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Gedankenschwer


 
 
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Vincent Vice.
Geschlecht:männlichEselsohr

Alter: 33
Beiträge: 428
Wohnort: Heute


Beitrag25.03.2013 18:47
Gedankenschwer
von Vincent Vice.
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Hier ein kleiner Auszug aus meinem Roman Gedankenschwer. Würde mich freuen zu hören, was ihr davon haltet (wer Rechtschreibfehler findet darf sie behalten):

1.  Kapitel

Benommen starre ich aus dem Fenster. Mein Kopf liegt schwer auf dem Schreibtisch. Viel zu schwer um ihn bewegen zu können. Ich bin schon wieder betrunken von meinen Gedanken und zugedröhnt von deren Leere.
Ich überlege in die Küche zu gehen und mir etwas zu Essen zu holen, aber alleine der Aufwand aufstehen zu müssen ist die Mühe nicht wert. Also schaue ich weiter den Wolken am Himmel zu. Ich liebe die Wolken. Völlig unbeeindruckt von allem ziehen sie am Himmel entlang und schauen auf uns herab. Ohne Verpflichtung. Ohne Bedürfnisse. Einfach nur existieren und glücklich damit sein. Wer kann sich das schon sonst noch erlauben?  
Die Sterne? Wohl kaum. Abhängig von der Nacht wie der Mensch von der Aufmerksamkeit, können sie ja unmöglich frei sein.
Das Meer? Lächerlich. Muss es sich doch an die Vorgaben des Mondes halten, der wie die Sterne von  der Nacht abhängig ist, die wiederum dem Tag weichem muss.
Natürlich folgen die Wolken dem Wind, der aber vom Meer bestimmt wird. Also schließt sich der Kreis wieder und nimmt mir die Illusion, dass Wolken wirklich frei wären. Trotzdem beruhigt es mich ihnen zuzusehen. Die Wolken sind zwar abhängig, aber es macht ihnen nichts aus. Eine Wolke wird wohl kaum darüber nachdenken ob sie abhängig ist oder nicht.
Nichtwissen macht eben letztendlich doch frei. Das ist auch der Grund  warum die Menschen in ihrem Käfig aus Intelligenz und Komfort niemals heraus können. Sie sind zu schlau um zufrieden zu sein. Und dank all ihrer Schlauheit sind sie unendlich viel dümmer als meine geliebten Wolken. Immer zu wissen was fehlt, führt zu einem ständigen Gefühl der Unvollkommenheit, weil niemand je alles haben kann. Man ist also abhängig von Dingen die man nicht mal besitzt.
Früher habe ich nicht den Wolken, sondern den Menschen zugeschaut. Manchmal saß ich stundenlang am Straßenrand und habe die Leute beobachtet. Habe mir überlegt wo sie wohl herkommen oder wo sie hingehen. Ob sie sich wohl auf etwas freuen oder ob sie verärgert sind.  Eine Zeit lang war ich damit sogar fast glücklich.
Aber irgendwann erkennt man die Lächerlichkeit eines menschlichen Daseins. Alle Leute die ich beobachtete waren nichts weiter als Opfer ihrer Routine und Verpflichtung. Sie gehen zur Arbeit um Geld zu verdienen. Dann gehen sie einkaufen um das Geld wieder loszuwerden. Sie kaufen ungesunden Fraß  der sie fett macht. Also gehen sie zum Sport um einer unerreichbaren Idealfigur entgegen zu arbeiten. Dann gehen sie ins Bett und können nicht schlafen weil der berufliche Druck und die überhöhten Selbstanforderungen die Gedanken nicht zur Ruhe kommen lassen.
Das machen sie jeden verdammten Tag und begreifen nicht einmal warum sie nicht glücklich sind. Natürlich können sie selbst nichts dafür. Die Gesellschaft bekommt schließlich Vorgaben wie sie sein muss. Eine parallele Lebensart ist also gar nicht möglich.
Als ich also begriff wie dumm und abhängig wir alle sind, ertrug ich es nicht mehr die Menschen zu beobachten. Ich beschloss mich in meiner Wohnung zu verbarrikadieren und den Wolken zuzusehen. Lieber für drei Stunden eine Wolke sein, als für ein ganzes Leben ein Mensch.
Plötzlich klingelt mein Telefon. Mitten in der schönsten Depression wird man aus seinem herrlichen Selbstmitleid gerissen. Das ist mal wieder typisch.
Ich warte wie gewohnt bis das penetrante Klingeln endlich aufhört, aber das tut es nicht. Unverwandt starre ich das Telefon, welches  direkt vor mir auf dem Tisch liegt an. Nach ein paar Sekunden überlege ich ob ich einfach den Stecker ziehen soll, damit das blöde Ding endlich Ruhe gibt.
Aber das würde schon wieder aufstehen bedeuten. Also warte ich ab bis das Klingeln endlich verstummt. Als es soweit ist und ich mich wieder den Wolken widmen möchte ertönt das Drecksding schon wieder. So ein beharrlicher, aufgezwungener Anruf kann nur von Timo sein. Er will sicher mit mir sprechen um seine unnötigen Schuldgefühle mir gegenüber zu beruhigen.
Ich weiß nicht wieso, aber aus irgend einem Grund fühlt er sich für mich verantwortlich. Also gut. Ich beschließe Timo eine Chance zu gewähren. Ich werde eine Münze werfen. Bei Zahl nehme ich ab. Bei Kopf lege ich den Hörer zur Seite und philosophiere weiter.
Zufrieden mit dieser Lösung greife ich in meine Hosentasche um eine Münze aus meinem Geldbeutel zu holen. Verärgert muss ich allerdings feststellen, dass dieser sich nicht in der Hose befindet. Er muss irgendwo im Flur liegen.
Was jetzt? Aufstehen kommt nicht in Frage. Während ich überlege verstummt  das Telefon erneut. Und wie erwartet klingelt es auch direkt wieder. Okay, Timo ruft jetzt zum dritten Mal an. Wenn er fünfmal in Folge anruft nehme ich ab. So belohne ich seine Hartnäckigkeit. Das ist fair. Nach einer Weile endet auch der dritte Anruf und wird direkt von einem vierten abgelöst. Jetzt wird es spannend! Ungeduldig warte ich bis Anruf Nummer vier endet. Dann bleibt das Telefon stumm. Kein fünfter Anruf. Timo ist durchgefallen.
Gerade als ich mich damit abfinde kommt Anruf fünf. Unglaublich! Was für eine Zecke! Aber ich stehe zu meinem Wort und nehme nach einem ausgiebigen Seufzer den Hörer ab. Ich führe ihn zum Ohr und lausche. Stille. Dann höre ich ein leichtes Atmen am anderen Ende. Timo hat wohl noch nicht begriffen, dass ich abgenommen habe. Ich schweige weiter und warte was passiert. Dann endlich –nach einer viel zu langen Zeit wie ich finde - begreift Timo wohl, dass das Tuten ausgesetzt hat.
„Chris?“, fragt er zögerlich. „Bist du da?“
Was für eine dumme Frage. Er weiß doch, dass ich da bin. Zur Antwort gebe ich ein lustloses Grunzen.
„Hi, hier ist Timo.“
„Ach nein…“ entgegne ich.
„Wie geht´s dir, Chris? Ich versuche schon seit Ewigkeiten dich zu erreichen.“
 Timo weiß ganz genau wie es mir geht, und natürlich ist mir klar, dass er mich angerufen hat. Damit  hat er nun schon drei unnötige Aussagen getätigt. Und das bei drei kurzen Sätzen. Welch Verschwendung der Sprache.
Da ich es hasse sinnlose Worte auszutauschen, die offenbar höflich sein sollen, beschließe ich zu schweigen.Timo spielt das Spiel kurz mit. Aber nicht lange.
 „Lass uns heute  was machen. Ich geb´ dir was zu trinken aus.“ Timo will etwas mit mir machen? Überrascht schaue ich auf den Kalender. Tatsächlich, schon wieder Freitag.
 „Ich hab selbst was zu trinken.“, sage ich.
„Ja ich weiß. Aber ich hab gedacht wir könnten uns ein Wenig unter die Leute mischen. Du weißt schon, die Stadt unsicher machen.“  
„Ich will mich aber nicht unter die Leute mischen. Auf keinen Fall. Und die Stadt ist schon unsicher genug.“ Ohne jeden Grund beginnt Timo zu lachen. Was ist nur los mit dem Jungen?
Ich bereue es abgenommen zu haben und überlege einfach aufzulegen. Aber in Timos Welt wäre das sicher eine grenzenlose Beleidigung. Und da ich es ihm hoch anrechne, dass er mich überhaupt aushalten kann, beschließe ich in der Leitung zu bleiben.
Die Höflichkeit zwingt uns dazu Dinge zu tun, die wir aus tiefstem Instinkt ablehnen. Die Höflichkeit muss ein Diktator sein.
„Dann bleiben wir bei dir.“, sagt Timo. „Aber lass uns mal wieder was machen.“  Mir ist klar, dass Timo keine Ruhe geben wird. Er glaubt man müsse mich nur lange genug nerven, damit ich klein bei gebe. Tja, Recht hat er.
„Um acht bei mir.“ ,sage ich also, um das Unvermeidliche zu beschleunigen und lege auf. Dann versuche ich mich wieder dem Himmel zu widmen, aber Timos Anruf hat mir die wunderbar melancholische Stimmung versaut. Es bringt nichts Wolken zu beobachten, wenn man nicht über die Sinnlosigkeit der Dinge nachdenken kann.
Also rapple ich mich genervt auf und gehe Richtung Küche. Ich schaffe es sogar auf dem Weg meinen Kopf zu drehen und einen Blick auf die Uhr an der Wand zu erhaschen. Ich bin heute in Höchstform! 16:00 Uhr.
Verrückt, wie einem die Zeit wegrennt, wenn man nicht permanent ein Auge auf sie wirft. Wie ein Schwerverbrecher nutzt sie jede Gelegenheit zur Flucht und lässt sich dann nie wieder blicken. Wie eine Prostituierte verbringt sie ein paar schöne Stunden mit dir und lässt dich dann mit einem unerträglichen Gefühl der Leere zurück. Und wie der Tod klebt sie ständig an deinen Fersen um dich daran zu erinnern, wie begrenzt wir in unserer Existenz sind, während sie ewig lebt.
Endlich komme ich in der Küche an und benutze meine letzten Kraftreserven um einen der Schränke zu öffnen. Nur noch drei Packungen Pistazien. Das bedeutet ich muss bald wieder neue kaufen gehen. Abgesehen von den Wolken und der Melancholie gibt es nichts was ich mehr liebe als Pistazien. Ich ernähre mich fast ausschließlich von diesen wunderbaren, engelsgleichen Nüssen. Voller Enthusiasmus reiße ich eine der Tüten auf, nehme mir eine Pistazie und ziehe mit einem wunderbaren Gefühl der Macht die Schale auseinander. Dann schiebe ich mir die Nuss genüsslich in den Mund und zertrümmere sie mit meinen Zähnen. Der wunderbare, würzige Geschmack verteilt sich auf meiner Zunge, die wiederum sofort nach mehr giert.
Gerade als ich dieser Aufforderung nachkommen möchte klingelt jemand an der Haustür. Mitten in diesem Moment der höchsten Privatsphäre. Die Pistazien sind schließlich das Highlight meines Tages. Die Welt ist ungerecht.
Als ich beginne den Weg zu der Sprechanlage im Flur zurückzulegen werde ich mir schlagartig wieder meiner Antriebslosigkeit bewusst.  Meine Wohnung ist zu groß. Zuviel Strecke, die ich zurücklegen muss. Dabei brauche ich doch jedes Kalorien um nachzudenken.

123Wie es weitergeht »




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finis
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Beitrag25.03.2013 20:47

von finis
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Lieber Vincent Vice.,

Schätze, der Titel passt. Insgesamt gefällt mir der Auszug auf jeden Fall (trotzdem? deswegen?) und ich finde ihn sehr anschaulich geschrieben. Trotzdem gibt es noch ein paar Sachen, die mir aufgefallen sind:

Du beginnst damit, dass der Kopf des Protargonisten auf dem Tisch liegt. Wie kann er dann die Wolken beobachten? Ich habe es noch nicht ausprobiert, aber ich kann mir nicht vorstellen, wie man den Kopf bequem auf den Tisch legen und gleichzeitig nach oben gucken kann. Ich würde mich glaube ich eher im Schreibtischstuhl zurücklehnen.

Zitat:
Die Wolken sind zwar abhängig, aber es macht ihnen nichts aus. Eine Wolke wird wohl kaum darüber nachdenken ob sie abhängig ist oder nicht.

Gilt das für die Sterne und das Meer nicht? Und diverse Tiere? Und bedeutet Abhängigkeit automatisch nicht frei zu sein? Ich glaube das nicht. Ich glaube, dass wir von einer gewissen Abhängigkeit abhängig sind (haha, Wortwitz) und dass es nicht bedeutet nicht frei zu sein in seinen Entscheidungen. Ich bin auch kein Freund von Determinismus (vielleicht liegt es ja daran?). Ich würde gerne mit deinem Chris mal ein Gespräch darüber führen.
Aber ganz abgesehen vom Inhalt finde ich die Passage zu lang, bzw. zu trocken. Außerdem stört mich das "Lächerlich.", das ist aber Geschmackssache. Es sind insgesamt gute Gedankengänge (gibt es sowas? sagen wir: logisch nachvollziehbare), aber die Verpackung ist nicht immer ansprechend... Wink

Zitat:
Natürlich können sie selbst nichts dafür. Die Gesellschaft bekommt schließlich Vorgaben wie sie sein muss. Eine parallele Lebensart ist also gar nicht möglich.

Auch hier würde ich dir, bzw. Chris, gern widersprechen. Nur dass es etwas nicht gibt, bzw. nicht alle etwas machen, heißt nicht, dass es unmöglich ist. Auf menschlicher Ebene hoffe ich nur für Chris, dass er am Ende des Buches zu einer neuen Schlussfolgerung kommt.

Zitat:
Die Höflichkeit muss ein Diktator sein.

Echt stark!

Zitat:
Voller Enthusiasmus reiße ich eine der Tüten auf, nehme mir eine Pistazie und ziehe mit einem wunderbaren Gefühl der Macht die Schale auseinander. Dann schiebe ich mir die Nuss genüsslich in den Mund und zertrümmere sie mit meinen Zähnen. Der wunderbare, würzige Geschmack verteilt sich auf meiner Zunge, die wiederum sofort nach mehr giert.


Für meinen Geschmack ist diese Szenerie etwas zu adjektivlastig. Und die Schale mit einem "wunderbaren Gefühl der Macht" auseinanderziehen? Naja, ich weiß nicht. Wenn es dir gefällt, kannst du es aber auch so stehen lassen, aber wenn du es schon mit Macht kombinierst würde ich ein stärkeres Verb wählen als ziehen, eher reißen oder soetwas, irgendwas vom Wortfeld her passendes.

Der letzte Teil deines Anfangs lässt sich am flüssigsten lesen, weil da (endlich?) die Handlung einsetzt und dein Timo ist mir wirklich sympathisch. Schön finde ich auf den Anflug der Selbstironie, der Chris gegen Ende überfällt:

Zitat:
Gerade als ich dieser Aufforderung nachkommen möchte klingelt jemand an der Haustür. Mitten in diesem Moment der höchsten Privatsphäre. Die Pistazien sind schließlich das Highlight meines Tages. Die Welt ist ungerecht.


Hin und wieder unterlaufen dir Komma-, Rechtschreib- und Grammatikfehler, die ich hier (deinem Wunsch gemäß) nicht angemerkt habe. Ich würde an deiner Stelle trotzdem noch mal drüberlesen, das sind nämlich größtenteils Flüchtigkeitsfehler, die einfach unnötig sind.
Sprachlich gibt es immer wieder sehr schöne Stellen, aber häufig auch etwas langatmigen Stellen, das hemmt leider den Lesefluss etwas.

Es hat Spaß gemacht von dir zu lesen und ich hoffe, du bist von meiner Kritik nicht allzu enttäuscht, mir ist gerade aufgefallen, dass es doch gar nicht so wenig ist, was ich hier anmerke. Nimm's mir nicht übel, ich hoffe, du kannst etwas damit anfangen.

Liebe Grüße
finis


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Vincent Vice.
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Beitrag26.03.2013 09:35

von Vincent Vice.
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Hi finis,

vielen Dank, dass du dir den Auszug angesehen hast. Bevor ich auf deine Kritik eingehe möchte ich betonen, dass Christian nur einer meiner Charktere ist. Seine Sicht auf die Welt ist fast in jedem Bereich anders als meine. Und sie ist nicht die einzig Wahre. Ich denke ein Autor sollte wie ein Schauspieler in der Lage sein sich in verschiedene Charaktertypen hinein zu denken. Chris war hier eine sehr gute Übung für mich.

1. Ja, das könnte ich besser beschreiben. Der Gedanke war, dass er den Kopf seitlich auf den verschränkten Armen liegen hat und aus dem Fenster an einer anderen Wand des Raumes schaut. Aber ja, ich hab "die Wolken über mir" geschrieben. Klar, dass das missverständlich wirkt. Werde ich noch ausbauen.

2. Doch, das gilt natürlich auch für Tiere und Pflanazen und Sterne und alles. Christian ist der Ansicht, dass der Mensch unter seiner Abhängigkeit leidet, nicht dass die Wolken, die Einzigen sind, denen diese Abhängigkeit nichts ausmacht.
Und für Christian ist diese Last der Abhängigkeit zu groß, was er dann einfach auf alle Menschen überträgt. Ich verstehe dich, ich komme mit dieser Art der Abhängigkeit auch wunderbar zurecht und fühle mich gut damit. Christian halt nicht. Und da er davon ausgeht, dass seine Gefühle das Maß der Dinge sind, spricht er für alle Menschen (ich find ja auch, dass das nicht korrekt ist. Aber sag ihm das mal wink)
Ja, der Anfandg des Romans zieht sich wirklich ein wenig.... Ich tu mir nur so schwer damit was raus zu nehmen. Aber geht wohl kein Weg dran vorbei.

3. Hier möchtest du Chris widersprechen. Gerne. Christian würde darauf antworten, dass die Erwartungen an eine Person schon seit ihrer Geburt festgelegt werden. Man erwartet .B. einen Schulabschluss und später einen tragbaren Job von ihr. Aus diesem Muster kann man sich als Individuum nicht retten, ohne von der Gesellschaft verkannt zu werden.

Natürlich entwickelt sich Christian im Laufe des Buches und wird die Dinge auch in einem etwas anderem Blickwinkel betrachten können. Ein Kind der Freude wird er aber wohl nie werden. Allerdings gibt es ja noch Timo. Er übernimmt die helle Seite des Buches und argumentiert auch in eine andere Richtung.

4. Danke

5. Ja, viellechit schreibe ich es noch ein wenig um. Aber sinngemäß werde ich es wohl lassen. Die Pistazien sind neben wenigen Dingen das Einzige, was Chris glücklich machen kann. Das wird später noch relevant, weil Die Nüsse Teil von Metaphern werden und Chris charaktisieren.

6.Zu Christians (wenigen) Stärken zählt, dass er sich wunderbar selbst auf den Arm nehmen kann. Das ist neben Zynismus und Sarkasmus sein bevorzugter Humor.

Jab, ich werd den Anfang etwas kürzen. Wenn die HAndlung beginnt liest es sich auch flüssiger. Es ist also nicht soooo viel, was weg muss (ich tu mir dabei immer schwer...)

Auf jeden Fall nehm ich dirs doch nicht übel, dass du dir die Mühe gemacht hast, von mir zu lesen und zu kommentieren. Vielen Dank dafür!

LG VV


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KeTam
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Beitrag28.03.2013 20:04

von KeTam
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Hallo Vincent,

leider finde ich das, als Einstieg in einen Roman gar nicht gelungen. Ich meine jetzt nicht stilistisch, sondern Inhaltlich. Ich bin nicht über den ersten Abschnitt raus gekommen. Ich will dir sagen, woran das m.M.n. liegt.
Du fängst an und alles, was ich als Leser über deinen Protagonisten erst mal erfahre, ist, dass sein Kopf schwer auf dem Tisch liegt. Dann folgen seine Gedanken, die er sich macht. (Moment, ich hab jetzt doch noch einStück weiter gelesen, weil ich dachte, da kommt noch was ...)
Also, Gedanken, die alle ziemlich träge und depri sind. Ich begegne also einem Protagonisten, der depressiv rumhängt, Menschen doof findet, zu träge ist auch nur ans Telefon zu gehen.
Ich muss dir jetzt eine Frage stellen: Warum sollte ich mich für ihn interesieren?
Die einzige Herausforderung, der sich dein Protagonist stellen sollte, ist seine Depression zu überwinden. Aber das ist nichts wobei ich ihn unbedingt begleiten will, als Leser.
Falls es da eine überraschende Wendung gibt, er vielleicht gleich seine Traumfrau trifft o.ä., dann solltest du das unbedingt gleich zu Anfang andeuten. Und auch dann: unbedingt straffen!!!! Das ist viel zu weitschweifig, dass er depressiv ist sehe ich ziemlich schnell, das musst du nicht so sehr ausführen.
Wie weit bist du denn mit deinem Roman? Gibt es da eine Wendung, irgendeine interessante Herausforderung, der sich dein Protagonist stellen muss? Wie weit steht denn der Plot?
Und bitte sag jetzt nicht, die, dass er es schafft an die Tür zu gehen ...
Ich meins nicht böse, aber m.M.n. wird das so nichts.
Ich will dich auch auf gar keinen Fall entmutigen!
 wink

Lg, KeTam.

edit: Ich finde aber, dein Protagonist wirde gegen Ende sympathischer und dann wird deine Schreibe stellenweise auch recht unterhaltsam.
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OpenOcean
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Beitrag28.03.2013 21:20

von OpenOcean
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ich fand den Anfang ganz schlecht - wollte auch eigentlich nicht bis zum Ende lesen, aber ich habe es schließlich doch gemacht.

Mein Fazit lautet: Hat sich gelohnt zu Ende zu lesen.

Also solltest du den Anfang auf jeden Fall überarbeiten.
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KeTam
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Beitrag28.03.2013 21:30

von KeTam
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Noch mal ich.

Ich finde ab "Plötzlich klingelt das Telefon" nimmt das Ganze an Fahrt auf, wird unterhalsamer, witziger, selbstironisch. Vielleicht kannst du wirklich den ganzen ersten Teil sehr stark straffen.
Das Problem ist halt, unter normalen Leseumständen (Ich such ein Buch aus, schau ob ichs lesen will usw.) wäre ich eben gar nicht so weit gekommen ...
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Vincent Vice.
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Beitrag29.03.2013 03:03

von Vincent Vice.
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Vielen Dank für eure Antorten.
Ja, ich werde den Anfang straffen müssen, keine Frage.

Inzwischen habe ich etwas über 200 DIN A 4Seiten.

Natürlich gibt es eine Handlung. Christian sitzt nicht nur auf dem Schreibtisch herum und kämpft gegen das Telefon.^^
Ich wollte ihm im erstem Kapitel beleuchten, damit dem Leser klar ist, wieso er späterhin welche Entscheidungen trifft (er ist ja ziemlich weltfremd).

Aber damir bin ich wohl ein wenig über das Ziel geschossen. Ich werde es kürzen. Den gekürzten Teil werde ich auch einstellen sobald ich ihn habe.

Danke, dass ihr euch trotzdem die Mühe gemacht habt es zu lesen lol2


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Vincent Vice.
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Beitrag29.03.2013 03:29
Gedankenschwer 1.2
von Vincent Vice.
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Okay, hier ist die neue Version. Ich hab den Anfang gekürzt (eigentlich hab ich ihn fast komplett gestrichen) und dafür etwas mehr Inhalt eingefügt. Ab "Plötzlich klingelt mein Telefon" habe ich im ersten Absatz nichts mehr geändert. Nun liest es sich hoffentlich weniger zäh.

Ab dem zweiten großen Abschnitt geht dann die Handlung ein Wenig weiter.



1. Kapitel

Benommen starre ich aus dem Fenster. Ich bin schon wieder betrunken von meinen Gedanken und zugedröhnt von deren Leere. Ich überlege in die Küche zu gehen und mir etwas zu Essen zu holen, aber alleine der Aufwand aufstehen zu müssen ist die Mühe nicht wert. Also schaue ich weiter den Wolken am Himmel zu. Ich liebe die Wolken. Völlig unbeeindruckt von allem ziehen sie am Himmel entlang und schauen auf uns herab. Ohne Verpflichtung. Ohne Bedürfnisse. Einfach nur existieren und glücklich damit sein. Welcher Mensch kann das schon von sich behaupten?
Plötzlich klingelt mein Telefon. Mitten in der schönsten Depression wird man aus seinem herrlichen Selbstmitleid gerissen. Das ist mal wieder typisch.
Ich warte wie gewohnt bis das penetrante Klingeln endlich aufhört, aber das tut es nicht. Unverwandt starre ich das Telefon, welches direkt vor mir auf dem Tisch liegt an. Nach ein paar Sekunden überlege ich ob ich einfach den Stecker ziehen soll, damit das blöde Ding endlich Ruhe gibt.
Aber das würde schon wieder aufstehen bedeuten. Also warte ich ab bis das Klingeln endlich verstummt. Als es soweit ist und ich mich wieder den Wolken widmen möchte ertönt das Drecksding schon wieder. So ein beharrlicher, aufgezwungener Anruf kann nur von Timo sein. Er will sicher mit mir sprechen um seine unnötigen Schuldgefühle mir gegenüber zu beruhigen.
Ich weiß nicht wieso, aber aus irgend einem Grund fühlt er sich für mich verantwortlich. Also gut. Ich beschließe Timo eine Chance zu gewähren. Ich werde eine Münze werfen. Bei Zahl nehme ich ab. Bei Kopf lege ich den Hörer zur Seite und philosophiere weiter.
Zufrieden mit dieser Lösung greife ich in meine Hosentasche um eine Münze aus meinem Geldbeutel zu holen. Verärgert muss ich allerdings feststellen, dass dieser sich nicht in der Hose befindet. Er muss irgendwo im Flur liegen.
Was jetzt? Aufstehen kommt nicht in Frage. Während ich überlege verstummt das Telefon erneut. Und wie erwartet klingelt es auch direkt wieder. Okay, Timo ruft jetzt zum dritten Mal an. Wenn er fünfmal in Folge anruft nehme ich ab. So belohne ich seine Hartnäckigkeit. Das ist fair. Nach einer Weile endet auch der dritte Anruf und wird direkt von einem vierten abgelöst. Jetzt wird es spannend! Ungeduldig warte ich bis Anruf Nummer vier endet. Dann bleibt das Telefon stumm. Kein fünfter Anruf. Timo ist durchgefallen.
Gerade als ich mich damit abfinde kommt Anruf fünf. Unglaublich! Was für eine Zecke! Aber ich stehe zu meinem Wort und nehme nach einem ausgiebigen Seufzer den Hörer ab. Ich führe ihn zum Ohr und lausche. Stille. Dann höre ich ein leichtes Atmen am anderen Ende. Timo hat wohl noch nicht begriffen, dass ich abgenommen habe. Ich schweige weiter und warte was passiert. Dann endlich –nach einer viel zu langen Zeit wie ich finde - begreift Timo wohl, dass das Tuten ausgesetzt hat.
„Chris?“, fragt er zögerlich. „Bist du da?“
Was für eine dumme Frage. Er weiß doch, dass ich da bin. Zur Antwort gebe ich ein lustloses Grunzen.
„Hi, hier ist Timo.“
„Ach nein…“ entgegne ich.
„Wie geht´s dir, Chris? Ich versuche schon seit Ewigkeiten dich zu erreichen.“
 Timo weiß ganz genau wie es mir geht, und natürlich ist mir klar, dass er mich angerufen hat. Damit hat er nun schon drei unnötige Aussagen getätigt. Und das bei drei kurzen Sätzen. Welch Verschwendung der Sprache.
Da ich es hasse sinnlose Worte auszutauschen, die offenbar höflich sein sollen, beschließe ich zu schweigen.Timo spielt das Spiel kurz mit. Aber nicht lange.
 „Lass uns heute was machen. Ich geb´ dir was zu trinken aus.“ Timo will etwas mit mir machen? Überrascht schaue ich auf den Kalender. Tatsächlich, schon wieder Freitag.
 „Ich hab selbst was zu trinken.“, sage ich.
„Ja ich weiß. Aber ich hab gedacht wir könnten uns ein Wenig unter die Leute mischen. Du weißt schon, die Stadt unsicher machen.“
„Ich will mich aber nicht unter die Leute mischen. Auf keinen Fall. Und die Stadt ist schon unsicher genug.“ Ohne jeden Grund beginnt Timo zu lachen. Was ist nur los mit dem Jungen?
Ich bereue es abgenommen zu haben und überlege einfach aufzulegen. Aber in Timos Welt wäre das sicher eine grenzenlose Beleidigung. Und da ich es ihm hoch anrechne, dass er mich überhaupt aushalten kann, beschließe ich in der Leitung zu bleiben.
Die Höflichkeit zwingt uns dazu Dinge zu tun, die wir aus tiefstem Instinkt ablehnen. Die Höflichkeit muss ein Diktator sein.
„Dann bleiben wir bei dir.“, sagt Timo. „Aber lass uns mal wieder was machen.“ Mir ist klar, dass Timo keine Ruhe geben wird. Er glaubt man müsse mich nur lange genug nerven, damit ich klein bei gebe. Tja, Recht hat er.
„Um acht bei mir.“ ,sage ich also, um das Unvermeidliche zu beschleunigen und lege auf. Dann versuche ich mich wieder dem Himmel zu widmen, aber Timos Anruf hat mir die wunderbar melancholische Stimmung versaut. Es bringt nichts Wolken zu beobachten, wenn man nicht über die Sinnlosigkeit der Dinge nachdenken kann.
Also rapple ich mich genervt auf und gehe Richtung Küche. Ich schaffe es sogar auf dem Weg meinen Kopf zu drehen und einen Blick auf die Uhr an der Wand zu erhaschen. Ich bin heute in Höchstform! 16:00 Uhr.
Verrückt, wie einem die Zeit wegrennt, wenn man nicht permanent ein Auge auf sie wirft. Wie ein Schwerverbrecher nutzt sie jede Gelegenheit zur Flucht und lässt sich dann nie wieder blicken. Wie eine Prostituierte verbringt sie ein paar schöne Stunden mit dir und lässt dich dann mit einem unerträglichen Gefühl der Leere zurück. Und wie der Tod klebt sie ständig an deinen Fersen um dich daran zu erinnern, wie begrenzt wir in unserer Existenz sind, während sie ewig lebt.
Endlich komme ich in der Küche an und benutze meine letzten Kraftreserven um einen der Schränke zu öffnen. Nur noch drei Packungen Pistazien. Das bedeutet ich muss bald wieder neue kaufen gehen. Abgesehen von den Wolken und der Melancholie gibt es nichts was ich mehr liebe als Pistazien. Ich ernähre mich fast ausschließlich von diesen wunderbaren, engelsgleichen Nüssen. Voller Enthusiasmus reiße ich eine der Tüten auf, nehme mir eine Pistazie und ziehe mit einem wunderbaren Knacken die Schale auseinander. Dann schiebe ich mir die Nuss genüsslich in den Mund und zertrümmere sie mit meinen Zähnen. Der wunderbare, würzige Geschmack verteilt sich auf meiner Zunge, welche sofort nach mehr giert.
Gerade als ich dieser Aufforderung nachkommen möchte klingelt jemand an der Haustür. Mitten in diesem Moment der höchsten Privatsphäre. Die Pistazien sind schließlich das Highlight meines Tages. Die Welt ist ungerecht.
Als ich beginne den Weg zu der Sprechanlage im Flur zurückzulegen werde ich mir schlagartig wieder meiner Antriebslosigkeit bewusst. Meine Wohnung ist zu groß. Zuviel Strecke, die ich zurücklegen muss. Dabei brauche ich doch jedes Kalorien um nachzudenken.


Endlich bin ich an der Sprechanlage angekommen. Mühsam nehme ich den Hörer ab und bringe sogar ein halbwegs verständliches „Ja?“ heraus.
 „Hallo Christian. Hier ist dein Vater.“, antwortet die Anlage. Mein Vater? Was will der denn hier? Das bedeutet sicherlich nichts Gutes. „Komm hoch.“, sage ich mit leiser Stimme und öffne mit dem Knopf an der Sprechanlage die Haustür. Ein Glück, dass ich diesen Knopf habe! Man stelle sich vor, ich müsste jedes Mal die Treppe herunter laufen um die Haustür zu öffnen.
Ich öffne auch meine Wohnungstür einen Spalt und schleppe meinen Körper schließlich zurück zur Küche, wo ich dann endlich Platz nehme und mir erneut meine Pistazien vornehme. Ich höre wie mein Vater die Wohnungstür schließt und ebenfalls die Küche betritt. Er kommt wohl direkt von der Arbeit, denn er trägt noch seinen Geschäftsanzug, in dem er aussieht wie ein korrupter Banker oder Politiker.
„Hallo.“, sagt er und nimmt gegenüber von mir am Tisch Platz. Ich nicke ihm müde zu. Dann ist es eine Weile still. Er wartet wohl darauf, dass ich irgendwas sage, aber da er zu mir gekommen ist, will er ja etwas von mir. Deshalb warte ich lieber auf eine Aussage von ihm. Ich mag dieses gegenseitige Anschweigen. Wenn jeder weiß, dass gleich etwas gesagt wird, aber niemand sicher sagen kann, was. Wie jedes Mal zuvor gewinne ich auch jetzt den Schweigewettbewerb.
„Willst du mir nicht etwas zu trinken anbieten?“, fragt mein Vater. Er braucht leider immer ewig bis er endlich zum Punkt kommen kann.
 „Nein.“, sage ich ein wenig verwirrt. „Warum sollte ich dir etwas zu trinken anbieten wollen?“
 Mein Vater zieht skeptisch die Augenbrauen in die Höhe, was mich stark an das Logo einer erfolgreichen Fast Food Kette erinnert. Das macht er immer, wenn er wütend ist. Also habe ich wohl schon wieder irgendetwas falsches gesagt. Und seit mein Vater in der Wohnung ist habe ich nur einen Satz geäußert. Das dürfte ein neuer Rekord sein.
„Na, weil ich Durst habe.“, entgegnet er schließlich.
„Ach so.“, antworte ich. „Aber deshalb habe ich doch nicht den Drang dir etwas anzubieten. Aber wenn du Durst hast verspürst du sicher den Drang mich danach zu fragen.“ Die Augenbrauen meines Vaters gehen noch ein Wenig höher. Unglaublich, dass das überhaupt noch möglich ist.
„Aber ich habe dich doch gerade danach gefragt.“
„Nein, hast du nicht. Du hast gefragt ob ich dir etwas anbieten möchte, und das möchte ich nicht. Das ist etwas völlig anderes, als direkt danach zu fragen.“ Das Gesicht meines Erzeugers nimmt ein merkwürdiges Rot an, während er verzweifelt versucht die Ruhe zu bewahren. Also ehrlich. Ist es denn meine Schuld, dass mein Vater die einfachsten Regeln der Kommunikation nicht beherrscht?
„Na gut.“, sagt er schließlich und atmet laut ein und wieder aus. „Würdest du mir bitte etwas zu trinken bringen?“
„Nein, ich habe momentan nichts im Haus.“ Mein Vater ballt seine Hände zu Fäusten und kämpft noch stärker gegen seinen Drang auszurasten. Der Mann hat offenbar ein gewaltiges Problem. Schließlich gelingt es ihm aber doch sich zu beruhigen und er nimmt vier Fünfziger aus der Tasche, die er mir auf den Tisch legt. Scheinbar hat er das Geld schon vorbereitet, denn es lag nicht in seinem Geldbeutel.
„Ich bin eigentlich hier, um dir etwas unter die Arme zu greifen, aber glaube nicht, dass wir uns noch länger anschauen wie du den ganzen Tag faul in deiner Wohnung rumhängst.“ Es folgt eine erneute Stille. Scheinbar wird schon wieder erwartet, dass ich etwas sage, ich weiß nur beim besten Willen nicht was. Also schenke ich meinem Vater ein möglichst aufmunterndes Nicken um zu signalisieren, dass ich ihn verstanden habe.
 „Junge.“, sagt er schließlich in einem besänftigeren Ton. „Wir unterstützen dich wirklich gerne. Aber es geht einfach nicht, dass du nichts arbeitest.“
„Wieso nicht?“, frage ich verwirrt.
„Weil du doch Geld zum Leben brauchst. Jemand der nicht arbeitet bekommt auch kein Geld. Das ist doch ganz einfach.“ Statt einer Antwort hebe ich meine Hand und zeige auf die zweihundert Euro auf dem Tisch. Das scheint meinem Vater schon wieder nicht zu gefallen.
„Du glaubst doch nicht, dass wir dir bis in alle Ewigkeit dein Leben finanzieren! Oh nein, in Zukunft wirst du auf eigenen Beinen stehen. Diese zweihundert Euro sind das letzte Geld, das du von uns bekommst." Ohne ein weiteres Wort zu sagen steht mein Vater auf und verlässt die Wohnung. Ich verstehe diese übertriebenen Emotionen nicht. Er hat doch mit dem Thema angefangen. Die eigene Meinung wird eben nur toleriert wenn es die richtige ist. Nie habe ich auch nur einen Cent von meinem Vater gefordert. Ich weiß seine Gesten zwar schon zu schätzen, da ihm das bunte Papier mit den Zahlen sehr viel bedeutet, aber wenn er es mir nicht mehr geben will, soll er es doch einfach lassen.


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Beitrag29.03.2013 13:31

von KeTam
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Hallo Vincent,

das finde ich so viel besser, du kommst schneller zum Punkt und es liest sich auch unterhaltsamer.

Lg, KeTam.
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finis
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Beitrag29.03.2013 13:43

von finis
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Lieber Vincent Vice.,

Ich finde die zweite Version auch deutlich flüssiger zu lesen als die erste.

Im Übrigen war mir schon klar, dass Chris ein eigenständiger Charakter ist - freut mich trotzdem zu hören, dass er gen Ende zur Einsicht gelangt Wink und gottseidank gibt's ja noch Timo. Ich finde ja auch schon interessant, was C. so denkt, nur zustimmen würd ich ihm nicht. Aber Du hast Recht- wer weiß ob er zuhört...

Allerdings schade, dass der Diktator Höflichkeit raus ist - der würde vor allem in die Vater-Sohn Szene so gut reinpassen. Kriegst Du den vielleicht noch irgendwie rein? Ich fand die Formulierung so schön.

freue mich schon auf mehr.
finis


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Vincent Vice.
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Beitrag29.03.2013 15:01
Gedankenschwer 2
von Vincent Vice.
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Hallihallo,

vielen, vielen Dank für eure Anregungen. Dank Menschen wie euch habe ich in der kurzen Zeit, in der ich hier im Forum bin schon extrem viel gelernt.

Danke dafür.

Schön, dass es nun besser geworden ist. ^^

@ finis: Der Diktator Höflichkeit ist noch drin. Das kommt im Telefonat mit Timo und wurde nicht gestrichen.

Eigentlich wollte ich nicht mehr als einen kleinen Ausschnitt des Romans einstellen, aber weil ich mich dank euch so sehr verbessern kann und ich mich freue, dass endlich mal jemand liest was ich schreibe, werde ich nach und nach neues einstellen.
Hier ist der Anfang des 2. Kapitels.

 2. Kapitel

Punkt acht klingelt Timo an der Tür. Wie immer auf die Sekunde genau. Manchmal glaube ich, er ist schon etwas früher da und wartet dann noch ein paar Minuten bis er exakt pünktlich ist. Aber was soll er auch machen? Er hasst es nämlich zu spät zu kommen, und ich hasse es wenn jemand zu früh zu einer Verabredung kommt. Also bleibt nur noch die genaue Pünktlichkeit.
Ich öffne die Tür, ohne mich zu vergewissern ob er es ist und gehe wieder in die Küche, welche ich seit dem Gespräch mit meinem Vater nicht mehr verlassen habe.Selbst von dort höre ich wie Timo die Treppe zwei Stufen auf einmal nehmend hoch gerannt kommt. Der Junge hat zu viel Energie.
„Hi, Chris.“, sagt er als er die Küche betritt. Unter seinem Arm hat er eine Tüte, aus der grünes Zeug wuchert geklemmt. Ich fürchte zu wissen was das werden soll. Trotzdem frage ich nach.
„Alter, was schleppst du da an?“
 „Ich hab mir gedacht, dass es nichts schaden würde, wenn du dich zur Ausnahme mal etwas gesünder ernährst.“, sagt er und ist wie immer unerträglich gut gelaunt. „ Also hab ich uns Gemüse und so Zeugs geholt.“ Ist der jetzt meine neue Mami oder was?
„Ach ja?“, entgegne ich. „Das ist ja witzig. Ich hab mir nämlich gerade gedacht, dass es nicht schaden würde, wenn du zur Ausnahme mal aufhörst mit dieser Scheiße. Wenn da keine Pistazien drin sind kannst du das Unkraut gleich in den Müll werfen.“ Timo lacht und stellt die Tüte auf dem Tisch ab. Scheinbar besitze ich die einzigartige Gabe Leute zum Lachen zu bringen ohne etwas Witziges zu tun. Im Moment wäre mir allerdings etwas Autorität lieber.
„Komm schon.“, sagt Timo und klopft mir auf die Schulter. „In Wirklichkeit bist du doch froh, dass ich an dich gedacht habe, und wir heute zusammen essen können. Du würdest es zwar nie zugeben, aber du freust dich doch mal was Gesundes zu dir zu nehmen.“ Ohne etwas zu sagen stehe ich auf, nehme die Tüte und werfe sie in den Kompostmüll. Dann hole ich das Salatöl aus dem Schrank und schütte die komplette Flasche über das Gemüse, damit Timo nicht auf die Idee kommt das Zeug wieder auszugraben.
„Ja.“, sage ich während ich mir eine Pistazie knacke. „Du hast mich erwischt. In Wirklichkeit kann ich es kaum erwarten endlich dein dämliches Gemüse zu Essen…“ Ich komme nicht darum, Timo für seine Gelassenheit zu bewundern. Er zuckt einfach nur mit den Schultern und sagt in ganz beiläufigem Ton:
„Das Gemüse zahlst du mir, Dude.“ Ich bleibe am Küchenschrank stehen und esse weiter Pistazien, während Timo aufsteht und sich an meinem Kühlschrank bedient. Viel findet er allerdings nicht und muss sich mit einem abgelaufenem Jogurt zufrieden geben. Er holt sich einen Löffel aus der Schublade  und setzt sich wieder um ihn zu verspeisen. Dann ist es eine Weile still. Eine weitere Sache, die ich an Timo zu schätzen weiß: Er weiß wie man mich nehmen muss und akzeptiert das. Nur deshalb habe ich überhaupt noch Kontakt zu ihm. Oft war er schon bei mir und wir haben den ganzen Abend kein Wort miteinander gewechselt. Ich hab keine Ahnung warum sich eine Quasselstrippe wie er so was antut, aber mir soll´s Recht sein. Also essen wir beide ein Wenig und schweigen vor uns hin. Nur bleibt es heute leider nicht allzu lange dabei, denn schon nach zehn Minuten macht Timo schon wieder den Mund auf.
„Ich hab da was gefunden, was dich interessieren könnte.“  
„Was?“ , frage ich skeptisch. „Ein neues Kochrezept für ´nen Gemüselauf?“ Timo schaut mich fassungslos an.
„War das gerade etwa ein Versuch witzig zu sein?“ Ich beschließe diese Bemerkung zu ignorieren und lasse Timo weiter reden.
„Nein, ich hab da neulich was im Stadtanzeiger gelesen. Weil du doch Gedichte und so´n Kram schreibst. Da ist jeden Freitag ein Treffen von Lyrikern, die ihre Texte vorstellen. Lass uns da doch heute Abend mal hingehen.“ Gedichte und so´n Kram…. Das kann ja wieder nur von Timo kommen. Das einzige was ich kann, ist Wörter benutzen. Ich bin weder sozial veranlagt, noch mathematisch klug oder sonst irgendwas. Nein, alles was ich wirklich kann ist Wörter benutzen. Und wenn ich das dann trotz meiner Unlust versuche auf Papier zu bringen, ist das also Kram. Der Künstler dankt… Aber das versteht Timo nicht, deshalb gehe ich auch darauf nicht ein.
„Was soll ich da?“, frage ich stattdessen. „Mit irgendwelchen Möchtegerns um die Wette dichten? Mich als depressiven Freak bloßstellen? Nein, danke.“ Timo schüttelt entschlossen den Kopf.
„Nein, wenn man da vortragen will muss man sich eine Woche vorher anmelden. Aber jeder kann umsonst zusehen. Ich hab gedacht, das könnte dich doch interessieren.“ So gut kennt mich Timo also. Wenn der Abend nach seinen Vorstellungen gelaufen wäre, hätten wir zusammen gekocht, Gemüse gegessen und wären auf eine Dichterlesung für Arme gegangen. In Zukunft werde ich gleich auflegen, wenn er sich mit mir treffen will.
„Falsch gedacht.“, sage ich und erkläre das Thema damit für beendet. Im Gegensatz zu Timo.
„Pass auf. Wir gehen heute dahin und dann nie wieder, wenn du nicht willst. Als Gegenleistung kaufe ich dir den Rest des Monats Pistazien. Was hälst du davon?“ Wirklich, ich hab keine Ahnung was in solchen Momenten in Timos Kopf die Runde zieht. Was erhofft er sich davon mit mir zu einer Dichterlesung zu gehen? Er hat selbst noch nie ein Gedicht verfasst, soweit ich weiß. Es kann also eigentlich nur zwei Ursachen geben warum er dahin will: Entweder er versucht wieder mal irgendein Mädel abzuschleppen, dass er da treffen will oder er will mich schon wieder aus meiner Wohnung bringen. Obwohl ich mir sicher bin, dass es das Zweite ist, hoffe ich inständig es wäre das Erste. Aber einen Monat lang Pistazien? Für einen Abend voller Langeweile? Schön, von mir aus. Ich stimme also zu, und freue mich, dass ich nun doch nicht selbst einkaufen gehen muss. Timos Versuch mich aus der Wohnung zu bringen ist im Gesamtbild gesehen also sinnlos, was mir ebenfalls eine gewisse Genugtuung beschafft.

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Beitrag29.03.2013 16:04

von Landschwabe
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Hallo Vincent,

auch ich finde die zweite Fassung besser. Der zweite Teil lässt noch mehr den Charakter von Chris und seiner Lebenseinstellung erkennen.

Also ich habe es gerne gelesen und wäre sehr interessiert zu erfahren, wie sich Chris weiter entwickelt.

Gruß Joachim
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Beitrag29.03.2013 19:30

von finis
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Shit, stimmt ja und ich dachte schon, schade, jetzt ist er weg.

Sorry! So viel zum Thema genau lesen - mach ich normalerweise auch (wirklich!) - peinlich, peinlich.

Kommt nicht wieder vor.

Zum 2. Kapitel: Super (und das meine ich ehrlich). Ich habe einfach nichts zu kritisieren (traurig, aber wahr) und ich würde mich freuen zu erfahren, wie's weitergeht... Im Ernst, ich war erst ein bisschen skeptisch, aber der Gegensatz Chris-Timo funktioniert wunderbar und ist wirklich gut und erheiternd zu lesen.

freue mich auf weitere Beiträge!
finis


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Vincent Vice.
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Beitrag30.03.2013 02:32

von Vincent Vice.
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Freut mich, dass euch der zweite Abschnitt auch gefällt. smile
Und natürlich auch, dass Timo und Christian sich nicht abstoßen.

Ich werde versuchen die Geschichte weiterhin interessant zu halten. Das ist nicht einfach, weil ich sehr viel kürzen muss. Christian schweift leider oft noch zu häufig ab.... Aber das werde ich anpassen und reinstellen, wenn es besser ist.

Ich freue mich darauf eure Meinung dazu zu hören.


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Beitrag30.03.2013 02:41

von Landschwabe
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Das macht den Chris aber so interessant. Bitte nicht so viel kürzen.

Gruß Joachim
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Beitrag30.03.2013 04:02
Gedankenschwer 3
von Vincent Vice.
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Bin grade hoch motiviert und hab schon den nächsten Absatz eingestellt. Er ist etwas größer, aber es wird dafür auch noch einige Zeit dauern, bis ich die Fortsetzung entsprechend kürzen und einstellen kann.

Wenn euch das zu schnell geht, lasst euch also ruhig Zeit, ich möchte niemanden vertreiben. ^^

Das letzte Gedicht ist sehr lange, ich wüsste gern ob ihr das als störend empfindet, oder es okay ist, da es ja auch eine kleine Geschichte erzählt.

Vielen Dank für eure Mühe.

LG W
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Etwa eine Stunde später stehen wir schon vor dem schäbigem Gebäude, in dem die so genanten Dichterlesungen statt finden sollen. Der Putz an der Hauswand ist bereits größten Teils abgebröckelt und manche, der alten Fenster sind mit Brettern zugenagelt. Ich habe auf dem ganzem Weg hier her natürlich kein Wort gesagt, habe aber versucht mit Hilfe meiner Mimik die Unlust auf den bevorstehenden Abend auszudrücken. Wenn Timo mich schon aus der Wohnung schleift, soll er wenigstens wissen wie nervig das ist. Er hat zwar nichts zu meiner Laune gesagt, aber ich denke, er hat trotzdem gemerkt was ich mitteilen wollte. Oder er hat sich daran gewöhnt, dass ich schlecht gelaunt bin und tut diesen Gemütszustand schon als normal ab.
Wie auch immer, auf jeden Fall sind wir nun da, und ich überlege schon beim erstem Anblick der heruntergekommenen Baracke die Vereinbarung zurück zu ziehen und mich wieder in meine Wohnung zu den restlichen Pistazien zu begeben. Aber Timo gibt mir gar nicht erst die Chance dazu und betritt das Haus. Missmutig folge ich ihm.
Was  soll´s. Wir laufen einen Gang mit aufgesprungenen Bodenfliesen und schimmligen Wänden entlang, der von flackerndem, rohen Glühbirnen mehr oder weniger beleuchtet wird. Der stechende Geruch von Bier und Pisse sticht mir in die Nase.
„Und du bist dir sicher, dass du das im Stadtanzeiger gelesen hast?“, frage ich Timo skeptisch, werde aber dreist ignoriert. Timo läuft bis zum Ende des Ganges, wo wir auf einen Raum stoßen in dem sich etwa vierzig Menschen versammelt haben. In der Ecke sitzt ein übergewichtiger Typ an einem Mischpult und beobachtet die kleine Bühne am anderem Ende des Raumes.
Auf dieser steht ein alter Mann mit Latzhosen und großer Hornbrille, der irgendwas in sein Mikrofon brabbelt. Wofür braucht man denn bitte ein Mikrofon, wenn man vor vierzig schweigenden Menschen sprechen möchte? Timo schaut dem alten Mann zu und tut so, als würde ihn wirklich interessieren was dieser zu sagen hat. Fast schon süß was er sich dabei für eine Mühe gibt. Auch die restlichen Leute schauen wie gebannt auf die Bühne und klatschen hin und wieder ermunternd in die Hände. Meine Güte, irgendwann hört die Höflichkeit aber auch mal auf, und die pure Dummheit beginnt.
Aber gut, ich beschließe dem alten Kerl ein Wenig zuzuhören. Vielleicht ist er ja wider Erwartens wirklich ganz passabel. Ich muss mich allerdings mit aller Gewalt konzentrieren um das leise Gebrabbel wenigstens etwas verstehen zu können.
„Ich möchte, dass du dich an mich schmiegst
und dich nicht länger mehr verbiegst.“,
versucht er zu Reimen und mir kommt augenblicklich der Würgreiz hoch. Das hier scheint ja Kunst auf höchstem Niveau zu sein....
„Die schlimme Zeit ist nun vorbei.
Von heute an, da sind wir frei.“,
geht es weiter, und ich hoffe, dass die Leute gleich anfangen diesen alten Sack mit irgendwas zu bewerfen. Ich bin davon ausgegangen, dass dieser schlechte Versuch der Laien, poetisch zu wirken nicht mehr als tiefe Ignoranz bei mir auslösen würde, aber ich spüre wie mit jeder Zeile der Zorn in mir aufsteigt, Und kann nicht einmal begreifen wieso eigentlich.
„Hier endet das Gedicht vom Leid.
Es beginnt die neue Zeit.“,
sind die letzten Zeilen dieses lyrischen Meisterwerks, und ich bin sicher, dass es eines Tages die Welt verändern wird.
Und die dummen Leute klatschen auch noch, als der alte Mann die Bühne verlässt. Ich frage mich, ob sie wohl wirklich später heimgehen werden und erzählen wie toll die Gedichte heute allesamt waren, und bei dem Gedanken koche ich fast über vor Wut. Ich möchte diese Kleingeister anschreien. Ihnen ins Gesicht sagen was ich von ihnen halte. Und davon, dass sie die Worte zerstören.
„Komm“, sage ich aber stattdessen und ziehe Timo an der Schulter. „Lass uns gehen.“. Timo drückt meine Hand von sich weg und schüttelt den Kopf.
„Warte noch kurz. Das war jetzt nur einer. Die Anderen sind bestimmt besser.“
In dem Moment betritt auch schon ein Mädchen von etwa vierzehn Jahren die Bühne. Ich bete zu Gott, dass sie ein begabtes Wunderkind ist, aber schon als sie ein verschmiertes Blatt aus ihrer Tasche zieht, ist mir klar, dass das ebenfalls nichts werden kann.
„Mein Gedicht heißt Valentinstag.“, sagt sie schüchtern in das Mikrofon und alle lächeln wie auf Drogen, weil sie ja so unheimlich süß ist. Ich muss auf meinem Daumen herumkauen um nicht durchzudrehen, was ich selber merkwürdig finde.
Klar, diese Leute machen die Kunst kaputt, aber das war mir doch schon lange bevor ich hierher kam klar. Ich verstehe nicht warum ich so zornig wie seit Jahren nicht mehr werde. Das behinderte Mädchen räuspert sich noch einmal verlegen und beginnt dann von ihrem Blatt abzulesen.
„Einmal im Jahr schenkt man sich Liebe.
Vergisst für einen Tag, all die vielen Kriege.
Jeder ist glücklich den andern zu haben
und sich in seiner Wärme zu vergraben.“
Alle Idioten um mich herum grinsen dieses miese Balg an und irgendwo von hinten höre ich sogar ein verliebtes „Oooh...“ Wollen die mich verarschen? Mir platzt der Kragen und es kostet mich alle Überwindung nicht los zu brüllen.
„Dies ist die Zeit der Hoffnung und Sehnsucht.
Alle sind mit dem Schleier der Liebe betucht.“
Vereinzeltes Klatschen. Erst als Timo genervt zu mir rüber schaut fällt mir auf, dass ich schnaufe wie ein Verrückter um den Zorn im Griff zu halten.
„Auch ich schenke meinem Freund mein Herz.
Denk` nicht an Trennung weil das zu sehr schmerzt.“
Und wieder ist Klatschen angesagt. In diesem Moment platzt mir endgültig der Kragen. Ich gehe mit schnellen Schritte in Richtung Bühne und ignoriere Timo, der streng meinen Namen ruft. Ich steige auf die Bühne und schubse das erschrockene Mädchen so grob zur Seite, dass sie hinfällt. Dann wende ich mich dem Publikum zu.
„Dies ist der Raum der toten Philosophen.“,
sage ich in das Mikrofon und starre voller Verachtung in die schockierten Gesichter der Leute.
„Voll bis zur Decke mit tausend leeren Strophen.“
„Hey!“, ruft der Typ am Mischpult und steht auf. „Geh sofort von der Bühne!
Ich ignoriere ihn.
„Ein alter Mann brabbelt von den schweren Zeiten.
Doch müssen die Worte noch viel mehr
unter diesen Sätzen leiden.
Die stärker schmerzen als Schwert oder Speer.“
Der Fettsack vom Mischpult schaltet das Mikrofon ab und läuft auf die Bühne zu.
Lächerlich, dann spreche ich eben etwas lauter vor diesen traurigen Gestalten.
Ich zeige auf das Mädchen, das immer noch ganz erschrocken am Boden liegt.
„Ein dummes Gör erzählt vom Liebesleben
und wie es vor der Trennung flieht!
Wie kann so was Applaus noch geben?
Seit wann wissen Blinde wie man sieht?“
Jetzt hat der Mischpultmann mich endlich erreicht und packt mich wie ein Ringer. Er hat mehr Kraft als ich ihm zugetraut hätte, trotzdem schaffe ich es für einen Augenblick zu verhindern, dass er mich von der Bühne holt.
„Ihr tötet die Worte und die Kunst!
doch habt ihr davon nicht einmal Dunst!
Ihr reimt hier schwach zur eig´nen Gunst
und merkt nicht mal wie ihr´s verhunst!“
Jetzt hebt der Fettsack mich schließlich doch vom Boden und trägt mich von der Bühne. Aus den Augenwinkeln sehe ich wie Timo genervt den Kopf schüttelt. Egal.
„Werft euch demütig auf die Knie!
Huldigt stumm der Poesie!
Kriecht demütig im Schlamm!
Vielleicht vergeben euch die Worte dann!“
Mit diesen Zeilen endet mein kurzer Auftritt. Der Mischpultmann trägt mich durch die Menge hindurch zur Tür. Die Leute buhen mich aus und schreien mir hinterher. Immerhin sind sie noch imstande zu kapieren, dass ich sie gerade angegriffen habe.
Aber wie erwartet sehen sie nicht die künstlerische Qualität der Worte. Im Endeffekt ist nur der Sympathiewert entscheidend. Ein begabter Künstler bekommt keinen Applaus, aber alle verlieben sich in ein kleines Mädchen, ohne jedes Wortgefühl. Während ich also so durch den Raum getragen werde, höre ich plötzlich etwas womit ich in tausend Jahren nicht gerechnet hätte:
Ein Klatschen. Irgendwo in diesem Zimmer voll Zombies applaudiert mir jemand! Ich drehe meine Kopf so weit wie möglich, um diese wunderbare Person ausfindig zu mach, die die Wichtigkeit meiner Worte verstehen kann.
Und dann für einen kurzen Augenblick sehe ich ihn: Ein großer Mann, mit gestutztem Bart. Er hat einen merkwürdigen Hautausschlag oder so was in der Art, denn sein gesamtes Gesicht ist knallrot. Er trägt einen dunkelblauen Anzug und schaut mir direkt in die Augen während er klatscht. Das erste was mir durch den Kopf schießt, ist: Er ist der Teufel! Nur eine Person applaudiert mir und das ist der Teufel.
Der nette Mann vom Mischpult macht sich sogar die Mühe mich durch den Flur zu tragen und bis vor die Haustür zu bringen. Timo schlendert gewohnt lässig hinter uns her. An der Straße werde ich dann sehr unsanft abgeladen und zu Boden geschubst.
„Verzieh dich, du Zecke!“, schreit der Mann wütend. „Und lass dich hier nie wieder sehen!“ Mit diesen Worten geht er zurück ins Haus.
„Ich möchte mich für nächste Woche zum Gedichte vorlesen anmelden!“, rufe ich ihm zynisch hinterher.
„Reicht das mündlich oder soll ich einen Antrag ausfüllen?!“ Timo lacht amüsiert.
„Na, das war ja ein glorreicher Abgang. Auf jeden Fall hast du deinen Willen durchgesetzt: Da gehen wir garantiert nie wieder hin.“ Er streckt mir die Hand hin um mir beim Aufstehen zu helfen, aber ich ignoriere ihn. Und mit einem Mal ist mir klar, was ich tun muss. Das Einzige was jemand wie ich tun kann! Ich stehe auf und renne ohne ein Wort zu sagen los zu meiner Wohnung. Timo ruft mir noch nach, folgt mir aber nicht.

Ich sitze in meiner Wohnung und beginne mir ein Blatt Papier und einen Stift zu richten. Als ich da am Boden lag, von den Leuten verachtet und ausgebuht, nicht mal von Timo verstanden, da wurde mir endlich klar warum ich so wütend über ihre Dummheit bin.
Zum ersten Mal in meinem Leben verstand ich warum ich so unglücklich bin. Es ist fast zu simpel um es nicht auf Anhieb erkennen zu können: Ich bin alleine! Es gibt niemanden mit dem ich mich austauschen kann. Niemand, der auf meiner Wellenlänge denkt. Ich bin nicht lebensunfähig. Ich bin einfach nur allein.
Ich weiß nicht ob es jemanden gibt, der so ist wie ich. Ich weiß nicht einmal ob es jemals so jemanden wie mich noch mal geben wird. Vielleicht ist mein Vorhaben ganz und gar unnötig. Aber wenn es irgendjemanden gibt, der auch nur im Ansatz das fühlt, was ich fühle, dann muss er  wissen, was ich wissen müsste, um mein Leben meistern zu können: Dass er in Wirklichkeit eben nicht alleine ist. Dass es da draußen noch jemanden gibt wie ihn, und, dass er nicht verrückt ist.
Ich nehme also den Stift und beginne zu schreiben. Ohne abzusetzen schreibe ich das erste Gedicht für jeden einzelnen meines Schlages:    
  

Das unverkennbare Ich seines Selbst

Alle sitzen brav auf ihren Stühlen.
Nur er steht regungslos daneben.
Man sieht ihn mit gemischten Gefühlen.
Eigene Art, eigenes Denken, eigenes Leben.

Er lebt unscheinbar an den Rändern.
Keiner lässt sich durch ihn stören.
Hat Gedanken, bereit die Welt zu ändern.
Doch wird sie niemals jemand hören.

Denn er fliegt zu viel.
Er rennt zu schnell und viel zu weit.
schießt übers Ziel,
lebt vor der Zeit.


So ist sein Schicksal nur zu scheitern.
Das hat er vor langem schon gelernt.
Denn Taten können nicht erheitern
und Worte haben sprechen lang verlernt.

Doch wird man ihn noch missen.
Er, der letzte Individualist.
Zwischen tausend Individualisten
wenn ihnen gerade danach ist.

Es fühlt sich gut an. Unglaublich gut sogar! Ich habe zwar vorher schon Gedichte verfasst, aber nicht mit diesem Hintergrund. Ich hatte stets über irgendwelche Belanglosigkeiten geschrieben und versucht sie mit den richtigen Worten zu verpacken um ihnen Ausdruck und eine fixe Idee der Wichtigkeit zu verleihen.
Aber das hier ist etwas anderes. Es ist wirklich wichtig! Ein Gedicht wie dieses, von jemand anderem verfasst, würde mir das Leben retten. Das heißt, ich kann vielleicht tatsächlich jemanden mit meinen Worten erreichen. Und noch wichtiger: Wenn ich Leute wie mich rette, dann rette ich auch die Poesie!
Ich kann mit der Kraft meiner Worte vielleicht etwas bewegen! Meine Existenz hat einen Sinn! Aber ein Gedicht reicht natürlich nicht! Es müssen viele sein, nur so kann ich den Umfang der Gefühle wirklich wieder geben. Also setze ich mich mit einer nie da gewesenen Motivation an das Papier und schreibe weiter.

3. Kapitel

Gefallener Engel

1. Teil
Eines Tages wacht er auf
und ist auf einmal ganz allein.
Ohne seinen Glanz
und ohne Heiligenschein.

Was ist geschehen?
Wie kam er her an diesen Ort?
Was ist nur mit ihm passiert?
Er muss schnellstens von hier fort.

Da spürt er die Erinnerung
die gierig an ihm frisst.
Er kam her, um das zu retten
was hier noch zu retten ist.

Doch ein kleiner Blick reicht aus.
Viel wird das nicht sein.
Wahrscheinlich nicht genug.
Dann darf er nie mehr wieder heim.

Doch wie soll er jemand retten
der davon nichts wissen will?
Er droht mit Feuern aus der Hölle
und die Anderen bleiben still.

Er zeigt uns den Weg
hinauf zum goldenen Himmelstor.
Wird jedoch nur ausgelacht
und alles bleibt so wie zuvor.

Er wirkt nun mal nicht heilig
ohne Heiligenschein.
Sondern lediglich scheinheilig
und nur heilig zum Schein.

2.Teil
Die Jahre zogen ins Land
und noch immer glaubt man nicht.
Weder die Menschen hier an ihn
noch er an seine Pflicht.

Er fühlt den Hass auf all die Andern
und das zum ersten Mal.
Trauer und Verzweiflung.
Seine allererste Qual.

Wird immer mehr zum Menschen.
Vor Gefühlen schon fast blind.
Fühlt sich gähnend leer.
So wie wir es alle sind.

Sein Glaube an den Glauben
nahm ihm alles was er hat.
Er will nicht mehr gehorchen.
Hat den Willen des Meisters satt!

Überladen von Gefühlen
folgt sein allererster Schrei.
Und von Trauer übermannt
lässt er die erste Träne frei.

Das schien nur seinem Meister
wohl nicht ganz so engelsgleich.
Und so nahm er seinem Engel
die Rückkehr in sein Reich.

« Was vorher geschah123



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Beitrag02.04.2013 16:49

von finis
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Lieber Vincent Vice.,

Ich fürchte, das wird mal wieder eine längere Kritik. Auf jeden Fall (finde ich) ist dieser Teil nochmal überarbeitungswürdig. Ich finde die Idee des Lyrikforums prinzipiell gut und die Gedichte der anderen Vorträger waren auch schön grauslich. Nur finde ich, dass der qualitative Unterschied, den Chris zwischen seinen Gedichten und denen der Anderen hervorhebt, nicht so groß ist, wie er sein müsste.
Ich kann vielleicht nicht wirklich gut Gedichte schreiben. Geschenkt. Aber ich kann sie lesen und habe auch eine Vorstellung davon, was ich unter guten Gedichten verstehe. Deswegen werde ich hier näher auf Chris' Gedichte eingehen und ich hoffe, dass Du meine Kritikpunkte nachvollziehen wirst.
 Grundsätzlich: Deine Sprache singt nicht. Ich bilde mir zumindest ein, ein halbwegs anständiges musikalisches Gehör zu haben und Deine Gedichte haben keinen Puls (ich brauche dafür keinen fünfhebigen Jambus o.ä., aber doch soetwas wie einen Grundschlag) und ich glaube, dass das der zentrale Punkt ist, weshalb sie nicht greifen, nicht er-greifen.
En detail:

Zitat:
Wie kann so was Applaus noch geben?

Soetwas gibt auch keinen Applaus. Man gibt höchstens dafür Applaus. Mein Vorschlag: Wie kann man dafür Applaus noch geben? Auch das geben stört mich hier ein bisschen, weil es so nach Reim-dich-oder-ich-fress-dich klingt.

Zitat:
doch habt ihr davon nicht einmal Dunst!

Spätestens da fängst Du an zu Gunsten des Reimschemas Abzüge zu machen. Und metrisch geht es drunter und drüber, spätestens hier ist der klare Puls weg. Mal von Wortwahl und Satzstellung ganz abgesehen. Das kannst Du definitiv besser. Auch wenn es ein improvisiertes Gedicht ist, würde ich hier nicht so viele Abstriche machen, es muss deutlich werden, dass Chris lyrisch in einer ganz anderen Liga spielt.

Zitat:
Kriecht demütig im Schlamm!
Vielleicht vergeben euch die Worte dann!“

Wieder so eine Stelle, die mir beim Lesen wehtut. So gewollt. Erzwungen. Und es klingt einfach nicht, was sicher vor allem am Metrum liegt. Vor allem bei soeiner Gedichtform, wie Du sie gewählt hast, ist das Metrum enorm wichtig für den Leseeindruck. Pass echt auf, dass Du Dir da keine Schlampereien erlaubst, so klein sie sind, sie schaden dem ganzen Gedicht.

Das unverkennbare Ich seines Selbst: ein Titel, den man dreimal lesen muss. Macht aber Sinn. Da habe ich kaum was zu meckern, nur die letzte Strophe: Doch wird man ihn noch missen/Er, der letzte Individualist
Klingt für mich schräg, das ist vom Bezugspunkt her auch kein einwandfreies deutsch. Das muss "Ihn, den letzten Individualisten" heißen,  oder Du nimmst im Satz vorher ein anderes Verb. Du magst sagen: Ja, aber das ist Lyrik. Ja, aber. Du schreibst an allen anderen Stellen einwandfrei, dann musst Du hier auch - denke ich. Auch wenn dann das Reimschema ein bisschen leidet, es gibt wirklich wichtigeres.  


Gefallener Engel

Metrum, Metrum, Metrum. Ich wiederhole mich. Meine Anmerkungen in aller Kürze:

Zitat:
Wie kam er her an diesen Ort?

Klingt schräg. Wie kam er nur, würde ich sagen, aber das, was Du da machst, ist meiner Ansicht nach eine überflüssige Dopplung.

Zitat:
Dann darf er nie mehr wieder heim.

Der Satz passt klanglich nicht in die Strophe rein, bzw. metrisch.

Zitat:
Er droht mit Feuern aus der Hölle

s.o.

Zitat:
Er zeigt uns den Weg
hinauf zum goldenen Himmelstor.
Wird jedoch nur ausgelacht
und alles bleibt so wie zuvor.

Hier ist die ganze Strophe rhythmisch kraus.

Zitat:
Er wirkt nun mal nicht heilig
ohne Heiligenschein.
Sondern lediglich scheinheilig
und nur heilig zum Schein.

s.o.

Zitat:
Weder die Menschen hier an ihn

Nimm das "hier" raus, dann passt es

Zitat:
Er fühlt den Hass auf all die Andern

Hier kann das "all" raus. Ab hier werden Deine Sätze kurz und abgehackt, das ist eigentlich schon ein ziemlicher Stilbruch und: es liest sich nicht schön. Kannst Du den ganzen Passus vielleicht nochmal überarbeiten?

Zitat:
nahm ihm alles was er hat.

"nahm ihm, was er hat.", wenn schon. Auch wenn das temporal etwas kraus ist.

Zitat:
wohl nicht ganz so engelsgleich.

Nimm das "ganz" raus, das ist überflüssig und behindert den Lesefluss.

So, das wär's an Meckerern, ich hoffe ich habe nichts vergessen. By the way (um bloß nicht auf deutsch überzuleiten), Dein Schreibstil zwischendurch ist wirklich klasse und liest sich sehr gut.
Ich hoffe, Du verstehst, was mich gestört hat, und kannst mit meinen Anmerkungen etwas anfangen. Das mit der Lyrik wird schon noch.
Ich freue mich schon auf den nächsten Teil!

Liebe Grüße
finis


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Beitrag02.04.2013 20:12

von Vincent Vice.
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Hi finis,

vielen Dank für deine aufwendige Kritik.

Um ehrlich zu sein ist das auch der Grund warum Gedankenschwer momentan in meiner Schublade einstaubt:
Für die Handlung ist es wichtig, dass Christian Gedichte schreibt, die sich von der Masse abheben. Solche Gedichte kann ich allerdings selbst noch nicht schreiben, weshalb es Chris ebenfalls ziemlich schwer fallen dürfte. smile
Ich hoffe im Laufe der Zeit so viel dazuzulernen, dass es realistisch wirkt.
Kritiken wie deine, die sich auf die Fehler/ Schwächen meiner Gedichte konzentrieren helfen mir dabei am Meisten. Danke dafür.
Die Tage werde ich eine überarbeitete Version der Gedichte einstellen, bei der ich deine Anmerkungen berücksichtigen werde.
Mir ist klar, dass meine Gedichte noch zu schwach sind um die spätere Handlung zu rechtfertigen. Das wird sich nur ändern, wenn ich viel, viel besser werde.
Also hau nur rücksichtslos deine Kritik raus, das bringt mir hundert mal mehr als 1000 Lobe (auch wens mich freut, dass der Stil den Leuten gefällt smile )
In diesem Sinne danke noch einmal. Fortsetzung folgt.^^

LG W


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finis
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Die lange Johanne in Bronze


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Beitrag03.04.2013 11:23

von finis
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Gerne.

Das Problem mit dem Dichten kenne ich irgendwoher...
Ich finde Deine Gedichte ja gar nicht schlecht (sowieso um ein vielfaches besser als das, was dabei rauskommt, wenn es bei uns im Deutschkurs heißt: Schreiben Sie zu dem Thema doch bitte ein Gedicht.), nur man kann noch feilen und ich glaube, dass Du einfach die gleichen Probleme hast wie ich: mangelnde Übung und bisher noch keinen wirklich kritischen Leser oder erst seit kurzem einen (das hat mich an meiner Ex-Deutschlehrerin immer so genervt, der ständige Kommentar: Oh, das ist aber toll, da haben Sie sich bestimmt richtig Mühe gegeben.., das fand (und finde) ich hier auch so toll, dass man endlich mal richtig kritisiert wird, aber das nur nebenbei). Außerdem gebe ich meine Scheinweisheiten immer gerne weiter... Verlass Dich aber bloß nicht zu sehr auf mich, meine Kritiken sind auch nicht das Gelbe vom Ei. Ich sag halt nur meine Meinung Wink

Ich bin schon gespannt auf die Überarbeitung/die Fortsetzung!!
Lieben Gruß
finis


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Seelsorger
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Beitrag08.04.2013 21:46

von Seelsorger
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Hallo,

deine Geschichte war die erste, die ich in diesem Forum gelesen habe. Nach den ersten Zeilen wollte ich das Forum gleich wieder schließen. Ich habe mich dann doch entschlossen, weiterzulesen und musste feststellen: Du steigerst dich innerhalb weniger Zeilen enorm. Das Telefongespräch ist, wie bereits ein Vorredner bemerkte, sehr interessant.

Ich denke mir, es wird am Besten sein wenn ich dir angedeiehen lasse, warum ich zunächst so abgeschreckt war. Die Geschichte gibt sich sehr wichtigtuerisch. Der Titel und die ersten Zeilen klingen, als stammten sie von einem alteingesessenen Philosophen. Das ist ja zunächst nicht so schlimm, allerdings gibt es meiner Erfahrung nach kaum etwas Ätzenderes zu lesen, als die Ergüsse von jemand, der sich selbst für besonders schlau hält. Insbesondere da in den ersten Zeilen keinerlei philosophischer Inhalt vermittelt wird.
Die Zeilen, die mich stören, hast Du herausgenommen und sie durch sehr interessante Zeilen ergänzt. Deine ersten beiden Kapitel gefallen mir nun sehr!!
Ich persönlich hoffe, dass Chris nochmal richtig auf die Schnauze fliegt. Es ist genau das, was ich gerade angesprochen habe: Es stößt mir unangenehm auf, wieviel besser er sich findet. Und das allein, weil er über Dinge redet, die ihm subjektiv wichtiger sind. Seine Gedanken, wie bisher formuliert, finde ich keineswegs viel tiefgreifender oder schlauer, auch seine poetischen Fähigkeiten reichen über ein paar Reimsorten nicht hinaus. Ich will die Gedichte nicht schlechtmachen; im Gegenteil, ich finde, in ihnen steckt viel Potenzial. Aber sie sind nunmal nicht um Meilen besser als die Gedichte der anderen Vortragenden. Das passt zunächst ganz gut zu einem Jungen, der sich selbst und seine Rolle in der Gesellschaft überschätzt!
Ich bin sehr gespannt darauf, wie es nun weitergeht! Ich könnte mir z.B. gut vorstellen, dass Chris zunächst Mal heftig aufs Maul fällt, auch merkt, dass er ohne seine Eltern tatsächlich nicht besonders gut auskommt, und vielleicht daraus die Inspiration zieht, sich selbst besser zu reflektieren?
Schreib bitte mehr smile
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Vincent Vice.
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Beiträge: 428
Wohnort: Heute


Beitrag09.04.2013 22:46

von Vincent Vice.
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Hi Seelsorger,

vielen Dank für dein Kommentar. Ja, die ersten Zeilen habe ich nun ja abgeändert. Schön, dass es dir so auch besser gefällt.

Ja, Christian ist kein typischer Held. Er überschätzt sich maßlos ohne wirklich etwas zu leisten. Und damit wird er auch in der Geschichte mehrmals einstecken müssen.

Dennoch hat auch Chris sehr gute Eigenschaften hinter seiner Mauer aus unberechtigter Arroganz und Selbstverherrlichung. Es dauert nur noch, bis sich diese wirklich zeigen. Alles in allem ist er zwar ein sehr miesepetriger und voreingenommener, aber dennoch ein guter Mensch.
Er findet nur seinen Platz in der Welt nicht wirklich.

Mit den Gedichten, ist es wie schon erwähnt: Chris soll wirklich gute Gedichte schreiben, aber das muss ich selbst erst noch lernen.
Deshalb kann ich zur Zeit keine Fortsetzung einstellen, obwohl der Roman schon weiter ist. Mir fehlen noch zu viele basics.

Wenn ich die alten Gedichte verbessert und eurer Kritik ausgesetzt habe, werde ich die neuen Kapitel einstellen.

Bis bald uns liebe Grüße W


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