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Nicht ohne dich


 
 
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TheBlackParade
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen

Alter: 29
Beiträge: 24
Wohnort: München


Beitrag23.03.2013 12:34
Nicht ohne dich
von TheBlackParade
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo smile
In den Sinn gekommen, aufgeschrieben, hier zur Kritik gestellt smile
Viel Spaß beim lesen Sich kaputt lachen


John schließt seine Finger etwas fester um die Hand seiner Frau, die bedrohlich zittert. Er hat Angst. Er hat so eine schreckliche Angst.
„Ich sterbe. Ich sterbe, ich spüre es.“ Die schwache Stimme von Antonia dringt an sein Ohr.
„Nein. Nein mein Schatz, du stirbst nicht. Nicht heute.“ Seine Worte klingen überzeugt und doch wissen er und auch Antonia,  dass sie nicht der Wahrheit entsprechen.
„John. John sieh mich an!“ Eine warme, zarte Hand findet seine Wange. Langsam hebt er den Kopf, sieht sie aus tränenverschleierten Augen an.
„John. Meine Zeit ist gekommen. Ich muss gehen.“ Sie hat ein Lächeln auf dem Gesicht.
„Bitte John, lass mich gehen.“ Sie legt ihre Hand wieder neben ihren alten, gebrechlichen Körper. Ihre Kräfte reichen nicht länger aus, um sie oben zu halten.
„Ich kann dich nicht gehen lassen. Ich brauche dich doch!“ John schüttelt den Kopf, seine Stimme zittert. Er will die Worte seiner Frau nicht akzeptieren.
Sechzig Jahre sind sie jetzt verheiratet, siebzig Jahre ein Paar. Er kann sie einfach nicht gehen lassen. Er weiß nicht, was er ohne sie machen soll.
„Du musst. Du musst, du hast keine Wahl.“ Er kann hören, wie Antonias Stimme immer leiser wird, jedes weitere Wort sie schwächt.
Er hebt ihre Hand an seine Lippen, haucht einen sanften Kuss auf die faltige Haut, die er noch so straff in Erinnerung hat.
„Du hast mein Leben erst lebenswert gemacht. Ich kann dich einfach nicht gehen lassen. Das funktioniert so doch nicht!“ Er will nicht laut werden, will seine Frau nicht aufregen, doch er kann seine Gefühle nicht mehr kontrollieren. Er hatte noch nie so eine große Angst. Seine Verzweiflung schnürt ihm die Kehle zu.
„Du warst es immer. Du wirst es immer sein.“ Seine Worte zaubern ein leuchtendes Lächeln auf Antonias Gesicht. Ihre Augen strahlen.
John kann sich genau an den Glanz in ihnen erinnern, als er sie das erste Mal getroffen hat.
Es war an einem warmen Sommerabend, genau einundsiebzig Jahre her. Er war fasziniert von ihr gewesen. Sie war der Sonnenschein, der ihm in seinem Leben gefehlt hat. Seit diesem Tag kannte er keine Dunkelheit mehr, für ihn strahlte sie auch in schmerzlichen Situationen.
Selbst jetzt, als sie sterbend vor ihm liegt, spürt er das Strahlen, das von ihr ausgeht, kann es sehen.
„Danke. Danke John, dass ich mein Leben mit dir verbringen durfte.“ Ihre Stimme ist rau geworden, die Brust hebt und senkt sich langsamer. John bemerkt es. Sein Herz rast, Panik drückt es zusammen.
„Antonia.“ Tränen rinnen seine Wangen hinunter, seine Unterlippe bebt.
„Antonia, was soll ich ohne dich machen?“ Er schluchzt, krallt sich immer fester an ihre Hand, hofft, sie so bei sich zu behalten.
„Du wirst einen Weg finden. Das hast du schon immer. Du bist mein Held. Du warst es immer. Du wirst es immer sein.“ Ihre Stimme klingt wieder fester. Sie sammelt all ihre verbliebenen Kräfte, hebt das letzte Mal ihre Hand und streicht eine warme Träne aus dem alten Gesicht ihres geliebten Mannes.
„Ich liebe dich. Für immer.“ Ihre Hand fällt herunter. Ein letzter Atemzug, ein letztes Lächeln, ein letzter Blick voller Liebe.
Sie schließt die Augen. Für immer.
Lange sitzt John neben ihr, sieht sie an, während Tränen aus seinen Augenwinkeln strömen.
Er sagt nichts, tut nichts, sitzt einfach nur still.
Sie ist gegangen, er weiß es. Sie ist nicht mehr hier, das Strahlen ist fort.
John fasst einen Entschluss. Langsam steht er auf, bewegt seine alten Gelenke. Er haucht einen Kuss auf die Stirn seiner verstorbenen Frau. Dann schlägt er die Bettdecke zurück, steigt neben ihr ins Bett. Er legt seine Arme um ihren dünnen Körper, presst sie ganz nah an sich.
„Ich kann nicht ohne dich. Eine Welt in der du nicht bist, ist nicht die, in der ich leben will.“
Liebevoll streicht er mit seinem Zeigefinger über ihre Wange, küsst sie ein letztes Mal auf den Mund.
„Ich liebe dich.“
Er schließt die Augen. Für immer.

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Paradigma
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 54
Beiträge: 959
Wohnort: Östlich von Westfalen
Podcast-Sonderpreis


Beitrag23.03.2013 12:52

von Paradigma
Antworten mit Zitat

Hallo Black Parade,

Jein. Ein sehr senibles Thema, sehr gefühlvoll, und du versuchst aufrichtig seinen Schmerz nachvollziehbar zu machen.

Ich hatte mal eine Nachbarin, etwa 85, ihr Mann musste ins Krankenhaus. Die beiden waren sympathisches altes Ehepaar, hin und wieder hörte man sie trotzdem lautstark streiten. Sie erzählte mir, das ihr Mann im Krankenhaus immer aus dem Bett fiel. Immer auf der rechten Seite.

"Wissen sie", erzählte sie mir "er rutscht nachts immer nach rechts, auf die Seite, an der ich liege."


Nach 70 Jahren Beziehung ist der andere nicht das Licht des Lebens.
Er ist das eigene Leben. Das kommt in dem Text nicht so gut raus. Er betet sie zu sehr an. Das liest sich, als wäre er jung verliebt - und nicht seit 70 Jahren in Liebe und Streit und durch Kinder, gemeinsames alt werden, Sorgen und Not und gute Zeit und Tag für Tag für Tag mit ihr verbunden.


_________________
Schreib den ersten Satz so, dass der Leser unbedingt auch den zweiten lesen will.

William Faulkner
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finis
Klammeraffe
F


Beiträge: 577
Wohnort: zurück
Die lange Johanne in Bronze


F
Beitrag25.03.2013 12:44

von finis
Antworten mit Zitat

Hallo TheBlackParade,

Ich möchte mich Paradigma anschließen. Ich finde, dass Du gut mit dem Thema umgehst und die Verzweiflung Johns gut zum Ausdruck kommt.
Trotzdem finde ich manche Aussagen etwas arg klischeelastig, wie z.B. die hier:
Zitat:
„John. Meine Zeit ist gekommen. Ich muss gehen.“ Sie hat ein Lächeln auf dem Gesicht.


Aber insgesamt schön zu lesen.

finis


_________________
"Mir fehlt ein Wort." (Kurt Tucholsky)
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Vincent Vice.
Geschlecht:männlichEselsohr

Alter: 33
Beiträge: 428
Wohnort: Heute


Beitrag25.03.2013 13:56

von Vincent Vice.
Antworten mit Zitat

Hey Ho,

ich kann mich eigentlich nur anschließen.
Auch ich finde den Text an sich emotional gut dargestellt.
Allerdings sehe ich ebenfalls kein altes Ehepaar vor mir, wenn ich es lese.

Ich glaube es wäre efffektiver, wenn es mit wenigeren Worten zum Ausdruck gebracht werden würde.
Sie kennen sich schon so lange. Sie lieben sich schon so lange.
Da können Gesten wie ein trauriges Lächeln oder das sanfte Streicheln ihrer Hand viel mehr sagen als alle Worte.

LG

PS: I´m okay, ist eines der besten Musikvideos überhaupt. wink


_________________
Wenn der scheiß Berg nicht zum Propheten kommt, fahr ich halt ans Meer.
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