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schreiberlehrling Schneckenpost
Alter: 38 Beiträge: 7
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25.07.2012 18:38 Was wäre wenn... von schreiberlehrling
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Ich liege da und denke nach und dämmere weg...
Ich komme her, jeden Tag. Ich bin fleißig, jeden Tag. Ich bin unglücklich, jeden Tag.
Ich frage mich was passiert wäre, wenn ich damals genug Mut gehabt hätte.
Aber ich habe mir die Flausen aus dem Kopf geschlagen, wieder zur Schule gehen und das Abitur nachholen. Das brauch ich doch nicht, ich nicht. Für mich genügt das, was ich habe. Eine anständige Ausbildung, gut abgeschlossen. Eine Festanstellung im Büro, ohne Befristung. Ein regelmäßiges Einkommen und Gott sei Dank einen Mann, der gut verdient. Letztes Jahr ist das erste Kind gekommen, mein kleiner Sonnenschein. Mein einziger Sonnenschein, aus ihr soll mehr werden. Für mich genügt das, aber sie soll mehr werden. Vielleicht bekommt sie bald ein Geschwisterchen, gehört sich doch auch so.
Und jetzt alles auf Anfang.
So, jetzt steh ich hier, mein letzter Schultag, jetzt bin ich groß, jetzt muss ich ins Arbeitsleben. In ein paar Wochen geht das Leben los, ich beginne meine Ausbildung zur Bürokauffrau.
Jetzt bin ich hier, sitze im Büro und habe die erste Woche meiner Ausbildung hinter mich gebracht. Wortwörtlich hinter mich gebracht. Ich bin unglücklich und fühle mich nicht wohl. Ich passe nicht. Ich bin ein Puzzlestück, das nicht ins Puzzle passt. Ich muss mich anpassen, meine Ecken abrunden und meine Kanten abschneiden. Füge dich ein!
Jetzt steh ich hier, ich halte meinen Gesellenbrief in den Händen. Ein guter Gesellenbrief und Aufsicht auf Übernahme. Ich bin gefühllos, ich habe mich angepasst. Irgendwo in meinen Innersten schreit etwas. Es schreit nach mehr.
Die Überlegungen beginnen. Würde ich weiterhin auf die Schule gehen, könnte ich mein Abitur nachholen. Ich könnte eine andere Richtung einschlagen. Ich könnte soviel. Ich könnte meinen Träumen hinterherjagen. Ich könnte...
Was willst du überhaupt? Warum bist du nicht zufrieden? Ich will heiraten und Kinder bekommen und das mit dir! Wir sind jetzt lange genug zusammen, da gehört es sich langsam so, dass wir heiraten. Was sollten wir denn sonst machen. Mach doch jetzt nicht alles kaputt nur weil du meinst, du könntest mehr. Das, was du hast, ist mehr als genug. Du bist eine Frau und Mitte Zwanzig. Es wird langsam Zeit für dich. Außerdem, was willst du überhaupt? Es genügt doch, es passt doch für dich. Du brauchst gar nicht mehr, ich hab doch eh eine gute Anstellung. Komm, hör mit der Spinnerei auf, unterstützt lieber mich bei meiner Karriere, da ist wenigstens Hoffnung, im Gegensatz zu dir. Kümmere dich um unsere Familie, das ist das Beste für dich.
Ja, was will ich überhaupt. Ich sollte wieder bescheidener werden, es gehört sich so. Ich schlag mir die Flausen aus dem Kopf und nehme den Ring an. Er braucht mich jetzt und unsere zukünftige Familie braucht mich auch. Es genügt doch, er verdient ja genug. Und ich bin sowieso eher der mütterliche Typ als der intelligente Karrieretyp. Es wäre aussichtslos.
Und jetzt stehe ich hier, in meinem weißen Kleid. Ich stehe hier vor dem Pfarrer und sage „Ja, ich will“ Aber will ich? Ich schiebe die Gedanken weg, ich verpacke sie sorgfältig in eine Kiste und stelle sie in den Schrank zu den Kisten mit meinen Träumen und meinen Flausen. Also „Ja, ich will“.
… ich schrecke hoch. Es ist dunkel. Wo bin ich? Was ist passiert? Ich bin alleine in meinem Bett. Ich brauche ein paar Minuten und dann wird mir klar...
… es war nur ein böser Traum.
Weitere Werke von schreiberlehrling:
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hobbes Tretbootliteratin & Verkaufsgenie
Moderatorin
Beiträge: 4294
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25.07.2012 21:28
von hobbes
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Ja, was wäre wenn ...
Das würde mich durchaus interessieren. Aber leider hast Du die einfach Lösung gewählt. Alles nur ein Traum. Och nö. Als Leser bin am Ende frustriert.
Wenn man den Traum allerdings weglässt, dann bleibt nicht viel, dann passiert nicht viel, dann ist es auch keine Geschichte.
Wenn Du den Traum weglässt und ... dazutust - ja, dann würde ich das gern noch mal lesen.
Als Leser wäre es auch von Vorteil, wenn der Absatz, in dem jemand anders spricht, irgendwie anders aussehen würde. Kursive Schrift oder so.
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schreiberlehrling Schneckenpost
Alter: 38 Beiträge: 7
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25.07.2012 21:37 vielen Dank für deine Kritik von schreiberlehrling
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Erstmal vielen Dank für deine Kritik, ich werde sie mir zu Herzen nehmen.
Wie meinst du den vorletzten Satz? Den versteh ich leider nicht
"Wenn Du den Traum weglässt und ... dazutust - ja, dann würde ich das gern noch mal lesen." Liebe Grüße
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hobbes Tretbootliteratin & Verkaufsgenie
Moderatorin
Beiträge: 4294
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25.07.2012 21:50 Re: vielen Dank für deine Kritik von hobbes
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schreiberlehrling hat Folgendes geschrieben: | Wie meinst du den vorletzten Satz? Den versteh ich leider nicht
"Wenn Du den Traum weglässt und ... dazutust - ja, dann würde ich das gern noch mal lesen." Liebe Grüße |
Wie schon gesagt, die Auflösung "alles nur ein Traum" - die gefällt mir nicht. Ohne diese Auflösung würde aber auch was fehlen. Mir zumindest. Vielleicht würde es auch schon helfen, wenn der Schluß offen bliebe. Oder es passiert noch irgendwas. Ein "und dann kam doch alles anders" oder "und dann kam alles noch schlimmer". Oder was weiß ich.
edit: Weil, wenn es wirklich nur ein Traum war - warum erzählst Du mir (dem Leser) das? Wie sieht Dein Leben im Gegensatz dazu aus?
Wäre vielleicht auch eine Möglichkeit - den Traum plus "wer bist Du und warum ist dieser Traum so wichtig für Dich"
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schreiberlehrling Schneckenpost
Alter: 38 Beiträge: 7
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03.02.2013 19:48
von schreiberlehrling
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Ich liege da und denke nach und dämmere weg...
Ich komme her, jeden Tag. Ich bin fleißig, jeden Tag. Ich bin unglücklich, jeden Tag.
Ich frage mich was passiert wäre, wenn ich damals genug Mut gehabt hätte.
Aber ich habe mir die Flausen aus dem Kopf geschlagen, einen anderen Weg einzuschlagen. Das brauch ich doch nicht, ich nicht. Für mich genügt das, was ich habe. Eine anständige Ausbildung, gut abgeschlossen. Eine Festanstellung im Büro, ohne Befristung. Ein regelmäßiges Einkommen und Gott sei Dank einen Mann, der gut verdient. Letztes Jahr ist das erste Kind gekommen, mein kleiner Sonnenschein. Mein einziger Sonnenschein, aus ihr soll mehr werden. Für mich genügt das, aber sie soll mehr werden. Vielleicht bekommt sie bald ein Geschwisterchen, gehört sich doch auch so.
Und jetzt alles auf Anfang.
So, jetzt steh ich hier, mein letzter Schultag, jetzt bin ich groß, jetzt muss ich ins Arbeitsleben. In ein paar Wochen geht das Leben los, ich beginne meine Ausbildung.
Jetzt bin ich hier, sitze im Büro und habe die erste Woche meiner Ausbildung hinter mich gebracht. Wortwörtlich hinter mich gebracht. Ich bin unglücklich und fühle mich nicht wohl. Ich passe nicht. Ich bin ein Puzzlestück, das nicht ins Puzzle passt. Ich muss mich anpassen, meine Ecken abrunden und meine Kanten abschneiden. Füge dich ein!
Jetzt steh ich hier, ich halte meinen Gesellenbrief in den Händen. Ein guter Gesellenbrief und Aufsicht auf Übernahme. Ich bin gefühllos, ich habe mich angepasst. Irgendwo in meinen Innersten schreit etwas. Es schreit nach mehr.
Die Überlegungen beginnen. Würde ich einen anderen Weg einschlagen, nach links oder nach rechts abbiegen anstatt geradeaus zu gehen, könnte ich vielleicht mehr haben? Ich könnte eine andere Richtung einschlagen. Ich könnte soviel. Ich könnte meinen Träumen hinterherjagen. Ich könnte...
Was willst du überhaupt? Warum bist du nicht zufrieden? Ich will heiraten und Kinder bekommen und das mit dir! Wir sind jetzt lange genug zusammen, da gehört es sich langsam so, dass wir heiraten. Was sollten wir denn sonst machen. Mach doch jetzt nicht alles kaputt nur weil du meinst, du könntest mehr. Das, was du hast, ist mehr als genug. Du bist eine Frau und Mitte Zwanzig. Es wird langsam Zeit für dich. Außerdem, was willst du überhaupt? Es genügt doch, es passt doch für dich. Du brauchst gar nicht mehr, ich hab doch eh eine gute Anstellung. Komm, hör mit der Spinnerei auf, unterstütz lieber mich bei meiner Karriere, da ist wenigstens Hoffnung, im Gegensatz zu dir. Kümmere dich um unsere zukünftige Familie, das ist das Beste für dich.
Ja, was will ich überhaupt. Ich sollte wieder bescheidener werden, es gehört sich so. Ich schlag mir die Flausen aus dem Kopf und nehme den Ring an. Er braucht mich jetzt und unsere zukünftige Familie braucht mich auch. Es genügt doch, er verdient ja genug. Und ich bin sowieso eher der mütterliche Typ als der intellektuelle, der Karriere macht. Es wäre aussichtslos.
Und jetzt stehe ich hier, in meinem weißen Kleid. Ich stehe hier vor dem Pfarrer und sage „Ja, ich will“ Aber will ich? Ich schiebe die Gedanken weg, ich verpacke sie sorgfältig in eine Kiste und stelle sie in den Schrank zu den Kisten mit meinen Träumen und meinen Flausen. Also „Ja, ich will“.
In meinem Kopf sieht es aus, wie in unserem Dachboden. Hohe, breite, tiefe Regale mit säuberlich eingestapelten Kisten. Kisten, in denen sich Dinge befinden, die nie wieder herausgeholt werden. Erinnerungen an eine frühere, andere Zeit. An Träume und Flausen. Ein paar Kisten sind mit meinen Gefühlen gefüllt. Ich bin leer, ich bin emotionslos, ich lebe einfach ein Leben. Es ist alles so geschehen, wie es sich halt gehört.
… ich schrecke hoch. Es ist dunkel. Wo bin ich? Was ist passiert? Ich bin alleine in meinem Bett. Ich brauche ein paar Minuten und dann wird mir klar...
… dass ich abgebogen bin. Schon vor langer, langer Zeit. Lange bevor es soweit hätte kommen können. Aber wer weiß, ob es so geschehen wäre. Ich werde es zum Glück nie erfahren.
Aber wenn mir dieser Traum eines klar gemacht hat, dann dass Gefühle und Träume nicht in Kisten verstaut, in Regalen gestapelt verstauben und verblassen dürfen. Sie müssen dein ständiger Begleiter sein, damit du nie vergisst, für was du lebst. Denn Träume sind keine Flausen und Gleichgültigkeit ist der emotionale Suizid.
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Gast
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25.02.2013 17:51
von Gast
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Hallo, schreiberlehrling - ich bin sehr angetan.
Eine Reflektion ist ein Prozess, den ich absolut spannend finde - auch, wenn die eigentliche "Geschichte" davor oder danach in meinem Kopf stattfindet ...
Ich würde es auch bei Zit.: "Also „Ja, ich will“" enden lassen - oder bei: "Nein, ich will nicht!"
Wenn Du magst, würde ich gerne näher auf den Prozess eingehen, in dem sich Deine Prota befindet.
In der "Werkstatt" liegt eine Kurzgeschichte "Stille Nacht" von mir, die ebenfalls den schwierigen Prozess weiblicher Selbstfindung beinhaltet. Darüber würde ich mich gerne mit Dir austauschen, weil das grundlegende Thema ähnlich ist.
Lieben Gruß, Inky
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Marie-Pascale Wortedrechsler
M Alter: 62 Beiträge: 50 Wohnort: Kreis Lörrach
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M 27.02.2013 11:51 Re: Was wäre wenn... von Marie-Pascale
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schreiberlehrling hat Folgendes geschrieben: | Ich bin gefühllos, ich habe mich angepasst. Irgendwo in meinen Innersten schreit etwas. Es schreit nach mehr.… |
Hallo Schreiberlehrling,
gerade diesen Satz finde ich sehr ausdrucksstark!
Das wiederholte "Es gehört sich doch so" kommt mir etwas zu viel vor. Überhaupt könnte man die Aussagen über das ständige Anpassen etwas wegkürzen und dafür lieber kleine, ganz konkrete Einzelheiten aus dem Alltag einflechten, an denen diese Aussage deutlich wird, ohne dass gleich explizit die Interpretation kommt. Das wirkt dann gleich viel lebendiger und macht eher betroffen.
Lieber Gruß! Marie-Pascale
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medizynicus Eselsohr
Beiträge: 477 Wohnort: Bad Dingenskirchen
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07.03.2013 15:52
von medizynicus
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Sehr holprig.
Macht das weiterlesen Spaß? Hmmm. Ich lese den Text fertig, weil er zum Glück recht kurz ist. Eine richtige Geschichte ist es nicht. Ein Strom von Gedanken und Assoziationen... auch das kann spannend zu lesen sein, ist es aber in dem Fall nicht. Warum nicht?
Weil die Bilder fehlen!
Show, dont't tell! Du erzählst, es passt schon zusammen... aber es bleibt farblos.
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