie an die Bundesopiumstelle geschickt werden. Ärzte und Apotheker müssen akribisch Buch über Eingang und Verbleib von BtM führen.
Zitat:

Die Frage ist also in meinen Augen mehr, ob und wie der Täter die entsprechende Person überzeugt, ihm zu helfen. Wenn er mal einen gewillten und entsprechend unmoralischen Apotheker gefunden hat, sollte die Beschaffung der meisten Wirkstoffe oder Chemikalien, so sie legal produziert werden, kein Problem werden. Außer es gibt grad einen Lieferengpass für das entsprechende Gift, was bei der derzeitigen Situation ein reales Problem für den Mörder darstellen könnte ;P

Das ist ja das schöne für einen Autor - er kann sich jederzeit einen korrupten, senilen, kriminellen Apotheker, Arzt oder Tierarzt erfinden und in die Story einpflegen...

(Was auch nur Fachleute wissen: nicht nur Ärzte, Apotheker und Patienten mit entsprechendem Rezept haben Zugriff auf Betäubungsmittel. Sondern auch die Kapitäne und Schiffsoffiziere deutscher "Kauffahrteischiffe", sprich Handelsschiffe. Die bekommen nämlich für die Schiffsapotheke eine gar nicht so kleine Ladung Betäubungsmittel, meist Morphin und Dolantin, wenn kein Arzt an Bord mitfährt, was ja nur auf größeren Passagierschiffen üblich ist, aber nicht auf einem Frachter oder Tanker.
Siehe §7 BtMVV - wenn da nicht zu oft geschummelt wird, und sich die zwei oder drei Beteiligten einig sind, fällt das nicht auf, wenn ein paar Ampullen beiseite geschafft werden.)


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tanja47
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Beitrag23.06.2022 22:32

von tanja47
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Ganz herzlichen Dank.
Ich habe viel gelernt - für jetzt und für die nächsten Projekte.
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Pickman
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Beitrag01.07.2022 22:02

von Pickman
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Hallo zusammen,

hier kommt die nächste Frage an die Medizinerinnen und Mediziner unter Euch.

Was geschieht mit der Praxis eines niedergelassenen Arztes, der verstirbt, ohne sich um die Nachfolge gekümmert zu haben? Was geschieht mit den analogen und den digitalen Patientenakten? Können die Patienten sich die Originale abholen? Oder nur die Kopien? Wo bleiben dann die Originale? Was geschieht mit denen, die nicht abgeholt werden? Was geschieht mit dem Praxiscomputer?

Ich danke Euch jetzt schon für Eure Hilfe.

Cheers

Pickman


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Michel
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Beitrag01.07.2022 22:39

von Michel
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Eine ordentliche Praxis hat ein Praxis-Testament bei einem Kollegen hinterlegt. Cool

Wenn nicht: Patientendaten müssen zehn Jahre lang aufbewahrt und anschließend vernichtet werden. Wenn man das mangels Leben nicht mehr selbst machen kann, würde ich vermuten, dass die KV (Kassenärztliche Vereinigung) zunächst versucht, irgendeinen Kollegen dafür einzuspannen, diese Aktenschränke und Festplatten aufzubewahren. Wenn sich niemand findet, müsste das meines Wissens die KV selbst machen.

Vielleicht kriegst du bei der KV direkt eine Antwort? In Freiburg findet man sie unter Telefon 0761 884-0 (KV Südbaden, Bezirksdirektion Freiburg). Oder bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung: https://www.kbv.de/html/kontakt.php

Die Originale werden sicher nicht in Patientenhand abgegeben, das wäre eine Verletzung des Datenschutzes (Aufbewahrungspflicht).

Inzwischen gehen immer mehr Praxen zur papierlosen Aktenführung über. Im Psychotherapiebereich gibt es erste Anbieter, die ein Rundum-Sorglos-Paket anbieten, bei dem in der Praxis nur noch ein Thin Client steht und der Rest auf den Servern des Anbieters. Da würde man ohne Zugangsdaten überhaupt nichts mehr finden.


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Levo
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Beitrag01.07.2022 22:49

von Levo
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Patientenakten gehen in dem Falle über in die Obhut des Staates, der diese Pflicht dann an die Landesärztekammer weitergibt, aber nach 10 Jahren wird dann garantiert vernichtet. Ansonsten ist die gesetzliche Frist eine Mindestfrist. Manche orientieren sich lieber am Zivilrecht und heben gewisse Dinge dann doch auch 30 Jahre auf (kenne Strahlentherapeuten und Pathologen, die da auf Nr Sicher gehen).
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Willebroer
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Beitrag01.07.2022 22:54

von Willebroer
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Michel hat Folgendes geschrieben:


Die Originale werden sicher nicht in Patientenhand abgegeben, das wäre eine Verletzung des Datenschutzes (Aufbewahrungspflicht).


Ich hab ein paar solche Originalaufnahmen (vom CT) auf Film und auch auf Datenträger. Fast eine halbe Schublade. Auch schriftliche Befunde und dgl. Aber lange nicht mehr reingeschaut. Wer weiß, was die mir gegeben haben. Mad

Vielleicht ist es eher selten, daß Psychotherapeuten Röntgenaufnahmen archivieren?

Ich dachte auch immer, der Patient hätte ein Recht auf seine Unterlagen. Confused
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Levo
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Beitrag01.07.2022 23:07

von Levo
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@Willebroer
Wenn der Arzt sagt, in seinen Unterlagen stehen subjektive Einschätzungen bzgl des Patienten, die er nicht herausgeben will, dann muss er nicht. Originale bleiben beim Arzt. Ansonsten gibt es keinen Grund, dem Patienten keine Kopie auszuhändigen. Laborwerte, Kopien von EKG, Narkoseprotokolle, OP-Protokolle, Schnickschnackuntersuchungen, Arztbriefen, Befundberichten und Rö-Bildern bekommt der Patient, oft gegen Erstattung der Unkosten (Kopierkosten, Porto). Dem Patienten gehören auch die Gewebeproben beim Pathologen, die im Paraffinblock aufbewahrt werden müssen; wenn er die Blöcke haben will, bekommt er auch die Aufbewahrungspflicht. Die vom Block angefertigten Schnitte gehören allerdings dem Pathologen.
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WSK
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Beitrag01.07.2022 23:13

von WSK
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Was heutzutage immer öfter passiert mit Praxen, die keinen Nachfolger haben: Sie werden von Investoren aufgekauft. Das könntest du vielleicht in deinem Roman thematisieren, das ist so furchtbar, dass man den Glauben an die Menschheit verliert (falls man ihn noch hatte).

https://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2022/Spekulanten-greifen-nach-Arztpraxen,arztpraxen112.html
https://www.youtube.com/watch?v=ydztZP8sHcs
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Levo
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Beitrag01.07.2022 23:20

von Levo
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@WSK Dann gibt es für die Praxis ja einen Nachfolger. Und die Aufbewahrungspflicht geht an den Käufer über, egal ob Konzern oder enthusiastischer Landarzt. Wird die Praxis dagegen aufgelöst, springt der Staat ein (ÄK als Stellvertreter).
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Pickman
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Beitrag03.07.2022 11:54

von Pickman
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Liebe Wohlstandskrankheit, liebe/-s/-r Levo, lieber Michel, lieber Willebroer,

vielen Dank für Eure Unterstützung. Ihr habt mir sehr geholfen.

Lieber Grüße

Pickman


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Pickman
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Beitrag04.07.2022 15:54

von Pickman
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Hallo zusammen,

bei meiner nächsten Frage geht es um die Abtreibungspille/RU-486/Mifepriston/Mifegyne:

Wird der medikamentöse Schwangerschaftsabbruch in Deutschland besser oder schlechter vergütet als der Schwangerschaftsabbruch durch Absaugung oder Ausschabung? Hat die Vergütungssituation sich seit der Erstzulassung geändert?

Bitte - mir geht es hier nur um die Frage der Vergütung. Wer eine allgemeine Abtreibungsdebatte führen möchte, möge das bitte in einem separaten Faden tun, z. B. hier: https://www.dsfo.de/fo/viewtopic.php?t=73317&highlight=.
Ich danke jetzt schon für Eure fundierten Antworten.

Cheers

Pickman


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Michel
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Beitrag04.07.2022 16:00

von Michel
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Weiß ich nicht. Aber für gesetzlich Versicherte hilft evtl. Googeln von "ebm vergütung abort" o.ä.

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Beitrag04.07.2022 17:34

von WSK
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Bei einer medikamentösen Abtreibung wird lediglich eine Tablette in einer Praxis gegeben, danach geht die Frau "zum Bluten" nach Hause.
Eine Abrasio / Ausschabung ist eine OP unter Vollnarkose. Natürlich ist das ein völlig anderes Kaliber, was die Vergütung betrifft. Aber daran verdient nicht nur die Gynäkologin persönlich, sondern die Klinik mit ihren Abteilungen, da ja auch ein Anästhesist, OP-Team etc. beteiligt ist.

Operationen sind in Deutschland im Vergleich zu konservativen Therapien i.d.R. finanziell viel profitabler, weswegen die Zahlen bestimmter OPs im Vergleich zu anderen Ländern bei uns höher sind. Bei uns werden z.B. viel mehr künstliche Gelenke reingezimmert als bei unseren Nachbarn. Rette sich, wer kann.
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Levo
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Beitrag04.07.2022 18:26

von Levo
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Es gibt z B WHO-Empfehlungen, wann sich welche Methode anbietet.
Ab einer bestimmten Woche wird es mit der unüberwachten medikamentösen Variante sehr, sehr unsicher und ist nicht mehr indizierbar. Ansonsten entscheidet die Patientin nach der Beratung, welche Methode sie vorzieht. Bisher durften Ärzte darüber ja nichts auf ihren Webseiten hinterlegen, wegen des gerade gekippten Werbungsverbots; ich schätze, in D wird das jetzt nachgeholt.
Jemanden vor seinen Augen ein paar Pillen schlucken zu lassen (zwei Termine), braucht übrigens sehr viel weniger Zeit, von daher könnte man, wenn man unter rein finanziellen Gesichtspunkten arbeitete, einfach mehr medikamentöse Abbrüche durchführen. Für eine eventuelle Kontrolle nach Mifegyne muss die Patientin wiederkommen oder sie führt nach zwei Wochen zuhause einen Schwangerschaftstest durch, um einen Hinweis zu bekommen, ob alles raus ist.
Bei allen nicht-medikamentösen Methoden wird die Patientin erst nach Hause entlassen, wenn das Ende der Schwangerschaft sicher erscheint, weil die Prozedur unter Bildgebung und eigener Inaugenscheinnahme erfolgt (auch da gibt's Ausreißer, aber eher seltener).
Ein Schwangerschaftsabbruch wird von Krankenkassen nicht so einfach bezahlt, aber wer kein Geld hat, kann die Übernahme bei der KK beantragen. Dass beim Absaugen eine Vollnarkose fällig wird, ist ein offenbar eher urdeutscher Auswuchs, die Empfehlung der WHO geht zur Lokalänasthesie.
Für eine Abtreibung muss Frau nicht ins Krankenhaus, das geht auch ambulant.
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Pickman
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Beitrag04.07.2022 18:47

von Pickman
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Liebe Wohlstandskrankheit, liebe/-s/-r Levo, lieber Michel,

das ging ja flott. Auf Euch ist Verlass. Vielen Dank!

Die Auskunft von Wohlstandskrankheit fand ich besonders hilfreich.

Ich bin, um mein Gedächtnis aufzufrischen, noch einmal in meine Unterlagen gegangen, und habe die Passage gefunden, die meiner Frage an Euch zugrunde lag. Im Deutschen Ärzteblatt vom 08.01.2001 heißt es auf Seite B 5: "Femagen begründete den Vertriebsstopp mit hohen Verlusten durch den in Deutschland gesetzlich vorgeschriebenen Sondervertriebsweg und mit unzureichenden Honoraren für die Ärzte."

Liebe Grüße

Pickman


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WSK
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Beitrag04.07.2022 19:00

von WSK
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Levo hat Folgendes geschrieben:
Dass beim Absaugen eine Vollnarkose fällig wird, ist ein offenbar eher urdeutscher Auswuchs, die Empfehlung der WHO geht zur Lokalänasthesie.

Keine Frau möchte ihre Abtreibung live miterleben.
Für eine Abrasio nach Fehlgeburt gilt dasselbe, psychisch extrem belastend für die Betroffene.
Man bietet trotzdem ne Spinale an, aber eher der Vollständigkeit halber.

In ärmeren Ländern gibt's diesen Luxus sicherlich nicht.
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tanja47
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Beitrag04.07.2022 19:51

von tanja47
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Zum Thema: Praxisbeendigung kann ich aus Erfahrung berichten:

Mein HA ging vor 15 Jahren in Rente und gab allen, die wollten, die eigene Krankenakte mit (bis auf persönliche Notizen von ihm) - in Papierform, d. h. ein Stapel Papier => für den neuen HA. Meine Krankenakte machte einen Umweg über den Kopierer.
Von MRT & Röntgen habe ich CDs bzw. s/w-Bilder zu Hause. In der Radiologiepraxis waren sie sehr froh, als ich alles, was meinen Namen trug, mitnahm.
Desweiteren habe ich eine Uralt-Karteikarte in meinen Unterlagen. Als ich Kind war, wurden alle Impfungen zentral im Kreisgesundheitsamt erfaßt. Dieses löste sich vor 20 Jahren auf, weil sich der Kreis auflöste - genauer fusionierte mit anderen Kreisen. Die Kreisverwaltung schrieb offiziell aus, daß sich jeder in den Jahrgängen von X bis Y in dem Zeitraum von bis dort melden konnte und seine Karteikarte ausgehändigt bekam. Der Rest wurde geschreddert. Auf dieser Basis wurde dann mein Impfausweis angelegt, den ich bis dato gar nicht hatte.

Bei einer (nicht meiner!!!) HA-Praxis habe ich selbst gesehen, daß der Arzt sich null für die Unterlagen interessierte, die keiner abgeholt hat, die blieben einfach in den Aktenschränken. Also genauer: Verpächter und Pächter hatten bei der "Rückgabe" der Räumlichkeiten vereinbart, daß der Verpächter Möbel & Co. gegen Entgeld entsorgen wird, da der Arzt überhaupt nicht mehr fähig dazu war. Beim Raustragen der Möbel stellten sich die Aktenschränke als weitestgehend voll raus. Oh Schreck. Alle Unterlagen landeten in einer riesigen Metalltonne, die zwei Jahre im verschlossenen Nebengebäude stand. (Nach dem Motto: Wenn sich jemand meldet - tat niemand!!!) Ein kontrolliertes Feuer entsorgte alles. (ist auch gut 15 Jahre her.)

Hilft Dir, Pickman, vielleicht nicht wirklich weiter, aber ich wollte meine Erfahrungen loswerden Pfiffig Blinzeln
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Levo
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Beitrag04.07.2022 19:54

von Levo
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Zitat:
In ärmeren Ländern gibt's diesen Luxus sicherlich nicht.

Wenn die WHO DMn nur Empfehlungen für ärmere Länder herausgibt ... *achselzuck*
Aber auch Vollnarkose gibt's ambulant. Wink

@Pickman
Mifegyne (heute Mittel der Wahl) hat eine relativ hohe Rate an "upps, ist ja doch noch was drin", was dann sekundär zur Ausschabung (auch ambulant) führt.
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WSK
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Beitrag04.07.2022 21:19

von WSK
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Levo hat Folgendes geschrieben:
Aber auch Vollnarkose gibt's ambulant. Wink

Nasen sind mitten im Gesicht. Razz
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Pickman
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Beitrag04.07.2022 21:52

von Pickman
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tanja47 hat Folgendes geschrieben:

Hilft Dir, Pickman, vielleicht nicht wirklich weiter, aber ich wollte meine Erfahrungen loswerden Pfiffig Blinzeln


Doch, doch, dankeschön! Dein Erfahrungsbericht zeigt, wie es in der Praxis ( Laughing ) laufen kann. Das ist für mich sehr wertvoll.


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tanja47
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Beitrag05.07.2022 17:25

von tanja47
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Pickman hat Folgendes geschrieben:
tanja47 hat Folgendes geschrieben:

Hilft Dir, Pickman, vielleicht nicht wirklich weiter, aber ich wollte meine Erfahrungen loswerden Pfiffig Blinzeln


Doch, doch, dankeschön! Dein Erfahrungsbericht zeigt, wie es in der Praxis ( Laughing ) laufen kann. Das ist für mich sehr wertvoll.

Frei nach dem Motto: Zur Not dient es als schlechtes Beispiel. Pfiffig Blinzeln
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