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Dieses Werk wurde für den kleinen Literaten nominiert Herz und Schmerz


 
 
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hypnobader
Geschlecht:männlichEselsohr

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Beitrag25.03.2013 20:27
Herz und Schmerz
von hypnobader
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Herz und Schmerz

Den ganzen Morgen schon verspürte er einen Druck unter dem linken Rippenbogen. Er kannte das. Wie immer versuchte er ihn zu ignorieren. Manchmal war er sich nicht sicher, ob es sich um eine Einbildung handelte, zumeist jedoch sah er ihn als Ausdruck einer allgemeinen Verspannung an. Gelegentlich tauchte auch die Befürchtung auf, daß es sich um ein Warnsignal handeln könnte. Aber deswegen zum Arzt gehen? Das letzte mal, daß er einen an sich heran gelassen hatte, war vor 15 Jahren gewesen – wegen einer Sprunggelenksfraktur. Sein Körper hatte zu funktionieren. So war das immer gewesen und so hatte das auch weiterhin zu sein. Er zündete sich eine Zigarette an. Tief inhalierte er den Rauch und versuchte, die trüben Gedanken von sich abzuschütteln. Es war ihm immer wichtig gewesen, alles im Griff zu haben, vor allem sich selbst. Auf niemanden angewiesen sein. Was geht es jemand anderen an, wie ihm zumute war. Und war er nicht gut gefahren damit? Sicher, manchmal hatte er sich gefragt, wofür er all das machte. Aber das führte zu nichts. Der Druck nahm zu. Es war, als ob ihm jemand den Brustkorb zuschnürte. Er versuchte, tief durchzuatmen. Dabei empfand er jedoch erstmals einen regelrechten Schmerz, wie einen Stich, so daß er in der Folge nur noch vorsichtig und flach atmete. Scheiße, sollte es jetzt doch so weit sein. Quatsch, da hatte sich irgendein Nerv eingeklemmt. Und wenn doch? Er mußte sich eingestehen, daß er es irgendwo immer geahnt hatte. Als ob er es geradezu darauf angelegt hätte. Endlich Schluß mit der ganzen Anstrengung und der mühsamen Selbstdisziplinierung. Dann war’s das halt jetzt. Er merkte, wie sich Schweißperlen an seinen Schläfen bildeten. Das Gefühl der Einschnürung hatte sich auf seinen Hals ausgedehnt, so daß er sich kaum noch zu bewegen traute. Es war ja nicht so, daß er nicht auch Hoffnungen und Wünsche gehabt hätte. Bei dem Gedanken daran überkam ihn unvermutet Traurigkeit. Er konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal Tränen aufsteigen spürte. Irgendwann mußte er aufgehört haben, seine ureigensten Bedürfnisse wahrzunehmen. Aspirin. Er hatte doch irgendwo gelesen, daß Aspirin gut bei einem Infarkt sei. Im Küchenschrank. Vorsichtig, beide Hände auf seine linke Brust haltend, schlich er dorthin. Beim Öffnen der Packung merkte er, wie sehr er zitterte. Er schluckte 3 Tabletten ohne Wasser. So. Er ließ sich auf einen Stuhl sinken. Er fühlte sich leer. Es vergingen wohl 5 Minuten, in denen er regungslos dasaß. Er versuchte, sich zu erinnern, wann er das letzte Mal glücklich war. Nichts fiel ihm ein. Leer kamen ihm die ganzen Jahre vor. Nichts, was ihm wirklich etwas bedeutete. Wie konnte das sein? Trotz der Aspirin hatte der Druck nicht abgenommen. Im Gegenteil. Es schnürte ihm förmlich die Kehle zu und im Innern seines Brustkorbs, der wie in einen Schraubstock eingespannt war, begann es zu brennen. So einen Schmerz hatte er noch nie erlebt. Der Schweiß lief ihm jetzt in Rinnsalen die Wangen hinab. Er versuchte, noch einen klaren Gedanken zu fassen. Einen Arzt. Er mußte einen Notarzt rufen. Das Telefon stand in der Diele. Wie in Trance stand er auf und tappte gebeugt hinüber. 1 – 1 – 0. „Notruf. Polizei Köln?“ „Einen Notarzt. Herzinfarkt. Meringstr. 17, mein Name ist Hübner.“ Es war erstaunlich, wie klar sein Verstand plötzlich arbeitete. „OK, wir verständigen die Rettungsleitstelle. Ist die Eingangstür gut zu finden? Können Sie die Tür öffnen?“ „Das wird schon gehen. Beeilen Sie sich.“ 15 Minuten, vielleicht 20. Er setzte sich an der Eingangstür auf den Boden. Er preßte den Atem durch seine zusammengebissenen Zähne. Es würde schon alles gut werden. In einer viertel Stunde würde der Notarzt da sein, dann wäre das Gröbste überstanden. Er versuchte, sich ein wenig zu entspannen. Was hatte ihn nur getrieben, sein Leben so zu vergeuden? Angst. Es war Angst. Er war immer überzeugt, ja sogar stolz darauf gewesen, keine Angst zu kennen. Auch in den brenzligsten Situationen konnte er einen kühlen Kopf bewahren. Der Schmerz zog sich jetzt bis in den kleinen Finger seiner linken Hand. Ihm war schlecht. Er würgte. Er hatte alles falsch gemacht. Das Innere seines Brustkorbs schien es zu zerreißen. Obwohl ihm der Schweiß weiterhin aus allen Poren drang, fror er. Es schüttelte ihn geradezu. Diese Angst. Angst. Angst. Wie sollte es weitergehen? Sollte es weitergehen. Mit Wucht traf ihn die Erkenntnis, daß es möglich war, daß es nicht weiterging. Unbegreiflicherweise ging von diesem Gedanken eine ungeheuere Ruhe aus.



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Vincent Vice.
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Wohnort: Heute


Beitrag25.03.2013 20:32

von Vincent Vice.
Antworten mit Zitat

Sehr ergreifend beschrieben. Ist wohl nicht der erste Mann, der an seinem falschem Stolz scheitert...
 Ich habe ein wenig an die Sil Maier Trilogie denken müssen. Sagt dir das was?
Auf jeden Fall sehr packend geschrieben. Ich konnte mich richtig in den Charakter hinein versetzen.


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Wenn der scheiß Berg nicht zum Propheten kommt, fahr ich halt ans Meer.
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Zain
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen

Alter: 30
Beiträge: 22
Wohnort: Bamberg


Beitrag26.03.2013 05:53

von Zain
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Ein sehr emotionaler, dichter Text.
Das Szenario, das du da aus dem "Alltag" herausgegriffen hast, gefällt mir so sehr gut und bietet auch eine gute Angriffsfläche für eine Kurzgeschichte.
Das erst einmal zum Äußeren.
Der Protagonist bleibt zwar ein Schatten, weil du ihn nur "skizzierst", aber das ermöglicht es dem Leser, stärker in die Person zu schlüpfen. Für eine Kurzgeschichte optimal, das macht es emotionaler.

Aufgefallen sind mir nur Kleinigkeiten:
1. Zahlwörter bis Zwölf werden im Allgemeinen ausgeschrieben. Tatsächlich ist das so etwas wie eine Konditionierung - es fällt dem Leser schwerer, einen Satz zu lesen, in dem eine Zahl unter 13 nicht ausgeschrieben wird. Vielleicht hat das einen psychologischen Hintergrund, nicht mein Metier, aber der Otto-Normal-Leser kennt das so von den meisten Texten und stolpert über deine Version.
Bei Telefonnummern ist das etwas anderes.

2.
Zitat:
Vorsichtig, beide Hände auf seine linke Brust haltend, schlich er dorthin

Ich bin mir bewusst, dass schleichen auch eine langsame Bewegung beschreibt, aber es hat eine Nuance, die mich etwas aus dem Lesefluss geworden hat: nämlich Intention. Wenn jemand schleicht, dann üblicherweise gewillt. In deinem Fall ist das wohl eher, weil der Charakter sich nicht mehr schneller bewegen kann. Ich würde hier zu Synonymen raten, die erschwerte Bedingungen andeuten - kroch, stolperte, sich vortasten und dergleichen.

3.
Zitat:
Wie sollte es weitergehen? Sollte es weitergehen. Mit Wucht traf ihn die Erkenntnis, daß es möglich war, daß es nicht weiterging. Unbegreiflicherweise ging von diesem Gedanken eine ungeheuere Ruhe aus.

Die ersten drei Wiederholungen kaufe ich dir liebend gerne ab; steigert Dramatik, zeigt den stockenden Gedankengang des Charakters. Typische Epipher.
Das letzte "gehen" ist jedoch ein Overkill; hat mich als Leser dann doch etwas aus dem Lesefluss geworfen. Gerade, weil es etwas achtlos wirkt. Wie ein Versehen des Autors. Ich würde hier zu einer anderen Formulierung raten - schwer manchmal, ich weiß. Diese verflixten Standardwörter... überall präsent.

Hier und da sehe ich beim erneuten Durchlesen kleine Formulierungen, aber keine von denen sind mir so ins Auge gesprungen wie die oben genannten drei Punkte. Kaum von Relevanz, höchstens für einen Perfektionisten^^
Hoffentlich konnte ich dir ein wenig behilflich sein. Deine Themenwahl hat mich am meisten angesprochen - du hast die Dramatik und die Angst vor dem "Ende" sehr gut eingearbeitet. Ich glaube, dein Schreibstil eignet sich sehr gut für Slice of Life / Drama.


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hypnobader
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Beitrag26.03.2013 08:47

von hypnobader
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Vielen Dank Vincent Vice und Zain für eure Rückmeldung. Es freut mich, daß der kleine Text euch angesprochen hat. Ich schreib ja sonst eher Gedichte.
Sil Maier hab ich bisher nicht gekannt.
Insbesondere Danke für deine Anmerkungen, Zain. Die haben mir alle unmittelbar eingeleuchtet. Das werde ich ändern.

Grüße
Michael


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hypnobader
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Beitrag26.03.2013 09:12

von hypnobader
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Ich hab die Stellen jetzt wie folgt geändert:

bisher:
Vorsichtig, beide Hände auf seine linke Brust haltend, schlich er dorthin.
neu:
Vorsichtig, beide Hände auf seine linke Brust haltend, bewegte er sich dorthin.

bisher:
Unbegreiflicherweise ging von diesem Gedanken eine ungeheuere Ruhe aus.
neu:
Unbegreiflicherweise löste dieser Gedanken eine ungeheuere Ruhe aus.


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Mardii
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Beitrag27.03.2013 18:57

von Mardii
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Hallo hypnobader,

liest sich (fast) wie geschmiert, der Text. Der Titel gefällt mir ausgesprochen gut, hat einen Zug Sarkasmus. An ein oder zwei Stellen eine Nachlässigkeit der Interpunktion: Fragen erfordern Fragezeichen:

hypnobader hat Folgendes geschrieben:
                                                                       


Tja, finde den Satz leider nicht mehr. Deshalb meine Frage: Verfolgst du eine bestimmte Absicht damit, jegliche Absatz- und Formatierungsregeln außer Acht zu lassen?
Ansonsten: gerne gelesen.
LG
Mardii


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hypnobader
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Beitrag27.03.2013 20:56

von hypnobader
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Danke.

Was die Absatzlosigkeit anbetrifft, ergab sich das für mich aus der Atemlosigkeit der Situation und daraus, daß es ja im Grunde eine Sequenz ist. Stört es beim Lesen?

Grüße
Michael


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Aranka
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Beitrag28.03.2013 15:59

von Aranka
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Hallo hypnobader,

da ich nicht regelmäßig in den Prosabereich schaue, bin ich erst jetzt auf deine „Herz-Schmerz-Angst-Gedanken-Geschichte“ gestoßen. Sie liest sich gut, du schaffst es, den Leser bei der Stange zu halten, auch wenn es nur eine kurze Zeitspanne ist, die du in den Blick nimmst und sich die Gedanken manchmal wiederholen, erzeugst du durch die Spiralen, die diese Gedanken gehen einen Sog, den der Leser spürt. Ein weiteres Stilmittel ist der Wechsel zwischen den Gedanken des ER und dem, was er äußerlich an sich wahr nimmt.
Was ich als Leser keineswegs hilfreich sondern nur erschwerend empfinde ist dieses abschnittlose ineinander übergehen.
Die Wirkung der Atemlosigkeit erzeugst damit bei mir nicht. Ich habe Mühe, mir das Geschehen zu gliedern und das Fortschreiten der Beklemmung zu erkennen. Ich habe nun mal Abschnitte gesetzt und zwar stets beim Wechsel zwischen Gedanken und äußerer Wahrnehmung, denn ich denke, da entsteht auch ein kleines Aufmerken im ER. In der letzten Passage, „Telefonat und danach“, habe ich häufige Wechsel gesetzt, um hier die Panik auch in den Umbrüchen zu zeigen. Du kannst es ja mal so auf dich wirken lassen.

Inhaltlich gibt es da nichts zu meckern. Ich bin dir da gerne gefolgt und kann mir so eine Szene gut vorstellen. Auch dieser ER, wie er sein leben groß zu erfassen versucht, ist mir als dieses ER (Männer weinen nicht/Indianer kennen keinen Schmerz/ wer kennt schon Angst/ und wenn, wen geht es etwas an) gut vorstellen.

Stilistisch ist mir aufgefallen, dass du gerne mir so Wendungen: er versucht, dass/ er spürt, dass / es schien, dass / es begann,zu). Meist schwächen diese Konstruktionen das darauf folgende Verb und damit die Aussage des ganzen Satzes. In den meisten Fällen ist die direkte Aussage, die wirksamere. Ich habe nun einfach einmal ein paar Stellen mit Zahlen versehen und schreibe eine andere Formulierung hin. Überprüfe einfach, was du besser findest. Ein paar Rechtschreibfehler habe ich farbig korrigiert.

Alles nur Kleinigkeiten. Ich hoffe, dir ist diese Art der Korrektur recht.



Zitat:
Herz und Schmerz

Den ganzen Morgen schon verspürte er einen Druck unter dem linken Rippenbogen. Er kannte das.
Wie immer versuchte er ihn zu ignorieren. Manchmal war er sich nicht sicher, ob es sich um eine Einbildung handelte, zumeist jedoch sah er ihn als Ausdruck einer allgemeinen Verspannung an. Gelegentlich tauchte auch die Befürchtung auf, daß es sich um ein Warnsignal handeln könnte.
Aber deswegen zum Arzt gehen? Das letzte mal, dass er einen an sich heran gelassen hatte, war vor fünfzehn Jahren gewesen – wegen einer Sprunggelekfraktur. Sein Körper hatte zu funktionieren. So war das immer gewesen und so hatte das auch weiterhin zu sein.

Er zündete sich eine Zigarette an. Tief inhalierte er den Rauch und versuchte, die trüben Gedanken von sich abzuschütteln. Es war ihm immer wichtig gewesen, alles im Griff zu haben, vor allem sich selbst. Auf niemanden angewiesen sein. Was geht es jemand anderen an, wie ihm zumute war. Und war er nicht gut gefahren damit? Sicher, manchmal hatte er sich gefragt, wofür er all das machte. Aber das führte zu nichts.
Der Druck nahm zu. Es war, als ob ihm jemand den Brustkorb zuschnürte. (Er versuchte/0), tief durchzuatmen. Dabei empfand er jedoch erstmals einen regelrechten Schmerz, wie einen Stich, so dass er in der Folge nur noch vorsichtig und flach atmete.
Scheiße, sollte es jetzt doch so weit sein. Quatsch, da hatte sich irgendein Nerv eingeklemmt.
Und wenn doch? Er musste sich eingestehen, dass er es irgendwo immer geahnt hatte. Als ob er es geradezu darauf angelegt hätte. Endlich Schluss mit der ganzen Anstrengung und der mühsamen Selbstdisziplinierung. Dann war’s das halt jetzt.
Er merkte, wie sich Schweißperlen an seinen Schläfen bildeten. Das Gefühl der Einschnürung hatte sich auf seinen Hals ausgedehnt, so dass er sich kaum noch zu bewegen traute.
Es war ja nicht so, dass er nicht auch Hoffnungen und Wünsche gehabt hätte. Bei dem Gedanken daran überkam ihn (unvermutet/1) Traurigkeit. Er konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal Tränen (aufsteigen spürte/2). Irgendwann musste er aufgehört haben, seine ureigensten Bedürfnisse wahrzunehmen.
Aspirin. Er hatte doch irgendwo gelesen, dass Aspirin gut bei einem Infarkt sei. Im Küchenschrank. Vorsichtig, beide Hände auf seine linke Brust haltend, (schlich/3) er dorthin. Beim Öffnen der Packung (merkte er/4), wie sehr er zitterte. Er schluckte drei Tabletten ohne Wasser. (So.) Er ließ sich auf einen Stuhl sinken. Er fühlte sich leer.
Es vergingen wohl fünf Minuten, in denen er regungslos dasaß. Er versuchte, sich zu erinnern, wann er das letzte Mal glücklich war. Nichts fiel ihm ein. Leer kamen ihm die ganzen Jahre vor. Nichts, was ihm wirklich etwas bedeutete. Wie konnte das sein?
Trotz der Aspirin hatte der Druck nicht abgenommen. Im Gegenteil. Es schnürte ihm förmlich die Kehle zu und im Innern seines Brustkorbs, der wie in einen Schraubstock eingespannt war, (begann es/5) zu brennen.
So einen Schmerz hatte er noch nie erlebt. Der Schweiß lief ihm jetzt in Rinnsalen die Wangen hinab. Er (versuchte/6), noch einen klaren Gedanken zu fassen. Einen Arzt. Er musste einen Notarzt rufen. Das Telefon stand in der Diele.
Wie in Trance stand er auf und tappte gebeugt hinüber. 1 – 1 – 0.
„Notruf. Polizei Köln?“
„Einen Notarzt. Herzinfarkt. Meringstr. 17, mein Name ist Hübner.“
Es war erstaunlich, wie klar sein Verstand (plötzlich) arbeitete.
„OK, wir verständigen die Rettungsleitstelle. Ist die Eingangstür gut zu finden? Können Sie die Tür öffnen?“
„Das wird schon gehen. Beeilen Sie sich.“
15 Minuten, vielleicht 20. Er setzte sich an der Eingangstür auf den Boden. Er presste den Atem durch seine zusammengebissenen Zähne. Es würde schon alles gut werden. In einer viertel Stunde würde der Notarzt da sein, dann wäre das Gröbste überstanden.
Er versuchte, sich ein wenig zu entspannen. Was hatte ihn nur getrieben, sein Leben so zu vergeuden?
Angst. Es war Angst. Er war immer überzeugt, ja sogar stolz darauf gewesen, keine Angst zu kennen. Auch in den brenzligsten Situationen konnte er einen kühlen Kopf bewahren.
Der Schmerz zog sich jetzt bis in den kleinen Finger seiner linken Hand. Ihm war schlecht. Er würgte. Er hatte alles falsch gemacht.
Das Innere seines Brustkorbs schien es zu zerreißen. Obwohl ihm der Schweiß weiterhin aus allen Poren drang, fror er. Es schüttelte ihn geradezu.
Diese Angst. Angst. Angst. Wie sollte es weitergehen? Sollte es weitergehen. Mit Wucht traf ihn die Erkenntnis, dass es möglich war, dass es nicht weiterging.
(Unbegreiflicherweise/7) ging von diesem Gedanken eine ungeheuere Ruhe aus.


0)
Er atmete tief durch. Dabei zog ein regelrechten Schmerz durch seine Brust, ein Stich, so dass er in der Folge nur noch vorsichtig und flach atmete.
1)
„unvermutet“ ließ ich weg. Im Verb „überkam“ liegt schon etwas Plötzliches/Unvermutetes.
2)
Er konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal Tränen aufsteigen spürte.
So stimmt die Zeit im Nebensatz (vorzeitig)nicht. Es müsste richtig heißen: wann er das letzte mal Tränen hatte aufsteigen spüren. Aber solche Konstruktionen sind tötend. Da würde ich einfacher formulieren. Wann er das letzte mal Tränen gespürt hatte / oder: wann er sich das letzte Mal den Tränen so nahe gefühlt hatte.
3)
„schlich“ ist kein passendes Verb. Vielleicht: schleppte er sich dorthin.
(So)
das ließe ich weg. Das verzögert den darauffolgenden Satz. Dabei haben sie mehr Wirkung, wenn sie gleich aufeinanderfolgen.
„Er schluckte drei Tabletten ohne Wasser. Er sank auf einen Stuhl. Er fühlte sich leer.“
4)
Beim Öffnen der Packung zitterte er.  (nicht merkte er wie/ direkt!!!)
5)
Es schnürte ihm förmlich die Kehle zu und im Innern seines Brustkorbs, der wie in einen Schraubstock eingespannt war, brannte es. (nicht begann es/ direkter!!!)
6)
Der Schweiß lief ihm jetzt in Rinnsalen die Wangen hinab. Er (versuchte), noch einen klaren Gedanken zu fassen.

„Gedanken fassen“ ist so eine beliebte Floskel / „versuchte zu“ eine dieser Infinitivkonstruktionen, die ein wenig lahm sind:
„Er suchte einen klaren Gedanken.“ Oder anders, aber nicht so umständlich.
7)
Schlusssatz: Von diesem Gedanken ging eine ungeheuere Ruhe aus.

Das ist ungeheuerlich, unbegreiflich. Das spürt der leser. Das musst du ihm nicht vorschreiben.

Ich hoffe du kannst mit meinen Kritteleien an Kleinigkeiten was anfangen. Mir gefällt der Text. Ich habe ihn gerne gelesen und mich gerne in die Gedankengänge mitnehmen lassen.

Liebe Grüße Aranka


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"Wie dahingelangen, Alltägliches zu schreiben, so unauffällig, dass es gereiht aussieht und doch als Ganzes leuchtet?" (Peter Handke)

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hypnobader
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Beitrag28.03.2013 20:09

von hypnobader
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Vielen Dank, Aranka, für deine Rückmeldung und deine Hinweise (ich bin ja auch seltener in Prosa)

Also, Absätze werde ich auf jeden Fall einfügen. Der Hinweis, dies jeweils beim Wechsel von Gedanken auf Wahrnehmung zu machen, ist sehr hilfreich. Danke auch für die Rechtschreibkorrekturen (ich bin ja schon etwas älter und die Umstellung von ß auf ss hab ich innerlich wohl verweigert und das mit den Zahlen war mir neu. Was ist jetzt mit der Tel.nr.: 1 – 1 – 0 oder eins – eins – null?)

Die dir aufgefallenen Wendungen: er versucht / er spürt... mögen abschwächend sein, bringen für mich, das subjektive, tastende, neue dieser Erfahrungen besser zum Ausdruck.

Im Einzelnen:
0 -> werde ich lassen
1 -> hm. Für IHN ist das aber nicht nur ein `überkam´, sondern VÖLLIG unvermutet.
2 -> wird geändert: zum letzten Mal Tränen gespürt hatte.
3 -> hab ich schon aufgrund einer Anmerkung von Zain in `bewegte´ geändert. `schleppte´ ist mir zu theatralisch. Das `So´ werde ich weglassen. Obwohl mir dann eine Pause fehlt. Für IHN hat sich jetzt erstmal was erledigt, er hat was GETAN. Ich habe einen Absatz eingefügt.
4 -> werde ich lassen. Vermutlich hat er schon vorher gezittert.
5 -> hier finde ich das Direkte auch besser. Wird geändert.
6 -> hm. Vielleicht: er mußte einen klaren Kopf behalten. Mit Absatz danach.
7 -> im Schlußsatz hab ich schon aufgrund der Anmerkung von Zain das `ging´ in `löste aus´ geändert (er meinte, dieses 4. `ging´ wäre ein overkill. Was mir unmittelbar einleuchtete). Aber du hast recht: es ist besser, das `Unbegreiflicherweise´ wegzulassen. Dafür mit neuem Absatz. Also Schlußsatz: Dieser Gedanke löste eine ungeheure Ruhe aus.

Also nochmal vielen Dank für dein detailliertes Einlassen
und `herzliche´ Grüße
Michael

und das wäre dann die korrigierte Version:

Herz und Schmerz

Den ganzen Morgen schon verspürte er einen Druck unter dem linken Rippenbogen. Er kannte das.
Wie immer versuchte er ihn zu ignorieren. Manchmal war er sich nicht sicher, ob es sich um eine Einbildung handelte, zumeist jedoch sah er ihn als Ausdruck einer allgemeinen Verspannung an. Gelegentlich tauchte auch die Befürchtung auf, dass es sich um ein Warnsignal handeln könnte.
Aber deswegen zum Arzt gehen? Das letzte mal, dass er einen an sich heran gelassen hatte, war vor fünfzehn Jahren gewesen – wegen einer Sprunggelenksfraktur. Sein Körper hatte zu funktionieren. So war das immer gewesen und so hatte das auch weiterhin zu sein.

Er zündete sich eine Zigarette an. Tief inhalierte er den Rauch und versuchte, die trüben Gedanken von sich abzuschütteln. Es war ihm immer wichtig gewesen, alles im Griff zu haben, vor allem sich selbst. Auf niemanden angewiesen sein. Was geht es jemand anderen an, wie ihm zumute war. Und war er nicht gut gefahren damit? Sicher, manchmal hatte er sich gefragt, wofür er all das machte. Aber das führte zu nichts.
Der Druck nahm zu. Es war, als ob ihm jemand den Brustkorb zuschnürte. Er versuchte, tief durchzuatmen. Dabei empfand er jedoch erstmals einen regelrechten Schmerz, wie einen Stich, so dass er in der Folge nur noch vorsichtig und flach atmete.
Scheiße, sollte es jetzt doch so weit sein. Quatsch, da hatte sich irgendein Nerv eingeklemmt.

Und wenn doch? Er musste sich eingestehen, dass er es irgendwo immer geahnt hatte. Als ob er es geradezu darauf angelegt hätte. Endlich Schluss mit der ganzen Anstrengung und der mühsamen Selbstdisziplinierung. Dann war’s das halt jetzt.
Er merkte, wie sich Schweißperlen an seinen Schläfen bildeten. Das Gefühl der Einschnürung hatte sich auf seinen Hals ausgedehnt, so dass er sich kaum noch zu bewegen traute.

Es war ja nicht so, dass er nicht auch Hoffnungen und Wünsche gehabt hätte. Bei dem Gedanken daran überkam ihn unvermutet Traurigkeit. Er konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal Tränen gespürt hatte. Irgendwann musste er aufgehört haben, seine ureigensten Bedürfnisse wahrzunehmen.

Aspirin. Er hatte doch irgendwo gelesen, dass Aspirin gut bei einem Infarkt sei. Im Küchenschrank. Vorsichtig, beide Hände auf seine linke Brust haltend, bewegte er sich dorthin. Beim Öffnen der Packung merkte er, wie sehr er zitterte. Er schluckte drei Tabletten ohne Wasser.

Er ließ sich auf einen Stuhl sinken. Er fühlte sich leer.

Es vergingen wohl fünf Minuten, in denen er regungslos dasaß. Er versuchte, sich zu erinnern, wann er das letzte Mal glücklich war. Nichts fiel ihm ein. Leer kamen ihm die ganzen Jahre vor. Nichts, was ihm wirklich etwas bedeutete. Wie konnte das sein?

Trotz der Aspirin hatte der Druck nicht abgenommen. Im Gegenteil. Es schnürte ihm förmlich die Kehle zu und im Innern seines Brustkorbs, der wie in einen Schraubstock eingespannt war, brannte es.
So einen Schmerz hatte er noch nie erlebt. Der Schweiß lief ihm jetzt in Rinnsalen die Wangen hinab. Er mußte einen klaren Kopf behalten.
Einen Arzt. Er musste einen Notarzt rufen. Das Telefon stand in der Diele.
Wie in Trance stand er auf und tappte gebeugt hinüber. eins – eins – null.
»Notruf. Polizei Köln?«
»Einen Notarzt. Herzinfarkt. Meringstr. 17, mein Name ist Hübner.«
Es war erstaunlich, wie klar sein Verstand plötzlich arbeitete.
»OK, wir verständigen die Rettungsleitstelle. Ist die Eingangstür gut zu finden? Können Sie die Tür öffnen?«
»Das wird schon gehen. Beeilen Sie sich.«

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Er hatte alles falsch gemacht.
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Beitrag28.03.2013 20:26

von Aranka
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Hallo, ich noch mal ganz kurz.

Die Neufassung finde ich gut, auch deine Absatzgestaltung.
 
Aber noch besser fand ich diesen Satz hier:

Zitat:
(ich bin ja schon etwas älter und die Umstellung von ß auf ss hab ich innerlich wohl verweigert und das mit den Zahlen war mir neu. Was ist jetzt mit der Tel.nr.: 1 – 1 – 0 oder eins – eins – null?)


Da musste ich aber schmunzeln, wenn so ein "Jungspunt" von  "etwas älter" spricht. Recht hast du mit all den Rechtschreibreformen, die haben uns ja ganz schon durchgerüttelt. Aber es gibt ja die RS-Kontrolle.
Hast du nicht so feine rote Kringel im PC, die sich so penetrant unter die "ß und ph" setzen?

Bei 1-1-0 würde ich Zahlen schreiben. Das sagt mir jedoch nur das Gefühl, meine das jedoch auch schon mal so gelesen zu haben.

Viel Spaß in der Prosa. Aranka


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Beitrag28.03.2013 20:30

von Paradigma
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Hallo hypnobader,

die Fehlerlein sind ja inzwischen alle angemerkt - darum von mir nur "Damen hoch". Sehr schön beobachtet und spannend erzählt.

Para


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Schreib den ersten Satz so, dass der Leser unbedingt auch den zweiten lesen will.

William Faulkner
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hypnobader
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Beitrag28.03.2013 21:15

von hypnobader
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Very Happy

@Aranka: war mir schon klar, dass du noch ein klitzekleines bisschen älter bist (wegen deinem Vater und Norwegen)

@para: na dann vielen Dank
(ich weiß immer noch nicht, unter welchem Segel du in vormaligen Zeiten unterwegs warst. Ich dachte ja erst Iris, aber das kann ja wohl nicht sein)


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Beitrag28.03.2013 22:10

von Heribert
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Servus Hypnobader.

Im Gegensatz zu den Kollegen hat mich dein Text keineswegs angesprochen. Dafür gibt es ein paar Gründe.

Technisch gesehen blubbert der Text schwerfällig vor sich hin. Aber ich habe schon sehr, sehr oft gehört, dass ein Herzinfarkt Panik und Todesangst bedeutet. Deine Geschichte vermittelt aber eher Müdigkeit. Sollten das tatsächlich deine eigenen Erfarungen sein? Merkwürdig.

Das Geschwafel über die Vergangenheit des Protas kommt einfach zu lahm herüber. Es ist das übliche Gequengel einer Rückschau, einer Rückschau wie sie jeder Kerl von nebenan, jeden Abend in seinem Bett veranstaltet. Außerdem kommt da noch eitle Selbstdarstellung mit durch. Soll man klatschen?

Wenn der Text nicht so kurz wäre, dann hätte ich ihn wegen seiner Plattheit nicht durchhalten- oder aushalten können.

Das Nervenzentrum der Geschichte liegt nicht im Kopf, sondern irgendwo im unteren Rückenmark.

Entschuldige die harsche Kritik. Aber da ich neu in diesem Forum bin, und gerade erfahren habe, dass sich hier bei "Prosa/Prosa" angeblich die Schreiber-Elite aufhält, bin ich entsetzt über den ganzen Stuss.

Natürlich spielt da auch mein Neid mit, da man mich als Nicht-Adepten, hier einfach unkommentiert nach unten rutschen lässt.

Servus
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hypnobader
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Beitrag28.03.2013 23:03

von hypnobader
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Hallo Heribert,

von Schreiber-Elite kann keine Rede sein. Ich sehe mich eher als Pöt und bin nur so nebenher hier reingeraten.

Ich versuche mal, deine Anmerkungen zusammenzufassen:
blubbert schwerfällig
vermittelt Müdigkeit
lahmes Geschwafel
übliches, tägliches Gequengel
eitle Selbstdarstellung
Plattheit nicht auszuhalten

Das macht mich natürlich neugierig, wie für dich ein glaubwürdiger innerer Prozess ablaufen würde.

Danke für dein Durchhalten, Grüße, Michael


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Dragon Black
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Beitrag28.03.2013 23:17

von Dragon Black
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Auch ich finde den Text sehr spannend geschrieben, du kannst die Situation sehr gut und genau beschreiben. Das ist schon einmal viel Wert.
Vielleicht solltest du dich an die neue Rechtschreibung gewönnen, falls du mal eine Kurzgeschichte oder einen Roman schreibst und das mal irgendwo einreichen möchtest. Aber ansonsten war alles ganz gut soweit.

LG Dragon
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sinuhe
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Beitrag29.03.2013 10:00

von sinuhe
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Hallo hypnobader,

entdeckte gestern Abend deine Geschichte mit dem Titel Herz und Schmerz.
Die Vorkommentatoren haben bereits die Kärrnerarbeit der Detailanalyse geleistet, weshalb ich mich auf die Wiedergabe des Eindrucks, den die KG bei mir hinterlässt, beschränken will.

Bevor ich es nachher vergesse: die Überschrift gefällt mir nicht. Die soll zwar doppeldeutig sein; jedoch verfängt der (plumpe) Witz bei mir nicht. Sorry.

Die Story ist nicht allzu lang. Knapp über 700w zählt mein System. Und es wimmelt in ihr vom Personalpronomen er. Weil du eben eine Szene, die du wahrscheinlich selbst erlebt hast, in der 3-ten Person erzählst, ohne dem Prota jedoch einen Namen zuzugestehen. Das liest sich in der Anhäufung des Er dann gar nicht schön. Hier solltest du mMn überlegen, ob der anonyme Hauptdarsteller zumindest einen fiktiven Familiennamen erhält.

Ich kann mich halbwegs in die Story hineinbewegen: Anfang 50, wohne in Köln (wo dein Prota aus den Latschen gekippt ist), mich zwickt es manchmal ebenfalls auf der linken Seite, habe mehrmals auf der Intensivstation (allerdings wg Alkohol) gelegen. Und hatte dort im Entzug ebenfalls Herzrasen. Von daher kann ich dem Grund-Plot deiner Geschichte folgen. Aber: was für krude Überlegungen stellt dein anonymer Prota in diesem Moment an: ich habe zu funktionieren? Das denkt doch kein Mensch in solch einer Situation. Dass er seit 15 Jahren nicht zum Arzt geht, ist doch mit großer Wahrscheinlichkeit nicht darauf zurückzuführen, dass er besonders cool ist, sondern weil er schlichtweg Angst vor negativen Diagnosen hat. À la: »Wenn Sie nicht heute noch mit dem Rauchen aufhören, werden Sie das nächste Weihnachtsfest nicht mehr erleben.« Bevor man sich das sagen lässt, verzichtet man eben vorsichtshalber auf den jährlichen Check beim Arzt. Ist aber mMn eher ein Ausdruck von Angst denn von (Wage-) Mut. Wobei deinem Prota das zum Schluss ja anscheinend dämmert.

Gesetzt den Fall dieser Herzinfarkt spielte sich so ab, wie von dir dargestellt (was ich überhaupt nicht in Zweifel ziehen möchte), dann muss der Autor unterscheiden, wem er die Begebenheit mitteilen möchte:
(a) primär sich selbst und seinen nahen Verwandten. In der Art eines Tagebucheintrags
(b) einem breiteren Publikum

Für (a) ist die Geschichte in Ordnung. Solltest du aber eher auf (b) zielen, dann fehlen in der Story die Gewürze. Und zwar komplett. Die Erzählung ist ohne Salz, Pfeffer, Curry etc. zubereitet. Und erinnert deshalb an fade Schonkost. Für zahnlose Patienten wird das Essen in den Krankenhäusern püriert.  An diesen breiartigen Zustand erinnert mich die KG.

Für mich liest sich das wie ein Aufsatz aus der Mittelstufe. Thema: Schildere den letzten Herzinfarkt deines Vaters.
Als Autor muss man m.E. sehr viel mehr aus solch einer Szene herauskitzeln. Z.B. kurz das Umfeld beschreiben, wie muss ich mir den Er von der Physiognomie her vorstellen, einen Dialog einbauen (und sei es, dass der Prota mit sich selbst redet), ein dramatisches Finale anbieten. Diese Geschichte plätschert langweilig dahin. Der Bericht des Notarztes ist wahrscheinlich eine spannendere Lektüre als diese Zeilen.

Kurz zu den noch vorhandenen Erbsen:
( ) daß = dass
( ) mußte = musste
( ) preßte = presste
( ) Schluß = Schluss
Sind alles kurz gesprochene Vokale; deshalb ss

( ) ureigenste = ureigene (weil bei diesem Adjektiv eine Steigerung in den Superlativ keinen Sinn ergibt)
( ) ungeheuere = ungeheure.
Meldet mir alles Word, indem es die falschen Worte rot unterkringelt.

Was ist an dieser Geschichte philosophisch? M.E. gar nichts.

Hypnobader, ist ein zugegebenermaßen strenges Urteil aus meiner Feder. Gebe ich unumwunden zu. Nützt dir aber in einem Schreibforum m.E. nichts, wenn ich dir falschen Honig um den Bart schmiere. Es handelt sich einzig um meine individuelle Einschätzung. Andere Kommentatoren mögen das völlig abweichend von mir sehen. Der Literaturgenuss ist ein komplett subjektiver.

Wünsche dir ein entspanntes – evtl produktives – langes Oster-WE!

Vg sinuhe


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Beim Schreiben ist es wie mit der Prostitution. Zuerst macht man es aus Liebe, dann für ein paar Freunde und schließlich für Geld. (Molière)
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Simon
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Beiträge: 89
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S
Beitrag29.03.2013 13:17

von Simon
Antworten mit Zitat

Hallo hypnobader,

Ich lass dir auch mal einen "Daumen hoch", alias "Like", da. Hat mir gut gefallen dein Text, die selbstzerstörerischen, verkopften Gedanken des Protagonisten, bis es dann zu Ende mit ihm geht.

Beste Grüße

Simon
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hypnobader
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Beitrag03.04.2013 08:41

von hypnobader
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Vielen Dank für eure Rückmeldungen.

Ok ok, bzgl Rechtschreibung werde ich mich umstellen, hab das mit den kurz gesprochenen Vokalen auch kapiert. Ich hing halt an dem alten ß.

@sinuhe: dass (!) du vermutest, ich hätte den Infarkt selber erlebt, fasse ich mal als Kompliment auf. So unglaubwürdig kann die Schilderung also nicht sein. (übrigens: ich hatte bisher keinen Infarkt). Dass du diese kleine Geschichte als fad, langweilig und ohne Würze empfindest, nehme ich zur Kenntnis. Du scheinst da mehr äußere Action zu erwarten, mir ging es mehr um das innere Drama.

`Herzliche´ Grüße
Michael


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