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[Automatisches Schreiben] Türkisblaue Augen

 
 
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Elias Struten
Geschlecht:männlichWortedrechsler

Alter: 61
Beiträge: 82



Beitrag03.04.2013 00:36
[Automatisches Schreiben] Türkisblaue Augen
von Elias Struten
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Danke KeTam für Deine inspirierenden Worte.
Hatte ich es nicht gesagt:
Zitat:
Ich schmacht' dahin.  love Gekühlte, türkisblaue Augen? Sie verheißen Gefahr, Leidenschaft und stehen für eine Frau, deren Augenaufschlag jeden Mann in ihren Bann zieht, um ihn nie wieder loszulassen. Boah! Wieso bekomme ich gerade jetzt unbändige Lust, eine romantische, tragische Liebesgeschichte zu schreiben?


Türkisblaue Augen


»Du erdrückst mich«, sagte Kathrin. Genießerisch setzte sie den Dolch zum Gnadenstoß an und schraubte ihn Thorsten wie eine Glühbirne in eine Lampenfassung tief ins Herz.
»Es ist aus. Ich bin jetzt mit Malte zusammen. Dich will ich nie wieder sehen. Verschwinde! Du Jammerlappen!«

Thorsten krümmte sich. Ihre Worte schmerzten ihn wie Fausthiebe in den Bauch. Ein schwarzer Ring schnürte von den Rändern her sein Gesichtsfeld und verdunkelte ihm die Sicht. Das Licht wich vor ihm zurück. Er fiel. Stürzte in bodenlose Tiefen. Und durch den Schmerz, der ihn wie eine Wolkenhülle umgab, klangen alle Geräusche wie Erinnerungen an deren Echos.

Dem sinnlos-fröhlichen Treiben des Party-Volks überdrüssig, schob und schubste Thorsten sich durch die wabernde Menge. Vor seinen Augen wippten Gestalten im Gleichtakt. Die schwingenden Körper verschmolzen mit ihren rotwangigen Gesichtern. Thorsten kämpfte sich durch den pulsierenden Mob und wankte beinahe blind und nahezu taub zum Ausgang. Mit breitem Kreuz knuffte er vorstehende Arme und Schultern, stampfte patzig auf Füßen herum und rammte manches Schienbein.

Die gereizte Horde drängte Thorsten unwirsch zum Rand der Tanzfläche ab. Unter einem Zigarettenautomaten sackte er auf den kalten, schmutzigen Boden und lehnte sich zurück. Mit der kalten Mauer im Rücken konzentrierte er sich mit geschlossenen Augen auf die Musik. Die Schwingungen einer ganz besonderen Stimme vibrierten tief in seinem Bauch.
»Honey, ich weiß, die Zeiten ändern sich. Es ist soweit, dass wir alle uns nach irgend etwas Neuem umsehen.«
Prince: Purple Rain.
Woher wusste er?
»Ich brauche dich auch.«
Prince litt mit ihm. Er fühlte, was Thorsten fühlte! Seine Stimme bildete die Eskorte zu Thorstens Pein. Thorsten gab sich hin, lauschte der Musik, dem Schmerz in seinem Inneren und in dieser intensiven Stimme.

»Blut an deiner Faust – dab dada da dab – Kannst du mir erklären warum?«
Gellend bebte Jimmy Sommervilles glockenklares Organ in der Luft. Über das tanzende Menschengewimmel hinweg schwappte der raumfüllende Klang zu Thorsten herüber. Alles Leid der Welt schrie im Bündel mit ohnmächtiger Verzweiflung. Thorsten weinte. Und jedes einzelne Wort beschleunigte den Tränenfluss. Er ließ die Musik gewähren. Gestattete ihr, weiter vorzudringen, bis auch ihr letzter Ton sein waidwundes Herz erreichte. Er nahm den Schmerz an. Begrüßte ihn als Freund, und umhüllte ihn mit unerfüllten, enttäuschten Sehnsüchten. Der Schmerz fühlte sich gut an. Die Arme und Beine wurden Thorsten leicht. Schmerz und eine allumfassende Traurigkeit füllten ihn aus. Er mochte sich nicht mehr bewegen. Hier wollte er nicht mehr fort, niemals wieder aufstehen und Kathrin niemals wieder ansehen. Mist, Kathrin. Bis zu jenem Augenblick hatte Thorsten sie völlig vergessen und keinen Moment lang an sie gedacht. Prompt meldete sich die Seelenpein mit beißenden Stichen zurück aus seinen Eingeweiden.

»Aua!»
Ein Fußtritt beendete den Rückzug aus der Wirklichkeit. Thorsten rieb sich die Hüfte. »Was soll das denn? Warum trittst du mich?«
»Los, steh auf!« Sonja packte ihn am Arm. »Du kannst hier nicht sitzen bleiben.«
Sonja? Wieso stand Sonja hier vor ihm? Sonja war seine Nachbarin. Sie wohnte bei Thorsten im Haus eine Etage unter ihm. Thorsten sah genauer hin. Sie trug eine bodenlange Baumwollschürze um die Hüften und nackte Haut unter einem Tank-Top. Türkisblaue Augen begrüßten ihn, als er seinen Blick endlich von ihrem Dekolleté hob und hinauf in ihr Gesicht schaute. Sonja lächelte, und er fühlte sich ertappt. Ertappt, nicht getadelt oder gerügt, einfach nur ertappt. Etwas anderes wäre bei Sonja nicht denkbar gewesen, Sonja war cool. Und Sonja stand schon seit Ewigkeiten hier im 'Front' hinter der Theke.
»Steh endlich auf und komm mit!«, forderte sie Thorsten auf. »Ich muss zurück hinter den Tresen. Schließlich bin ich zum Arbeiten hier.«
Sie würde nicht locker lassen, begriff er. Also kam er vom Boden hoch und folgte Sonjas wiegenden Hüften widerspruchslos zur Bar. Sonja komplimentierte einen Angetrunkenen von seinem Platz und schob Thorsten auf den freigewordenen Barhocker. Wenige Momente später strahlten ihre türkisblauen Augen von der gegenüberliegenden Seite des Tresens herüber. Sie lehnte sich über die Theke und stellte ein bis zum Rand gefülltes Glas vor Thorsten ab.
»Hier. Trink das! Und rühr dich nicht von der Stelle!«
»Da… da… danke.« Im Blindflug schickte er eine Hand auf die Suche nach dem Drink. Thorsten war abgelenkt, mit wichtigerem beschäftigt. Sonja stand so günstig, er musste einfach versuchen, noch einmal mit meinen Blicken unter ihr Top zu gelangen.
»Glotz nicht so!« Sonja richtete sich auf. »Guck gefälligst woanders hin.« Kopfschütteln. »Dass ihr Kerle aber auch alle gleich seid.«
Thorsten wusste darauf nichts zu antworten und hob stattdessen das Glas, das seine suchende Hand doch noch gefunden hatte. Stumm prostete er Sonja zu.
»Boahhh!« Thorsten knallte das Glas zurück auf den Tresen. »Was soll das? Willst du mich umbringen? Das ist ja Wasser!«
»In deinem Zustand bekommst du keinen Alkohol von mir. Der bekommt dir jetzt nicht. Wenn du jetzt auch noch zu saufen anfängst, das macht alles nur noch schlimmer.« Sonja streckte den Arm aus, legte ihre Hand an seine Wange und streichelte sie mit ihren kühlen Fingerspitzen.
»Sch-scht!«, versuchte sie Thorsten zu beruhigen. Langsam nahm sie die Hand zurück und kribbelte mit ihren langen Nägeln über seine Haut.
»Du bleibst jetzt brav hier sitzen und trinkst dein Wasser.«
Sie entfernte sich, um einen durstigen Gast zu bedienen, der lautstark mehr Bier einforderte. Über die Schulter schenkte sie Thorsten im Davoneilen noch einen Blick.
»Lass dir nicht einfallen, hier heimlich zu verschwinden. Du bleibst da sitzen und wartest gefälligst, bis ich wieder zurück bin.« Sie zwinkerte ihm zu und wandte sich endgültig den Gästen zu.

Dass es ihr damit absolut ernst war, merkte Thorsten bald. Sie ließ ihn in dieser Nacht nie lange aus den Augen. Sie sorgte dafür, dass immer ein gefülltes Glas vor ihm stand. Und sobald sich eine Lücke im Strom der Durstigen auftat fand sie sich in seiner Nähe ein. Jede freie Sekunde verbrachte sie bei Thorsten, berührte ihn am Arm oder im Gesicht. Sie wechselten Belanglosigkeiten, mal nur wenige Worte, dann wieder sehr weitschweifig. Dabei lenkte Sonja seine Gedanken weg von Kathrin und dem Ereignis zu Beginn dieser Nacht. Sobald am Horizont seines Gemüts ein noch so kleines Wölkchen Trübsal aufquoll – sie vertrieb es. Ein Blick ihrer türkisblauen Augen, ein Funkeln genügte und Thorstens Aufmerksamkeit gehörte ganz ihr.

Mit fortschreitender Nacht und nach weiteren Gläsern faden Wassers glaubte er, ihre mütterliche Fürsorge würde nachlassen. Thorsten fühlte einen ersten Hauch von Selbstbestimmung zurückkehren, als Sonja ihn aufstehen und alleine zur Toilette gehen ließ. Wie falsch er damit lag, erkannte er bei seiner Rückkehr. Sonja blickte ihm stumm entgegen, forschte mit hochgezogenen Augenbrauen nach Veränderungen in seinem Gesicht. Erst als Thorsten ihr lächelnd signalisierte, alles sei in Ordnung, verschwanden der besorgte Ausdruck und die Falten auf der Stirn, und Sonja widmete sich wieder den ausgedörrten Kehlen der Gäste.

Thorsten rutschte zurück auf seinen Barhocker und starrte ihr hinterher. Urplötzlich kreisten seine Gedanken nur noch um sie. Sonja. Wer war Sonja eigentlich? Sie war nicht nur seine Nachbarin. Ihr gehörte das ganze Haus. Seit über einem Jahr kassierte sie Miete von Thorsten. Wäre nicht sein Vater mit Sonjas ältestem Bruder zur Schule gegangen, er hätte die Wohnung wohl niemals bekommen.
Sonja war cool. An ihrer Wohnungstür prangte eine von rotgelben Aufklebern mit lachenden Sonnen gesäumte Reproduktion eines Zeitungsfotos. Es zeigte Sonja, die von drei Polizisten an Armen und Beinen gepackt abtransportiert wurde. Diese Aufnahme war Teil der Berichterstattung zur Belagerung der Bild-Zeitungs-Druckerei im April 1968 gewesen. Ein Ereignis über das Sonja sich stets freigiebig ausließ. Die Protestaktion gegen den Springer-Verlag entsprach ihrem Selbstverständnis, ein politischer Mensch zu sein, einem Obrigkeitsstaat misstrauisch gegenüberzustehen und dessen Vertretern in zukunftsweisenden Fragen jegliche Kompetenz abzusprechen.

In ihrem sozialen Bewusstsein, ihrer Art, sich stets um die Menschen in ihrer Umgebung, die Nutzung von Atomkraft, unsere Umwelt und den Frieden auf der Welt zu sorgen, bestand der große Unterschied. Für Thorsten war Sonja ein Fossil. Nicht weil sie der 68er-Generation angehörte und als liebenswerte Spinnerin idealisierten Traumvorstellungen von einer besseren Welt nachhing. Sondern weil Sonja so anders war. Anders als die Frauen seines Alters, wie beispielsweise Kathrin. Deren Gedankenwelt beherrschten, neben Fragen zum besten Haarstyling und der optimalen Breite von Schulterpolstern, die neuesten Clips in 'Formel 1' und die Entscheidung 'Golf GTI' oder '323i'. Eben ein typisches Kind der Generation Golf.

Doch es kam nicht nur die innere Einstellung in Betracht. Rein äußerlich bezeugten die nackten Zahlen, Sonja war alt. Sie musste hart auf die vierzig zu gehen. Aus Thorstens Blickwinkel, der im vorletzten Sommer Abitur gemacht hatte, war Sonja eine alte Frau! Auch wenn sie einfach nur klasse aussah, so dass ihr Alter ihm völlig egal gewesen wäre. Über dreißig, das war alt. Und fast vierzig, das lag nahe bei uralt! Und doch, Sonja war eine Frau, die sich mehr als nur gut gehalten hatte. Musste Thorsten sie deshalb immer wieder anstarren? Wieso konnte er sich nicht beherrschen und versuchte stattdessen immer wieder in ihren Ausschnitt zu glotzen? Was hatte sie an sich, dass ihn in ihrer Nähe unruhig werden ließ? Wieso brannte seine Haut dort, wo sie ihn berührt hatte, lange nachdem ihre Hand wieder fort war? Was war mit ihrem Po oder den sehnigen Beinen, diesen türkisblauen Augen unter der rotgelockten Wuschelmähne und …

»Thorsten, träum nicht!« Sie rüttelte ihn wach. »Die Nacht ist fast vorbei. Wir machen gleich zu.«
Thorsten schreckte hoch. Über seine fruchtlosen Überlegungen war irgendwann die Nacht vergangen. Auch der letzte Übriggebliebene war endlich steifbeinig in die Dunkelheit davongeschlichen. Die Musik verstummte. Feierabend.

Thorsten trollte sich zu seinem alten Platz an der Wand unter dem Zigarettenautomaten, um beim Aufräumen und Ausfegen nicht im Weg zu stehen. Die Beine übergeschlagen lehnte er sich an die Wand und verfolgte wie die Tresen-Mannschaft Stühle und Barhocker auf die Tische und den Tresen stapelte. Der letzte Akt, bevor der Laden für den Rest der Nacht endgültig verschlossen würde. Thorsten sah ihnen gerne zu. Sie bewegten sich sternförmig von allen Seiten auf die Mitte des Raumes zu. Das Ganze wirkte unaufgeregt auf ihn, enorm effizient und routiniert. Dabei vermieden sie allzu laute Geräusche, so als wäre ihnen die Stille besonders schützenswert. Thorsten fühlte ähnlich. Seit die Musik im 'Front' verstummt war, empfand er die Stille gleichzeitig unwahrscheinlich kostbar und extrem laut.

»Heh! Träumst du schon wieder?«, polterte Sonja zwischen seine Überlegungen. Wieder hatte sie Thorsten mit der Fußspitze angestupst und danach ihren bleistiftdünnen Absatz auf seine Brust abgesetzt.
»Nein«, stotterte er, »ja, …, ich meine, ich …«
Thorsten konnte sich nicht konzentrieren. Irritiert blickte er den Fuß auf seiner Brust an, bewunderte den Lack ihrer Zehennägel, der an geronnenen Blut erinnerte, und versank in den Anblick von ganz viel Haut. Fasziniert starrte er auf Sonjas nackte Zehen, den überstreckten Spann und die zwei hauchdünnen Lederriemchen, die den Schuh am Fuß hielten.
»Was ist los mit dir?« Sie stellte ihre Füße nebeneinander auf den Boden, während Thorstens Blick einer Linie entlang ihres Beines folgte, die sich oberhalb des Rocksaumes in weichen Rundungen schwingend fortsetzte. Er beobachtete deren weiteren Verlauf, zwischen ihren Brüsten hindurch den Hals hinauf, bis zu den türkisblauen Augen, die ihn über spöttisch gekräuselten Lippen fixierten.
»Ich, ich, ich war …«, stotterte Thorsten, mühsam bemüht irgendetwas Sinnvolles hervorzubringen, »ich war … abgelenkt.«
»Das ist unübersehbar.« Sonja grinste. »Du solltet deine Augen besser in den Griff bekommen, wirklich.«

Warum brachte er sich nur immer in solche Situationen? Und wieso griff Sonja diese Momente sofort auf und brachte ihn derart in Verlegenheit? Wieder einmal wusste er nicht, was er ihr erwidern sollte. Also gab Thorsten der Aufforderung ihrer ausgestreckten Hand nach, griff zu und zog sich hoch.
»Hoppala!« Er fand sich Nase an Nase mit Sonja stehen. Nicht im Ansatz war Thorsten darauf vorbereitet, ihr so direkt in die türkisblauen Augen zu schauen.
»Was bist du auf einmal so stürmisch?«, spöttelte Sonja, »Können wir jetzt endlich los? Ich muss nach Hause, das Bett ruft. Die Nacht war lang genug.«
»Na, dann mal los!«, kommandierte Thorsten fröhlich. Erleichtert, dass Sonja ihm nichts krumm zu nehmen schien, hakte Thorsten sich bei ihr ein und zog sie mit sich vor die Tür.

Sie warteten bis die ganze Belegschaft das Lokal verlassen hatte, dann schloss Sonja ab.
»Tschüß«
»Ciao!«
»Gute Nacht!«
»Bis dann!«
»Bis morgen, Chefin!«
Chefin? Sonja gehörte das 'Front'? Das 'Front' gehörte Sonja! Noch eine Überraschung. Ein weiteres Mosaiksteinchen, das Thorsten für den Moment schnell zu den anderen schubsen und sofort vergessen wollte. In diesem Augenblick zählte für ihn nur die weiche Frau an seiner Seite, deren warmer Körper gegen seinen drängte.

Seite an Seite, untergehakt und aneinander gekuschelt, zogen sie los und bummelten durch menschenleere Straßen. Daheim angekommen weigerte Sonja sich, Thorstens Arm fahren zu lassen und wollte sich nicht von ihm verabschieden lassen. Sie bestand darauf, ihn eine Etage höher zu begleiten und eskortierte ihn bis zu seiner Wohnungstür.

»So. Jetzt aber. Ich bin da«, stellte Thorsten klar und nestelte nach dem Schlüssel. »Du kannst mich jetzt loslassen, den Rest schaff ich allein.«
»Nix da«, sagte sie und schmiegte sich enger an seinen Rücken. »Jetzt werde ich erst mal aufpassen, ob du die Tür überhaupt aufbekommst.»
»Voila, das wäre geschafft.« Thorsten drehte sich zu ihr um. »Gute Nacht. Und danke für …«
»Gute Nacht?« Sonja ließ nicht locker. »Ich lass mich doch nicht mit einem schnöden Gruß nach Hause schicken.« Sie ließ sich nach vorn fallen und schlang Thorsten ihre Arme um den Hals.
»Ich bring dich jetzt noch zu Bett, und gut ist.«
»Eyhh!«, unterbrach Thorsten, um ihr dann deutlich zu machen, dass er alt genug sei, alleine ins Bett zu finden.
»Sch-scht!« Sonja ließ sich nicht bremsen. »Zier dich nicht so.« Sprach’s, drängte ihn in den Korridor und zog die Tür hinter sich ins Schloss.

Sonjas Lippen berührten seinen Mund. Thorsten stolperte von ihrem drängenden Körper geschoben rückwärts. Sonjas Zunge glitt hervor. Mit der Zungenspitze streichelte sie seinen Mund, teilte seine Lippen und schob ihre Zunge forschend tiefer. Thorstens Hände landeten auf der Suche nach sicherem Halt in einer verbotenen Zone nach der anderen. Sonjas nackte Schultern, die bebende Taille, ihre schwunghaften Hüften, der Po unter dem engen Rock – nichts so richtig zum Festhalten geeignet. Doch als ihre Zunge unvermittelt seine berührte, wurden diese Gedanken zu Nebensache. Die beiden begannen ein feuchtes Fangenspiel, mit taktieren, vorpreschen, zurückweichen, einander umkreisen. Die Zungen tanzten umeinander, miteinander – Tango?

Einige ereignisreiche Minuten später sackte sie erhitzt über ihm zusammen, rollte sich zur Seite und kuschelte sich an. Nebeneinander in dem zerwühlten Bett liegend, fanden sich ihre Hände und verschränkten die Finger ineinander. Sonjas Gesicht spiegelte sein Lächeln.

Die Locken kitzeln nicht im Gesicht, wunderte sich Thorsten, bevor er einschlief.

Als er wieder erwachte, hörte Thorsten ein Flattern. Er schaute sich um. Auf dem Nachtschränkchen klemmte ein Blatt Papier unter dem Fuß der alten Helion-Lampe. Der Bogen flatterte blassblau im Mondlicht.

Thorsten fuhr mit einem Grunzen auf, strubbelte sich die verklebten Haare und starrte den Zettel an. Es konnte nur eine Nachricht von Sonja sein, ein Abschiedsbrief, was sonst? Das Bett neben ihm leer, ihre Kleidung verschwunden. Brauchte er noch deutlichere Signale?

Den Laken entströmte noch eine feine Spur ihres Duftes, den er niemals vergessen wollte. Thorsten griff nach dem gefalteten Zettel und drehte ihn in den Händen. Als zwischen seinen Fingern ihre Witterung aufstieg, erkannte er das Aroma sofort. Der gleiche intensive Duft, den Thorsten zuletzt gerochen hatte, als Sonja vor dem Einschlafen ihren Kopf in seine Halsbeuge schmiegte.

In seinen zittrigen Händen hielt Thorsten den Brief, den sie ihm nach dem Aufwachen geschrieben haben musste, nachdem ihr bewusst geworden ist, was hier zwischen den beiden vorgefallen war.

Thorsten ahnte schon, was er gleich lesen müsste:
Thorsten, Du, es war ja ganz nett mit Dir, aber Du bist mir
zu jung. Was wäre ich denn für Dich anderes als eine alte Frau?
Nein, mit uns kann das nichts werden. Du würdest Dich bald
nach einer Jüngeren umsehen, und würde ich meine Freiheit
vermissen. ...

und so weiter, alles in der gleichen Preisklasse.

Ihm stockte der Atem. Zögerlich wendete Thorsten das Blatt.

Sonja hat Folgendes geschrieben:
Du schnarchst!
Frühstück unten bei mir.
S.
PS: Ich liebe dich
             ♡
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KeTam
Geschlecht:weiblichUngeduld

Alter: 49
Beiträge: 4952

Das goldene Gleis Ei 1
Ei 10 Ei 8
Pokapro und Lezepo 2014


Beitrag03.04.2013 10:20

von KeTam
Antworten mit Zitat

Laughing

Okay, mit dem Text ist die Rechnung beglichen!
Danke für die Bauanleitung, ich bastel dir die Sonja zusammen!  Pfiffig Blinzeln

Lg, KeTam.
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