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Becky95
Erklärbär
 Alter: 27 Beiträge: 2
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 11.02.2013 22:09 Olivia von Becky95
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So, das ist also der Anfang meiner neuen Roman Idee "Olivia". Da ich mir darüber noch etwas mehr Gedanken machen muss, aber er spielt im frühen 19. Jahrhundert (am Anfang in England).
Ich hoffe es klingt nicht allzu sehr nach einem Jugendbuch, ich weiß es nur nicht anders zu lösen, denn zu Beginn der Geschichte ist die Protagonistin selbst noch im Jugendalter.
Olivia
Die Äste der Buche peitschten wild gegen die Fensterscheibe, während es erneut zu regnen begann. Stan war gerade angekommen, das wusste ich, denn sonst würde Maicie nicht freiwillig die Zimmertür abschließen.
„Glaubst du, wir essen heute zusammen?“, fragte sie, mit einem Ohr an der Tür lehnend, um zu lauschen.
Ich wendete meinen Blick vom Fenster ab und sah meine Schwester an.
„Ich denke nicht, dass er vorhat heute Abend wieder zu gehen. Heute ist Sonnabend.“
„Vielleicht morgen?“
Ich hatte Mitleid mit Maicie. Sie litt am meisten unter der neuen Beziehung unserer Mutter, wenn man es eine Beziehung nennen konnte. Stan kam wann er wollte, ging wann er wollte und hatte Mum voll unter Kontrolle.
„Ich gehe runter, etwas Brot holen, dann essen wir zwei hier oben“, flüsterte ich, strich meiner zierlichen Schwester über die blonden Locken und öffnete die Tür. „Warte hier auf mich.“
Das Brot, das wir am Tag zuvor gekauft hatten, lag noch unberührt in der Küche, denn Stan war auch gestern schon spontan vorbeigekommen und so hatten wir den restlichen Tag auf unserem Zimmer verbracht.
„Was machst du denn hier unten?“
Meine Mutter stand in der Tür und sah mich mit einem spitzen Gesichtsausdruck an. Ihr dünnes blondes Haar war zu einem Knoten gebunden, sodass ihr Gesicht noch strenger wirkte.
„Maicie hat Hunger“, erklärte ich ausdruckslos, während ich begann das Brot in Scheiben zu schneiden, sah sie jedoch nicht an.
„Hast du sie jetzt auch schon dazu gebracht, sich von mir fernzuhalten? Maicie kann immer zu mir kommen, wenn sie etwas möchte und das weiß sie auch.“
„Bleibt Stan noch lange?“, zischte ich und sah sie wütend an.
Mit einem Mal stand er in der Tür. Mich überkam jedes Mal ein Ekelgefühl, wenn ich den glatzköpfigen Mann, mit den giftigen Augen sah. Stan Asbury erinnerte in jeglicher Hinsicht an eine Schlange, doch er gehörte zu einer großen Kaufmannsfamilie und Geld macht bekanntlich attraktiv.
Er sah mich mit diesem merkwürdigen Blick an und umfasste dabei die Taille meiner Mutter.
Um einer Auseinandersetzung aus dem Weg zu gehen, nahm ich zwei Scheiben Brot und lief an ihm und Mum vorbei aus der Küche.
Kurz nach Mitternacht war Maicie endlich eingeschlafen. Ich zog die graue dünne Decke etwas weiter über ihren kleinen Körper und strich ihr vorsichtig über die Wange.
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Paradigma
Reißwolf
 Alter: 53 Beiträge: 1087 Wohnort: Östlich von Westfalen
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 12.02.2013 00:11
von Paradigma
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Da hast du dir aber ein schweres Projekt ausgesucht: Anfang des 19. Jahrhunderts fanden die napoleonischen Kriege statt, die industrielle Revolution setzte sich mehr und mehr durch, es gab Massenarbeitslosigkeit und Armut, und aufstrebendes Bürgertum. Charles Dickens wurde 1912 geboren, seine Romane zeichnen ein schönes Bild der englischen Gesellschaft um 1850.
Das, was du uns hier vorgestellt hast, lässt sich durchaus gut lesen. Es gibt aber keinerlei Bezug zum Zeitalter. 1820 hatte höchstens eine Hure oder Kurtisane eine Beziehung, wo der Mann kam und ging wie er wollte. Entweder man lebte bei seinen Verwandten, die sich darum gekümmert haben, das sich die Frau den Anstand entsprechend verhalten hat, oder sie hat geheiratet.
Ein Kind oder eine junge Dame hätte es damals auch nicht gewagt, ihre Mutter anzuzischen, oder so unhöflich zu sein, an dem Mann ihrer Mutter grußlos vorbeizugehen. Ganz gleich wie unangenehm ihr der Mann gewesen sein mochte.
Der von dir geschilderte Mann - ein Kaufmann - gehörte wohl dem Bürgertum an, eine Frau wie Olivias Mutter wäre wohl eine arme Witwe aus der Unterschicht gewesen. Nehmen wir an, es gab keinerlei Verwandtschaft, auch nicht von ihrem verstorbenen Mann - dann hätte sie sich entweder als Näherin oder Wäscherin durchschlagen müssen (und hätte sich keine Affäre leisten können, denn dann hätte sie keine Kunden mehr gehabt), oder sie hätte sich in die Prostitution begeben.
Hm, möglich, aber dann hätte sie schon außergewöhnlich hübsch sein müssen, das ein Kaufmann sie als alleinige Mätresse hält - höchst unwahrscheinlich bei einer damals bereits alten, verbrauchten (weil armen, daher not leidenden) Frau über 30 mit zwei halbwüchsigen Töchtern. Als gewöhnliche Hure hätte sie aber nicht nur einen Freier gehabt, höchstens eine Madam oder einen Zuhälter. In dem Falle wäre übrigens auch Olivia (und später auch ihre kleine Schwester) mit ziemlicher Sicherheit diesem Schicksal nicht entkommen.
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_________________ Schreib den ersten Satz so, dass der Leser unbedingt auch den zweiten lesen will.
William Faulkner |
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hobbes
Tretbootliteratin
 Moderatorin
Beiträge: 4639
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 12.02.2013 11:37
von hobbes
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Hi Becky,
nachdem ich deine einleitenden Sätze nur ziemlich flüchtig überflogen hatte, hat mich erst Paradigmas Kommentar darauf gebracht, in welcher Zeit die Geschichte spielt.
Vorher hatte ich mich zwar schon über die Kaufmannsfamilie und das Brot gewundert, aber erst einmal nicht weiter darüber nachgedacht.
Ich hätte das vom Erzählton her und auch wie sie miteinander reden ohne Weiteres in die Gegenwart gesteckt. Und ja, auch eher Richtung Jugendbuch.
Wenn du das so geplant hättest, hätte ich also gar nichts zu meckern, da würde ich sagen: Ja, gut geschrieben und macht neugierig.
Ich habe mal noch überlegt, wie ich auf den Eindruck kam - vermutlich weil:
a) es bis auf die Kaufmannsfamilie keine konkreten Hinweise gab, wo das einzuordnen ist
b) alles eher kurz und bündig erzählt ist und nicht ausschweifend üppig. Was für ein Jugendbuch in der Gegenwart gut passen würde, aber für einen historischen Roman, hm. Ist mir so noch nie begegnet. Die neigen schon eher zu Ausschweifungen.
c) Formulierungen wie z.B. diese
Zitat: | Stan kam wann er wollte, ging wann er wollte und hatte Mum voll unter Kontrolle. |
Ich glaub nicht, dass Anfang des 19. Jahrhunderts jemand so geredet bzw. gedacht hat.
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Gamone
Reißwolf
G Alter: 45 Beiträge: 1091 Wohnort: NRW
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Becky95
Erklärbär
 Alter: 27 Beiträge: 2
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 14.02.2013 22:10
von Becky95
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Vielen Dank für die Kommentare und die hilfreiche Kritik!
Ich habe gestern die Bibliothek ausgeraubt und werde nun die Geschichtsbücher wälzen.
Ich hoffe die überarbeitete Version ist dann lesenswerter.
Nur noch eine Frage: Meint Ihr, ich sollte bei der Ich-Perspektive bleiben oder lieber noch zum personalen Sie-Erzähler wechseln?
Dankesehr nochmal, Ihr habt mir sehr geholfen!
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Paradigma
Reißwolf
 Alter: 53 Beiträge: 1087 Wohnort: Östlich von Westfalen
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 15.02.2013 10:38
von Paradigma
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Liebe Becky,
genau die Frage stelle ich mit auch: Es heißt, Leute die zum ersten Mal schreiben, neigen dazu, die Ich-Perspektive zu wählen, aber es ist eine schwierige Perspektive, weil man da nur erzählen kann, was der Protagonist hört, sieht, fühlt und denkt.
Mir (auch blutiger Anfänger) geht es jedenfalls so, das ich mich in der Ich-Perspektive am Besten in meine Figuren und deren Charakter hineinversetzen kann. Ich wechsle die Perspektive, in dem ich verschiedene Ich-Erzähler benutze.
Ich habe für mich beschlossen, in der Ich-Perspektive weiter zu schreiben. Wenn das Ding fertig ist, werde ich ausprobieren, wie der Text in anderen Erzählperspektiven wirkt, und dann gegebenenfalls den Text beim Überarbeiten umschreiben.
Das ist zwar eine Heidenarbeit. Hat für mich aber den Vorteil, das ich jetzt beim Schreiben mit der Charakterisierung relativ gut klar komme, und später, beim Überarbeiten, tatsächlich ALLES noch mal Stück für Stück durchgehen muss und dadurch gezwungen werde, wirklich über jeden Schnipsel noch mal nachzudenken. Ansonsten sehe ich (bei mir) die Gefahr, das ich einfach zu viel als "das ist schon ok so" bewerte, und nicht noch mal daran arbeite.
Wie viel Sinn das macht, sehe ich dann – ach ich weiß nicht. In ein paar Monaten, hoffe ich mal. (Immer brav dranbleiben ...)
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Als Vorbereitung auf deinen Roman würde ich dir Lektüre von Jane Austen, Charlotte Brontë, Charles Dickens, George Eliot, William Makepeace Thackeray, Anthony Trollope, Elizabeth Gaskell empfehlen. Auch Oskar Wilde, obwohl der etwas später kam. Damit bekommst du ein gutes Gefühl dafür, wie die Gesellschaft damals funktioniert hat.
_________________ Schreib den ersten Satz so, dass der Leser unbedingt auch den zweiten lesen will.
William Faulkner |
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Dr.Pest Schneckenpost
 Alter: 29 Beiträge: 5 Wohnort: Nrw
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 16.02.2013 22:10
von Dr.Pest
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Hallo,
Zu deiner frage, ich denke, dass was Paradigma sagt hat schon wirklich etwas richtiges, es ist schwer für in der Ich-Perspektive zu erzählen.
Menschen die in der Ich-Perspektive schreiben neigen dazu die Charater nicht ganz platisch oder, was meiner meinung nach noch schlimmer ist, sich selbst ähnlich zu schreiben.
Die ich perspektive ist eine herausforderung, vorallen in der Zeit, in der die Menschen die Welt anders bewerteten, durch ihre andere Erziehung und dem Wissenstand der damaligen Befölkerung, es ist sehr schwer sich überhaupt vorzustellen, wie die Welt für einen sochen Menschen war, aber wenn du das als Herausforderung versuchen willsz, wird ist es nicht einfach das zu machen,
Du musst deine gesamten Gedankengänge, wenn du schreibst umändern auf ein damals lebendes Junges und von ganz anderen moralischen und gesellschaftlichen (natürlcih auch Charaterlichen) Motiven geleitet wird, als du und ich.
Die 3.Person ist damals beim erzählen die üblichste gewesen, die Ich-Erzählung war damals am ehestenm in Tagebüchern, Berichten oder Brifewecheln zu finden.
Es ist glaube ich am einfachsten, wenn du versuchen willst dich am damaligen Stiel der Bücher und denken der Menschen zu orientieren, die dritte Person als übergeordneter betrachter zu wählen.
_________________ Laudatum ist nur solange du im Rausch lebst ein Alheilmittel.
Mit der Wahrheit ist es ganauso. |
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nothingisreal
Papiertiger

Beiträge: 4594 Wohnort: unter einer Brücke
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 18.02.2013 16:25
von nothingisreal
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Dr.Pest hat Folgendes geschrieben: | .
Menschen die in der Ich-Perspektive schreiben neigen dazu die Charater nicht ganz platisch oder, was meiner meinung nach noch schlimmer ist, sich selbst ähnlich zu schreiben.
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Hängt davon ab, ob der Charakter auch so gewollt ist. In der Geschichte, die ich schreibe, spielen mehrere Hauptcharaktere eine Rolle und nur eines, ein junges Mädchen von achtzehn Jahren (nein, bin nicht achtzehn) erzählt die Geschichte aus der Ich-Perspektive. Es ist mir nicht einfach so mal passiert, es ist so gewollt.
_________________ "Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten." - William Somerset Maugham |
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Dr.Pest Schneckenpost
 Alter: 29 Beiträge: 5 Wohnort: Nrw
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 18.02.2013 18:52
von Dr.Pest
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Das ist ja auch völlig ok und gut, gegen die ich-perspecktive habe ich auch nichts einzuwenden, ich meine nur, dass sie nicht ganz einfach ist.
ich sage auch nicht das jeder diesen fehler macht, mir ist nur aufgefallen,
dass ihn viele unerfahrene schreiber machen, die ich kenne.
_________________ Laudatum ist nur solange du im Rausch lebst ein Alheilmittel.
Mit der Wahrheit ist es ganauso. |
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nothingisreal
Papiertiger

Beiträge: 4594 Wohnort: unter einer Brücke
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 18.02.2013 19:11
von nothingisreal
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Ähm... Sorry. Irgendwo ist da ein Satz abgeblieben. Ich wollte schreiben, dass das Mädchen meinen Charakter hat. Mein Kommentar war darauf bezogen, dass man aus Versehen den eigenen Charakter dem Ich-Prota gibt. Habe ich auch. Aber aus Absicht.
_________________ "Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten." - William Somerset Maugham |
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Dragon Black
Eselsohr
 Alter: 25 Beiträge: 274 Wohnort: Thüringen
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 18.02.2013 19:48
von Dragon Black
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Ich finde auch das es teilweise so gewollt ist, in der Ich - Perspektive zu schreiben, weil man dadurch die Geschichte manchmal viel besser und intensiver erlebt. Oder weil einen die Geschichte einfach sehr am Herzen liegt.
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